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Marburger Zeitung. Nr. 141, Marburg, 24.11.1910.

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Nr. 141, 24. November 1910 Marburger Zeitung

[Spaltenumbruch] welcher gerne arbeiten möchte, aber arbeitslos ist,
mit irgend einem sonstigen erwerblosen Menschen,
der ohne Fassel etc. daherkommt, werden keine Ge-
schichten gemacht; die werden als Landstreicher oder
Bettler eingezogen und bestraft. Und schließlich:
Menschen, welche nichts Besseres zu tun wissen,
als jahrelang ein Fassel durch aller Herren Länder
zu schieben! Ist das nicht der vollendetste Stumpf-
sinn, nicht eine Satire auf den menschlichen Verstand?

Der Führer durch Marburg und Um-
gebung,

der vor einigen Tagen erschien und den
wir vorgestern besprachen, hat bereits bei allen bis-
herigen Käufern lebhaften Anklang gefunden, weil
das handliche Büchlein in vollstem Maße das hält,
was sein Titel verspricht und ein getreuer Ratgeber
in allen Fragen ist, auf welche ein solcher Führer
Auskunft geben soll. Der Führer durch Marburg
und Umgebung ist zum Preise von nur 1 K. er-
hältlich im Verlage des Buchdruckereibesitzers Herrn
Leopold Kralik und in der Buchhandlung des
Herrn Heinz (Herrengasse).

Grazer Gemeinderatswahl.

Gestern fand
in Graz die Gemeinderatsw[a]hl aus dem 2. Wahl-
körper statt, welche deshalb besonderes Interesse
bot, weil der "Deutsche Volksverein", der seit
einigen Jahren die Kandidaten aufstellt, den bis-
herigen Gemeinderat Oberbaurat Heide fallen ge-
lassen und an seiner Stelle den Lehrer und Land-
tagsabgeordneten Otter kandidiert hatte. Ein großer
Teil der städtischen Beamten erklärte sich ebenfalls
gegen Heide, weil er sie angeblich beleidigt habe.
Bei den Staats- und Landesbeamten, Geschäfts-
leuten u. s. w. genoß aber Heide großen Anhang;
das Ergebnis der gestrigen Wahl war, daß der
"offizielle", vom "Deutschen Volksverein" auf-
gestellte Kandidat durchfiel und der nichtoffizielle
Kandidat Heide gewählt wurde. Bezeichnend ist es
für die Grazer Verhältnisse, daß trotz des "Falles
Heide", welcher eine bedeutende Aufregung und ein
heftiges Für und Wider in den Blättern erzeugte,
die Wahlbeteiligung auch in diesem Wahlkörper
eine elende war; es gingen trotz allem nur 40%
der Wähler des 2. Wahlkörpers zur Wahlurne!
Ist denn in Graz gar kein hiezu Berufener da,
welcher die Verdrossenheit der Grazer beseitigen und
sie politisch aufmuntern könnte? Gegenwärtig
scheinen sich die Grazer einen blauen Teufel um
die Diktate ihrer "Maßgebenden" zu kümmern.
Nachstehend das Wahlergebnis: Von 4810 Wahl-
berechtigten waren 1934 Wähler erschienen, die zu-
sammen 9543 giltige Stimmen abgaben. Die ab-
solute Mehrheit betrug 796, fehlend waren 2025,
zersplittert 168 Stimmen. Gewählt sind: Gewerbe-
schulprofessor Franz Held mit 1512 Stimmen,
Landessekretär Hans Schüller mit 1501, Bürger-
meisterstellvertreter Romuald Magg mit 1454,
Tapezierermeister Anton Krebs mit 1446, Kauf-
mann Anton Schimper mit 1444 und Landes-
baurat Alois Heide mit 1383 Stimmen. Alle
mit dreijähriger Mandatsdauer. Städtischer Lehrer
Anton Otter blieb mit 635 Stimmen in der
Minderheit.

Zur Fremdenverkehrsversammlung

sei noch nachgetragen, daß infolge eines Versehens
es unterblieb, anzuführen, daß Kammerrat Herr
Karl Pfrimer als offizieller Vertreter der Han-
dels- und Gewerbekammer in Graz in deren Namen
die Gäste begrüßte und dem Wunsche nach segens-
reicher Tätigkeit des Landesverbandes auch für das
Unterland Ausdruck gab. Der Redner verwies in
seiner Ansprache u. a. auch auf die sicht- und greif-
baren großen Vorteile, welche die Schweiz aus dem
Fremdenverkehre zieht und sprach den Wunsch aus,
daß auch wir von diesem Strome Nutzen ziehen.




Aus dem Gerichtssaale.
Die Windischfeistritzer Spielbetrugs-
affäre.

Heute wird vor dem Kreisgerichte die zweite
Verhandlung gegen den des Verbrechens des Be-
truges und der Übertretung gegen die öffentliche
Sittlichkeit (§ 522 St.-G.) beschuldigten, 45 Jahre
alten, verehelichten Franz Grill durchgeführt. Grill,
Fleischhauer und Hausbesitzer in Windischfeistritz,
Gemeinderat, Obmann des Kirchenkonkurrenzaus-
schusses, Mitglied der Bezirksvertretung und Inhaber
sonstiger Ehrenstellungen, war am 24, Mai 1910
der oben angeführten Delikte angeklagt gewesen; er
[Spaltenumbruch] wurde in drei Fällen des Verbrechens des Betruges
schuldig erkannt, und zu zwei Monaten Kerker
verurteilt. Gegen dieses Urteil brachte er die Nichtig-
keitsbeschwerde ein, der Kassationshof gab ihr statt
und ordnete eine neue Verhandlung vor dem Mar-
burger Kreisgerichte an. Von den Fakten, welche
ihm die Anklage zur Last legt, seien nur folgende
erwähnt. Grill ist ein leidenschaftlicher Kartenspieler,
melcher in der letzten Zeit wöchentlich mehrmals in
verschiedenen Gast- und Privathäusern spielte. Oft
schon wurde davon gesrochen, daß er hiebei unehrlich
vorgehe. Der gegenwärtig in Graz lebende Guts-
besitzer Viktor Eppinger, ein Bruder des gleich-
namigen Londesausschußbeisitzers von Böhmen, warf
ihm einmal während des Spieles "Einundzwanzig"
unter Vorhalt der Karten vor allen Leuten Betrug
vor, ohne daß Grill etwas erwiderte. Ein anderes-
mal konstatierte der Zeuge Georg Jagoditsch,
welcher einem Spiel des Grill mit Eppinger, Hö-
genwart
und Heinrich Weutz zusah, Ähnliches.
Eppinger hatte schon 400 K. an Grill verloren,
Weutz war nach Abzug der bereits verlorenen Bar-
schaft dem Grill noch 80 K. schuldig. Josef Jager
spielte einmal mit Grill im Gasthofe Neuhold und
nach der Sperrstunde in einem eigens hiefür auf-
genommenen Passagierzimmer, von 3 Uhr nach-
mittags bis zum nächsten Tage um 6
früh
das Spiel "Färbeln". Bis halb 5 Uhr früh
hatte Jager bereits 1800 K. an Grill verloren. Um
diese Zeit stand der Einsatz auf 480 K. Da be-
merkte Jager plötzlich eine Manipulation des Grill,
mit welcher dieser das Spiel gewann, worauf er
die 480 K. einstreichen wollte. Jager sprang aber
auf und sagte, daß er, wenn Grill nicht anerkenne,
daß er (Jager) das Spiel gewonnen habe, solange
sitzen bleiben werde, bis das Gericht offen sei, um
ihn dort wegen Betrug anzuzeigen. Grill gab auch
tatsächlich das Geld zurück. Sie spielten dann weiter.
Jager verlor in jener Nacht an Grill 2200 K. In
einer anderen Nacht verlor Eppinger an Grill 2000
Kronen. Wegen seiner Begleitumstände steht auch
dieser Fall unter Anklage. Außerdem führt die An-
klage noch eine Reihe weiterer Fälle an, in welchen
Grill des Betruges beim Spiele beschuldigt wird.
Die Verhandlung findet vor einem neuen Senate
statt, dessen Vorsitzender L.-G.-R. Cajnkar ist.
Die Anklage vertritt wie in der ersten Verhandlung
der erste Staatsanwalt Verderber; als Sach-
verständige im Kartenspiele wurden die Herren Cafetiers
Rupprich und Wagner der Verhandlung bei-
gezogen. Die vormittags vernommenen Zeugen sagten
so aus, wie in der ersten Verhandlung; insbesondere
Herr Eppinger sagte es dem Angeklagten ins
Gesicht, daß er ihn betrügen wollte. Da die Ver-
handlung nach Schluß des Blattes noch fortdauert,
können wir das Urteil erst übermorgen bringen.

Sieben über einen alten Mann.

Am
9. Oktober wurde um 10 Uhr abends in der Nähe
seiner Behausung in Radach der Besitzer Josef Gomsi,
ein alter Mann, von sieben Burschen des genannten
Dorfes ohne Anlaß überfallen und mit Prügeln zu
Boden geschlagen, wobei er außer vielen leichten
Verletzungen auch zwei schwere erhielt. Es hatten
sich nun wegen Verbrechens der schweren Körper-
beschädigung zu verantworten der 28jährige Franz
Klobassa, der 18jährige Ferdinand Klobassa, der
20jährige Felix Klobassa, der 28jährige Bartolomä
Rojs, der 16jährige Alois Cafnik, der 22jährige
Franz Cafnik und der 29jährige, verheiratete In-
[Spaltenumbruch] wohner Franz Deutschmann. Franz Cofnik leugnet,
an der Prügelei beteiligt gewesen zu sein. Bei der
Mißhandlung des alten Gomsi erhielt aber auch
Rojs eine Beschädigung vom Felix Klobassa durch
einen Prügelhieb über die linke Hand. Weiters be-
drohte Felix Klobassa auch die Marie Gomsi mit
einem Prügel. Der Gerichtshof verurteilte bei der
Verhandlung Franz Klobassa, Bartolomä Rojs und
Deutschmann zu je vier, Ferdinand und Felix Klo-
bassa und Alois Cafnik zu je drei Monaten Kerker
und sprach Franz Cafnik frei.




Jahr- und Viehmärkte in Steiermark.

Die ohne Stern aufgeführten sind Jahr- und Krämermärkte
die mit einem Stern (*) bezeichneten sind Viehmärkte, die
mit zwei Sternen (**) bezeichneten sind Jahr- und Viehmärkte.

November.

Äm 25. zu Stanz im Bez. Kindberg. Hl. Geist
bei Lotsche** im Bez. Gonobitz, Lemberg* im Bez.
St. Marein b. E., Stainz**, Leibnitz*, Wildon**,
Neumarkt**, Videm* im Bez. Rann, Weiz**, Graz
(Stechviehmarkt).

Am 26. zu Scheifling* im Bez. Neumarkt,
Rann (Schweinemarkt).

Am 28. zu Gnas** im Bez. Feldbach, Pischels-
dorf** im Bez. Gleisdorf.

Am 29. zu Friedan (Schweinemarkt).

Am 30. zu Pettau (Borstenviehmarkt), Stadel-
dorf (Borstenviehmarkt) im Bez. Drachenburg,
Langenwang im Bez. Mürzzuschlag, Jagerberg**
im Bez. Kirchberg, Öblarn im Bez. Gröbming,
Ebersdorf im Bez. Hartberg, Neudau im Bez. Hart-
berg, Wenigzell im Bez. Vorau, Weißkirchen** im
Bez. Judenburg, St. Andrä im Sausal** im Bez.
Leibnitz, Straß** im Bez. Leibnitz, Leoben, Wern-
see** im Bezirke Luttenberg, Witschein im Bez.
Marburg, St. Andrä in W.-B.** im Bez. Pettau.
Rohitsch**, Obersuschitz** im Bez. Rann, Anger**
im Bez. Birkfeld, St. Florian* im Bez. Windisch-
graz.




[irrelevantes Material] [Spaltenumbruch]
Beobachtungen an der Wetterwarte der Landes-Obst- und Weinbauschule in Marburg
von Montag, den 14. bis einschließlich Sonntag, den 20. November 1910.



Tag Lustdruck-Tagsm.
(0° red. Baromet.)
Temperatur u. Celstus Bewölkung,
Tagesmittel
Niederschläge m / m Bemer-
kungen
7 Uhr früh2 Uhr mittags9 Uhr abendsTagesmittelHöchsteNiederste
in der
Luft
am
Boden
in der
Luft
am
Boden
Montag731.82.012 88 47 713 614.6--2.1--5.553.1Regen
Dienstag724.35 612.86 58 313.811.55 22.0929.7"
Mittwoch724 15.89 26.47.111 013 55.03.29--
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Sonntag737.4--2.13 6--1.40 06.15 0--2.4--6.00--


[irrelevantes Material]

Nr. 141, 24. November 1910 Marburger Zeitung

[Spaltenumbruch] welcher gerne arbeiten möchte, aber arbeitslos iſt,
mit irgend einem ſonſtigen erwerbloſen Menſchen,
der ohne Faſſel ꝛc. daherkommt, werden keine Ge-
ſchichten gemacht; die werden als Landſtreicher oder
Bettler eingezogen und beſtraft. Und ſchließlich:
Menſchen, welche nichts Beſſeres zu tun wiſſen,
als jahrelang ein Faſſel durch aller Herren Länder
zu ſchieben! Iſt das nicht der vollendetſte Stumpf-
ſinn, nicht eine Satire auf den menſchlichen Verſtand?

Der Führer durch Marburg und Um-
gebung,

der vor einigen Tagen erſchien und den
wir vorgeſtern beſprachen, hat bereits bei allen bis-
herigen Käufern lebhaften Anklang gefunden, weil
das handliche Büchlein in vollſtem Maße das hält,
was ſein Titel verſpricht und ein getreuer Ratgeber
in allen Fragen iſt, auf welche ein ſolcher Führer
Auskunft geben ſoll. Der Führer durch Marburg
und Umgebung iſt zum Preiſe von nur 1 K. er-
hältlich im Verlage des Buchdruckereibeſitzers Herrn
Leopold Kralik und in der Buchhandlung des
Herrn Heinz (Herrengaſſe).

Grazer Gemeinderatswahl.

Geſtern fand
in Graz die Gemeinderatsw[a]hl aus dem 2. Wahl-
körper ſtatt, welche deshalb beſonderes Intereſſe
bot, weil der „Deutſche Volksverein“, der ſeit
einigen Jahren die Kandidaten aufſtellt, den bis-
herigen Gemeinderat Oberbaurat Heide fallen ge-
laſſen und an ſeiner Stelle den Lehrer und Land-
tagsabgeordneten Otter kandidiert hatte. Ein großer
Teil der ſtädtiſchen Beamten erklärte ſich ebenfalls
gegen Heide, weil er ſie angeblich beleidigt habe.
Bei den Staats- und Landesbeamten, Geſchäfts-
leuten u. ſ. w. genoß aber Heide großen Anhang;
das Ergebnis der geſtrigen Wahl war, daß der
„offizielle“, vom „Deutſchen Volksverein“ auf-
geſtellte Kandidat durchfiel und der nichtoffizielle
Kandidat Heide gewählt wurde. Bezeichnend iſt es
für die Grazer Verhältniſſe, daß trotz des „Falles
Heide“, welcher eine bedeutende Aufregung und ein
heftiges Für und Wider in den Blättern erzeugte,
die Wahlbeteiligung auch in dieſem Wahlkörper
eine elende war; es gingen trotz allem nur 40%
der Wähler des 2. Wahlkörpers zur Wahlurne!
Iſt denn in Graz gar kein hiezu Berufener da,
welcher die Verdroſſenheit der Grazer beſeitigen und
ſie politiſch aufmuntern könnte? Gegenwärtig
ſcheinen ſich die Grazer einen blauen Teufel um
die Diktate ihrer „Maßgebenden“ zu kümmern.
Nachſtehend das Wahlergebnis: Von 4810 Wahl-
berechtigten waren 1934 Wähler erſchienen, die zu-
ſammen 9543 giltige Stimmen abgaben. Die ab-
ſolute Mehrheit betrug 796, fehlend waren 2025,
zerſplittert 168 Stimmen. Gewählt ſind: Gewerbe-
ſchulprofeſſor Franz Held mit 1512 Stimmen,
Landesſekretär Hans Schüller mit 1501, Bürger-
meiſterſtellvertreter Romuald Magg mit 1454,
Tapezierermeiſter Anton Krebs mit 1446, Kauf-
mann Anton Schimper mit 1444 und Landes-
baurat Alois Heide mit 1383 Stimmen. Alle
mit dreijähriger Mandatsdauer. Städtiſcher Lehrer
Anton Otter blieb mit 635 Stimmen in der
Minderheit.

Zur Fremdenverkehrsverſammlung

ſei noch nachgetragen, daß infolge eines Verſehens
es unterblieb, anzuführen, daß Kammerrat Herr
Karl Pfrimer als offizieller Vertreter der Han-
dels- und Gewerbekammer in Graz in deren Namen
die Gäſte begrüßte und dem Wunſche nach ſegens-
reicher Tätigkeit des Landesverbandes auch für das
Unterland Ausdruck gab. Der Redner verwies in
ſeiner Anſprache u. a. auch auf die ſicht- und greif-
baren großen Vorteile, welche die Schweiz aus dem
Fremdenverkehre zieht und ſprach den Wunſch aus,
daß auch wir von dieſem Strome Nutzen ziehen.




Aus dem Gerichtsſaale.
Die Windiſchfeiſtritzer Spielbetrugs-
affäre.

Heute wird vor dem Kreisgerichte die zweite
Verhandlung gegen den des Verbrechens des Be-
truges und der Übertretung gegen die öffentliche
Sittlichkeit (§ 522 St.-G.) beſchuldigten, 45 Jahre
alten, verehelichten Franz Grill durchgeführt. Grill,
Fleiſchhauer und Hausbeſitzer in Windiſchfeiſtritz,
Gemeinderat, Obmann des Kirchenkonkurrenzaus-
ſchuſſes, Mitglied der Bezirksvertretung und Inhaber
ſonſtiger Ehrenſtellungen, war am 24, Mai 1910
der oben angeführten Delikte angeklagt geweſen; er
[Spaltenumbruch] wurde in drei Fällen des Verbrechens des Betruges
ſchuldig erkannt, und zu zwei Monaten Kerker
verurteilt. Gegen dieſes Urteil brachte er die Nichtig-
keitsbeſchwerde ein, der Kaſſationshof gab ihr ſtatt
und ordnete eine neue Verhandlung vor dem Mar-
burger Kreisgerichte an. Von den Fakten, welche
ihm die Anklage zur Laſt legt, ſeien nur folgende
erwähnt. Grill iſt ein leidenſchaftlicher Kartenſpieler,
melcher in der letzten Zeit wöchentlich mehrmals in
verſchiedenen Gaſt- und Privathäuſern ſpielte. Oft
ſchon wurde davon geſrochen, daß er hiebei unehrlich
vorgehe. Der gegenwärtig in Graz lebende Guts-
beſitzer Viktor Eppinger, ein Bruder des gleich-
namigen Londesausſchußbeiſitzers von Böhmen, warf
ihm einmal während des Spieles „Einundzwanzig“
unter Vorhalt der Karten vor allen Leuten Betrug
vor, ohne daß Grill etwas erwiderte. Ein anderes-
mal konſtatierte der Zeuge Georg Jagoditſch,
welcher einem Spiel des Grill mit Eppinger, Hö-
genwart
und Heinrich Weutz zuſah, Ähnliches.
Eppinger hatte ſchon 400 K. an Grill verloren,
Weutz war nach Abzug der bereits verlorenen Bar-
ſchaft dem Grill noch 80 K. ſchuldig. Joſef Jager
ſpielte einmal mit Grill im Gaſthofe Neuhold und
nach der Sperrſtunde in einem eigens hiefür auf-
genommenen Paſſagierzimmer, von 3 Uhr nach-
mittags bis zum nächſten Tage um 6
früh
das Spiel „Färbeln“. Bis halb 5 Uhr früh
hatte Jager bereits 1800 K. an Grill verloren. Um
dieſe Zeit ſtand der Einſatz auf 480 K. Da be-
merkte Jager plötzlich eine Manipulation des Grill,
mit welcher dieſer das Spiel gewann, worauf er
die 480 K. einſtreichen wollte. Jager ſprang aber
auf und ſagte, daß er, wenn Grill nicht anerkenne,
daß er (Jager) das Spiel gewonnen habe, ſolange
ſitzen bleiben werde, bis das Gericht offen ſei, um
ihn dort wegen Betrug anzuzeigen. Grill gab auch
tatſächlich das Geld zurück. Sie ſpielten dann weiter.
Jager verlor in jener Nacht an Grill 2200 K. In
einer anderen Nacht verlor Eppinger an Grill 2000
Kronen. Wegen ſeiner Begleitumſtände ſteht auch
dieſer Fall unter Anklage. Außerdem führt die An-
klage noch eine Reihe weiterer Fälle an, in welchen
Grill des Betruges beim Spiele beſchuldigt wird.
Die Verhandlung findet vor einem neuen Senate
ſtatt, deſſen Vorſitzender L.-G.-R. Cajnkar iſt.
Die Anklage vertritt wie in der erſten Verhandlung
der erſte Staatsanwalt Verderber; als Sach-
verſtändige im Kartenſpiele wurden die Herren Cafetiers
Rupprich und Wagner der Verhandlung bei-
gezogen. Die vormittags vernommenen Zeugen ſagten
ſo aus, wie in der erſten Verhandlung; insbeſondere
Herr Eppinger ſagte es dem Angeklagten ins
Geſicht, daß er ihn betrügen wollte. Da die Ver-
handlung nach Schluß des Blattes noch fortdauert,
können wir das Urteil erſt übermorgen bringen.

Sieben über einen alten Mann.

Am
9. Oktober wurde um 10 Uhr abends in der Nähe
ſeiner Behauſung in Radach der Beſitzer Joſef Gomſi,
ein alter Mann, von ſieben Burſchen des genannten
Dorfes ohne Anlaß überfallen und mit Prügeln zu
Boden geſchlagen, wobei er außer vielen leichten
Verletzungen auch zwei ſchwere erhielt. Es hatten
ſich nun wegen Verbrechens der ſchweren Körper-
beſchädigung zu verantworten der 28jährige Franz
Klobaſſa, der 18jährige Ferdinand Klobaſſa, der
20jährige Felix Klobaſſa, der 28jährige Bartolomä
Rojs, der 16jährige Alois Cafnik, der 22jährige
Franz Cafnik und der 29jährige, verheiratete In-
[Spaltenumbruch] wohner Franz Deutſchmann. Franz Cofnik leugnet,
an der Prügelei beteiligt geweſen zu ſein. Bei der
Mißhandlung des alten Gomſi erhielt aber auch
Rojs eine Beſchädigung vom Felix Klobaſſa durch
einen Prügelhieb über die linke Hand. Weiters be-
drohte Felix Klobaſſa auch die Marie Gomſi mit
einem Prügel. Der Gerichtshof verurteilte bei der
Verhandlung Franz Klobaſſa, Bartolomä Rojs und
Deutſchmann zu je vier, Ferdinand und Felix Klo-
baſſa und Alois Cafnik zu je drei Monaten Kerker
und ſprach Franz Cafnik frei.




Jahr- und Viehmärkte in Steiermark.

Die ohne Stern aufgeführten ſind Jahr- und Krämermärkte
die mit einem Stern (*) bezeichneten ſind Viehmärkte, die
mit zwei Sternen (**) bezeichneten ſind Jahr- und Viehmärkte.

November.

Äm 25. zu Stanz im Bez. Kindberg. Hl. Geiſt
bei Lotſche** im Bez. Gonobitz, Lemberg* im Bez.
St. Marein b. E., Stainz**, Leibnitz*, Wildon**,
Neumarkt**, Videm* im Bez. Rann, Weiz**, Graz
(Stechviehmarkt).

Am 26. zu Scheifling* im Bez. Neumarkt,
Rann (Schweinemarkt).

Am 28. zu Gnas** im Bez. Feldbach, Piſchels-
dorf** im Bez. Gleisdorf.

Am 29. zu Friedan (Schweinemarkt).

Am 30. zu Pettau (Borſtenviehmarkt), Stadel-
dorf (Borſtenviehmarkt) im Bez. Drachenburg,
Langenwang im Bez. Mürzzuſchlag, Jagerberg**
im Bez. Kirchberg, Öblarn im Bez. Gröbming,
Ebersdorf im Bez. Hartberg, Neudau im Bez. Hart-
berg, Wenigzell im Bez. Vorau, Weißkirchen** im
Bez. Judenburg, St. Andrä im Sauſal** im Bez.
Leibnitz, Straß** im Bez. Leibnitz, Leoben, Wern-
ſee** im Bezirke Luttenberg, Witſchein im Bez.
Marburg, St. Andrä in W.-B.** im Bez. Pettau.
Rohitſch**, Oberſuſchitz** im Bez. Rann, Anger**
im Bez. Birkfeld, St. Florian* im Bez. Windiſch-
graz.




[irrelevantes Material] [Spaltenumbruch]
Beobachtungen an der Wetterwarte der Landes-Obſt- und Weinbauſchule in Marburg
von Montag, den 14. bis einſchließlich Sonntag, den 20. November 1910.



Tag Luſtdruck-Tagsm.
(0° red. Baromet.)
Temperatur u. Celſtus Bewölkung,
Tagesmittel
Niederſchläge m / m Bemer-
kungen
7 Uhr früh2 Uhr mittags9 Uhr abendsTagesmittelHöchſteNiederſte
in der
Luft
am
Boden
in der
Luft
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Boden
Montag731.82.012 88 47 713 614.6—2.1—5.553.1Regen
Dienstag724.35 612.86 58 313.811.55 22.0929.7
Mittwoch724 15.89 26.47.111 013 55.03.29
Donnerst.734 93 76.64 65.08.510.53.4—0.880.7
Freitag728.23 24.43.03 56.06.02.20.01052.6Regen, Schnee
Samstag731.20 51.6—0.10.66.22 5—0 4—4 08
Sonntag737.4—2.13 6—1.40 06.15 0—2.4—6.00


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[5/0005] Nr. 141, 24. November 1910 Marburger Zeitung welcher gerne arbeiten möchte, aber arbeitslos iſt, mit irgend einem ſonſtigen erwerbloſen Menſchen, der ohne Faſſel ꝛc. daherkommt, werden keine Ge- ſchichten gemacht; die werden als Landſtreicher oder Bettler eingezogen und beſtraft. Und ſchließlich: Menſchen, welche nichts Beſſeres zu tun wiſſen, als jahrelang ein Faſſel durch aller Herren Länder zu ſchieben! Iſt das nicht der vollendetſte Stumpf- ſinn, nicht eine Satire auf den menſchlichen Verſtand? Der Führer durch Marburg und Um- gebung, der vor einigen Tagen erſchien und den wir vorgeſtern beſprachen, hat bereits bei allen bis- herigen Käufern lebhaften Anklang gefunden, weil das handliche Büchlein in vollſtem Maße das hält, was ſein Titel verſpricht und ein getreuer Ratgeber in allen Fragen iſt, auf welche ein ſolcher Führer Auskunft geben ſoll. Der Führer durch Marburg und Umgebung iſt zum Preiſe von nur 1 K. er- hältlich im Verlage des Buchdruckereibeſitzers Herrn Leopold Kralik und in der Buchhandlung des Herrn Heinz (Herrengaſſe). Grazer Gemeinderatswahl. Geſtern fand in Graz die Gemeinderatswahl aus dem 2. Wahl- körper ſtatt, welche deshalb beſonderes Intereſſe bot, weil der „Deutſche Volksverein“, der ſeit einigen Jahren die Kandidaten aufſtellt, den bis- herigen Gemeinderat Oberbaurat Heide fallen ge- laſſen und an ſeiner Stelle den Lehrer und Land- tagsabgeordneten Otter kandidiert hatte. Ein großer Teil der ſtädtiſchen Beamten erklärte ſich ebenfalls gegen Heide, weil er ſie angeblich beleidigt habe. Bei den Staats- und Landesbeamten, Geſchäfts- leuten u. ſ. w. genoß aber Heide großen Anhang; das Ergebnis der geſtrigen Wahl war, daß der „offizielle“, vom „Deutſchen Volksverein“ auf- geſtellte Kandidat durchfiel und der nichtoffizielle Kandidat Heide gewählt wurde. Bezeichnend iſt es für die Grazer Verhältniſſe, daß trotz des „Falles Heide“, welcher eine bedeutende Aufregung und ein heftiges Für und Wider in den Blättern erzeugte, die Wahlbeteiligung auch in dieſem Wahlkörper eine elende war; es gingen trotz allem nur 40% der Wähler des 2. Wahlkörpers zur Wahlurne! Iſt denn in Graz gar kein hiezu Berufener da, welcher die Verdroſſenheit der Grazer beſeitigen und ſie politiſch aufmuntern könnte? Gegenwärtig ſcheinen ſich die Grazer einen blauen Teufel um die Diktate ihrer „Maßgebenden“ zu kümmern. Nachſtehend das Wahlergebnis: Von 4810 Wahl- berechtigten waren 1934 Wähler erſchienen, die zu- ſammen 9543 giltige Stimmen abgaben. Die ab- ſolute Mehrheit betrug 796, fehlend waren 2025, zerſplittert 168 Stimmen. Gewählt ſind: Gewerbe- ſchulprofeſſor Franz Held mit 1512 Stimmen, Landesſekretär Hans Schüller mit 1501, Bürger- meiſterſtellvertreter Romuald Magg mit 1454, Tapezierermeiſter Anton Krebs mit 1446, Kauf- mann Anton Schimper mit 1444 und Landes- baurat Alois Heide mit 1383 Stimmen. Alle mit dreijähriger Mandatsdauer. Städtiſcher Lehrer Anton Otter blieb mit 635 Stimmen in der Minderheit. Zur Fremdenverkehrsverſammlung ſei noch nachgetragen, daß infolge eines Verſehens es unterblieb, anzuführen, daß Kammerrat Herr Karl Pfrimer als offizieller Vertreter der Han- dels- und Gewerbekammer in Graz in deren Namen die Gäſte begrüßte und dem Wunſche nach ſegens- reicher Tätigkeit des Landesverbandes auch für das Unterland Ausdruck gab. Der Redner verwies in ſeiner Anſprache u. a. auch auf die ſicht- und greif- baren großen Vorteile, welche die Schweiz aus dem Fremdenverkehre zieht und ſprach den Wunſch aus, daß auch wir von dieſem Strome Nutzen ziehen. Aus dem Gerichtsſaale. Die Windiſchfeiſtritzer Spielbetrugs- affäre. Heute wird vor dem Kreisgerichte die zweite Verhandlung gegen den des Verbrechens des Be- truges und der Übertretung gegen die öffentliche Sittlichkeit (§ 522 St.-G.) beſchuldigten, 45 Jahre alten, verehelichten Franz Grill durchgeführt. Grill, Fleiſchhauer und Hausbeſitzer in Windiſchfeiſtritz, Gemeinderat, Obmann des Kirchenkonkurrenzaus- ſchuſſes, Mitglied der Bezirksvertretung und Inhaber ſonſtiger Ehrenſtellungen, war am 24, Mai 1910 der oben angeführten Delikte angeklagt geweſen; er wurde in drei Fällen des Verbrechens des Betruges ſchuldig erkannt, und zu zwei Monaten Kerker verurteilt. Gegen dieſes Urteil brachte er die Nichtig- keitsbeſchwerde ein, der Kaſſationshof gab ihr ſtatt und ordnete eine neue Verhandlung vor dem Mar- burger Kreisgerichte an. Von den Fakten, welche ihm die Anklage zur Laſt legt, ſeien nur folgende erwähnt. Grill iſt ein leidenſchaftlicher Kartenſpieler, melcher in der letzten Zeit wöchentlich mehrmals in verſchiedenen Gaſt- und Privathäuſern ſpielte. Oft ſchon wurde davon geſrochen, daß er hiebei unehrlich vorgehe. Der gegenwärtig in Graz lebende Guts- beſitzer Viktor Eppinger, ein Bruder des gleich- namigen Londesausſchußbeiſitzers von Böhmen, warf ihm einmal während des Spieles „Einundzwanzig“ unter Vorhalt der Karten vor allen Leuten Betrug vor, ohne daß Grill etwas erwiderte. Ein anderes- mal konſtatierte der Zeuge Georg Jagoditſch, welcher einem Spiel des Grill mit Eppinger, Hö- genwart und Heinrich Weutz zuſah, Ähnliches. Eppinger hatte ſchon 400 K. an Grill verloren, Weutz war nach Abzug der bereits verlorenen Bar- ſchaft dem Grill noch 80 K. ſchuldig. Joſef Jager ſpielte einmal mit Grill im Gaſthofe Neuhold und nach der Sperrſtunde in einem eigens hiefür auf- genommenen Paſſagierzimmer, von 3 Uhr nach- mittags bis zum nächſten Tage um 6 früh das Spiel „Färbeln“. Bis halb 5 Uhr früh hatte Jager bereits 1800 K. an Grill verloren. Um dieſe Zeit ſtand der Einſatz auf 480 K. Da be- merkte Jager plötzlich eine Manipulation des Grill, mit welcher dieſer das Spiel gewann, worauf er die 480 K. einſtreichen wollte. Jager ſprang aber auf und ſagte, daß er, wenn Grill nicht anerkenne, daß er (Jager) das Spiel gewonnen habe, ſolange ſitzen bleiben werde, bis das Gericht offen ſei, um ihn dort wegen Betrug anzuzeigen. Grill gab auch tatſächlich das Geld zurück. Sie ſpielten dann weiter. Jager verlor in jener Nacht an Grill 2200 K. In einer anderen Nacht verlor Eppinger an Grill 2000 Kronen. Wegen ſeiner Begleitumſtände ſteht auch dieſer Fall unter Anklage. Außerdem führt die An- klage noch eine Reihe weiterer Fälle an, in welchen Grill des Betruges beim Spiele beſchuldigt wird. Die Verhandlung findet vor einem neuen Senate ſtatt, deſſen Vorſitzender L.-G.-R. Cajnkar iſt. Die Anklage vertritt wie in der erſten Verhandlung der erſte Staatsanwalt Verderber; als Sach- verſtändige im Kartenſpiele wurden die Herren Cafetiers Rupprich und Wagner der Verhandlung bei- gezogen. Die vormittags vernommenen Zeugen ſagten ſo aus, wie in der erſten Verhandlung; insbeſondere Herr Eppinger ſagte es dem Angeklagten ins Geſicht, daß er ihn betrügen wollte. Da die Ver- handlung nach Schluß des Blattes noch fortdauert, können wir das Urteil erſt übermorgen bringen. Sieben über einen alten Mann. Am 9. Oktober wurde um 10 Uhr abends in der Nähe ſeiner Behauſung in Radach der Beſitzer Joſef Gomſi, ein alter Mann, von ſieben Burſchen des genannten Dorfes ohne Anlaß überfallen und mit Prügeln zu Boden geſchlagen, wobei er außer vielen leichten Verletzungen auch zwei ſchwere erhielt. Es hatten ſich nun wegen Verbrechens der ſchweren Körper- beſchädigung zu verantworten der 28jährige Franz Klobaſſa, der 18jährige Ferdinand Klobaſſa, der 20jährige Felix Klobaſſa, der 28jährige Bartolomä Rojs, der 16jährige Alois Cafnik, der 22jährige Franz Cafnik und der 29jährige, verheiratete In- wohner Franz Deutſchmann. Franz Cofnik leugnet, an der Prügelei beteiligt geweſen zu ſein. Bei der Mißhandlung des alten Gomſi erhielt aber auch Rojs eine Beſchädigung vom Felix Klobaſſa durch einen Prügelhieb über die linke Hand. Weiters be- drohte Felix Klobaſſa auch die Marie Gomſi mit einem Prügel. Der Gerichtshof verurteilte bei der Verhandlung Franz Klobaſſa, Bartolomä Rojs und Deutſchmann zu je vier, Ferdinand und Felix Klo- baſſa und Alois Cafnik zu je drei Monaten Kerker und ſprach Franz Cafnik frei. Jahr- und Viehmärkte in Steiermark. Die ohne Stern aufgeführten ſind Jahr- und Krämermärkte die mit einem Stern (*) bezeichneten ſind Viehmärkte, die mit zwei Sternen (**) bezeichneten ſind Jahr- und Viehmärkte. November. Äm 25. zu Stanz im Bez. Kindberg. Hl. Geiſt bei Lotſche** im Bez. Gonobitz, Lemberg* im Bez. St. Marein b. E., Stainz**, Leibnitz*, Wildon**, Neumarkt**, Videm* im Bez. Rann, Weiz**, Graz (Stechviehmarkt). Am 26. zu Scheifling* im Bez. Neumarkt, Rann (Schweinemarkt). Am 28. zu Gnas** im Bez. Feldbach, Piſchels- dorf** im Bez. Gleisdorf. Am 29. zu Friedan (Schweinemarkt). Am 30. zu Pettau (Borſtenviehmarkt), Stadel- dorf (Borſtenviehmarkt) im Bez. Drachenburg, Langenwang im Bez. Mürzzuſchlag, Jagerberg** im Bez. Kirchberg, Öblarn im Bez. Gröbming, Ebersdorf im Bez. Hartberg, Neudau im Bez. Hart- berg, Wenigzell im Bez. Vorau, Weißkirchen** im Bez. Judenburg, St. Andrä im Sauſal** im Bez. Leibnitz, Straß** im Bez. Leibnitz, Leoben, Wern- ſee** im Bezirke Luttenberg, Witſchein im Bez. Marburg, St. Andrä in W.-B.** im Bez. Pettau. Rohitſch**, Oberſuſchitz** im Bez. Rann, Anger** im Bez. Birkfeld, St. Florian* im Bez. Windiſch- graz. _ Beobachtungen an der Wetterwarte der Landes-Obſt- und Weinbauſchule in Marburg von Montag, den 14. bis einſchließlich Sonntag, den 20. November 1910. Tag Luſtdruck-Tagsm. (0° red. Baromet.) Temperatur u. Celſtus Bewölkung, Tagesmittel Niederſchläge m / m Bemer- kungen 7 Uhr früh 2 Uhr mittags 9 Uhr abends Tagesmittel Höchſte Niederſte in der Luft am Boden in der Luft am Boden Montag 731.8 2.0 12 8 8 4 7 7 13 6 14.6 —2.1 —5.5 5 3.1 Regen Dienstag 724.3 5 6 12.8 6 5 8 3 13.8 11.5 5 2 2.0 9 29.7 „ Mittwoch 724 1 5.8 9 2 6.4 7.1 11 0 13 5 5.0 3.2 9 — Donnerst. 734 9 3 7 6.6 4 6 5.0 8.5 10.5 3.4 —0.8 8 0.7 Freitag 728.2 3 2 4.4 3.0 3 5 6.0 6.0 2.2 0.0 10 52.6 Regen, Schnee Samstag 731.2 0 5 1.6 —0.1 0.6 6.2 2 5 —0 4 —4 0 8 — Sonntag 737.4 —2.1 3 6 —1.4 0 0 6.1 5 0 —2.4 —6.0 0 — _

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Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat). (2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z)

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Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: keine Angabe; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;




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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 141, Marburg, 24.11.1910, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger141_1910/5>, abgerufen am 20.04.2024.