Neue Rheinische Zeitung. Nr. 10. Köln, 10. Juni 1848.men werden sollen; die Strafen sind barbarisch, Kartätschen und bis zu 10 Jahre Kerker, je nach den dreimaligen Trommelschlägen und nach der Tageszeit. Nicht minder erboßt ist die regierende Bourgeoisie gegen die Maueraffichen, die von jetzt ab unter Verantwortlichkeit des Verfassers stehen werden, so daß "der "Urheber einer die öffentliche Ruhe störenden "Affiche gleich dem Urheber einer die öffentliche "Ruhe störenden Zusammenrottirung polizeilich "und gerichtlich zu behandeln ist." In der That, was bleibt noch übrig von der vielbelobten Freiheit? Gewiß folgt bald ein Gesetz gegen die Klubs, deren einige bereits 8 Tage lang nach dem 15. Mai geschlossen werden mußten. Gestern Abend war eine heftige Erbitterung im Volk wegen des von Marrast erlassenen Verbots des Zusammenrottirens und Diskutirens und wegen der über zwei angeblich ungehorsame Brigaden der Nationalwerkstätten verhängten Strafe. Um zehn Uhr ward die bewaffnete Gewalt geholt, bestehend aus Bourgeoisgarde, Linie und Mobilgarde; der Polizeikommissär gürtete die Trikolore um und marschirte vorauf. Das Volk pfiff und lief auseinander. - Das Riesenbankett der hundert zehn tausend Arbeiter a fünf Sous per Kopf, im Wäldchen bei Vincennes (in dessen Schloß Barbes, Raspail, Sobrier und Blanqui liegen), wird höchst wahrscheinlich durch die obigen Gesetze hintertrieben werden. Der "National" wird offenbar bald ganz die Leitung der Angelegenheiten übernehmen; Marrast kommt gewiß in die Kommission und wird von dort herab vielleicht mit Thiers sich wieder verständigen und mit ihm zusammen operiren. Bekannt ist der Ausspruch des greisen Cabet: "Armand Marrast c'est l'etre le plus corrom-pant et le plus corrompu dans toute la France." Louis Philipp hatte notorisch für den Fall einer weiblichen Regentschaft, dem Marrast die Konseilpräsidentur zugesichert. - Louis Blanc ist zwar gegen juridische Nachstellung vorläufig gesichert, aber er wird, heißt es, nichtsdestoweniger sich zurückziehen und dem Volke seine Rehabilitirung überlassen. Paris, 7. Juni.
Die Partei des National müßte einsehn, daß sie vollständig die Partei der Gironde erneuert. Wie die Girondisten nach dem 10. August, findet sie sich eingeklemmt zwischen der Bourgeoisie und dem Volk, zwischen der konstitutionellen Monarchie und der socialen Republik. Sie hat für sich weder die Gesellschaft von oben, noch die Gesellschaft von unten. Wie die Girondisten will sie die Republik, aber die Republik ohne das Volk, was ein Königthum ohne König sein würde. Sie sagt daher weder den Royalisten zu, noch den volksthümlichen Republikaneur. Sie ist eine Halbpartei, während man in der Revolution seine Partei ganz nehmen muß. (La vraie Republique.)Schweiz. Luzern. Der bekannte, unter Siegwarts Herrschaft gefürchtete Zuchthaus-Direktor Kost und einer seiner Handlanger, Zuchtmeister Ineichen, sind wegen Verbrechen schwerster Art, die sie während ihrer Amtsführung begangen haben sollen, verhaftet worden. Schwyz. Der Regierungsrath hat die Bruderschaft zum kostbaren Blut am Steinenberg (das berüchtigte Rollfußische Töchter-Institut) nach angestellter Untersuchung aufgehoben. Italien. Neapel, 21. Mai. Nehmen Sie immerhin alle möglichen Beurtheilungen des 15. Mai in Ihre Spalten auf, gestatten Sie König, Schweizern und Lazzaroni alle möglichen Entschuldigungen: die Wahrheit, daß ein längst vorbereiteter Staatsstreich Neapel dem Verderben nahe brachte, kann nicht geleugnet werden. Der König, niedergeschmettert von den Ereignissen in Sicilien, gab mit sehr gemischten Gefühlen die Konstitution; sein Ingrimm über die stets sich mehrenden Ansprüche steigerte sich von Tag zu Tag, er fing an zu bereuen, Delcarretto's Rath der Contrevolution nicht befolgt zu haben, und kampflustige Gendarmen, Schweizer und Stabsoffiziere stachelten seinen Ehrgeiz. Priester und Lazzaroni halfen. Während der König allmälig 15,000 Mann in Neapel zusammenzog, schickte er die wüthendsten Schreier als Kanonenfutter gegen die Oesterreicher, mit weiteren Truppensendungen zögerte er und bediente sich seiner Kunstgriffe, stets den Schein rettend. Es würde zu weit führen, die fabelhaften Hindernisse zu entwickeln, welche er dem Abmarsch seines Heeres entgegenstellte. Auf dem Campo wurde ein künstlicher Krawall zwischen Nationalgarde und Volk veranstaltet, Feindschaft zwischen einzelnen königlichen Truppenkorps wurde erheuchelt, tausend Galeerensträflinge wurden in Freiheit gesetzt, um die Stadt und das Land unsicher zu machen, der Kanonikus Pellicano wurde in der Kirche von Marinesoldaten verwundet, Gerüchte über hohe Steuern, welche die Deputirten demnächst ausschreiben würden, waren darauf berechnet, das Volk zu erbittern; die Nationalgarde der verschiedenen Stadtquartiere wurde gegeneinander gehetzt, Monsignor Cocle durfte plötzlich wieder erscheinen, und der Nationalgarde war man bemüht die falsche Meinung beizubringen, daß die täglich mit Essen und Trinken regalirten Schweizer als freies Volk nimmer gegen die Bürger Neapels kämpfen würden, und tausend andere Dinge. Der 15. Mai schien hier wie anderswo der zum Ausbruch der Contrerevolution bestimmte Tag. Warum ernannte der König am 14. fünfzig Pairs, da er doch wußte, daß die Nation durchaus keine Pairs wollte? Es war augenscheinlich darauf abgesehen, auf's äußerste zu reizen. Alles schien sorgfältig verabredet. Um Mittag ging von unbekannter Hand - man sagt von einem als Nationalgardist verkleideten Gendarmen - das verhängnißvolle Signal, der erste Schuß los. Die Schweizer hatten jeder 50 bis 60 Patronen, die 5000 kämpfenden Gegner kaum vier oder fünf jeder. Wo Schweizer und königliche Soldaten mordend und raubend eindrangen, da folgten ihnen sechzig bis siebzig wohldisciplinirte Lazzaroni und füllten ihre Säcke, welche vorher genäht und von den Weibern in Bereitschaft gehalten wurden. Ja, was das wunderbarste, diese Lazzaroni waren urplötzlich verschwunden, als Admiral Baudin energische drohende Maßregeln ergriff. Nunziante und andere hatten Befehl in den Gräben des Castello Nuovo alle eingebrachten Gefangenen zu erschießen. Es warfen sich mehrere Personen dem König zu Füßen und baten um Befehl zum Aufhören des Blutvergießens, aber König Ferdinand, welcher mehreremal geäußert, daß er große Lust hege seinen "amatis[#]imi sudditi" die Fenster zu zerschmettern, blieb unerbittlich, ja er scheint seiner Hauptstadt eine vierundzwanzigstündige Plünderung mit Mord und Brand zugedacht zu haben, während es ihm in der Nacht vom 14. zum 15. Mai noch ein leichtes gewesen wäre den Barrikadenbau durch eine Schwadron Husaren zu hindern und die Stadt durch Auflösung der Pairskammer vorläufig zu beruhigen. Neapel verdankt seine Rettung hauptsächlich dem Admiral Baudin, und die in Neapel lebenden Deutschen haben alle Ursache der französischen Nation zu danken. Wann wird die Zeit kommen, wo ein Deutscher durch Deutschland geschützt sein wird? Der würtembergische Konsul wurde im Palast Gravina rein ausgeplündert und rettete sich mit einer Dame auf ein französisches Kriegsschiff. Es ist wahr, daß die Truppen (auch die Schweizer) grausam verfuhren. Viele unschuldige Opfer fielen unter den Bürgern. In Vico Campane z. B. wurden fünf Personen todt aus einem Brunnen gezogen, Frauen wurden verbrannt, vornehme Damen in die gemeinsten Gefängnisse geworfen, und im Pallast Gravina sah einer meiner Freunde sechs Leichen mit zerschlagenen Schädeln. Einzelne Calabresen vertheidigten sich wie Löwen: derjenige welcher den Major v. Salis erschoß, jauchzte bei seiner Gefangennehmung, ein anderer kreuzte als ihm die Munition ausging, die Arme und empfing gelassen die tödtende Kugel. Hunderte schwuren bei der Madonna und allen Heiligen den König zu ermorden. Die Aufregung in den Provinzen ist ungeheuer. Tausende von Familien sind unglücklich geworden. Grimmige Wuth kocht in allen Herzen. Es ist dem König jetzt nicht mehr möglich, Vertrauen zu erwecken er wird - so glaubt man allgemein - seinem Reich den Rücken wenden, nachdem er vorher Befehl ertheilt die Hauptstadt von St. Elmo aus zu beschießen. Das Wort "Konstitution", womit der König fortdauernd prahlt, ist ein Popanz, dem jeder aus dem Wege geht. Es ist thöricht zu behaupten, daß anfänglich die Truppen in die Luft geschossen: es wurde sogleich mit Wuth der Kampf begonnen und viele Stunden lang wurde gemordet, nachdem längst aller Widerstand aufgehört hatte. (A. Z.)Mailand, 3. Juni. Die Besatzung von Peschiera erhielt eine ehrenvolle Kapitulation. Die Offiziere behielten ihre Seitengewehre, den Unteroffizieren und Soldaten werden die Waffen erst in Ankona überliefert. Die Festung enthielt noch große Vorrähe von Waffen und Munition, 100 Kanonen, aber wenig Lebensmittel mehr. Es wurde erzählt, und es scheint sich zu bestätigen, daß die Ungarn und Italiener, als die Besatzung von Mantua zu einem Angriffe auszog, die Thore der Festung schlossen, so, daß die Oesterreicher, welche zurückkehrten, genöthigt waren, außen zu kampiren, und von den Piemontesen heftig angegriffen wruden. Bei Goito sollen am 29. und 30. Mai etwa 7000 (?) Todte und Verwundete geblieben sein. Der Verlust der Toskaner, die sich am 29. unklugerweise mit einem viel stärkern Feind einließen, war sehr bedeutend. - Die lombardische Regierung hat einen Gesandten nach Frankfurt an die Nationalversammlung geschickt. (Z. Z.)Mailand, 3. Juni. Ueber die Einnahme von Peschiera gibt ein offizielles Bulletin, das gestern Nachmittag hier erschienen, folgende Details: Am 30. Mai Abends 11 Uhr hat, wie bereits gemeldet wurde, Peschiera kapitulirt. Nach abgeschlossener Uebereinkunft rückten in das Fort mehrere italienische Offiziere mit einer Kompagnie Artillerie und einer Kompagnie Scharfschützen ein. Am 31. mit Tagesanbruch zog das ganze 13. Regiment und das parmesanische Milizkorps unter dem Gesang der Nationalhymme ein. Mittags zogen die Oesterreicher vor unsern Truppen vorüber mit ihren Waffen zum Thor von Brescia hinaus und legten dort die Waffen nieder. Nur die Offiziere durften die Degen behalten. Die Garnison, aus 1600 Kroaten bestehend, ist unter Bedeckung gestern in Brescia angelangt. Im Fort fanden wir viel Kriegsmaterial, Bomben, Mörser etc. Das Innere der Häuser bot den Anblick der Verwüstung dar. Der Feind wollte bis aufs Aeußerste Widerstand leisten, und hatte die Vorräthe fast ganz aufgezehrt. Von den wenigen noch übrig gebliebenen Kanonieren mußte jeder 2 Kanonen bedienen; nach Zerstörung der Mühlen nahm man zu Handmühlen seine Zuflucht; fast alle Pferde waren aufgezehrt; es fehlte an Salz, und man ersetzte es durch Salpeter; die Soldaten plünderten die durch feindliche Bomben angezündeten Häuser, die wenigen noch übrig gebliebenen Einwohner, nicht über 400, mußten größtentheils an den Verschanzungen arbeiten, und wurden in die Kasematten aufgenommen. Ueber das ebenfalls am 30. Mai bei Goito stattgefundene Haupttreffen erfährt man noch, daß die Zahl der österreichischen Todten, Verwundeten und Gefangenen sehr groß war. Ein starkes feindliches Korps mit Geschütz war zwischen Rivalta und Ceresura eingeschlossen. Der Uebergang über den Oglio bei Marcaria wird von den Toskanern und den Nationalgarden der Umgegend bewacht. Lombardische Deserteurs vom Regiment Haugwitz, sowie versprengte Ungarn und Böhmen, erzählen von Abfall bei ihren Korps, und versichern, daß die Oesterreicher in dem Gefecht bei Montanara außer mehreren getödteten Stabsoffizieren über 400 Mann auf dem Kampfplatze liegen ließen. Die Uebergabe von Peschiera und die drei Siege der letzten Maitage stellen das Gelingen des Unabhängigkeitskrieges sicher. Turin, 31. Mai. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Mailand. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Großbritannien. *London, 7. Juni. Die Times sagt in ihrer letzten Dienstags-Nummer wörtlich: "Die preußische National-Versammlung ist aus Leuten zusammengesetzt, die weder Erfahrung, noch Charakter, noch Geschicklichkeit, ja, selbst nicht einmal gewöhnliche Erziehung haben." - In der Oberhaussitzung vom Montag bemerkte der Bischof von Oxford daß seine Bill zum Schutze der Fremden nicht eine Unterdrückung der Bordelle bezwecke, sondern daß sie "im Gegentheil" (on the contrary) die Verhütung jener großen Uebel bedeutender Städte, wie Kuppelei u. s. w. zu ihrem Gegenstande habe. Nach den besten Notizen die er habe bekommen können, lebten jetzt in London etwa 80,000 weibliche Wesen von der Prostitution und es sei sehr wahrscheinlich, daß wenigstens der vierte Theil dieser Unglücklichen durch solche Künste in ihr Elend hereingezogen wäre, wie sie eben die betreffende Bill zu verhüten beabsichtige. - Auf eine Interpellation des Hr. Munt erwiederte Lord Palmerston im Unterhause, daß das britische Gouvernement trotz seinen alten, freundschaftlichen Beziehungen zu dem Kaiser von Oesterreich, dennoch die lebendig te Sympathie für die hoffentlich erfolgreichen konstitutionellen Bestrebungen der Italiäner fühle, daß es indeß nicht beabsichtige, sich irgend wie in die Ereignisse Italiens einzumischen. Auf eine andre Frage des Hr. Urquhart antwortete derselbe Minister, daß die wegen Deutschland und Dänemark unternommene Vermittlung einzeln und nicht gemeinschaftlich mit irgend einem andern Gouvernement von der britischen Regierung geführt werde. Manchester, 6. Juni. Die neuliche Besserung im Geschäfte hat nicht ausgehalten. Wir können heute nur Ungünstiges sowohl von hier, als von der ganzen Umgegend aus berichten. In Manchester allein sind mehr als zehntausend Arbeiter ohne Beschäftigung. (Manchester Times.)Plymonth, 3. Juni. Ungefähr 200 junge Mädchen reißten am vorigen Donnerstag mit dem "Royal George" nach Sydney, Neu-Süd-Wales, ab. Sie werden von den australischen Land- und Emigrations-Kommissären, welche sie in den inländischen Armenanstalten aussuchten, frei hinüber expedirt. Der Mangel an Dienstboten und die großen Seltenheit der Frauen in den Kolonieen, welche lange Zeit mit Bedauern bemerkt wurde, veranlaßte diese ungewohnte Sendung. Ein halbes Dutzend Matronen beaufsichtigen diese Mädchen und da der "Royal George" wohl ausgerüstet ist, so werden sie ohne Zweifel eine gute Reise haben und ein herzliches Willkommen in der andern Hemisphäre finden. (Plymouth Times.)**London, 7. Juni. Nach der Montags Debatte über die spanisch-englischen Streitigkeiten, welche damit endete, daß Lord Palmerston mit einigen Angriffen seiner Feinde und Freunde glücklich davon kam, ging das Unterhaus gestern zu einer Diskussion über, welche die innern Angelegenheiten des Landes betrifft. Lord Ashley, der Vater der Zehn-Stunden-Bill und unzähliger philantropischer Projekte, der von vielen Leuten in England mit einer wahren Verehrung betrachtet, von eben so vielen aber auch nur für einen frommen Charlatan gehalten wird, brachte nemlich den beklagenswerthen Zustand der jugendlichen Bevölkerung der Metropole vor das Parlament, indem er vorschlug, daß das Gouvernement jährlich eine gewisse Anzahl der in den sogenannten Londoner "Ragged Schools" erzogenen Knaben und Mädchen nach den britischen Kolonieen emigriren lasse. Diese "Lumpen-Schulen", wovon Lord Ashley spricht, sind Anstalten gottesfürchtiger Gesellschaften. Alle auf den Straßen umherlaufenden nackten, bettelnden, elternlosen Kinder, werden durch die Agenten der Anstalt eingeladen, die Straße zu verlassen und sich mit ihnen nach der Schule zu verfügen, wo sie gratis unterrichtet werden und die sie ad libitum wieder verlassen können. In 15 Schulen, die der philantropische Lord untersuchte, waren 2345 Kinder als Besuchende eingeschrieben; 1600 konnten indeß nur als regelmäßig Wiederkommende betrachtet werden. Das Alter der Besuchenden variirte zwischen fünf und siebenzehn Jahren. Von diesen 1600 Kindern waren 162 ein oder mehrmal im Gefängniß gewesen; 116 waren von Hause fortgelaufen; 170 schliefen in den entsetzlichsten Schenken und Kneipen; 253 gestanden, daß sie ganz vom Betteln lebten; 216 hatten weder Schuhe noch Strümpfe; 280 keine Kopfbedeckung; 101 keine Hemden; 249 schliefen nie in einem Bett; 68 waren Kinder von Verbrechern; 125 hatten Stiefmütter; 306 waren halb oder ganz elternlos. Die Beschäftigung dieser Kinder, sobald sie die "Lumpenschule" Mittags oder Abends wieder verlassen hatten, bestand in Straßenfegen, Zigarren-Orangen-, Schwefehölzer- und Balladen-Verkauf, in singen, tanzen, stehlen u. s. w. Auf's genauste schilderte Lord Ashley in welcher Weise und an welchen Orten diese Kinder die Nacht verbringen. Er glaubte, daß sich wenigstens 30,000 derselben in London aufhielten. Dann zu seiner Motion übergehend, schlug er vor, daß das Gouvernement jährlich 500 Knaben und 500 Mädchen nach Süd-Australien verpflanze, und daß man diese Uebersiedelung in den Schulen stets so darstelle, daß die Kinder sich durch Fleiß und Aufmerksamkeit eines Herausreißens aus ihren bisherigen Verhältnissen würdig zu machen suchten. Sir H. Verney unterstützte den Vorschlag, und hoffte, daß auch andre große Städte und die Landdistrikte bei einer solchen Emigration berücksichtigt würden, worauf sich Sir G. Grey erhob und den Vorschlag Lord Ashley's ebenfalls willkommen hieß. Er hat indeß, daß der edle Lord nicht sofort auf eine Abstimmung darüber dringe und erst eine detaillirte Motion in der Angelegenheit mache, womit sich Lord Ashley denn auch einverstanden erklärte, und einstweilen seinen ersten Vorschlag wieder zurückzog. - In Folge der gestern bereits erwähntrn Chartisten-Meetings auf Bethnal-green ist der bekannte Redner Ernest Jones verhaftet worden. Die Londoner Blätter sprechen darüber, als sei die Arrestation in London selbst geschehen. Nach einer mit dem elektrischen Telegraphen eingegangenen Nachricht, geschah sie in Manchester. Hr. Fussell, der die Versammlungen auf Clerkenwell-green leitete, wurde ebenfalls arretirt. Wir müssen abwarten, welchen Eindruck diese Nachrichten auf das Volk machen werden. Amerika. Außer der gestern bereits mitgetheilten mexikanischen und nordamerikanischen Post, haben wir heute das Eintreffen des "Firebrand" von Monte-Video zu melden mit Briefen vom 13. April. Rio, 28. April. Baron Gros, französischer Gesandter, war hingekommen und begann mit den kriegführenden Parteien zu unterhandlen. Die Nachricht der französischen Revolution, welche ihm auf dem Fuße folgte, brachte ihn aber in eine verzweifelte Position. Französische Wechsel konnten nicht mehr acceptirt werden. - Lord Howden kehrte mit dem "Firebrand" nach England zurück. In seiner Mission an das brasilianische Gouvernement hat er nicht reussirt. Neueste Nachrichten. Schleswig-Holstein. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Der Gerant: Korff. (Hierzu eine Beilag men werden sollen; die Strafen sind barbarisch, Kartätschen und bis zu 10 Jahre Kerker, je nach den dreimaligen Trommelschlägen und nach der Tageszeit. Nicht minder erboßt ist die regierende Bourgeoisie gegen die Maueraffichen, die von jetzt ab unter Verantwortlichkeit des Verfassers stehen werden, so daß „der „Urheber einer die öffentliche Ruhe störenden „Affiche gleich dem Urheber einer die öffentliche „Ruhe störenden Zusammenrottirung polizeilich „und gerichtlich zu behandeln ist.“ In der That, was bleibt noch übrig von der vielbelobten Freiheit? Gewiß folgt bald ein Gesetz gegen die Klubs, deren einige bereits 8 Tage lang nach dem 15. Mai geschlossen werden mußten. Gestern Abend war eine heftige Erbitterung im Volk wegen des von Marrast erlassenen Verbots des Zusammenrottirens und Diskutirens und wegen der über zwei angeblich ungehorsame Brigaden der Nationalwerkstätten verhängten Strafe. Um zehn Uhr ward die bewaffnete Gewalt geholt, bestehend aus Bourgeoisgarde, Linie und Mobilgarde; der Polizeikommissär gürtete die Trikolore um und marschirte vorauf. Das Volk pfiff und lief auseinander. ‒ Das Riesenbankett der hundert zehn tausend Arbeiter à fünf Sous per Kopf, im Wäldchen bei Vincennes (in dessen Schloß Barbes, Raspail, Sobrier und Blanqui liegen), wird höchst wahrscheinlich durch die obigen Gesetze hintertrieben werden. Der „National“ wird offenbar bald ganz die Leitung der Angelegenheiten übernehmen; Marrast kommt gewiß in die Kommission und wird von dort herab vielleicht mit Thiers sich wieder verständigen und mit ihm zusammen operiren. Bekannt ist der Ausspruch des greisen Cabet: „Armand Marrast c'est l'être le plus corrom-pant et le plus corrompu dans toute la France.“ Louis Philipp hatte notorisch für den Fall einer weiblichen Regentschaft, dem Marrast die Konseilpräsidentur zugesichert. ‒ Louis Blanc ist zwar gegen juridische Nachstellung vorläufig gesichert, aber er wird, heißt es, nichtsdestoweniger sich zurückziehen und dem Volke seine Rehabilitirung überlassen. Paris, 7. Juni.
Die Partei des National müßte einsehn, daß sie vollständig die Partei der Gironde erneuert. Wie die Girondisten nach dem 10. August, findet sie sich eingeklemmt zwischen der Bourgeoisie und dem Volk, zwischen der konstitutionellen Monarchie und der socialen Republik. Sie hat für sich weder die Gesellschaft von oben, noch die Gesellschaft von unten. Wie die Girondisten will sie die Republik, aber die Republik ohne das Volk, was ein Königthum ohne König sein würde. Sie sagt daher weder den Royalisten zu, noch den volksthümlichen Republikaneur. Sie ist eine Halbpartei, während man in der Revolution seine Partei ganz nehmen muß. (La vraie République.)Schweiz. Luzern. Der bekannte, unter Siegwarts Herrschaft gefürchtete Zuchthaus-Direktor Kost und einer seiner Handlanger, Zuchtmeister Ineichen, sind wegen Verbrechen schwerster Art, die sie während ihrer Amtsführung begangen haben sollen, verhaftet worden. Schwyz. Der Regierungsrath hat die Bruderschaft zum kostbaren Blut am Steinenberg (das berüchtigte Rollfußische Töchter-Institut) nach angestellter Untersuchung aufgehoben. Italien. Neapel, 21. Mai. Nehmen Sie immerhin alle möglichen Beurtheilungen des 15. Mai in Ihre Spalten auf, gestatten Sie König, Schweizern und Lazzaroni alle möglichen Entschuldigungen: die Wahrheit, daß ein längst vorbereiteter Staatsstreich Neapel dem Verderben nahe brachte, kann nicht geleugnet werden. Der König, niedergeschmettert von den Ereignissen in Sicilien, gab mit sehr gemischten Gefühlen die Konstitution; sein Ingrimm über die stets sich mehrenden Ansprüche steigerte sich von Tag zu Tag, er fing an zu bereuen, Delcarretto's Rath der Contrevolution nicht befolgt zu haben, und kampflustige Gendarmen, Schweizer und Stabsoffiziere stachelten seinen Ehrgeiz. Priester und Lazzaroni halfen. Während der König allmälig 15,000 Mann in Neapel zusammenzog, schickte er die wüthendsten Schreier als Kanonenfutter gegen die Oesterreicher, mit weiteren Truppensendungen zögerte er und bediente sich seiner Kunstgriffe, stets den Schein rettend. Es würde zu weit führen, die fabelhaften Hindernisse zu entwickeln, welche er dem Abmarsch seines Heeres entgegenstellte. Auf dem Campo wurde ein künstlicher Krawall zwischen Nationalgarde und Volk veranstaltet, Feindschaft zwischen einzelnen königlichen Truppenkorps wurde erheuchelt, tausend Galeerensträflinge wurden in Freiheit gesetzt, um die Stadt und das Land unsicher zu machen, der Kanonikus Pellicano wurde in der Kirche von Marinesoldaten verwundet, Gerüchte über hohe Steuern, welche die Deputirten demnächst ausschreiben würden, waren darauf berechnet, das Volk zu erbittern; die Nationalgarde der verschiedenen Stadtquartiere wurde gegeneinander gehetzt, Monsignor Cocle durfte plötzlich wieder erscheinen, und der Nationalgarde war man bemüht die falsche Meinung beizubringen, daß die täglich mit Essen und Trinken regalirten Schweizer als freies Volk nimmer gegen die Bürger Neapels kämpfen würden, und tausend andere Dinge. Der 15. Mai schien hier wie anderswo der zum Ausbruch der Contrerevolution bestimmte Tag. Warum ernannte der König am 14. fünfzig Pairs, da er doch wußte, daß die Nation durchaus keine Pairs wollte? Es war augenscheinlich darauf abgesehen, auf's äußerste zu reizen. Alles schien sorgfältig verabredet. Um Mittag ging von unbekannter Hand ‒ man sagt von einem als Nationalgardist verkleideten Gendarmen ‒ das verhängnißvolle Signal, der erste Schuß los. Die Schweizer hatten jeder 50 bis 60 Patronen, die 5000 kämpfenden Gegner kaum vier oder fünf jeder. Wo Schweizer und königliche Soldaten mordend und raubend eindrangen, da folgten ihnen sechzig bis siebzig wohldisciplinirte Lazzaroni und füllten ihre Säcke, welche vorher genäht und von den Weibern in Bereitschaft gehalten wurden. Ja, was das wunderbarste, diese Lazzaroni waren urplötzlich verschwunden, als Admiral Baudin energische drohende Maßregeln ergriff. Nunziante und andere hatten Befehl in den Gräben des Castello Nuovo alle eingebrachten Gefangenen zu erschießen. Es warfen sich mehrere Personen dem König zu Füßen und baten um Befehl zum Aufhören des Blutvergießens, aber König Ferdinand, welcher mehreremal geäußert, daß er große Lust hege seinen „amatis[#]imi sudditi“ die Fenster zu zerschmettern, blieb unerbittlich, ja er scheint seiner Hauptstadt eine vierundzwanzigstündige Plünderung mit Mord und Brand zugedacht zu haben, während es ihm in der Nacht vom 14. zum 15. Mai noch ein leichtes gewesen wäre den Barrikadenbau durch eine Schwadron Husaren zu hindern und die Stadt durch Auflösung der Pairskammer vorläufig zu beruhigen. Neapel verdankt seine Rettung hauptsächlich dem Admiral Baudin, und die in Neapel lebenden Deutschen haben alle Ursache der französischen Nation zu danken. Wann wird die Zeit kommen, wo ein Deutscher durch Deutschland geschützt sein wird? Der würtembergische Konsul wurde im Palast Gravina rein ausgeplündert und rettete sich mit einer Dame auf ein französisches Kriegsschiff. Es ist wahr, daß die Truppen (auch die Schweizer) grausam verfuhren. Viele unschuldige Opfer fielen unter den Bürgern. In Vico Campane z. B. wurden fünf Personen todt aus einem Brunnen gezogen, Frauen wurden verbrannt, vornehme Damen in die gemeinsten Gefängnisse geworfen, und im Pallast Gravina sah einer meiner Freunde sechs Leichen mit zerschlagenen Schädeln. Einzelne Calabresen vertheidigten sich wie Löwen: derjenige welcher den Major v. Salis erschoß, jauchzte bei seiner Gefangennehmung, ein anderer kreuzte als ihm die Munition ausging, die Arme und empfing gelassen die tödtende Kugel. Hunderte schwuren bei der Madonna und allen Heiligen den König zu ermorden. Die Aufregung in den Provinzen ist ungeheuer. Tausende von Familien sind unglücklich geworden. Grimmige Wuth kocht in allen Herzen. Es ist dem König jetzt nicht mehr möglich, Vertrauen zu erwecken er wird ‒ so glaubt man allgemein ‒ seinem Reich den Rücken wenden, nachdem er vorher Befehl ertheilt die Hauptstadt von St. Elmo aus zu beschießen. Das Wort „Konstitution“, womit der König fortdauernd prahlt, ist ein Popanz, dem jeder aus dem Wege geht. Es ist thöricht zu behaupten, daß anfänglich die Truppen in die Luft geschossen: es wurde sogleich mit Wuth der Kampf begonnen und viele Stunden lang wurde gemordet, nachdem längst aller Widerstand aufgehört hatte. (A. Z.)Mailand, 3. Juni. Die Besatzung von Peschiera erhielt eine ehrenvolle Kapitulation. Die Offiziere behielten ihre Seitengewehre, den Unteroffizieren und Soldaten werden die Waffen erst in Ankona überliefert. Die Festung enthielt noch große Vorrähe von Waffen und Munition, 100 Kanonen, aber wenig Lebensmittel mehr. Es wurde erzählt, und es scheint sich zu bestätigen, daß die Ungarn und Italiener, als die Besatzung von Mantua zu einem Angriffe auszog, die Thore der Festung schlossen, so, daß die Oesterreicher, welche zurückkehrten, genöthigt waren, außen zu kampiren, und von den Piemontesen heftig angegriffen wruden. Bei Goito sollen am 29. und 30. Mai etwa 7000 (?) Todte und Verwundete geblieben sein. Der Verlust der Toskaner, die sich am 29. unklugerweise mit einem viel stärkern Feind einließen, war sehr bedeutend. ‒ Die lombardische Regierung hat einen Gesandten nach Frankfurt an die Nationalversammlung geschickt. (Z. Z.)Mailand, 3. Juni. Ueber die Einnahme von Peschiera gibt ein offizielles Bulletin, das gestern Nachmittag hier erschienen, folgende Details: Am 30. Mai Abends 11 Uhr hat, wie bereits gemeldet wurde, Peschiera kapitulirt. Nach abgeschlossener Uebereinkunft rückten in das Fort mehrere italienische Offiziere mit einer Kompagnie Artillerie und einer Kompagnie Scharfschützen ein. Am 31. mit Tagesanbruch zog das ganze 13. Regiment und das parmesanische Milizkorps unter dem Gesang der Nationalhymme ein. Mittags zogen die Oesterreicher vor unsern Truppen vorüber mit ihren Waffen zum Thor von Brescia hinaus und legten dort die Waffen nieder. Nur die Offiziere durften die Degen behalten. Die Garnison, aus 1600 Kroaten bestehend, ist unter Bedeckung gestern in Brescia angelangt. Im Fort fanden wir viel Kriegsmaterial, Bomben, Mörser etc. Das Innere der Häuser bot den Anblick der Verwüstung dar. Der Feind wollte bis aufs Aeußerste Widerstand leisten, und hatte die Vorräthe fast ganz aufgezehrt. Von den wenigen noch übrig gebliebenen Kanonieren mußte jeder 2 Kanonen bedienen; nach Zerstörung der Mühlen nahm man zu Handmühlen seine Zuflucht; fast alle Pferde waren aufgezehrt; es fehlte an Salz, und man ersetzte es durch Salpeter; die Soldaten plünderten die durch feindliche Bomben angezündeten Häuser, die wenigen noch übrig gebliebenen Einwohner, nicht über 400, mußten größtentheils an den Verschanzungen arbeiten, und wurden in die Kasematten aufgenommen. Ueber das ebenfalls am 30. Mai bei Goito stattgefundene Haupttreffen erfährt man noch, daß die Zahl der österreichischen Todten, Verwundeten und Gefangenen sehr groß war. Ein starkes feindliches Korps mit Geschütz war zwischen Rivalta und Ceresura eingeschlossen. Der Uebergang über den Oglio bei Marcaria wird von den Toskanern und den Nationalgarden der Umgegend bewacht. Lombardische Deserteurs vom Regiment Haugwitz, sowie versprengte Ungarn und Böhmen, erzählen von Abfall bei ihren Korps, und versichern, daß die Oesterreicher in dem Gefecht bei Montanara außer mehreren getödteten Stabsoffizieren über 400 Mann auf dem Kampfplatze liegen ließen. Die Uebergabe von Peschiera und die drei Siege der letzten Maitage stellen das Gelingen des Unabhängigkeitskrieges sicher. Turin, 31. Mai. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Mailand. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Großbritannien. *London, 7. Juni. Die Times sagt in ihrer letzten Dienstags-Nummer wörtlich: „Die preußische National-Versammlung ist aus Leuten zusammengesetzt, die weder Erfahrung, noch Charakter, noch Geschicklichkeit, ja, selbst nicht einmal gewöhnliche Erziehung haben.“ ‒ In der Oberhaussitzung vom Montag bemerkte der Bischof von Oxford daß seine Bill zum Schutze der Fremden nicht eine Unterdrückung der Bordelle bezwecke, sondern daß sie „im Gegentheil“ (on the contrary) die Verhütung jener großen Uebel bedeutender Städte, wie Kuppelei u. s. w. zu ihrem Gegenstande habe. Nach den besten Notizen die er habe bekommen können, lebten jetzt in London etwa 80,000 weibliche Wesen von der Prostitution und es sei sehr wahrscheinlich, daß wenigstens der vierte Theil dieser Unglücklichen durch solche Künste in ihr Elend hereingezogen wäre, wie sie eben die betreffende Bill zu verhüten beabsichtige. ‒ Auf eine Interpellation des Hr. Munt erwiederte Lord Palmerston im Unterhause, daß das britische Gouvernement trotz seinen alten, freundschaftlichen Beziehungen zu dem Kaiser von Oesterreich, dennoch die lebendig te Sympathie für die hoffentlich erfolgreichen konstitutionellen Bestrebungen der Italiäner fühle, daß es indeß nicht beabsichtige, sich irgend wie in die Ereignisse Italiens einzumischen. Auf eine andre Frage des Hr. Urquhart antwortete derselbe Minister, daß die wegen Deutschland und Dänemark unternommene Vermittlung einzeln und nicht gemeinschaftlich mit irgend einem andern Gouvernement von der britischen Regierung geführt werde. Manchester, 6. Juni. Die neuliche Besserung im Geschäfte hat nicht ausgehalten. Wir können heute nur Ungünstiges sowohl von hier, als von der ganzen Umgegend aus berichten. In Manchester allein sind mehr als zehntausend Arbeiter ohne Beschäftigung. (Manchester Times.)Plymonth, 3. Juni. Ungefähr 200 junge Mädchen reißten am vorigen Donnerstag mit dem „Royal George“ nach Sydney, Neu-Süd-Wales, ab. Sie werden von den australischen Land- und Emigrations-Kommissären, welche sie in den inländischen Armenanstalten aussuchten, frei hinüber expedirt. Der Mangel an Dienstboten und die großen Seltenheit der Frauen in den Kolonieen, welche lange Zeit mit Bedauern bemerkt wurde, veranlaßte diese ungewohnte Sendung. Ein halbes Dutzend Matronen beaufsichtigen diese Mädchen und da der „Royal George“ wohl ausgerüstet ist, so werden sie ohne Zweifel eine gute Reise haben und ein herzliches Willkommen in der andern Hemisphäre finden. (Plymouth Times.)**London, 7. Juni. Nach der Montags Debatte über die spanisch-englischen Streitigkeiten, welche damit endete, daß Lord Palmerston mit einigen Angriffen seiner Feinde und Freunde glücklich davon kam, ging das Unterhaus gestern zu einer Diskussion über, welche die innern Angelegenheiten des Landes betrifft. Lord Ashley, der Vater der Zehn-Stunden-Bill und unzähliger philantropischer Projekte, der von vielen Leuten in England mit einer wahren Verehrung betrachtet, von eben so vielen aber auch nur für einen frommen Charlatan gehalten wird, brachte nemlich den beklagenswerthen Zustand der jugendlichen Bevölkerung der Metropole vor das Parlament, indem er vorschlug, daß das Gouvernement jährlich eine gewisse Anzahl der in den sogenannten Londoner „Ragged Schools“ erzogenen Knaben und Mädchen nach den britischen Kolonieen emigriren lasse. Diese „Lumpen-Schulen“, wovon Lord Ashley spricht, sind Anstalten gottesfürchtiger Gesellschaften. Alle auf den Straßen umherlaufenden nackten, bettelnden, elternlosen Kinder, werden durch die Agenten der Anstalt eingeladen, die Straße zu verlassen und sich mit ihnen nach der Schule zu verfügen, wo sie gratis unterrichtet werden und die sie ad libitum wieder verlassen können. In 15 Schulen, die der philantropische Lord untersuchte, waren 2345 Kinder als Besuchende eingeschrieben; 1600 konnten indeß nur als regelmäßig Wiederkommende betrachtet werden. Das Alter der Besuchenden variirte zwischen fünf und siebenzehn Jahren. Von diesen 1600 Kindern waren 162 ein oder mehrmal im Gefängniß gewesen; 116 waren von Hause fortgelaufen; 170 schliefen in den entsetzlichsten Schenken und Kneipen; 253 gestanden, daß sie ganz vom Betteln lebten; 216 hatten weder Schuhe noch Strümpfe; 280 keine Kopfbedeckung; 101 keine Hemden; 249 schliefen nie in einem Bett; 68 waren Kinder von Verbrechern; 125 hatten Stiefmütter; 306 waren halb oder ganz elternlos. Die Beschäftigung dieser Kinder, sobald sie die „Lumpenschule“ Mittags oder Abends wieder verlassen hatten, bestand in Straßenfegen, Zigarren-Orangen-, Schwefehölzer- und Balladen-Verkauf, in singen, tanzen, stehlen u. s. w. Auf's genauste schilderte Lord Ashley in welcher Weise und an welchen Orten diese Kinder die Nacht verbringen. Er glaubte, daß sich wenigstens 30,000 derselben in London aufhielten. Dann zu seiner Motion übergehend, schlug er vor, daß das Gouvernement jährlich 500 Knaben und 500 Mädchen nach Süd-Australien verpflanze, und daß man diese Uebersiedelung in den Schulen stets so darstelle, daß die Kinder sich durch Fleiß und Aufmerksamkeit eines Herausreißens aus ihren bisherigen Verhältnissen würdig zu machen suchten. Sir H. Verney unterstützte den Vorschlag, und hoffte, daß auch andre große Städte und die Landdistrikte bei einer solchen Emigration berücksichtigt würden, worauf sich Sir G. Grey erhob und den Vorschlag Lord Ashley's ebenfalls willkommen hieß. Er hat indeß, daß der edle Lord nicht sofort auf eine Abstimmung darüber dringe und erst eine detaillirte Motion in der Angelegenheit mache, womit sich Lord Ashley denn auch einverstanden erklärte, und einstweilen seinen ersten Vorschlag wieder zurückzog. ‒ In Folge der gestern bereits erwähntrn Chartisten-Meetings auf Bethnal-green ist der bekannte Redner Ernest Jones verhaftet worden. Die Londoner Blätter sprechen darüber, als sei die Arrestation in London selbst geschehen. Nach einer mit dem elektrischen Telegraphen eingegangenen Nachricht, geschah sie in Manchester. Hr. Fussell, der die Versammlungen auf Clerkenwell-green leitete, wurde ebenfalls arretirt. Wir müssen abwarten, welchen Eindruck diese Nachrichten auf das Volk machen werden. Amerika. Außer der gestern bereits mitgetheilten mexikanischen und nordamerikanischen Post, haben wir heute das Eintreffen des „Firebrand“ von Monte-Video zu melden mit Briefen vom 13. April. Rio, 28. April. Baron Gros, französischer Gesandter, war hingekommen und begann mit den kriegführenden Parteien zu unterhandlen. Die Nachricht der französischen Revolution, welche ihm auf dem Fuße folgte, brachte ihn aber in eine verzweifelte Position. Französische Wechsel konnten nicht mehr acceptirt werden. ‒ Lord Howden kehrte mit dem „Firebrand“ nach England zurück. In seiner Mission an das brasilianische Gouvernement hat er nicht reussirt. Neueste Nachrichten. Schleswig-Holstein. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Der Gerant: Korff. (Hierzu eine Beilag <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar010_020" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0004" n="0044"/> men werden sollen; die Strafen sind barbarisch, Kartätschen und bis zu 10 Jahre Kerker, je nach den dreimaligen Trommelschlägen und nach der Tageszeit. Nicht minder erboßt ist die regierende Bourgeoisie gegen die Maueraffichen, die von jetzt ab unter Verantwortlichkeit des Verfassers stehen werden, so daß „<hi rendition="#g">der „Urheber einer die öffentliche Ruhe störenden „Affiche gleich dem Urheber einer die öffentliche „Ruhe störenden Zusammenrottirung polizeilich „und gerichtlich zu behandeln ist.</hi>“ In der That, was bleibt noch übrig von der vielbelobten Freiheit? Gewiß folgt bald ein Gesetz gegen die Klubs, deren einige bereits 8 Tage lang nach dem 15. Mai geschlossen werden mußten. Gestern Abend war eine heftige Erbitterung im Volk wegen des von Marrast erlassenen Verbots des Zusammenrottirens und Diskutirens und wegen der über zwei angeblich ungehorsame Brigaden der Nationalwerkstätten verhängten Strafe. Um zehn Uhr ward die bewaffnete Gewalt geholt, bestehend aus Bourgeoisgarde, Linie und Mobilgarde; der Polizeikommissär gürtete die Trikolore um und marschirte vorauf. Das Volk pfiff und lief auseinander.</p> <p>‒ Das Riesenbankett der hundert zehn tausend Arbeiter à fünf Sous per Kopf, im Wäldchen bei Vincennes (in dessen Schloß Barbes, Raspail, Sobrier und Blanqui liegen), wird höchst wahrscheinlich durch die obigen Gesetze hintertrieben werden. Der „National“ wird offenbar bald ganz die Leitung der Angelegenheiten übernehmen; Marrast kommt gewiß in die Kommission und wird von dort herab vielleicht mit Thiers sich wieder verständigen und mit ihm zusammen operiren. Bekannt ist der Ausspruch des greisen Cabet: „Armand Marrast c'est l'être le plus corrom-pant et le plus corrompu dans toute la France.“ Louis Philipp hatte notorisch für den Fall einer weiblichen Regentschaft, dem Marrast die Konseilpräsidentur zugesichert. ‒ Louis Blanc ist zwar gegen juridische Nachstellung vorläufig gesichert, aber er wird, heißt es, nichtsdestoweniger sich zurückziehen und dem Volke seine Rehabilitirung überlassen.</p> </div> <div xml:id="ar010_021" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Paris,</hi> 7. Juni.</head> <p>Die Partei des National müßte einsehn, daß sie vollständig die Partei der Gironde erneuert. Wie die Girondisten nach dem 10. August, findet sie sich eingeklemmt zwischen der Bourgeoisie und dem Volk, zwischen der konstitutionellen Monarchie und der socialen Republik. Sie hat für sich weder die Gesellschaft von oben, noch die Gesellschaft von unten. Wie die Girondisten will sie die Republik, aber die Republik ohne das Volk, was ein Königthum ohne König sein würde. Sie sagt daher weder den Royalisten zu, noch den volksthümlichen Republikaneur. Sie ist eine Halbpartei, während man in der Revolution seine Partei ganz nehmen muß.</p> <bibl>(La vraie République.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Schweiz.</head> <div xml:id="ar010_022" type="jArticle"> <head> <hi rendition="#g">Luzern.</hi> </head> <p>Der bekannte, unter Siegwarts Herrschaft gefürchtete Zuchthaus-Direktor Kost und einer seiner Handlanger, Zuchtmeister Ineichen, sind wegen Verbrechen schwerster Art, die sie während ihrer Amtsführung begangen haben sollen, verhaftet worden.</p> </div> <div xml:id="ar010_023" type="jArticle"> <head> <hi rendition="#g">Schwyz.</hi> </head> <p>Der Regierungsrath hat die Bruderschaft zum kostbaren Blut am Steinenberg (das berüchtigte Rollfußische Töchter-Institut) nach angestellter Untersuchung aufgehoben.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar010_024" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Neapel,</hi> 21. Mai.</head> <p>Nehmen Sie immerhin alle möglichen Beurtheilungen des 15. Mai in Ihre Spalten auf, gestatten Sie König, Schweizern und Lazzaroni alle möglichen Entschuldigungen: die Wahrheit, daß ein längst vorbereiteter Staatsstreich Neapel dem Verderben nahe brachte, kann nicht geleugnet werden. Der König, niedergeschmettert von den Ereignissen in Sicilien, gab mit sehr gemischten Gefühlen die Konstitution; sein Ingrimm über die stets sich mehrenden Ansprüche steigerte sich von Tag zu Tag, er fing an zu bereuen, Delcarretto's Rath der Contrevolution nicht befolgt zu haben, und kampflustige Gendarmen, Schweizer und Stabsoffiziere stachelten seinen Ehrgeiz. Priester und Lazzaroni halfen. Während der König allmälig 15,000 Mann in Neapel zusammenzog, schickte er die wüthendsten Schreier als Kanonenfutter gegen die Oesterreicher, mit weiteren Truppensendungen zögerte er und bediente sich seiner Kunstgriffe, stets den Schein rettend. Es würde zu weit führen, die fabelhaften Hindernisse zu entwickeln, welche er dem Abmarsch seines Heeres entgegenstellte. Auf dem Campo wurde ein künstlicher Krawall zwischen Nationalgarde und Volk veranstaltet, Feindschaft zwischen einzelnen königlichen Truppenkorps wurde erheuchelt, tausend Galeerensträflinge wurden in Freiheit gesetzt, um die Stadt und das Land unsicher zu machen, der Kanonikus Pellicano wurde in der Kirche von Marinesoldaten verwundet, Gerüchte über hohe Steuern, welche die Deputirten demnächst ausschreiben würden, waren darauf berechnet, das Volk zu erbittern; die Nationalgarde der verschiedenen Stadtquartiere wurde gegeneinander gehetzt, Monsignor Cocle durfte plötzlich wieder erscheinen, und der Nationalgarde war man bemüht die falsche Meinung beizubringen, daß die täglich mit Essen und Trinken regalirten Schweizer als freies Volk nimmer gegen die Bürger Neapels kämpfen würden, und tausend andere Dinge. Der 15. Mai schien hier wie anderswo der zum Ausbruch der Contrerevolution bestimmte Tag. Warum ernannte der König am 14. fünfzig Pairs, da er doch wußte, daß die Nation durchaus keine Pairs wollte? Es war augenscheinlich darauf abgesehen, auf's äußerste zu reizen. Alles schien sorgfältig verabredet. Um Mittag ging von unbekannter Hand ‒ man sagt von einem als Nationalgardist verkleideten Gendarmen ‒ das verhängnißvolle Signal, der erste Schuß los. Die Schweizer hatten jeder 50 bis 60 Patronen, die 5000 kämpfenden Gegner kaum vier oder fünf jeder. Wo Schweizer und königliche Soldaten mordend und raubend eindrangen, da folgten ihnen sechzig bis siebzig wohldisciplinirte Lazzaroni und füllten ihre Säcke, welche vorher genäht und von den Weibern in Bereitschaft gehalten wurden. Ja, was das wunderbarste, diese Lazzaroni waren urplötzlich verschwunden, als Admiral Baudin energische drohende Maßregeln ergriff. Nunziante und andere <hi rendition="#g">hatten Befehl</hi> in den Gräben des Castello Nuovo alle eingebrachten Gefangenen zu erschießen. Es warfen sich mehrere Personen dem König zu Füßen und baten um Befehl zum Aufhören des Blutvergießens, aber König Ferdinand, welcher mehreremal geäußert, daß er große Lust hege seinen „amatis[#]imi sudditi“ die Fenster zu zerschmettern, blieb unerbittlich, ja er scheint seiner Hauptstadt eine vierundzwanzigstündige Plünderung mit Mord und Brand zugedacht zu haben, während es ihm in der Nacht vom 14. zum 15. Mai noch ein leichtes gewesen wäre den Barrikadenbau durch eine Schwadron Husaren zu hindern und die Stadt durch Auflösung der Pairskammer vorläufig zu beruhigen. Neapel verdankt seine Rettung hauptsächlich dem Admiral Baudin, und die in Neapel lebenden Deutschen haben alle Ursache der französischen Nation zu danken. Wann wird die Zeit kommen, wo ein Deutscher durch Deutschland geschützt sein wird? Der würtembergische Konsul wurde im Palast Gravina <hi rendition="#g">rein ausgeplündert</hi> und rettete sich mit einer Dame auf ein französisches Kriegsschiff. Es ist wahr, daß die Truppen (auch die Schweizer) grausam verfuhren. Viele unschuldige Opfer fielen unter den Bürgern. In Vico Campane z. B. wurden fünf Personen todt aus einem Brunnen gezogen, <hi rendition="#g">Frauen wurden verbrannt,</hi> vornehme Damen in die gemeinsten Gefängnisse geworfen, und im Pallast Gravina sah einer meiner Freunde sechs Leichen mit zerschlagenen Schädeln. Einzelne Calabresen vertheidigten sich wie Löwen: derjenige welcher den Major v. Salis erschoß, jauchzte bei seiner Gefangennehmung, ein anderer kreuzte als ihm die Munition ausging, die Arme und empfing gelassen die tödtende Kugel. Hunderte schwuren bei der Madonna und allen Heiligen den König zu ermorden. Die Aufregung in den Provinzen ist ungeheuer. Tausende von Familien sind unglücklich geworden. Grimmige Wuth kocht in allen Herzen. Es ist dem König jetzt nicht mehr möglich, Vertrauen zu erwecken er wird ‒ so glaubt man allgemein ‒ seinem Reich den Rücken wenden, nachdem er vorher Befehl ertheilt die Hauptstadt von St. Elmo aus zu beschießen. Das Wort „Konstitution“, womit der König fortdauernd prahlt, ist ein Popanz, dem jeder aus dem Wege geht. Es ist thöricht zu behaupten, daß anfänglich die Truppen in die Luft geschossen: es wurde sogleich mit Wuth der Kampf begonnen und viele Stunden lang wurde gemordet, nachdem längst aller Widerstand aufgehört hatte.</p> <bibl>(A. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar010_025" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Mailand,</hi> 3. Juni.</head> <p>Die Besatzung von Peschiera erhielt eine ehrenvolle Kapitulation. Die Offiziere behielten ihre Seitengewehre, den Unteroffizieren und Soldaten werden die Waffen erst in Ankona überliefert. Die Festung enthielt noch große Vorrähe von Waffen und Munition, 100 Kanonen, aber wenig Lebensmittel mehr. Es wurde erzählt, und es scheint sich zu bestätigen, daß die Ungarn und Italiener, als die Besatzung von Mantua zu einem Angriffe auszog, die Thore der Festung schlossen, so, daß die Oesterreicher, welche zurückkehrten, genöthigt waren, außen zu kampiren, und von den Piemontesen heftig angegriffen wruden. Bei Goito sollen am 29. und 30. Mai etwa 7000 (?) Todte und Verwundete geblieben sein. Der Verlust der Toskaner, die sich am 29. unklugerweise mit einem viel stärkern Feind einließen, war sehr bedeutend. ‒ Die lombardische Regierung hat einen <hi rendition="#g">Gesandten nach Frankfurt</hi> an die Nationalversammlung geschickt.</p> <bibl>(Z. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar010_026" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Mailand,</hi> 3. Juni.</head> <p>Ueber die Einnahme von Peschiera gibt ein offizielles Bulletin, das gestern Nachmittag hier erschienen, folgende Details: Am 30. Mai Abends 11 Uhr hat, wie bereits gemeldet wurde, Peschiera kapitulirt. Nach abgeschlossener Uebereinkunft rückten in das Fort mehrere italienische Offiziere mit einer Kompagnie Artillerie und einer Kompagnie Scharfschützen ein. Am 31. mit Tagesanbruch zog das ganze 13. Regiment und das parmesanische Milizkorps unter dem Gesang der Nationalhymme ein. Mittags zogen die Oesterreicher vor unsern Truppen vorüber mit ihren Waffen zum Thor von Brescia hinaus und legten dort die Waffen nieder. Nur die Offiziere durften die Degen behalten. Die Garnison, aus 1600 Kroaten bestehend, ist unter Bedeckung gestern in Brescia angelangt. Im Fort fanden wir viel Kriegsmaterial, Bomben, Mörser etc. Das Innere der Häuser bot den Anblick der Verwüstung dar. Der Feind wollte bis aufs Aeußerste Widerstand leisten, und hatte die Vorräthe fast ganz aufgezehrt. Von den wenigen noch übrig gebliebenen Kanonieren mußte jeder 2 Kanonen bedienen; nach Zerstörung der Mühlen nahm man zu Handmühlen seine Zuflucht; fast alle Pferde waren aufgezehrt; es fehlte an Salz, und man ersetzte es durch Salpeter; die Soldaten plünderten die durch feindliche Bomben angezündeten Häuser, die wenigen noch übrig gebliebenen Einwohner, nicht über 400, mußten größtentheils an den Verschanzungen arbeiten, und wurden in die Kasematten aufgenommen. Ueber das ebenfalls am 30. Mai bei Goito stattgefundene Haupttreffen erfährt man noch, daß die Zahl der österreichischen Todten, Verwundeten und Gefangenen sehr groß war. Ein starkes feindliches Korps mit Geschütz war zwischen Rivalta und Ceresura eingeschlossen. Der Uebergang über den Oglio bei Marcaria wird von den Toskanern und den Nationalgarden der Umgegend bewacht. Lombardische Deserteurs vom Regiment Haugwitz, sowie versprengte Ungarn und Böhmen, erzählen von Abfall bei ihren Korps, und versichern, daß die Oesterreicher in dem Gefecht bei Montanara außer mehreren getödteten Stabsoffizieren über 400 Mann auf dem Kampfplatze liegen ließen. Die Uebergabe von Peschiera und die drei Siege der letzten Maitage stellen das Gelingen des Unabhängigkeitskrieges sicher.</p> </div> <div xml:id="ar010_027_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Arrivabene - Die Presse - Details über die Übergabe von Peschiera und über die Insurrektion. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 95.</bibl></note> <head><hi rendition="#g">Turin,</hi> 31. Mai.</head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar010_028_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Arrivabene - Die Presse - Details über die Übergabe von Peschiera und über die Insurrektion. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 95.</bibl></note> <head> <bibl> <author>*</author> </bibl> </head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar010_029_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Arrivabene - Die Presse - Details über die Übergabe von Peschiera und über die Insurrektion. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 95.</bibl></note> <head> <bibl> <author>*</author> </bibl> <hi rendition="#g">Mailand.</hi> </head> <gap reason="copyright"/> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar010_030" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl><hi rendition="#g">London,</hi> 7. Juni.</head> <p>Die Times sagt in ihrer letzten Dienstags-Nummer wörtlich:</p> <p>„Die preußische National-Versammlung ist aus Leuten zusammengesetzt, die weder Erfahrung, noch Charakter, noch Geschicklichkeit, ja, selbst nicht einmal gewöhnliche Erziehung haben.“</p> <p>‒ In der Oberhaussitzung vom Montag bemerkte der Bischof von Oxford daß seine Bill zum Schutze der Fremden nicht eine Unterdrückung der Bordelle bezwecke, sondern daß sie „im Gegentheil“ (on the contrary) die Verhütung jener großen Uebel bedeutender Städte, wie Kuppelei u. s. w. zu ihrem Gegenstande habe. Nach den besten Notizen die er habe bekommen können, lebten jetzt in London etwa 80,000 weibliche Wesen von der Prostitution und es sei sehr wahrscheinlich, daß wenigstens der vierte Theil dieser Unglücklichen durch solche Künste in ihr Elend hereingezogen wäre, wie sie eben die betreffende Bill zu verhüten beabsichtige.</p> <p>‒ Auf eine Interpellation des Hr. Munt erwiederte Lord Palmerston im Unterhause, daß das britische Gouvernement trotz seinen alten, freundschaftlichen Beziehungen zu dem Kaiser von Oesterreich, dennoch die lebendig te Sympathie für die hoffentlich erfolgreichen konstitutionellen Bestrebungen der Italiäner fühle, daß es indeß nicht beabsichtige, sich irgend wie in die Ereignisse Italiens einzumischen.</p> <p>Auf eine andre Frage des Hr. Urquhart antwortete derselbe Minister, daß die wegen Deutschland und Dänemark unternommene Vermittlung einzeln und nicht gemeinschaftlich mit irgend einem andern Gouvernement von der britischen Regierung geführt werde.</p> </div> <div xml:id="ar010_031" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Manchester,</hi> 6. Juni.</head> <p>Die neuliche Besserung im Geschäfte hat nicht ausgehalten. Wir können heute nur Ungünstiges sowohl von hier, als von der ganzen Umgegend aus berichten. In Manchester allein sind mehr als zehntausend Arbeiter ohne Beschäftigung.</p> <bibl>(Manchester Times.)</bibl> </div> <div xml:id="ar010_032" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Plymonth,</hi> 3. Juni.</head> <p>Ungefähr 200 junge Mädchen reißten am vorigen Donnerstag mit dem „Royal George“ nach Sydney, Neu-Süd-Wales, ab. Sie werden von den australischen Land- und Emigrations-Kommissären, welche sie in den inländischen Armenanstalten aussuchten, frei hinüber expedirt. Der Mangel an Dienstboten und die großen Seltenheit der Frauen in den Kolonieen, welche lange Zeit mit Bedauern bemerkt wurde, veranlaßte diese ungewohnte Sendung.</p> <p>Ein halbes Dutzend Matronen beaufsichtigen diese Mädchen und da der „Royal George“ wohl ausgerüstet ist, so werden sie ohne Zweifel eine gute Reise haben und ein herzliches Willkommen in der andern Hemisphäre finden.</p> <bibl>(Plymouth Times.)</bibl> </div> <div xml:id="ar010_033" type="jArticle"> <head><bibl><author>**</author></bibl><hi rendition="#g">London,</hi> 7. Juni.</head> <p>Nach der Montags Debatte über die spanisch-englischen Streitigkeiten, welche damit endete, daß Lord Palmerston mit einigen Angriffen seiner Feinde und Freunde glücklich davon kam, ging das Unterhaus gestern zu einer Diskussion über, welche die innern Angelegenheiten des Landes betrifft. Lord Ashley, der Vater der Zehn-Stunden-Bill und unzähliger philantropischer Projekte, der von vielen Leuten in England mit einer wahren Verehrung betrachtet, von eben so vielen aber auch nur für einen frommen Charlatan gehalten wird, brachte nemlich den beklagenswerthen Zustand der jugendlichen Bevölkerung der Metropole vor das Parlament, indem er vorschlug, daß das Gouvernement jährlich eine gewisse Anzahl der in den sogenannten Londoner „Ragged Schools“ erzogenen Knaben und Mädchen nach den britischen Kolonieen emigriren lasse. Diese „Lumpen-Schulen“, wovon Lord Ashley spricht, sind Anstalten gottesfürchtiger Gesellschaften. Alle auf den Straßen umherlaufenden nackten, bettelnden, elternlosen Kinder, werden durch die Agenten der Anstalt eingeladen, die Straße zu verlassen und sich mit ihnen nach der Schule zu verfügen, wo sie gratis unterrichtet werden und die sie ad libitum wieder verlassen können.</p> <p>In 15 Schulen, die der philantropische Lord untersuchte, waren 2345 Kinder als Besuchende eingeschrieben; 1600 konnten indeß nur als regelmäßig Wiederkommende betrachtet werden. Das Alter der Besuchenden variirte zwischen fünf und siebenzehn Jahren. Von diesen 1600 Kindern waren 162 ein oder mehrmal im Gefängniß gewesen; 116 waren von Hause fortgelaufen; 170 schliefen in den entsetzlichsten Schenken und Kneipen; 253 gestanden, daß sie ganz vom Betteln lebten; 216 hatten weder Schuhe noch Strümpfe; 280 keine Kopfbedeckung; 101 keine Hemden; 249 schliefen nie in einem Bett; 68 waren Kinder von Verbrechern; 125 hatten Stiefmütter; 306 waren halb oder ganz elternlos. Die Beschäftigung dieser Kinder, sobald sie die „Lumpenschule“ Mittags oder Abends wieder verlassen hatten, bestand in Straßenfegen, Zigarren-Orangen-, Schwefehölzer- und Balladen-Verkauf, in singen, tanzen, stehlen u. s. w.</p> <p>Auf's genauste schilderte Lord Ashley in welcher Weise und an welchen Orten diese Kinder die Nacht verbringen. Er glaubte, daß sich wenigstens 30,000 derselben in London aufhielten. Dann zu seiner Motion übergehend, schlug er vor, daß das Gouvernement jährlich 500 Knaben und 500 Mädchen nach Süd-Australien verpflanze, und daß man diese Uebersiedelung in den Schulen stets so darstelle, daß die Kinder sich durch Fleiß und Aufmerksamkeit eines Herausreißens aus ihren bisherigen Verhältnissen würdig zu machen suchten. Sir H. Verney unterstützte den Vorschlag, und hoffte, daß auch andre große Städte und die Landdistrikte bei einer solchen Emigration berücksichtigt würden, worauf sich Sir G. Grey erhob und den Vorschlag Lord Ashley's ebenfalls willkommen hieß. Er hat indeß, daß der edle Lord nicht sofort auf eine Abstimmung darüber dringe und erst eine detaillirte Motion in der Angelegenheit mache, womit sich Lord Ashley denn auch einverstanden erklärte, und einstweilen seinen ersten Vorschlag wieder zurückzog.</p> <p>‒ In Folge der gestern bereits erwähntrn Chartisten-Meetings auf Bethnal-green ist der bekannte Redner Ernest Jones verhaftet worden. Die Londoner Blätter sprechen darüber, als sei die Arrestation in London selbst geschehen. Nach einer mit dem elektrischen Telegraphen eingegangenen Nachricht, geschah sie in Manchester. Hr. Fussell, der die Versammlungen auf Clerkenwell-green leitete, wurde ebenfalls arretirt. Wir müssen abwarten, welchen Eindruck diese Nachrichten auf das Volk machen werden.</p> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#g">Amerika.</hi> </head> <div xml:id="ar010_034" type="jArticle"> <p>Außer der gestern bereits mitgetheilten mexikanischen und nordamerikanischen Post, haben wir heute das Eintreffen des „Firebrand“ von Monte-Video zu melden mit Briefen vom 13. April.</p> </div> <div xml:id="ar010_035" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Rio,</hi> 28. April.</head> <p>Baron Gros, französischer Gesandter, war hingekommen und begann mit den kriegführenden Parteien zu unterhandlen. Die Nachricht der französischen Revolution, welche ihm auf dem Fuße folgte, brachte ihn aber in eine verzweifelte Position. Französische Wechsel konnten nicht mehr acceptirt werden.</p> <p>‒ Lord Howden kehrte mit dem „Firebrand“ nach England zurück. In seiner Mission an das brasilianische Gouvernement hat er nicht reussirt.</p> </div> </div> <div n="1"> <div xml:id="ar010_036_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Neueste Nachrichten (Schleswig-Holstein). In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 97.</bibl></note> <head> <hi rendition="#g">Neueste Nachrichten. Schleswig-Holstein.</hi> </head> <gap reason="copyright"/> </div> </div> <div type="imprint"> <p>Der Gerant: <hi rendition="#g">Korff.</hi><lb/> Druck von <hi rendition="#g">W. Clouth,</hi> St. Agatha Nro. 12.</p> </div> <div n="1"> <p> <hi rendition="#b">(Hierzu eine Beilag</hi> </p> </div> </body> </text> </TEI> [0044/0004]
men werden sollen; die Strafen sind barbarisch, Kartätschen und bis zu 10 Jahre Kerker, je nach den dreimaligen Trommelschlägen und nach der Tageszeit. Nicht minder erboßt ist die regierende Bourgeoisie gegen die Maueraffichen, die von jetzt ab unter Verantwortlichkeit des Verfassers stehen werden, so daß „der „Urheber einer die öffentliche Ruhe störenden „Affiche gleich dem Urheber einer die öffentliche „Ruhe störenden Zusammenrottirung polizeilich „und gerichtlich zu behandeln ist.“ In der That, was bleibt noch übrig von der vielbelobten Freiheit? Gewiß folgt bald ein Gesetz gegen die Klubs, deren einige bereits 8 Tage lang nach dem 15. Mai geschlossen werden mußten. Gestern Abend war eine heftige Erbitterung im Volk wegen des von Marrast erlassenen Verbots des Zusammenrottirens und Diskutirens und wegen der über zwei angeblich ungehorsame Brigaden der Nationalwerkstätten verhängten Strafe. Um zehn Uhr ward die bewaffnete Gewalt geholt, bestehend aus Bourgeoisgarde, Linie und Mobilgarde; der Polizeikommissär gürtete die Trikolore um und marschirte vorauf. Das Volk pfiff und lief auseinander.
‒ Das Riesenbankett der hundert zehn tausend Arbeiter à fünf Sous per Kopf, im Wäldchen bei Vincennes (in dessen Schloß Barbes, Raspail, Sobrier und Blanqui liegen), wird höchst wahrscheinlich durch die obigen Gesetze hintertrieben werden. Der „National“ wird offenbar bald ganz die Leitung der Angelegenheiten übernehmen; Marrast kommt gewiß in die Kommission und wird von dort herab vielleicht mit Thiers sich wieder verständigen und mit ihm zusammen operiren. Bekannt ist der Ausspruch des greisen Cabet: „Armand Marrast c'est l'être le plus corrom-pant et le plus corrompu dans toute la France.“ Louis Philipp hatte notorisch für den Fall einer weiblichen Regentschaft, dem Marrast die Konseilpräsidentur zugesichert. ‒ Louis Blanc ist zwar gegen juridische Nachstellung vorläufig gesichert, aber er wird, heißt es, nichtsdestoweniger sich zurückziehen und dem Volke seine Rehabilitirung überlassen.
Paris, 7. Juni. Die Partei des National müßte einsehn, daß sie vollständig die Partei der Gironde erneuert. Wie die Girondisten nach dem 10. August, findet sie sich eingeklemmt zwischen der Bourgeoisie und dem Volk, zwischen der konstitutionellen Monarchie und der socialen Republik. Sie hat für sich weder die Gesellschaft von oben, noch die Gesellschaft von unten. Wie die Girondisten will sie die Republik, aber die Republik ohne das Volk, was ein Königthum ohne König sein würde. Sie sagt daher weder den Royalisten zu, noch den volksthümlichen Republikaneur. Sie ist eine Halbpartei, während man in der Revolution seine Partei ganz nehmen muß.
(La vraie République.) Schweiz. Luzern. Der bekannte, unter Siegwarts Herrschaft gefürchtete Zuchthaus-Direktor Kost und einer seiner Handlanger, Zuchtmeister Ineichen, sind wegen Verbrechen schwerster Art, die sie während ihrer Amtsführung begangen haben sollen, verhaftet worden.
Schwyz. Der Regierungsrath hat die Bruderschaft zum kostbaren Blut am Steinenberg (das berüchtigte Rollfußische Töchter-Institut) nach angestellter Untersuchung aufgehoben.
Italien. Neapel, 21. Mai. Nehmen Sie immerhin alle möglichen Beurtheilungen des 15. Mai in Ihre Spalten auf, gestatten Sie König, Schweizern und Lazzaroni alle möglichen Entschuldigungen: die Wahrheit, daß ein längst vorbereiteter Staatsstreich Neapel dem Verderben nahe brachte, kann nicht geleugnet werden. Der König, niedergeschmettert von den Ereignissen in Sicilien, gab mit sehr gemischten Gefühlen die Konstitution; sein Ingrimm über die stets sich mehrenden Ansprüche steigerte sich von Tag zu Tag, er fing an zu bereuen, Delcarretto's Rath der Contrevolution nicht befolgt zu haben, und kampflustige Gendarmen, Schweizer und Stabsoffiziere stachelten seinen Ehrgeiz. Priester und Lazzaroni halfen. Während der König allmälig 15,000 Mann in Neapel zusammenzog, schickte er die wüthendsten Schreier als Kanonenfutter gegen die Oesterreicher, mit weiteren Truppensendungen zögerte er und bediente sich seiner Kunstgriffe, stets den Schein rettend. Es würde zu weit führen, die fabelhaften Hindernisse zu entwickeln, welche er dem Abmarsch seines Heeres entgegenstellte. Auf dem Campo wurde ein künstlicher Krawall zwischen Nationalgarde und Volk veranstaltet, Feindschaft zwischen einzelnen königlichen Truppenkorps wurde erheuchelt, tausend Galeerensträflinge wurden in Freiheit gesetzt, um die Stadt und das Land unsicher zu machen, der Kanonikus Pellicano wurde in der Kirche von Marinesoldaten verwundet, Gerüchte über hohe Steuern, welche die Deputirten demnächst ausschreiben würden, waren darauf berechnet, das Volk zu erbittern; die Nationalgarde der verschiedenen Stadtquartiere wurde gegeneinander gehetzt, Monsignor Cocle durfte plötzlich wieder erscheinen, und der Nationalgarde war man bemüht die falsche Meinung beizubringen, daß die täglich mit Essen und Trinken regalirten Schweizer als freies Volk nimmer gegen die Bürger Neapels kämpfen würden, und tausend andere Dinge. Der 15. Mai schien hier wie anderswo der zum Ausbruch der Contrerevolution bestimmte Tag. Warum ernannte der König am 14. fünfzig Pairs, da er doch wußte, daß die Nation durchaus keine Pairs wollte? Es war augenscheinlich darauf abgesehen, auf's äußerste zu reizen. Alles schien sorgfältig verabredet. Um Mittag ging von unbekannter Hand ‒ man sagt von einem als Nationalgardist verkleideten Gendarmen ‒ das verhängnißvolle Signal, der erste Schuß los. Die Schweizer hatten jeder 50 bis 60 Patronen, die 5000 kämpfenden Gegner kaum vier oder fünf jeder. Wo Schweizer und königliche Soldaten mordend und raubend eindrangen, da folgten ihnen sechzig bis siebzig wohldisciplinirte Lazzaroni und füllten ihre Säcke, welche vorher genäht und von den Weibern in Bereitschaft gehalten wurden. Ja, was das wunderbarste, diese Lazzaroni waren urplötzlich verschwunden, als Admiral Baudin energische drohende Maßregeln ergriff. Nunziante und andere hatten Befehl in den Gräben des Castello Nuovo alle eingebrachten Gefangenen zu erschießen. Es warfen sich mehrere Personen dem König zu Füßen und baten um Befehl zum Aufhören des Blutvergießens, aber König Ferdinand, welcher mehreremal geäußert, daß er große Lust hege seinen „amatis[#]imi sudditi“ die Fenster zu zerschmettern, blieb unerbittlich, ja er scheint seiner Hauptstadt eine vierundzwanzigstündige Plünderung mit Mord und Brand zugedacht zu haben, während es ihm in der Nacht vom 14. zum 15. Mai noch ein leichtes gewesen wäre den Barrikadenbau durch eine Schwadron Husaren zu hindern und die Stadt durch Auflösung der Pairskammer vorläufig zu beruhigen. Neapel verdankt seine Rettung hauptsächlich dem Admiral Baudin, und die in Neapel lebenden Deutschen haben alle Ursache der französischen Nation zu danken. Wann wird die Zeit kommen, wo ein Deutscher durch Deutschland geschützt sein wird? Der würtembergische Konsul wurde im Palast Gravina rein ausgeplündert und rettete sich mit einer Dame auf ein französisches Kriegsschiff. Es ist wahr, daß die Truppen (auch die Schweizer) grausam verfuhren. Viele unschuldige Opfer fielen unter den Bürgern. In Vico Campane z. B. wurden fünf Personen todt aus einem Brunnen gezogen, Frauen wurden verbrannt, vornehme Damen in die gemeinsten Gefängnisse geworfen, und im Pallast Gravina sah einer meiner Freunde sechs Leichen mit zerschlagenen Schädeln. Einzelne Calabresen vertheidigten sich wie Löwen: derjenige welcher den Major v. Salis erschoß, jauchzte bei seiner Gefangennehmung, ein anderer kreuzte als ihm die Munition ausging, die Arme und empfing gelassen die tödtende Kugel. Hunderte schwuren bei der Madonna und allen Heiligen den König zu ermorden. Die Aufregung in den Provinzen ist ungeheuer. Tausende von Familien sind unglücklich geworden. Grimmige Wuth kocht in allen Herzen. Es ist dem König jetzt nicht mehr möglich, Vertrauen zu erwecken er wird ‒ so glaubt man allgemein ‒ seinem Reich den Rücken wenden, nachdem er vorher Befehl ertheilt die Hauptstadt von St. Elmo aus zu beschießen. Das Wort „Konstitution“, womit der König fortdauernd prahlt, ist ein Popanz, dem jeder aus dem Wege geht. Es ist thöricht zu behaupten, daß anfänglich die Truppen in die Luft geschossen: es wurde sogleich mit Wuth der Kampf begonnen und viele Stunden lang wurde gemordet, nachdem längst aller Widerstand aufgehört hatte.
(A. Z.) Mailand, 3. Juni. Die Besatzung von Peschiera erhielt eine ehrenvolle Kapitulation. Die Offiziere behielten ihre Seitengewehre, den Unteroffizieren und Soldaten werden die Waffen erst in Ankona überliefert. Die Festung enthielt noch große Vorrähe von Waffen und Munition, 100 Kanonen, aber wenig Lebensmittel mehr. Es wurde erzählt, und es scheint sich zu bestätigen, daß die Ungarn und Italiener, als die Besatzung von Mantua zu einem Angriffe auszog, die Thore der Festung schlossen, so, daß die Oesterreicher, welche zurückkehrten, genöthigt waren, außen zu kampiren, und von den Piemontesen heftig angegriffen wruden. Bei Goito sollen am 29. und 30. Mai etwa 7000 (?) Todte und Verwundete geblieben sein. Der Verlust der Toskaner, die sich am 29. unklugerweise mit einem viel stärkern Feind einließen, war sehr bedeutend. ‒ Die lombardische Regierung hat einen Gesandten nach Frankfurt an die Nationalversammlung geschickt.
(Z. Z.) Mailand, 3. Juni. Ueber die Einnahme von Peschiera gibt ein offizielles Bulletin, das gestern Nachmittag hier erschienen, folgende Details: Am 30. Mai Abends 11 Uhr hat, wie bereits gemeldet wurde, Peschiera kapitulirt. Nach abgeschlossener Uebereinkunft rückten in das Fort mehrere italienische Offiziere mit einer Kompagnie Artillerie und einer Kompagnie Scharfschützen ein. Am 31. mit Tagesanbruch zog das ganze 13. Regiment und das parmesanische Milizkorps unter dem Gesang der Nationalhymme ein. Mittags zogen die Oesterreicher vor unsern Truppen vorüber mit ihren Waffen zum Thor von Brescia hinaus und legten dort die Waffen nieder. Nur die Offiziere durften die Degen behalten. Die Garnison, aus 1600 Kroaten bestehend, ist unter Bedeckung gestern in Brescia angelangt. Im Fort fanden wir viel Kriegsmaterial, Bomben, Mörser etc. Das Innere der Häuser bot den Anblick der Verwüstung dar. Der Feind wollte bis aufs Aeußerste Widerstand leisten, und hatte die Vorräthe fast ganz aufgezehrt. Von den wenigen noch übrig gebliebenen Kanonieren mußte jeder 2 Kanonen bedienen; nach Zerstörung der Mühlen nahm man zu Handmühlen seine Zuflucht; fast alle Pferde waren aufgezehrt; es fehlte an Salz, und man ersetzte es durch Salpeter; die Soldaten plünderten die durch feindliche Bomben angezündeten Häuser, die wenigen noch übrig gebliebenen Einwohner, nicht über 400, mußten größtentheils an den Verschanzungen arbeiten, und wurden in die Kasematten aufgenommen. Ueber das ebenfalls am 30. Mai bei Goito stattgefundene Haupttreffen erfährt man noch, daß die Zahl der österreichischen Todten, Verwundeten und Gefangenen sehr groß war. Ein starkes feindliches Korps mit Geschütz war zwischen Rivalta und Ceresura eingeschlossen. Der Uebergang über den Oglio bei Marcaria wird von den Toskanern und den Nationalgarden der Umgegend bewacht. Lombardische Deserteurs vom Regiment Haugwitz, sowie versprengte Ungarn und Böhmen, erzählen von Abfall bei ihren Korps, und versichern, daß die Oesterreicher in dem Gefecht bei Montanara außer mehreren getödteten Stabsoffizieren über 400 Mann auf dem Kampfplatze liegen ließen. Die Uebergabe von Peschiera und die drei Siege der letzten Maitage stellen das Gelingen des Unabhängigkeitskrieges sicher.
Turin, 31. Mai. _ * _ * Mailand. _ Großbritannien. *London, 7. Juni. Die Times sagt in ihrer letzten Dienstags-Nummer wörtlich:
„Die preußische National-Versammlung ist aus Leuten zusammengesetzt, die weder Erfahrung, noch Charakter, noch Geschicklichkeit, ja, selbst nicht einmal gewöhnliche Erziehung haben.“
‒ In der Oberhaussitzung vom Montag bemerkte der Bischof von Oxford daß seine Bill zum Schutze der Fremden nicht eine Unterdrückung der Bordelle bezwecke, sondern daß sie „im Gegentheil“ (on the contrary) die Verhütung jener großen Uebel bedeutender Städte, wie Kuppelei u. s. w. zu ihrem Gegenstande habe. Nach den besten Notizen die er habe bekommen können, lebten jetzt in London etwa 80,000 weibliche Wesen von der Prostitution und es sei sehr wahrscheinlich, daß wenigstens der vierte Theil dieser Unglücklichen durch solche Künste in ihr Elend hereingezogen wäre, wie sie eben die betreffende Bill zu verhüten beabsichtige.
‒ Auf eine Interpellation des Hr. Munt erwiederte Lord Palmerston im Unterhause, daß das britische Gouvernement trotz seinen alten, freundschaftlichen Beziehungen zu dem Kaiser von Oesterreich, dennoch die lebendig te Sympathie für die hoffentlich erfolgreichen konstitutionellen Bestrebungen der Italiäner fühle, daß es indeß nicht beabsichtige, sich irgend wie in die Ereignisse Italiens einzumischen.
Auf eine andre Frage des Hr. Urquhart antwortete derselbe Minister, daß die wegen Deutschland und Dänemark unternommene Vermittlung einzeln und nicht gemeinschaftlich mit irgend einem andern Gouvernement von der britischen Regierung geführt werde.
Manchester, 6. Juni. Die neuliche Besserung im Geschäfte hat nicht ausgehalten. Wir können heute nur Ungünstiges sowohl von hier, als von der ganzen Umgegend aus berichten. In Manchester allein sind mehr als zehntausend Arbeiter ohne Beschäftigung.
(Manchester Times.) Plymonth, 3. Juni. Ungefähr 200 junge Mädchen reißten am vorigen Donnerstag mit dem „Royal George“ nach Sydney, Neu-Süd-Wales, ab. Sie werden von den australischen Land- und Emigrations-Kommissären, welche sie in den inländischen Armenanstalten aussuchten, frei hinüber expedirt. Der Mangel an Dienstboten und die großen Seltenheit der Frauen in den Kolonieen, welche lange Zeit mit Bedauern bemerkt wurde, veranlaßte diese ungewohnte Sendung.
Ein halbes Dutzend Matronen beaufsichtigen diese Mädchen und da der „Royal George“ wohl ausgerüstet ist, so werden sie ohne Zweifel eine gute Reise haben und ein herzliches Willkommen in der andern Hemisphäre finden.
(Plymouth Times.) **London, 7. Juni. Nach der Montags Debatte über die spanisch-englischen Streitigkeiten, welche damit endete, daß Lord Palmerston mit einigen Angriffen seiner Feinde und Freunde glücklich davon kam, ging das Unterhaus gestern zu einer Diskussion über, welche die innern Angelegenheiten des Landes betrifft. Lord Ashley, der Vater der Zehn-Stunden-Bill und unzähliger philantropischer Projekte, der von vielen Leuten in England mit einer wahren Verehrung betrachtet, von eben so vielen aber auch nur für einen frommen Charlatan gehalten wird, brachte nemlich den beklagenswerthen Zustand der jugendlichen Bevölkerung der Metropole vor das Parlament, indem er vorschlug, daß das Gouvernement jährlich eine gewisse Anzahl der in den sogenannten Londoner „Ragged Schools“ erzogenen Knaben und Mädchen nach den britischen Kolonieen emigriren lasse. Diese „Lumpen-Schulen“, wovon Lord Ashley spricht, sind Anstalten gottesfürchtiger Gesellschaften. Alle auf den Straßen umherlaufenden nackten, bettelnden, elternlosen Kinder, werden durch die Agenten der Anstalt eingeladen, die Straße zu verlassen und sich mit ihnen nach der Schule zu verfügen, wo sie gratis unterrichtet werden und die sie ad libitum wieder verlassen können.
In 15 Schulen, die der philantropische Lord untersuchte, waren 2345 Kinder als Besuchende eingeschrieben; 1600 konnten indeß nur als regelmäßig Wiederkommende betrachtet werden. Das Alter der Besuchenden variirte zwischen fünf und siebenzehn Jahren. Von diesen 1600 Kindern waren 162 ein oder mehrmal im Gefängniß gewesen; 116 waren von Hause fortgelaufen; 170 schliefen in den entsetzlichsten Schenken und Kneipen; 253 gestanden, daß sie ganz vom Betteln lebten; 216 hatten weder Schuhe noch Strümpfe; 280 keine Kopfbedeckung; 101 keine Hemden; 249 schliefen nie in einem Bett; 68 waren Kinder von Verbrechern; 125 hatten Stiefmütter; 306 waren halb oder ganz elternlos. Die Beschäftigung dieser Kinder, sobald sie die „Lumpenschule“ Mittags oder Abends wieder verlassen hatten, bestand in Straßenfegen, Zigarren-Orangen-, Schwefehölzer- und Balladen-Verkauf, in singen, tanzen, stehlen u. s. w.
Auf's genauste schilderte Lord Ashley in welcher Weise und an welchen Orten diese Kinder die Nacht verbringen. Er glaubte, daß sich wenigstens 30,000 derselben in London aufhielten. Dann zu seiner Motion übergehend, schlug er vor, daß das Gouvernement jährlich 500 Knaben und 500 Mädchen nach Süd-Australien verpflanze, und daß man diese Uebersiedelung in den Schulen stets so darstelle, daß die Kinder sich durch Fleiß und Aufmerksamkeit eines Herausreißens aus ihren bisherigen Verhältnissen würdig zu machen suchten. Sir H. Verney unterstützte den Vorschlag, und hoffte, daß auch andre große Städte und die Landdistrikte bei einer solchen Emigration berücksichtigt würden, worauf sich Sir G. Grey erhob und den Vorschlag Lord Ashley's ebenfalls willkommen hieß. Er hat indeß, daß der edle Lord nicht sofort auf eine Abstimmung darüber dringe und erst eine detaillirte Motion in der Angelegenheit mache, womit sich Lord Ashley denn auch einverstanden erklärte, und einstweilen seinen ersten Vorschlag wieder zurückzog.
‒ In Folge der gestern bereits erwähntrn Chartisten-Meetings auf Bethnal-green ist der bekannte Redner Ernest Jones verhaftet worden. Die Londoner Blätter sprechen darüber, als sei die Arrestation in London selbst geschehen. Nach einer mit dem elektrischen Telegraphen eingegangenen Nachricht, geschah sie in Manchester. Hr. Fussell, der die Versammlungen auf Clerkenwell-green leitete, wurde ebenfalls arretirt. Wir müssen abwarten, welchen Eindruck diese Nachrichten auf das Volk machen werden.
Amerika. Außer der gestern bereits mitgetheilten mexikanischen und nordamerikanischen Post, haben wir heute das Eintreffen des „Firebrand“ von Monte-Video zu melden mit Briefen vom 13. April.
Rio, 28. April. Baron Gros, französischer Gesandter, war hingekommen und begann mit den kriegführenden Parteien zu unterhandlen. Die Nachricht der französischen Revolution, welche ihm auf dem Fuße folgte, brachte ihn aber in eine verzweifelte Position. Französische Wechsel konnten nicht mehr acceptirt werden.
‒ Lord Howden kehrte mit dem „Firebrand“ nach England zurück. In seiner Mission an das brasilianische Gouvernement hat er nicht reussirt.
Neueste Nachrichten. Schleswig-Holstein. _ Der Gerant: Korff.
Druck von W. Clouth, St. Agatha Nro. 12.
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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