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[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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über den Ursprung der Bestandtheile in den Thermalwässern. Reines, mit
Kohlensäure verbundenes Wasser unter einem großen Druck durch das ge-
pulverte Material des Gesteins aus dem ein Mineralwasser entspringt, ge-
trieben, wird nämlich dem Thermalwasser sehr ähnlich, und enthält in ähnlichen
Proportionen dieselben Bestandtheile.

Der Zusammenhang des Phänomens der heißen Quellen mit Erdbeben
und Vulkanen ist eben so merkwürdig als constatirt. Als im Jahre 1755
Lissabon erschüttert und zerstört wurde, blieben die Quellen zu Carlsbad und
Teplitz aus, und kamen rothgefärbt zurück. In demselben Zeitpunkte er-
folgte ein Wasserbeben im Ocean, empfunden von dem Westindischen
Archipelagus an bis nach Abo in Finnland. Ueberhaupt fehlt es nicht an ent-
scheidenden Beweisen, daß die vulkanischen Wirkungen nicht von kleinli-
chen der Oberfläche nahen Ursachen abhangen, sondern große, tiefbegründete
Erscheinungen sind. Selbst die Erdbeben liefern merkwürdige Beweise von der
Existenz unterirrdischer Verbindungen, nicht blos zwischen vulkanlosen Bändern,
sondern auch zwischen Feuerschlünden, die weit voneinander entfernt sind.
So stieß der Vulkan bei der Stadt Pasto 3 Monat lang ununterbrochen eine
hohe Rauchsäule aus. Diese Säule verschwand in demselben Augenblick, am
4ten Februar 1797 als 60 Meilen davon das große Erdbeben von Riobamba, und
der Schlammausbruch der Moya 30-40,000 Indianer tödtete. Dieses Erdbe-
ben, das zerstörendste von dem man vielleicht überhaupt Kenntniß hat,
schien sich im Innern des Tuncuragua vorbereitet zu haben, in welchem man
schon Jahre vorher von Zeit zu Zeit Getöse und Brüllen gehört hatte. Die Mit-

empfindung

über den Ursprung der Bestandtheile in den Thermalwässern. Reines, mit
Kohlensäure verbundenes Wasser unter einem großen Druck durch das ge-
pulverte Material des Gesteins aus dem ein Mineralwasser entspringt, ge-
trieben, wird nämlich dem Thermalwasser sehr ähnlich, und enthält in ähnlichen
Proportionen dieselben Bestandtheile.

Der Zusammenhang des Phänomens der heißen Quellen mit Erdbeben
und Vulkanen ist eben so merkwürdig als constatirt. Als im Jahre 1755
Lissabon erschüttert und zerstört wurde, blieben die Quellen zu Carlsbad und
Teplitz aus, und kamen rothgefärbt zurück. In demselben Zeitpunkte er-
folgte ein Wasserbeben im Ocean, empfunden von dem Westindischen
Archipelagus an bis nach Åbo in Finnland. Ueberhaupt fehlt es nicht an ent-
scheidenden Beweisen, daß die vulkanischen Wirkungen nicht von kleinli-
chen der Oberfläche nahen Ursachen abhangen, sondern große, tiefbegründete
Erscheinungen sind. Selbst die Erdbeben liefern merkwürdige Beweise von der
Existenz unterirrdischer Verbindungen, nicht blos zwischen vulkanlosen Bändern,
sondern auch zwischen Feuerschlünden, die weit voneinander entfernt sind.
So stieß der Vulkan bei der Stadt Pasto 3 Monat lang ununterbrochen eine
hohe Rauchsäule aus. Diese Säule verschwand in demselben Augenblick, am
4ten Februar 1797 als 60 Meilen davon das große Erdbeben von Riobamba, und
der Schlammausbruch der Moya 30–40,000 Indianer tödtete. Dieses Erdbe-
ben, das zerstörendste von dem man vielleicht überhaupt Kenntniß hat,
schien sich im Innern des Tuncuragua vorbereitet zu haben, in welchem man
schon Jahre vorher von Zeit zu Zeit Getöse und Brüllen gehört hatte. Die Mit-

empfindung
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[15r/0033] über den Ursprung der Bestandtheile in den Thermalwässern. Reines, mit Kohlensäure verbundenes Wasser unter einem großen Druck durch das ge- pulverte Material des Gesteins aus dem ein Mineralwasser entspringt, ge- trieben, wird nämlich dem Thermalwasser sehr ähnlich, und enthält in ähnlichen Proportionen dieselben Bestandtheile. Der Zusammenhang des Phänomens der heißen Quellen mit Erdbeben und Vulkanen ist eben so merkwürdig als constatirt. Als im Jahre 1755 Lissabon erschüttert und zerstört wurde, blieben die Quellen zu Carlsbad und Teplitz aus, und kamen rothgefärbt zurück. In demselben Zeitpunkte er- folgte ein Wasserbeben im Ocean, empfunden von dem Westindischen Archipelagus an bis nach Åbo in Finnland. Ueberhaupt fehlt es nicht an ent- scheidenden Beweisen, daß die vulkanischen Wirkungen nicht von kleinli- chen der Oberfläche nahen Ursachen abhangen, sondern große, tiefbegründete Erscheinungen sind. Selbst die Erdbeben liefern merkwürdige Beweise von der Existenz unterirrdischer Verbindungen, nicht blos zwischen vulkanlosen Bändern, sondern auch zwischen Feuerschlünden, die weit voneinander entfernt sind. So stieß der Vulkan bei der Stadt Pasto 3 Monat lang ununterbrochen eine hohe Rauchsäule aus. Diese Säule verschwand in demselben Augenblick, am 4 Febr. 1797 als 60 Meilen davon das große Erdbeben von Riobamba, und der Schlammausbruch der Moya 30–40,000 Indianer tödtete. Dieses Erdbe- ben, das zerstörendste von dem man vielleicht überhaupt Kenntniß hat, schien sich im Innern des Tuncuragua vorbereitet zu haben, in welchem man schon Jahre vorher von Zeit zu Zeit Getöse und Brüllen gehört hatte. Die Mit- empfindung

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Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

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Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt: Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt a. M.: Insel. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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Zitationshilfe: [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 15r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/33>, abgerufen am 23.11.2024.