[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]lebend, den Himmel fast nur wie durch eine Esse beobachten können; da man Jedenfalls aber gehört die Annahme der entwickelten Naturweisheit bei Merkwürdig ist, die bei allen früher gebildeten, abendländischen Völkern lebend, den Himmel fast nur wie durch eine Esse beobachten können; da man Jedenfalls aber gehört die Annahme der entwickelten Naturweisheit bei Merkwürdig ist, die bei allen früher gebildeten, abendländischen Völkern <TEI> <text> <body> <div type="session" n="12"> <p><pb facs="#f0107" n="52r"/> lebend, den Himmel fast nur wie durch eine Esse beobachten können; da man<lb/> doch voraussetzen möchte, daß<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 148: "das".</note> jene <choice><sic>Idee</sic><corr resp="#CT">Ideen</corr></choice> nur auf den großen Savannen ent-<lb/> standen seyn können<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 148: "könne".</note>, die einen unbegränzten Ueberblick des Sternen-<lb/> gewölbes gestatten.</p><lb/> <p>Jedenfalls aber gehört die Annahme der entwickelten Naturweisheit bei<lb/> den wilden Völkern, zu einer Sphäre des Glaubens, die unsern Untersu-<lb/> chungen fremd bleiben muß.</p><lb/> <p>Merkwürdig ist, die bei allen früher gebildeten, abendländischen Völkern<lb/> allgemein verbreitete Sage einer Naturweisheit, die von Norden her ihnen<lb/> zugekommen sey. Nördlich vom <hi rendition="#aq">Hymalaja</hi> hat der Kultus des <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118664417 http://d-nb.info/gnd/118664417">Buddha</persName></hi> und<lb/> des <hi rendition="#aq">Brahma</hi> seinen Ursprung genommen, und von dorther hat zuerst Bil-<lb/> dung sich über die Inder verbreitet. Eben so stammen bei den <hi rendition="#aq">Chaldaeern</hi><lb/> und <hi rendition="#aq">Hellenen</hi> die <hi rendition="#aq">bacchischen</hi> und <hi rendition="#aq">orphischen</hi> Geheimnisse aus <hi rendition="#aq">Thracien</hi> her, und<lb/> alle ihre religiösen Sagen sind vom<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 149: "von".</note> Norden herabgekommen. Eine sonder-<lb/> bare mythische Person, den<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 149: "der".</note> Hyperboräer <hi rendition="#aq">Abaris</hi>, den<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 149: "dem".</note> Luftwanderer, dem<lb/> ein vorangehender Pfeil seinen Weg zeigt, finden wir sogar in <hi rendition="#aq">Amerika</hi><lb/> wieder. Man ist so weit gegangen, diese Sage auf den Compaß zu bezie-<lb/> hen, und darin eine Kenntniß der nach Norden wirkenden magnetischen<lb/> Kräfte finden zu wollen. – Ich erinnere noch an den <choice><sic><hi rendition="#aq">caucasis</hi>schen</sic><corr resp="#CT"><hi rendition="#aq">caucasi</hi>schen</corr></choice><lb/><hi rendition="#aq">Prometheus</hi>, den die Sage das himmlische Feuer den Völkern herabbringen läßt,<lb/> und an <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118597248 http://d-nb.info/gnd/118597248">Pythagoras</persName></hi>, der mit seinem Schüler oder Diener <hi rendition="#aq">Zamolxis</hi> zu den Hy-<lb/> perboräern zurückgekehrt seyn soll, wo in Phöbos altem Garten, glückliche und ge-<lb/> sittete Völker einen goldreichen Boden bewohnten.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [52r/0107]
lebend, den Himmel fast nur wie durch eine Esse beobachten können; da man
doch voraussetzen möchte, daß jene Ideen nur auf den großen Savannen ent-
standen seyn können, die einen unbegränzten Ueberblick des Sternen-
gewölbes gestatten.
Jedenfalls aber gehört die Annahme der entwickelten Naturweisheit bei
den wilden Völkern, zu einer Sphäre des Glaubens, die unsern Untersu-
chungen fremd bleiben muß.
Merkwürdig ist, die bei allen früher gebildeten, abendländischen Völkern
allgemein verbreitete Sage einer Naturweisheit, die von Norden her ihnen
zugekommen sey. Nördlich vom Hymalaja hat der Kultus des Buddha und
des Brahma seinen Ursprung genommen, und von dorther hat zuerst Bil-
dung sich über die Inder verbreitet. Eben so stammen bei den Chaldaeern
und Hellenen die bacchischen und orphischen Geheimnisse aus Thracien her, und
alle ihre religiösen Sagen sind vom Norden herabgekommen. Eine sonder-
bare mythische Person, den Hyperboräer Abaris, den Luftwanderer, dem
ein vorangehender Pfeil seinen Weg zeigt, finden wir sogar in Amerika
wieder. Man ist so weit gegangen, diese Sage auf den Compaß zu bezie-
hen, und darin eine Kenntniß der nach Norden wirkenden magnetischen
Kräfte finden zu wollen. – Ich erinnere noch an den caucasischen
Prometheus, den die Sage das himmlische Feuer den Völkern herabbringen läßt,
und an Pythagoras, der mit seinem Schüler oder Diener Zamolxis zu den Hy-
perboräern zurückgekehrt seyn soll, wo in Phöbos altem Garten, glückliche und ge-
sittete Völker einen goldreichen Boden bewohnten.
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Zitationshilfe: | [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 52r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/107>, abgerufen am 16.02.2025. |