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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 17. [Köln, 17. Juni 1848]. Beilage.

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Extrabeilage zu Nr. 17 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Uebersicht

Deutschland. Berlin. (Der 15. Juni. - Anderer Bericht. - Details). Prag. (Aufstand). Schleswig-Holstein. (Kleines Gefecht bei Hadersleben. Räumung von Apenrade durch die Deutschen. Besetzung durch die Deutschen).

Großbritannien. Manchester. (Zehnstundenbill). Liverpool. (Chartisten-Meeting).

Handelsnachrichten.

Deutschland.
8 Berlin, 14. Juni.

Der Sturm ist losgebrochen und zwar durch die Regierungspartei, die Absolutisten provocirt. Die Reaktion hatte schon längere Zeit sich Mühe gegeben, Konflikte zwischen den bewaffneten Einwohner Berlins herbeizuführen, besonders Arbeiter und Bürger mit einander so zu entzweien, daß ein Krawall unvermeidlich würde. - Sie hatte dabei nicht versäumt, das Volk fortwährend in Aufregung zu erhalten, sei es durch selbsterfundne und selbstverbreitete Gerüchte, sei es durch offen an den Tag gelegte volksfeindliche Schliche. Das Volk hatte gesunden Sinn genug, um bald die Schliche der Reaktionärs zu durchschauen und vermied jeden Krawall welcher der Rückschrittspartei nur im Geringsten Veranlassung oder Anknüpfungspunkte für ihre schändlichen Bestrebungen hätten geben können. - Es lag der Reaktion daran, einen Coup auszuführen und deshalb mußte sie dem ohnehin schon durch das mit ihm in und außer der Singakademie getriebene schändliche Spiel erbitterten Volke neuen Stoff der Erbitterung geben, es unter sich entzweien, um dann desto ungehinderter über es herfallen zu können. - In diesem Sinne verstehen wir den vom interimistischen Kommandeur der Bürgerwehr, Blesson, in Folge der gegen Arnim und Sydow verübten Insulte gegebenen Tagesbefehl. In Folge desselben waren gestern am 14. die Wachen verstärkt, der Raum vor der Deputirtenversammlung, die gestern ihre Geschäfte wieder aufgenommen, für die Passage gänzlich durch Bürgerwehr abgesperrt und schließlich angeordnet worden, daß Atroupements von Bürgerwehrpatrouillen zerstreut, nöthigenfalls mit Waffengewalt auseinandergetrieben werden sollten. Trotz diesem Befehl oder vielmehr gerade in Folge desselben sammelte sich vor der Singakademie, am Zeughause und königl. Schlosse eine nicht unbedeutende Menschenmasse, vielleicht auch herbeigezogen durch Neugierde auf die Verhandlungen der Vereinbarer, von denen man gestern Wichtiges erwartete.

Schon am Morgen des 14. war die Bürgerwehr zusammengetrommelt worden und sogleich machte sich die Volksstimmung gegen die Reaktion kund. Im Verein mit dem Hofmarschall hatte Major Blesson angeblich um der Bürgerwehr den Dienst zu erleichtern, in Wirklichkeit aber, um in Falle einer Revolution das königl. Schloß dem Volke unzugänglich zu aller Fassung zu machen, an mehreren Portalen desselben eiserne Gitterthüren anbringen lassen. Trotz der mehrmaligen Proteste des Bürgerwehrklubs und anderer Vereine war die Maßregel theilweise schon ausgeführt worden. Das Volk macht also gestern kurzen Prozeß. Die Thüren wurden ausgebrochen und unter Jubel und dem Beifall der wohlhabenden Bürger nach der Universität gebracht.

Das Volk strömte darauf zum Zeughause, wo es nicht nur die Entfernung der in demselben befindlichen Kompagnie des 24. Regements, sondern auch Waffen verlangte, damit doch endlich die Volksbewaffnung eine Wahrheit werde, - Schon hier machte die aufgestellte Bürgerwehr einen Bajonettangriff auf die Massen, um sie zu zerstreuen, was natürlich auf Seiten der Letztern Unmuth und Gereiztheit hervorbrachte. - Der Vormittag verstrich, ohne daß das Volk etwas Weiteres unternommen hätte; die Sitzung der Vereinbarungsversammlung war geschlossen; mehre Deputirte der Linken, u. a. Reichenbach, wurden von der Menge mit Hochs begrüßt. Nachmittags verlangte sie durch Deputationen von dem Stadtkommandanten, und, als es hier Nichts fruchtete, beim Kriegsminister die Erfüllung ihrer Forderungen. - Auch hier klopft man vergebens an. Ja, vor dem Kriegsministerium schritt die Bürgerwehr von Neuem gegen das wehrlose Volk ein. - Die Erbitterung zwischen Bewaffneten und Waffenlosen stieg natürlich; die Menge strömte von Neuem zum Zeughause, um jetzt gewaltsam durchzusetzen, was auf friedlichem Wege nicht zu erreichen war. - Unterdessen hatte der Generalmarsch die gesammte Bürgerwehr und die fliegenden Korps auf die Beine gebracht. Bürgerwehr und Volk standen sich am Zeughause gegenüber. Letzteres wurde von ersterm zum Nachhausegehen aufgefordert, zweimal wirbelt die Trommel; da fällt plötzlich aus den Reihen der Bürgerwehr (noch ist's unklar, ob auf Befehl oder nicht) ein Schuß und ein Mann vom Volke lag sterbend in seinem Blute. - Verrath! schrie das angegriffene Volk und erwiderte die Attaque mit einem furchtbaren Steinhagel.

Noch sechs bis acht Schüsse, und wieder fielen neue Opfer spießbürgerlicher Wuth. - Das Volk stob jetzt nach allen Seiten auseinander, nachdem es seine Todten und Verwundeten weggebracht, die mit ihrem Blute das Steinpflaster färbten. "Zu den Waffen, zu den Waffen!" durchtönte es alle Straßen. Unter schrecklichen Flüchen gegen die bürgerlichen Ungeheuer, diese neue Garde von Wütherichen, trug man zwei im Blute der Gefallenen gefärbte Tücher an Stäben in den Straßen umher. Es war ein herzzerreißender Moment, diese Arbeiter, diese verstoßenen Parias sagen zu hören : "das ist Freiheitsblut!" "Wer war es, donnerten Andere den Bürgern zü, der Euch am 18. März vom Sclavenjoche befreite? Waren wir es nicht, und jetzt belohnt Ihr uns dafür mit Meuchelmord!" - Das Unglück war geschehen; in seiner dumpfen Bestürzung über das Vorgefallene, das kaum Glaubliche, hatte das Volk die Mörder abziehen lassen. Es war gegen 9 Uhr Abends. Die Masse am Zeughause wurde immer größer; man faßte den Entschluß, es zu stürmen und in noch keiner Stunde war der Plan ausgeführt. Trotz der mehrmaligen Trommelsignale von Seiten des im Zeughause befindlichen Militärs ließ sich das Volk nicht im Mindesten mehr von seinem Vorhaben abbringen und bald waren Fenster und Thore eingerannt. Das Militär kapitulirte; während es auszog und von einem Detachement des Studentenkorps eskortirt wurde, strömte die Masse unaufhaltsam und ohne jede Leitung ins Zeughaus. Die Waffenkisten wurden erbrochen und wer Hände hatte, griff zu. Das war ein Hin- und Herdrängen, ein Ab- und Zulaufen des entfesselten Volkes, das in alle Räume hineindrang und mit nahm, was es nur konnte. Kinder von 10 Jahren selbst holten Waffen jeder Gattung und Munition, die man nach der Universität brachte, heraus, um sie an die Alten zu vertheilen.

Kurz es war eine planlose Plünderung ohne die geringste obere Leitung. Die Studenten, auf die das Volk geblickt und denen es noch am Morgen sein Vertrauen bewiesen hatte, sie ließen es sich nicht nur nicht angelegen sein, Ordnung in die Sache hineinzubringen; nein, sie hielten sogar das Volk zurück und suchten es auf jede mögliche Weise zu hindern. Weit entfernt von dem Beispiele der wackeren Wiener, zeigten sie vielmehr so wenig Herz für die Sache des verrathenen Volks, daß sie sich zuletzt noch dazu hergaben, die aus dem Zeughause Kommenden gemeinschaftlich mit der hinzugekommenen Bürgerwehr zu untersuchen, ob sie Waffen mitbrachten, und sie ihnen im Betretungsfalle anzunehmen. Diese halbe Neutralität und halbe Feindseligkeit ist um so weniger begreiflich, als die Studirenden selbst zugestehen, daß allein die Arbeiter von Berlin es waren, denen das Vaterland seinen neuen Aufschwung verdankt. Aber nicht allein die Studirenden wollten das Volk nicht anführen, - sondern auch nicht Einer der sogenannten Volksmänner hatte sich blicken lassen, um die Bewegung in eine wichtige gerade Bahn zu leiten. Wo waren die Herren Demokraten, als es galt, das Volk, das sie immer im Munde führten, anzuführen und zu leiten? Keiner war da, der sich an die Spitze des Volkes gestellt hätte. - Das Volk sah sich verlassen und wußte nicht, was es beginnen sollte, nachdem es sich Waffen eroberte. Freilich waren einige Barikaden erbaut worden, z. B. in der Landsberger- und der Behrenstraße, wo sie ganz überflüssig waren.

So kam es, daß nachdem kaum das Militair das Zeughaus verlassen hatte, sogleich neues anrückte, das von den bewaffneten Bourgeois mit Hurrah's empfangen und ins Zeughaus hineingelassen wurde, als noch eine große Menge Volks drin beschäftigt war. Dies Anrücken und dazu noch ein Schuß, der im Hofe des Zeughauses fiel, versetzte das in demselben befindliche Volk in einen solchen panischen Schrecken, daß einzelne aus dem ersten Stock durch die Fenster hinabsprangen, wobei sie sich, nicht unerheblich verletzten. Die Andern entkamen durch Rettungsleitern. Im Allgemeinen hat sich das Militär schonend benommen.

Schon jetzt erfolgte eine theilweise Entwaffnung durch die Bürger, die doch nimmermehr zugeben konnten, daß auch der Proletarier Waffen trage, sondern des Glaubens sind, daß sie allein dazu berechtigt seien. Die Meisten jedoch brachten ihre Waffen in Sicherheit, so daß nur der geringste Theil dem Volke wieder abgenommen wurde.

Allmählig verliefen sich die Waffen; bei Anbruch des Tages rückte das Militär, das gleich beim Beginn der Unruhe die Stadt verlassen und Bivouaks vor dem Brandenburger Thor bezogen hatte, wieder in die Stadt. Diese ist von Potsdam, Spandau und andern Seiten her jetzt völlig mit Truppen umgeben. Will man uns vielleicht das Schicksal von Mainz oder gar von Neapel bereiten! Die Bürgerwehr ist sehr mißgestimmt, auch das Volk zeigte gestern nicht den erhebenden, selbstbewußten Charakter, den man in solchen Momenten sonst zu finden pflegt. Es war verlassen und deshalb rathlos.

So stehen die Sachen bis jetzt. Auch heute sind die Straßen wieder belebt, auch heute die Trupps, besonders wieder unter dem Kastanienwäldchen und am Zeughaus so zahlreich, wie in den letzten Tagen. Es herrscht eine dumpfe, Unheil verkündende Stille. Wer weiß, was die heutige Nacht bringt! Wir halten die gestrigen Vorfälle für eine großes Unglück. Die Reaktion hat ihren Zweck erreicht. Divide et impera! Die Lage des Volks ist dieselbe geblieben; es hat offenbar eine Niederlage erlitten. Aber war es anders möglich? Mußte es nicht endlich zum Bruche kommen? Wie lange konnte sich eine Einigkeit halten, die von vornherein ihren Todeskeim in sich trug? Aber die Bourgeoisie wird bitter bereuen, was sie dem Volke gethan. Die gestrigen Vorfälle sind ein Nagel an ihrem Sarge.

Wie wird sich die Nationalversammlung gegenüber diesen Ereignissen geriren? Was wird die Linke thun? Wird das Ministerium noch länger seine Stellung behaupten? Diese Fragen sind vielleicht schon beantwortet, noch ehe Sie diese Zeilen erhalten!

Heute früh verließen eine große Anzahl Wagen mit hiesigen Einwohnern, die wahrscheinlich erneute Unruhen fürchten, die Stadt. Glückliche Reise nach Hinterpommern. Es scheint, als ob letzteres unsere Vendee werden wollte. Es gehen seltsame Gerüchte, z. B. daß die Russen bereits bei Thorn stehen.

Es scheint, daß die gestrigen Ereignisse nur der Anfang vom Ende sind.

X Berlin, 15. Juni.

Das "souveraine Volk" von Berlin hat gestern wieder einmal eine thatsächliche Erinnerung an seine erste Revolution ergehen lassen. Es hätte nur eines thätlichen Widerstandes von Seiten der Regierung bedurft, und wir hatten eine zweite Revolution. Das Volk hatte im Laufe des Tages schon die neuen eisernen Gitter an zwei Schloßportalen von ihrem Platze geschleppt, zum Theil zertrümmert und in die Spree geworfen, und des Abends einen Angriff auf das Zeughaus gemacht, um sich zu bewaffnen. Dabei hatten Bürgergardisten auf das Volk geschossen. Zwei Menschen waren getödtet, zwei verwundet. Der Ruf nach Rache erhob sich schon in allen Straßen; in der Königsstraße, in der Leipzigerstraße wurden Barrikaden angefangen, Wagen angehalten und umgeworfen, doch das Volk hatte keinen Feind vor sich, die Bürgerwehr selber stand zu ihm, beide waren darin einig, daß man nur das Ministerium zu stürzen habe. Das Volk hatte zu viel Mißtrauen gegen die Reaktion und fürchtete, mit einem Angriff auf die Bürger, derselben nur in die Hände zu spielen. Darum beschränkte es sich auf einen Angriff gegen das Zeughaus, in welchem 250 Mann Infanterie bivouakirten.

Es wollte Waffen und die Entfernung des Militärs aus dem Arsenal. Die Bürgerwehr stellte ihnen, nach den gefallenen Schüssen, die sie selbst bedauerte, keine Hindernisse in den Weg. Da erschien das bewaffnete Korps des Handwerkervereins; es wurde mit Jubel empfangen, das Volk erhob ein Hurrah, als es die Gewehre laden sah, es fühlte sich geschützt gegen die Mißverständnisse, und die jungen bewaffneten Arbeiter belagerten nun das aZeughaus förmlich und waren auf einen Sturm gefaßt, der denn uch wirklich gegen die von innen verbarrikadirten Fenster und Thore losbrach, als der Befehl, daß das Militär das Zeughaus räumen sollte, vom Kriegsminister trotz stundenlangen Parlamentirens nicht anlangen wollte. Das Volk drang von allen Seiten ein, und in kurzer Zeit waren tausende von Gewehren, Säbeln und Pistolen u. s. w. entführt. Endlich gegen 2 Uhr Morgens, als die Masse sich schon fast sämmtlich bewaffnet und zerstreut hatte, erschien plötzlich eine Bataillon Infanterie, dem die einigen hundert Mann des bewaffneten Handwerkerkorps, dem es auch in der Unordnung an rechtem Kommando fehlte, keinen Widerstand entgegen setzen wollten, und nahm von dem bedeutend ausgeräumten Zeughause Besitz. Das Volk begnügte sich mit der erzwungenen Bewaffnung, bald wurde es an den Straßen ruhig. Hätte das Militär angegriffen, so war die Revolution da. Ihre Früchte hat die gestrige Bewegung aber dennoch, und zwar in der Nationalversammlung getragen. Das Ministerium hat heute zwei Niederlagen erlitten. Erstlich wurde mit bedeutender Majorität gegen den Willen der Minister der Beschluß gefaßt, daß die Versammlung sich sicher fühlt unter dem Schutze der Berliner Bevölkerung und daß sie wünscht, das Bataillon Bürgerwehr, welches seit dem Angriffe auf Arnim und Sydow das Sitzungsgebäude täglich bewache, möge zurückgezogen werden. Zweitens wurde bei namentlicher Abstimmung mit 46 Stimmen Majorität trotz einiger Reden, welche Camphausen und Hansemann in banger Ahnung dagegen gehalten, der Waldecksche Antrag angenommen: eine Kommission zu ernennen, ihr die Mittheilung aller auf die Versammlung bezüglichen Petitionen und Anträge zu geben, ihr die Umarbeitung des vorgelegten Entwurfs und resp. Ausarbeitung eines neuen Entwurfs aufzutragen.

Der Verfassungsentwurf ist mit dieser Abstimmung so gut wie verworfen. Das Ministerium ist seinem Ende nahe. Wie wir hören, haben Schwerin und Arnim schon ihre Entlassung eingereicht, Auerswald wird es in den nächsten Tagen thun; er wartet nur auf eine gute Gelegenheit, um sich noch mit Ehren zurück zurückzuziehen. Nur Hansemann soll bleiben und das ist bezeichnend.

Ueber die gemeldeten Vorgänge melden die Berliner Blätter noch folgende Details:

- 15. Juni. Massen, bewegt von einer unbestimmten Ahnung, daß es "etwas geben müsse", Niemand wußte freilich was und warum etwas, standen und wallten in der Nähe des Zeughauses und auf dem Opernplatze umher. Es wurde im königlichen Schlosse mit dem Einhängen großer eiserner Gitterthüren begonnen, welche den Flügel, worin des Königs Wohnung liegt, abzusperren, bestimmt waren; dies gab der dunkelen, gegenstandlosen Unruhe des Volkes zuerst eine bestimmte Richtung, die Menge bemächtigte sich der schweren Gitter und schleppte sie, ungehindert von der Bürgerwache, in das Universitätsgebäude. Als die Abgeordneten aus der Sitzung kamen, empfing den Grafen Reichenbach unter der dichtgescharrten Menge, welche den Platz vor dem Gebäude bedeckte, ein donnerndes und seine Schritte fort und fort begleitendes Hoch.

Nachmittags fiel ein trauriger Auftritt am Brandenburger Thor vor. Dreißig brotlose Arbeiter kamen in einem Zuge mit zwei Fahnen heran. Diesen Arbeitern war, wie wir hören, im Thiergarten, vor dem Hause des Baumeister Hitzig, kurz vorher Geld von einem unbekannten Herrn im blauen Frack ausgetheilt worden, ob zum Zwecke einer Bestechung oder nur als eine Privatwohlthätigkeit, ist uns unbekannt. Wir wissen nur, daß die Leute sich von jener Stelle nach dem Kroll'schen Etablissement verfügten, um dort ein Paar Fahnen - mit ihnen zu reden - sich zu leihen, oder richtiger, solche mit Ungestüm und unter Androhungen zu fordern. Was sie beabsichtigten, war, der eigenen Aussage einiger dieser Leute (Namens Beutler, Gladow, Schellard, Broidon, Lewecke) zufolge - eine Demonstration als Antwort auf einen Arbeiterfestzug, der am vorigen Tage stattgefunden hatte. "Die auf dem Schiffbauerdamm Beschäftigten," sagten sie "haben gestern mit Fahnen und Musik Prunk gemacht, weil sie Brod gefunden, während eine Menge ihrer Brüder keines finden können und elendiglich verkommen, wir wollen uns doch auch zeigen, daß wir da sind." Sie erhielten im Kroll'schen Etablissement eine dreifarbige deutsche Fahne und eine rothe, der sie ein weißes Feld mit der Inschrift: "brod- und obdachlose Arbeiter" hinzufügten. Als sie das Thor erreicht hatten, wurden sie zurückgewiesen.

Wenn die Aussage der genannten fünf Arbeiter Glauben verdient, so leisteten sie dem Befehle umzukehren alsbald Folge, widersetzten sich aber, als man die Auslieferung der Fahnen von ihnen verlangte. Nach der Aussage von Bürgerwehrmännern haben dagegen diese Arbeiter zuerst einen thätlichen Angriff auf die Mannschaft, welche das Thor besetzt hatte, gemacht. Wie dem sei, es ist Blut geflossen auf beiden Seiten, es sind schwere Verwundungen vorgekommen. Schlimmer ward es etwas später gegen Abend. Eine Deputation ging zum Kriegsmister, um abermals auf allgemeine Volksbewaffnung zu bringen. Während die Deputation oben war, ließ unten in der Leipzigerstraße ein Bürgeroffizier auf den harrenden Volkshaufen einen Angriff machen, er soll vom Volke gezwungen worden sein, auf der Stelle sein Kommando niederzulegen; Verwundungen sollen auch hier vorgekommen sein. Das Zeughaus war inzwischen von Volkshaufen umdrängt, aus der engen Gasse zwischen Zeughaus und Gießhaus heraus schossen die vordersten Bürgerwehrmänner in die dichtgedrängte Masse mit Kugeln hinein, mehrere Leute fielen, zwei oder drei todt, Blut bedeckte das Straßenpflaster.

Umstehende tauchten Taschentücher in das Blut, schwangen diese Blutfahnen an Stöcken und rannten damit durch die Straßen, zum Kampfe auffordernd; viele anderen Personen bemühten sich, die tobenden Haufen zu erinnern, daß kein Feind da wäre, gegen den man zu kämpfen hätte, - die, welche geschossen hätten, seien nicht die Bürgerwehr, sondern nur einzelne Verrückte, die ihrer Strafe nicht entgehen würden. Dennoch, da es hieß, daß Major Benda Feuer kommandirt hätte, liefen Leute hin, um dessen Wohnung zu stürmen. Eine Abtheilung des fliegenden Korps vom Handwerkerverein rückte heran und besetzte das Zeughaus. Die Menge verlangte, das in diesem befindliche Militärpiket solle abziehen. Eine Deputation ging nach dem Kommandanturgebäude und erlangte von dem Generalkommando der Bürgerwehr das Versprechen, daß auf eine strenge Untersuchung des Vorfalls am Zeughause, so wie bei dem Kriegsminister auf Entfernung des Militärs hingewirkt werden solle.

In der That wurde das Piket aus dem Zeughause weggenommen, das Zeughaus aber um etwa 10 Uhr von der Volksmasse erstürmt, welche viele Waffen, Spitzkugeln und andere Vorräthe hinwegtrug. Gegen 11 Uhr besetzte die Bürgerwehrmannschaft das Zeughaus, der etwas später einige Kompagnieen vom 24. Regiment beigestellt wurden, wie man uns sagt auf Requisition des Generalkommandos der Bürgerwehr. Major v. Blesson hat, wie es heißt, bereits das Kommando abgegeben.

Prag.

Die Deutsche Allg. Ztg. berichtet : Leipzig, 14. Juni. Nachdem heute Morgen schon das Gerücht hier umlief, daß Prag gesperrt sei, kommen uns durch Reisende, welche gestern früh um 5 Uhr von dort abgereist sind, folgende nähere Nachrichten zu, die wir mittheilen, ohne sie verbürgen zu können. Heute sind allerdings weder Wiener Zeitungen und Briefe noch dergleichen aus Prag eingetroffen. Alle Anzeichen, berichtete der Reisende, die sich in den Tagen vor dem Feste kundgegeben, scheinen darauf hinzudeuten, daß die czechische Partei eine allgemeine Schilderhebung beabsichtigt habe, und am zweiten Pfingstfeierage veranstaltete dieselbe in Verbindung mit den czechischen Studenten ein feierliches Hochamt im Freien, wodurch eine ungeheuere Volksmasse zusammengezogen wurde. Hier gelobte man sich unerschütterliche Verfolgung der czechischen Sache und die Masse zog gegen Mittags 12 Uhr in die Stadt zurück, zunächst vor die Wohnung des Kommandanten, um daselbst wahrscheinlich eine Katzenmusik zu bringen. Die Grenadiere, welche bereits im Hofe konsignirt standen, brachen zum Thor heraus und suchten die Menge zu zerstreuen, und es kam hier schon zum Handgemenge. Auch in den Straßen stießen Volk und Militär hart an einander und auf mehreren Seiten sah man Barrikaden erbauen. Der Kommandant Fürst Windisch-Grätz ließ jetzt Allarm schlagen und gab bis vier Uhr Zeit, die Barrikaden wieder abzutragen. Allein der Tumult steigerte sich von Minute zu Minute, die Barrikaden wurden noch vermehrt, und ein Haufe Pöbel schoß gegen die Wohnung des Fürsten Windisch-Grätz, wobei die Fürstin, am Fenster stehend, am Kopfe verwundet wurde. Jetzt ließ der Fürst anrücken, die Kanonen vorfahren, und eine fürchterliche Kanonade begann, welche von Nachmittags 5 Uhr bis Abends 10 Uhr unter fortdauerndem Kampfe auf beiden Seiten unterhalten wurde. Früh nach 5 Uhr soll der Kampf, der die Nacht über unterbrochen gewesen, sich von neuem wiederholt haben, und es scheint sich dies auch insofern zu bestätigen, als die Post, welche gestern früh um 7 Uhr aus Prag abgehen sollte, nicht eingetroffen ist. Der Aufstand in Prag sollte durch Allarmfeuer dem Lande mitgetheilt werden, und am zweiten Pfingstfeiertag Abends waren alle höhern Berge beleuchtet.

Weitere Nachrichten melden, daß auf die Signalfeuer von den Bergen die Bauern aus der ganzen Umgegend nach der Stadt strämten. Die Arbeiter, Fleischergesellen u. s. w. schlugen von innen alsbald sämmtliche Thore ein, so daß die Bauern von allen Seiten eindrangen. Um 5 Uhr Morgens hörten die auf dem Dampfschiff abfahrenden Flüchtlinge und Fremden heftiges Geschützfeuer. Das Blutbad, welches der Fürst Windischgrätz mit seinen Kartätschen eröffnet hat, wird die Wuth der Czechen voraussichtlich auf das Höchste getrieben haben; über den Ausgang kann man natürlich in diesem Augenblick keine Muthmaßungen anstellen.

* Rendsburg, 13. Juni.
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Italien.
7 Liverpool, 12. Juni.

In der Nähe von Liverpool hielten gestern die dortigen Chartisten ein Meeting unter freiem Himmel ab, um einerseits gegen Lord J. Russel's Erklärung: das Volk wolle keine Parlamentsreform, und andererseits gegen die Verfolgung Mitchell's feierlich zu protestiren. Thomas Jones beantragte die erste Resolution. "Dieses Meeting," sagte er, "ist berufen worden um kund zu geben, ob Lord John Russell ein Lügner ist oder nicht (tausendstimmiger Ruf: "Er ist ein Lügner!" - he is a liar!) In Begründung seines Antrags sprach er sich unter Andern, wie folgt aus: "Will das Volk zu seinem Ziele kommen, so muß es erst seine Unterdrücker und die freiwilligen Werkzeuge derselben aufs Tiefste hassen lernen. Ich fordere die Anwesenden auf, sich zu organisiren und Brigaden zu bilden. So lange wir kein Stimmrecht haben, sind wir Sklaven und so lange dieser Zustand dauert, werde ich sorgen, daß in mir und Anderen die Unzufriedenheit geweckt und vergrößert werde." Er stehe jetzt vor ihnen als der Apostel der Unzufriedenheit. Seien erst Alle unzufrieden, so laßt sie dann allesammt an Einem Seile ziehen und das ganz morsche Gebäude wird zusammenstürzen. (Lauter Beifall.) Nichts Gutes könne je erreicht werden, so lange nicht die Mittelklasse über den Haufen geworfen; für das Volk Englands sei überhaupt vor Durchführung des Kommunismus keine Hoffnung vorhanden etc. etc." Die weiteren Resolutionen wurden von H. Smith und und Dr. Reynolds beantragt und begründet, von andern Chartisten energisch unterstützt und schließlich einstimmig angenommen.

Großbritannien.
** Manchester, 11. Juni.

Wie die Baumwollenlords die Zehnstundenbill zu umgehen und ihre Wirkungen aufzuheben wissen, davon kam wiederum in diesen Tagen ein schlagendes Beispiel vor. Bekanntlich ist die Zehnstundenbill mit dem 1. Mai d. J. in Kraft getreten. Von da ab soll die Arbeitszeit der "Kinder", der "jungen Leute" beiderlei Geschlechts und der Frauen in keiner Fabrik mehr als 10 Stunden täglich betragen. Dadurch sollte den Fabrikarbeitern jeden Alters und Geschlechts Zeit zu geistiger und körperlicher Erholung und Ausbildung werden. Durften "Kinder", "junge Personen" und "Frauen" nicht länger als 10 Stunden arbeiten, so galt das, wie man voraussah, auch für alle übrigen Fabrikarbeiter, da die Fabrik stille stehen muß, so wie auch nur ein kleiner Theil der darin Beschäftigten, seien dies nun kleine Kinder oder erwachsene Frauen, aufhört zu arbeiten.

Um nun durch die Bestimmungen der Zehnstundenbill nichts von ihrem bisherigen Profite zu verlieren, ersannen die Fabrikanten ein Mittel, wodurch scheinbar dem Gesetze genügt, in der Wirklichkeit aber ihm Hohn gesprochen würde. Die Herren Fabrikanten richteten demnach Relai's ein. Sie theilten alle diejenigen Arbeiter, die durch das Zehnstundengesetz direkt betroffen worden, in 10 Sektionen ein, mit der Maßgabe, daß jede Sektion, während die Maschienerie am Lauf bleibe, eine Stunde lang die Arbeit einstellt. Dadurch erreichen sie, daß die Maschinen und die erwachsenen männlichen Arbeiter täglich 11 Stunden beschäftigt sind, während jede Sektion der Kinder, jungen Leute und Frauen nur 10 Stunden arbeitet. Einige der Herren waren zwar wegen dieser Manöver in Esse und Leicestershire zu Strafen verurtheilt worden. Jetzt haben aber die Herren Jones, Gebrüder & Comp., in Bedford bei Leig (4 Stunden von hier), die mit zu den größten Fabrikanten gehören und ganz in der obigen Weise verfuhren, ein freisprechendes Urtheil erlangt, und nun herrscht Jubel unter den Baumwolllords. Welchen Eindruck dieser Ausspruch der "petty sessions" in Chowhent auf die gesammte Arbeiterbevölkerung hervorgebracht hat, braucht keiner weitern Auseinandersetzung. Wie gesetzlich die Friedensrichter der petty sessions dabei verfuhren, zeigt § 26 des Zehnstundengesetzes, wonach "die Arbeitsstunden der Kinder und jungen Leute in Fabriken gewohnt werden soll an der Stunde an, wo irgend ein Kind oder junge Person des Morgens in der Fabrik zu arbeiten anfängt."

Die Friedensrichter von Chowhent in Lancassire, selbst Fabrikanten oder Freunde und Verwandte von Fabrikanten, geniren sich nicht im Mindesten, dem Gesetz geradezu in's Gesicht zu schlagen.

Handels-Nachrichten. [irrelevantes Material]

Der Gerant, Korff.
Druck von W. Clouth, St. Agatha Nro. 12.

Extrabeilage zu Nr. 17 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Uebersicht

Deutschland. Berlin. (Der 15. Juni. ‒ Anderer Bericht. ‒ Details). Prag. (Aufstand). Schleswig-Holstein. (Kleines Gefecht bei Hadersleben. Räumung von Apenrade durch die Deutschen. Besetzung durch die Deutschen).

Großbritannien. Manchester. (Zehnstundenbill). Liverpool. (Chartisten-Meeting).

Handelsnachrichten.

Deutschland.
8 Berlin, 14. Juni.

Der Sturm ist losgebrochen und zwar durch die Regierungspartei, die Absolutisten provocirt. Die Reaktion hatte schon längere Zeit sich Mühe gegeben, Konflikte zwischen den bewaffneten Einwohner Berlins herbeizuführen, besonders Arbeiter und Bürger mit einander so zu entzweien, daß ein Krawall unvermeidlich würde. ‒ Sie hatte dabei nicht versäumt, das Volk fortwährend in Aufregung zu erhalten, sei es durch selbsterfundne und selbstverbreitete Gerüchte, sei es durch offen an den Tag gelegte volksfeindliche Schliche. Das Volk hatte gesunden Sinn genug, um bald die Schliche der Reaktionärs zu durchschauen und vermied jeden Krawall welcher der Rückschrittspartei nur im Geringsten Veranlassung oder Anknüpfungspunkte für ihre schändlichen Bestrebungen hätten geben können. ‒ Es lag der Reaktion daran, einen Coup auszuführen und deshalb mußte sie dem ohnehin schon durch das mit ihm in und außer der Singakademie getriebene schändliche Spiel erbitterten Volke neuen Stoff der Erbitterung geben, es unter sich entzweien, um dann desto ungehinderter über es herfallen zu können. ‒ In diesem Sinne verstehen wir den vom interimistischen Kommandeur der Bürgerwehr, Blesson, in Folge der gegen Arnim und Sydow verübten Insulte gegebenen Tagesbefehl. In Folge desselben waren gestern am 14. die Wachen verstärkt, der Raum vor der Deputirtenversammlung, die gestern ihre Geschäfte wieder aufgenommen, für die Passage gänzlich durch Bürgerwehr abgesperrt und schließlich angeordnet worden, daß Atroupements von Bürgerwehrpatrouillen zerstreut, nöthigenfalls mit Waffengewalt auseinandergetrieben werden sollten. Trotz diesem Befehl oder vielmehr gerade in Folge desselben sammelte sich vor der Singakademie, am Zeughause und königl. Schlosse eine nicht unbedeutende Menschenmasse, vielleicht auch herbeigezogen durch Neugierde auf die Verhandlungen der Vereinbarer, von denen man gestern Wichtiges erwartete.

Schon am Morgen des 14. war die Bürgerwehr zusammengetrommelt worden und sogleich machte sich die Volksstimmung gegen die Reaktion kund. Im Verein mit dem Hofmarschall hatte Major Blesson angeblich um der Bürgerwehr den Dienst zu erleichtern, in Wirklichkeit aber, um in Falle einer Revolution das königl. Schloß dem Volke unzugänglich zu aller Fassung zu machen, an mehreren Portalen desselben eiserne Gitterthüren anbringen lassen. Trotz der mehrmaligen Proteste des Bürgerwehrklubs und anderer Vereine war die Maßregel theilweise schon ausgeführt worden. Das Volk macht also gestern kurzen Prozeß. Die Thüren wurden ausgebrochen und unter Jubel und dem Beifall der wohlhabenden Bürger nach der Universität gebracht.

Das Volk strömte darauf zum Zeughause, wo es nicht nur die Entfernung der in demselben befindlichen Kompagnie des 24. Regements, sondern auch Waffen verlangte, damit doch endlich die Volksbewaffnung eine Wahrheit werde, ‒ Schon hier machte die aufgestellte Bürgerwehr einen Bajonettangriff auf die Massen, um sie zu zerstreuen, was natürlich auf Seiten der Letztern Unmuth und Gereiztheit hervorbrachte. ‒ Der Vormittag verstrich, ohne daß das Volk etwas Weiteres unternommen hätte; die Sitzung der Vereinbarungsversammlung war geschlossen; mehre Deputirte der Linken, u. a. Reichenbach, wurden von der Menge mit Hochs begrüßt. Nachmittags verlangte sie durch Deputationen von dem Stadtkommandanten, und, als es hier Nichts fruchtete, beim Kriegsminister die Erfüllung ihrer Forderungen. ‒ Auch hier klopft man vergebens an. Ja, vor dem Kriegsministerium schritt die Bürgerwehr von Neuem gegen das wehrlose Volk ein. ‒ Die Erbitterung zwischen Bewaffneten und Waffenlosen stieg natürlich; die Menge strömte von Neuem zum Zeughause, um jetzt gewaltsam durchzusetzen, was auf friedlichem Wege nicht zu erreichen war. ‒ Unterdessen hatte der Generalmarsch die gesammte Bürgerwehr und die fliegenden Korps auf die Beine gebracht. Bürgerwehr und Volk standen sich am Zeughause gegenüber. Letzteres wurde von ersterm zum Nachhausegehen aufgefordert, zweimal wirbelt die Trommel; da fällt plötzlich aus den Reihen der Bürgerwehr (noch ist's unklar, ob auf Befehl oder nicht) ein Schuß und ein Mann vom Volke lag sterbend in seinem Blute. ‒ Verrath! schrie das angegriffene Volk und erwiderte die Attaque mit einem furchtbaren Steinhagel.

Noch sechs bis acht Schüsse, und wieder fielen neue Opfer spießbürgerlicher Wuth. ‒ Das Volk stob jetzt nach allen Seiten auseinander, nachdem es seine Todten und Verwundeten weggebracht, die mit ihrem Blute das Steinpflaster färbten. „Zu den Waffen, zu den Waffen!“ durchtönte es alle Straßen. Unter schrecklichen Flüchen gegen die bürgerlichen Ungeheuer, diese neue Garde von Wütherichen, trug man zwei im Blute der Gefallenen gefärbte Tücher an Stäben in den Straßen umher. Es war ein herzzerreißender Moment, diese Arbeiter, diese verstoßenen Parias sagen zu hören : „das ist Freiheitsblut!“ „Wer war es, donnerten Andere den Bürgern zü, der Euch am 18. März vom Sclavenjoche befreite? Waren wir es nicht, und jetzt belohnt Ihr uns dafür mit Meuchelmord!“ ‒ Das Unglück war geschehen; in seiner dumpfen Bestürzung über das Vorgefallene, das kaum Glaubliche, hatte das Volk die Mörder abziehen lassen. Es war gegen 9 Uhr Abends. Die Masse am Zeughause wurde immer größer; man faßte den Entschluß, es zu stürmen und in noch keiner Stunde war der Plan ausgeführt. Trotz der mehrmaligen Trommelsignale von Seiten des im Zeughause befindlichen Militärs ließ sich das Volk nicht im Mindesten mehr von seinem Vorhaben abbringen und bald waren Fenster und Thore eingerannt. Das Militär kapitulirte; während es auszog und von einem Detachement des Studentenkorps eskortirt wurde, strömte die Masse unaufhaltsam und ohne jede Leitung ins Zeughaus. Die Waffenkisten wurden erbrochen und wer Hände hatte, griff zu. Das war ein Hin- und Herdrängen, ein Ab- und Zulaufen des entfesselten Volkes, das in alle Räume hineindrang und mit nahm, was es nur konnte. Kinder von 10 Jahren selbst holten Waffen jeder Gattung und Munition, die man nach der Universität brachte, heraus, um sie an die Alten zu vertheilen.

Kurz es war eine planlose Plünderung ohne die geringste obere Leitung. Die Studenten, auf die das Volk geblickt und denen es noch am Morgen sein Vertrauen bewiesen hatte, sie ließen es sich nicht nur nicht angelegen sein, Ordnung in die Sache hineinzubringen; nein, sie hielten sogar das Volk zurück und suchten es auf jede mögliche Weise zu hindern. Weit entfernt von dem Beispiele der wackeren Wiener, zeigten sie vielmehr so wenig Herz für die Sache des verrathenen Volks, daß sie sich zuletzt noch dazu hergaben, die aus dem Zeughause Kommenden gemeinschaftlich mit der hinzugekommenen Bürgerwehr zu untersuchen, ob sie Waffen mitbrachten, und sie ihnen im Betretungsfalle anzunehmen. Diese halbe Neutralität und halbe Feindseligkeit ist um so weniger begreiflich, als die Studirenden selbst zugestehen, daß allein die Arbeiter von Berlin es waren, denen das Vaterland seinen neuen Aufschwung verdankt. Aber nicht allein die Studirenden wollten das Volk nicht anführen, ‒ sondern auch nicht Einer der sogenannten Volksmänner hatte sich blicken lassen, um die Bewegung in eine wichtige gerade Bahn zu leiten. Wo waren die Herren Demokraten, als es galt, das Volk, das sie immer im Munde führten, anzuführen und zu leiten? Keiner war da, der sich an die Spitze des Volkes gestellt hätte. ‒ Das Volk sah sich verlassen und wußte nicht, was es beginnen sollte, nachdem es sich Waffen eroberte. Freilich waren einige Barikaden erbaut worden, z. B. in der Landsberger- und der Behrenstraße, wo sie ganz überflüssig waren.

So kam es, daß nachdem kaum das Militair das Zeughaus verlassen hatte, sogleich neues anrückte, das von den bewaffneten Bourgeois mit Hurrah's empfangen und ins Zeughaus hineingelassen wurde, als noch eine große Menge Volks drin beschäftigt war. Dies Anrücken und dazu noch ein Schuß, der im Hofe des Zeughauses fiel, versetzte das in demselben befindliche Volk in einen solchen panischen Schrecken, daß einzelne aus dem ersten Stock durch die Fenster hinabsprangen, wobei sie sich, nicht unerheblich verletzten. Die Andern entkamen durch Rettungsleitern. Im Allgemeinen hat sich das Militär schonend benommen.

Schon jetzt erfolgte eine theilweise Entwaffnung durch die Bürger, die doch nimmermehr zugeben konnten, daß auch der Proletarier Waffen trage, sondern des Glaubens sind, daß sie allein dazu berechtigt seien. Die Meisten jedoch brachten ihre Waffen in Sicherheit, so daß nur der geringste Theil dem Volke wieder abgenommen wurde.

Allmählig verliefen sich die Waffen; bei Anbruch des Tages rückte das Militär, das gleich beim Beginn der Unruhe die Stadt verlassen und Bivouaks vor dem Brandenburger Thor bezogen hatte, wieder in die Stadt. Diese ist von Potsdam, Spandau und andern Seiten her jetzt völlig mit Truppen umgeben. Will man uns vielleicht das Schicksal von Mainz oder gar von Neapel bereiten! Die Bürgerwehr ist sehr mißgestimmt, auch das Volk zeigte gestern nicht den erhebenden, selbstbewußten Charakter, den man in solchen Momenten sonst zu finden pflegt. Es war verlassen und deshalb rathlos.

So stehen die Sachen bis jetzt. Auch heute sind die Straßen wieder belebt, auch heute die Trupps, besonders wieder unter dem Kastanienwäldchen und am Zeughaus so zahlreich, wie in den letzten Tagen. Es herrscht eine dumpfe, Unheil verkündende Stille. Wer weiß, was die heutige Nacht bringt! Wir halten die gestrigen Vorfälle für eine großes Unglück. Die Reaktion hat ihren Zweck erreicht. Divide et impera! Die Lage des Volks ist dieselbe geblieben; es hat offenbar eine Niederlage erlitten. Aber war es anders möglich? Mußte es nicht endlich zum Bruche kommen? Wie lange konnte sich eine Einigkeit halten, die von vornherein ihren Todeskeim in sich trug? Aber die Bourgeoisie wird bitter bereuen, was sie dem Volke gethan. Die gestrigen Vorfälle sind ein Nagel an ihrem Sarge.

Wie wird sich die Nationalversammlung gegenüber diesen Ereignissen geriren? Was wird die Linke thun? Wird das Ministerium noch länger seine Stellung behaupten? Diese Fragen sind vielleicht schon beantwortet, noch ehe Sie diese Zeilen erhalten!

Heute früh verließen eine große Anzahl Wagen mit hiesigen Einwohnern, die wahrscheinlich erneute Unruhen fürchten, die Stadt. Glückliche Reise nach Hinterpommern. Es scheint, als ob letzteres unsere Vendee werden wollte. Es gehen seltsame Gerüchte, z. B. daß die Russen bereits bei Thorn stehen.

Es scheint, daß die gestrigen Ereignisse nur der Anfang vom Ende sind.

X Berlin, 15. Juni.

Das „souveraine Volk“ von Berlin hat gestern wieder einmal eine thatsächliche Erinnerung an seine erste Revolution ergehen lassen. Es hätte nur eines thätlichen Widerstandes von Seiten der Regierung bedurft, und wir hatten eine zweite Revolution. Das Volk hatte im Laufe des Tages schon die neuen eisernen Gitter an zwei Schloßportalen von ihrem Platze geschleppt, zum Theil zertrümmert und in die Spree geworfen, und des Abends einen Angriff auf das Zeughaus gemacht, um sich zu bewaffnen. Dabei hatten Bürgergardisten auf das Volk geschossen. Zwei Menschen waren getödtet, zwei verwundet. Der Ruf nach Rache erhob sich schon in allen Straßen; in der Königsstraße, in der Leipzigerstraße wurden Barrikaden angefangen, Wagen angehalten und umgeworfen, doch das Volk hatte keinen Feind vor sich, die Bürgerwehr selber stand zu ihm, beide waren darin einig, daß man nur das Ministerium zu stürzen habe. Das Volk hatte zu viel Mißtrauen gegen die Reaktion und fürchtete, mit einem Angriff auf die Bürger, derselben nur in die Hände zu spielen. Darum beschränkte es sich auf einen Angriff gegen das Zeughaus, in welchem 250 Mann Infanterie bivouakirten.

Es wollte Waffen und die Entfernung des Militärs aus dem Arsenal. Die Bürgerwehr stellte ihnen, nach den gefallenen Schüssen, die sie selbst bedauerte, keine Hindernisse in den Weg. Da erschien das bewaffnete Korps des Handwerkervereins; es wurde mit Jubel empfangen, das Volk erhob ein Hurrah, als es die Gewehre laden sah, es fühlte sich geschützt gegen die Mißverständnisse, und die jungen bewaffneten Arbeiter belagerten nun das aZeughaus förmlich und waren auf einen Sturm gefaßt, der denn uch wirklich gegen die von innen verbarrikadirten Fenster und Thore losbrach, als der Befehl, daß das Militär das Zeughaus räumen sollte, vom Kriegsminister trotz stundenlangen Parlamentirens nicht anlangen wollte. Das Volk drang von allen Seiten ein, und in kurzer Zeit waren tausende von Gewehren, Säbeln und Pistolen u. s. w. entführt. Endlich gegen 2 Uhr Morgens, als die Masse sich schon fast sämmtlich bewaffnet und zerstreut hatte, erschien plötzlich eine Bataillon Infanterie, dem die einigen hundert Mann des bewaffneten Handwerkerkorps, dem es auch in der Unordnung an rechtem Kommando fehlte, keinen Widerstand entgegen setzen wollten, und nahm von dem bedeutend ausgeräumten Zeughause Besitz. Das Volk begnügte sich mit der erzwungenen Bewaffnung, bald wurde es an den Straßen ruhig. Hätte das Militär angegriffen, so war die Revolution da. Ihre Früchte hat die gestrige Bewegung aber dennoch, und zwar in der Nationalversammlung getragen. Das Ministerium hat heute zwei Niederlagen erlitten. Erstlich wurde mit bedeutender Majorität gegen den Willen der Minister der Beschluß gefaßt, daß die Versammlung sich sicher fühlt unter dem Schutze der Berliner Bevölkerung und daß sie wünscht, das Bataillon Bürgerwehr, welches seit dem Angriffe auf Arnim und Sydow das Sitzungsgebäude täglich bewache, möge zurückgezogen werden. Zweitens wurde bei namentlicher Abstimmung mit 46 Stimmen Majorität trotz einiger Reden, welche Camphausen und Hansemann in banger Ahnung dagegen gehalten, der Waldecksche Antrag angenommen: eine Kommission zu ernennen, ihr die Mittheilung aller auf die Versammlung bezüglichen Petitionen und Anträge zu geben, ihr die Umarbeitung des vorgelegten Entwurfs und resp. Ausarbeitung eines neuen Entwurfs aufzutragen.

Der Verfassungsentwurf ist mit dieser Abstimmung so gut wie verworfen. Das Ministerium ist seinem Ende nahe. Wie wir hören, haben Schwerin und Arnim schon ihre Entlassung eingereicht, Auerswald wird es in den nächsten Tagen thun; er wartet nur auf eine gute Gelegenheit, um sich noch mit Ehren zurück zurückzuziehen. Nur Hansemann soll bleiben und das ist bezeichnend.

Ueber die gemeldeten Vorgänge melden die Berliner Blätter noch folgende Details:

‒ 15. Juni. Massen, bewegt von einer unbestimmten Ahnung, daß es „etwas geben müsse“, Niemand wußte freilich was und warum etwas, standen und wallten in der Nähe des Zeughauses und auf dem Opernplatze umher. Es wurde im königlichen Schlosse mit dem Einhängen großer eiserner Gitterthüren begonnen, welche den Flügel, worin des Königs Wohnung liegt, abzusperren, bestimmt waren; dies gab der dunkelen, gegenstandlosen Unruhe des Volkes zuerst eine bestimmte Richtung, die Menge bemächtigte sich der schweren Gitter und schleppte sie, ungehindert von der Bürgerwache, in das Universitätsgebäude. Als die Abgeordneten aus der Sitzung kamen, empfing den Grafen Reichenbach unter der dichtgescharrten Menge, welche den Platz vor dem Gebäude bedeckte, ein donnerndes und seine Schritte fort und fort begleitendes Hoch.

Nachmittags fiel ein trauriger Auftritt am Brandenburger Thor vor. Dreißig brotlose Arbeiter kamen in einem Zuge mit zwei Fahnen heran. Diesen Arbeitern war, wie wir hören, im Thiergarten, vor dem Hause des Baumeister Hitzig, kurz vorher Geld von einem unbekannten Herrn im blauen Frack ausgetheilt worden, ob zum Zwecke einer Bestechung oder nur als eine Privatwohlthätigkeit, ist uns unbekannt. Wir wissen nur, daß die Leute sich von jener Stelle nach dem Kroll'schen Etablissement verfügten, um dort ein Paar Fahnen ‒ mit ihnen zu reden ‒ sich zu leihen, oder richtiger, solche mit Ungestüm und unter Androhungen zu fordern. Was sie beabsichtigten, war, der eigenen Aussage einiger dieser Leute (Namens Beutler, Gladow, Schellard, Broidon, Lewecke) zufolge ‒ eine Demonstration als Antwort auf einen Arbeiterfestzug, der am vorigen Tage stattgefunden hatte. „Die auf dem Schiffbauerdamm Beschäftigten,“ sagten sie „haben gestern mit Fahnen und Musik Prunk gemacht, weil sie Brod gefunden, während eine Menge ihrer Brüder keines finden können und elendiglich verkommen, wir wollen uns doch auch zeigen, daß wir da sind.“ Sie erhielten im Kroll'schen Etablissement eine dreifarbige deutsche Fahne und eine rothe, der sie ein weißes Feld mit der Inschrift: „brod- und obdachlose Arbeiter“ hinzufügten. Als sie das Thor erreicht hatten, wurden sie zurückgewiesen.

Wenn die Aussage der genannten fünf Arbeiter Glauben verdient, so leisteten sie dem Befehle umzukehren alsbald Folge, widersetzten sich aber, als man die Auslieferung der Fahnen von ihnen verlangte. Nach der Aussage von Bürgerwehrmännern haben dagegen diese Arbeiter zuerst einen thätlichen Angriff auf die Mannschaft, welche das Thor besetzt hatte, gemacht. Wie dem sei, es ist Blut geflossen auf beiden Seiten, es sind schwere Verwundungen vorgekommen. Schlimmer ward es etwas später gegen Abend. Eine Deputation ging zum Kriegsmister, um abermals auf allgemeine Volksbewaffnung zu bringen. Während die Deputation oben war, ließ unten in der Leipzigerstraße ein Bürgeroffizier auf den harrenden Volkshaufen einen Angriff machen, er soll vom Volke gezwungen worden sein, auf der Stelle sein Kommando niederzulegen; Verwundungen sollen auch hier vorgekommen sein. Das Zeughaus war inzwischen von Volkshaufen umdrängt, aus der engen Gasse zwischen Zeughaus und Gießhaus heraus schossen die vordersten Bürgerwehrmänner in die dichtgedrängte Masse mit Kugeln hinein, mehrere Leute fielen, zwei oder drei todt, Blut bedeckte das Straßenpflaster.

Umstehende tauchten Taschentücher in das Blut, schwangen diese Blutfahnen an Stöcken und rannten damit durch die Straßen, zum Kampfe auffordernd; viele anderen Personen bemühten sich, die tobenden Haufen zu erinnern, daß kein Feind da wäre, gegen den man zu kämpfen hätte, ‒ die, welche geschossen hätten, seien nicht die Bürgerwehr, sondern nur einzelne Verrückte, die ihrer Strafe nicht entgehen würden. Dennoch, da es hieß, daß Major Benda Feuer kommandirt hätte, liefen Leute hin, um dessen Wohnung zu stürmen. Eine Abtheilung des fliegenden Korps vom Handwerkerverein rückte heran und besetzte das Zeughaus. Die Menge verlangte, das in diesem befindliche Militärpiket solle abziehen. Eine Deputation ging nach dem Kommandanturgebäude und erlangte von dem Generalkommando der Bürgerwehr das Versprechen, daß auf eine strenge Untersuchung des Vorfalls am Zeughause, so wie bei dem Kriegsminister auf Entfernung des Militärs hingewirkt werden solle.

In der That wurde das Piket aus dem Zeughause weggenommen, das Zeughaus aber um etwa 10 Uhr von der Volksmasse erstürmt, welche viele Waffen, Spitzkugeln und andere Vorräthe hinwegtrug. Gegen 11 Uhr besetzte die Bürgerwehrmannschaft das Zeughaus, der etwas später einige Kompagnieen vom 24. Regiment beigestellt wurden, wie man uns sagt auf Requisition des Generalkommandos der Bürgerwehr. Major v. Blesson hat, wie es heißt, bereits das Kommando abgegeben.

Prag.

Die Deutsche Allg. Ztg. berichtet : Leipzig, 14. Juni. Nachdem heute Morgen schon das Gerücht hier umlief, daß Prag gesperrt sei, kommen uns durch Reisende, welche gestern früh um 5 Uhr von dort abgereist sind, folgende nähere Nachrichten zu, die wir mittheilen, ohne sie verbürgen zu können. Heute sind allerdings weder Wiener Zeitungen und Briefe noch dergleichen aus Prag eingetroffen. Alle Anzeichen, berichtete der Reisende, die sich in den Tagen vor dem Feste kundgegeben, scheinen darauf hinzudeuten, daß die czechische Partei eine allgemeine Schilderhebung beabsichtigt habe, und am zweiten Pfingstfeierage veranstaltete dieselbe in Verbindung mit den czechischen Studenten ein feierliches Hochamt im Freien, wodurch eine ungeheuere Volksmasse zusammengezogen wurde. Hier gelobte man sich unerschütterliche Verfolgung der czechischen Sache und die Masse zog gegen Mittags 12 Uhr in die Stadt zurück, zunächst vor die Wohnung des Kommandanten, um daselbst wahrscheinlich eine Katzenmusik zu bringen. Die Grenadiere, welche bereits im Hofe konsignirt standen, brachen zum Thor heraus und suchten die Menge zu zerstreuen, und es kam hier schon zum Handgemenge. Auch in den Straßen stießen Volk und Militär hart an einander und auf mehreren Seiten sah man Barrikaden erbauen. Der Kommandant Fürst Windisch-Grätz ließ jetzt Allarm schlagen und gab bis vier Uhr Zeit, die Barrikaden wieder abzutragen. Allein der Tumult steigerte sich von Minute zu Minute, die Barrikaden wurden noch vermehrt, und ein Haufe Pöbel schoß gegen die Wohnung des Fürsten Windisch-Grätz, wobei die Fürstin, am Fenster stehend, am Kopfe verwundet wurde. Jetzt ließ der Fürst anrücken, die Kanonen vorfahren, und eine fürchterliche Kanonade begann, welche von Nachmittags 5 Uhr bis Abends 10 Uhr unter fortdauerndem Kampfe auf beiden Seiten unterhalten wurde. Früh nach 5 Uhr soll der Kampf, der die Nacht über unterbrochen gewesen, sich von neuem wiederholt haben, und es scheint sich dies auch insofern zu bestätigen, als die Post, welche gestern früh um 7 Uhr aus Prag abgehen sollte, nicht eingetroffen ist. Der Aufstand in Prag sollte durch Allarmfeuer dem Lande mitgetheilt werden, und am zweiten Pfingstfeiertag Abends waren alle höhern Berge beleuchtet.

Weitere Nachrichten melden, daß auf die Signalfeuer von den Bergen die Bauern aus der ganzen Umgegend nach der Stadt strämten. Die Arbeiter, Fleischergesellen u. s. w. schlugen von innen alsbald sämmtliche Thore ein, so daß die Bauern von allen Seiten eindrangen. Um 5 Uhr Morgens hörten die auf dem Dampfschiff abfahrenden Flüchtlinge und Fremden heftiges Geschützfeuer. Das Blutbad, welches der Fürst Windischgrätz mit seinen Kartätschen eröffnet hat, wird die Wuth der Czechen voraussichtlich auf das Höchste getrieben haben; über den Ausgang kann man natürlich in diesem Augenblick keine Muthmaßungen anstellen.

* Rendsburg, 13. Juni.
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Italien.
7 Liverpool, 12. Juni.

In der Nähe von Liverpool hielten gestern die dortigen Chartisten ein Meeting unter freiem Himmel ab, um einerseits gegen Lord J. Russel's Erklärung: das Volk wolle keine Parlamentsreform, und andererseits gegen die Verfolgung Mitchell's feierlich zu protestiren. Thomas Jones beantragte die erste Resolution. „Dieses Meeting,“ sagte er, „ist berufen worden um kund zu geben, ob Lord John Russell ein Lügner ist oder nicht (tausendstimmiger Ruf: „Er ist ein Lügner!“ ‒ he is a liar!) In Begründung seines Antrags sprach er sich unter Andern, wie folgt aus: „Will das Volk zu seinem Ziele kommen, so muß es erst seine Unterdrücker und die freiwilligen Werkzeuge derselben aufs Tiefste hassen lernen. Ich fordere die Anwesenden auf, sich zu organisiren und Brigaden zu bilden. So lange wir kein Stimmrecht haben, sind wir Sklaven und so lange dieser Zustand dauert, werde ich sorgen, daß in mir und Anderen die Unzufriedenheit geweckt und vergrößert werde.“ Er stehe jetzt vor ihnen als der Apostel der Unzufriedenheit. Seien erst Alle unzufrieden, so laßt sie dann allesammt an Einem Seile ziehen und das ganz morsche Gebäude wird zusammenstürzen. (Lauter Beifall.) Nichts Gutes könne je erreicht werden, so lange nicht die Mittelklasse über den Haufen geworfen; für das Volk Englands sei überhaupt vor Durchführung des Kommunismus keine Hoffnung vorhanden etc. etc.“ Die weiteren Resolutionen wurden von H. Smith und und Dr. Reynolds beantragt und begründet, von andern Chartisten energisch unterstützt und schließlich einstimmig angenommen.

Großbritannien.
** Manchester, 11. Juni.

Wie die Baumwollenlords die Zehnstundenbill zu umgehen und ihre Wirkungen aufzuheben wissen, davon kam wiederum in diesen Tagen ein schlagendes Beispiel vor. Bekanntlich ist die Zehnstundenbill mit dem 1. Mai d. J. in Kraft getreten. Von da ab soll die Arbeitszeit der „Kinder“, der „jungen Leute“ beiderlei Geschlechts und der Frauen in keiner Fabrik mehr als 10 Stunden täglich betragen. Dadurch sollte den Fabrikarbeitern jeden Alters und Geschlechts Zeit zu geistiger und körperlicher Erholung und Ausbildung werden. Durften „Kinder“, „junge Personen“ und „Frauen“ nicht länger als 10 Stunden arbeiten, so galt das, wie man voraussah, auch für alle übrigen Fabrikarbeiter, da die Fabrik stille stehen muß, so wie auch nur ein kleiner Theil der darin Beschäftigten, seien dies nun kleine Kinder oder erwachsene Frauen, aufhört zu arbeiten.

Um nun durch die Bestimmungen der Zehnstundenbill nichts von ihrem bisherigen Profite zu verlieren, ersannen die Fabrikanten ein Mittel, wodurch scheinbar dem Gesetze genügt, in der Wirklichkeit aber ihm Hohn gesprochen würde. Die Herren Fabrikanten richteten demnach Relai's ein. Sie theilten alle diejenigen Arbeiter, die durch das Zehnstundengesetz direkt betroffen worden, in 10 Sektionen ein, mit der Maßgabe, daß jede Sektion, während die Maschienerie am Lauf bleibe, eine Stunde lang die Arbeit einstellt. Dadurch erreichen sie, daß die Maschinen und die erwachsenen männlichen Arbeiter täglich 11 Stunden beschäftigt sind, während jede Sektion der Kinder, jungen Leute und Frauen nur 10 Stunden arbeitet. Einige der Herren waren zwar wegen dieser Manöver in Esse und Leicestershire zu Strafen verurtheilt worden. Jetzt haben aber die Herren Jones, Gebrüder & Comp., in Bedford bei Leig (4 Stunden von hier), die mit zu den größten Fabrikanten gehören und ganz in der obigen Weise verfuhren, ein freisprechendes Urtheil erlangt, und nun herrscht Jubel unter den Baumwolllords. Welchen Eindruck dieser Ausspruch der „petty sessions“ in Chowhent auf die gesammte Arbeiterbevölkerung hervorgebracht hat, braucht keiner weitern Auseinandersetzung. Wie gesetzlich die Friedensrichter der petty sessions dabei verfuhren, zeigt § 26 des Zehnstundengesetzes, wonach „die Arbeitsstunden der Kinder und jungen Leute in Fabriken gewohnt werden soll an der Stunde an, wo irgend ein Kind oder junge Person des Morgens in der Fabrik zu arbeiten anfängt.“

Die Friedensrichter von Chowhent in Lancassire, selbst Fabrikanten oder Freunde und Verwandte von Fabrikanten, geniren sich nicht im Mindesten, dem Gesetz geradezu in's Gesicht zu schlagen.

Handels-Nachrichten. [irrelevantes Material]

Der Gerant, Korff.
Druck von W. Clouth, St. Agatha Nro. 12.

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        <titlePart type="main">Extrabeilage zu Nr. 17 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart>
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        <head>Uebersicht</head>
        <p><hi rendition="#g">Deutschland.</hi> Berlin. (Der 15. Juni. &#x2012; Anderer Bericht. &#x2012;                     Details). Prag. (Aufstand). Schleswig-Holstein. (Kleines Gefecht bei                     Hadersleben. Räumung von Apenrade durch die Deutschen. Besetzung durch die                     Deutschen).</p>
        <p><hi rendition="#g">Großbritannien.</hi> Manchester. (Zehnstundenbill). Liverpool.                     (Chartisten-Meeting).</p>
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        <head>Deutschland.</head>
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          <head><bibl><author>8</author></bibl> Berlin, 14. Juni.</head>
          <p><hi rendition="#g">Der Sturm ist losgebrochen</hi> und zwar durch die                         Regierungspartei, die Absolutisten provocirt. Die Reaktion hatte schon                         längere Zeit sich Mühe gegeben, Konflikte zwischen den bewaffneten Einwohner                         Berlins herbeizuführen, besonders Arbeiter und Bürger mit einander so zu                         entzweien, daß ein Krawall unvermeidlich würde. &#x2012; Sie hatte dabei nicht                         versäumt, das Volk fortwährend in Aufregung zu erhalten, sei es durch                         selbsterfundne und selbstverbreitete Gerüchte, sei es durch offen an den Tag                         gelegte volksfeindliche Schliche. Das Volk hatte gesunden Sinn genug, um                         bald die Schliche der Reaktionärs zu durchschauen und vermied jeden Krawall                         welcher der Rückschrittspartei nur im Geringsten Veranlassung oder                         Anknüpfungspunkte für ihre schändlichen Bestrebungen hätten geben können. &#x2012;                         Es lag der Reaktion daran, einen Coup auszuführen und deshalb mußte sie dem                         ohnehin schon durch das mit ihm in und außer der Singakademie getriebene                         schändliche Spiel erbitterten Volke neuen Stoff der Erbitterung geben, es                         unter sich entzweien, um dann desto ungehinderter über es herfallen zu                         können. &#x2012; In diesem Sinne verstehen wir den vom interimistischen Kommandeur                         der Bürgerwehr, Blesson, in Folge der gegen Arnim und Sydow verübten Insulte                         gegebenen Tagesbefehl. In Folge desselben waren gestern am 14. die Wachen                         verstärkt, der Raum vor der Deputirtenversammlung, die gestern ihre                         Geschäfte wieder aufgenommen, für die Passage gänzlich durch Bürgerwehr                         abgesperrt und schließlich angeordnet worden, daß Atroupements von                         Bürgerwehrpatrouillen zerstreut, nöthigenfalls mit Waffengewalt                         auseinandergetrieben werden sollten. Trotz diesem Befehl oder vielmehr                         gerade in Folge desselben sammelte sich vor der Singakademie, am Zeughause                         und königl. Schlosse eine nicht unbedeutende Menschenmasse, vielleicht auch                         herbeigezogen durch Neugierde auf die Verhandlungen der Vereinbarer, von                         denen man gestern Wichtiges erwartete.</p>
          <p>Schon am Morgen des 14. war die Bürgerwehr zusammengetrommelt worden und                         sogleich machte sich die Volksstimmung gegen die Reaktion kund. Im Verein                         mit dem Hofmarschall hatte Major Blesson angeblich um der Bürgerwehr den                         Dienst zu erleichtern, in Wirklichkeit aber, um in Falle einer Revolution                         das königl. Schloß dem Volke unzugänglich zu aller Fassung zu machen, an                         mehreren Portalen desselben eiserne Gitterthüren anbringen lassen. Trotz der                         mehrmaligen Proteste des Bürgerwehrklubs und anderer Vereine war die                         Maßregel theilweise schon ausgeführt worden. Das Volk macht also gestern                         kurzen Prozeß. Die Thüren wurden ausgebrochen und unter Jubel und dem                         Beifall der wohlhabenden Bürger nach der Universität gebracht.</p>
          <p>Das Volk strömte darauf zum Zeughause, wo es nicht nur die Entfernung der in                         demselben befindlichen Kompagnie des 24. Regements, sondern auch Waffen                         verlangte, damit doch endlich die Volksbewaffnung eine Wahrheit werde, &#x2012;                         Schon hier machte die aufgestellte Bürgerwehr einen Bajonettangriff auf die                         Massen, um sie zu zerstreuen, was natürlich auf Seiten der Letztern Unmuth                         und Gereiztheit hervorbrachte. &#x2012; Der Vormittag verstrich, ohne daß das Volk                         etwas Weiteres unternommen hätte; die Sitzung der Vereinbarungsversammlung                         war geschlossen; mehre Deputirte der Linken, u. a. Reichenbach, wurden von                         der Menge mit <hi rendition="#g">Hochs</hi> begrüßt. Nachmittags verlangte                         sie durch Deputationen von dem Stadtkommandanten, und, als es hier Nichts                         fruchtete, beim Kriegsminister die Erfüllung ihrer Forderungen. &#x2012; Auch hier                         klopft man vergebens an. Ja, vor dem Kriegsministerium schritt die                         Bürgerwehr von Neuem gegen das wehrlose Volk ein. &#x2012; Die Erbitterung zwischen                         Bewaffneten und Waffenlosen stieg natürlich; die Menge strömte von Neuem zum                         Zeughause, um jetzt gewaltsam durchzusetzen, was auf friedlichem Wege nicht                         zu erreichen war. &#x2012; Unterdessen hatte der Generalmarsch die gesammte                         Bürgerwehr und die fliegenden Korps auf die Beine gebracht. Bürgerwehr und                         Volk standen sich am Zeughause gegenüber. Letzteres wurde von ersterm zum                         Nachhausegehen aufgefordert, zweimal wirbelt die Trommel; da fällt plötzlich                         aus den Reihen der Bürgerwehr (noch ist's unklar, ob auf Befehl oder nicht)                         ein Schuß und ein Mann vom Volke lag sterbend in seinem Blute. &#x2012; Verrath!                         schrie das angegriffene Volk und erwiderte die Attaque mit einem furchtbaren                         Steinhagel.</p>
          <p>Noch sechs bis acht Schüsse, und wieder fielen neue Opfer spießbürgerlicher                         Wuth. &#x2012; Das Volk stob jetzt nach allen Seiten auseinander, nachdem es seine                         Todten und Verwundeten weggebracht, die mit ihrem Blute das Steinpflaster                         färbten. &#x201E;Zu den Waffen, zu den Waffen!&#x201C; durchtönte es alle Straßen. Unter                         schrecklichen Flüchen gegen die bürgerlichen Ungeheuer, diese neue Garde von                         Wütherichen, trug man zwei im Blute der Gefallenen gefärbte Tücher an Stäben                         in den Straßen umher. Es war ein herzzerreißender Moment, diese Arbeiter,                         diese verstoßenen Parias sagen zu hören : &#x201E;das ist Freiheitsblut!&#x201C; &#x201E;Wer war                         es, donnerten Andere den Bürgern zü, der Euch am 18. März vom Sclavenjoche                         befreite? Waren wir es nicht, und jetzt belohnt Ihr uns dafür mit                         Meuchelmord!&#x201C; &#x2012; Das Unglück war geschehen; in seiner dumpfen Bestürzung über                         das Vorgefallene, das kaum Glaubliche, hatte das Volk die Mörder abziehen                         lassen. Es war gegen 9 Uhr Abends. Die Masse am Zeughause wurde immer                         größer; man faßte den Entschluß, es zu stürmen und in noch keiner Stunde war                         der Plan ausgeführt. Trotz der mehrmaligen Trommelsignale von Seiten des im                         Zeughause befindlichen Militärs ließ sich das Volk nicht im Mindesten mehr                         von seinem Vorhaben abbringen und bald waren Fenster und Thore eingerannt.                         Das Militär kapitulirte; während es auszog und von einem Detachement des                         Studentenkorps eskortirt wurde, strömte die Masse unaufhaltsam und ohne jede                         Leitung ins Zeughaus. Die Waffenkisten wurden erbrochen und wer Hände hatte,                         griff zu. Das war ein Hin- und Herdrängen, ein Ab- und Zulaufen des                         entfesselten Volkes, das in alle Räume hineindrang und mit nahm, was es nur                         konnte. Kinder von 10 Jahren selbst holten Waffen jeder Gattung und                         Munition, die man nach der Universität brachte, heraus, um sie an die Alten                         zu vertheilen.</p>
          <p>Kurz es war eine planlose Plünderung ohne die geringste obere Leitung. Die                         Studenten, auf die das Volk geblickt und denen es noch am Morgen sein                         Vertrauen bewiesen hatte, sie ließen es sich nicht nur nicht angelegen sein,                         Ordnung in die Sache hineinzubringen; nein, sie hielten sogar das Volk                         zurück und suchten es auf jede mögliche Weise zu hindern. Weit entfernt von                         dem Beispiele der wackeren Wiener, zeigten sie vielmehr so wenig Herz für                         die Sache des verrathenen Volks, daß sie sich zuletzt noch dazu hergaben,                         die aus dem Zeughause Kommenden gemeinschaftlich mit der hinzugekommenen                         Bürgerwehr zu untersuchen, ob sie Waffen mitbrachten, und sie ihnen im                         Betretungsfalle anzunehmen. Diese halbe Neutralität und halbe Feindseligkeit                         ist um so weniger begreiflich, als die Studirenden selbst zugestehen, daß                         allein die Arbeiter von Berlin es waren, denen das Vaterland seinen neuen                         Aufschwung verdankt. Aber nicht allein die Studirenden wollten das Volk                         nicht anführen, &#x2012; sondern auch nicht Einer der sogenannten Volksmänner hatte                         sich blicken lassen, um die Bewegung in eine wichtige gerade Bahn zu leiten.                         Wo waren die Herren Demokraten, als es galt, das Volk, das sie immer im                         Munde führten, anzuführen und zu leiten? Keiner war da, der sich an die                         Spitze des Volkes gestellt hätte. &#x2012; Das Volk sah sich verlassen und wußte                         nicht, was es beginnen sollte, nachdem es sich Waffen eroberte. Freilich                         waren einige Barikaden erbaut worden, z. B. in der Landsberger- und der                         Behrenstraße, wo sie ganz überflüssig waren.</p>
          <p>So kam es, daß nachdem kaum das Militair das Zeughaus verlassen hatte,                         sogleich neues anrückte, das von den bewaffneten Bourgeois mit Hurrah's                         empfangen und ins Zeughaus hineingelassen wurde, als noch eine große Menge                         Volks drin beschäftigt war. Dies Anrücken und dazu noch ein Schuß, der im                         Hofe des Zeughauses fiel, versetzte das in demselben befindliche Volk in                         einen solchen panischen Schrecken, daß einzelne aus dem ersten Stock durch                         die Fenster hinabsprangen, wobei sie sich, nicht unerheblich verletzten. Die                         Andern entkamen durch Rettungsleitern. Im Allgemeinen hat sich das Militär                         schonend benommen.</p>
          <p>Schon jetzt erfolgte eine theilweise Entwaffnung durch die Bürger, die doch                         nimmermehr zugeben konnten, daß auch der Proletarier Waffen trage, sondern                         des Glaubens sind, daß sie allein dazu berechtigt seien. Die Meisten jedoch                         brachten ihre Waffen in Sicherheit, so daß nur der geringste Theil dem Volke                         wieder abgenommen wurde.</p>
          <p>Allmählig verliefen sich die Waffen; bei Anbruch des Tages rückte das                         Militär, das gleich beim Beginn der Unruhe die Stadt verlassen und Bivouaks                         vor dem Brandenburger Thor bezogen hatte, wieder in die Stadt. Diese ist von                         Potsdam, Spandau und andern Seiten her jetzt völlig mit Truppen umgeben.                         Will man uns vielleicht das Schicksal von Mainz oder gar von Neapel                         bereiten! Die Bürgerwehr ist sehr mißgestimmt, auch das Volk zeigte gestern                         nicht den erhebenden, selbstbewußten Charakter, den man in solchen Momenten                         sonst zu finden pflegt. <hi rendition="#g">Es war verlassen und deshalb                             rathlos.</hi> </p>
          <p>So stehen die Sachen bis jetzt. Auch heute sind die Straßen wieder belebt,                         auch heute die Trupps, besonders wieder unter dem Kastanienwäldchen und am                         Zeughaus so zahlreich, wie in den letzten Tagen. Es herrscht eine dumpfe,                         Unheil verkündende Stille. Wer weiß, was die heutige Nacht bringt! Wir                         halten die gestrigen Vorfälle für eine großes Unglück. Die Reaktion hat                         ihren Zweck erreicht. Divide et impera! Die Lage des Volks ist dieselbe                         geblieben; es hat offenbar eine Niederlage erlitten. Aber war es anders                         möglich? Mußte es nicht endlich zum Bruche kommen? Wie lange konnte sich                         eine Einigkeit halten, die von vornherein ihren Todeskeim in sich trug? Aber                         die Bourgeoisie wird bitter bereuen, was sie dem Volke gethan. Die gestrigen                         Vorfälle sind ein Nagel an ihrem Sarge.</p>
          <p>Wie wird sich die Nationalversammlung gegenüber diesen Ereignissen geriren?                         Was wird die Linke thun? Wird das Ministerium noch länger seine Stellung                         behaupten? Diese Fragen sind vielleicht schon beantwortet, noch ehe Sie                         diese Zeilen erhalten!</p>
          <p>Heute früh verließen eine große Anzahl Wagen mit hiesigen Einwohnern, die                         wahrscheinlich erneute Unruhen fürchten, die Stadt. Glückliche Reise nach                         Hinterpommern. Es scheint, als ob letzteres unsere Vendee werden wollte. Es                         gehen seltsame Gerüchte, z. B. daß die Russen bereits bei Thorn stehen.</p>
          <p>Es scheint, daß die gestrigen Ereignisse nur der Anfang vom Ende sind.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar017b_002" type="jArticle">
          <head><bibl><author>X</author></bibl> Berlin, 15. Juni.</head>
          <p>Das &#x201E;souveraine Volk&#x201C; von Berlin hat gestern wieder einmal eine thatsächliche                         Erinnerung an seine erste Revolution ergehen lassen. Es hätte nur eines                         thätlichen Widerstandes von Seiten der Regierung bedurft, und wir hatten                         eine zweite Revolution. Das Volk hatte im Laufe des Tages schon die neuen                         eisernen Gitter an zwei Schloßportalen von ihrem Platze geschleppt, zum                         Theil zertrümmert und in die Spree geworfen, und des Abends einen Angriff                         auf das Zeughaus gemacht, um sich zu bewaffnen. Dabei hatten Bürgergardisten                         auf das Volk geschossen. Zwei Menschen waren getödtet, zwei verwundet. Der                         Ruf nach Rache erhob sich schon in allen Straßen; in der Königsstraße, in                         der Leipzigerstraße wurden Barrikaden angefangen, Wagen angehalten und                         umgeworfen, doch das Volk hatte keinen Feind vor sich, die Bürgerwehr selber                         stand zu ihm, beide waren darin einig, daß man nur das Ministerium zu                         stürzen habe. Das Volk hatte zu viel Mißtrauen gegen die Reaktion und                         fürchtete, mit einem Angriff auf die Bürger, derselben nur in die Hände zu                         spielen. Darum beschränkte es sich auf einen Angriff gegen das Zeughaus, in                         welchem 250 Mann Infanterie bivouakirten.</p>
          <p>Es wollte Waffen und die Entfernung des Militärs aus dem Arsenal. Die                         Bürgerwehr stellte ihnen, nach den gefallenen Schüssen, die sie selbst                         bedauerte, keine Hindernisse in den Weg. Da erschien das bewaffnete Korps                         des Handwerkervereins; es wurde mit Jubel empfangen, das Volk erhob ein                         Hurrah, als es die Gewehre laden sah, es fühlte sich geschützt gegen die                         Mißverständnisse, und die jungen bewaffneten Arbeiter belagerten nun das                         aZeughaus förmlich und waren auf einen Sturm gefaßt, der denn uch wirklich                         gegen die von innen verbarrikadirten Fenster und Thore losbrach, als der                         Befehl, daß das Militär das Zeughaus räumen sollte, vom Kriegsminister trotz                         stundenlangen Parlamentirens nicht anlangen wollte. Das Volk drang von allen                         Seiten ein, und in kurzer Zeit waren tausende von Gewehren, Säbeln und                         Pistolen u. s. w. entführt. Endlich gegen 2 Uhr Morgens, als die Masse sich                         schon fast sämmtlich bewaffnet und zerstreut hatte, erschien plötzlich eine                         Bataillon Infanterie, dem die einigen hundert Mann des bewaffneten                         Handwerkerkorps, dem es auch in der Unordnung an rechtem Kommando fehlte,                         keinen Widerstand entgegen setzen wollten, und nahm von dem bedeutend                         ausgeräumten Zeughause Besitz. Das Volk begnügte sich mit der erzwungenen                         Bewaffnung, bald wurde es an den Straßen ruhig. Hätte das Militär                         angegriffen, so war die Revolution da. Ihre Früchte hat die gestrige                         Bewegung aber dennoch, und zwar in der Nationalversammlung getragen. Das                         Ministerium hat heute zwei Niederlagen erlitten. Erstlich wurde mit                         bedeutender Majorität gegen den Willen der Minister der Beschluß gefaßt, daß                         die Versammlung sich sicher fühlt unter dem Schutze der Berliner Bevölkerung                         und daß sie wünscht, das Bataillon Bürgerwehr, welches seit dem Angriffe auf                         Arnim und Sydow das Sitzungsgebäude täglich bewache, möge zurückgezogen                         werden. Zweitens wurde bei namentlicher Abstimmung mit 46 Stimmen Majorität                         trotz einiger Reden, welche Camphausen und Hansemann in banger Ahnung                         dagegen gehalten, der Waldecksche Antrag angenommen: eine Kommission zu                         ernennen, ihr die Mittheilung aller auf die Versammlung bezüglichen                         Petitionen und Anträge zu geben, ihr die Umarbeitung des vorgelegten                         Entwurfs und resp. Ausarbeitung eines neuen Entwurfs aufzutragen.</p>
          <p>Der Verfassungsentwurf ist mit dieser Abstimmung so gut wie verworfen. Das                         Ministerium ist seinem Ende nahe. Wie wir hören, haben Schwerin und Arnim                         schon ihre Entlassung eingereicht, Auerswald wird es in den nächsten Tagen                         thun; er wartet nur auf eine gute Gelegenheit, um sich noch mit Ehren zurück                         zurückzuziehen. Nur Hansemann soll bleiben und das ist bezeichnend.</p>
          <p>Ueber die gemeldeten Vorgänge melden die Berliner Blätter noch folgende                         Details:</p>
          <p>&#x2012; 15. Juni. Massen, bewegt von einer unbestimmten Ahnung, daß es &#x201E;etwas geben                         müsse&#x201C;, Niemand wußte freilich was und warum etwas, standen und wallten in                         der Nähe des Zeughauses und auf dem Opernplatze umher. Es wurde im                         königlichen Schlosse mit dem Einhängen großer eiserner Gitterthüren                         begonnen, welche den Flügel, worin des Königs Wohnung liegt, abzusperren,                         bestimmt waren; dies gab der dunkelen, gegenstandlosen Unruhe des Volkes                         zuerst eine bestimmte Richtung, die Menge bemächtigte sich der schweren                         Gitter und schleppte sie, ungehindert von der Bürgerwache, in das                         Universitätsgebäude. Als die Abgeordneten aus der Sitzung kamen, empfing den                         Grafen Reichenbach unter der dichtgescharrten Menge, welche den Platz vor                         dem Gebäude bedeckte, ein donnerndes und seine Schritte fort und fort                         begleitendes Hoch.</p>
          <p>Nachmittags fiel ein trauriger Auftritt am Brandenburger Thor vor. Dreißig                         brotlose Arbeiter kamen in einem Zuge mit zwei Fahnen heran. Diesen                         Arbeitern war, wie wir hören, im Thiergarten, vor dem Hause des Baumeister                         Hitzig, kurz vorher Geld von einem unbekannten Herrn im blauen Frack                         ausgetheilt worden, ob zum Zwecke einer Bestechung oder nur als eine                         Privatwohlthätigkeit, ist uns unbekannt. Wir wissen nur, daß die Leute sich                         von jener Stelle nach dem Kroll'schen Etablissement verfügten, um dort ein                         Paar Fahnen &#x2012; mit ihnen zu reden &#x2012; sich zu leihen, oder richtiger, solche                         mit Ungestüm und unter Androhungen zu fordern. Was sie beabsichtigten, war,                         der eigenen Aussage einiger dieser Leute (Namens Beutler, Gladow, Schellard,                         Broidon, Lewecke) zufolge &#x2012; eine Demonstration als Antwort auf einen                         Arbeiterfestzug, der am vorigen Tage stattgefunden hatte. &#x201E;Die auf dem                         Schiffbauerdamm Beschäftigten,&#x201C; sagten sie &#x201E;haben gestern mit Fahnen und                         Musik Prunk gemacht, weil sie Brod gefunden, während eine Menge ihrer Brüder                         keines finden können und elendiglich verkommen, wir wollen uns doch auch                         zeigen, daß wir da sind.&#x201C; Sie erhielten im Kroll'schen Etablissement eine                         dreifarbige deutsche Fahne und eine rothe, der sie ein weißes Feld mit der                         Inschrift: &#x201E;brod- und obdachlose Arbeiter&#x201C; hinzufügten. Als sie das Thor                         erreicht hatten, wurden sie zurückgewiesen.</p>
          <p>Wenn die Aussage der genannten fünf Arbeiter Glauben verdient, so leisteten                         sie dem Befehle umzukehren alsbald Folge, widersetzten sich aber, als man                         die Auslieferung der Fahnen von ihnen verlangte. Nach der Aussage von                         Bürgerwehrmännern haben dagegen diese Arbeiter zuerst einen thätlichen                         Angriff auf die Mannschaft, welche das Thor besetzt hatte, gemacht. Wie dem                         sei, es ist Blut geflossen auf beiden Seiten, es sind schwere Verwundungen                         vorgekommen. Schlimmer ward es etwas später gegen Abend. Eine Deputation                         ging zum Kriegsmister, um abermals auf <hi rendition="#g">allgemeine</hi> Volksbewaffnung zu bringen. Während die Deputation oben war, ließ unten in                         der Leipzigerstraße ein Bürgeroffizier auf den harrenden Volkshaufen einen                         Angriff machen, er soll vom Volke gezwungen worden sein, auf der Stelle sein                         Kommando niederzulegen; Verwundungen sollen auch hier vorgekommen sein. Das                         Zeughaus war inzwischen von Volkshaufen umdrängt, aus der engen Gasse                         zwischen Zeughaus und Gießhaus heraus schossen die vordersten                         Bürgerwehrmänner in die dichtgedrängte Masse mit Kugeln hinein, mehrere                         Leute fielen, zwei oder drei todt, Blut bedeckte das Straßenpflaster.</p>
          <p>Umstehende tauchten Taschentücher in das Blut, schwangen diese Blutfahnen an                         Stöcken und rannten damit durch die Straßen, zum Kampfe auffordernd; viele                         anderen Personen bemühten sich, die tobenden Haufen zu erinnern, daß kein                         Feind da wäre, gegen den man zu kämpfen hätte, &#x2012; die, welche geschossen                         hätten, seien nicht die Bürgerwehr, sondern nur einzelne Verrückte, die                         ihrer Strafe nicht entgehen würden. Dennoch, da es hieß, daß Major Benda                         Feuer kommandirt hätte, liefen Leute hin, um dessen Wohnung zu stürmen. Eine                         Abtheilung des fliegenden Korps vom Handwerkerverein rückte heran und                         besetzte das Zeughaus. Die Menge verlangte, das in diesem befindliche                         Militärpiket solle abziehen. Eine Deputation ging nach dem                         Kommandanturgebäude und erlangte von dem Generalkommando der Bürgerwehr das                         Versprechen, daß auf eine strenge Untersuchung des Vorfalls am Zeughause, so                         wie bei dem Kriegsminister auf Entfernung des Militärs hingewirkt werden                         solle.</p>
          <p>In der That wurde das Piket aus dem Zeughause weggenommen, das Zeughaus aber                         um etwa 10 Uhr von der Volksmasse erstürmt, welche viele Waffen, Spitzkugeln                         und andere Vorräthe hinwegtrug. Gegen 11 Uhr besetzte die                         Bürgerwehrmannschaft das Zeughaus, der etwas später einige Kompagnieen vom                         24. Regiment beigestellt wurden, wie man uns sagt auf Requisition des                         Generalkommandos der Bürgerwehr. Major v. Blesson hat, wie es heißt, bereits                         das Kommando abgegeben.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar017b_003" type="jArticle">
          <head>Prag.</head>
          <p>Die Deutsche Allg. Ztg. berichtet : Leipzig, 14. Juni. Nachdem heute Morgen                         schon das Gerücht hier umlief, daß Prag gesperrt sei, kommen uns durch                         Reisende, welche gestern früh um 5 Uhr von dort abgereist sind, folgende                         nähere Nachrichten zu, die wir mittheilen, ohne sie verbürgen zu können.                         Heute sind allerdings weder Wiener Zeitungen und Briefe noch dergleichen aus                         Prag eingetroffen. Alle Anzeichen, berichtete der Reisende, die sich in den                         Tagen vor dem Feste kundgegeben, scheinen darauf hinzudeuten, daß die                         czechische Partei eine allgemeine Schilderhebung beabsichtigt habe, und am                         zweiten Pfingstfeierage veranstaltete dieselbe in Verbindung mit den                         czechischen Studenten ein feierliches Hochamt im Freien, wodurch eine                         ungeheuere Volksmasse zusammengezogen wurde. Hier gelobte man sich                         unerschütterliche Verfolgung der czechischen Sache und die Masse zog gegen                         Mittags 12 Uhr in die Stadt zurück, zunächst vor die Wohnung des                         Kommandanten, um daselbst wahrscheinlich eine Katzenmusik zu bringen. Die                         Grenadiere, welche bereits im Hofe konsignirt standen, brachen zum Thor                         heraus und suchten die Menge zu zerstreuen, und es kam hier schon zum                         Handgemenge. Auch in den Straßen stießen Volk und Militär hart an einander                         und auf mehreren Seiten sah man Barrikaden erbauen. Der Kommandant Fürst                         Windisch-Grätz ließ jetzt Allarm schlagen und gab bis vier Uhr Zeit, die                         Barrikaden wieder abzutragen. Allein der Tumult steigerte sich von Minute zu                         Minute, die Barrikaden wurden noch vermehrt, und ein Haufe Pöbel schoß gegen                         die Wohnung des Fürsten Windisch-Grätz, wobei die Fürstin, am Fenster                         stehend, am Kopfe verwundet wurde. Jetzt ließ der Fürst anrücken, die                         Kanonen vorfahren, und eine fürchterliche Kanonade begann, welche von                         Nachmittags 5 Uhr bis Abends 10 Uhr unter fortdauerndem Kampfe auf beiden                         Seiten unterhalten wurde. Früh nach 5 Uhr soll der Kampf, der die Nacht über                         unterbrochen gewesen, sich von neuem wiederholt haben, und es scheint sich                         dies auch insofern zu bestätigen, als die Post, welche gestern früh um 7 Uhr                         aus Prag abgehen sollte, nicht eingetroffen ist. Der Aufstand in Prag sollte                         durch Allarmfeuer dem Lande mitgetheilt werden, und am zweiten                         Pfingstfeiertag Abends waren alle höhern Berge beleuchtet.</p>
          <p>Weitere Nachrichten melden, daß auf die Signalfeuer von den Bergen die Bauern                         aus der ganzen Umgegend nach der Stadt strämten. Die Arbeiter,                         Fleischergesellen u. s. w. schlugen von innen alsbald sämmtliche Thore ein,                         so daß die Bauern von allen Seiten eindrangen. Um 5 Uhr Morgens hörten die                         auf dem Dampfschiff abfahrenden Flüchtlinge und Fremden heftiges                         Geschützfeuer. Das Blutbad, welches der Fürst Windischgrätz mit seinen                         Kartätschen eröffnet hat, wird die Wuth der Czechen voraussichtlich auf das                         Höchste getrieben haben; über den Ausgang kann man natürlich in diesem                         Augenblick keine Muthmaßungen anstellen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar017b_004_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Kleines Gefecht bei Hadersleben -  Räumung von Apenrade durch die Deutschen - Besetzung durch die Deutschen. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 129.</bibl>                </note>
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Rendsburg, 13. Juni.</head>
          <gap reason="copyright"/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Italien.</head>
        <div xml:id="ar017b_005" type="jArticle">
          <head><bibl><author>7</author></bibl> Liverpool, 12. Juni.</head>
          <p>In der Nähe von <hi rendition="#g">Liverpool</hi> hielten gestern die                         dortigen Chartisten ein Meeting unter freiem Himmel ab, um einerseits gegen                         Lord J. Russel's Erklärung: das Volk wolle keine Parlamentsreform, und                         andererseits gegen die Verfolgung Mitchell's feierlich zu protestiren.                         Thomas Jones beantragte die erste Resolution. &#x201E;Dieses Meeting,&#x201C; sagte er,                         &#x201E;ist berufen worden um kund zu geben, ob Lord John Russell ein <hi rendition="#g">Lügner</hi> ist oder nicht (tausendstimmiger Ruf: &#x201E;Er ist                         ein Lügner!&#x201C; &#x2012; he is a liar!) In Begründung seines Antrags sprach er sich                         unter Andern, wie folgt aus: &#x201E;Will das Volk zu seinem Ziele kommen, so muß                         es erst seine Unterdrücker und die freiwilligen Werkzeuge derselben aufs                         Tiefste hassen lernen. Ich fordere die Anwesenden auf, sich zu organisiren                         und Brigaden zu bilden. So lange wir kein Stimmrecht haben, sind wir Sklaven                         und so lange dieser Zustand dauert, werde ich sorgen, daß in mir und Anderen                         die Unzufriedenheit geweckt und vergrößert werde.&#x201C; Er stehe jetzt vor ihnen                         als der Apostel der Unzufriedenheit. Seien erst Alle unzufrieden, so laßt                         sie dann allesammt an Einem Seile ziehen und das ganz morsche Gebäude wird                         zusammenstürzen. (Lauter Beifall.) Nichts Gutes könne je erreicht werden, so                         lange nicht die Mittelklasse über den Haufen geworfen; für das Volk Englands                         sei überhaupt vor Durchführung des Kommunismus keine Hoffnung vorhanden etc.                         etc.&#x201C; Die weiteren Resolutionen wurden von H. Smith und und Dr. Reynolds                         beantragt und begründet, von andern Chartisten energisch unterstützt und                         schließlich einstimmig angenommen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Großbritannien.</head>
        <div xml:id="ar017b_006" type="jArticle">
          <head><bibl><author>**</author></bibl> Manchester, 11. Juni.</head>
          <p>Wie die Baumwollenlords die Zehnstundenbill zu umgehen und ihre Wirkungen                         aufzuheben wissen, davon kam wiederum in diesen Tagen ein schlagendes                         Beispiel vor. Bekanntlich ist die Zehnstundenbill mit dem 1. Mai d. J. in                         Kraft getreten. Von da ab soll die Arbeitszeit der &#x201E;Kinder&#x201C;, der &#x201E;jungen                         Leute&#x201C; beiderlei Geschlechts und der Frauen in keiner Fabrik mehr als 10                         Stunden täglich betragen. Dadurch sollte den Fabrikarbeitern jeden Alters                         und Geschlechts Zeit zu geistiger und körperlicher Erholung und Ausbildung                         werden. Durften &#x201E;Kinder&#x201C;, &#x201E;junge Personen&#x201C; und &#x201E;Frauen&#x201C; nicht länger als 10                         Stunden arbeiten, so galt das, wie man voraussah, auch für alle übrigen                         Fabrikarbeiter, da die Fabrik stille stehen muß, so wie auch nur ein kleiner                         Theil der darin Beschäftigten, seien dies nun kleine Kinder oder erwachsene                         Frauen, aufhört zu arbeiten.</p>
          <p>Um nun durch die Bestimmungen der Zehnstundenbill nichts von ihrem bisherigen                         Profite zu verlieren, ersannen die Fabrikanten ein Mittel, wodurch scheinbar                         dem Gesetze genügt, in der Wirklichkeit aber ihm Hohn gesprochen würde. Die                         Herren Fabrikanten richteten demnach Relai's ein. Sie theilten alle                         diejenigen Arbeiter, die durch das Zehnstundengesetz direkt betroffen                         worden, in 10 Sektionen ein, mit der Maßgabe, daß jede Sektion, während die                         Maschienerie am Lauf bleibe, eine Stunde lang die Arbeit einstellt. Dadurch                         erreichen sie, daß die Maschinen und die erwachsenen männlichen Arbeiter                         täglich 11 Stunden beschäftigt sind, während jede Sektion der Kinder, jungen                         Leute und Frauen nur 10 Stunden arbeitet. Einige der Herren waren zwar wegen                         dieser Manöver in Esse und Leicestershire zu Strafen verurtheilt worden.                         Jetzt haben aber die Herren Jones, Gebrüder &amp; Comp., in Bedford bei Leig                         (4 Stunden von hier), die mit zu den größten Fabrikanten gehören und ganz in                         der obigen Weise verfuhren, ein freisprechendes Urtheil erlangt, und nun                         herrscht Jubel unter den Baumwolllords. Welchen Eindruck dieser Ausspruch                         der &#x201E;petty sessions&#x201C; in Chowhent auf die gesammte Arbeiterbevölkerung                         hervorgebracht hat, braucht keiner weitern Auseinandersetzung. Wie                         gesetzlich die Friedensrichter der petty sessions dabei verfuhren, zeigt §                         26 des Zehnstundengesetzes, wonach &#x201E;die Arbeitsstunden der Kinder und jungen                         Leute in Fabriken gewohnt werden soll an der Stunde an, wo <hi rendition="#g">irgend ein Kind</hi> oder junge Person des Morgens in der                         Fabrik zu arbeiten anfängt.&#x201C;</p>
          <p>Die Friedensrichter von Chowhent in Lancassire, selbst Fabrikanten oder                         Freunde und Verwandte von Fabrikanten, geniren sich nicht im Mindesten, dem                         Gesetz geradezu in's Gesicht zu schlagen.</p>
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        <head>Handels-Nachrichten.</head>
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        <p>Der Gerant, <hi rendition="#g">Korff.</hi><lb/>
Druck von W. <hi rendition="#g">Clouth,</hi> St. Agatha Nro. 12.</p>
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[0075/0001] Extrabeilage zu Nr. 17 der Neuen Rheinischen Zeitung. Uebersicht Deutschland. Berlin. (Der 15. Juni. ‒ Anderer Bericht. ‒ Details). Prag. (Aufstand). Schleswig-Holstein. (Kleines Gefecht bei Hadersleben. Räumung von Apenrade durch die Deutschen. Besetzung durch die Deutschen). Großbritannien. Manchester. (Zehnstundenbill). Liverpool. (Chartisten-Meeting). Handelsnachrichten. Deutschland. 8 Berlin, 14. Juni. Der Sturm ist losgebrochen und zwar durch die Regierungspartei, die Absolutisten provocirt. Die Reaktion hatte schon längere Zeit sich Mühe gegeben, Konflikte zwischen den bewaffneten Einwohner Berlins herbeizuführen, besonders Arbeiter und Bürger mit einander so zu entzweien, daß ein Krawall unvermeidlich würde. ‒ Sie hatte dabei nicht versäumt, das Volk fortwährend in Aufregung zu erhalten, sei es durch selbsterfundne und selbstverbreitete Gerüchte, sei es durch offen an den Tag gelegte volksfeindliche Schliche. Das Volk hatte gesunden Sinn genug, um bald die Schliche der Reaktionärs zu durchschauen und vermied jeden Krawall welcher der Rückschrittspartei nur im Geringsten Veranlassung oder Anknüpfungspunkte für ihre schändlichen Bestrebungen hätten geben können. ‒ Es lag der Reaktion daran, einen Coup auszuführen und deshalb mußte sie dem ohnehin schon durch das mit ihm in und außer der Singakademie getriebene schändliche Spiel erbitterten Volke neuen Stoff der Erbitterung geben, es unter sich entzweien, um dann desto ungehinderter über es herfallen zu können. ‒ In diesem Sinne verstehen wir den vom interimistischen Kommandeur der Bürgerwehr, Blesson, in Folge der gegen Arnim und Sydow verübten Insulte gegebenen Tagesbefehl. In Folge desselben waren gestern am 14. die Wachen verstärkt, der Raum vor der Deputirtenversammlung, die gestern ihre Geschäfte wieder aufgenommen, für die Passage gänzlich durch Bürgerwehr abgesperrt und schließlich angeordnet worden, daß Atroupements von Bürgerwehrpatrouillen zerstreut, nöthigenfalls mit Waffengewalt auseinandergetrieben werden sollten. Trotz diesem Befehl oder vielmehr gerade in Folge desselben sammelte sich vor der Singakademie, am Zeughause und königl. Schlosse eine nicht unbedeutende Menschenmasse, vielleicht auch herbeigezogen durch Neugierde auf die Verhandlungen der Vereinbarer, von denen man gestern Wichtiges erwartete. Schon am Morgen des 14. war die Bürgerwehr zusammengetrommelt worden und sogleich machte sich die Volksstimmung gegen die Reaktion kund. Im Verein mit dem Hofmarschall hatte Major Blesson angeblich um der Bürgerwehr den Dienst zu erleichtern, in Wirklichkeit aber, um in Falle einer Revolution das königl. Schloß dem Volke unzugänglich zu aller Fassung zu machen, an mehreren Portalen desselben eiserne Gitterthüren anbringen lassen. Trotz der mehrmaligen Proteste des Bürgerwehrklubs und anderer Vereine war die Maßregel theilweise schon ausgeführt worden. Das Volk macht also gestern kurzen Prozeß. Die Thüren wurden ausgebrochen und unter Jubel und dem Beifall der wohlhabenden Bürger nach der Universität gebracht. Das Volk strömte darauf zum Zeughause, wo es nicht nur die Entfernung der in demselben befindlichen Kompagnie des 24. Regements, sondern auch Waffen verlangte, damit doch endlich die Volksbewaffnung eine Wahrheit werde, ‒ Schon hier machte die aufgestellte Bürgerwehr einen Bajonettangriff auf die Massen, um sie zu zerstreuen, was natürlich auf Seiten der Letztern Unmuth und Gereiztheit hervorbrachte. ‒ Der Vormittag verstrich, ohne daß das Volk etwas Weiteres unternommen hätte; die Sitzung der Vereinbarungsversammlung war geschlossen; mehre Deputirte der Linken, u. a. Reichenbach, wurden von der Menge mit Hochs begrüßt. Nachmittags verlangte sie durch Deputationen von dem Stadtkommandanten, und, als es hier Nichts fruchtete, beim Kriegsminister die Erfüllung ihrer Forderungen. ‒ Auch hier klopft man vergebens an. Ja, vor dem Kriegsministerium schritt die Bürgerwehr von Neuem gegen das wehrlose Volk ein. ‒ Die Erbitterung zwischen Bewaffneten und Waffenlosen stieg natürlich; die Menge strömte von Neuem zum Zeughause, um jetzt gewaltsam durchzusetzen, was auf friedlichem Wege nicht zu erreichen war. ‒ Unterdessen hatte der Generalmarsch die gesammte Bürgerwehr und die fliegenden Korps auf die Beine gebracht. Bürgerwehr und Volk standen sich am Zeughause gegenüber. Letzteres wurde von ersterm zum Nachhausegehen aufgefordert, zweimal wirbelt die Trommel; da fällt plötzlich aus den Reihen der Bürgerwehr (noch ist's unklar, ob auf Befehl oder nicht) ein Schuß und ein Mann vom Volke lag sterbend in seinem Blute. ‒ Verrath! schrie das angegriffene Volk und erwiderte die Attaque mit einem furchtbaren Steinhagel. Noch sechs bis acht Schüsse, und wieder fielen neue Opfer spießbürgerlicher Wuth. ‒ Das Volk stob jetzt nach allen Seiten auseinander, nachdem es seine Todten und Verwundeten weggebracht, die mit ihrem Blute das Steinpflaster färbten. „Zu den Waffen, zu den Waffen!“ durchtönte es alle Straßen. Unter schrecklichen Flüchen gegen die bürgerlichen Ungeheuer, diese neue Garde von Wütherichen, trug man zwei im Blute der Gefallenen gefärbte Tücher an Stäben in den Straßen umher. Es war ein herzzerreißender Moment, diese Arbeiter, diese verstoßenen Parias sagen zu hören : „das ist Freiheitsblut!“ „Wer war es, donnerten Andere den Bürgern zü, der Euch am 18. März vom Sclavenjoche befreite? Waren wir es nicht, und jetzt belohnt Ihr uns dafür mit Meuchelmord!“ ‒ Das Unglück war geschehen; in seiner dumpfen Bestürzung über das Vorgefallene, das kaum Glaubliche, hatte das Volk die Mörder abziehen lassen. Es war gegen 9 Uhr Abends. Die Masse am Zeughause wurde immer größer; man faßte den Entschluß, es zu stürmen und in noch keiner Stunde war der Plan ausgeführt. Trotz der mehrmaligen Trommelsignale von Seiten des im Zeughause befindlichen Militärs ließ sich das Volk nicht im Mindesten mehr von seinem Vorhaben abbringen und bald waren Fenster und Thore eingerannt. Das Militär kapitulirte; während es auszog und von einem Detachement des Studentenkorps eskortirt wurde, strömte die Masse unaufhaltsam und ohne jede Leitung ins Zeughaus. Die Waffenkisten wurden erbrochen und wer Hände hatte, griff zu. Das war ein Hin- und Herdrängen, ein Ab- und Zulaufen des entfesselten Volkes, das in alle Räume hineindrang und mit nahm, was es nur konnte. Kinder von 10 Jahren selbst holten Waffen jeder Gattung und Munition, die man nach der Universität brachte, heraus, um sie an die Alten zu vertheilen. Kurz es war eine planlose Plünderung ohne die geringste obere Leitung. Die Studenten, auf die das Volk geblickt und denen es noch am Morgen sein Vertrauen bewiesen hatte, sie ließen es sich nicht nur nicht angelegen sein, Ordnung in die Sache hineinzubringen; nein, sie hielten sogar das Volk zurück und suchten es auf jede mögliche Weise zu hindern. Weit entfernt von dem Beispiele der wackeren Wiener, zeigten sie vielmehr so wenig Herz für die Sache des verrathenen Volks, daß sie sich zuletzt noch dazu hergaben, die aus dem Zeughause Kommenden gemeinschaftlich mit der hinzugekommenen Bürgerwehr zu untersuchen, ob sie Waffen mitbrachten, und sie ihnen im Betretungsfalle anzunehmen. Diese halbe Neutralität und halbe Feindseligkeit ist um so weniger begreiflich, als die Studirenden selbst zugestehen, daß allein die Arbeiter von Berlin es waren, denen das Vaterland seinen neuen Aufschwung verdankt. Aber nicht allein die Studirenden wollten das Volk nicht anführen, ‒ sondern auch nicht Einer der sogenannten Volksmänner hatte sich blicken lassen, um die Bewegung in eine wichtige gerade Bahn zu leiten. Wo waren die Herren Demokraten, als es galt, das Volk, das sie immer im Munde führten, anzuführen und zu leiten? Keiner war da, der sich an die Spitze des Volkes gestellt hätte. ‒ Das Volk sah sich verlassen und wußte nicht, was es beginnen sollte, nachdem es sich Waffen eroberte. Freilich waren einige Barikaden erbaut worden, z. B. in der Landsberger- und der Behrenstraße, wo sie ganz überflüssig waren. So kam es, daß nachdem kaum das Militair das Zeughaus verlassen hatte, sogleich neues anrückte, das von den bewaffneten Bourgeois mit Hurrah's empfangen und ins Zeughaus hineingelassen wurde, als noch eine große Menge Volks drin beschäftigt war. Dies Anrücken und dazu noch ein Schuß, der im Hofe des Zeughauses fiel, versetzte das in demselben befindliche Volk in einen solchen panischen Schrecken, daß einzelne aus dem ersten Stock durch die Fenster hinabsprangen, wobei sie sich, nicht unerheblich verletzten. Die Andern entkamen durch Rettungsleitern. Im Allgemeinen hat sich das Militär schonend benommen. Schon jetzt erfolgte eine theilweise Entwaffnung durch die Bürger, die doch nimmermehr zugeben konnten, daß auch der Proletarier Waffen trage, sondern des Glaubens sind, daß sie allein dazu berechtigt seien. Die Meisten jedoch brachten ihre Waffen in Sicherheit, so daß nur der geringste Theil dem Volke wieder abgenommen wurde. Allmählig verliefen sich die Waffen; bei Anbruch des Tages rückte das Militär, das gleich beim Beginn der Unruhe die Stadt verlassen und Bivouaks vor dem Brandenburger Thor bezogen hatte, wieder in die Stadt. Diese ist von Potsdam, Spandau und andern Seiten her jetzt völlig mit Truppen umgeben. Will man uns vielleicht das Schicksal von Mainz oder gar von Neapel bereiten! Die Bürgerwehr ist sehr mißgestimmt, auch das Volk zeigte gestern nicht den erhebenden, selbstbewußten Charakter, den man in solchen Momenten sonst zu finden pflegt. Es war verlassen und deshalb rathlos. So stehen die Sachen bis jetzt. Auch heute sind die Straßen wieder belebt, auch heute die Trupps, besonders wieder unter dem Kastanienwäldchen und am Zeughaus so zahlreich, wie in den letzten Tagen. Es herrscht eine dumpfe, Unheil verkündende Stille. Wer weiß, was die heutige Nacht bringt! Wir halten die gestrigen Vorfälle für eine großes Unglück. Die Reaktion hat ihren Zweck erreicht. Divide et impera! Die Lage des Volks ist dieselbe geblieben; es hat offenbar eine Niederlage erlitten. Aber war es anders möglich? Mußte es nicht endlich zum Bruche kommen? Wie lange konnte sich eine Einigkeit halten, die von vornherein ihren Todeskeim in sich trug? Aber die Bourgeoisie wird bitter bereuen, was sie dem Volke gethan. Die gestrigen Vorfälle sind ein Nagel an ihrem Sarge. Wie wird sich die Nationalversammlung gegenüber diesen Ereignissen geriren? Was wird die Linke thun? Wird das Ministerium noch länger seine Stellung behaupten? Diese Fragen sind vielleicht schon beantwortet, noch ehe Sie diese Zeilen erhalten! Heute früh verließen eine große Anzahl Wagen mit hiesigen Einwohnern, die wahrscheinlich erneute Unruhen fürchten, die Stadt. Glückliche Reise nach Hinterpommern. Es scheint, als ob letzteres unsere Vendee werden wollte. Es gehen seltsame Gerüchte, z. B. daß die Russen bereits bei Thorn stehen. Es scheint, daß die gestrigen Ereignisse nur der Anfang vom Ende sind. X Berlin, 15. Juni. Das „souveraine Volk“ von Berlin hat gestern wieder einmal eine thatsächliche Erinnerung an seine erste Revolution ergehen lassen. Es hätte nur eines thätlichen Widerstandes von Seiten der Regierung bedurft, und wir hatten eine zweite Revolution. Das Volk hatte im Laufe des Tages schon die neuen eisernen Gitter an zwei Schloßportalen von ihrem Platze geschleppt, zum Theil zertrümmert und in die Spree geworfen, und des Abends einen Angriff auf das Zeughaus gemacht, um sich zu bewaffnen. Dabei hatten Bürgergardisten auf das Volk geschossen. Zwei Menschen waren getödtet, zwei verwundet. Der Ruf nach Rache erhob sich schon in allen Straßen; in der Königsstraße, in der Leipzigerstraße wurden Barrikaden angefangen, Wagen angehalten und umgeworfen, doch das Volk hatte keinen Feind vor sich, die Bürgerwehr selber stand zu ihm, beide waren darin einig, daß man nur das Ministerium zu stürzen habe. Das Volk hatte zu viel Mißtrauen gegen die Reaktion und fürchtete, mit einem Angriff auf die Bürger, derselben nur in die Hände zu spielen. Darum beschränkte es sich auf einen Angriff gegen das Zeughaus, in welchem 250 Mann Infanterie bivouakirten. Es wollte Waffen und die Entfernung des Militärs aus dem Arsenal. Die Bürgerwehr stellte ihnen, nach den gefallenen Schüssen, die sie selbst bedauerte, keine Hindernisse in den Weg. Da erschien das bewaffnete Korps des Handwerkervereins; es wurde mit Jubel empfangen, das Volk erhob ein Hurrah, als es die Gewehre laden sah, es fühlte sich geschützt gegen die Mißverständnisse, und die jungen bewaffneten Arbeiter belagerten nun das aZeughaus förmlich und waren auf einen Sturm gefaßt, der denn uch wirklich gegen die von innen verbarrikadirten Fenster und Thore losbrach, als der Befehl, daß das Militär das Zeughaus räumen sollte, vom Kriegsminister trotz stundenlangen Parlamentirens nicht anlangen wollte. Das Volk drang von allen Seiten ein, und in kurzer Zeit waren tausende von Gewehren, Säbeln und Pistolen u. s. w. entführt. Endlich gegen 2 Uhr Morgens, als die Masse sich schon fast sämmtlich bewaffnet und zerstreut hatte, erschien plötzlich eine Bataillon Infanterie, dem die einigen hundert Mann des bewaffneten Handwerkerkorps, dem es auch in der Unordnung an rechtem Kommando fehlte, keinen Widerstand entgegen setzen wollten, und nahm von dem bedeutend ausgeräumten Zeughause Besitz. Das Volk begnügte sich mit der erzwungenen Bewaffnung, bald wurde es an den Straßen ruhig. Hätte das Militär angegriffen, so war die Revolution da. Ihre Früchte hat die gestrige Bewegung aber dennoch, und zwar in der Nationalversammlung getragen. Das Ministerium hat heute zwei Niederlagen erlitten. Erstlich wurde mit bedeutender Majorität gegen den Willen der Minister der Beschluß gefaßt, daß die Versammlung sich sicher fühlt unter dem Schutze der Berliner Bevölkerung und daß sie wünscht, das Bataillon Bürgerwehr, welches seit dem Angriffe auf Arnim und Sydow das Sitzungsgebäude täglich bewache, möge zurückgezogen werden. Zweitens wurde bei namentlicher Abstimmung mit 46 Stimmen Majorität trotz einiger Reden, welche Camphausen und Hansemann in banger Ahnung dagegen gehalten, der Waldecksche Antrag angenommen: eine Kommission zu ernennen, ihr die Mittheilung aller auf die Versammlung bezüglichen Petitionen und Anträge zu geben, ihr die Umarbeitung des vorgelegten Entwurfs und resp. Ausarbeitung eines neuen Entwurfs aufzutragen. Der Verfassungsentwurf ist mit dieser Abstimmung so gut wie verworfen. Das Ministerium ist seinem Ende nahe. Wie wir hören, haben Schwerin und Arnim schon ihre Entlassung eingereicht, Auerswald wird es in den nächsten Tagen thun; er wartet nur auf eine gute Gelegenheit, um sich noch mit Ehren zurück zurückzuziehen. Nur Hansemann soll bleiben und das ist bezeichnend. Ueber die gemeldeten Vorgänge melden die Berliner Blätter noch folgende Details: ‒ 15. Juni. Massen, bewegt von einer unbestimmten Ahnung, daß es „etwas geben müsse“, Niemand wußte freilich was und warum etwas, standen und wallten in der Nähe des Zeughauses und auf dem Opernplatze umher. Es wurde im königlichen Schlosse mit dem Einhängen großer eiserner Gitterthüren begonnen, welche den Flügel, worin des Königs Wohnung liegt, abzusperren, bestimmt waren; dies gab der dunkelen, gegenstandlosen Unruhe des Volkes zuerst eine bestimmte Richtung, die Menge bemächtigte sich der schweren Gitter und schleppte sie, ungehindert von der Bürgerwache, in das Universitätsgebäude. Als die Abgeordneten aus der Sitzung kamen, empfing den Grafen Reichenbach unter der dichtgescharrten Menge, welche den Platz vor dem Gebäude bedeckte, ein donnerndes und seine Schritte fort und fort begleitendes Hoch. Nachmittags fiel ein trauriger Auftritt am Brandenburger Thor vor. Dreißig brotlose Arbeiter kamen in einem Zuge mit zwei Fahnen heran. Diesen Arbeitern war, wie wir hören, im Thiergarten, vor dem Hause des Baumeister Hitzig, kurz vorher Geld von einem unbekannten Herrn im blauen Frack ausgetheilt worden, ob zum Zwecke einer Bestechung oder nur als eine Privatwohlthätigkeit, ist uns unbekannt. Wir wissen nur, daß die Leute sich von jener Stelle nach dem Kroll'schen Etablissement verfügten, um dort ein Paar Fahnen ‒ mit ihnen zu reden ‒ sich zu leihen, oder richtiger, solche mit Ungestüm und unter Androhungen zu fordern. Was sie beabsichtigten, war, der eigenen Aussage einiger dieser Leute (Namens Beutler, Gladow, Schellard, Broidon, Lewecke) zufolge ‒ eine Demonstration als Antwort auf einen Arbeiterfestzug, der am vorigen Tage stattgefunden hatte. „Die auf dem Schiffbauerdamm Beschäftigten,“ sagten sie „haben gestern mit Fahnen und Musik Prunk gemacht, weil sie Brod gefunden, während eine Menge ihrer Brüder keines finden können und elendiglich verkommen, wir wollen uns doch auch zeigen, daß wir da sind.“ Sie erhielten im Kroll'schen Etablissement eine dreifarbige deutsche Fahne und eine rothe, der sie ein weißes Feld mit der Inschrift: „brod- und obdachlose Arbeiter“ hinzufügten. Als sie das Thor erreicht hatten, wurden sie zurückgewiesen. Wenn die Aussage der genannten fünf Arbeiter Glauben verdient, so leisteten sie dem Befehle umzukehren alsbald Folge, widersetzten sich aber, als man die Auslieferung der Fahnen von ihnen verlangte. Nach der Aussage von Bürgerwehrmännern haben dagegen diese Arbeiter zuerst einen thätlichen Angriff auf die Mannschaft, welche das Thor besetzt hatte, gemacht. Wie dem sei, es ist Blut geflossen auf beiden Seiten, es sind schwere Verwundungen vorgekommen. Schlimmer ward es etwas später gegen Abend. Eine Deputation ging zum Kriegsmister, um abermals auf allgemeine Volksbewaffnung zu bringen. Während die Deputation oben war, ließ unten in der Leipzigerstraße ein Bürgeroffizier auf den harrenden Volkshaufen einen Angriff machen, er soll vom Volke gezwungen worden sein, auf der Stelle sein Kommando niederzulegen; Verwundungen sollen auch hier vorgekommen sein. Das Zeughaus war inzwischen von Volkshaufen umdrängt, aus der engen Gasse zwischen Zeughaus und Gießhaus heraus schossen die vordersten Bürgerwehrmänner in die dichtgedrängte Masse mit Kugeln hinein, mehrere Leute fielen, zwei oder drei todt, Blut bedeckte das Straßenpflaster. Umstehende tauchten Taschentücher in das Blut, schwangen diese Blutfahnen an Stöcken und rannten damit durch die Straßen, zum Kampfe auffordernd; viele anderen Personen bemühten sich, die tobenden Haufen zu erinnern, daß kein Feind da wäre, gegen den man zu kämpfen hätte, ‒ die, welche geschossen hätten, seien nicht die Bürgerwehr, sondern nur einzelne Verrückte, die ihrer Strafe nicht entgehen würden. Dennoch, da es hieß, daß Major Benda Feuer kommandirt hätte, liefen Leute hin, um dessen Wohnung zu stürmen. Eine Abtheilung des fliegenden Korps vom Handwerkerverein rückte heran und besetzte das Zeughaus. Die Menge verlangte, das in diesem befindliche Militärpiket solle abziehen. Eine Deputation ging nach dem Kommandanturgebäude und erlangte von dem Generalkommando der Bürgerwehr das Versprechen, daß auf eine strenge Untersuchung des Vorfalls am Zeughause, so wie bei dem Kriegsminister auf Entfernung des Militärs hingewirkt werden solle. In der That wurde das Piket aus dem Zeughause weggenommen, das Zeughaus aber um etwa 10 Uhr von der Volksmasse erstürmt, welche viele Waffen, Spitzkugeln und andere Vorräthe hinwegtrug. Gegen 11 Uhr besetzte die Bürgerwehrmannschaft das Zeughaus, der etwas später einige Kompagnieen vom 24. Regiment beigestellt wurden, wie man uns sagt auf Requisition des Generalkommandos der Bürgerwehr. Major v. Blesson hat, wie es heißt, bereits das Kommando abgegeben. Prag. Die Deutsche Allg. Ztg. berichtet : Leipzig, 14. Juni. Nachdem heute Morgen schon das Gerücht hier umlief, daß Prag gesperrt sei, kommen uns durch Reisende, welche gestern früh um 5 Uhr von dort abgereist sind, folgende nähere Nachrichten zu, die wir mittheilen, ohne sie verbürgen zu können. Heute sind allerdings weder Wiener Zeitungen und Briefe noch dergleichen aus Prag eingetroffen. Alle Anzeichen, berichtete der Reisende, die sich in den Tagen vor dem Feste kundgegeben, scheinen darauf hinzudeuten, daß die czechische Partei eine allgemeine Schilderhebung beabsichtigt habe, und am zweiten Pfingstfeierage veranstaltete dieselbe in Verbindung mit den czechischen Studenten ein feierliches Hochamt im Freien, wodurch eine ungeheuere Volksmasse zusammengezogen wurde. Hier gelobte man sich unerschütterliche Verfolgung der czechischen Sache und die Masse zog gegen Mittags 12 Uhr in die Stadt zurück, zunächst vor die Wohnung des Kommandanten, um daselbst wahrscheinlich eine Katzenmusik zu bringen. Die Grenadiere, welche bereits im Hofe konsignirt standen, brachen zum Thor heraus und suchten die Menge zu zerstreuen, und es kam hier schon zum Handgemenge. Auch in den Straßen stießen Volk und Militär hart an einander und auf mehreren Seiten sah man Barrikaden erbauen. Der Kommandant Fürst Windisch-Grätz ließ jetzt Allarm schlagen und gab bis vier Uhr Zeit, die Barrikaden wieder abzutragen. Allein der Tumult steigerte sich von Minute zu Minute, die Barrikaden wurden noch vermehrt, und ein Haufe Pöbel schoß gegen die Wohnung des Fürsten Windisch-Grätz, wobei die Fürstin, am Fenster stehend, am Kopfe verwundet wurde. Jetzt ließ der Fürst anrücken, die Kanonen vorfahren, und eine fürchterliche Kanonade begann, welche von Nachmittags 5 Uhr bis Abends 10 Uhr unter fortdauerndem Kampfe auf beiden Seiten unterhalten wurde. Früh nach 5 Uhr soll der Kampf, der die Nacht über unterbrochen gewesen, sich von neuem wiederholt haben, und es scheint sich dies auch insofern zu bestätigen, als die Post, welche gestern früh um 7 Uhr aus Prag abgehen sollte, nicht eingetroffen ist. Der Aufstand in Prag sollte durch Allarmfeuer dem Lande mitgetheilt werden, und am zweiten Pfingstfeiertag Abends waren alle höhern Berge beleuchtet. Weitere Nachrichten melden, daß auf die Signalfeuer von den Bergen die Bauern aus der ganzen Umgegend nach der Stadt strämten. Die Arbeiter, Fleischergesellen u. s. w. schlugen von innen alsbald sämmtliche Thore ein, so daß die Bauern von allen Seiten eindrangen. Um 5 Uhr Morgens hörten die auf dem Dampfschiff abfahrenden Flüchtlinge und Fremden heftiges Geschützfeuer. Das Blutbad, welches der Fürst Windischgrätz mit seinen Kartätschen eröffnet hat, wird die Wuth der Czechen voraussichtlich auf das Höchste getrieben haben; über den Ausgang kann man natürlich in diesem Augenblick keine Muthmaßungen anstellen. * Rendsburg, 13. Juni. _ Italien. 7 Liverpool, 12. Juni. In der Nähe von Liverpool hielten gestern die dortigen Chartisten ein Meeting unter freiem Himmel ab, um einerseits gegen Lord J. Russel's Erklärung: das Volk wolle keine Parlamentsreform, und andererseits gegen die Verfolgung Mitchell's feierlich zu protestiren. Thomas Jones beantragte die erste Resolution. „Dieses Meeting,“ sagte er, „ist berufen worden um kund zu geben, ob Lord John Russell ein Lügner ist oder nicht (tausendstimmiger Ruf: „Er ist ein Lügner!“ ‒ he is a liar!) In Begründung seines Antrags sprach er sich unter Andern, wie folgt aus: „Will das Volk zu seinem Ziele kommen, so muß es erst seine Unterdrücker und die freiwilligen Werkzeuge derselben aufs Tiefste hassen lernen. Ich fordere die Anwesenden auf, sich zu organisiren und Brigaden zu bilden. So lange wir kein Stimmrecht haben, sind wir Sklaven und so lange dieser Zustand dauert, werde ich sorgen, daß in mir und Anderen die Unzufriedenheit geweckt und vergrößert werde.“ Er stehe jetzt vor ihnen als der Apostel der Unzufriedenheit. Seien erst Alle unzufrieden, so laßt sie dann allesammt an Einem Seile ziehen und das ganz morsche Gebäude wird zusammenstürzen. (Lauter Beifall.) Nichts Gutes könne je erreicht werden, so lange nicht die Mittelklasse über den Haufen geworfen; für das Volk Englands sei überhaupt vor Durchführung des Kommunismus keine Hoffnung vorhanden etc. etc.“ Die weiteren Resolutionen wurden von H. Smith und und Dr. Reynolds beantragt und begründet, von andern Chartisten energisch unterstützt und schließlich einstimmig angenommen. Großbritannien. ** Manchester, 11. Juni. Wie die Baumwollenlords die Zehnstundenbill zu umgehen und ihre Wirkungen aufzuheben wissen, davon kam wiederum in diesen Tagen ein schlagendes Beispiel vor. Bekanntlich ist die Zehnstundenbill mit dem 1. Mai d. J. in Kraft getreten. Von da ab soll die Arbeitszeit der „Kinder“, der „jungen Leute“ beiderlei Geschlechts und der Frauen in keiner Fabrik mehr als 10 Stunden täglich betragen. Dadurch sollte den Fabrikarbeitern jeden Alters und Geschlechts Zeit zu geistiger und körperlicher Erholung und Ausbildung werden. Durften „Kinder“, „junge Personen“ und „Frauen“ nicht länger als 10 Stunden arbeiten, so galt das, wie man voraussah, auch für alle übrigen Fabrikarbeiter, da die Fabrik stille stehen muß, so wie auch nur ein kleiner Theil der darin Beschäftigten, seien dies nun kleine Kinder oder erwachsene Frauen, aufhört zu arbeiten. Um nun durch die Bestimmungen der Zehnstundenbill nichts von ihrem bisherigen Profite zu verlieren, ersannen die Fabrikanten ein Mittel, wodurch scheinbar dem Gesetze genügt, in der Wirklichkeit aber ihm Hohn gesprochen würde. Die Herren Fabrikanten richteten demnach Relai's ein. Sie theilten alle diejenigen Arbeiter, die durch das Zehnstundengesetz direkt betroffen worden, in 10 Sektionen ein, mit der Maßgabe, daß jede Sektion, während die Maschienerie am Lauf bleibe, eine Stunde lang die Arbeit einstellt. Dadurch erreichen sie, daß die Maschinen und die erwachsenen männlichen Arbeiter täglich 11 Stunden beschäftigt sind, während jede Sektion der Kinder, jungen Leute und Frauen nur 10 Stunden arbeitet. Einige der Herren waren zwar wegen dieser Manöver in Esse und Leicestershire zu Strafen verurtheilt worden. Jetzt haben aber die Herren Jones, Gebrüder & Comp., in Bedford bei Leig (4 Stunden von hier), die mit zu den größten Fabrikanten gehören und ganz in der obigen Weise verfuhren, ein freisprechendes Urtheil erlangt, und nun herrscht Jubel unter den Baumwolllords. Welchen Eindruck dieser Ausspruch der „petty sessions“ in Chowhent auf die gesammte Arbeiterbevölkerung hervorgebracht hat, braucht keiner weitern Auseinandersetzung. Wie gesetzlich die Friedensrichter der petty sessions dabei verfuhren, zeigt § 26 des Zehnstundengesetzes, wonach „die Arbeitsstunden der Kinder und jungen Leute in Fabriken gewohnt werden soll an der Stunde an, wo irgend ein Kind oder junge Person des Morgens in der Fabrik zu arbeiten anfängt.“ Die Friedensrichter von Chowhent in Lancassire, selbst Fabrikanten oder Freunde und Verwandte von Fabrikanten, geniren sich nicht im Mindesten, dem Gesetz geradezu in's Gesicht zu schlagen. Handels-Nachrichten. _ Der Gerant, Korff. Druck von W. Clouth, St. Agatha Nro. 12.

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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 17. [Köln, 17. Juni 1848]. Beilage, S. 0075. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz017b_1848/1>, abgerufen am 21.11.2024.