Neue Rheinische Zeitung. Nr. 27. Köln, 27. Juni 1848.Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No. 27. Köln, Dienstag 27. Juni 1848.Die "Neue Rheinische Zeitung" erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für das nächste Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexandre, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Außerhalb Preußens mit Zuschlag des fremden Zeitungsportos. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Zu Nr. 26 der "Neuen Rheinischen Zeitung" ist am 26. Juni Morgens eine außerordentliche Beilage ausgegeben und versandt worden. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Nachrichten aus Paris). Berlin (Das Provisorium und die Reaktion). Frankfurt. (Nationalversammlung. - Peters Verhaftung von der zweiten badischen Kammer bestätigt). Stuttgardt. (Der Gouverneur von Ulm erschießt sich. Soldat per Sie hinfort angeredet). Stettin. (Constitutionalismus). Breslau. (Orkan). Königsberg. (Petition der Jägerabtheilung in Rastenburg). Bremen. (Erstes Kanonenboot in Vegesack). Wien. (Sinnenwechsel in Innsbruck. - Arbeiterunruhen zu Brünn). Triest. (Protest des griechischen Konsuls). Ungarn. Pesth. (Hermanstadt protestirt gegen die Union mit Ungarn). Französische Republik. Paris. (Sturz des Vollziehungsausschusses. - Proklamation von Marrast an sämmtliche Maires von Paris. - Proklamation der Vollziehungsgewalt an die Pariser Arbeiter. - Proklamation, die Cavaignac zum Militärdiktator ernennt. - Proklamation der Nationalversammlung. - Nationalversammlung vom 23. Juni. - Nationalversammlung vom 24. Juni. - Korrespondenz. - Die Vraie Republique über die Junirevolution. - Nachtrag: Dekret des Enrolements der jungen Arbeiter. - Verfälschung der Institution der republikanischen Garde. - Unterhaltung der Arbeiter mit Marie. - Dekret von Lalanne). Großbritannien. Der Northern Star über die "Neue Rheinische Zeitung". London (Hume's Motion und der Northern Star. - O'Connors Landplan und der Auswanderungsplan). Dublin (Jung-Irland. - O'Connell. - Die neue irische League). Brasilien. Rio de Janeiro (Eindruck der Februarrevolution. - Befürchtungen vor einer Revolution im nördlichen Brasilien. - Flor des Sklavenhandels). Amtliche Nachrichten.
Berlin, den 23. Juni 1848. Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. verordnen auf den Antrag der zur Vereinbarung der preußischen Verfassung berufenen Versammlung, nach Anhörung unseres Staats-Ministeriums, was folgt : Zum Schutze der zur Vereinbarung der preußischen Verfassung berufenen Versammlung sollen nachstehende Bestimmungen sofort in Kraft treten : § 1. Kein Mitglied der Versammlung kann für seine Abstimmungen oder für die von ihm in seiner Eigenschaft als Abgeordneter ausgesprochenen Worte und Meinungen in irgend einer Weise zur Rechenschaft gezogen werden. § 2. Kein Mitglied der Versammlung kann während der Dauer derselben ohne ihre Genehmigung wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Verantwortung gezogen werden, außer, wenn es entweder bei der Ausübung der That oder binnen der nächsten 24 Stunden nach derselben ergriffen wird. § 3. Jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied der Versammlung und jede Haft wird für die Dauer der Sitzung aufgehoben, wenn die Versammlung es verlangt. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. Gegeben, Sanssouci, den 23. Juni 1848. Friedrich Wilhelm. Dem Papierfabrikanten Louis Piette zu Dillingen ist unter dem 21. Juni 1848 ein Patent auf eine Vorrichtung zum Reinigen des Papierzeuges in der durch Zeichnung und Beschreibung nachgewiesenen Zusammensetzung auf fünf Jahre, von jenem Tage an gerechnet und für den Umfang des preußischen Staates ertheilt worden. Deutschland.
Köln, 26. Juni. Die neueste Nr. (25) der Gesetzsammlung enthält den zwischen Preußen und Sachsen zur Herstellung einer Eisenbahnverbindung zwischen Berlin und Dresden abgeschlossenen Vertrag; ferner: den Allerhöchsten Erlaß vom 14. Juni 48, den Bau der Eisenbahn zwischen Berlin und der Provinz Preußen von dem Anschlußpunkte an der Stargard-Posener Eisenbahn unweit Driesen bis Dirschau betreffend. Es heißt darin, daß mit den Erdarbeiten unweit Driesen, in der Richtung auf Bromberg, so weit als es zur Beschäftigung erwerbloser Arbeiter nothwendig wird, unverweilt vorgeschritten werden soll. * Köln, 26. Juni. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Frankfurt, 24. Juni. Die badische zweite Kammer hat mit 28 gegen 16 Stimmen der Regierung die Genehmigung zu Peter's Verhaftung ertheilt. Unter den Rednern, welche gegen diese Genehmigung sprachen, waren Junghanns, Welte, Christ und sogar Lamey und Weller; die polizeifreundlichen Galopins der Herren Mathy und Beck trugen indeß bei der Abstimmung den Sieg davon. Noch handelt es sich um die Zustimmung der frankfurter Nationalversammlung, in der Peter seine Deputirtenstelle eingenommen hat; bei dem bekannten Geist dieser ehrenwerthen Gesellschaft ist jedoch auch diese Genehmigung nicht zu bezweifeln. Peter selbst hat sich von hier nach der Schweiz begeben. - Ueber die verhafteten badischen Republikaner ist noch immer der Prozeß nicht eröffnet. Vielleicht gedenkt Ehren-Mathy in dieser Hinsicht erst die Ankunft der Freunde aus dem Osten zu erwarten, um unter ihrem Beistand die langwierige Prozedur summarisch abzukürzen. Frankfurt, 24. Juni. In der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung verkündete der Präsident, daß nach den gefaßten Beschlüssen sprechen würden: Zitz und Zimmermann für den Zitz'schen Antrag auf Ernennung einer prov. Regierung und Erwählung derselben durch die Nationalversammlung mit Verantwortlichkeit gegen dieselbe; Fürst Lichnowski und Radowitz für den Antrag Vincke's; Ruge und Blum für den Antrag von Blum und Trutzschler; Saucken und Edel für den Antrag der Ausschuß-Majorität; Dietz (Saarbrücken) und Vogt für Mohl's Antrag; Philipps und Rosmann für Möhring's; Wippermann, Stedtmann für Welcker's; Raveaux und Widenmann für Schoder's; Waitz und Mathy für Mayern's Antrag. Gesprochen haben Zitz, Radowitz, Ruge, Saucken, Mohl (obgleich nicht zu den vom Präsidenten bezeichneten Rednern gehörig) Philipps, Wippermann, Widenmann, Waitz, Zimmermann (Stuttgart), Edel. Hierauf Vertagung. In der heutigen Sitzung sprachen R. Blum, Fürst Lichnowski, Vogt, Rosmann, Stedtmann, Raveaux, Mathy. Eben (11/4 Uhr Nachmittags) betritt v. Gagern die Rednerbühne. 103 Berlin, 24. Juni. Noch haben wir kein Ministerium, - keine Sitzungen der Nationalversammlung, - keinen Polizeipräsidenten, was das Ueberraschenste ist, - keinen Oberbürgermeister und nur den vierten Theil eines Magistrats; - wir haben auch trotz unseres provisorischen Zustandes, in dem wir uns seit dem 19. März befinden, nicht einmal eine provisorische Regierung. Was wir aber haben, ist die Reaktion. Ihre Befehle werden in Potsdam ertheilt, ihre Bundesgenossen nahen aus dem Osten. Herrn Hansemann ist es trotz aller Ueberredungskunst nicht gelungen, dem Centrum die Ueberzeugung von der Thätigkeit einer russenfreundlichen Camarilla in Potsdam zu nehmen. Hr. Hansemann will aber um jeden Preis noch ferner Minister bleiben, obgleich er den Auftrag zur Ergänzung des Ministeriums, dem Könige zurückgegeben. Gegenwärtig ist der Regierungspräsident Auerswald aus Königsberg mit der Bildung eines neuen Ministeriums beauftragt, und wir haben die erfreuliche Hoffnung, daß er dasselbe aus den in dem alten Systeme verknöcherten Büreaukraten, und russischen Junkern aus dem Stab des Prinzen von Preußen zusammensetzen werde. Keiner der bisher genannten Abgeordneten will in dasselbe eintreten. In manchen Kreisen spricht man von der Berufung des Herrn Kühlwetter aus Aachen, der das Ministerium des Innern und der Polizei übernehmen soll, - und dem Direktor Märker für das Justiz-Ministerium. Alle derartige Listen sind im Augenblick leere Vermuthungen, welche nur die Rathlosigkeit der gegenwärtigen Lage beweisen. In diesem Provisorium der allgemeinen Auflösung bildet sich das System der Selbstregierung immer mehr aus. Berlin ist bekanntlich in 102 Bezirke getheilt. Jeder Bezirk hat jetzt seinen Bezirks-Klub oder Bezirks-Verein, wo man wöchentlich mehrmals zusammenkommt und über die socialen Fragen, Volksbewaffnung, Gemeinde- und Staatsangelegenheit berathschlagt. Bei allen wichtigen Angelegenheiten werden Generalversammlungen der Wahlbezirke gehalten, deren Berlin nur fünf hat, oder es wird ein Ausschuß gebildet, zu welchem die verschiedenen Bezirke ihre Deputationen senden. Der Einfluß dieser Klubs auf das politische Leben ist nicht zu verkennen, und ihre Macht in der Oeffentlichkeit täglich im Wachsen. Der Magistrat besteht kaum anders, als dem Namen nach. Seit der Revolution ist er ohne Oberhaupt und auch der größte Theil seiner Mitglieder hat abgedankt. Eine Neuwahl soll zwar bald statt finden, aber es wird Vieles von seinen Befugnissen und Verpflichtungen in die Hände der Bezirksvorsteher und Bezirksvereine übergehen müssen. Die Herren Meder, deren Verhaftung ich Ihnen gestern meldete, sind wieder entlassen worden, nachdem sich besonders das Komite des demokratischen Klubs angelegentlichst für dieselben verwendet hatte. Der jüngere Meder erzählte gestern seine Verhaftung in der Sitzung des demokratischen Klubs. Er hatte eine Zeugenvorladung in einer alten Untersuchungssache gegen einen gewissen Mauck, der vor längerer Zeit als gedungene Kreatur der Reaktion einen Anfall auf den politischen Klub gemacht hatte, erhalten und begab sich somit nach dem Kriminalamt. Dort angekommen, läßt man ihn über eine Stunde warten und als er sich deshalb bei dem anwesenden Gensdarm beklagt und diesem seine Vorladung zeigt, erklärt ihn dieser als Arrestant. Meder protestirt gegen dieses gesetzlose Verfahren, kann aber nur nach vielem Drohen so viel erreichen, daß man ihn am andern Tage vor den Untersuchungsrichter stellt. Ein Professor der Holzschneidekunst, Unzelmann, hatte ihn und viele Andere fälschlich denunzirt, an den Zeughausbegebenheiten Theil genommen zu haben. Meder schilderte die Behandlung der politischen Gefangenen als Schrecken erregend, indem sie zu wirklichen Verbrechern und Diebesgesindel in ein feuchtes stinkendes Loch hineingeworfen werden. Viele, besonders diejenigen, die keine besondere Verwendung haben, hat man mehrere Tage, ja sogar Wochen lang, ohne alle Ursache und sogar ohne sie vor einen Richter zu stellen, eingesperrt gehalten. Gestern wurde auch Herr Mohnicke (vom Comite des demokratischen Klubs) wegen einer von ihm verfaßten "demokratischen Thronrede," die schon seit 4 Wochen verkauft wird, verhaftet, um demnächst nach den alten landrechtlichen Bestimmungen gerichtet zu werden. Dies wäre der zweite Preßprozeß seit der durch die Revolution errungenen "Preßfreiheit." In der Vereinbarer-Versammlung sind viele Deputirte, die bisher zur Rechten gehörten, zum linken Centrum und zur Linken übergegangen, besonders die Landleute, welche jetzt einsehen, daß ihren Anforderungen und Anträgen zur Erleichterung des Bauernstandes, von der Rechten, im Interesse der Aristokratie, stets entgegen gehandelt wurde. Jedenfalls wird die Vereinbarer-Versammlung Montag ihre täglichen Sitzungen wieder beginnen, auch wenn das Ministerium bis dahin noch nicht hergestellt wäre, was man allgemein erwartet. * Breslau, 23. Juni. Nachrichten aus Loslau und andern Orten jenes Theils von Oberschlesien sprechen ausführlich über ein schreckliches Hagelwetter und einen furchtbaren Orkan, die jene Gegend am 19. und 20. d. verwüstet haben. In Loslau allein sind schon 5 Leichen und 4 Verwundete aus den Trümmern der vom Orkan niedergestürzten Häuser hervorgezogen worden. Der Schaden, insoweit er dies kleine Städtchen betroffen, wird auf 80,000 Thlr. geschätzt. Man will in der Nähe Erdstöße verspürt haben. Das Dorf Jedlownick ist ganz demolirt; in Kockoschutz sind auch bereits 9 Leuten aus den Schutthaufen hervorgezogen worden. Die Erndte der ganzen Gegend ist vernichtet. Aehnliches Hagelwetter, doch ohne Orkan, hat zwischen Münsterberg und Ottmachau gewüthet. * Königsberg, 17. Juni. Die in Rastenburg (Ostpreußen) in Garnison liegende erste Jäger-Abtheilung hat eine Petition abgefaßt, worin sie bittet um: Aufhebung des beim gemeinen Soldaten verhaßten Ersparungssystems. Sie nennen es "ein verhaßtes Ersparungssystem, das den Vorgesetzten, wenn auch nicht bei ihnen, den Petenten, doch beim übrigen Militär der Defraudation verdächtigt, jeden unbemittelten und ehrenhaften Soldaten unter unglaublichen Entbehrungen zur Anschaffung eigener Kleider nöthigt, da er die erhaltenen Montirungsstücke ihrer Schlechtigkeit wegen nicht gebrauchen kann." Die Petition bittet weiter um: Aufhebung des Verbots, Civilkleider tragen zu dürfen; Verminderung der Dienstjahre; keine Bevorzugung bei Gehaltsaustheilungen, sondern gleiches und erhöhtes Gehalt für alle gemeinen Soldaten der königl. preußischen Armee; Aufhebung der bestehenden Kriegsartikel und Einführung der Schwurgerichte und der Oeffentlichkeit des gerichtlichen Verfahrens; allgemeine Aufhebung der das Gefühl jedes Soldaten verletzenden Anrede mit Er und Du. Diese Petition war eigentlich für den Inspekteur der Jäger, Oberst v. Knoblauch, bestimmt; durch einen Compagniechef gelangte dieselbe aber zuerst in die Hände des Abtheilungs-Kommandeurs, welcher sie an das Corpsgericht des ersten Armeekorps abgegeben hat, bei welchem ein informatorisches Verfahren in dieser Angelegenheit eingeleitet worden. 124 Stettin, 23. Juni. Der hiesige konstitutionelle Verein besteht aus verrosteten Büreaumenschen, Staatskostgängern vom Civil und Militär und sonstigen Vormärzmännern und findet seine Aufgabe darin, den König, das königliche Haus, ein hohes Staatsministerium und wen sonst noch mit Loyalitäts-Adressen und Petitionen in diesem Sinne zu überfluthen. Seine Schriftstücke läßt er durch Polizeibeamte umhertragen, vor denen der Urpommer als vor den Stützen der Regierung, die er so herzlich liebt, eine heilige Scheu empfindet. Ein Glück für die Berliner ist es, daß der Pommer noch nicht weiß, ob er gegen Berlin oder Breslau ziehen soll, die Republikaner zu züchtigen, sonst wäre es um Berlin schon geschehen. * Stuttgart, 23. Juni. Der Gouverneur der Bundesfestung Ulm, Generallieutenant Graf zur Lippe hat sich gestern früh erschossen. - Nach neuestem Befehl müssen alle Soldaten der würtembergischen Armee von den Vorgesetzten mit "Sie" angeredet werden; unsere Regierung hat zum voraus ihre unbedingte Aner- Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No. 27. Köln, Dienstag 27. Juni 1848.Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für das nächste Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexandre, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Außerhalb Preußens mit Zuschlag des fremden Zeitungsportos. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Zu Nr. 26 der „Neuen Rheinischen Zeitung“ ist am 26. Juni Morgens eine außerordentliche Beilage ausgegeben und versandt worden. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Nachrichten aus Paris). Berlin (Das Provisorium und die Reaktion). Frankfurt. (Nationalversammlung. ‒ Peters Verhaftung von der zweiten badischen Kammer bestätigt). Stuttgardt. (Der Gouverneur von Ulm erschießt sich. Soldat per Sie hinfort angeredet). Stettin. (Constitutionalismus). Breslau. (Orkan). Königsberg. (Petition der Jägerabtheilung in Rastenburg). Bremen. (Erstes Kanonenboot in Vegesack). Wien. (Sinnenwechsel in Innsbruck. ‒ Arbeiterunruhen zu Brünn). Triest. (Protest des griechischen Konsuls). Ungarn. Pesth. (Hermanstadt protestirt gegen die Union mit Ungarn). Französische Republik. Paris. (Sturz des Vollziehungsausschusses. ‒ Proklamation von Marrast an sämmtliche Maires von Paris. ‒ Proklamation der Vollziehungsgewalt an die Pariser Arbeiter. ‒ Proklamation, die Cavaignac zum Militärdiktator ernennt. ‒ Proklamation der Nationalversammlung. ‒ Nationalversammlung vom 23. Juni. ‒ Nationalversammlung vom 24. Juni. ‒ Korrespondenz. ‒ Die Vraie République über die Junirevolution. ‒ Nachtrag: Dekret des Enrolements der jungen Arbeiter. ‒ Verfälschung der Institution der republikanischen Garde. ‒ Unterhaltung der Arbeiter mit Marie. ‒ Dekret von Lalanne). Großbritannien. Der Northern Star über die „Neue Rheinische Zeitung“. London (Hume's Motion und der Northern Star. ‒ O'Connors Landplan und der Auswanderungsplan). Dublin (Jung-Irland. ‒ O'Connell. ‒ Die neue irische League). Brasilien. Rio de Janeiro (Eindruck der Februarrevolution. ‒ Befürchtungen vor einer Revolution im nördlichen Brasilien. ‒ Flor des Sklavenhandels). Amtliche Nachrichten.
Berlin, den 23. Juni 1848. Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. verordnen auf den Antrag der zur Vereinbarung der preußischen Verfassung berufenen Versammlung, nach Anhörung unseres Staats-Ministeriums, was folgt : Zum Schutze der zur Vereinbarung der preußischen Verfassung berufenen Versammlung sollen nachstehende Bestimmungen sofort in Kraft treten : § 1. Kein Mitglied der Versammlung kann für seine Abstimmungen oder für die von ihm in seiner Eigenschaft als Abgeordneter ausgesprochenen Worte und Meinungen in irgend einer Weise zur Rechenschaft gezogen werden. § 2. Kein Mitglied der Versammlung kann während der Dauer derselben ohne ihre Genehmigung wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Verantwortung gezogen werden, außer, wenn es entweder bei der Ausübung der That oder binnen der nächsten 24 Stunden nach derselben ergriffen wird. § 3. Jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied der Versammlung und jede Haft wird für die Dauer der Sitzung aufgehoben, wenn die Versammlung es verlangt. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. Gegeben, Sanssouci, den 23. Juni 1848. Friedrich Wilhelm. Dem Papierfabrikanten Louis Piette zu Dillingen ist unter dem 21. Juni 1848 ein Patent auf eine Vorrichtung zum Reinigen des Papierzeuges in der durch Zeichnung und Beschreibung nachgewiesenen Zusammensetzung auf fünf Jahre, von jenem Tage an gerechnet und für den Umfang des preußischen Staates ertheilt worden. Deutschland.
Köln, 26. Juni. Die neueste Nr. (25) der Gesetzsammlung enthält den zwischen Preußen und Sachsen zur Herstellung einer Eisenbahnverbindung zwischen Berlin und Dresden abgeschlossenen Vertrag; ferner: den Allerhöchsten Erlaß vom 14. Juni 48, den Bau der Eisenbahn zwischen Berlin und der Provinz Preußen von dem Anschlußpunkte an der Stargard-Posener Eisenbahn unweit Driesen bis Dirschau betreffend. Es heißt darin, daß mit den Erdarbeiten unweit Driesen, in der Richtung auf Bromberg, so weit als es zur Beschäftigung erwerbloser Arbeiter nothwendig wird, unverweilt vorgeschritten werden soll. * Köln, 26. Juni. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Frankfurt, 24. Juni. Die badische zweite Kammer hat mit 28 gegen 16 Stimmen der Regierung die Genehmigung zu Peter's Verhaftung ertheilt. Unter den Rednern, welche gegen diese Genehmigung sprachen, waren Junghanns, Welte, Christ und sogar Lamey und Weller; die polizeifreundlichen Galopins der Herren Mathy und Beck trugen indeß bei der Abstimmung den Sieg davon. Noch handelt es sich um die Zustimmung der frankfurter Nationalversammlung, in der Peter seine Deputirtenstelle eingenommen hat; bei dem bekannten Geist dieser ehrenwerthen Gesellschaft ist jedoch auch diese Genehmigung nicht zu bezweifeln. Peter selbst hat sich von hier nach der Schweiz begeben. ‒ Ueber die verhafteten badischen Republikaner ist noch immer der Prozeß nicht eröffnet. Vielleicht gedenkt Ehren-Mathy in dieser Hinsicht erst die Ankunft der Freunde aus dem Osten zu erwarten, um unter ihrem Beistand die langwierige Prozedur summarisch abzukürzen. Frankfurt, 24. Juni. In der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung verkündete der Präsident, daß nach den gefaßten Beschlüssen sprechen würden: Zitz und Zimmermann für den Zitz'schen Antrag auf Ernennung einer prov. Regierung und Erwählung derselben durch die Nationalversammlung mit Verantwortlichkeit gegen dieselbe; Fürst Lichnowski und Radowitz für den Antrag Vincke's; Ruge und Blum für den Antrag von Blum und Trutzschler; Saucken und Edel für den Antrag der Ausschuß-Majorität; Dietz (Saarbrücken) und Vogt für Mohl's Antrag; Philipps und Rosmann für Möhring's; Wippermann, Stedtmann für Welcker's; Raveaux und Widenmann für Schoder's; Waitz und Mathy für Mayern's Antrag. Gesprochen haben Zitz, Radowitz, Ruge, Saucken, Mohl (obgleich nicht zu den vom Präsidenten bezeichneten Rednern gehörig) Philipps, Wippermann, Widenmann, Waitz, Zimmermann (Stuttgart), Edel. Hierauf Vertagung. In der heutigen Sitzung sprachen R. Blum, Fürst Lichnowski, Vogt, Rosmann, Stedtmann, Raveaux, Mathy. Eben (11/4 Uhr Nachmittags) betritt v. Gagern die Rednerbühne. 103 Berlin, 24. Juni. Noch haben wir kein Ministerium, ‒ keine Sitzungen der Nationalversammlung, ‒ keinen Polizeipräsidenten, was das Ueberraschenste ist, ‒ keinen Oberbürgermeister und nur den vierten Theil eines Magistrats; ‒ wir haben auch trotz unseres provisorischen Zustandes, in dem wir uns seit dem 19. März befinden, nicht einmal eine provisorische Regierung. Was wir aber haben, ist die Reaktion. Ihre Befehle werden in Potsdam ertheilt, ihre Bundesgenossen nahen aus dem Osten. Herrn Hansemann ist es trotz aller Ueberredungskunst nicht gelungen, dem Centrum die Ueberzeugung von der Thätigkeit einer russenfreundlichen Camarilla in Potsdam zu nehmen. Hr. Hansemann will aber um jeden Preis noch ferner Minister bleiben, obgleich er den Auftrag zur Ergänzung des Ministeriums, dem Könige zurückgegeben. Gegenwärtig ist der Regierungspräsident Auerswald aus Königsberg mit der Bildung eines neuen Ministeriums beauftragt, und wir haben die erfreuliche Hoffnung, daß er dasselbe aus den in dem alten Systeme verknöcherten Büreaukraten, und russischen Junkern aus dem Stab des Prinzen von Preußen zusammensetzen werde. Keiner der bisher genannten Abgeordneten will in dasselbe eintreten. In manchen Kreisen spricht man von der Berufung des Herrn Kühlwetter aus Aachen, der das Ministerium des Innern und der Polizei übernehmen soll, ‒ und dem Direktor Märker für das Justiz-Ministerium. Alle derartige Listen sind im Augenblick leere Vermuthungen, welche nur die Rathlosigkeit der gegenwärtigen Lage beweisen. In diesem Provisorium der allgemeinen Auflösung bildet sich das System der Selbstregierung immer mehr aus. Berlin ist bekanntlich in 102 Bezirke getheilt. Jeder Bezirk hat jetzt seinen Bezirks-Klub oder Bezirks-Verein, wo man wöchentlich mehrmals zusammenkommt und über die socialen Fragen, Volksbewaffnung, Gemeinde- und Staatsangelegenheit berathschlagt. Bei allen wichtigen Angelegenheiten werden Generalversammlungen der Wahlbezirke gehalten, deren Berlin nur fünf hat, oder es wird ein Ausschuß gebildet, zu welchem die verschiedenen Bezirke ihre Deputationen senden. Der Einfluß dieser Klubs auf das politische Leben ist nicht zu verkennen, und ihre Macht in der Oeffentlichkeit täglich im Wachsen. Der Magistrat besteht kaum anders, als dem Namen nach. Seit der Revolution ist er ohne Oberhaupt und auch der größte Theil seiner Mitglieder hat abgedankt. Eine Neuwahl soll zwar bald statt finden, aber es wird Vieles von seinen Befugnissen und Verpflichtungen in die Hände der Bezirksvorsteher und Bezirksvereine übergehen müssen. Die Herren Meder, deren Verhaftung ich Ihnen gestern meldete, sind wieder entlassen worden, nachdem sich besonders das Komité des demokratischen Klubs angelegentlichst für dieselben verwendet hatte. Der jüngere Meder erzählte gestern seine Verhaftung in der Sitzung des demokratischen Klubs. Er hatte eine Zeugenvorladung in einer alten Untersuchungssache gegen einen gewissen Mauck, der vor längerer Zeit als gedungene Kreatur der Reaktion einen Anfall auf den politischen Klub gemacht hatte, erhalten und begab sich somit nach dem Kriminalamt. Dort angekommen, läßt man ihn über eine Stunde warten und als er sich deshalb bei dem anwesenden Gensdarm beklagt und diesem seine Vorladung zeigt, erklärt ihn dieser als Arrestant. Meder protestirt gegen dieses gesetzlose Verfahren, kann aber nur nach vielem Drohen so viel erreichen, daß man ihn am andern Tage vor den Untersuchungsrichter stellt. Ein Professor der Holzschneidekunst, Unzelmann, hatte ihn und viele Andere fälschlich denunzirt, an den Zeughausbegebenheiten Theil genommen zu haben. Meder schilderte die Behandlung der politischen Gefangenen als Schrecken erregend, indem sie zu wirklichen Verbrechern und Diebesgesindel in ein feuchtes stinkendes Loch hineingeworfen werden. Viele, besonders diejenigen, die keine besondere Verwendung haben, hat man mehrere Tage, ja sogar Wochen lang, ohne alle Ursache und sogar ohne sie vor einen Richter zu stellen, eingesperrt gehalten. Gestern wurde auch Herr Mohnicke (vom Comité des demokratischen Klubs) wegen einer von ihm verfaßten „demokratischen Thronrede,“ die schon seit 4 Wochen verkauft wird, verhaftet, um demnächst nach den alten landrechtlichen Bestimmungen gerichtet zu werden. Dies wäre der zweite Preßprozeß seit der durch die Revolution errungenen „Preßfreiheit.“ In der Vereinbarer-Versammlung sind viele Deputirte, die bisher zur Rechten gehörten, zum linken Centrum und zur Linken übergegangen, besonders die Landleute, welche jetzt einsehen, daß ihren Anforderungen und Anträgen zur Erleichterung des Bauernstandes, von der Rechten, im Interesse der Aristokratie, stets entgegen gehandelt wurde. Jedenfalls wird die Vereinbarer-Versammlung Montag ihre täglichen Sitzungen wieder beginnen, auch wenn das Ministerium bis dahin noch nicht hergestellt wäre, was man allgemein erwartet. * Breslau, 23. Juni. Nachrichten aus Loslau und andern Orten jenes Theils von Oberschlesien sprechen ausführlich über ein schreckliches Hagelwetter und einen furchtbaren Orkan, die jene Gegend am 19. und 20. d. verwüstet haben. In Loslau allein sind schon 5 Leichen und 4 Verwundete aus den Trümmern der vom Orkan niedergestürzten Häuser hervorgezogen worden. Der Schaden, insoweit er dies kleine Städtchen betroffen, wird auf 80,000 Thlr. geschätzt. Man will in der Nähe Erdstöße verspürt haben. Das Dorf Jedlownick ist ganz demolirt; in Kockoschutz sind auch bereits 9 Leuten aus den Schutthaufen hervorgezogen worden. Die Erndte der ganzen Gegend ist vernichtet. Aehnliches Hagelwetter, doch ohne Orkan, hat zwischen Münsterberg und Ottmachau gewüthet. * Königsberg, 17. Juni. Die in Rastenburg (Ostpreußen) in Garnison liegende erste Jäger-Abtheilung hat eine Petition abgefaßt, worin sie bittet um: Aufhebung des beim gemeinen Soldaten verhaßten Ersparungssystems. Sie nennen es „ein verhaßtes Ersparungssystem, das den Vorgesetzten, wenn auch nicht bei ihnen, den Petenten, doch beim übrigen Militär der Defraudation verdächtigt, jeden unbemittelten und ehrenhaften Soldaten unter unglaublichen Entbehrungen zur Anschaffung eigener Kleider nöthigt, da er die erhaltenen Montirungsstücke ihrer Schlechtigkeit wegen nicht gebrauchen kann.“ Die Petition bittet weiter um: Aufhebung des Verbots, Civilkleider tragen zu dürfen; Verminderung der Dienstjahre; keine Bevorzugung bei Gehaltsaustheilungen, sondern gleiches und erhöhtes Gehalt für alle gemeinen Soldaten der königl. preußischen Armee; Aufhebung der bestehenden Kriegsartikel und Einführung der Schwurgerichte und der Oeffentlichkeit des gerichtlichen Verfahrens; allgemeine Aufhebung der das Gefühl jedes Soldaten verletzenden Anrede mit Er und Du. Diese Petition war eigentlich für den Inspekteur der Jäger, Oberst v. Knoblauch, bestimmt; durch einen Compagniechef gelangte dieselbe aber zuerst in die Hände des Abtheilungs-Kommandeurs, welcher sie an das Corpsgericht des ersten Armeekorps abgegeben hat, bei welchem ein informatorisches Verfahren in dieser Angelegenheit eingeleitet worden. 124 Stettin, 23. Juni. Der hiesige konstitutionelle Verein besteht aus verrosteten Büreaumenschen, Staatskostgängern vom Civil und Militär und sonstigen Vormärzmännern und findet seine Aufgabe darin, den König, das königliche Haus, ein hohes Staatsministerium und wen sonst noch mit Loyalitäts-Adressen und Petitionen in diesem Sinne zu überfluthen. Seine Schriftstücke läßt er durch Polizeibeamte umhertragen, vor denen der Urpommer als vor den Stützen der Regierung, die er so herzlich liebt, eine heilige Scheu empfindet. Ein Glück für die Berliner ist es, daß der Pommer noch nicht weiß, ob er gegen Berlin oder Breslau ziehen soll, die Republikaner zu züchtigen, sonst wäre es um Berlin schon geschehen. * Stuttgart, 23. Juni. Der Gouverneur der Bundesfestung Ulm, Generallieutenant Graf zur Lippe hat sich gestern früh erschossen. ‒ Nach neuestem Befehl müssen alle Soldaten der würtembergischen Armee von den Vorgesetzten mit „Sie“ angeredet werden; unsere Regierung hat zum voraus ihre unbedingte Aner- <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0125"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No. 27. Köln, Dienstag 27. Juni 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div type="jExpedition"> <p> <hi rendition="#b">Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. 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Dublin (Jung-Irland. ‒ O'Connell. ‒ Die neue irische League).</p> <p><hi rendition="#g">Brasilien.</hi> Rio de Janeiro (Eindruck der Februarrevolution. ‒ Befürchtungen vor einer Revolution im nördlichen Brasilien. ‒ Flor des Sklavenhandels).</p> </div> <div n="1"> <head>Amtliche Nachrichten.</head> <div xml:id="ar027_001" type="jArticle"> <head>Berlin, den 23. Juni 1848.</head> <p rendition="#et">Wir <hi rendition="#g">Friedrich Wilhelm,</hi> von Gottes Gnaden, König von Preußen etc.</p> <p>verordnen auf den Antrag der zur Vereinbarung der preußischen Verfassung berufenen Versammlung, nach Anhörung unseres Staats-Ministeriums, was folgt :</p> <p>Zum Schutze der zur Vereinbarung der preußischen Verfassung berufenen Versammlung sollen nachstehende Bestimmungen sofort in Kraft treten :</p> <p>§ 1. Kein Mitglied der Versammlung kann für seine Abstimmungen oder für die von ihm in seiner Eigenschaft als Abgeordneter ausgesprochenen Worte und Meinungen in irgend einer Weise zur Rechenschaft gezogen werden.</p> <p>§ 2. Kein Mitglied der Versammlung kann während der Dauer derselben ohne ihre Genehmigung wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Verantwortung gezogen werden, außer, wenn es entweder bei der Ausübung der That oder binnen der nächsten 24 Stunden nach derselben ergriffen wird.</p> <p>§ 3. Jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied der Versammlung und jede Haft wird für die Dauer der Sitzung aufgehoben, wenn die Versammlung es verlangt.</p> <p>Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.</p> <p>Gegeben, Sanssouci, den 23. Juni 1848.</p> <p rendition="#et"><hi rendition="#g">Friedrich Wilhelm.</hi><lb/> (kontras.) Camphausen. v. Auerswald. Bornemann. Hansemann. v. Patow. v. Schreckenstein. v. Schleinitz.</p> </div> <div xml:id="ar027_002" type="jArticle"> <p>Dem Papierfabrikanten Louis Piette zu Dillingen ist unter dem 21. Juni 1848 ein Patent</p> <p rendition="#et">auf eine Vorrichtung zum Reinigen des Papierzeuges in der durch Zeichnung und Beschreibung nachgewiesenen Zusammensetzung</p> <p>auf fünf Jahre, von jenem Tage an gerechnet und für den Umfang des preußischen Staates ertheilt worden.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Deutschland.</head> <div xml:id="ar027_003" type="jArticle"> <head>Köln, 26. Juni.</head> <p>Die neueste Nr. (25) der <hi rendition="#g">Gesetzsammlung</hi> enthält den zwischen Preußen und Sachsen zur Herstellung einer Eisenbahnverbindung zwischen Berlin und Dresden abgeschlossenen Vertrag; ferner: den Allerhöchsten Erlaß vom 14. Juni 48, den Bau der Eisenbahn zwischen Berlin und der Provinz Preußen von dem Anschlußpunkte an der Stargard-Posener Eisenbahn unweit Driesen bis Dirschau betreffend. Es heißt darin, daß mit den Erdarbeiten unweit Driesen, in der Richtung auf Bromberg, so weit als es zur Beschäftigung erwerbloser Arbeiter nothwendig wird, unverweilt vorgeschritten werden soll.</p> </div> <div xml:id="ar027_004_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Karl Marx/Friedrich Engels: Nachrichten aus Paris. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 193.</bibl></note> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 26. Juni.</head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar027_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Frankfurt, 24. Juni.</head> <p>Die badische zweite Kammer hat mit 28 gegen 16 Stimmen der Regierung die Genehmigung zu Peter's Verhaftung ertheilt. Unter den Rednern, welche gegen diese Genehmigung sprachen, waren Junghanns, Welte, Christ und sogar Lamey und Weller; die polizeifreundlichen Galopins der Herren Mathy und Beck trugen indeß bei der Abstimmung den Sieg davon. Noch handelt es sich um die Zustimmung der frankfurter Nationalversammlung, in der Peter seine Deputirtenstelle eingenommen hat; bei dem bekannten Geist dieser ehrenwerthen Gesellschaft ist jedoch auch diese Genehmigung nicht zu bezweifeln. Peter selbst hat sich von hier nach der Schweiz begeben. ‒ Ueber die verhafteten badischen Republikaner ist noch immer der Prozeß nicht eröffnet. Vielleicht gedenkt Ehren-Mathy in dieser Hinsicht erst die Ankunft der Freunde aus dem Osten zu erwarten, um unter ihrem Beistand die langwierige Prozedur summarisch abzukürzen.</p> </div> <div xml:id="ar027_006" type="jArticle"> <head>Frankfurt, 24. Juni.</head> <p>In der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung verkündete der Präsident, daß nach den gefaßten Beschlüssen sprechen würden:</p> <p><hi rendition="#g">Zitz</hi> und <hi rendition="#g">Zimmermann</hi> für den Zitz'schen Antrag auf Ernennung einer prov. Regierung und Erwählung derselben durch die Nationalversammlung mit Verantwortlichkeit gegen dieselbe; Fürst <hi rendition="#g">Lichnowski</hi> und <hi rendition="#g">Radowitz</hi> für den Antrag Vincke's; <hi rendition="#g">Ruge</hi> und <hi rendition="#g">Blum</hi> für den Antrag von Blum und Trutzschler; <hi rendition="#g">Saucken</hi> und <hi rendition="#g">Edel</hi> für den Antrag der Ausschuß-Majorität; <hi rendition="#g">Dietz</hi> (Saarbrücken) und <hi rendition="#g">Vogt</hi> für Mohl's Antrag; <hi rendition="#g">Philipps</hi> und <hi rendition="#g">Rosmann</hi> für Möhring's; <hi rendition="#g">Wippermann, Stedtmann</hi> für Welcker's; <hi rendition="#g">Raveaux</hi> und <hi rendition="#g">Widenmann</hi> für Schoder's; <hi rendition="#g">Waitz</hi> und <hi rendition="#g">Mathy</hi> für Mayern's Antrag.</p> <p>Gesprochen haben Zitz, Radowitz, Ruge, Saucken, Mohl (obgleich nicht zu den vom Präsidenten bezeichneten Rednern gehörig) Philipps, Wippermann, Widenmann, Waitz, Zimmermann (Stuttgart), Edel. Hierauf Vertagung.</p> <p>In der <hi rendition="#g">heutigen</hi> Sitzung sprachen R. Blum, Fürst Lichnowski, Vogt, Rosmann, Stedtmann, Raveaux, Mathy. Eben (11/4 Uhr Nachmittags) betritt v. Gagern die Rednerbühne.</p> </div> <div xml:id="ar027_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 24. Juni.</head> <p>Noch haben wir kein Ministerium, ‒ keine Sitzungen der Nationalversammlung, ‒ keinen Polizeipräsidenten, was das Ueberraschenste ist, ‒ keinen Oberbürgermeister und nur den vierten Theil eines Magistrats; ‒ wir haben auch trotz unseres <hi rendition="#g">provisorischen</hi> Zustandes, in dem wir uns seit dem 19. März befinden, nicht einmal eine provisorische Regierung. Was wir aber haben, ist die <hi rendition="#g">Reaktion.</hi> Ihre Befehle werden in Potsdam ertheilt, ihre Bundesgenossen nahen aus dem Osten. Herrn Hansemann ist es trotz aller Ueberredungskunst nicht gelungen, dem Centrum die Ueberzeugung von der Thätigkeit einer russenfreundlichen Camarilla in Potsdam zu nehmen. Hr. Hansemann will aber um jeden Preis noch ferner Minister bleiben, obgleich er den Auftrag zur Ergänzung des Ministeriums, dem Könige zurückgegeben. Gegenwärtig ist der Regierungspräsident Auerswald aus Königsberg mit der Bildung eines neuen Ministeriums beauftragt, und wir haben die erfreuliche Hoffnung, daß er dasselbe aus den in dem alten Systeme verknöcherten Büreaukraten, und russischen Junkern aus dem Stab des Prinzen von Preußen zusammensetzen werde. Keiner der bisher genannten Abgeordneten will in dasselbe eintreten. In manchen Kreisen spricht man von der Berufung des Herrn Kühlwetter aus Aachen, der das Ministerium des Innern und der Polizei übernehmen soll, ‒ und dem Direktor Märker für das Justiz-Ministerium. Alle derartige Listen sind im Augenblick leere Vermuthungen, welche nur die Rathlosigkeit der gegenwärtigen Lage beweisen.</p> <p>In diesem Provisorium der allgemeinen Auflösung bildet sich das System der Selbstregierung immer mehr aus. Berlin ist bekanntlich in 102 Bezirke getheilt. Jeder Bezirk hat jetzt seinen Bezirks-Klub oder Bezirks-Verein, wo man wöchentlich mehrmals zusammenkommt und über die socialen Fragen, Volksbewaffnung, Gemeinde- und Staatsangelegenheit berathschlagt. Bei allen wichtigen Angelegenheiten werden Generalversammlungen der Wahlbezirke gehalten, deren Berlin nur fünf hat, oder es wird ein Ausschuß gebildet, zu welchem die verschiedenen Bezirke ihre Deputationen senden. Der Einfluß dieser Klubs auf das politische Leben ist nicht zu verkennen, und ihre Macht in der Oeffentlichkeit täglich im Wachsen. Der Magistrat besteht kaum anders, als dem Namen nach. Seit der Revolution ist er ohne Oberhaupt und auch der größte Theil seiner Mitglieder hat abgedankt. Eine Neuwahl soll zwar bald statt finden, aber es wird Vieles von seinen Befugnissen und Verpflichtungen in die Hände der Bezirksvorsteher und Bezirksvereine übergehen müssen.</p> <p>Die Herren Meder, deren Verhaftung ich Ihnen gestern meldete, sind wieder entlassen worden, nachdem sich besonders das Komité des demokratischen Klubs angelegentlichst für dieselben verwendet hatte. Der jüngere Meder erzählte gestern seine Verhaftung in der Sitzung des demokratischen Klubs. Er hatte eine Zeugenvorladung in einer alten Untersuchungssache gegen einen gewissen Mauck, der vor längerer Zeit als gedungene Kreatur der Reaktion einen Anfall auf den politischen Klub gemacht hatte, erhalten und begab sich somit nach dem Kriminalamt. Dort angekommen, läßt man ihn über eine Stunde warten und als er sich deshalb bei dem anwesenden Gensdarm beklagt und diesem seine Vorladung zeigt, erklärt ihn dieser als Arrestant. Meder protestirt gegen dieses gesetzlose Verfahren, kann aber nur nach vielem Drohen so viel erreichen, daß man ihn am andern Tage vor den Untersuchungsrichter stellt. Ein Professor der Holzschneidekunst, Unzelmann, hatte ihn und viele Andere fälschlich denunzirt, an den Zeughausbegebenheiten Theil genommen zu haben. Meder schilderte die Behandlung der politischen Gefangenen als Schrecken erregend, indem sie zu wirklichen Verbrechern und Diebesgesindel in ein feuchtes stinkendes Loch hineingeworfen werden. Viele, besonders diejenigen, die keine besondere Verwendung haben, hat man mehrere Tage, ja sogar Wochen lang, ohne alle Ursache und sogar ohne sie vor einen Richter zu stellen, eingesperrt gehalten.</p> <p>Gestern wurde auch Herr Mohnicke (vom Comité des demokratischen Klubs) wegen einer von ihm verfaßten „demokratischen Thronrede,“ die schon seit 4 Wochen verkauft wird, verhaftet, um demnächst nach den alten landrechtlichen Bestimmungen gerichtet zu werden. Dies wäre der zweite Preßprozeß seit der durch die Revolution errungenen „Preßfreiheit.“ In der Vereinbarer-Versammlung sind viele Deputirte, die bisher zur Rechten gehörten, zum linken Centrum und zur Linken übergegangen, besonders die Landleute, welche jetzt einsehen, daß ihren Anforderungen und Anträgen zur Erleichterung des Bauernstandes, von der Rechten, im Interesse der Aristokratie, stets entgegen gehandelt wurde. Jedenfalls wird die Vereinbarer-Versammlung Montag ihre täglichen Sitzungen wieder beginnen, auch wenn das Ministerium bis dahin noch nicht hergestellt wäre, was man allgemein erwartet.</p> </div> <div xml:id="ar027_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Breslau, 23. Juni.</head> <p>Nachrichten aus Loslau und andern Orten jenes Theils von Oberschlesien sprechen ausführlich über ein schreckliches Hagelwetter und einen furchtbaren Orkan, die jene Gegend am 19. und 20. d. verwüstet haben. In Loslau allein sind schon 5 Leichen und 4 Verwundete aus den Trümmern der vom Orkan niedergestürzten Häuser hervorgezogen worden. Der Schaden, insoweit er dies kleine Städtchen betroffen, wird auf 80,000 Thlr. geschätzt. Man will in der Nähe Erdstöße verspürt haben. Das Dorf Jedlownick ist ganz demolirt; in Kockoschutz sind auch bereits 9 Leuten aus den Schutthaufen hervorgezogen worden. Die Erndte der ganzen Gegend ist vernichtet. Aehnliches Hagelwetter, doch ohne Orkan, hat zwischen Münsterberg und Ottmachau gewüthet.</p> </div> <div xml:id="ar027_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Königsberg, 17. Juni.</head> <p>Die in Rastenburg (Ostpreußen) in Garnison liegende erste Jäger-Abtheilung hat eine Petition abgefaßt, worin sie bittet um: Aufhebung des beim gemeinen Soldaten verhaßten Ersparungssystems. Sie nennen es „ein verhaßtes Ersparungssystem, das den Vorgesetzten, wenn auch nicht bei ihnen, den Petenten, doch beim übrigen Militär der Defraudation verdächtigt, jeden unbemittelten und ehrenhaften Soldaten unter unglaublichen Entbehrungen zur Anschaffung eigener Kleider nöthigt, da er die erhaltenen Montirungsstücke ihrer Schlechtigkeit wegen nicht gebrauchen kann.“ Die Petition bittet weiter um: Aufhebung des Verbots, Civilkleider tragen zu dürfen; Verminderung der Dienstjahre; keine Bevorzugung bei Gehaltsaustheilungen, sondern gleiches und erhöhtes Gehalt für alle gemeinen Soldaten der königl. preußischen Armee; Aufhebung der bestehenden Kriegsartikel und Einführung der Schwurgerichte und der Oeffentlichkeit des gerichtlichen Verfahrens; allgemeine Aufhebung der das Gefühl jedes Soldaten verletzenden Anrede mit Er und Du. Diese Petition war eigentlich für den Inspekteur der Jäger, Oberst v. Knoblauch, bestimmt; durch einen Compagniechef gelangte dieselbe aber zuerst in die Hände des Abtheilungs-Kommandeurs, welcher sie an das Corpsgericht des ersten Armeekorps abgegeben hat, bei welchem ein informatorisches Verfahren in dieser Angelegenheit eingeleitet worden.</p> </div> <div xml:id="ar027_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>124</author></bibl> Stettin, 23. Juni.</head> <p>Der hiesige konstitutionelle Verein besteht aus verrosteten Büreaumenschen, Staatskostgängern vom Civil und Militär und sonstigen Vormärzmännern und findet seine Aufgabe darin, den König, das königliche Haus, ein hohes Staatsministerium und wen sonst noch mit Loyalitäts-Adressen und Petitionen in diesem Sinne zu überfluthen. Seine Schriftstücke läßt er durch Polizeibeamte umhertragen, vor denen der Urpommer als vor den Stützen der Regierung, die er so herzlich liebt, eine heilige Scheu empfindet. Ein Glück für die Berliner ist es, daß der Pommer noch nicht weiß, ob er gegen Berlin oder Breslau ziehen soll, die Republikaner zu züchtigen, sonst wäre es um Berlin schon geschehen.</p> </div> <div xml:id="ar027_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Stuttgart, 23. Juni.</head> <p>Der Gouverneur der Bundesfestung <hi rendition="#g">Ulm,</hi> Generallieutenant Graf zur Lippe hat sich gestern früh erschossen. ‒ Nach neuestem Befehl müssen alle Soldaten der würtembergischen Armee von den Vorgesetzten mit <hi rendition="#g">„Sie“</hi> angeredet werden; unsere Regierung hat zum voraus ihre unbedingte Aner- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0125/0001]
Neue Rheinische Zeitung.Organ der Demokratie.No. 27. Köln, Dienstag 27. Juni 1848. Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für das nächste Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen.
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Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.
Zu Nr. 26 der „Neuen Rheinischen Zeitung“ ist am 26. Juni Morgens eine außerordentliche Beilage ausgegeben und versandt worden.
Uebersicht. Deutschland. Köln. (Nachrichten aus Paris). Berlin (Das Provisorium und die Reaktion). Frankfurt. (Nationalversammlung. ‒ Peters Verhaftung von der zweiten badischen Kammer bestätigt). Stuttgardt. (Der Gouverneur von Ulm erschießt sich. Soldat per Sie hinfort angeredet). Stettin. (Constitutionalismus). Breslau. (Orkan). Königsberg. (Petition der Jägerabtheilung in Rastenburg). Bremen. (Erstes Kanonenboot in Vegesack). Wien. (Sinnenwechsel in Innsbruck. ‒ Arbeiterunruhen zu Brünn). Triest. (Protest des griechischen Konsuls).
Ungarn. Pesth. (Hermanstadt protestirt gegen die Union mit Ungarn).
Französische Republik. Paris. (Sturz des Vollziehungsausschusses. ‒ Proklamation von Marrast an sämmtliche Maires von Paris. ‒ Proklamation der Vollziehungsgewalt an die Pariser Arbeiter. ‒ Proklamation, die Cavaignac zum Militärdiktator ernennt. ‒ Proklamation der Nationalversammlung. ‒ Nationalversammlung vom 23. Juni. ‒ Nationalversammlung vom 24. Juni. ‒ Korrespondenz. ‒ Die Vraie République über die Junirevolution. ‒ Nachtrag: Dekret des Enrolements der jungen Arbeiter. ‒ Verfälschung der Institution der republikanischen Garde. ‒ Unterhaltung der Arbeiter mit Marie. ‒ Dekret von Lalanne).
Großbritannien. Der Northern Star über die „Neue Rheinische Zeitung“. London (Hume's Motion und der Northern Star. ‒ O'Connors Landplan und der Auswanderungsplan). Dublin (Jung-Irland. ‒ O'Connell. ‒ Die neue irische League).
Brasilien. Rio de Janeiro (Eindruck der Februarrevolution. ‒ Befürchtungen vor einer Revolution im nördlichen Brasilien. ‒ Flor des Sklavenhandels).
Amtliche Nachrichten. Berlin, den 23. Juni 1848. Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc.
verordnen auf den Antrag der zur Vereinbarung der preußischen Verfassung berufenen Versammlung, nach Anhörung unseres Staats-Ministeriums, was folgt :
Zum Schutze der zur Vereinbarung der preußischen Verfassung berufenen Versammlung sollen nachstehende Bestimmungen sofort in Kraft treten :
§ 1. Kein Mitglied der Versammlung kann für seine Abstimmungen oder für die von ihm in seiner Eigenschaft als Abgeordneter ausgesprochenen Worte und Meinungen in irgend einer Weise zur Rechenschaft gezogen werden.
§ 2. Kein Mitglied der Versammlung kann während der Dauer derselben ohne ihre Genehmigung wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Verantwortung gezogen werden, außer, wenn es entweder bei der Ausübung der That oder binnen der nächsten 24 Stunden nach derselben ergriffen wird.
§ 3. Jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied der Versammlung und jede Haft wird für die Dauer der Sitzung aufgehoben, wenn die Versammlung es verlangt.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben, Sanssouci, den 23. Juni 1848.
Friedrich Wilhelm.
(kontras.) Camphausen. v. Auerswald. Bornemann. Hansemann. v. Patow. v. Schreckenstein. v. Schleinitz.
Dem Papierfabrikanten Louis Piette zu Dillingen ist unter dem 21. Juni 1848 ein Patent
auf eine Vorrichtung zum Reinigen des Papierzeuges in der durch Zeichnung und Beschreibung nachgewiesenen Zusammensetzung
auf fünf Jahre, von jenem Tage an gerechnet und für den Umfang des preußischen Staates ertheilt worden.
Deutschland. Köln, 26. Juni. Die neueste Nr. (25) der Gesetzsammlung enthält den zwischen Preußen und Sachsen zur Herstellung einer Eisenbahnverbindung zwischen Berlin und Dresden abgeschlossenen Vertrag; ferner: den Allerhöchsten Erlaß vom 14. Juni 48, den Bau der Eisenbahn zwischen Berlin und der Provinz Preußen von dem Anschlußpunkte an der Stargard-Posener Eisenbahn unweit Driesen bis Dirschau betreffend. Es heißt darin, daß mit den Erdarbeiten unweit Driesen, in der Richtung auf Bromberg, so weit als es zur Beschäftigung erwerbloser Arbeiter nothwendig wird, unverweilt vorgeschritten werden soll.
* Köln, 26. Juni. _ * Frankfurt, 24. Juni. Die badische zweite Kammer hat mit 28 gegen 16 Stimmen der Regierung die Genehmigung zu Peter's Verhaftung ertheilt. Unter den Rednern, welche gegen diese Genehmigung sprachen, waren Junghanns, Welte, Christ und sogar Lamey und Weller; die polizeifreundlichen Galopins der Herren Mathy und Beck trugen indeß bei der Abstimmung den Sieg davon. Noch handelt es sich um die Zustimmung der frankfurter Nationalversammlung, in der Peter seine Deputirtenstelle eingenommen hat; bei dem bekannten Geist dieser ehrenwerthen Gesellschaft ist jedoch auch diese Genehmigung nicht zu bezweifeln. Peter selbst hat sich von hier nach der Schweiz begeben. ‒ Ueber die verhafteten badischen Republikaner ist noch immer der Prozeß nicht eröffnet. Vielleicht gedenkt Ehren-Mathy in dieser Hinsicht erst die Ankunft der Freunde aus dem Osten zu erwarten, um unter ihrem Beistand die langwierige Prozedur summarisch abzukürzen.
Frankfurt, 24. Juni. In der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung verkündete der Präsident, daß nach den gefaßten Beschlüssen sprechen würden:
Zitz und Zimmermann für den Zitz'schen Antrag auf Ernennung einer prov. Regierung und Erwählung derselben durch die Nationalversammlung mit Verantwortlichkeit gegen dieselbe; Fürst Lichnowski und Radowitz für den Antrag Vincke's; Ruge und Blum für den Antrag von Blum und Trutzschler; Saucken und Edel für den Antrag der Ausschuß-Majorität; Dietz (Saarbrücken) und Vogt für Mohl's Antrag; Philipps und Rosmann für Möhring's; Wippermann, Stedtmann für Welcker's; Raveaux und Widenmann für Schoder's; Waitz und Mathy für Mayern's Antrag.
Gesprochen haben Zitz, Radowitz, Ruge, Saucken, Mohl (obgleich nicht zu den vom Präsidenten bezeichneten Rednern gehörig) Philipps, Wippermann, Widenmann, Waitz, Zimmermann (Stuttgart), Edel. Hierauf Vertagung.
In der heutigen Sitzung sprachen R. Blum, Fürst Lichnowski, Vogt, Rosmann, Stedtmann, Raveaux, Mathy. Eben (11/4 Uhr Nachmittags) betritt v. Gagern die Rednerbühne.
103 Berlin, 24. Juni. Noch haben wir kein Ministerium, ‒ keine Sitzungen der Nationalversammlung, ‒ keinen Polizeipräsidenten, was das Ueberraschenste ist, ‒ keinen Oberbürgermeister und nur den vierten Theil eines Magistrats; ‒ wir haben auch trotz unseres provisorischen Zustandes, in dem wir uns seit dem 19. März befinden, nicht einmal eine provisorische Regierung. Was wir aber haben, ist die Reaktion. Ihre Befehle werden in Potsdam ertheilt, ihre Bundesgenossen nahen aus dem Osten. Herrn Hansemann ist es trotz aller Ueberredungskunst nicht gelungen, dem Centrum die Ueberzeugung von der Thätigkeit einer russenfreundlichen Camarilla in Potsdam zu nehmen. Hr. Hansemann will aber um jeden Preis noch ferner Minister bleiben, obgleich er den Auftrag zur Ergänzung des Ministeriums, dem Könige zurückgegeben. Gegenwärtig ist der Regierungspräsident Auerswald aus Königsberg mit der Bildung eines neuen Ministeriums beauftragt, und wir haben die erfreuliche Hoffnung, daß er dasselbe aus den in dem alten Systeme verknöcherten Büreaukraten, und russischen Junkern aus dem Stab des Prinzen von Preußen zusammensetzen werde. Keiner der bisher genannten Abgeordneten will in dasselbe eintreten. In manchen Kreisen spricht man von der Berufung des Herrn Kühlwetter aus Aachen, der das Ministerium des Innern und der Polizei übernehmen soll, ‒ und dem Direktor Märker für das Justiz-Ministerium. Alle derartige Listen sind im Augenblick leere Vermuthungen, welche nur die Rathlosigkeit der gegenwärtigen Lage beweisen.
In diesem Provisorium der allgemeinen Auflösung bildet sich das System der Selbstregierung immer mehr aus. Berlin ist bekanntlich in 102 Bezirke getheilt. Jeder Bezirk hat jetzt seinen Bezirks-Klub oder Bezirks-Verein, wo man wöchentlich mehrmals zusammenkommt und über die socialen Fragen, Volksbewaffnung, Gemeinde- und Staatsangelegenheit berathschlagt. Bei allen wichtigen Angelegenheiten werden Generalversammlungen der Wahlbezirke gehalten, deren Berlin nur fünf hat, oder es wird ein Ausschuß gebildet, zu welchem die verschiedenen Bezirke ihre Deputationen senden. Der Einfluß dieser Klubs auf das politische Leben ist nicht zu verkennen, und ihre Macht in der Oeffentlichkeit täglich im Wachsen. Der Magistrat besteht kaum anders, als dem Namen nach. Seit der Revolution ist er ohne Oberhaupt und auch der größte Theil seiner Mitglieder hat abgedankt. Eine Neuwahl soll zwar bald statt finden, aber es wird Vieles von seinen Befugnissen und Verpflichtungen in die Hände der Bezirksvorsteher und Bezirksvereine übergehen müssen.
Die Herren Meder, deren Verhaftung ich Ihnen gestern meldete, sind wieder entlassen worden, nachdem sich besonders das Komité des demokratischen Klubs angelegentlichst für dieselben verwendet hatte. Der jüngere Meder erzählte gestern seine Verhaftung in der Sitzung des demokratischen Klubs. Er hatte eine Zeugenvorladung in einer alten Untersuchungssache gegen einen gewissen Mauck, der vor längerer Zeit als gedungene Kreatur der Reaktion einen Anfall auf den politischen Klub gemacht hatte, erhalten und begab sich somit nach dem Kriminalamt. Dort angekommen, läßt man ihn über eine Stunde warten und als er sich deshalb bei dem anwesenden Gensdarm beklagt und diesem seine Vorladung zeigt, erklärt ihn dieser als Arrestant. Meder protestirt gegen dieses gesetzlose Verfahren, kann aber nur nach vielem Drohen so viel erreichen, daß man ihn am andern Tage vor den Untersuchungsrichter stellt. Ein Professor der Holzschneidekunst, Unzelmann, hatte ihn und viele Andere fälschlich denunzirt, an den Zeughausbegebenheiten Theil genommen zu haben. Meder schilderte die Behandlung der politischen Gefangenen als Schrecken erregend, indem sie zu wirklichen Verbrechern und Diebesgesindel in ein feuchtes stinkendes Loch hineingeworfen werden. Viele, besonders diejenigen, die keine besondere Verwendung haben, hat man mehrere Tage, ja sogar Wochen lang, ohne alle Ursache und sogar ohne sie vor einen Richter zu stellen, eingesperrt gehalten.
Gestern wurde auch Herr Mohnicke (vom Comité des demokratischen Klubs) wegen einer von ihm verfaßten „demokratischen Thronrede,“ die schon seit 4 Wochen verkauft wird, verhaftet, um demnächst nach den alten landrechtlichen Bestimmungen gerichtet zu werden. Dies wäre der zweite Preßprozeß seit der durch die Revolution errungenen „Preßfreiheit.“ In der Vereinbarer-Versammlung sind viele Deputirte, die bisher zur Rechten gehörten, zum linken Centrum und zur Linken übergegangen, besonders die Landleute, welche jetzt einsehen, daß ihren Anforderungen und Anträgen zur Erleichterung des Bauernstandes, von der Rechten, im Interesse der Aristokratie, stets entgegen gehandelt wurde. Jedenfalls wird die Vereinbarer-Versammlung Montag ihre täglichen Sitzungen wieder beginnen, auch wenn das Ministerium bis dahin noch nicht hergestellt wäre, was man allgemein erwartet.
* Breslau, 23. Juni. Nachrichten aus Loslau und andern Orten jenes Theils von Oberschlesien sprechen ausführlich über ein schreckliches Hagelwetter und einen furchtbaren Orkan, die jene Gegend am 19. und 20. d. verwüstet haben. In Loslau allein sind schon 5 Leichen und 4 Verwundete aus den Trümmern der vom Orkan niedergestürzten Häuser hervorgezogen worden. Der Schaden, insoweit er dies kleine Städtchen betroffen, wird auf 80,000 Thlr. geschätzt. Man will in der Nähe Erdstöße verspürt haben. Das Dorf Jedlownick ist ganz demolirt; in Kockoschutz sind auch bereits 9 Leuten aus den Schutthaufen hervorgezogen worden. Die Erndte der ganzen Gegend ist vernichtet. Aehnliches Hagelwetter, doch ohne Orkan, hat zwischen Münsterberg und Ottmachau gewüthet.
* Königsberg, 17. Juni. Die in Rastenburg (Ostpreußen) in Garnison liegende erste Jäger-Abtheilung hat eine Petition abgefaßt, worin sie bittet um: Aufhebung des beim gemeinen Soldaten verhaßten Ersparungssystems. Sie nennen es „ein verhaßtes Ersparungssystem, das den Vorgesetzten, wenn auch nicht bei ihnen, den Petenten, doch beim übrigen Militär der Defraudation verdächtigt, jeden unbemittelten und ehrenhaften Soldaten unter unglaublichen Entbehrungen zur Anschaffung eigener Kleider nöthigt, da er die erhaltenen Montirungsstücke ihrer Schlechtigkeit wegen nicht gebrauchen kann.“ Die Petition bittet weiter um: Aufhebung des Verbots, Civilkleider tragen zu dürfen; Verminderung der Dienstjahre; keine Bevorzugung bei Gehaltsaustheilungen, sondern gleiches und erhöhtes Gehalt für alle gemeinen Soldaten der königl. preußischen Armee; Aufhebung der bestehenden Kriegsartikel und Einführung der Schwurgerichte und der Oeffentlichkeit des gerichtlichen Verfahrens; allgemeine Aufhebung der das Gefühl jedes Soldaten verletzenden Anrede mit Er und Du. Diese Petition war eigentlich für den Inspekteur der Jäger, Oberst v. Knoblauch, bestimmt; durch einen Compagniechef gelangte dieselbe aber zuerst in die Hände des Abtheilungs-Kommandeurs, welcher sie an das Corpsgericht des ersten Armeekorps abgegeben hat, bei welchem ein informatorisches Verfahren in dieser Angelegenheit eingeleitet worden.
124 Stettin, 23. Juni. Der hiesige konstitutionelle Verein besteht aus verrosteten Büreaumenschen, Staatskostgängern vom Civil und Militär und sonstigen Vormärzmännern und findet seine Aufgabe darin, den König, das königliche Haus, ein hohes Staatsministerium und wen sonst noch mit Loyalitäts-Adressen und Petitionen in diesem Sinne zu überfluthen. Seine Schriftstücke läßt er durch Polizeibeamte umhertragen, vor denen der Urpommer als vor den Stützen der Regierung, die er so herzlich liebt, eine heilige Scheu empfindet. Ein Glück für die Berliner ist es, daß der Pommer noch nicht weiß, ob er gegen Berlin oder Breslau ziehen soll, die Republikaner zu züchtigen, sonst wäre es um Berlin schon geschehen.
* Stuttgart, 23. Juni. Der Gouverneur der Bundesfestung Ulm, Generallieutenant Graf zur Lippe hat sich gestern früh erschossen. ‒ Nach neuestem Befehl müssen alle Soldaten der würtembergischen Armee von den Vorgesetzten mit „Sie“ angeredet werden; unsere Regierung hat zum voraus ihre unbedingte Aner-
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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