Neue Rheinische Zeitung. Nr. 24. Köln, 24. Juni 1848. Beilage.Art. 95. Ein hoher Gerichtshof richtet ohne Appell und Kassationsrekurs über die Anklagen, welche die Nationalversammlung, sei es gegen ihre eigenen Mitglider, sei es gegen den Präsidenten der Republik oder die Minister, erhebt. Er richtet ebenfalls über alle Personen, die eines Verbrechens, Attentats oder Komplotts gegen die Sicherheit des Staats angeklagt sind. Er tritt nur zusammen in Folge eines Dekrets der Nationalversammlung, welche den Ort bezeichnet, wo der Hof seine Sitzungen halten wird. Art. 96. Der hohe Gerichtshof besteht aus Richtern und Geschworenen. Die Richter, fünf an der Zahl, werden durch den Kassationshof und aus seiner Mitte durch geheime Abstimmung ernannt. Die Magistrate, die das Amt des öffentlichen Ministeriums versehen, werden durch den Präsidenten der Republik ernannt, und im Fall einer Anklage gegen den Präsidenten, durch die Nationalversammlung. Die Geschworenen werden aus den Mitgliedern der Generalräthe der Departements ernannt. Art. 97. Sobald ein Dekret der Nationalversammlung den Zusammentritt des hohen Gerichtshofs befohlen hat, zieht der Präsident des Tribunals das an jeder Departementshauptstadt seinen Sitz hat, in öffentlicher Sitzung durch's Loos den Namen eines Mitglied des Generalraths. Art. 98. Wenn am Tage, der für das Urtheil festgesetzt wird, weniger als 60 Geschworne gegenwärtig sind, so wird diese Zahl durch Ersatzmänner vervollständigt, welche der Präsident des hohen Gerichtshofes aus den Mitgliedern des Generalraths, wo der Hof sitzt, durchs Loos zieht. Art. 99. Die Geschwornen, die keine gültige Entschuldigung vorbringen können, werden zu höchstens 6 Monat Gefängniß und zu einer Geldstrafe von fünf bis zehn Tausend Franken bestraft. Art. 100. Der Angeklagte und das öffentliche Ministerium üben das Recht der Recusation aus, wie in gewöhnlichen Sachen, jedoch so, daß die urtheilende Jury stets aus 24 Mitgliedern besteht. Art. 101. Die Erklärung der Jury, daß der Angeklagte schuldig ist, kann nur mit wenigstens zwei Drittel Stimmenmehrheit gefällt werden. Art. 102. In allen Verantwortlichkeitsfällen von Ministern oder allen andern Regierungs-Agenten kann die Nationalversammlung nach den Umständen den angeklagten Beamten entweder vor den hohen Gerichtshof, oder vor die gewöhnlichen Tribunale, oder vor den Staatsrath verweisen. Art. 103. Der Staatsrath kann die Strafe der Ausschließung von den öffentlichen Aemtern nur für höchstens fünf Jahre aussprechen. Art. 104. Jeder Beschluß des Staatsraths, der diese Strafe ausspricht, muß mit wenigstens zwei Drittel Stimmenmehrheit gefaßt sein. Art. 105. Die Debatten finden in öffentlicher Sitzung statt. Art. 106. Die Nationalversammlung und der Präsident der Republik können in allen Fallen die Prüfung der Handlungen eines jeden Beamten, ausgenommen des Präsidenten der Republik, dem Staatsrath übertragen; sein Bericht wird alsdann veröffentlicht. Art. 107. Der Präsident der Republik kann bloß vor den hohen Gerichtshof gestellt werden, auf die Anklage der Nationalversammlung, wegen Verbrechen und Vergehen, die das Gesetz vorgesehen hat. Siebentes Kapitel. Von der bewaffneten Macht. Art. 108. Die bewaffnete Macht ist eingesetzt zur Vertheidigung des Staates gegen die Feinde nach Außen und zur gesicherten Handhabung der Ordnung und der Gesetze im Innern. Sie wird gebildet von der Nationalgarde, der Armee und Marine. Art. 109. Jeder Franzose, vorbehaltlich der im Gesetz bestimmten Ausnahmen, ist persönlich zum Militär- und Nationalgardendienst verpflichtet. Die Einstellung von Ersatzmännern ist verboten. Art. 110. Die Nationalgarde wird gebildet von allen waffenfähigen Bürgern, welche nicht in der aktiven Armee stehen. Sie treten in dieser Eigenschaft in eine gesetzlich bestimmte Organisation ein, deren Grundlage das direkte und allgemeine Stimmrecht ist. Art. 111. Die Art der Aushebung zu der Armee und Marine, die Dauer des Dienstes, die Disziplin, die Form der Untersuchungen und die Art der Strafen werden durch besondere Gesetze geregelt. Art. 112. Die bewaffnete Macht ist wesentlich gehorchend. Kein bewaffnetes Korps darf berathen. Art. 113. Die bewaffnete Macht, welche zur Handhabung der Ordnung im Innern verwendet wird, handelt nur in Aufforderung der gesetzlichen Behörden, und befolgt die von der gesetzlichen Gewalt vorgeschriebenen Bestimmungen. Art. 114. Fremde Truppen dürfen ohne vorgängige Einwilligung der National-Versammlung nicht auf französisches Gebiet gezogen werden. Achtes Kapitel. Garantie der Rechte. Art. 115. Die Todesstrafe ist für politische Verbrechen abgeschafft. Art. 116. Die Vermögenskonfiskation kann nie wieder eingeführt werden. Art. 117. Die Sklaverei wird auf keinem französischen Gebiet geduldet. Art. 118. Die Presse kann in keinem Fall der Censur unterworfen werden. Art. 119. Alle Bürger haben die Freiheit zu drucken und drucken zu lassen, vorbehaltlich der im öffentlichen und Privatrecht erforderlichen Garantien. Art. 120. Die Kognition der durch die Presse und jede andere Art der Publikation begangenen Verbrechen gehört vor die Jury. Art. 121. Die Jury entscheidet allein über den, wegen Handlungen oder Vergehen der Presse beantragten Schadenersatz. Art. 122. Alle politischen Vergehen gehören zur Kompetenz der Geschwornen. Art. 123. Jeder kann frei seine Religion bekennen; der Staat garantirt gleichen Schutz für die Ausübung aller Konfessionen. Die Geistlichen der vom Staat anerkannten Konfessionen haben das Recht, eine Staatsbesoldung zu empfangen. Art. 124. Die Lehrfreiheit wird geübt unter Garantie der Gesetze und Aufsicht des Staats. Diese Aufsicht erstreckt sich auf alle Erziehungs- und Lehranstalten, ohne Ausnahme. Art. 125. Die Wohnung jedes Bürgers ist ein unverletzliches Asyl. Es ist verboten daselbst einzudringen, außer in den vom Gesetz bestimmten Formen und Fällen. Art. 126. Niemand kann seinen natürlichen Richtern entzogen werden. Es können keine außerordentlichen Untersuchungskommissionen und Tribunale, unter welchem Titel und unter welchem Namen es auch sei, errichtet werden. Art. 127. Niemand kann verhaftet oder in Haft gehalten werden, außer nach den Vorschriften des Gesetzes. Art. 128. Das Eigenthum ist unverletzlich. Doch kann der Staat die Abtretung eines Eigenthums verlangen, wenn solches erwiesen im öffentlichen Interesse liegt, und eine gerechte vorgängige Entschädigung stattgefunden hat. Art. 129. Steuern und Abgaben werden nur zum öffentlichen Nutzen erhoben. Jeder Bürger trägt dazu nach seiner Fähigkeit und seinem Vermögen bei. Art. 130. Keine Steuer kann anders, als auf Grund eines Gesetzes erhoben werden. Art. 131. Die direkte Steuer wird stets nur auf ein Jahr bewilligt. Die indirekten Abgaben können auf mehrere Jahre bewilligt werden. Art. 132. Die wesentlichsten Garantien des Rechtes auf Arbeit sind: die Arbeitsfreiheit selbst, die freiwillige Assoziation, die Gleichheit in den Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitern, der unentgeltliche Unterricht, die professionelle Erziehung, die Spar- und Kreditanstalten und die Unternehmung großer Arbeiten von öffentlichem Nutzen durch den Staat, um in Fällen von Arbeitslosigkeit die unbeschäftigten Hände zu verwenden. Art. 133. Die Verfassung garantirt die öffentliche Schuld. Art. 134. Der Orden der Ehrenlegion wird aufrecht erhalten. Seine Statuten werden revidirt und mit dem demokratischen Prinzip in Einklang gebracht. Art. 135. Das Gebiet von Algier und den Kolonien wird für französisches Gebiet erklärt und wird nach besondern Gesetzen verwaltet werden. Neuntes Kapitel. Von der Abänderung der Verfassung. Art. 136. Die Nation hat stets das Recht, ihre Verfassung zu modifiziren oder durch eine neue zu ersetzen. Wenn die Nationalversammlung am Schluß einer Session den Wunsch ausspricht, daß die Verfassung ganz oder theilweise umgestaltet werde, so wird mit der Revision in folgender Weise verfahren: Der von der Versammlung ausgesprochene Wunsch wird erst nach 3 aufeinanderfolgenden Berathungen, die je einen Monat auseinander liegen müssen, und nur mit 3/4 der Stimmenden zum definitiven Beschluß erhoben. Die Revisions-Versammlung wird nur für die Dauer von 2 Monaten ernannt. Sie darf sich nur mit der Verfassungsrevision beschäftigen, um derentwillen sie zusammenberufen worden. In Dringlichkeitsfällen soll sie jedoch befugt sein, für Abfassung unaufschiebbarer Gesetze Sorge zu tragen. Zehntes Kapitel. Vorübergehende Bestimmungen. Art. 137. Die bestehenden Gesetzbücher, Gesetze und Reglements bleiben in Kraft, bis sie in gesetzlicher Form für abgeschafft erklärt werden. Art. 138. Die gegenwärtigen Behörden behalten ihre Funktionen bis zur Publikation der sie betreffenden organischen Gesetze bei. Art. 139. Das Gesetz über die Gerichtsorganisation wird den besondern Ernennungsmodus für die erste Zusammensetzung der Gerichtshöfe bestimmen. Konstanz. Hecker hat folgendes Manifest erlassen: "Ein verzerrteres Bild vollständiger Rathlosigkeit und planlosen Umhertappens, als Deutschland gegenwärtig darbietet, kann es nicht geben, und dennoch liegen so gewaltige Kräfte offen zur Hand, um unser Volk zu einem furchtbaren Volkskörper zu gestalten; aber Niemand wagt es, die deutsche Revolution mit den Mitteln der Revolution zur Gestaltung zu bringen; nutzlos lodert die energische Volkskraft in einzelnen Demonstrationen auf; die Partei, welche sich anmaßt, die Majorität zu vertreten, führt Land und Volk dem Verderben, führt sie einer polnischen Theilung zu. Diese feigen Doktrinärs haben es bereits so weit gebracht, daß Deutschland an den freien Völkern keinen Freund hat, daß es verachtet zu werden beginnt, während Russen und Skandinavier, in geheimen festem Bunde mit den Fürsten, lauernd an den Thoren stehen, um heute oder morgen über das planmäßig in Agonie gehaltene Volk herzufallen, und einen racheschnaubenden Despotismus einzusetzen. - "Beleuchten wir nun diejenigen, welche das Siechthum der Nation bewußt oder unbewußt sich als Aufgabe gesetzt haben, jene Partei, welche die Republikaner Anarchisten und Raubgesindel heißt, sich aber als den Ausdruck des Volkswillens proklamirt. Es ist jene Partei, welche in der Presse die "Deutsche Zeitung", in der Nationalversammlung die Majorität, im Volke den wackeligen Sitz des "Fortschritts auf gesetzlichem Wege" eingenommen hat. Ihre Rath- und Thatlosigkeit spricht sich nirgends klarer aus, als in ihrem Organe, der Deutschen Zeitung, weil dort alle ihre Wasserrinnen zusammenlaufen. Durch alle ihre jüngsten Nummern geht nichts als ein Greinen, Lamentiren, untermischt mit Fluchen und Schimpfen, aber nicht ein energischer, das Volk in Mark und Bein packender Vorschlag, dem es zujauchzt, weil er ihm eine rettende That in Aussicht stellt, es zur Handlung, zur Rettung seiner selbst erhebt. "Jene Partei legt uns ganz klar auseinander, daß ein verrätherischer Fürstenbund, den halbasiatischen Russen an der Spitze, bestehe, und will mit Fürsten auf dem Wege der Unterhandlung einen Volksstaat schaffen. Sie weiß es, daß in London eine Verschwörung gegen das Volk brütet, in welcher der Prinz von Preußen, Metternich, Guizot, die Gesandten von Rußland, Neapel, Baiern, Hannover und andere das Gift des Volkstodes kochen, und Robert Peel in charmanten Besuchen empfangen oder angehen, und sie liebäugelt und streichelt die Monarchie und geht über die Mainzer Blutscenen zur Tagesordnung, um Preußen und das preußische Gouvernement mit seinem Prinzen von Preußen nicht zu kränken; sie ist an jenes Preußen verschrieben, welches sich außerhalb des Volkes in Preußen und Deutschland stellte, welches wieder dieselbe Rolle gegen das deutsche Volk spielt, die es spielte vom Basler Separatfrieden bis zur Schlacht bei Jena. - Sie will mit den Fürsten unterhandeln. Wie ein heulender Polizist denunzirt sie heute die republikanische Presse, die demokratischen Vereins- und Massebestrebungen, morgen den Soldatenungehorsam; heute will sie Volksbewaffnung, morgen heißt sie es gut, daß die Mainzer Bürgerschafft entwaffnet bleibe; bald preist sie das Kleinod der freien Presse, und kurz hinterher wüthet sie gegen die radikal-republikanischen Blätter und sanktionirt in Mainz die Censur - denn sie will noch mit den Fürsten unterhandeln. Heute beruft sich jene Partei auf die Majestät und Herrlichkeit des souveränen Volkes und morgen bespricht sie allen Ernstes die Frage, ob ein Mann in der Nationalversammlung den Zutritt habe, welcher trotz der Anklage, er habe die Fürstenherrschaft zerbrochen und das souveräne Volk als Quell aller Macht und aller Rechte anerkennen wollen, von eben dem souveränen Volk zum Repräsentanten gewählt worden sei. Sie erkennt das Wahlvolk als alleinigen Herrn und Meister und will ihm verbieten, Einen zu wählen, welcher der Monarchie den ehrlichen Krieg mit den Waffen erklärt, - sie unterhandelt mit den Fürsten. Sie spricht begeistert von den Barrikaden Wiens und Berlins, dem über das Königthum siegenden Volke und bewirft mit Geifer, Schmutz und Verläumdung der besiegten Republikaner - denn sie will noch mit den Fürsten unterhandeln. Sie hat das berüchtigte Bundespromemoria vom 4. Mai 1848 angehört, welches das souveräne Volk verläugnet, sie hat die österreichische Protestation vernommen, welche die Beschlüsse der Nationalversammlung nicht anerkennt, sie hat die baierische Erklärung vernommen, welche dasselbe ausdrückt, sie hat die preußische und österreichische Erklärung im nämlichen Sinne wohl verstanden - und sie will noch mit den Fürsten unterhandeln! Heute ruft sie die Regierungen (d. h. die monarchische Gewalt, so weit sie noch besteht) gegen die energischen Revolutionärs an und morgen weist sie nach, daß hinter dem Rücken des Volkes, ja sogar mancher Minister, die scheußlichsten Rachepläne gegen das Volk und zu seiner Vernichtung geschmiedet werden. Sie muß es wissen, daß in einer der letzten Bundestags-Zusammenkünfte der hannover'sche Gesandte erklärte, daß seine Regierung das 10. Armee-Korps, trotz des an sie ergangenen Bundesbeschlusses, nicht werde zum Kriege gegen Dänemark stellen, und daß die bundestägliche Leiche sogar hierüber in Gährung gerieth, und der österreichische Gesandte Schmerling in höchster Wuth ausrief: "Wenn es so geht, dann sind wir für nichts da und können auseinander gehen!" - und sie will mit den Fürsten unterhandeln. "Und ihr in Frankfurt Versammelten, wißt ihr, faßt ihr die Hoheit und Allmacht des Ausdrucks, der euch gebietet, im Namen des souveränen Volks aufzutreten? Wißt ihr, was es heißt, der Vertreter von Fünfzigtausend zu sein? Begreift ihr, was es heißt, "im Namen des souveränen, des mächtigen, unverantwortlichen, gewaltigen Volkes von vierzig Millionen!" zu sprechen und in seinem Namen kraft aller der in ihm liegenden Kraftfülle, Hoheit, Tapferkeit und Energie handeln zu sollen? Volksrepräsentanten, begreift ihr, daß ein Volk nicht zu unterhandeln braucht, wo es handeln muß? Volksrepräsentanten zu Frankfurt a. M, zerreißt das Papier der Unterhandlung mit der Monarchie und werdet selbst die lebendige Volksthat! Rufet dem Volke, das euch gesendet hat, zu: Hannibal steht vor den Thoren? - ruft ihm zu, daß es gilt um Volk oder Knecht. Erhebt euch, Bürger-Repräsentanten, zu dem Stolze und der Vollkraft, die in Jedem wohnen muß, der reden und handeln soll für Fünfzigtausend, für vierzig Millionen! Sprecht es aus, das große Wort: Deutsche Republik! Deutscher Volksstaat! Erkennt an das Recht auf Selbstherrlichkeit und Selbstständigkeit Italiens, und ihr gewinnt aus einem Feinde einen Freund und Bundesgenossen; erkennt sie an die Selbstberechtigung des Ungarn und reicht ihm die Bruderhand; erkennt an die Selbstgestaltung der Regierungsweise für den Böhmen und reicht ihm die Bruderhand zum Föderativ-Staat, tretet als Freunde zu den altfreien Eidgenossen und in den Freundesbund der jungen Republik Frankreichs und dem fruchtbaren Felsen im Meere, der nordamerikanischen Union. Schließt, Volksrepräsentanten, den großen Bund freier Völker! Ihr schafft euch Feinde von den Flanken und schafft euch Freunde daselbst. Versammelt, Bürger-Repräsentanten, zwölf Heerführer des deutschen Heeres und beeidigt sie vor euren Schranken, Angesichts des ganzen Wahlvolks "im Namen des souveränen Volks", daß sie nach seinen Beschlüssen handeln und vollziehen; stellt auf eine Ost-Armee und eine Nord-Armee, erlaßt ein Aufgebot an die Jugend Deutschlands, daß sie euch freiwillig zur Seite stehe als junger Herr der Begeisterung und der Kraft! Sprecht aus Bürger-Repräsentanten, die Erklärung der Rechte des Menschen und des Bürgers, und stellt sie unter den Schutz deutscher Nation. Hebt auf ohne Entgeld das Unrecht von Jahrhunderten, die Zehnten, oder das Kapital, was dafür bezahlt werden soll, die Zinsen und Beeten und Gülten, Robote und Frohnden; entlastet die deutsche Nation von dem Drucke der Stregreis- und Leibeigenschaftszeit. Schafft ab Adel und Vorrechte, erklärt die Domänen für Nationalgut und verwendet einen Theil davon zur zur Unterstützung der armen Gemeinden, einen Theil zur Unterstützung der Gewerbe und des Handels. Ernennt, Bürger-Repräsentanten, die Nation zur Vollstreckerin ihres Willens, stellt eure Dekrete unter den Schutz und Vollzug der Nation. Und habt ihr in der Mehrzahl nicht den Muth und die Kraft, nicht die Entschlossenheit, das Schiff zu steuern durch den Sturm, so legt euer Mandat nieder in die Hände kühnerer Männer, oder du, gedrücktes Volk, das hinsiechen soll in Reden und Thatlosigkeit, rufe du ihnen zu, ihre Vollmacht zurückzugeben in deine Hand, damit du Männer senden könnest, die nicht unterhandeln mit den Fürsten, sondern handeln in deinem Namen, im Namen des souveränen Volkes! - Friedrich Hecker." Militärisches. (Durch Zufall verspätet.) Wenn die allgemeine Aufmerksamkeit in der Jetztzeit einfach auf denjenigen unserer Staatsbürger gelenkt wird, welcher in der Armee einer ihrer Pflichten genügen, so ist dies ein Beweis, wie man allseitig das dringende Bedürfniß einer gründlichen zeitgemäßen Reorganisation der Militärverfassung fühlt. Der Augenblick rückt täglich näher, welcher die Armee zum Handeln rufen wird, und noch ist Nichts geschehen, wodurch ihre bisherige Stellung als geforderte, mannichfach bevorzugte, und so dem Bürger friedlich gegenüber gestellte Kaste, - aufgehoben wurde. Wohl liegt dies keineswegs im Interesse eines gewissen Regierungs-Prinzips. Denn der Mangel an Intelligenz und die Pfaffenherrschaft, die mächtigen Stützen der Dispotie, waren gebrochen, - es mußten andere Träger des Absolutismus heraufbeschworen werden - man schuf Armeen - bildete und brauchte sie nicht selten zu willigen und starken Fesseln der aufkeimenden Freiheit. - Der Eid des Einzelnen, ausschließlich auf die Person des Königs, verbunden mit einer glänzenden Außenseite, die Lehre vom Königlichen Rock, die ängstliche Fürsorge für alle materiellen Bedürfnisse, der eximirte (vehmartige) Gerichtsstand, die verheißene Beförderung (selbst zu den höchsten Stellen??) für treugeleistete Dienste, - dies Alles waren und sind noch die Mittel, einen gewissen Zweck zu erreichen. An diesem Systeme hat die glorreiche Berliner Revolution (horribile dicta) nichts geändert. Sollte auch hier ein beliebtes Mißverständniß die Schuld tragen? Treue Markaner, und Gänsebrustgenährte Pommern, und Rindviehpflegenden Westpreußen, und die Brandenburger sans souci, und die Hückeswagener Militär-Tuchfabrikanten, und Herr von Thadden, ein lebendiger Leichnam, und die westphälischen "Flegel", etc. - preisen noch heute Thaten der Berliner Gardisten in zahllosen Adressen als "treugehorsamste Unterthanen"! Tragen vielleicht derartige Expectorationen, oder die Erfolge Ferdinands (des Konstitutionellen) dazu bei, auch in Zukunft den status puo der Militärverfassung beizubehalten? Die Fassung eines Paragraphen des Camphausen'schen "Konstitutions-Entwurfs für Preußen" - läßt keine andere Deutung zu. Er lautert: "Die Armee schwört dem Könige und der Konstitution", - wie schief! Aufrechterhaltung der Verfassung durch die Person sichert auch letztere, - Verletzung der Verfassung durch jene Person, ist politischer Selbstmord. - Sollte aber der Volkswille jene sich selbst gegebene Verfassung (andere Lesart Vereinbarung) einmal zu eng finden, und eine freiere verlangen, - dann sind nicht Regimenter zur Aufrechterhaltung des Veralteten, sondern die Organe des Volkswillens, seine Deputirte, zu berufen, nicht zu einer neuen "Vereinbarung" - fordern zu einer in Wahrheit konstituirenden National-Versammlung. Indem man nun einerseits die bisherige Stellung der Armee beizubehalten sucht, trifft man andererseits auch Vorkehrungen, sie vor dem so "staatsgefährlichen" Freiheitssinne, der "die bisherige Ruhe und den innern Frieden, bei dem man (wer?) sich so wohl befand" - stört, zu bewahren. Man denke an den famösen kriegsministeriellen Erlaß des Hr. Reyher, welcher das Petitions- und Associationsrecht der Soldaten zu schmälern sucht. Auf häufige, kräftige Proteste und bedenkliche Anfragen, hat Hr. Canitz einen Kommentar zum bessern Verständniß geliefert, wonach jede Petition des Militärs die beliebten Instanzen zu durchwandern hat, und jede Betheiligung ganz an Petitionen der Civilbehörden unter Androhung der gesetzlichen Strafe verboten ist. Auch tritt das Standrecht ein, wenn ein Individuum in irgend welcher Versammlung ein "Subordinations" oder "Majestätsverbrechen" begeht. Ersteres anlangend, kann man darunter nur den persönlichen Angriff eines "Vorgesetzten" verstehen; oder kann dem Soldaten in offener Versammlung die Redefreiheit genommen werden, durch ein gebieterisches "Herr schweigen Sie?" - Ein solcher Fall wäre als Curiosum wünschenswerth. Ueber den Begriff Majestätsverbrechen hat Hr. Camphausen seine Begriff noch nicht zu entwickeln beliebt. Doch genug: Unendliche specielle Beispiele reaktionären Treibens in der Armee, durch offene Ansprachen, Befehle, Maaßregeln (Suspendirung resp. Versetzung mißliebiger Offiziere und Avancirten) rechtfertigen die Besorgniß, die Armee werde in Zukunft, wie schon jetzt, der Centralssationspunkt aller Aristokratie ergo Reaktion sein. Darum, Ihr Soldaten des souveränen Volk, ihr Bürgerwehrmänner, an Euch ist es zunächst, die gründliche und zeitemäße Reorganisation das Militärwesens energisch und schnell zu fördern, - die geschmälerten Rechte Eurer Brüder wieder herzustellen, und die geflissentlich herbeigeführte Kluft zwischen Euch und uns auszufüllen, - vor Allem den sorgfältig ausgestreuten Saamen der Zwietracht durch Belehrung und freundliches Entgegenkommen, - unschädlich zu machen; Euch selbst aber durch unbedingte Allgemeinheit der Volksbewaffnung zu kräftigen! Dann erst wird das Heer im Volke aufgehen, und im entscheidenden Augenblicke, wenn es gilt, ein feindliches Prinzip zu bekämpfen mit Euch vereint der Hyder den Kopf zertreten. Köln, 15. Juni 1848. Art. 95. Ein hoher Gerichtshof richtet ohne Appell und Kassationsrekurs über die Anklagen, welche die Nationalversammlung, sei es gegen ihre eigenen Mitglider, sei es gegen den Präsidenten der Republik oder die Minister, erhebt. Er richtet ebenfalls über alle Personen, die eines Verbrechens, Attentats oder Komplotts gegen die Sicherheit des Staats angeklagt sind. Er tritt nur zusammen in Folge eines Dekrets der Nationalversammlung, welche den Ort bezeichnet, wo der Hof seine Sitzungen halten wird. Art. 96. Der hohe Gerichtshof besteht aus Richtern und Geschworenen. Die Richter, fünf an der Zahl, werden durch den Kassationshof und aus seiner Mitte durch geheime Abstimmung ernannt. Die Magistrate, die das Amt des öffentlichen Ministeriums versehen, werden durch den Präsidenten der Republik ernannt, und im Fall einer Anklage gegen den Präsidenten, durch die Nationalversammlung. Die Geschworenen werden aus den Mitgliedern der Generalräthe der Departements ernannt. Art. 97. Sobald ein Dekret der Nationalversammlung den Zusammentritt des hohen Gerichtshofs befohlen hat, zieht der Präsident des Tribunals das an jeder Departementshauptstadt seinen Sitz hat, in öffentlicher Sitzung durch's Loos den Namen eines Mitglied des Generalraths. Art. 98. Wenn am Tage, der für das Urtheil festgesetzt wird, weniger als 60 Geschworne gegenwärtig sind, so wird diese Zahl durch Ersatzmänner vervollständigt, welche der Präsident des hohen Gerichtshofes aus den Mitgliedern des Generalraths, wo der Hof sitzt, durchs Loos zieht. Art. 99. Die Geschwornen, die keine gültige Entschuldigung vorbringen können, werden zu höchstens 6 Monat Gefängniß und zu einer Geldstrafe von fünf bis zehn Tausend Franken bestraft. Art. 100. Der Angeklagte und das öffentliche Ministerium üben das Recht der Recusation aus, wie in gewöhnlichen Sachen, jedoch so, daß die urtheilende Jury stets aus 24 Mitgliedern besteht. Art. 101. Die Erklärung der Jury, daß der Angeklagte schuldig ist, kann nur mit wenigstens zwei Drittel Stimmenmehrheit gefällt werden. Art. 102. In allen Verantwortlichkeitsfällen von Ministern oder allen andern Regierungs-Agenten kann die Nationalversammlung nach den Umständen den angeklagten Beamten entweder vor den hohen Gerichtshof, oder vor die gewöhnlichen Tribunale, oder vor den Staatsrath verweisen. Art. 103. Der Staatsrath kann die Strafe der Ausschließung von den öffentlichen Aemtern nur für höchstens fünf Jahre aussprechen. Art. 104. Jeder Beschluß des Staatsraths, der diese Strafe ausspricht, muß mit wenigstens zwei Drittel Stimmenmehrheit gefaßt sein. Art. 105. Die Debatten finden in öffentlicher Sitzung statt. Art. 106. Die Nationalversammlung und der Präsident der Republik können in allen Fallen die Prüfung der Handlungen eines jeden Beamten, ausgenommen des Präsidenten der Republik, dem Staatsrath übertragen; sein Bericht wird alsdann veröffentlicht. Art. 107. Der Präsident der Republik kann bloß vor den hohen Gerichtshof gestellt werden, auf die Anklage der Nationalversammlung, wegen Verbrechen und Vergehen, die das Gesetz vorgesehen hat. Siebentes Kapitel. Von der bewaffneten Macht. Art. 108. Die bewaffnete Macht ist eingesetzt zur Vertheidigung des Staates gegen die Feinde nach Außen und zur gesicherten Handhabung der Ordnung und der Gesetze im Innern. Sie wird gebildet von der Nationalgarde, der Armee und Marine. Art. 109. Jeder Franzose, vorbehaltlich der im Gesetz bestimmten Ausnahmen, ist persönlich zum Militär- und Nationalgardendienst verpflichtet. Die Einstellung von Ersatzmännern ist verboten. Art. 110. Die Nationalgarde wird gebildet von allen waffenfähigen Bürgern, welche nicht in der aktiven Armee stehen. Sie treten in dieser Eigenschaft in eine gesetzlich bestimmte Organisation ein, deren Grundlage das direkte und allgemeine Stimmrecht ist. Art. 111. Die Art der Aushebung zu der Armee und Marine, die Dauer des Dienstes, die Disziplin, die Form der Untersuchungen und die Art der Strafen werden durch besondere Gesetze geregelt. Art. 112. Die bewaffnete Macht ist wesentlich gehorchend. Kein bewaffnetes Korps darf berathen. Art. 113. Die bewaffnete Macht, welche zur Handhabung der Ordnung im Innern verwendet wird, handelt nur in Aufforderung der gesetzlichen Behörden, und befolgt die von der gesetzlichen Gewalt vorgeschriebenen Bestimmungen. Art. 114. Fremde Truppen dürfen ohne vorgängige Einwilligung der National-Versammlung nicht auf französisches Gebiet gezogen werden. Achtes Kapitel. Garantie der Rechte. Art. 115. Die Todesstrafe ist für politische Verbrechen abgeschafft. Art. 116. Die Vermögenskonfiskation kann nie wieder eingeführt werden. Art. 117. Die Sklaverei wird auf keinem französischen Gebiet geduldet. Art. 118. Die Presse kann in keinem Fall der Censur unterworfen werden. Art. 119. Alle Bürger haben die Freiheit zu drucken und drucken zu lassen, vorbehaltlich der im öffentlichen und Privatrecht erforderlichen Garantien. Art. 120. Die Kognition der durch die Presse und jede andere Art der Publikation begangenen Verbrechen gehört vor die Jury. Art. 121. Die Jury entscheidet allein über den, wegen Handlungen oder Vergehen der Presse beantragten Schadenersatz. Art. 122. Alle politischen Vergehen gehören zur Kompetenz der Geschwornen. Art. 123. Jeder kann frei seine Religion bekennen; der Staat garantirt gleichen Schutz für die Ausübung aller Konfessionen. Die Geistlichen der vom Staat anerkannten Konfessionen haben das Recht, eine Staatsbesoldung zu empfangen. Art. 124. Die Lehrfreiheit wird geübt unter Garantie der Gesetze und Aufsicht des Staats. Diese Aufsicht erstreckt sich auf alle Erziehungs- und Lehranstalten, ohne Ausnahme. Art. 125. Die Wohnung jedes Bürgers ist ein unverletzliches Asyl. Es ist verboten daselbst einzudringen, außer in den vom Gesetz bestimmten Formen und Fällen. Art. 126. Niemand kann seinen natürlichen Richtern entzogen werden. Es können keine außerordentlichen Untersuchungskommissionen und Tribunale, unter welchem Titel und unter welchem Namen es auch sei, errichtet werden. Art. 127. Niemand kann verhaftet oder in Haft gehalten werden, außer nach den Vorschriften des Gesetzes. Art. 128. Das Eigenthum ist unverletzlich. Doch kann der Staat die Abtretung eines Eigenthums verlangen, wenn solches erwiesen im öffentlichen Interesse liegt, und eine gerechte vorgängige Entschädigung stattgefunden hat. Art. 129. Steuern und Abgaben werden nur zum öffentlichen Nutzen erhoben. Jeder Bürger trägt dazu nach seiner Fähigkeit und seinem Vermögen bei. Art. 130. Keine Steuer kann anders, als auf Grund eines Gesetzes erhoben werden. Art. 131. Die direkte Steuer wird stets nur auf ein Jahr bewilligt. Die indirekten Abgaben können auf mehrere Jahre bewilligt werden. Art. 132. Die wesentlichsten Garantien des Rechtes auf Arbeit sind: die Arbeitsfreiheit selbst, die freiwillige Assoziation, die Gleichheit in den Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitern, der unentgeltliche Unterricht, die professionelle Erziehung, die Spar- und Kreditanstalten und die Unternehmung großer Arbeiten von öffentlichem Nutzen durch den Staat, um in Fällen von Arbeitslosigkeit die unbeschäftigten Hände zu verwenden. Art. 133. Die Verfassung garantirt die öffentliche Schuld. Art. 134. Der Orden der Ehrenlegion wird aufrecht erhalten. Seine Statuten werden revidirt und mit dem demokratischen Prinzip in Einklang gebracht. Art. 135. Das Gebiet von Algier und den Kolonien wird für französisches Gebiet erklärt und wird nach besondern Gesetzen verwaltet werden. Neuntes Kapitel. Von der Abänderung der Verfassung. Art. 136. Die Nation hat stets das Recht, ihre Verfassung zu modifiziren oder durch eine neue zu ersetzen. Wenn die Nationalversammlung am Schluß einer Session den Wunsch ausspricht, daß die Verfassung ganz oder theilweise umgestaltet werde, so wird mit der Revision in folgender Weise verfahren: Der von der Versammlung ausgesprochene Wunsch wird erst nach 3 aufeinanderfolgenden Berathungen, die je einen Monat auseinander liegen müssen, und nur mit 3/4 der Stimmenden zum definitiven Beschluß erhoben. Die Revisions-Versammlung wird nur für die Dauer von 2 Monaten ernannt. Sie darf sich nur mit der Verfassungsrevision beschäftigen, um derentwillen sie zusammenberufen worden. In Dringlichkeitsfällen soll sie jedoch befugt sein, für Abfassung unaufschiebbarer Gesetze Sorge zu tragen. Zehntes Kapitel. Vorübergehende Bestimmungen. Art. 137. Die bestehenden Gesetzbücher, Gesetze und Reglements bleiben in Kraft, bis sie in gesetzlicher Form für abgeschafft erklärt werden. Art. 138. Die gegenwärtigen Behörden behalten ihre Funktionen bis zur Publikation der sie betreffenden organischen Gesetze bei. Art. 139. Das Gesetz über die Gerichtsorganisation wird den besondern Ernennungsmodus für die erste Zusammensetzung der Gerichtshöfe bestimmen. Konstanz. Hecker hat folgendes Manifest erlassen: „Ein verzerrteres Bild vollständiger Rathlosigkeit und planlosen Umhertappens, als Deutschland gegenwärtig darbietet, kann es nicht geben, und dennoch liegen so gewaltige Kräfte offen zur Hand, um unser Volk zu einem furchtbaren Volkskörper zu gestalten; aber Niemand wagt es, die deutsche Revolution mit den Mitteln der Revolution zur Gestaltung zu bringen; nutzlos lodert die energische Volkskraft in einzelnen Demonstrationen auf; die Partei, welche sich anmaßt, die Majorität zu vertreten, führt Land und Volk dem Verderben, führt sie einer polnischen Theilung zu. Diese feigen Doktrinärs haben es bereits so weit gebracht, daß Deutschland an den freien Völkern keinen Freund hat, daß es verachtet zu werden beginnt, während Russen und Skandinavier, in geheimen festem Bunde mit den Fürsten, lauernd an den Thoren stehen, um heute oder morgen über das planmäßig in Agonie gehaltene Volk herzufallen, und einen racheschnaubenden Despotismus einzusetzen. ‒ „Beleuchten wir nun diejenigen, welche das Siechthum der Nation bewußt oder unbewußt sich als Aufgabe gesetzt haben, jene Partei, welche die Republikaner Anarchisten und Raubgesindel heißt, sich aber als den Ausdruck des Volkswillens proklamirt. Es ist jene Partei, welche in der Presse die „Deutsche Zeitung“, in der Nationalversammlung die Majorität, im Volke den wackeligen Sitz des „Fortschritts auf gesetzlichem Wege“ eingenommen hat. Ihre Rath- und Thatlosigkeit spricht sich nirgends klarer aus, als in ihrem Organe, der Deutschen Zeitung, weil dort alle ihre Wasserrinnen zusammenlaufen. Durch alle ihre jüngsten Nummern geht nichts als ein Greinen, Lamentiren, untermischt mit Fluchen und Schimpfen, aber nicht ein energischer, das Volk in Mark und Bein packender Vorschlag, dem es zujauchzt, weil er ihm eine rettende That in Aussicht stellt, es zur Handlung, zur Rettung seiner selbst erhebt. „Jene Partei legt uns ganz klar auseinander, daß ein verrätherischer Fürstenbund, den halbasiatischen Russen an der Spitze, bestehe, und will mit Fürsten auf dem Wege der Unterhandlung einen Volksstaat schaffen. Sie weiß es, daß in London eine Verschwörung gegen das Volk brütet, in welcher der Prinz von Preußen, Metternich, Guizot, die Gesandten von Rußland, Neapel, Baiern, Hannover und andere das Gift des Volkstodes kochen, und Robert Peel in charmanten Besuchen empfangen oder angehen, und sie liebäugelt und streichelt die Monarchie und geht über die Mainzer Blutscenen zur Tagesordnung, um Preußen und das preußische Gouvernement mit seinem Prinzen von Preußen nicht zu kränken; sie ist an jenes Preußen verschrieben, welches sich außerhalb des Volkes in Preußen und Deutschland stellte, welches wieder dieselbe Rolle gegen das deutsche Volk spielt, die es spielte vom Basler Separatfrieden bis zur Schlacht bei Jena. ‒ Sie will mit den Fürsten unterhandeln. Wie ein heulender Polizist denunzirt sie heute die republikanische Presse, die demokratischen Vereins- und Massebestrebungen, morgen den Soldatenungehorsam; heute will sie Volksbewaffnung, morgen heißt sie es gut, daß die Mainzer Bürgerschafft entwaffnet bleibe; bald preist sie das Kleinod der freien Presse, und kurz hinterher wüthet sie gegen die radikal-republikanischen Blätter und sanktionirt in Mainz die Censur ‒ denn sie will noch mit den Fürsten unterhandeln. Heute beruft sich jene Partei auf die Majestät und Herrlichkeit des souveränen Volkes und morgen bespricht sie allen Ernstes die Frage, ob ein Mann in der Nationalversammlung den Zutritt habe, welcher trotz der Anklage, er habe die Fürstenherrschaft zerbrochen und das souveräne Volk als Quell aller Macht und aller Rechte anerkennen wollen, von eben dem souveränen Volk zum Repräsentanten gewählt worden sei. Sie erkennt das Wahlvolk als alleinigen Herrn und Meister und will ihm verbieten, Einen zu wählen, welcher der Monarchie den ehrlichen Krieg mit den Waffen erklärt, ‒ sie unterhandelt mit den Fürsten. Sie spricht begeistert von den Barrikaden Wiens und Berlins, dem über das Königthum siegenden Volke und bewirft mit Geifer, Schmutz und Verläumdung der besiegten Republikaner ‒ denn sie will noch mit den Fürsten unterhandeln. Sie hat das berüchtigte Bundespromemoria vom 4. Mai 1848 angehört, welches das souveräne Volk verläugnet, sie hat die österreichische Protestation vernommen, welche die Beschlüsse der Nationalversammlung nicht anerkennt, sie hat die baierische Erklärung vernommen, welche dasselbe ausdrückt, sie hat die preußische und österreichische Erklärung im nämlichen Sinne wohl verstanden ‒ und sie will noch mit den Fürsten unterhandeln! Heute ruft sie die Regierungen (d. h. die monarchische Gewalt, so weit sie noch besteht) gegen die energischen Revolutionärs an und morgen weist sie nach, daß hinter dem Rücken des Volkes, ja sogar mancher Minister, die scheußlichsten Rachepläne gegen das Volk und zu seiner Vernichtung geschmiedet werden. Sie muß es wissen, daß in einer der letzten Bundestags-Zusammenkünfte der hannover'sche Gesandte erklärte, daß seine Regierung das 10. Armee-Korps, trotz des an sie ergangenen Bundesbeschlusses, nicht werde zum Kriege gegen Dänemark stellen, und daß die bundestägliche Leiche sogar hierüber in Gährung gerieth, und der österreichische Gesandte Schmerling in höchster Wuth ausrief: „Wenn es so geht, dann sind wir für nichts da und können auseinander gehen!“ ‒ und sie will mit den Fürsten unterhandeln. „Und ihr in Frankfurt Versammelten, wißt ihr, faßt ihr die Hoheit und Allmacht des Ausdrucks, der euch gebietet, im Namen des souveränen Volks aufzutreten? Wißt ihr, was es heißt, der Vertreter von Fünfzigtausend zu sein? Begreift ihr, was es heißt, „im Namen des souveränen, des mächtigen, unverantwortlichen, gewaltigen Volkes von vierzig Millionen!“ zu sprechen und in seinem Namen kraft aller der in ihm liegenden Kraftfülle, Hoheit, Tapferkeit und Energie handeln zu sollen? Volksrepräsentanten, begreift ihr, daß ein Volk nicht zu unterhandeln braucht, wo es handeln muß? Volksrepräsentanten zu Frankfurt a. M, zerreißt das Papier der Unterhandlung mit der Monarchie und werdet selbst die lebendige Volksthat! Rufet dem Volke, das euch gesendet hat, zu: Hannibal steht vor den Thoren? ‒ ruft ihm zu, daß es gilt um Volk oder Knecht. Erhebt euch, Bürger-Repräsentanten, zu dem Stolze und der Vollkraft, die in Jedem wohnen muß, der reden und handeln soll für Fünfzigtausend, für vierzig Millionen! Sprecht es aus, das große Wort: Deutsche Republik! Deutscher Volksstaat! Erkennt an das Recht auf Selbstherrlichkeit und Selbstständigkeit Italiens, und ihr gewinnt aus einem Feinde einen Freund und Bundesgenossen; erkennt sie an die Selbstberechtigung des Ungarn und reicht ihm die Bruderhand; erkennt an die Selbstgestaltung der Regierungsweise für den Böhmen und reicht ihm die Bruderhand zum Föderativ-Staat, tretet als Freunde zu den altfreien Eidgenossen und in den Freundesbund der jungen Republik Frankreichs und dem fruchtbaren Felsen im Meere, der nordamerikanischen Union. Schließt, Volksrepräsentanten, den großen Bund freier Völker! Ihr schafft euch Feinde von den Flanken und schafft euch Freunde daselbst. Versammelt, Bürger-Repräsentanten, zwölf Heerführer des deutschen Heeres und beeidigt sie vor euren Schranken, Angesichts des ganzen Wahlvolks „im Namen des souveränen Volks“, daß sie nach seinen Beschlüssen handeln und vollziehen; stellt auf eine Ost-Armee und eine Nord-Armee, erlaßt ein Aufgebot an die Jugend Deutschlands, daß sie euch freiwillig zur Seite stehe als junger Herr der Begeisterung und der Kraft! Sprecht aus Bürger-Repräsentanten, die Erklärung der Rechte des Menschen und des Bürgers, und stellt sie unter den Schutz deutscher Nation. Hebt auf ohne Entgeld das Unrecht von Jahrhunderten, die Zehnten, oder das Kapital, was dafür bezahlt werden soll, die Zinsen und Beeten und Gülten, Robote und Frohnden; entlastet die deutsche Nation von dem Drucke der Stregreis- und Leibeigenschaftszeit. Schafft ab Adel und Vorrechte, erklärt die Domänen für Nationalgut und verwendet einen Theil davon zur zur Unterstützung der armen Gemeinden, einen Theil zur Unterstützung der Gewerbe und des Handels. Ernennt, Bürger-Repräsentanten, die Nation zur Vollstreckerin ihres Willens, stellt eure Dekrete unter den Schutz und Vollzug der Nation. Und habt ihr in der Mehrzahl nicht den Muth und die Kraft, nicht die Entschlossenheit, das Schiff zu steuern durch den Sturm, so legt euer Mandat nieder in die Hände kühnerer Männer, oder du, gedrücktes Volk, das hinsiechen soll in Reden und Thatlosigkeit, rufe du ihnen zu, ihre Vollmacht zurückzugeben in deine Hand, damit du Männer senden könnest, die nicht unterhandeln mit den Fürsten, sondern handeln in deinem Namen, im Namen des souveränen Volkes! ‒ Friedrich Hecker.“ Militärisches. (Durch Zufall verspätet.) Wenn die allgemeine Aufmerksamkeit in der Jetztzeit einfach auf denjenigen unserer Staatsbürger gelenkt wird, welcher in der Armee einer ihrer Pflichten genügen, so ist dies ein Beweis, wie man allseitig das dringende Bedürfniß einer gründlichen zeitgemäßen Reorganisation der Militärverfassung fühlt. Der Augenblick rückt täglich näher, welcher die Armee zum Handeln rufen wird, und noch ist Nichts geschehen, wodurch ihre bisherige Stellung als geforderte, mannichfach bevorzugte, und so dem Bürger friedlich gegenüber gestellte Kaste, ‒ aufgehoben wurde. Wohl liegt dies keineswegs im Interesse eines gewissen Regierungs-Prinzips. Denn der Mangel an Intelligenz und die Pfaffenherrschaft, die mächtigen Stützen der Dispotie, waren gebrochen, ‒ es mußten andere Träger des Absolutismus heraufbeschworen werden ‒ man schuf Armeen ‒ bildete und brauchte sie nicht selten zu willigen und starken Fesseln der aufkeimenden Freiheit. ‒ Der Eid des Einzelnen, ausschließlich auf die Person des Königs, verbunden mit einer glänzenden Außenseite, die Lehre vom Königlichen Rock, die ängstliche Fürsorge für alle materiellen Bedürfnisse, der eximirte (vehmartige) Gerichtsstand, die verheißene Beförderung (selbst zu den höchsten Stellen??) für treugeleistete Dienste, ‒ dies Alles waren und sind noch die Mittel, einen gewissen Zweck zu erreichen. An diesem Systeme hat die glorreiche Berliner Revolution (horribile dicta) nichts geändert. Sollte auch hier ein beliebtes Mißverständniß die Schuld tragen? Treue Markaner, und Gänsebrustgenährte Pommern, und Rindviehpflegenden Westpreußen, und die Brandenburger sans souci, und die Hückeswagener Militär-Tuchfabrikanten, und Herr von Thadden, ein lebendiger Leichnam, und die westphälischen „Flegel“, etc. ‒ preisen noch heute Thaten der Berliner Gardisten in zahllosen Adressen als „treugehorsamste Unterthanen“! Tragen vielleicht derartige Expectorationen, oder die Erfolge Ferdinands (des Konstitutionellen) dazu bei, auch in Zukunft den status puo der Militärverfassung beizubehalten? Die Fassung eines Paragraphen des Camphausen'schen „Konstitutions-Entwurfs für Preußen“ ‒ läßt keine andere Deutung zu. Er lautert: „Die Armee schwört dem Könige und der Konstitution“, ‒ wie schief! Aufrechterhaltung der Verfassung durch die Person sichert auch letztere, ‒ Verletzung der Verfassung durch jene Person, ist politischer Selbstmord. ‒ Sollte aber der Volkswille jene sich selbst gegebene Verfassung (andere Lesart Vereinbarung) einmal zu eng finden, und eine freiere verlangen, ‒ dann sind nicht Regimenter zur Aufrechterhaltung des Veralteten, sondern die Organe des Volkswillens, seine Deputirte, zu berufen, nicht zu einer neuen „Vereinbarung“ ‒ fordern zu einer in Wahrheit konstituirenden National-Versammlung. Indem man nun einerseits die bisherige Stellung der Armee beizubehalten sucht, trifft man andererseits auch Vorkehrungen, sie vor dem so „staatsgefährlichen“ Freiheitssinne, der „die bisherige Ruhe und den innern Frieden, bei dem man (wer?) sich so wohl befand“ ‒ stört, zu bewahren. Man denke an den famösen kriegsministeriellen Erlaß des Hr. Reyher, welcher das Petitions- und Associationsrecht der Soldaten zu schmälern sucht. Auf häufige, kräftige Proteste und bedenkliche Anfragen, hat Hr. Canitz einen Kommentar zum bessern Verständniß geliefert, wonach jede Petition des Militärs die beliebten Instanzen zu durchwandern hat, und jede Betheiligung ganz an Petitionen der Civilbehörden unter Androhung der gesetzlichen Strafe verboten ist. Auch tritt das Standrecht ein, wenn ein Individuum in irgend welcher Versammlung ein „Subordinations“ oder „Majestätsverbrechen“ begeht. Ersteres anlangend, kann man darunter nur den persönlichen Angriff eines „Vorgesetzten“ verstehen; oder kann dem Soldaten in offener Versammlung die Redefreiheit genommen werden, durch ein gebieterisches „Herr schweigen Sie?“ ‒ Ein solcher Fall wäre als Curiosum wünschenswerth. Ueber den Begriff Majestätsverbrechen hat Hr. Camphausen seine Begriff noch nicht zu entwickeln beliebt. Doch genug: Unendliche specielle Beispiele reaktionären Treibens in der Armee, durch offene Ansprachen, Befehle, Maaßregeln (Suspendirung resp. Versetzung mißliebiger Offiziere und Avancirten) rechtfertigen die Besorgniß, die Armee werde in Zukunft, wie schon jetzt, der Centralssationspunkt aller Aristokratie ergo Reaktion sein. Darum, Ihr Soldaten des souveränen Volk, ihr Bürgerwehrmänner, an Euch ist es zunächst, die gründliche und zeitemäße Reorganisation das Militärwesens energisch und schnell zu fördern, ‒ die geschmälerten Rechte Eurer Brüder wieder herzustellen, und die geflissentlich herbeigeführte Kluft zwischen Euch und uns auszufüllen, ‒ vor Allem den sorgfältig ausgestreuten Saamen der Zwietracht durch Belehrung und freundliches Entgegenkommen, ‒ unschädlich zu machen; Euch selbst aber durch unbedingte Allgemeinheit der Volksbewaffnung zu kräftigen! Dann erst wird das Heer im Volke aufgehen, und im entscheidenden Augenblicke, wenn es gilt, ein feindliches Prinzip zu bekämpfen mit Euch vereint der Hyder den Kopf zertreten. Köln, 15. Juni 1848. <TEI> <text> <body> <div type="jReadersLetters" n="1"> <div xml:id="ar024b_001" type="jArticle"> <pb facs="#f0002" n="0112"/> <p>Art. 95. Ein hoher Gerichtshof richtet ohne Appell und Kassationsrekurs über die Anklagen, welche die Nationalversammlung, sei es gegen ihre eigenen Mitglider, sei es gegen den Präsidenten der Republik oder die Minister, erhebt.</p> <p>Er richtet ebenfalls über alle Personen, die eines Verbrechens, Attentats oder Komplotts gegen die Sicherheit des Staats angeklagt sind.</p> <p>Er tritt nur zusammen in Folge eines Dekrets der Nationalversammlung, welche den Ort bezeichnet, wo der Hof seine Sitzungen halten wird.</p> <p>Art. 96. Der hohe Gerichtshof besteht aus Richtern und Geschworenen.</p> <p>Die Richter, fünf an der Zahl, werden durch den Kassationshof und aus seiner Mitte durch geheime Abstimmung ernannt.</p> <p>Die Magistrate, die das Amt des öffentlichen Ministeriums versehen, werden durch den Präsidenten der Republik ernannt, und im Fall einer Anklage gegen den Präsidenten, durch die Nationalversammlung.</p> <p>Die Geschworenen werden aus den Mitgliedern der Generalräthe der Departements ernannt.</p> <p>Art. 97. Sobald ein Dekret der Nationalversammlung den Zusammentritt des hohen Gerichtshofs befohlen hat, zieht der Präsident des Tribunals das an jeder Departementshauptstadt seinen Sitz hat, in öffentlicher Sitzung durch's Loos den Namen eines Mitglied des Generalraths.</p> <p>Art. 98. Wenn am Tage, der für das Urtheil festgesetzt wird, weniger als 60 Geschworne gegenwärtig sind, so wird diese Zahl durch Ersatzmänner vervollständigt, welche der Präsident des hohen Gerichtshofes aus den Mitgliedern des Generalraths, wo der Hof sitzt, durchs Loos zieht.</p> <p>Art. 99. Die Geschwornen, die keine gültige Entschuldigung vorbringen können, werden zu höchstens 6 Monat Gefängniß und zu einer Geldstrafe von fünf bis zehn Tausend Franken bestraft.</p> <p>Art. 100. Der Angeklagte und das öffentliche Ministerium üben das Recht der Recusation aus, wie in gewöhnlichen Sachen, jedoch so, daß die urtheilende Jury stets aus 24 Mitgliedern besteht.</p> <p>Art. 101. Die Erklärung der Jury, daß der Angeklagte schuldig ist, kann nur mit wenigstens zwei Drittel Stimmenmehrheit gefällt werden.</p> <p>Art. 102. In allen Verantwortlichkeitsfällen von Ministern oder allen andern Regierungs-Agenten kann die Nationalversammlung nach den Umständen den angeklagten Beamten entweder vor den hohen Gerichtshof, oder vor die gewöhnlichen Tribunale, oder vor den Staatsrath verweisen.</p> <p>Art. 103. Der Staatsrath kann die Strafe der Ausschließung von den öffentlichen Aemtern nur für höchstens fünf Jahre aussprechen.</p> <p>Art. 104. Jeder Beschluß des Staatsraths, der diese Strafe ausspricht, muß mit wenigstens zwei Drittel Stimmenmehrheit gefaßt sein.</p> <p>Art. 105. Die Debatten finden in öffentlicher Sitzung statt.</p> <p>Art. 106. Die Nationalversammlung und der Präsident der Republik können in allen Fallen die Prüfung der Handlungen eines jeden Beamten, ausgenommen des Präsidenten der Republik, dem Staatsrath übertragen; sein Bericht wird alsdann veröffentlicht.</p> <p>Art. 107. Der Präsident der Republik kann bloß vor den hohen Gerichtshof gestellt werden, auf die Anklage der Nationalversammlung, wegen Verbrechen und Vergehen, die das Gesetz vorgesehen hat.</p> <p> <hi rendition="#b">Siebentes Kapitel.</hi> </p> <p> <hi rendition="#g">Von der bewaffneten Macht.</hi> </p> <p>Art. 108. Die bewaffnete Macht ist eingesetzt zur Vertheidigung des Staates gegen die Feinde nach Außen und zur gesicherten Handhabung der Ordnung und der Gesetze im Innern.</p> <p>Sie wird gebildet von der Nationalgarde, der Armee und Marine.</p> <p>Art. 109. Jeder Franzose, vorbehaltlich der im Gesetz bestimmten Ausnahmen, ist persönlich zum Militär- und Nationalgardendienst verpflichtet.</p> <p>Die Einstellung von Ersatzmännern ist verboten.</p> <p>Art. 110. Die Nationalgarde wird gebildet von allen waffenfähigen Bürgern, welche nicht in der aktiven Armee stehen.</p> <p>Sie treten in dieser Eigenschaft in eine gesetzlich bestimmte Organisation ein, deren Grundlage das direkte und allgemeine Stimmrecht ist.</p> <p>Art. 111. Die Art der Aushebung zu der Armee und Marine, die Dauer des Dienstes, die Disziplin, die Form der Untersuchungen und die Art der Strafen werden durch besondere Gesetze geregelt.</p> <p>Art. 112. Die bewaffnete Macht ist wesentlich gehorchend.</p> <p>Kein bewaffnetes Korps darf berathen.</p> <p>Art. 113. Die bewaffnete Macht, welche zur Handhabung der Ordnung im Innern verwendet wird, handelt nur in Aufforderung der gesetzlichen Behörden, und befolgt die von der gesetzlichen Gewalt vorgeschriebenen Bestimmungen.</p> <p>Art. 114. Fremde Truppen dürfen ohne vorgängige Einwilligung der National-Versammlung nicht auf französisches Gebiet gezogen werden.</p> <p> <hi rendition="#b">Achtes Kapitel.</hi> </p> <p> <hi rendition="#g">Garantie der Rechte.</hi> </p> <p>Art. 115. Die Todesstrafe ist für politische Verbrechen abgeschafft.</p> <p>Art. 116. Die Vermögenskonfiskation kann nie wieder eingeführt werden.</p> <p>Art. 117. Die Sklaverei wird auf keinem französischen Gebiet geduldet.</p> <p>Art. 118. Die Presse kann in keinem Fall der Censur unterworfen werden.</p> <p>Art. 119. Alle Bürger haben die Freiheit zu drucken und drucken zu lassen, vorbehaltlich der im öffentlichen und Privatrecht erforderlichen Garantien.</p> <p>Art. 120. Die Kognition der durch die Presse und jede andere Art der Publikation begangenen Verbrechen gehört vor die Jury.</p> <p>Art. 121. Die Jury entscheidet allein über den, wegen Handlungen oder Vergehen der Presse beantragten Schadenersatz.</p> <p>Art. 122. Alle politischen Vergehen gehören zur Kompetenz der Geschwornen.</p> <p>Art. 123. Jeder kann frei seine Religion bekennen; der Staat garantirt gleichen Schutz für die Ausübung aller Konfessionen.</p> <p>Die Geistlichen der vom Staat anerkannten Konfessionen haben das Recht, eine Staatsbesoldung zu empfangen.</p> <p>Art. 124. Die Lehrfreiheit wird geübt unter Garantie der Gesetze und Aufsicht des Staats.</p> <p>Diese Aufsicht erstreckt sich auf alle Erziehungs- und Lehranstalten, ohne Ausnahme.</p> <p>Art. 125. Die Wohnung jedes Bürgers ist ein unverletzliches Asyl.</p> <p>Es ist verboten daselbst einzudringen, außer in den vom Gesetz bestimmten Formen und Fällen.</p> <p>Art. 126. Niemand kann seinen natürlichen Richtern entzogen werden.</p> <p>Es können keine außerordentlichen Untersuchungskommissionen und Tribunale, unter welchem Titel und unter welchem Namen es auch sei, errichtet werden.</p> <p>Art. 127. Niemand kann verhaftet oder in Haft gehalten werden, außer nach den Vorschriften des Gesetzes.</p> <p>Art. 128. Das Eigenthum ist unverletzlich.</p> <p>Doch kann der Staat die Abtretung eines Eigenthums verlangen, wenn solches erwiesen im öffentlichen Interesse liegt, und eine gerechte vorgängige Entschädigung stattgefunden hat.</p> <p>Art. 129. Steuern und Abgaben werden nur zum öffentlichen Nutzen erhoben.</p> <p>Jeder Bürger trägt dazu nach seiner Fähigkeit und seinem Vermögen bei.</p> <p>Art. 130. Keine Steuer kann anders, als auf Grund eines Gesetzes erhoben werden.</p> <p>Art. 131. Die direkte Steuer wird stets nur auf ein Jahr bewilligt.</p> <p>Die indirekten Abgaben können auf mehrere Jahre bewilligt werden.</p> <p>Art. 132. Die wesentlichsten Garantien des Rechtes auf Arbeit sind:</p> <p rendition="#et">die Arbeitsfreiheit selbst, die freiwillige Assoziation, die Gleichheit in den Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitern, der unentgeltliche Unterricht, die professionelle Erziehung, die Spar- und Kreditanstalten und die Unternehmung großer Arbeiten von öffentlichem Nutzen durch den Staat, um in Fällen von Arbeitslosigkeit die unbeschäftigten Hände zu verwenden.</p> <p>Art. 133. Die Verfassung garantirt die öffentliche Schuld.</p> <p>Art. 134. Der Orden der Ehrenlegion wird aufrecht erhalten. Seine Statuten werden revidirt und mit dem demokratischen Prinzip in Einklang gebracht.</p> <p>Art. 135. Das Gebiet von Algier und den Kolonien wird für französisches Gebiet erklärt und wird nach besondern Gesetzen verwaltet werden.</p> <p> <hi rendition="#b">Neuntes Kapitel.</hi> </p> <p> <hi rendition="#g">Von der Abänderung der Verfassung.</hi> </p> <p>Art. 136. Die Nation hat stets das Recht, ihre Verfassung zu modifiziren oder durch eine neue zu ersetzen.</p> <p>Wenn die Nationalversammlung am Schluß einer Session den Wunsch ausspricht, daß die Verfassung ganz oder theilweise umgestaltet werde, so wird mit der Revision in folgender Weise verfahren:</p> <p>Der von der Versammlung ausgesprochene Wunsch wird erst nach 3 aufeinanderfolgenden Berathungen, die je einen Monat auseinander liegen müssen, und nur mit 3/4 der Stimmenden zum definitiven Beschluß erhoben.</p> <p>Die Revisions-Versammlung wird nur für die Dauer von 2 Monaten ernannt.</p> <p>Sie darf sich nur mit der Verfassungsrevision beschäftigen, um derentwillen sie zusammenberufen worden. In Dringlichkeitsfällen soll sie jedoch befugt sein, für Abfassung unaufschiebbarer Gesetze Sorge zu tragen.</p> <p> <hi rendition="#b">Zehntes Kapitel.</hi> </p> <p> <hi rendition="#g">Vorübergehende Bestimmungen.</hi> </p> <p>Art. 137. Die bestehenden Gesetzbücher, Gesetze und Reglements bleiben in Kraft, bis sie in gesetzlicher Form für abgeschafft erklärt werden.</p> <p>Art. 138. Die gegenwärtigen Behörden behalten ihre Funktionen bis zur Publikation der sie betreffenden organischen Gesetze bei.</p> <p>Art. 139. Das Gesetz über die Gerichtsorganisation wird den besondern Ernennungsmodus für die erste Zusammensetzung der Gerichtshöfe bestimmen.</p> </div> <div xml:id="ar024b_002" type="jArticle"> <head>Konstanz.</head> <p><hi rendition="#g">Hecker</hi> hat folgendes Manifest erlassen:</p> <p>„Ein verzerrteres Bild vollständiger Rathlosigkeit und planlosen Umhertappens, als Deutschland gegenwärtig darbietet, kann es nicht geben, und dennoch liegen so gewaltige Kräfte offen zur Hand, um unser Volk zu einem furchtbaren Volkskörper zu gestalten; aber Niemand wagt es, die deutsche Revolution mit den Mitteln der Revolution zur Gestaltung zu bringen; nutzlos lodert die energische Volkskraft in einzelnen Demonstrationen auf; die Partei, welche sich anmaßt, die Majorität zu vertreten, führt Land und Volk dem Verderben, führt sie einer polnischen Theilung zu. Diese feigen Doktrinärs haben es bereits so weit gebracht, daß Deutschland an den freien Völkern keinen Freund hat, daß es verachtet zu werden beginnt, während Russen und Skandinavier, in geheimen festem Bunde mit den Fürsten, lauernd an den Thoren stehen, um heute oder morgen über das planmäßig in Agonie gehaltene Volk herzufallen, und einen racheschnaubenden Despotismus einzusetzen. ‒</p> <p>„Beleuchten wir nun diejenigen, welche das Siechthum der Nation bewußt oder unbewußt sich als Aufgabe gesetzt haben, jene Partei, welche die Republikaner Anarchisten und Raubgesindel heißt, sich aber als den Ausdruck des Volkswillens proklamirt. Es ist jene Partei, welche in der Presse die „Deutsche Zeitung“, in der Nationalversammlung die Majorität, im Volke den wackeligen Sitz des „Fortschritts auf gesetzlichem Wege“ eingenommen hat. Ihre Rath- und Thatlosigkeit spricht sich nirgends klarer aus, als in ihrem Organe, der Deutschen Zeitung, weil dort alle ihre Wasserrinnen zusammenlaufen. Durch alle ihre jüngsten Nummern geht nichts als ein Greinen, Lamentiren, untermischt mit Fluchen und Schimpfen, aber nicht ein energischer, das Volk in Mark und Bein packender Vorschlag, dem es zujauchzt, weil er ihm eine rettende That in Aussicht stellt, es zur Handlung, zur Rettung seiner selbst erhebt.</p> <p>„Jene Partei legt uns ganz klar auseinander, daß ein verrätherischer Fürstenbund, den halbasiatischen Russen an der Spitze, bestehe, und will mit Fürsten auf dem Wege der Unterhandlung einen Volksstaat schaffen. Sie weiß es, daß in London eine Verschwörung gegen das Volk brütet, in welcher der Prinz von Preußen, Metternich, Guizot, die Gesandten von Rußland, Neapel, Baiern, Hannover und andere das Gift des Volkstodes kochen, und Robert Peel in charmanten Besuchen empfangen oder angehen, und sie liebäugelt und streichelt die Monarchie und geht über die Mainzer Blutscenen zur Tagesordnung, um Preußen und das preußische Gouvernement mit seinem Prinzen von Preußen nicht zu kränken; sie ist an jenes Preußen verschrieben, welches sich außerhalb des Volkes in Preußen und Deutschland stellte, welches wieder dieselbe Rolle gegen das deutsche Volk spielt, die es spielte vom Basler Separatfrieden bis zur Schlacht bei Jena. ‒ Sie will mit den Fürsten unterhandeln. Wie ein heulender Polizist denunzirt sie heute die republikanische Presse, die demokratischen Vereins- und Massebestrebungen, morgen den Soldatenungehorsam; heute will sie Volksbewaffnung, morgen heißt sie es gut, daß die Mainzer Bürgerschafft entwaffnet bleibe; bald preist sie das Kleinod der freien Presse, und kurz hinterher wüthet sie gegen die radikal-republikanischen Blätter und sanktionirt in Mainz die Censur ‒ denn sie will noch mit den Fürsten unterhandeln. Heute beruft sich jene Partei auf die Majestät und Herrlichkeit des souveränen Volkes und morgen bespricht sie allen Ernstes die Frage, ob ein Mann in der Nationalversammlung den Zutritt habe, welcher trotz der Anklage, er habe die Fürstenherrschaft zerbrochen und das souveräne Volk als Quell aller Macht und aller Rechte anerkennen wollen, von eben dem souveränen Volk zum Repräsentanten gewählt worden sei. Sie erkennt das Wahlvolk als alleinigen Herrn und Meister und will ihm verbieten, Einen zu wählen, welcher der Monarchie den ehrlichen Krieg mit den Waffen erklärt, ‒ sie unterhandelt mit den Fürsten. Sie spricht begeistert von den Barrikaden Wiens und Berlins, dem über das Königthum siegenden Volke und bewirft mit Geifer, Schmutz und Verläumdung der besiegten Republikaner ‒ denn sie will noch mit den Fürsten unterhandeln. Sie hat das berüchtigte Bundespromemoria vom 4. Mai 1848 angehört, welches das souveräne Volk verläugnet, sie hat die österreichische Protestation vernommen, welche die Beschlüsse der Nationalversammlung nicht anerkennt, sie hat die baierische Erklärung vernommen, welche dasselbe ausdrückt, sie hat die preußische und österreichische Erklärung im nämlichen Sinne wohl verstanden ‒ und sie will noch mit den Fürsten unterhandeln! Heute ruft sie die Regierungen (d. h. die monarchische Gewalt, so weit sie noch besteht) gegen die energischen Revolutionärs an und morgen weist sie nach, daß hinter dem Rücken des Volkes, ja sogar mancher Minister, die scheußlichsten Rachepläne gegen das Volk und zu seiner Vernichtung geschmiedet werden. Sie muß es wissen, daß in einer der letzten Bundestags-Zusammenkünfte der hannover'sche Gesandte erklärte, daß seine Regierung das 10. Armee-Korps, trotz des an sie ergangenen Bundesbeschlusses, nicht werde zum Kriege gegen Dänemark stellen, und daß die bundestägliche Leiche sogar hierüber in Gährung gerieth, und der österreichische Gesandte Schmerling in höchster Wuth ausrief: „Wenn es so geht, dann sind wir für nichts da und können auseinander gehen!“ ‒ und sie will mit den Fürsten unterhandeln.</p> <p>„Und ihr in Frankfurt Versammelten, wißt ihr, faßt ihr die Hoheit und Allmacht des Ausdrucks, der euch gebietet, im Namen des souveränen Volks aufzutreten? Wißt ihr, was es heißt, der Vertreter von Fünfzigtausend zu sein? Begreift ihr, was es heißt, „im Namen des souveränen, des mächtigen, unverantwortlichen, gewaltigen Volkes von vierzig Millionen!“ zu sprechen und in seinem Namen kraft aller der in ihm liegenden Kraftfülle, Hoheit, Tapferkeit und Energie handeln zu sollen? Volksrepräsentanten, begreift ihr, daß ein Volk nicht zu unterhandeln braucht, wo es handeln muß? Volksrepräsentanten zu Frankfurt a. M, zerreißt das Papier der Unterhandlung mit der Monarchie und werdet selbst die lebendige Volksthat! Rufet dem Volke, das euch gesendet hat, zu: Hannibal steht vor den Thoren? ‒ ruft ihm zu, daß es gilt um Volk oder Knecht. Erhebt euch, Bürger-Repräsentanten, zu dem Stolze und der Vollkraft, die in Jedem wohnen muß, der reden und handeln soll für Fünfzigtausend, für vierzig Millionen! Sprecht es aus, das große Wort: Deutsche Republik! Deutscher Volksstaat! Erkennt an das Recht auf Selbstherrlichkeit und Selbstständigkeit Italiens, und ihr gewinnt aus einem Feinde einen Freund und Bundesgenossen; erkennt sie an die Selbstberechtigung des Ungarn und reicht ihm die Bruderhand; erkennt an die Selbstgestaltung der Regierungsweise für den Böhmen und reicht ihm die Bruderhand zum Föderativ-Staat, tretet als Freunde zu den altfreien Eidgenossen und in den Freundesbund der jungen Republik Frankreichs und dem fruchtbaren Felsen im Meere, der nordamerikanischen Union. Schließt, Volksrepräsentanten, den großen Bund freier Völker! Ihr schafft euch Feinde von den Flanken und schafft euch Freunde daselbst. Versammelt, Bürger-Repräsentanten, zwölf Heerführer des deutschen Heeres und beeidigt sie vor euren Schranken, Angesichts des ganzen Wahlvolks „im Namen des souveränen Volks“, daß sie nach seinen Beschlüssen handeln und vollziehen; stellt auf eine Ost-Armee und eine Nord-Armee, erlaßt ein Aufgebot an die Jugend Deutschlands, daß sie euch freiwillig zur Seite stehe als junger Herr der Begeisterung und der Kraft! Sprecht aus Bürger-Repräsentanten, die Erklärung der Rechte des Menschen und des Bürgers, und stellt sie unter den Schutz deutscher Nation. Hebt auf ohne Entgeld das Unrecht von Jahrhunderten, die Zehnten, oder das Kapital, was dafür bezahlt werden soll, die Zinsen und Beeten und Gülten, Robote und Frohnden; entlastet die deutsche Nation von dem Drucke der Stregreis- und Leibeigenschaftszeit. Schafft ab Adel und Vorrechte, erklärt die Domänen für Nationalgut und verwendet einen Theil davon zur zur Unterstützung der armen Gemeinden, einen Theil zur Unterstützung der Gewerbe und des Handels. Ernennt, Bürger-Repräsentanten, die Nation zur Vollstreckerin ihres Willens, stellt eure Dekrete unter den Schutz und Vollzug der Nation. Und habt ihr in der Mehrzahl nicht den Muth und die Kraft, nicht die Entschlossenheit, das Schiff zu steuern durch den Sturm, so legt euer Mandat nieder in die Hände kühnerer Männer, oder du, gedrücktes Volk, das hinsiechen soll in Reden und Thatlosigkeit, rufe du ihnen zu, ihre Vollmacht zurückzugeben in deine Hand, damit du Männer senden könnest, die nicht unterhandeln mit den Fürsten, sondern handeln in deinem Namen, im Namen des souveränen Volkes! ‒</p> <p> <hi rendition="#g">Friedrich Hecker.“</hi> </p> </div> <div xml:id="ar024b_003" type="jArticle"> <head>Militärisches.</head> <p>(Durch Zufall verspätet.)</p> <p>Wenn die allgemeine Aufmerksamkeit in der Jetztzeit einfach auf denjenigen unserer Staatsbürger gelenkt wird, welcher in der Armee einer ihrer Pflichten genügen, so ist dies ein Beweis, wie man allseitig das dringende Bedürfniß einer gründlichen zeitgemäßen Reorganisation der Militärverfassung fühlt. Der Augenblick rückt täglich näher, welcher die Armee zum Handeln rufen wird, und noch ist Nichts geschehen, wodurch ihre bisherige Stellung als geforderte, mannichfach bevorzugte, und so dem Bürger friedlich gegenüber gestellte Kaste, ‒ aufgehoben wurde.</p> <p>Wohl liegt dies keineswegs im Interesse eines gewissen Regierungs-Prinzips. Denn der Mangel an Intelligenz und die Pfaffenherrschaft, die mächtigen Stützen der Dispotie, waren gebrochen, ‒ es mußten andere Träger des Absolutismus heraufbeschworen werden ‒ man schuf Armeen ‒ bildete und brauchte sie nicht selten zu willigen und starken Fesseln der aufkeimenden Freiheit. ‒ Der Eid des Einzelnen, ausschließlich auf die Person des Königs, verbunden mit einer glänzenden Außenseite, die Lehre vom <hi rendition="#g">Königlichen</hi> Rock, die ängstliche Fürsorge für alle materiellen Bedürfnisse, der eximirte (vehmartige) Gerichtsstand, die verheißene Beförderung (selbst zu den höchsten Stellen??) für treugeleistete Dienste, ‒ dies Alles waren und sind noch die Mittel, einen gewissen Zweck zu erreichen.</p> <p>An diesem Systeme hat die glorreiche Berliner Revolution (horribile dicta) nichts geändert. Sollte auch hier ein beliebtes Mißverständniß die Schuld tragen? Treue Markaner, und Gänsebrustgenährte Pommern, und Rindviehpflegenden Westpreußen, und die Brandenburger sans souci, und die Hückeswagener Militär-Tuchfabrikanten, und Herr von Thadden, ein lebendiger Leichnam, und die westphälischen „Flegel“, etc. ‒ preisen noch heute Thaten der Berliner Gardisten in zahllosen Adressen als „treugehorsamste <hi rendition="#g">Unterthanen</hi>“! Tragen vielleicht derartige Expectorationen, oder die Erfolge Ferdinands (des Konstitutionellen) dazu bei, auch in Zukunft den status puo der Militärverfassung beizubehalten? Die Fassung eines Paragraphen des Camphausen'schen „Konstitutions-Entwurfs für Preußen“ ‒ läßt keine andere Deutung zu. Er lautert: „Die Armee schwört dem <hi rendition="#g">Könige</hi> und der Konstitution“, ‒ wie schief! Aufrechterhaltung der Verfassung durch die Person sichert auch letztere, ‒ Verletzung der Verfassung durch jene Person, ist politischer Selbstmord. ‒ Sollte aber der Volkswille jene sich selbst gegebene Verfassung (andere Lesart Vereinbarung) einmal zu eng finden, und eine freiere verlangen, ‒ dann sind nicht Regimenter zur Aufrechterhaltung des Veralteten, sondern die Organe des Volkswillens, seine Deputirte, zu berufen, nicht zu einer neuen „Vereinbarung“ ‒ fordern zu einer in Wahrheit konstituirenden National-Versammlung.</p> <p>Indem man nun einerseits die bisherige Stellung der Armee beizubehalten sucht, trifft man andererseits auch Vorkehrungen, sie vor dem so „staatsgefährlichen“ Freiheitssinne, der „die bisherige Ruhe und den innern Frieden, bei dem man (wer?) sich so wohl befand“ ‒ stört, zu bewahren. Man denke an den famösen kriegsministeriellen Erlaß des Hr. Reyher, welcher das Petitions- und Associationsrecht der Soldaten zu schmälern sucht. Auf häufige, kräftige Proteste und bedenkliche Anfragen, hat Hr. Canitz einen Kommentar zum bessern Verständniß geliefert, wonach jede Petition des Militärs die beliebten Instanzen zu durchwandern hat, und jede Betheiligung ganz an Petitionen der Civilbehörden unter Androhung der gesetzlichen Strafe verboten ist. Auch tritt das Standrecht ein, wenn ein Individuum in irgend welcher Versammlung ein „Subordinations“ oder „Majestätsverbrechen“ begeht. Ersteres anlangend, kann man darunter nur den persönlichen Angriff eines „Vorgesetzten“ verstehen; oder kann dem Soldaten in offener Versammlung die Redefreiheit genommen werden, durch ein gebieterisches „Herr schweigen Sie?“ ‒ Ein solcher Fall wäre als Curiosum wünschenswerth. Ueber den Begriff Majestätsverbrechen hat Hr. Camphausen <hi rendition="#g">seine</hi> Begriff noch nicht zu entwickeln beliebt. Doch genug: Unendliche specielle Beispiele reaktionären Treibens in der Armee, durch offene Ansprachen, Befehle, Maaßregeln (Suspendirung resp. Versetzung mißliebiger Offiziere und Avancirten) rechtfertigen die Besorgniß, die Armee werde in Zukunft, wie schon jetzt, der Centralssationspunkt aller Aristokratie ergo Reaktion sein. Darum, Ihr Soldaten des souveränen Volk, ihr Bürgerwehrmänner, an Euch ist es zunächst, die gründliche und zeitemäße Reorganisation das Militärwesens energisch und schnell zu fördern, ‒ die geschmälerten Rechte Eurer Brüder wieder herzustellen, und die geflissentlich herbeigeführte Kluft zwischen Euch und uns auszufüllen, ‒ vor Allem den sorgfältig ausgestreuten Saamen der Zwietracht durch Belehrung und freundliches Entgegenkommen, ‒ unschädlich zu machen; Euch selbst aber durch unbedingte Allgemeinheit der Volksbewaffnung zu kräftigen! Dann erst wird das Heer im Volke aufgehen, und im entscheidenden Augenblicke, wenn es gilt, ein feindliches Prinzip zu bekämpfen mit Euch vereint der <hi rendition="#g">Hyder den Kopf</hi> zertreten.</p> <p>Köln, 15. Juni 1848.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0112/0002]
Art. 95. Ein hoher Gerichtshof richtet ohne Appell und Kassationsrekurs über die Anklagen, welche die Nationalversammlung, sei es gegen ihre eigenen Mitglider, sei es gegen den Präsidenten der Republik oder die Minister, erhebt.
Er richtet ebenfalls über alle Personen, die eines Verbrechens, Attentats oder Komplotts gegen die Sicherheit des Staats angeklagt sind.
Er tritt nur zusammen in Folge eines Dekrets der Nationalversammlung, welche den Ort bezeichnet, wo der Hof seine Sitzungen halten wird.
Art. 96. Der hohe Gerichtshof besteht aus Richtern und Geschworenen.
Die Richter, fünf an der Zahl, werden durch den Kassationshof und aus seiner Mitte durch geheime Abstimmung ernannt.
Die Magistrate, die das Amt des öffentlichen Ministeriums versehen, werden durch den Präsidenten der Republik ernannt, und im Fall einer Anklage gegen den Präsidenten, durch die Nationalversammlung.
Die Geschworenen werden aus den Mitgliedern der Generalräthe der Departements ernannt.
Art. 97. Sobald ein Dekret der Nationalversammlung den Zusammentritt des hohen Gerichtshofs befohlen hat, zieht der Präsident des Tribunals das an jeder Departementshauptstadt seinen Sitz hat, in öffentlicher Sitzung durch's Loos den Namen eines Mitglied des Generalraths.
Art. 98. Wenn am Tage, der für das Urtheil festgesetzt wird, weniger als 60 Geschworne gegenwärtig sind, so wird diese Zahl durch Ersatzmänner vervollständigt, welche der Präsident des hohen Gerichtshofes aus den Mitgliedern des Generalraths, wo der Hof sitzt, durchs Loos zieht.
Art. 99. Die Geschwornen, die keine gültige Entschuldigung vorbringen können, werden zu höchstens 6 Monat Gefängniß und zu einer Geldstrafe von fünf bis zehn Tausend Franken bestraft.
Art. 100. Der Angeklagte und das öffentliche Ministerium üben das Recht der Recusation aus, wie in gewöhnlichen Sachen, jedoch so, daß die urtheilende Jury stets aus 24 Mitgliedern besteht.
Art. 101. Die Erklärung der Jury, daß der Angeklagte schuldig ist, kann nur mit wenigstens zwei Drittel Stimmenmehrheit gefällt werden.
Art. 102. In allen Verantwortlichkeitsfällen von Ministern oder allen andern Regierungs-Agenten kann die Nationalversammlung nach den Umständen den angeklagten Beamten entweder vor den hohen Gerichtshof, oder vor die gewöhnlichen Tribunale, oder vor den Staatsrath verweisen.
Art. 103. Der Staatsrath kann die Strafe der Ausschließung von den öffentlichen Aemtern nur für höchstens fünf Jahre aussprechen.
Art. 104. Jeder Beschluß des Staatsraths, der diese Strafe ausspricht, muß mit wenigstens zwei Drittel Stimmenmehrheit gefaßt sein.
Art. 105. Die Debatten finden in öffentlicher Sitzung statt.
Art. 106. Die Nationalversammlung und der Präsident der Republik können in allen Fallen die Prüfung der Handlungen eines jeden Beamten, ausgenommen des Präsidenten der Republik, dem Staatsrath übertragen; sein Bericht wird alsdann veröffentlicht.
Art. 107. Der Präsident der Republik kann bloß vor den hohen Gerichtshof gestellt werden, auf die Anklage der Nationalversammlung, wegen Verbrechen und Vergehen, die das Gesetz vorgesehen hat.
Siebentes Kapitel.
Von der bewaffneten Macht.
Art. 108. Die bewaffnete Macht ist eingesetzt zur Vertheidigung des Staates gegen die Feinde nach Außen und zur gesicherten Handhabung der Ordnung und der Gesetze im Innern.
Sie wird gebildet von der Nationalgarde, der Armee und Marine.
Art. 109. Jeder Franzose, vorbehaltlich der im Gesetz bestimmten Ausnahmen, ist persönlich zum Militär- und Nationalgardendienst verpflichtet.
Die Einstellung von Ersatzmännern ist verboten.
Art. 110. Die Nationalgarde wird gebildet von allen waffenfähigen Bürgern, welche nicht in der aktiven Armee stehen.
Sie treten in dieser Eigenschaft in eine gesetzlich bestimmte Organisation ein, deren Grundlage das direkte und allgemeine Stimmrecht ist.
Art. 111. Die Art der Aushebung zu der Armee und Marine, die Dauer des Dienstes, die Disziplin, die Form der Untersuchungen und die Art der Strafen werden durch besondere Gesetze geregelt.
Art. 112. Die bewaffnete Macht ist wesentlich gehorchend.
Kein bewaffnetes Korps darf berathen.
Art. 113. Die bewaffnete Macht, welche zur Handhabung der Ordnung im Innern verwendet wird, handelt nur in Aufforderung der gesetzlichen Behörden, und befolgt die von der gesetzlichen Gewalt vorgeschriebenen Bestimmungen.
Art. 114. Fremde Truppen dürfen ohne vorgängige Einwilligung der National-Versammlung nicht auf französisches Gebiet gezogen werden.
Achtes Kapitel.
Garantie der Rechte.
Art. 115. Die Todesstrafe ist für politische Verbrechen abgeschafft.
Art. 116. Die Vermögenskonfiskation kann nie wieder eingeführt werden.
Art. 117. Die Sklaverei wird auf keinem französischen Gebiet geduldet.
Art. 118. Die Presse kann in keinem Fall der Censur unterworfen werden.
Art. 119. Alle Bürger haben die Freiheit zu drucken und drucken zu lassen, vorbehaltlich der im öffentlichen und Privatrecht erforderlichen Garantien.
Art. 120. Die Kognition der durch die Presse und jede andere Art der Publikation begangenen Verbrechen gehört vor die Jury.
Art. 121. Die Jury entscheidet allein über den, wegen Handlungen oder Vergehen der Presse beantragten Schadenersatz.
Art. 122. Alle politischen Vergehen gehören zur Kompetenz der Geschwornen.
Art. 123. Jeder kann frei seine Religion bekennen; der Staat garantirt gleichen Schutz für die Ausübung aller Konfessionen.
Die Geistlichen der vom Staat anerkannten Konfessionen haben das Recht, eine Staatsbesoldung zu empfangen.
Art. 124. Die Lehrfreiheit wird geübt unter Garantie der Gesetze und Aufsicht des Staats.
Diese Aufsicht erstreckt sich auf alle Erziehungs- und Lehranstalten, ohne Ausnahme.
Art. 125. Die Wohnung jedes Bürgers ist ein unverletzliches Asyl.
Es ist verboten daselbst einzudringen, außer in den vom Gesetz bestimmten Formen und Fällen.
Art. 126. Niemand kann seinen natürlichen Richtern entzogen werden.
Es können keine außerordentlichen Untersuchungskommissionen und Tribunale, unter welchem Titel und unter welchem Namen es auch sei, errichtet werden.
Art. 127. Niemand kann verhaftet oder in Haft gehalten werden, außer nach den Vorschriften des Gesetzes.
Art. 128. Das Eigenthum ist unverletzlich.
Doch kann der Staat die Abtretung eines Eigenthums verlangen, wenn solches erwiesen im öffentlichen Interesse liegt, und eine gerechte vorgängige Entschädigung stattgefunden hat.
Art. 129. Steuern und Abgaben werden nur zum öffentlichen Nutzen erhoben.
Jeder Bürger trägt dazu nach seiner Fähigkeit und seinem Vermögen bei.
Art. 130. Keine Steuer kann anders, als auf Grund eines Gesetzes erhoben werden.
Art. 131. Die direkte Steuer wird stets nur auf ein Jahr bewilligt.
Die indirekten Abgaben können auf mehrere Jahre bewilligt werden.
Art. 132. Die wesentlichsten Garantien des Rechtes auf Arbeit sind:
die Arbeitsfreiheit selbst, die freiwillige Assoziation, die Gleichheit in den Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitern, der unentgeltliche Unterricht, die professionelle Erziehung, die Spar- und Kreditanstalten und die Unternehmung großer Arbeiten von öffentlichem Nutzen durch den Staat, um in Fällen von Arbeitslosigkeit die unbeschäftigten Hände zu verwenden.
Art. 133. Die Verfassung garantirt die öffentliche Schuld.
Art. 134. Der Orden der Ehrenlegion wird aufrecht erhalten. Seine Statuten werden revidirt und mit dem demokratischen Prinzip in Einklang gebracht.
Art. 135. Das Gebiet von Algier und den Kolonien wird für französisches Gebiet erklärt und wird nach besondern Gesetzen verwaltet werden.
Neuntes Kapitel.
Von der Abänderung der Verfassung.
Art. 136. Die Nation hat stets das Recht, ihre Verfassung zu modifiziren oder durch eine neue zu ersetzen.
Wenn die Nationalversammlung am Schluß einer Session den Wunsch ausspricht, daß die Verfassung ganz oder theilweise umgestaltet werde, so wird mit der Revision in folgender Weise verfahren:
Der von der Versammlung ausgesprochene Wunsch wird erst nach 3 aufeinanderfolgenden Berathungen, die je einen Monat auseinander liegen müssen, und nur mit 3/4 der Stimmenden zum definitiven Beschluß erhoben.
Die Revisions-Versammlung wird nur für die Dauer von 2 Monaten ernannt.
Sie darf sich nur mit der Verfassungsrevision beschäftigen, um derentwillen sie zusammenberufen worden. In Dringlichkeitsfällen soll sie jedoch befugt sein, für Abfassung unaufschiebbarer Gesetze Sorge zu tragen.
Zehntes Kapitel.
Vorübergehende Bestimmungen.
Art. 137. Die bestehenden Gesetzbücher, Gesetze und Reglements bleiben in Kraft, bis sie in gesetzlicher Form für abgeschafft erklärt werden.
Art. 138. Die gegenwärtigen Behörden behalten ihre Funktionen bis zur Publikation der sie betreffenden organischen Gesetze bei.
Art. 139. Das Gesetz über die Gerichtsorganisation wird den besondern Ernennungsmodus für die erste Zusammensetzung der Gerichtshöfe bestimmen.
Konstanz. Hecker hat folgendes Manifest erlassen:
„Ein verzerrteres Bild vollständiger Rathlosigkeit und planlosen Umhertappens, als Deutschland gegenwärtig darbietet, kann es nicht geben, und dennoch liegen so gewaltige Kräfte offen zur Hand, um unser Volk zu einem furchtbaren Volkskörper zu gestalten; aber Niemand wagt es, die deutsche Revolution mit den Mitteln der Revolution zur Gestaltung zu bringen; nutzlos lodert die energische Volkskraft in einzelnen Demonstrationen auf; die Partei, welche sich anmaßt, die Majorität zu vertreten, führt Land und Volk dem Verderben, führt sie einer polnischen Theilung zu. Diese feigen Doktrinärs haben es bereits so weit gebracht, daß Deutschland an den freien Völkern keinen Freund hat, daß es verachtet zu werden beginnt, während Russen und Skandinavier, in geheimen festem Bunde mit den Fürsten, lauernd an den Thoren stehen, um heute oder morgen über das planmäßig in Agonie gehaltene Volk herzufallen, und einen racheschnaubenden Despotismus einzusetzen. ‒
„Beleuchten wir nun diejenigen, welche das Siechthum der Nation bewußt oder unbewußt sich als Aufgabe gesetzt haben, jene Partei, welche die Republikaner Anarchisten und Raubgesindel heißt, sich aber als den Ausdruck des Volkswillens proklamirt. Es ist jene Partei, welche in der Presse die „Deutsche Zeitung“, in der Nationalversammlung die Majorität, im Volke den wackeligen Sitz des „Fortschritts auf gesetzlichem Wege“ eingenommen hat. Ihre Rath- und Thatlosigkeit spricht sich nirgends klarer aus, als in ihrem Organe, der Deutschen Zeitung, weil dort alle ihre Wasserrinnen zusammenlaufen. Durch alle ihre jüngsten Nummern geht nichts als ein Greinen, Lamentiren, untermischt mit Fluchen und Schimpfen, aber nicht ein energischer, das Volk in Mark und Bein packender Vorschlag, dem es zujauchzt, weil er ihm eine rettende That in Aussicht stellt, es zur Handlung, zur Rettung seiner selbst erhebt.
„Jene Partei legt uns ganz klar auseinander, daß ein verrätherischer Fürstenbund, den halbasiatischen Russen an der Spitze, bestehe, und will mit Fürsten auf dem Wege der Unterhandlung einen Volksstaat schaffen. Sie weiß es, daß in London eine Verschwörung gegen das Volk brütet, in welcher der Prinz von Preußen, Metternich, Guizot, die Gesandten von Rußland, Neapel, Baiern, Hannover und andere das Gift des Volkstodes kochen, und Robert Peel in charmanten Besuchen empfangen oder angehen, und sie liebäugelt und streichelt die Monarchie und geht über die Mainzer Blutscenen zur Tagesordnung, um Preußen und das preußische Gouvernement mit seinem Prinzen von Preußen nicht zu kränken; sie ist an jenes Preußen verschrieben, welches sich außerhalb des Volkes in Preußen und Deutschland stellte, welches wieder dieselbe Rolle gegen das deutsche Volk spielt, die es spielte vom Basler Separatfrieden bis zur Schlacht bei Jena. ‒ Sie will mit den Fürsten unterhandeln. Wie ein heulender Polizist denunzirt sie heute die republikanische Presse, die demokratischen Vereins- und Massebestrebungen, morgen den Soldatenungehorsam; heute will sie Volksbewaffnung, morgen heißt sie es gut, daß die Mainzer Bürgerschafft entwaffnet bleibe; bald preist sie das Kleinod der freien Presse, und kurz hinterher wüthet sie gegen die radikal-republikanischen Blätter und sanktionirt in Mainz die Censur ‒ denn sie will noch mit den Fürsten unterhandeln. Heute beruft sich jene Partei auf die Majestät und Herrlichkeit des souveränen Volkes und morgen bespricht sie allen Ernstes die Frage, ob ein Mann in der Nationalversammlung den Zutritt habe, welcher trotz der Anklage, er habe die Fürstenherrschaft zerbrochen und das souveräne Volk als Quell aller Macht und aller Rechte anerkennen wollen, von eben dem souveränen Volk zum Repräsentanten gewählt worden sei. Sie erkennt das Wahlvolk als alleinigen Herrn und Meister und will ihm verbieten, Einen zu wählen, welcher der Monarchie den ehrlichen Krieg mit den Waffen erklärt, ‒ sie unterhandelt mit den Fürsten. Sie spricht begeistert von den Barrikaden Wiens und Berlins, dem über das Königthum siegenden Volke und bewirft mit Geifer, Schmutz und Verläumdung der besiegten Republikaner ‒ denn sie will noch mit den Fürsten unterhandeln. Sie hat das berüchtigte Bundespromemoria vom 4. Mai 1848 angehört, welches das souveräne Volk verläugnet, sie hat die österreichische Protestation vernommen, welche die Beschlüsse der Nationalversammlung nicht anerkennt, sie hat die baierische Erklärung vernommen, welche dasselbe ausdrückt, sie hat die preußische und österreichische Erklärung im nämlichen Sinne wohl verstanden ‒ und sie will noch mit den Fürsten unterhandeln! Heute ruft sie die Regierungen (d. h. die monarchische Gewalt, so weit sie noch besteht) gegen die energischen Revolutionärs an und morgen weist sie nach, daß hinter dem Rücken des Volkes, ja sogar mancher Minister, die scheußlichsten Rachepläne gegen das Volk und zu seiner Vernichtung geschmiedet werden. Sie muß es wissen, daß in einer der letzten Bundestags-Zusammenkünfte der hannover'sche Gesandte erklärte, daß seine Regierung das 10. Armee-Korps, trotz des an sie ergangenen Bundesbeschlusses, nicht werde zum Kriege gegen Dänemark stellen, und daß die bundestägliche Leiche sogar hierüber in Gährung gerieth, und der österreichische Gesandte Schmerling in höchster Wuth ausrief: „Wenn es so geht, dann sind wir für nichts da und können auseinander gehen!“ ‒ und sie will mit den Fürsten unterhandeln.
„Und ihr in Frankfurt Versammelten, wißt ihr, faßt ihr die Hoheit und Allmacht des Ausdrucks, der euch gebietet, im Namen des souveränen Volks aufzutreten? Wißt ihr, was es heißt, der Vertreter von Fünfzigtausend zu sein? Begreift ihr, was es heißt, „im Namen des souveränen, des mächtigen, unverantwortlichen, gewaltigen Volkes von vierzig Millionen!“ zu sprechen und in seinem Namen kraft aller der in ihm liegenden Kraftfülle, Hoheit, Tapferkeit und Energie handeln zu sollen? Volksrepräsentanten, begreift ihr, daß ein Volk nicht zu unterhandeln braucht, wo es handeln muß? Volksrepräsentanten zu Frankfurt a. M, zerreißt das Papier der Unterhandlung mit der Monarchie und werdet selbst die lebendige Volksthat! Rufet dem Volke, das euch gesendet hat, zu: Hannibal steht vor den Thoren? ‒ ruft ihm zu, daß es gilt um Volk oder Knecht. Erhebt euch, Bürger-Repräsentanten, zu dem Stolze und der Vollkraft, die in Jedem wohnen muß, der reden und handeln soll für Fünfzigtausend, für vierzig Millionen! Sprecht es aus, das große Wort: Deutsche Republik! Deutscher Volksstaat! Erkennt an das Recht auf Selbstherrlichkeit und Selbstständigkeit Italiens, und ihr gewinnt aus einem Feinde einen Freund und Bundesgenossen; erkennt sie an die Selbstberechtigung des Ungarn und reicht ihm die Bruderhand; erkennt an die Selbstgestaltung der Regierungsweise für den Böhmen und reicht ihm die Bruderhand zum Föderativ-Staat, tretet als Freunde zu den altfreien Eidgenossen und in den Freundesbund der jungen Republik Frankreichs und dem fruchtbaren Felsen im Meere, der nordamerikanischen Union. Schließt, Volksrepräsentanten, den großen Bund freier Völker! Ihr schafft euch Feinde von den Flanken und schafft euch Freunde daselbst. Versammelt, Bürger-Repräsentanten, zwölf Heerführer des deutschen Heeres und beeidigt sie vor euren Schranken, Angesichts des ganzen Wahlvolks „im Namen des souveränen Volks“, daß sie nach seinen Beschlüssen handeln und vollziehen; stellt auf eine Ost-Armee und eine Nord-Armee, erlaßt ein Aufgebot an die Jugend Deutschlands, daß sie euch freiwillig zur Seite stehe als junger Herr der Begeisterung und der Kraft! Sprecht aus Bürger-Repräsentanten, die Erklärung der Rechte des Menschen und des Bürgers, und stellt sie unter den Schutz deutscher Nation. Hebt auf ohne Entgeld das Unrecht von Jahrhunderten, die Zehnten, oder das Kapital, was dafür bezahlt werden soll, die Zinsen und Beeten und Gülten, Robote und Frohnden; entlastet die deutsche Nation von dem Drucke der Stregreis- und Leibeigenschaftszeit. Schafft ab Adel und Vorrechte, erklärt die Domänen für Nationalgut und verwendet einen Theil davon zur zur Unterstützung der armen Gemeinden, einen Theil zur Unterstützung der Gewerbe und des Handels. Ernennt, Bürger-Repräsentanten, die Nation zur Vollstreckerin ihres Willens, stellt eure Dekrete unter den Schutz und Vollzug der Nation. Und habt ihr in der Mehrzahl nicht den Muth und die Kraft, nicht die Entschlossenheit, das Schiff zu steuern durch den Sturm, so legt euer Mandat nieder in die Hände kühnerer Männer, oder du, gedrücktes Volk, das hinsiechen soll in Reden und Thatlosigkeit, rufe du ihnen zu, ihre Vollmacht zurückzugeben in deine Hand, damit du Männer senden könnest, die nicht unterhandeln mit den Fürsten, sondern handeln in deinem Namen, im Namen des souveränen Volkes! ‒
Friedrich Hecker.“
Militärisches. (Durch Zufall verspätet.)
Wenn die allgemeine Aufmerksamkeit in der Jetztzeit einfach auf denjenigen unserer Staatsbürger gelenkt wird, welcher in der Armee einer ihrer Pflichten genügen, so ist dies ein Beweis, wie man allseitig das dringende Bedürfniß einer gründlichen zeitgemäßen Reorganisation der Militärverfassung fühlt. Der Augenblick rückt täglich näher, welcher die Armee zum Handeln rufen wird, und noch ist Nichts geschehen, wodurch ihre bisherige Stellung als geforderte, mannichfach bevorzugte, und so dem Bürger friedlich gegenüber gestellte Kaste, ‒ aufgehoben wurde.
Wohl liegt dies keineswegs im Interesse eines gewissen Regierungs-Prinzips. Denn der Mangel an Intelligenz und die Pfaffenherrschaft, die mächtigen Stützen der Dispotie, waren gebrochen, ‒ es mußten andere Träger des Absolutismus heraufbeschworen werden ‒ man schuf Armeen ‒ bildete und brauchte sie nicht selten zu willigen und starken Fesseln der aufkeimenden Freiheit. ‒ Der Eid des Einzelnen, ausschließlich auf die Person des Königs, verbunden mit einer glänzenden Außenseite, die Lehre vom Königlichen Rock, die ängstliche Fürsorge für alle materiellen Bedürfnisse, der eximirte (vehmartige) Gerichtsstand, die verheißene Beförderung (selbst zu den höchsten Stellen??) für treugeleistete Dienste, ‒ dies Alles waren und sind noch die Mittel, einen gewissen Zweck zu erreichen.
An diesem Systeme hat die glorreiche Berliner Revolution (horribile dicta) nichts geändert. Sollte auch hier ein beliebtes Mißverständniß die Schuld tragen? Treue Markaner, und Gänsebrustgenährte Pommern, und Rindviehpflegenden Westpreußen, und die Brandenburger sans souci, und die Hückeswagener Militär-Tuchfabrikanten, und Herr von Thadden, ein lebendiger Leichnam, und die westphälischen „Flegel“, etc. ‒ preisen noch heute Thaten der Berliner Gardisten in zahllosen Adressen als „treugehorsamste Unterthanen“! Tragen vielleicht derartige Expectorationen, oder die Erfolge Ferdinands (des Konstitutionellen) dazu bei, auch in Zukunft den status puo der Militärverfassung beizubehalten? Die Fassung eines Paragraphen des Camphausen'schen „Konstitutions-Entwurfs für Preußen“ ‒ läßt keine andere Deutung zu. Er lautert: „Die Armee schwört dem Könige und der Konstitution“, ‒ wie schief! Aufrechterhaltung der Verfassung durch die Person sichert auch letztere, ‒ Verletzung der Verfassung durch jene Person, ist politischer Selbstmord. ‒ Sollte aber der Volkswille jene sich selbst gegebene Verfassung (andere Lesart Vereinbarung) einmal zu eng finden, und eine freiere verlangen, ‒ dann sind nicht Regimenter zur Aufrechterhaltung des Veralteten, sondern die Organe des Volkswillens, seine Deputirte, zu berufen, nicht zu einer neuen „Vereinbarung“ ‒ fordern zu einer in Wahrheit konstituirenden National-Versammlung.
Indem man nun einerseits die bisherige Stellung der Armee beizubehalten sucht, trifft man andererseits auch Vorkehrungen, sie vor dem so „staatsgefährlichen“ Freiheitssinne, der „die bisherige Ruhe und den innern Frieden, bei dem man (wer?) sich so wohl befand“ ‒ stört, zu bewahren. Man denke an den famösen kriegsministeriellen Erlaß des Hr. Reyher, welcher das Petitions- und Associationsrecht der Soldaten zu schmälern sucht. Auf häufige, kräftige Proteste und bedenkliche Anfragen, hat Hr. Canitz einen Kommentar zum bessern Verständniß geliefert, wonach jede Petition des Militärs die beliebten Instanzen zu durchwandern hat, und jede Betheiligung ganz an Petitionen der Civilbehörden unter Androhung der gesetzlichen Strafe verboten ist. Auch tritt das Standrecht ein, wenn ein Individuum in irgend welcher Versammlung ein „Subordinations“ oder „Majestätsverbrechen“ begeht. Ersteres anlangend, kann man darunter nur den persönlichen Angriff eines „Vorgesetzten“ verstehen; oder kann dem Soldaten in offener Versammlung die Redefreiheit genommen werden, durch ein gebieterisches „Herr schweigen Sie?“ ‒ Ein solcher Fall wäre als Curiosum wünschenswerth. Ueber den Begriff Majestätsverbrechen hat Hr. Camphausen seine Begriff noch nicht zu entwickeln beliebt. Doch genug: Unendliche specielle Beispiele reaktionären Treibens in der Armee, durch offene Ansprachen, Befehle, Maaßregeln (Suspendirung resp. Versetzung mißliebiger Offiziere und Avancirten) rechtfertigen die Besorgniß, die Armee werde in Zukunft, wie schon jetzt, der Centralssationspunkt aller Aristokratie ergo Reaktion sein. Darum, Ihr Soldaten des souveränen Volk, ihr Bürgerwehrmänner, an Euch ist es zunächst, die gründliche und zeitemäße Reorganisation das Militärwesens energisch und schnell zu fördern, ‒ die geschmälerten Rechte Eurer Brüder wieder herzustellen, und die geflissentlich herbeigeführte Kluft zwischen Euch und uns auszufüllen, ‒ vor Allem den sorgfältig ausgestreuten Saamen der Zwietracht durch Belehrung und freundliches Entgegenkommen, ‒ unschädlich zu machen; Euch selbst aber durch unbedingte Allgemeinheit der Volksbewaffnung zu kräftigen! Dann erst wird das Heer im Volke aufgehen, und im entscheidenden Augenblicke, wenn es gilt, ein feindliches Prinzip zu bekämpfen mit Euch vereint der Hyder den Kopf zertreten.
Köln, 15. Juni 1848.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-20T13:08:10Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |