condamine seine Arbeiten über den Amazonenstrom angefangen; bei dieser Gelegenheit bestimmte ich die Höhe des Orts auf 1200' (also niedriger als München), nicht weit vom Wasserfall von Rustega, aber noch 700 Meilen vom Ausfluße; s. Steigt man etwas weiter hinab als Tamapenda so ist die Höhe nur noch @400'; also brauchte das Meer W. nur 400' zu steigen [u.]und ganz Südamerika würde verschwinden [u.]und die Andeskette sich wie eine lange schmale Insel von Nord nach Süd [sich] erstrecken. Sollten aber solche Erhöhungen des niveaus ein- treten, so würden sie über die ganze Erde gleichmäßig sich vertheilen müssen. So hat man fälschlich auf eine Anschwellung [u.]und Abnahme des Mittelmeers geschlossen, weil man an den Säulen des Serapistempel bei Pozzuoli 8-10' über dem Boden ange- backne Muscheln aus Salzwasser herrührend, bemerkte. Dies müste aber in historischer Zeit geschehen sein, denn aus solcher ist der Serapistempel gewiß, w. Wie wäre es denn aber möglich, daß wir durchaus keine Erwähnung einer solchen Fluth hätten die hinreichend gewesen wäre die Ebenen von Valenza[u.]undGrenada; so wie ganz Aegypten plötzlich zu überschwemmen [u.]und zu ersäufen? Andere meinen, die Säulen hätten lange Zeit im Wasser gelegen [u.]und da hätten sich die Muscheln angesetzt; ist auch unwahr- scheinlich, denn theils würde man nicht beschädigte Säulen für den Tempel gebraucht haben, theils hätte man sie gewiß gereinigt um sie aufzustellen. Das wahrscheinlichste ist, daß eine Dünenreihe vor dem Tempel nicht weit vom Ufer entstanden ist [u.]und daß sie eine "Mare" oder Salzlache bildete von 10' Höhe, worin die Muscheln lebten. Solche Erscheinungen von höhern Salzlachen am Ufer sind gar nicht selten.
condamine seine Arbeiten über den Amazonenstrom angefangen; bei dieser Gelegenheit bestimmte ich die Höhe des Orts auf 1200′ (also niedriger als München), nicht weit vom Wasserfall von Rustega, aber noch 700 Meilen vom Ausfluße; s. Steigt man etwas weiter hinab als Tamapenda so ist die Höhe nur noch 400′; also brauchte das Meer W. nur 400′ zu steigen [u.]und ganz Südamerika würde verschwinden [u.]und die Andeskette sich wie eine lange schmale Insel von Nord nach Süd [sich] erstrecken. Sollten aber solche Erhöhungen des niveaus ein- treten, so würden sie über die ganze Erde gleichmäßig sich vertheilen müssen. So hat man fälschlich auf eine Anschwellung [u.]und Abnahme des Mittelmeers geschlossen, weil man an den Säulen des Serapistempel bei Pozzuoli 8–10′ über dem Boden ange- backne Muscheln aus Salzwasser herrührend, bemerkte. Dies müste aber in historischer Zeit geschehen sein, denn aus solcher ist der Serapistempel gewiß, w. Wie wäre es denn aber möglich, daß wir durchaus keine Erwähnung einer solchen Fluth hätten die hinreichend gewesen wäre die Ebenen von Valenza[u.]undGrenada; so wie ganz Aegÿpten plötzlich zu überschwem̃en [u.]und zu ersäufen? Andere meinen, die Säulen hätten lange Zeit im Wasser gelegen [u.]und da hätten sich die Muscheln angesetzt; ist auch unwahr- scheinlich, denn theils würde man nicht beschädigte Säulen für den Tempel gebraucht haben, theils hätte man sie gewiß gereinigt um sie aufzustellen. Das wahrscheinlichste ist, daß eine Dünenreihe vor dem Tempel nicht weit vom Ufer entstanden ist [u.]und daß sie eine „Mare‟ oder Salzlache bildete von 10′ Höhe, worin die Muscheln lebten. Solche Erscheinungen von höhern Salzlachen am Ufer sind gar nicht selten.
<TEI><text><body><divtype="session"n="38"><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><hirendition="#aq"><pbfacs="#f0207"n="[201]"/><persNameresp="#BF"prev="#condamine1"ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118778390 http://d-nb.info/gnd/118778390"xml:id="condamine2">condamine</persName></hi> seine Arbeiten über den Amazonenstrom angefangen;<lb/>
bei dieser Gelegenheit bestimmte ich die Höhe des Orts auf 1200′<lb/>
(also niedriger als München), nicht weit vom Wasserfall von <hirendition="#aq">Rustega</hi>,<lb/>
aber noch 700 Meilen vom Ausfluße<subst><delrendition="#ow">; s</del><addplace="across">. S</add></subst>teigt man etwas weiter hinab<lb/>
als <hirendition="#aq">Tamapenda</hi> so ist die Höhe nur noch <delrendition="#s"hand="#pencil"></del>400′; also brauchte das Meer<lb/><noteplace="left"hand="#pencil">W.<lb/></note>nur 400′ zu steigen <subst><delrendition="#ow"><suppliedresp="#BF">u.</supplied></del><addplace="across">und</add></subst> ganz Südamerika würde verschwinden<lb/><subst><delrendition="#ow"><suppliedresp="#BF">u.</supplied></del><addplace="across">und</add></subst> die Andeskette sich wie eine lange schmale Insel von Nord nach<lb/>
Süd <delrendition="#erased"><suppliedreason="damage"resp="#BF">sich</supplied></del> erstrecken. Sollten aber solche Erhöhungen des <hirendition="#aq">niveaus</hi> ein-<lb/>
treten, so würden sie über die ganze Erde gleichmäßig sich<lb/>
vertheilen müssen. So hat man fälschlich auf eine Anschwellung<lb/><subst><delrendition="#ow"><suppliedresp="#BF">u.</supplied></del><addplace="across">und</add></subst> Abnahme des Mittelmeers geschlossen, weil man an den Säulen<lb/>
des <hirendition="#aq">Serapistempel</hi> bei <hirendition="#aq">Pozzuoli</hi> 8–10′ über dem Boden ange-<lb/>
backne Muscheln aus Salzwasser herrührend, bemerkte. Dies<lb/>
müste aber in historischer Zeit geschehen sein, denn aus solcher ist<lb/>
der <hirendition="#aq">Serapis</hi>tempel gewiß<subst><delrendition="#ow">, w</del><addplace="across">. W</add></subst>ie wäre es denn aber möglich, daß<lb/>
wir durchaus keine Erwähnung einer solchen Fluth hätten die<lb/>
hinreichend gewesen wäre die Ebenen von <hirendition="#aq">Valenza</hi><subst><delrendition="#ow"><suppliedresp="#BF">u.</supplied></del><addplace="across">und</add></subst><hirendition="#aq">Grenada</hi>;<lb/>
so wie ganz Aegÿpten plötzlich zu überschwem̃en <subst><delrendition="#ow"><suppliedresp="#BF">u.</supplied></del><addplace="across">und</add></subst> zu ersäufen?<lb/>
Andere meinen, die Säulen hätten lange Zeit im Wasser<lb/>
gelegen <subst><delrendition="#ow"><suppliedresp="#BF">u.</supplied></del><addplace="across">und</add></subst> da hätte<addplace="intralinear">n</add> sich die Muscheln angesetzt; ist auch unwahr-<lb/>
scheinlich, denn theils würde man nicht beschädigte Säulen für den<lb/>
Tempel gebraucht haben, theils hätte man sie gewiß gereinigt<lb/>
um sie aufzustellen. Das wahrscheinlichste ist, daß eine Dünenreihe<lb/>
vor dem Tempel nicht weit vom Ufer entstanden ist <subst><delrendition="#ow"><suppliedresp="#BF">u.</supplied></del><addplace="across">und</add></subst> daß sie eine<lb/><choice><orig>“</orig><regresp="#BF">„</reg></choice><hirendition="#aq">Mare</hi><choice><orig>„</orig><regresp="#BF">‟</reg></choice> oder Salzlache bildete von 10′ Höhe, worin die Muscheln lebten.<lb/>
Solche Erscheinungen von höhern Salzlachen am Ufer sind gar nicht<lb/>
selten.</p><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[[201]/0207]
condamine seine Arbeiten über den Amazonenstrom angefangen;
bei dieser Gelegenheit bestimmte ich die Höhe des Orts auf 1200′
(also niedriger als München), nicht weit vom Wasserfall von Rustega,
aber noch 700 Meilen vom Ausfluße. Steigt man etwas weiter hinab
als Tamapenda so ist die Höhe nur noch 400′; also brauchte das Meer
nur 400′ zu steigen und ganz Südamerika würde verschwinden
und die Andeskette sich wie eine lange schmale Insel von Nord nach
Süd erstrecken. Sollten aber solche Erhöhungen des niveaus ein-
treten, so würden sie über die ganze Erde gleichmäßig sich
vertheilen müssen. So hat man fälschlich auf eine Anschwellung
und Abnahme des Mittelmeers geschlossen, weil man an den Säulen
des Serapistempel bei Pozzuoli 8–10′ über dem Boden ange-
backne Muscheln aus Salzwasser herrührend, bemerkte. Dies
müste aber in historischer Zeit geschehen sein, denn aus solcher ist
der Serapistempel gewiß. Wie wäre es denn aber möglich, daß
wir durchaus keine Erwähnung einer solchen Fluth hätten die
hinreichend gewesen wäre die Ebenen von Valenza und Grenada;
so wie ganz Aegÿpten plötzlich zu überschwem̃en und zu ersäufen?
Andere meinen, die Säulen hätten lange Zeit im Wasser
gelegen und da hätten sich die Muscheln angesetzt; ist auch unwahr-
scheinlich, denn theils würde man nicht beschädigte Säulen für den
Tempel gebraucht haben, theils hätte man sie gewiß gereinigt
um sie aufzustellen. Das wahrscheinlichste ist, daß eine Dünenreihe
vor dem Tempel nicht weit vom Ufer entstanden ist und daß sie eine
“Mare„ oder Salzlache bildete von 10′ Höhe, worin die Muscheln lebten.
Solche Erscheinungen von höhern Salzlachen am Ufer sind gar nicht
selten.
W.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in
Anonym (Hg.): Alexander von Humboldts Vorlesungen über physikalische
Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin
im Winter von 1827 bis 1828. Berlin, 1934. anhand der Vorlage
geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß
dem DTA-Basisformat
kodiert.
[N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. [201]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827/207>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.