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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 23. Köln, 23. Juni 1848.

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Neue Rheinische Zeitung.
Organ der Demokratie.
No. 23. Köln, Freitag 23. Juni 1848

Die "Neue Rheinische Zeitung" erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für das nächste Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen.

Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an.

Für Frankreich übernehmen Abonnements das Königliche Ober-Post-Amt in Aachen; für Belgien und Holland die Königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich.

Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Außerhalb Preußens mit Zuschlag des fremden Zeitungsportos. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.

Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.

Uebersicht.

Deutschland. Köln (Sturz des Ministeriums Camphausen. - Erste That der deutschen Nationalversammlung zu Frankfurt). Berlin (Gescheiterte Rekrutirungsversuche des Ministeriums Camphausen. Ministerium des linken Centrums. Ursachen des Falls des Ministeriums. Pfuel nach Petersburg. - Erklärung Hansemann's und Auerswald's. Reichenbach's Antrag. Rodbertus. Auswärtige Politik des Ministeriums Camphausen. - Ratzmer. Wollmarkt. - Die Vereinbarungssitzung. Beginnende Opposition des linken Centrums gegen die Linke. Esser I. Ministerialgelüste. Ratzmer soll sich erschossen haben. - Abermals Camphausen's Abdankung). Frankfurt (die Geldsendungen von Paris. - 10,000 Mann dem "edlen" Gagern zur Verfügung gestellt. - Der demokratische Kongreß. - Sitzung der Nationalversammlung vom 20. Juni). Breslau (Büreaukratie in Reisse. - Oberbürgermeisterwahl). Aus Oberschlesien (der Einmarsch der Russen für die nächsten Tage als sicher angekündigt; Vorbereitungen dazu). Altenburg (kleine Revolution). Leipzig (Ausgleichung in Altenburg). Wien (der Kaiser krank in Insbruck; Erzherzog Karl an seiner Stelle nach Wien abgeordnet - Prag ergibt sich auf Gnade und Ungnade).

Polen. Lemberg (Kuliniky's Verhaftung).

Franz. Republik. Paris (Sitzung der Nat.-Versammlung vom 30. Juni. - Die Schriftsetzer und Drucker von Paris gegen die Kautionen - Gerücht über einen Aufstand in Savoyen. - Die Exekutivkommission gegen Karl Albert. - Die Paßmystifikation. - Vermischtes).

Großbritannien. London (Kampf von Presse und Regierung gegen das Volk. - Ober- und Unterhaus. - Bevorstehende Ankunft eines Wiener Agenten).

Italien. Vicenza (Details über die Einnahme). Vom Brenner. (Treviso Oestreichisch). Padua (Einzug der Oestreicher). Venedig (die Regierung ruft Frankreich zu Hülfe). Rovigo (Pepe zieht seine Truppen zusammen). Neapel (Ausweisung der Sizilianer). Valeggio (Brutalitäten der Oestreicher).

Handelsnachrichten.

Deutschland.
** Köln, 22. Juni.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
** Köln,

Die deutsche Nationalversammlung hat sich endlich erhoben!

Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
31 Berlin, 20. Juni.

Das Ministerium ist also gefallen, weil sich Niemand mehr fand, der gemeinschaftlich mit der Hauptperson desselben die Leitung der Staatsgeschäfte übernehmen wollte. In der That hat man sich alle mögliche Mühe gegeben, unter Andern Milde und namentlich Rodbertus für das Innere zu gewinnen, da v. Auerswald den Kultus übernehmen sollte. Beide haben ausgeschlagen. Hansemann ist vorgestern sogar persönlich zu Rodbertus in das Hotel des Princes gegangen; Alles vergebens, Rodbertus war zu klug, das Anerbieten anzunehmen und sich dadurch für immer unmöglich zu machen. Bei Gelegenheit des Ministerwechsels wollte man sich auch Bornemann's entledigen, der die Herren wahrscheinlich als zu weit gehend genirte und man hatte seine Blicke auf Esser I. geworfen, aber diese Verbindung hat nun noch mehr die Leute abgeschreckt, namentlich hat Rodbertus erklärt, daß er mit Esser I. nie und nimmermehr zusammen eintreten würde. So mußte denn Herr Esser wieder über Bord geworfen werden. Wer mit der Bildung eines neuen Kabinets beauftragt ist, darüber verlautet noch nichts; wahrscheinlich wird es aber im linken Centrum gesucht werden. Ein Theil der Mitglieder der Rechten hat sich schon zum linken Centrum begeben, in der Voraussicht, daß es dort Portefeuilles regnet. Ob ein Ministerium aus dem linken Centrum sich halten kann, ist eine andere Frage, wenigstens ist es für sich allein die schwächste Partei der Kammer; das Ministerium muß sich also auf die eine oder andere Seite der Kammer stützen, um seine Existenz zu fristen. - Zum Rücktritt des Ministeriums mögen mannich faltige Ursachen mitgewirkt haben. Der Adreßentwurf, der, obgleich mittelmäßig, dennoch nicht dem Ministerium zusagte, die Schlappe in der Kammer, der Umstand, daß die Verfassungs-Kommission nur 11 Mitglieder aus der Rechten, dagegen 13 aus der Linken und dem linken Centrum, wovon 7 von der äußersten Linken zählt und bereits faktisch den Entwurf der Regierung bei seinen Arbeiten beseitigt hat, der bevorstehende Krieg mit Rußland u. dgl. m. Kurz das Ministerium ist zur Einsicht gekommen, daß seine Stellung unmöglich sei. Gestern Abend erregte das Gerücht, die Russen hätten bei Oberschlesien die Gränze überschritten, großen Schrecken. So viel ist aber gewiß, daß der Kommandant von Neisse bereits die Einwohner aufgefordert hat, sich zu verproviantiren und diejenigen, denen dies unmöglich sei, die Stadt verlassen. Der Krieg mit Rußland scheint unausbleiblich.

Nachschrift. So eben erfahre ich, daß der General Pfuel (von Höllenstein) in einer geheimen Sendung nach Petersburg abgehen soll. Man spricht von einer Konspiration hoher Personen mit den Russen zum Zweck gewaltsamer Unterdrückung der Volksbewegung.

X Berlin, 20. Juni.

Der Verfassungsentwurf war gestern von der Kommission vollständig verworfen worden, man hatte die Auflösung des Ministerius erwartet und dennoch frappirte die Nachricht, auf der Rechten brachte sie ein augenblickliches Erstarren hervor; die Linke athmete sichtbar auf, doch war sie betroffen genug, daß der Präsident Milde es wagen konnte, die Vertagung auf unbestimmte Zeit ohne vorherige Diskussion sogleich zur Abstimmung bringen zu

Bürgerliches.

von Ferdinand Wolff.

(Geschrieben vor der Märzrevolution.)

Vor einigen Jahren starb in Paris ein Mann, den man mit Recht den bürgerlichen Napoleon nennen könnte. Halphen hatte als fünfzehnjähriger Knabe seine Vaterstadt Metz verlassen, um wie Tausend andere seiner israelitischen Glaubensgenossen in Paris sein Glück zu versuchen. Von allen Mitteln entblößt, und wie alle Elsasser Juden, auf den Kleinhandel angewiesen, fing er mit dem kleinsten aller Handelsgegenstände an, um mit dem größten zu enden. Er fing an mit der Stecknadel, und hörte auf mit dem Diamanten. Er fing an mit einem Artikel, den man für das wenigste Geld in der größten Quantität haben kann, und endigte mit demjenigen, der für das meiste Geld in der kleinsten Quantität verabreicht wird. Er hatte den ganzen Zwischenhandel, die ganze Reihe von Artikeln durchgemacht, welche die Stecknadel vom Diamanten trennt: er hatte von allen Produkten Nutzen zu ziehen, von allen etwas zu erübrigen gewußt, von der kleinen Stecknadel sowohl, welche das Kapital in seiner kleinsten Einheit, als vom Diamanten, welcher es in seiner kondensirtesten Masse darstellt. Und ein zweiter Napoleon hat er diese ganze Laufbahn von der gemeinnützigsten und gemeinsten aller Industrieen bis zur ungemeinsten und nutzlosesten siegreich überwunden, und war endlich zu einer Höhe angelangt, daß der Diamantenhandel Europas und Asiens, der orientalischen und der occidentalischen Welt in seiner Familie sich koncentrirt hatte. Kein einziger Kronjuwel, kein einziger Diamantenschmuck, der Halphen's prüfendem Auge, Halphen's abwägender Hand entschlüpfen konnte. Man erzählt sich sogar, daß später, als er bereits steinreich geworden, sein größtes Vergnügen darin bestand, seine Gattin nächtlicher Weise mit den reichsten Steinen zu schmücken, die sein täglicher Handel in seine Hände gebracht, sie mit wahrhaft königlichem Schmucke auszustaffiren, also daß er auf seinem Nachtlager sich königlich ergötzte mit dem Gesteine, dem Weibe und der Perle. Dieses harmlose Vergnugen soll ihn vor Ausschweifung und Verführung aller Art geschützt haben, und so geschah es denn, daß er solcher Weise neun Kinder mit seinem Weibe zeugen, und jedem von ihnen mehrere Millionen an Kostbarkeiten und Werth hinterlassen konnte. - In der Umarmung des Einen Weibes umarmte er die Weiber aller Mächte auf Erden: denn er hatte diesen Mächten die Macht abgerungen - die Kleinodieen - wodurch sie die Weiber errungen, und dieselben seinem Weibe übertragen. Und sein Herz entbrannte von immer neuen Liebe, wenn er sein Weib mit immer neuen Reizen ausgestattet sah, Reize, die er ihr verlieh, durch eine Kraftbewährung in seinem täglichem Handel; Reize, die sie für ihn nur entfaltete, fern von den Augen der Welt, im strahlenden Schlafgemache. Mit ihr spottete er der weltlichen Thorheiten, der irdischen Größen, die ihr Kostbartes auf Erden dem Juden verschachert hatten. Mit ihr spottete er der edlen Frauen, die nun alle in eine Jüdin vereinigt, sich ihm, einem Juden, hingaben. Wenn er Abends so alle Schätze hervorholte, und von jedem eine Geschichte zu erzählen wußte - seltsame Geschichten von treubrüchigen Trauringen, abhanden gekommenen Siegelringen, verwaisten Perlen, fürstlichen, gräflichen, königlichen Diamanten und Kronen und wenn er mit jeder neuen Geschichte seine Theure mit immer neuen Insignieen beweiseshalber belegte, sie stufenweise durch alle gesellschaftlichen Stände durchführte, wenn sie dann mit jedem neuen Schmucke süß-schmunzelnd lächelte, mit jeder neuen Standeserhöhung koquettirte, und die Dame von Stande komisch ernst konterfeite, das war eine Seeligkeit, die keinem Christenkinde auf Erden vergönnt ist. Je freigebiger und großmuthiger der liberale Samuel, desto preciöser und pretensiöser die werthvolle Sara. Er nannte sie sein theures Kleinod, sein goldenes Schätzchen, seine Edeldame von Edelstein, seine diamantene Furstin, seine strahlende, juwelenblitzende Königin. Sie nannte ihn ihr goldenes Männchen, ihren kostbaren Schatzmeister, ihren edlen Herrn von Edelstein, ihren Erzgrafen, ihren Juwelenfürsten, ihren Perlenkönig, ihren Korallenkaiser: bis sie beide durch ihre gegenseitige Erhebung über sich selbst und über alle Mächte der Erde erhaben, siegestrunken eingingen in das Reich der Liebe.

Um sich einen Begriff von Halphen's Macht und Anseh'n zu machen, muß man wissen, daß er zu den edelsten aller Steine in demselben Verhältnisse stand, wie Rothschild zu dem edelsten aller Metalle. Man hat Unrecht, Rothschild als den alleinigen König der Juden zu bezeichnen: Es gibt zwei Juden-Könige in der modernen Welt, wie es deren zwei im antiken Sparta gab, und wenn man künftighin Rothschild nennt, so muß auch Halphen mitgenannt werden. Unsere Aufgabe ist es, Halphen zur Anerkennung zu bringen, und den Leser in den Stand zu setzen, das zweite Moment einer nichts weniger als spartanisch organisirten Welt gehörig zu würdigen. Von einer Rivalität zwischen diesen beiden Typen unserer Handels- und Industrie-Gesellschaft kann natürlich keine Rede sein, da beide sich in zwei verschiedenen Sphären bewegen: der Eine in der Sphäre der Produkte, der Andere in der Sphäre der Produktions-Werthzeichen. Halphen ist die zum Diamanten gewordene Stecknadel; Rothschild ist der zu einer Milliard angewachsene Liard (Heller). Beide sind Epiciers, Gewürzkrämer, aber bei dem Etnen christallisirt sich der Pfefferkuchen in den Edelstein, bei dem Andern nimmt er die Form des Wechsels an. Halphen konnte nur auf freiem, französischem Boden gedeihen; Rothschild ist ein deutsches Gewächs, er ist aus dem Geldhandel, dem sogenannten Chilef, d. h. aus dem unendlichen Wirrwar von blinden Stübern, falschen Groschen und Weißpfenningen hervorgegangen. In einem Lande, welches durch Münzen und Prinzen so getheilt ist wie Deutschland, dessen Einheit aber am besten durch die Einheit der Juden konstatirt wird, die sich allenthalben gleichen, mußte der beste Chilefhändler der erste Jude und zugleich der beste Deutsche werden. Und so wie nun der blinde Stüber und Groschen der Anfangspunkt des ersten europäischen Banquiers war, so ward die Nadel, das klassische Beispiel der modernen Industrie, die Grundlage des ersten Juwelenhändlers. In Deutschland finden wir zwar auch Israeliten, die nicht unmittelbar vom Gelde, sondern von der Waare ausgingen, um sich eine sociale Stellung zu erkämpfen. Aber gemeiniglich sind es bloß Juden vom Lande, die bei den Bauern herumgehen, um altes Eisen einzukaufen. Nur einige haben es zu berücksichtigungswerthen Stellungen gebracht, und dann war es immer

Neue Rheinische Zeitung.
Organ der Demokratie.
No. 23. Köln, Freitag 23. Juni 1848

Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für das nächste Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen.

Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an.

Für Frankreich übernehmen Abonnements das Königliche Ober-Post-Amt in Aachen; für Belgien und Holland die Königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich.

Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Außerhalb Preußens mit Zuschlag des fremden Zeitungsportos. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.

Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.

Uebersicht.

Deutschland. Köln (Sturz des Ministeriums Camphausen. ‒ Erste That der deutschen Nationalversammlung zu Frankfurt). Berlin (Gescheiterte Rekrutirungsversuche des Ministeriums Camphausen. Ministerium des linken Centrums. Ursachen des Falls des Ministeriums. Pfuel nach Petersburg. ‒ Erklärung Hansemann's und Auerswald's. Reichenbach's Antrag. Rodbertus. Auswärtige Politik des Ministeriums Camphausen. ‒ Ratzmer. Wollmarkt. ‒ Die Vereinbarungssitzung. Beginnende Opposition des linken Centrums gegen die Linke. Esser I. Ministerialgelüste. Ratzmer soll sich erschossen haben. ‒ Abermals Camphausen's Abdankung). Frankfurt (die Geldsendungen von Paris. ‒ 10,000 Mann dem „edlen“ Gagern zur Verfügung gestellt. ‒ Der demokratische Kongreß. ‒ Sitzung der Nationalversammlung vom 20. Juni). Breslau (Büreaukratie in Reisse. ‒ Oberbürgermeisterwahl). Aus Oberschlesien (der Einmarsch der Russen für die nächsten Tage als sicher angekündigt; Vorbereitungen dazu). Altenburg (kleine Revolution). Leipzig (Ausgleichung in Altenburg). Wien (der Kaiser krank in Insbruck; Erzherzog Karl an seiner Stelle nach Wien abgeordnet ‒ Prag ergibt sich auf Gnade und Ungnade).

Polen. Lemberg (Kuliniky's Verhaftung).

Franz. Republik. Paris (Sitzung der Nat.-Versammlung vom 30. Juni. ‒ Die Schriftsetzer und Drucker von Paris gegen die Kautionen ‒ Gerücht über einen Aufstand in Savoyen. ‒ Die Exekutivkommission gegen Karl Albert. ‒ Die Paßmystifikation. ‒ Vermischtes).

Großbritannien. London (Kampf von Presse und Regierung gegen das Volk. ‒ Ober- und Unterhaus. ‒ Bevorstehende Ankunft eines Wiener Agenten).

Italien. Vicenza (Details über die Einnahme). Vom Brenner. (Treviso Oestreichisch). Padua (Einzug der Oestreicher). Venedig (die Regierung ruft Frankreich zu Hülfe). Rovigo (Pepe zieht seine Truppen zusammen). Neapel (Ausweisung der Sizilianer). Valeggio (Brutalitäten der Oestreicher).

Handelsnachrichten.

Deutschland.
** Köln, 22. Juni.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
** Köln,

Die deutsche Nationalversammlung hat sich endlich erhoben!

Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
31 Berlin, 20. Juni.

Das Ministerium ist also gefallen, weil sich Niemand mehr fand, der gemeinschaftlich mit der Hauptperson desselben die Leitung der Staatsgeschäfte übernehmen wollte. In der That hat man sich alle mögliche Mühe gegeben, unter Andern Milde und namentlich Rodbertus für das Innere zu gewinnen, da v. Auerswald den Kultus übernehmen sollte. Beide haben ausgeschlagen. Hansemann ist vorgestern sogar persönlich zu Rodbertus in das Hôtel des Princes gegangen; Alles vergebens, Rodbertus war zu klug, das Anerbieten anzunehmen und sich dadurch für immer unmöglich zu machen. Bei Gelegenheit des Ministerwechsels wollte man sich auch Bornemann's entledigen, der die Herren wahrscheinlich als zu weit gehend genirte und man hatte seine Blicke auf Esser I. geworfen, aber diese Verbindung hat nun noch mehr die Leute abgeschreckt, namentlich hat Rodbertus erklärt, daß er mit Esser I. nie und nimmermehr zusammen eintreten würde. So mußte denn Herr Esser wieder über Bord geworfen werden. Wer mit der Bildung eines neuen Kabinets beauftragt ist, darüber verlautet noch nichts; wahrscheinlich wird es aber im linken Centrum gesucht werden. Ein Theil der Mitglieder der Rechten hat sich schon zum linken Centrum begeben, in der Voraussicht, daß es dort Portefeuilles regnet. Ob ein Ministerium aus dem linken Centrum sich halten kann, ist eine andere Frage, wenigstens ist es für sich allein die schwächste Partei der Kammer; das Ministerium muß sich also auf die eine oder andere Seite der Kammer stützen, um seine Existenz zu fristen. ‒ Zum Rücktritt des Ministeriums mögen mannich faltige Ursachen mitgewirkt haben. Der Adreßentwurf, der, obgleich mittelmäßig, dennoch nicht dem Ministerium zusagte, die Schlappe in der Kammer, der Umstand, daß die Verfassungs-Kommission nur 11 Mitglieder aus der Rechten, dagegen 13 aus der Linken und dem linken Centrum, wovon 7 von der äußersten Linken zählt und bereits faktisch den Entwurf der Regierung bei seinen Arbeiten beseitigt hat, der bevorstehende Krieg mit Rußland u. dgl. m. Kurz das Ministerium ist zur Einsicht gekommen, daß seine Stellung unmöglich sei. Gestern Abend erregte das Gerücht, die Russen hätten bei Oberschlesien die Gränze überschritten, großen Schrecken. So viel ist aber gewiß, daß der Kommandant von Neisse bereits die Einwohner aufgefordert hat, sich zu verproviantiren und diejenigen, denen dies unmöglich sei, die Stadt verlassen. Der Krieg mit Rußland scheint unausbleiblich.

Nachschrift. So eben erfahre ich, daß der General Pfuel (von Höllenstein) in einer geheimen Sendung nach Petersburg abgehen soll. Man spricht von einer Konspiration hoher Personen mit den Russen zum Zweck gewaltsamer Unterdrückung der Volksbewegung.

X Berlin, 20. Juni.

Der Verfassungsentwurf war gestern von der Kommission vollständig verworfen worden, man hatte die Auflösung des Ministerius erwartet und dennoch frappirte die Nachricht, auf der Rechten brachte sie ein augenblickliches Erstarren hervor; die Linke athmete sichtbar auf, doch war sie betroffen genug, daß der Präsident Milde es wagen konnte, die Vertagung auf unbestimmte Zeit ohne vorherige Diskussion sogleich zur Abstimmung bringen zu

Bürgerliches.

von Ferdinand Wolff.

(Geschrieben vor der Märzrevolution.)

Vor einigen Jahren starb in Paris ein Mann, den man mit Recht den bürgerlichen Napoleon nennen könnte. Halphen hatte als fünfzehnjähriger Knabe seine Vaterstadt Metz verlassen, um wie Tausend andere seiner israelitischen Glaubensgenossen in Paris sein Glück zu versuchen. Von allen Mitteln entblößt, und wie alle Elsasser Juden, auf den Kleinhandel angewiesen, fing er mit dem kleinsten aller Handelsgegenstände an, um mit dem größten zu enden. Er fing an mit der Stecknadel, und hörte auf mit dem Diamanten. Er fing an mit einem Artikel, den man für das wenigste Geld in der größten Quantität haben kann, und endigte mit demjenigen, der für das meiste Geld in der kleinsten Quantität verabreicht wird. Er hatte den ganzen Zwischenhandel, die ganze Reihe von Artikeln durchgemacht, welche die Stecknadel vom Diamanten trennt: er hatte von allen Produkten Nutzen zu ziehen, von allen etwas zu erübrigen gewußt, von der kleinen Stecknadel sowohl, welche das Kapital in seiner kleinsten Einheit, als vom Diamanten, welcher es in seiner kondensirtesten Masse darstellt. Und ein zweiter Napoleon hat er diese ganze Laufbahn von der gemeinnützigsten und gemeinsten aller Industrieen bis zur ungemeinsten und nutzlosesten siegreich überwunden, und war endlich zu einer Höhe angelangt, daß der Diamantenhandel Europas und Asiens, der orientalischen und der occidentalischen Welt in seiner Familie sich koncentrirt hatte. Kein einziger Kronjuwel, kein einziger Diamantenschmuck, der Halphen's prüfendem Auge, Halphen's abwägender Hand entschlüpfen konnte. Man erzählt sich sogar, daß später, als er bereits steinreich geworden, sein größtes Vergnügen darin bestand, seine Gattin nächtlicher Weise mit den reichsten Steinen zu schmücken, die sein täglicher Handel in seine Hände gebracht, sie mit wahrhaft königlichem Schmucke auszustaffiren, also daß er auf seinem Nachtlager sich königlich ergötzte mit dem Gesteine, dem Weibe und der Perle. Dieses harmlose Vergnugen soll ihn vor Ausschweifung und Verführung aller Art geschützt haben, und so geschah es denn, daß er solcher Weise neun Kinder mit seinem Weibe zeugen, und jedem von ihnen mehrere Millionen an Kostbarkeiten und Werth hinterlassen konnte. ‒ In der Umarmung des Einen Weibes umarmte er die Weiber aller Mächte auf Erden: denn er hatte diesen Mächten die Macht abgerungen ‒ die Kleinodieen ‒ wodurch sie die Weiber errungen, und dieselben seinem Weibe übertragen. Und sein Herz entbrannte von immer neuen Liebe, wenn er sein Weib mit immer neuen Reizen ausgestattet sah, Reize, die er ihr verlieh, durch eine Kraftbewährung in seinem täglichem Handel; Reize, die sie für ihn nur entfaltete, fern von den Augen der Welt, im strahlenden Schlafgemache. Mit ihr spottete er der weltlichen Thorheiten, der irdischen Größen, die ihr Kostbartes auf Erden dem Juden verschachert hatten. Mit ihr spottete er der edlen Frauen, die nun alle in eine Jüdin vereinigt, sich ihm, einem Juden, hingaben. Wenn er Abends so alle Schätze hervorholte, und von jedem eine Geschichte zu erzählen wußte ‒ seltsame Geschichten von treubrüchigen Trauringen, abhanden gekommenen Siegelringen, verwaisten Perlen, fürstlichen, gräflichen, königlichen Diamanten und Kronen und wenn er mit jeder neuen Geschichte seine Theure mit immer neuen Insignieen beweiseshalber belegte, sie stufenweise durch alle gesellschaftlichen Stände durchführte, wenn sie dann mit jedem neuen Schmucke süß-schmunzelnd lächelte, mit jeder neuen Standeserhöhung koquettirte, und die Dame von Stande komisch ernst konterfeite, das war eine Seeligkeit, die keinem Christenkinde auf Erden vergönnt ist. Je freigebiger und großmuthiger der liberale Samuel, desto preciöser und pretensiöser die werthvolle Sara. Er nannte sie sein theures Kleinod, sein goldenes Schätzchen, seine Edeldame von Edelstein, seine diamantene Furstin, seine strahlende, juwelenblitzende Königin. Sie nannte ihn ihr goldenes Männchen, ihren kostbaren Schatzmeister, ihren edlen Herrn von Edelstein, ihren Erzgrafen, ihren Juwelenfürsten, ihren Perlenkönig, ihren Korallenkaiser: bis sie beide durch ihre gegenseitige Erhebung über sich selbst und über alle Mächte der Erde erhaben, siegestrunken eingingen in das Reich der Liebe.

Um sich einen Begriff von Halphen's Macht und Anseh'n zu machen, muß man wissen, daß er zu den edelsten aller Steine in demselben Verhältnisse stand, wie Rothschild zu dem edelsten aller Metalle. Man hat Unrecht, Rothschild als den alleinigen König der Juden zu bezeichnen: Es gibt zwei Juden-Könige in der modernen Welt, wie es deren zwei im antiken Sparta gab, und wenn man künftighin Rothschild nennt, so muß auch Halphen mitgenannt werden. Unsere Aufgabe ist es, Halphen zur Anerkennung zu bringen, und den Leser in den Stand zu setzen, das zweite Moment einer nichts weniger als spartanisch organisirten Welt gehörig zu würdigen. Von einer Rivalität zwischen diesen beiden Typen unserer Handels- und Industrie-Gesellschaft kann natürlich keine Rede sein, da beide sich in zwei verschiedenen Sphären bewegen: der Eine in der Sphäre der Produkte, der Andere in der Sphäre der Produktions-Werthzeichen. Halphen ist die zum Diamanten gewordene Stecknadel; Rothschild ist der zu einer Milliard angewachsene Liard (Heller). Beide sind Epiciers, Gewürzkrämer, aber bei dem Etnen christallisirt sich der Pfefferkuchen in den Edelstein, bei dem Andern nimmt er die Form des Wechsels an. Halphen konnte nur auf freiem, französischem Boden gedeihen; Rothschild ist ein deutsches Gewächs, er ist aus dem Geldhandel, dem sogenannten Chilef, d. h. aus dem unendlichen Wirrwar von blinden Stübern, falschen Groschen und Weißpfenningen hervorgegangen. In einem Lande, welches durch Münzen und Prinzen so getheilt ist wie Deutschland, dessen Einheit aber am besten durch die Einheit der Juden konstatirt wird, die sich allenthalben gleichen, mußte der beste Chilefhändler der erste Jude und zugleich der beste Deutsche werden. Und so wie nun der blinde Stüber und Groschen der Anfangspunkt des ersten europäischen Banquiers war, so ward die Nadel, das klassische Beispiel der modernen Industrie, die Grundlage des ersten Juwelenhändlers. In Deutschland finden wir zwar auch Israeliten, die nicht unmittelbar vom Gelde, sondern von der Waare ausgingen, um sich eine sociale Stellung zu erkämpfen. Aber gemeiniglich sind es bloß Juden vom Lande, die bei den Bauern herumgehen, um altes Eisen einzukaufen. Nur einige haben es zu berücksichtigungswerthen Stellungen gebracht, und dann war es immer

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          <note type="editorial">Edition: <bibl>Karl Marx: Sturz des Ministeriums Camphausen. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 155.</bibl></note>
          <head><bibl><author>**</author></bibl> Köln, 22. Juni.</head>
          <gap reason="copyright"/>
        </div>
        <div xml:id="ar023_002_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Erste Tat der deutschen Nationalversammlung zu Frankfurt. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 157.</bibl></note>
          <head><bibl><author>**</author></bibl> Köln,</head>
          <p>Die deutsche Nationalversammlung hat sich endlich erhoben!</p>
          <gap reason="copyright"/>
        </div>
        <div xml:id="ar023_003" type="jArticle">
          <head><bibl><author>31</author></bibl> Berlin, 20. Juni.</head>
          <p>Das Ministerium ist also gefallen, weil sich Niemand mehr fand, der                         gemeinschaftlich mit der Hauptperson desselben die Leitung der                         Staatsgeschäfte übernehmen wollte. In der That hat man sich alle mögliche                         Mühe gegeben, unter Andern Milde und namentlich Rodbertus für das Innere zu                         gewinnen, da v. Auerswald den Kultus übernehmen sollte. Beide haben                         ausgeschlagen. Hansemann ist vorgestern sogar persönlich zu Rodbertus in das                         Hôtel des Princes gegangen; Alles vergebens, Rodbertus war zu klug, das                         Anerbieten anzunehmen und sich dadurch für immer unmöglich zu machen. Bei                         Gelegenheit des Ministerwechsels wollte man sich auch Bornemann's                         entledigen, der die Herren wahrscheinlich als zu weit gehend genirte und man                         hatte seine Blicke auf Esser I. geworfen, aber diese Verbindung hat nun noch                         mehr die Leute abgeschreckt, namentlich hat Rodbertus erklärt, daß er mit                         Esser I. nie und nimmermehr zusammen eintreten würde. So mußte denn Herr                         Esser wieder über Bord geworfen werden. Wer mit der Bildung eines neuen                         Kabinets beauftragt ist, darüber verlautet noch nichts; wahrscheinlich wird                         es aber im linken Centrum gesucht werden. Ein Theil der Mitglieder der                         Rechten hat sich schon zum linken Centrum begeben, in der Voraussicht, daß                         es dort Portefeuilles regnet. Ob ein Ministerium aus dem linken Centrum sich                         halten kann, ist eine andere Frage, wenigstens ist es für sich allein die                         schwächste Partei der Kammer; das Ministerium muß sich also auf die eine                         oder andere Seite der Kammer stützen, um seine Existenz zu fristen. &#x2012; Zum                         Rücktritt des Ministeriums mögen mannich faltige Ursachen mitgewirkt haben.                         Der Adreßentwurf, der, obgleich mittelmäßig, dennoch nicht dem Ministerium                         zusagte, die Schlappe in der Kammer, der Umstand, daß die                         Verfassungs-Kommission nur 11 Mitglieder aus der Rechten, dagegen 13 aus der                         Linken und dem linken Centrum, wovon 7 von der äußersten Linken zählt und                         bereits faktisch den Entwurf der Regierung bei seinen Arbeiten beseitigt                         hat, der bevorstehende Krieg mit Rußland u. dgl. m. Kurz das Ministerium ist                         zur Einsicht gekommen, daß seine Stellung unmöglich sei. Gestern Abend                         erregte das Gerücht, die Russen hätten bei Oberschlesien die Gränze                         überschritten, großen Schrecken. So viel ist aber gewiß, daß der Kommandant                         von Neisse bereits die Einwohner aufgefordert hat, sich zu verproviantiren                         und diejenigen, denen dies unmöglich sei, die Stadt verlassen. Der Krieg mit                         Rußland scheint unausbleiblich.</p>
          <p><hi rendition="#g">Nachschrift.</hi> So eben erfahre ich, daß der General                         Pfuel (von Höllenstein) in einer geheimen Sendung nach Petersburg abgehen                         soll. Man spricht von einer Konspiration hoher Personen mit den Russen zum                         Zweck gewaltsamer Unterdrückung der Volksbewegung.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar023_004" type="jArticle">
          <head><bibl><author>X</author></bibl> Berlin, 20. Juni.</head>
          <p>Der Verfassungsentwurf war gestern von der Kommission vollständig verworfen                         worden, man hatte die Auflösung des Ministerius erwartet und dennoch                         frappirte die Nachricht, auf der Rechten brachte sie ein augenblickliches                         Erstarren hervor; die Linke athmete sichtbar auf, doch war sie betroffen                         genug, daß der Präsident Milde es wagen konnte, die Vertagung auf                         unbestimmte Zeit ohne vorherige Diskussion sogleich zur Abstimmung bringen                         zu</p>
        </div>
      </div>
      <div type="jFeuilleton" n="1">
        <div xml:id="ar023_005" type="jArticle">
          <head>Bürgerliches.</head>
          <p> <hi rendition="#g">von Ferdinand Wolff.</hi> </p>
          <p>(Geschrieben vor der Märzrevolution.)</p>
          <p>Vor einigen Jahren starb in Paris ein Mann, den man mit Recht den                         bürgerlichen Napoleon nennen könnte. Halphen hatte als fünfzehnjähriger                         Knabe seine Vaterstadt Metz verlassen, um wie Tausend andere seiner                         israelitischen Glaubensgenossen in Paris sein Glück zu versuchen. Von allen                         Mitteln entblößt, und wie alle Elsasser Juden, auf den Kleinhandel                         angewiesen, fing er mit dem kleinsten aller Handelsgegenstände an, um mit                         dem größten zu enden. Er fing an mit der Stecknadel, und hörte auf mit dem                         Diamanten. Er fing an mit einem Artikel, den man für das wenigste Geld in                         der größten Quantität haben kann, und endigte mit demjenigen, der für das                         meiste Geld in der kleinsten Quantität verabreicht wird. Er hatte den ganzen                         Zwischenhandel, die ganze Reihe von Artikeln durchgemacht, welche die                         Stecknadel vom Diamanten trennt: er hatte von allen Produkten Nutzen zu                         ziehen, von allen etwas zu erübrigen gewußt, von der kleinen Stecknadel                         sowohl, welche das Kapital in seiner kleinsten Einheit, als vom Diamanten,                         welcher es in seiner kondensirtesten Masse darstellt. Und ein zweiter                         Napoleon hat er diese ganze Laufbahn von der gemeinnützigsten und gemeinsten                         aller Industrieen bis zur ungemeinsten und nutzlosesten siegreich                         überwunden, und war endlich zu einer Höhe angelangt, daß der Diamantenhandel                         Europas und Asiens, der orientalischen und der occidentalischen Welt in                         seiner Familie sich koncentrirt hatte. Kein einziger Kronjuwel, kein                         einziger Diamantenschmuck, der Halphen's prüfendem Auge, Halphen's                         abwägender Hand entschlüpfen konnte. Man erzählt sich sogar, daß später, als                         er bereits steinreich geworden, sein größtes Vergnügen darin bestand, seine                         Gattin nächtlicher Weise mit den reichsten Steinen zu schmücken, die sein                         täglicher Handel in seine Hände gebracht, sie mit wahrhaft königlichem                         Schmucke auszustaffiren, also daß er auf seinem Nachtlager sich königlich                         ergötzte mit dem Gesteine, dem Weibe und der Perle. Dieses harmlose                         Vergnugen soll ihn vor Ausschweifung und Verführung aller Art geschützt                         haben, und so geschah es denn, daß er solcher Weise neun Kinder mit seinem                         Weibe zeugen, und jedem von ihnen mehrere Millionen an Kostbarkeiten und                         Werth hinterlassen konnte. &#x2012; In der Umarmung des Einen Weibes umarmte er die                         Weiber aller Mächte auf Erden: denn er hatte diesen Mächten die Macht                         abgerungen &#x2012; die Kleinodieen &#x2012; wodurch sie die Weiber errungen, und                         dieselben <hi rendition="#g">seinem</hi> Weibe übertragen. Und sein Herz                         entbrannte von immer neuen Liebe, wenn er sein Weib mit immer neuen Reizen                         ausgestattet sah, Reize, die <hi rendition="#g">er</hi> ihr verlieh, durch                         eine Kraftbewährung in seinem täglichem Handel; Reize, die sie für <hi rendition="#g">ihn</hi> nur entfaltete, fern von den Augen der Welt, im                         strahlenden Schlafgemache. Mit ihr spottete er der weltlichen Thorheiten,                         der irdischen Größen, die ihr Kostbartes auf Erden dem Juden verschachert                         hatten. Mit ihr spottete er der edlen Frauen, die nun alle in eine Jüdin                         vereinigt, sich ihm, einem Juden, hingaben. Wenn er Abends so alle Schätze                         hervorholte, und von jedem eine Geschichte zu erzählen wußte &#x2012; seltsame                         Geschichten von treubrüchigen Trauringen, abhanden gekommenen Siegelringen,                         verwaisten Perlen, fürstlichen, gräflichen, königlichen Diamanten und Kronen                         und wenn er mit jeder neuen Geschichte seine Theure mit immer neuen                         Insignieen beweiseshalber belegte, sie stufenweise durch alle                         gesellschaftlichen Stände durchführte, wenn sie dann mit jedem neuen                         Schmucke süß-schmunzelnd lächelte, mit jeder neuen Standeserhöhung                         koquettirte, und die Dame von Stande komisch ernst konterfeite, das war eine                         Seeligkeit, die keinem Christenkinde auf Erden vergönnt ist. Je freigebiger                         und großmuthiger der liberale Samuel, desto preciöser und pretensiöser die                         werthvolle Sara. Er nannte sie sein theures Kleinod, sein goldenes                         Schätzchen, seine Edeldame von Edelstein, seine diamantene Furstin, seine                         strahlende, juwelenblitzende Königin. Sie nannte ihn ihr goldenes Männchen,                         ihren kostbaren Schatzmeister, ihren edlen Herrn von Edelstein, ihren                         Erzgrafen, ihren Juwelenfürsten, ihren Perlenkönig, ihren Korallenkaiser:                         bis sie beide durch ihre gegenseitige Erhebung über sich selbst und über                         alle Mächte der Erde erhaben, siegestrunken eingingen in das Reich der                         Liebe.</p>
          <p>Um sich einen Begriff von Halphen's Macht und Anseh'n zu machen, muß man                         wissen, daß er zu den edelsten aller Steine in demselben Verhältnisse stand,                         wie Rothschild zu dem edelsten aller Metalle. Man hat Unrecht, Rothschild                         als den alleinigen König der Juden zu bezeichnen: Es gibt zwei Juden-Könige                         in der modernen Welt, wie es deren zwei im antiken Sparta gab, und wenn man                         künftighin Rothschild nennt, so muß auch Halphen mitgenannt werden. Unsere                         Aufgabe ist es, Halphen zur Anerkennung zu bringen, und den Leser in den                         Stand zu setzen, das zweite Moment einer nichts weniger als spartanisch                         organisirten Welt gehörig zu würdigen. Von einer Rivalität zwischen diesen                         beiden Typen unserer Handels- und Industrie-Gesellschaft kann natürlich                         keine Rede sein, da beide sich in zwei verschiedenen Sphären bewegen: der                         Eine in der Sphäre der Produkte, der Andere in der Sphäre der                         Produktions-Werthzeichen. Halphen ist die zum Diamanten gewordene                         Stecknadel; Rothschild ist der zu einer Milliard angewachsene Liard                         (Heller). Beide sind Epiciers, Gewürzkrämer, aber bei dem Etnen                         christallisirt sich der Pfefferkuchen in den Edelstein, bei dem Andern nimmt                         er die Form des Wechsels an. Halphen konnte nur auf freiem, französischem                         Boden gedeihen; Rothschild ist ein deutsches Gewächs, er ist aus dem                         Geldhandel, dem sogenannten <hi rendition="#g">Chilef,</hi> d. h. aus dem                         unendlichen Wirrwar von blinden Stübern, falschen Groschen und                         Weißpfenningen hervorgegangen. In einem Lande, welches durch Münzen und                         Prinzen so getheilt ist wie Deutschland, dessen Einheit aber am besten durch                         die Einheit der Juden konstatirt wird, die sich allenthalben gleichen, mußte                         der beste <hi rendition="#g">Chilefhändler</hi> der erste Jude und zugleich                         der beste Deutsche werden. Und so wie nun der blinde Stüber und Groschen der                         Anfangspunkt des ersten europäischen Banquiers war, so ward die Nadel, das                         klassische Beispiel der modernen Industrie, die Grundlage des ersten                         Juwelenhändlers. In Deutschland finden wir zwar auch Israeliten, die nicht                         unmittelbar vom Gelde, sondern von der Waare ausgingen, um sich eine sociale                         Stellung zu erkämpfen. Aber gemeiniglich sind es bloß Juden vom Lande, die                         bei den Bauern herumgehen, um altes Eisen einzukaufen. Nur einige haben es                         zu berücksichtigungswerthen Stellungen gebracht, und dann war es immer
</p>
        </div>
      </div>
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</TEI>
[0103/0001] Neue Rheinische Zeitung.Organ der Demokratie.No. 23. Köln, Freitag 23. Juni 1848 Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für das nächste Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements das Königliche Ober-Post-Amt in Aachen; für Belgien und Holland die Königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Außerhalb Preußens mit Zuschlag des fremden Zeitungsportos. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Uebersicht. Deutschland. Köln (Sturz des Ministeriums Camphausen. ‒ Erste That der deutschen Nationalversammlung zu Frankfurt). Berlin (Gescheiterte Rekrutirungsversuche des Ministeriums Camphausen. Ministerium des linken Centrums. Ursachen des Falls des Ministeriums. Pfuel nach Petersburg. ‒ Erklärung Hansemann's und Auerswald's. Reichenbach's Antrag. Rodbertus. Auswärtige Politik des Ministeriums Camphausen. ‒ Ratzmer. Wollmarkt. ‒ Die Vereinbarungssitzung. Beginnende Opposition des linken Centrums gegen die Linke. Esser I. Ministerialgelüste. Ratzmer soll sich erschossen haben. ‒ Abermals Camphausen's Abdankung). Frankfurt (die Geldsendungen von Paris. ‒ 10,000 Mann dem „edlen“ Gagern zur Verfügung gestellt. ‒ Der demokratische Kongreß. ‒ Sitzung der Nationalversammlung vom 20. Juni). Breslau (Büreaukratie in Reisse. ‒ Oberbürgermeisterwahl). Aus Oberschlesien (der Einmarsch der Russen für die nächsten Tage als sicher angekündigt; Vorbereitungen dazu). Altenburg (kleine Revolution). Leipzig (Ausgleichung in Altenburg). Wien (der Kaiser krank in Insbruck; Erzherzog Karl an seiner Stelle nach Wien abgeordnet ‒ Prag ergibt sich auf Gnade und Ungnade). Polen. Lemberg (Kuliniky's Verhaftung). Franz. Republik. Paris (Sitzung der Nat.-Versammlung vom 30. Juni. ‒ Die Schriftsetzer und Drucker von Paris gegen die Kautionen ‒ Gerücht über einen Aufstand in Savoyen. ‒ Die Exekutivkommission gegen Karl Albert. ‒ Die Paßmystifikation. ‒ Vermischtes). Großbritannien. London (Kampf von Presse und Regierung gegen das Volk. ‒ Ober- und Unterhaus. ‒ Bevorstehende Ankunft eines Wiener Agenten). Italien. Vicenza (Details über die Einnahme). Vom Brenner. (Treviso Oestreichisch). Padua (Einzug der Oestreicher). Venedig (die Regierung ruft Frankreich zu Hülfe). Rovigo (Pepe zieht seine Truppen zusammen). Neapel (Ausweisung der Sizilianer). Valeggio (Brutalitäten der Oestreicher). Handelsnachrichten. Deutschland. ** Köln, 22. Juni. _ ** Köln, Die deutsche Nationalversammlung hat sich endlich erhoben! _ 31 Berlin, 20. Juni. Das Ministerium ist also gefallen, weil sich Niemand mehr fand, der gemeinschaftlich mit der Hauptperson desselben die Leitung der Staatsgeschäfte übernehmen wollte. In der That hat man sich alle mögliche Mühe gegeben, unter Andern Milde und namentlich Rodbertus für das Innere zu gewinnen, da v. Auerswald den Kultus übernehmen sollte. Beide haben ausgeschlagen. Hansemann ist vorgestern sogar persönlich zu Rodbertus in das Hôtel des Princes gegangen; Alles vergebens, Rodbertus war zu klug, das Anerbieten anzunehmen und sich dadurch für immer unmöglich zu machen. Bei Gelegenheit des Ministerwechsels wollte man sich auch Bornemann's entledigen, der die Herren wahrscheinlich als zu weit gehend genirte und man hatte seine Blicke auf Esser I. geworfen, aber diese Verbindung hat nun noch mehr die Leute abgeschreckt, namentlich hat Rodbertus erklärt, daß er mit Esser I. nie und nimmermehr zusammen eintreten würde. So mußte denn Herr Esser wieder über Bord geworfen werden. Wer mit der Bildung eines neuen Kabinets beauftragt ist, darüber verlautet noch nichts; wahrscheinlich wird es aber im linken Centrum gesucht werden. Ein Theil der Mitglieder der Rechten hat sich schon zum linken Centrum begeben, in der Voraussicht, daß es dort Portefeuilles regnet. Ob ein Ministerium aus dem linken Centrum sich halten kann, ist eine andere Frage, wenigstens ist es für sich allein die schwächste Partei der Kammer; das Ministerium muß sich also auf die eine oder andere Seite der Kammer stützen, um seine Existenz zu fristen. ‒ Zum Rücktritt des Ministeriums mögen mannich faltige Ursachen mitgewirkt haben. Der Adreßentwurf, der, obgleich mittelmäßig, dennoch nicht dem Ministerium zusagte, die Schlappe in der Kammer, der Umstand, daß die Verfassungs-Kommission nur 11 Mitglieder aus der Rechten, dagegen 13 aus der Linken und dem linken Centrum, wovon 7 von der äußersten Linken zählt und bereits faktisch den Entwurf der Regierung bei seinen Arbeiten beseitigt hat, der bevorstehende Krieg mit Rußland u. dgl. m. Kurz das Ministerium ist zur Einsicht gekommen, daß seine Stellung unmöglich sei. Gestern Abend erregte das Gerücht, die Russen hätten bei Oberschlesien die Gränze überschritten, großen Schrecken. So viel ist aber gewiß, daß der Kommandant von Neisse bereits die Einwohner aufgefordert hat, sich zu verproviantiren und diejenigen, denen dies unmöglich sei, die Stadt verlassen. Der Krieg mit Rußland scheint unausbleiblich. Nachschrift. So eben erfahre ich, daß der General Pfuel (von Höllenstein) in einer geheimen Sendung nach Petersburg abgehen soll. Man spricht von einer Konspiration hoher Personen mit den Russen zum Zweck gewaltsamer Unterdrückung der Volksbewegung. X Berlin, 20. Juni. Der Verfassungsentwurf war gestern von der Kommission vollständig verworfen worden, man hatte die Auflösung des Ministerius erwartet und dennoch frappirte die Nachricht, auf der Rechten brachte sie ein augenblickliches Erstarren hervor; die Linke athmete sichtbar auf, doch war sie betroffen genug, daß der Präsident Milde es wagen konnte, die Vertagung auf unbestimmte Zeit ohne vorherige Diskussion sogleich zur Abstimmung bringen zu Bürgerliches. von Ferdinand Wolff. (Geschrieben vor der Märzrevolution.) Vor einigen Jahren starb in Paris ein Mann, den man mit Recht den bürgerlichen Napoleon nennen könnte. Halphen hatte als fünfzehnjähriger Knabe seine Vaterstadt Metz verlassen, um wie Tausend andere seiner israelitischen Glaubensgenossen in Paris sein Glück zu versuchen. Von allen Mitteln entblößt, und wie alle Elsasser Juden, auf den Kleinhandel angewiesen, fing er mit dem kleinsten aller Handelsgegenstände an, um mit dem größten zu enden. Er fing an mit der Stecknadel, und hörte auf mit dem Diamanten. Er fing an mit einem Artikel, den man für das wenigste Geld in der größten Quantität haben kann, und endigte mit demjenigen, der für das meiste Geld in der kleinsten Quantität verabreicht wird. Er hatte den ganzen Zwischenhandel, die ganze Reihe von Artikeln durchgemacht, welche die Stecknadel vom Diamanten trennt: er hatte von allen Produkten Nutzen zu ziehen, von allen etwas zu erübrigen gewußt, von der kleinen Stecknadel sowohl, welche das Kapital in seiner kleinsten Einheit, als vom Diamanten, welcher es in seiner kondensirtesten Masse darstellt. Und ein zweiter Napoleon hat er diese ganze Laufbahn von der gemeinnützigsten und gemeinsten aller Industrieen bis zur ungemeinsten und nutzlosesten siegreich überwunden, und war endlich zu einer Höhe angelangt, daß der Diamantenhandel Europas und Asiens, der orientalischen und der occidentalischen Welt in seiner Familie sich koncentrirt hatte. Kein einziger Kronjuwel, kein einziger Diamantenschmuck, der Halphen's prüfendem Auge, Halphen's abwägender Hand entschlüpfen konnte. Man erzählt sich sogar, daß später, als er bereits steinreich geworden, sein größtes Vergnügen darin bestand, seine Gattin nächtlicher Weise mit den reichsten Steinen zu schmücken, die sein täglicher Handel in seine Hände gebracht, sie mit wahrhaft königlichem Schmucke auszustaffiren, also daß er auf seinem Nachtlager sich königlich ergötzte mit dem Gesteine, dem Weibe und der Perle. Dieses harmlose Vergnugen soll ihn vor Ausschweifung und Verführung aller Art geschützt haben, und so geschah es denn, daß er solcher Weise neun Kinder mit seinem Weibe zeugen, und jedem von ihnen mehrere Millionen an Kostbarkeiten und Werth hinterlassen konnte. ‒ In der Umarmung des Einen Weibes umarmte er die Weiber aller Mächte auf Erden: denn er hatte diesen Mächten die Macht abgerungen ‒ die Kleinodieen ‒ wodurch sie die Weiber errungen, und dieselben seinem Weibe übertragen. Und sein Herz entbrannte von immer neuen Liebe, wenn er sein Weib mit immer neuen Reizen ausgestattet sah, Reize, die er ihr verlieh, durch eine Kraftbewährung in seinem täglichem Handel; Reize, die sie für ihn nur entfaltete, fern von den Augen der Welt, im strahlenden Schlafgemache. Mit ihr spottete er der weltlichen Thorheiten, der irdischen Größen, die ihr Kostbartes auf Erden dem Juden verschachert hatten. Mit ihr spottete er der edlen Frauen, die nun alle in eine Jüdin vereinigt, sich ihm, einem Juden, hingaben. Wenn er Abends so alle Schätze hervorholte, und von jedem eine Geschichte zu erzählen wußte ‒ seltsame Geschichten von treubrüchigen Trauringen, abhanden gekommenen Siegelringen, verwaisten Perlen, fürstlichen, gräflichen, königlichen Diamanten und Kronen und wenn er mit jeder neuen Geschichte seine Theure mit immer neuen Insignieen beweiseshalber belegte, sie stufenweise durch alle gesellschaftlichen Stände durchführte, wenn sie dann mit jedem neuen Schmucke süß-schmunzelnd lächelte, mit jeder neuen Standeserhöhung koquettirte, und die Dame von Stande komisch ernst konterfeite, das war eine Seeligkeit, die keinem Christenkinde auf Erden vergönnt ist. Je freigebiger und großmuthiger der liberale Samuel, desto preciöser und pretensiöser die werthvolle Sara. Er nannte sie sein theures Kleinod, sein goldenes Schätzchen, seine Edeldame von Edelstein, seine diamantene Furstin, seine strahlende, juwelenblitzende Königin. Sie nannte ihn ihr goldenes Männchen, ihren kostbaren Schatzmeister, ihren edlen Herrn von Edelstein, ihren Erzgrafen, ihren Juwelenfürsten, ihren Perlenkönig, ihren Korallenkaiser: bis sie beide durch ihre gegenseitige Erhebung über sich selbst und über alle Mächte der Erde erhaben, siegestrunken eingingen in das Reich der Liebe. Um sich einen Begriff von Halphen's Macht und Anseh'n zu machen, muß man wissen, daß er zu den edelsten aller Steine in demselben Verhältnisse stand, wie Rothschild zu dem edelsten aller Metalle. Man hat Unrecht, Rothschild als den alleinigen König der Juden zu bezeichnen: Es gibt zwei Juden-Könige in der modernen Welt, wie es deren zwei im antiken Sparta gab, und wenn man künftighin Rothschild nennt, so muß auch Halphen mitgenannt werden. Unsere Aufgabe ist es, Halphen zur Anerkennung zu bringen, und den Leser in den Stand zu setzen, das zweite Moment einer nichts weniger als spartanisch organisirten Welt gehörig zu würdigen. Von einer Rivalität zwischen diesen beiden Typen unserer Handels- und Industrie-Gesellschaft kann natürlich keine Rede sein, da beide sich in zwei verschiedenen Sphären bewegen: der Eine in der Sphäre der Produkte, der Andere in der Sphäre der Produktions-Werthzeichen. Halphen ist die zum Diamanten gewordene Stecknadel; Rothschild ist der zu einer Milliard angewachsene Liard (Heller). Beide sind Epiciers, Gewürzkrämer, aber bei dem Etnen christallisirt sich der Pfefferkuchen in den Edelstein, bei dem Andern nimmt er die Form des Wechsels an. Halphen konnte nur auf freiem, französischem Boden gedeihen; Rothschild ist ein deutsches Gewächs, er ist aus dem Geldhandel, dem sogenannten Chilef, d. h. aus dem unendlichen Wirrwar von blinden Stübern, falschen Groschen und Weißpfenningen hervorgegangen. In einem Lande, welches durch Münzen und Prinzen so getheilt ist wie Deutschland, dessen Einheit aber am besten durch die Einheit der Juden konstatirt wird, die sich allenthalben gleichen, mußte der beste Chilefhändler der erste Jude und zugleich der beste Deutsche werden. Und so wie nun der blinde Stüber und Groschen der Anfangspunkt des ersten europäischen Banquiers war, so ward die Nadel, das klassische Beispiel der modernen Industrie, die Grundlage des ersten Juwelenhändlers. In Deutschland finden wir zwar auch Israeliten, die nicht unmittelbar vom Gelde, sondern von der Waare ausgingen, um sich eine sociale Stellung zu erkämpfen. Aber gemeiniglich sind es bloß Juden vom Lande, die bei den Bauern herumgehen, um altes Eisen einzukaufen. Nur einige haben es zu berücksichtigungswerthen Stellungen gebracht, und dann war es immer

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 23. Köln, 23. Juni 1848, S. 0103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz023_1848/1>, abgerufen am 03.12.2024.