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Morgenblatt für gebildete Leser. Nr. 34. Stuttgart/Tübingen, 24. August 1856.

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[Beginn Spaltensatz]
Wenn mir erscheint der Tod,
Laß ich den Leib der Noth,
Laß ich den Leib der Pein,
Der meines Jesu Feind will seyn.
Mit Freuden wart ich lang
Auf meinen letzten Gang;
Nach Jesum tracht ich sehr,
Mein wahres Ehgemahl ist er.
Wenn alle Ketten mein
Gebrochen werden seyn,
Steig' ich in's luft'ge Reich
Empor, der lieben Lerche gleich.
Den Mond im Rücken weit
Mit stolzem Fuße schreit'
Jch auf dem Sonnenball,
Und tret ich auf die Sterne all.
Dann von der Erde fern,
Von diesem Thränenstern,
Die Blicke noch gewandt
Zurück zu meinem Heimathland,
Sprech ich: Mein Land Ade!
Ade, du Welt voll Weh!
Ade, du Erdenthal
Mit deiner großen Last und Qual!
Ade o Noth und Pein,
Ade ihr Sünden mein,
Ade geängstigt Herz,
Jch steige freudig himmelwärts!
Nunmehr der böse Feind
Mir nimmer furchtbar scheint,
Seit meine Stunde schlug
Bin ich gerettet all genug.
Mein Leib auf irrer Bahn,
Wie ein verlorner Kahn,
Hat mich hieher gebracht
Trotz Wogensturm und Wetternacht.
O Tod, du Pförtner du,
Der mir das Schloß der Ruh
Erschließt, an dessen Riff
Die letzte Welle brach mein Schiff!
Wohin ich nun mich wend'
Und meine Blicke send',
Füllt Alles weit und breit
Mein Aug' und Herz mit Freudigkeit.
[Spaltenumbruch]
Des Paradieses Thor
Jst offen, und davor
Steh'n schon der Heiligen viel,
Die mich empfangen an dem Ziel.
Dann führt mich mit Gesang
Mit süßem Harfenklang
Ein ehrenvoll Geleit
Zum Schlosse der Dreieinigkeit.
Da seh ich auf dem Thron
Gott Vater und den Sohn,
Den heil'gen Geist dabei,
Die sind mir gnädig Alle Drei.
Dann geht in ernster Ruh
Herr Jesus auf mich zu,
Und drücket auf mein Haar,
Mir eine Krone hell und klar.
Er spricht voll Freundlichkeit:
Ein Leib gebenedeit
Jst wie ein edler Schatz,
Verborgen am geweihten Platz.
Jhr seyd in meinem Reich
Den Rosenwurzeln gleich,
Den Lilienwurzeln weiß,
Jm Gartenland gepflegt mit Fleiß.
Die Ros', die Lilie klar
Verlieren jedes Jahr
Die lichte Blüthenzier,
Und blühen wieder so wie ihr.
Für leichtes Herzeleid,
Für kurze Traurigkeit
Theilt uns der Vater aus,
Den hohen Lohn in seinem Haus.
Wie schön zu sehn ist sie,
Die heilige Marie!
Zwölf Sterne voller Glanz
Umziehn ihr Haupt als wie ein Kranz.
Wir sehn der Engel Heer,
Sie singen Gottes Ehr',
Die Harfen in der Hand,
Und tönend wiegt sich ihr Gewand.
Und Vater, Bruder, Sohn
Sehn wir an Gottes Thron,
Und, schön von Ruhm und Glanz,
Die Männer unsers Vaterlands.
[Ende Spaltensatz]
[Beginn Spaltensatz]
Wenn mir erscheint der Tod,
Laß ich den Leib der Noth,
Laß ich den Leib der Pein,
Der meines Jesu Feind will seyn.
Mit Freuden wart ich lang
Auf meinen letzten Gang;
Nach Jesum tracht ich sehr,
Mein wahres Ehgemahl ist er.
Wenn alle Ketten mein
Gebrochen werden seyn,
Steig' ich in's luft'ge Reich
Empor, der lieben Lerche gleich.
Den Mond im Rücken weit
Mit stolzem Fuße schreit'
Jch auf dem Sonnenball,
Und tret ich auf die Sterne all.
Dann von der Erde fern,
Von diesem Thränenstern,
Die Blicke noch gewandt
Zurück zu meinem Heimathland,
Sprech ich: Mein Land Ade!
Ade, du Welt voll Weh!
Ade, du Erdenthal
Mit deiner großen Last und Qual!
Ade o Noth und Pein,
Ade ihr Sünden mein,
Ade geängstigt Herz,
Jch steige freudig himmelwärts!
Nunmehr der böse Feind
Mir nimmer furchtbar scheint,
Seit meine Stunde schlug
Bin ich gerettet all genug.
Mein Leib auf irrer Bahn,
Wie ein verlorner Kahn,
Hat mich hieher gebracht
Trotz Wogensturm und Wetternacht.
O Tod, du Pförtner du,
Der mir das Schloß der Ruh
Erschließt, an dessen Riff
Die letzte Welle brach mein Schiff!
Wohin ich nun mich wend'
Und meine Blicke send',
Füllt Alles weit und breit
Mein Aug' und Herz mit Freudigkeit.
[Spaltenumbruch]
Des Paradieses Thor
Jst offen, und davor
Steh'n schon der Heiligen viel,
Die mich empfangen an dem Ziel.
Dann führt mich mit Gesang
Mit süßem Harfenklang
Ein ehrenvoll Geleit
Zum Schlosse der Dreieinigkeit.
Da seh ich auf dem Thron
Gott Vater und den Sohn,
Den heil'gen Geist dabei,
Die sind mir gnädig Alle Drei.
Dann geht in ernster Ruh
Herr Jesus auf mich zu,
Und drücket auf mein Haar,
Mir eine Krone hell und klar.
Er spricht voll Freundlichkeit:
Ein Leib gebenedeit
Jst wie ein edler Schatz,
Verborgen am geweihten Platz.
Jhr seyd in meinem Reich
Den Rosenwurzeln gleich,
Den Lilienwurzeln weiß,
Jm Gartenland gepflegt mit Fleiß.
Die Ros', die Lilie klar
Verlieren jedes Jahr
Die lichte Blüthenzier,
Und blühen wieder so wie ihr.
Für leichtes Herzeleid,
Für kurze Traurigkeit
Theilt uns der Vater aus,
Den hohen Lohn in seinem Haus.
Wie schön zu sehn ist sie,
Die heilige Marie!
Zwölf Sterne voller Glanz
Umziehn ihr Haupt als wie ein Kranz.
Wir sehn der Engel Heer,
Sie singen Gottes Ehr',
Die Harfen in der Hand,
Und tönend wiegt sich ihr Gewand.
Und Vater, Bruder, Sohn
Sehn wir an Gottes Thron,
Und, schön von Ruhm und Glanz,
Die Männer unsers Vaterlands.
[Ende Spaltensatz]
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[806/0014] 806 Wenn mir erscheint der Tod, Laß ich den Leib der Noth, Laß ich den Leib der Pein, Der meines Jesu Feind will seyn. Mit Freuden wart ich lang Auf meinen letzten Gang; Nach Jesum tracht ich sehr, Mein wahres Ehgemahl ist er. Wenn alle Ketten mein Gebrochen werden seyn, Steig' ich in's luft'ge Reich Empor, der lieben Lerche gleich. Den Mond im Rücken weit Mit stolzem Fuße schreit' Jch auf dem Sonnenball, Und tret ich auf die Sterne all. Dann von der Erde fern, Von diesem Thränenstern, Die Blicke noch gewandt Zurück zu meinem Heimathland, Sprech ich: Mein Land Ade! Ade, du Welt voll Weh! Ade, du Erdenthal Mit deiner großen Last und Qual! Ade o Noth und Pein, Ade ihr Sünden mein, Ade geängstigt Herz, Jch steige freudig himmelwärts! Nunmehr der böse Feind Mir nimmer furchtbar scheint, Seit meine Stunde schlug Bin ich gerettet all genug. Mein Leib auf irrer Bahn, Wie ein verlorner Kahn, Hat mich hieher gebracht Trotz Wogensturm und Wetternacht. O Tod, du Pförtner du, Der mir das Schloß der Ruh Erschließt, an dessen Riff Die letzte Welle brach mein Schiff! Wohin ich nun mich wend' Und meine Blicke send', Füllt Alles weit und breit Mein Aug' und Herz mit Freudigkeit. Des Paradieses Thor Jst offen, und davor Steh'n schon der Heiligen viel, Die mich empfangen an dem Ziel. Dann führt mich mit Gesang Mit süßem Harfenklang Ein ehrenvoll Geleit Zum Schlosse der Dreieinigkeit. Da seh ich auf dem Thron Gott Vater und den Sohn, Den heil'gen Geist dabei, Die sind mir gnädig Alle Drei. Dann geht in ernster Ruh Herr Jesus auf mich zu, Und drücket auf mein Haar, Mir eine Krone hell und klar. Er spricht voll Freundlichkeit: Ein Leib gebenedeit Jst wie ein edler Schatz, Verborgen am geweihten Platz. Jhr seyd in meinem Reich Den Rosenwurzeln gleich, Den Lilienwurzeln weiß, Jm Gartenland gepflegt mit Fleiß. Die Ros', die Lilie klar Verlieren jedes Jahr Die lichte Blüthenzier, Und blühen wieder so wie ihr. Für leichtes Herzeleid, Für kurze Traurigkeit Theilt uns der Vater aus, Den hohen Lohn in seinem Haus. Wie schön zu sehn ist sie, Die heilige Marie! Zwölf Sterne voller Glanz Umziehn ihr Haupt als wie ein Kranz. Wir sehn der Engel Heer, Sie singen Gottes Ehr', Die Harfen in der Hand, Und tönend wiegt sich ihr Gewand. Und Vater, Bruder, Sohn Sehn wir an Gottes Thron, Und, schön von Ruhm und Glanz, Die Männer unsers Vaterlands.

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Zitationshilfe: Morgenblatt für gebildete Leser. Nr. 34. Stuttgart/Tübingen, 24. August 1856, S. 806. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_morgenblatt34_1856/14>, abgerufen am 14.06.2024.