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Beilage zum Mainzer Journal. Nr. 252. Mainz, 24. Oktober 1849.

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Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 252. Mittwoch, den 24. October. 1849.


[Beginn Spaltensatz]
Deutschland.

Wien 18. October. ( S. M. ) Hier dauern bedeutende
Truppenmärsche, von Reiterei und Fußvolk, tagtäglich fort.
Es sind Theile der italiänischen Armee, die sich zu dem großen
Observationskorps in Böhmen begeben, wohin auch
sein Commandant, Erzherzog Albrecht, nächster Tage sich
verfügen wird. Ein Theil dieses Armeekorps soll an die säch-
sische
Grenze kommen. -- Als Bevollmächtigter bei der neuen
provisorischen Bundescommission in Frankfurt ist militä-
rischer Seits von uns der F. M. L. v. Schönhals ernannt wor-
den, ein höchst ausgezeichneter und wissenschaftlich gebildeter
Mann, der im italiänischen Feldzuge dem Marschall Radetzky
stets zur Seite gestanden. Als den zweiten Bevollmächtigten nennt
man den Hofrath v. Thierry in der Staatskanzlei, der früher
der Präsidialgesandtschaft beim Bundestage beigegeben war und
für einen durchdringenden Kenner der deutschen Verhältnisse gilt.

Die Verhaftung des ehemaligen Ministers, Baron Pillers-
dorf,
bestätigt sich nicht. Es ist eine der vielen Erfindungen,
welche die "Breslauer Zeitung" zu verantworten hat.

Der "Lloyd" bringt den folgenden bemerkenswerthen Artikel:
"Wir danken den Fortschritt, welchen die deutsche Frage bisher
gemacht hat, zuerst. Bayern, dann Hannover. Wir sagen
den Fortschritt, und meinen damit die gewonnene Aussicht auf
Einigung des ganzen Deutschlands mit dem gan-
zen Oesterreich.
Diese bleibt uns stets die Hauptsache, und
die Form, in welcher die Einigung beliebt wird, Neben-
sache,
falls allen Völkern des großen Bundes die constitutionelle
Freiheit gewährt bleibt, eine Sache, die sich eigentlich von
selbst versteht
und worüber man keine Worte zu verlieren
braucht. Jn einer Zeit, als Oesterreich seine Armee in Jtalien
und Ungarn zu verwenden hatte, bezwangen preußische Truppen
den Aufstand in Dresden, marschirten durch die Pfalz und stellten
die gestörte Ordnung in Baden her. Sachsen that, was es
vielleicht nicht lassen konnte, es unterordnete sich Preußen. Han-
nover
trat auch dem preußischen Sonderbunde bei, aber auf die
ausdrückliche Bedingung, daß er sich von einem Sonderbunde zu
einem allgemeinen deutschen Bunde erhebe. Es bot Sachsen die
Möglichkeit dar, den gleichen Vorbehalt zu machen, in anderen
Worten, mit Hannover aus dem Bunde zu treten, sobald derselbe
den Charakter eines preußischen Bündnisses behielt, anstatt den
eines deutschen anzunehmen. Bayern vermochte es, auf eine ent-
schiedene Weise sein Veto gegen die preußische Suprematie in
Deutschland, gegen den Ausschluß Oesterreichs aus Deutschland
auszusprechen. Es konnte Württemberg durch sein Beispiel in
dessen Entschluß aufrecht halten; es konnte Hannover und Sachsen
von deren Verbindlichkeiten gegen Preußen frei machen. Es konnte
Oesterreich möglich machen, auf friedlichem Wege seine Rechte in
Deutschland geltend zu bringen. Bayern hatte die Ent-
scheidung in seinen Händen
und wir dürfen es ihm nie
vergessen, daß es dieselbe zu unseren, zu Deutschlands Gunsten ge-
fällt hat. Unserer Meinung nach löst das zu Stande gekommene
Jnterim den norddeutschen Sonderbund auf. Das Jnterim
macht die Einzelstaaten zu Herren ihres eigenen
Schicksales,
es unterordnet dieselben weder dem Majoritäts-
beschlusse eines Verwaltungsrathes, noch dem eines vereinigten
Landtages. Aber gesetzt den Fall, es beliebte der Majorität der
Sonderbundsstaaten einen Landtag einzuberufen, was dann?
Welche Folgen könnte er haben? Wenn, wie es voraussichtlich
der Fall ist, von den Königreichen nur Preußen denselben beschicken
wird, was vermögen die anderen kleinen Staaten zu thun, als sich
auch vom Sonderbunde lossagen? Können Bremen und Ol-
denburg
etwa an Preußen festhalten, wenn Hannover sich von
Preußen lossagt? Kann Hamburg ohne Holstein, kann Lübeck
ohne Lauenburg preußisch werden? Werden eine Anzahl anderer
kleiner deutscher Staaten in den preußischen Bund treten, wenn
voraussichtlich ihre vereinigte Stimmenzahl gegenüber der preußi-
schen Stimme in einem Verwaltungsrathe, auf einem Reichstage
vollkommen unmächtig seyn muß, wenn ihr Beitritt zum
Sonderbunde ihrer Mediatisirung gleichbedeu-
tend wäre?
Wir dürfen hoffen, daß Preußen jetzt seine ur-
sprüngliche Jdee aufgeben wird, einen preußischen Bund zu schlie-
ßen, schon um die Einheit Deutschlands nicht ohne Noth zu ge-
fährden, aber sollte diese Hoffnung nicht realisirt werden, so haben
[Spaltenumbruch] wir doch die fast mathematische Gewißheit, daß Preußen bei sei-
nem Beginne an dem Widerstande der anderen Königreiche schei-
tern wird. So lange, als von der Pfordten, Stüve und
Römer, dieses Kleeblatt echt deutscher Männer, das Ruder
ihrer resp. Staaten in Händen halten, brauchen wir nicht die Be-
fürchtung zu hegen, daß Deutschland anders als durch das
gemeinsame Handeln aller deutschen Staaten

constituirt werden könne."

Man hört, daß die Einführung der Grundsteuer in
Ungarn
beschlossen sey und demnächst zur Ausführung kommen
soll, auch soll das bisherige Privilegium des ungarischen Adels,
die Befreiung vom ungarischen Dreißigzoll, aufgehoben worden
seyn. Zugleich hofft man in der besagten Einführung der Grund-
steuer für Ungarn einen Vorläufer der Aufhebung der Zwi-
schenzollschranken
zwischen Ungarn und den übrigen
österreichischen Kronländern
erblicken zu dürfen, hofft
aber auch, daß diese Aufhebung baldigst erfolgen werde. Jch
weiß nicht, ob es Jhren Lesern bekannt ist, daß unsere Regierung
schon in den königlich ungarischen Propositionen vom Jahre 1847
--48 die Aufhebung angedeutet und alle Vorbereitungen zur
Ausführung derselben für den Fall getroffen hatte, wenn der
ungarische Landtag zugestimmt hätte. Dies lag jedoch so wenig
im Sinne Kossuths und seiner Genossen, daß sie ein Heimathsge-
setz votirten, wodurch auch allen nicht ungarischen Oesterreichern,
geschweige unseren deutschen Brüdern, der Besitz und die Erwer-
bung ungarischer Liegenschaften in so lange unmöglich blieb, bis
sie das ungarische Staatsbürgerrecht erlangt und die Kenntniß
der ungarischen Sprache nachgewiesen haben würden.

Berlin 21. October. ( L. C. ) Man spricht hier viel von einem
Separatbündnisse, welches zwischen Bayern, Württemberg und
Hannover abgeschlossen worden seyn soll, und das bezweckt, eine
enge Verbindung dieser mittleren Staaten gegen Oesterreich und
Preußen zu schaffen. Bayern soll in Rücksicht auf sein enges und
zartes Verhältniß zu Oesterreich lange gezögert haben, auf die
derartigen Propositionen Württembergs, denen man in Hanno-
ver ein williges Ohr lieh, einzugehen. Endlich aber soll man auch
in München auf weitere Rücksichtsnahmen verzichtet haben und
auf einen Plan eingegangen seyn, der Bayern, als dem mächtig-
sten Gliede des Separatbundes, wenn dieser anders den beiden
Großmächten gegenüber selbst eine Rolle spielen sollte, einen
Einfluß auf die Ver= oder Entwickelung der deutschen Angelegen-
heiten verspricht. Dieses Separatbündniß, das durch feierliche
Verträge verbrieft seyn soll, verheißt allerdings die Selbststän-
digkeit der Königreiche in bester Form zu sichern; aber es ver-
spricht leider auch neue Verwickelungen und eine noch größere
Zerfahrenheit der deutschen Verhältnisse. Die preußisch=deutsche
Politik findet hier einen sie mit ihren eigenen Waffen bekämpfen-
den Gegner; -- wird sie ihm zu begegnen wissen? -- Sachsen
soll bis jetzt mehrfachen Aufforderungen, dem in Rede stehenden
Bündnisse beizutreten, nicht nachgekommen seyn; es spricht von
seinen Verpflichtungen der preußischen Regierung gegenüber.
Wird aber diese Dankbarkeit lange stichhaltig seyn?

Köln 22. October. Am 20. und 21. October sind im Ganzen
10 Erkrankungen an der Cholera, 5 Genesungen und 3 Sterbe-
fälle angezeigt worden.

Karlsruhe 21. October. ( Karlsr. Z. ) Die öffentlichen Blät-
ter beschäftigen sich seit einigen Tagen viel mit der Berufung der
badischen Ständeversammlung. Dabei wird von einer Seite der
Rath ertheilt, dieselbe nach einem provisorisch zu erlassenden, das
heißt also nach einem zu octroyirenden neuen Wahlgesetze zu bil-
den, und die "Deutsche Zeitung" will in diesem Rathe bereits
einen sogenannten "Fühler" erkennen. Wir sind in der Lage hier-
auf versichern zu können, daß die großh. Regierung nicht daran
denkt, einen solchen Weg zu betreten, und die bestehende Wahl-
ordnung anders als auf verfassungsmäßigem Wege abzuändern.

Rastatt 19. October. ( S. M. ) Heute ertönte ein Allarm-
schuß von den Wällen des Forts B. Einer der dort arbeitenden
Gefangenen hatte den Versuch zu entfliehen gemacht; dieser Ver-
such ist vor einigen Tagen mehreren Gefangenen wieder gelun-
gen. Unter ihnen war der Sohn des Gießener Professors
Hillebrand.

# Mainz 24. October. Stand der Brechruhr. Jn Mainz
[Ende Spaltensatz]

Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 252. Mittwoch, den 24. October. 1849.


[Beginn Spaltensatz]
Deutschland.

Wien 18. October. ( S. M. ) Hier dauern bedeutende
Truppenmärsche, von Reiterei und Fußvolk, tagtäglich fort.
Es sind Theile der italiänischen Armee, die sich zu dem großen
Observationskorps in Böhmen begeben, wohin auch
sein Commandant, Erzherzog Albrecht, nächster Tage sich
verfügen wird. Ein Theil dieses Armeekorps soll an die säch-
sische
Grenze kommen. — Als Bevollmächtigter bei der neuen
provisorischen Bundescommission in Frankfurt ist militä-
rischer Seits von uns der F. M. L. v. Schönhals ernannt wor-
den, ein höchst ausgezeichneter und wissenschaftlich gebildeter
Mann, der im italiänischen Feldzuge dem Marschall Radetzky
stets zur Seite gestanden. Als den zweiten Bevollmächtigten nennt
man den Hofrath v. Thierry in der Staatskanzlei, der früher
der Präsidialgesandtschaft beim Bundestage beigegeben war und
für einen durchdringenden Kenner der deutschen Verhältnisse gilt.

Die Verhaftung des ehemaligen Ministers, Baron Pillers-
dorf,
bestätigt sich nicht. Es ist eine der vielen Erfindungen,
welche die „Breslauer Zeitung“ zu verantworten hat.

Der „Lloyd“ bringt den folgenden bemerkenswerthen Artikel:
„Wir danken den Fortschritt, welchen die deutsche Frage bisher
gemacht hat, zuerst. Bayern, dann Hannover. Wir sagen
den Fortschritt, und meinen damit die gewonnene Aussicht auf
Einigung des ganzen Deutschlands mit dem gan-
zen Oesterreich.
Diese bleibt uns stets die Hauptsache, und
die Form, in welcher die Einigung beliebt wird, Neben-
sache,
falls allen Völkern des großen Bundes die constitutionelle
Freiheit gewährt bleibt, eine Sache, die sich eigentlich von
selbst versteht
und worüber man keine Worte zu verlieren
braucht. Jn einer Zeit, als Oesterreich seine Armee in Jtalien
und Ungarn zu verwenden hatte, bezwangen preußische Truppen
den Aufstand in Dresden, marschirten durch die Pfalz und stellten
die gestörte Ordnung in Baden her. Sachsen that, was es
vielleicht nicht lassen konnte, es unterordnete sich Preußen. Han-
nover
trat auch dem preußischen Sonderbunde bei, aber auf die
ausdrückliche Bedingung, daß er sich von einem Sonderbunde zu
einem allgemeinen deutschen Bunde erhebe. Es bot Sachsen die
Möglichkeit dar, den gleichen Vorbehalt zu machen, in anderen
Worten, mit Hannover aus dem Bunde zu treten, sobald derselbe
den Charakter eines preußischen Bündnisses behielt, anstatt den
eines deutschen anzunehmen. Bayern vermochte es, auf eine ent-
schiedene Weise sein Veto gegen die preußische Suprematie in
Deutschland, gegen den Ausschluß Oesterreichs aus Deutschland
auszusprechen. Es konnte Württemberg durch sein Beispiel in
dessen Entschluß aufrecht halten; es konnte Hannover und Sachsen
von deren Verbindlichkeiten gegen Preußen frei machen. Es konnte
Oesterreich möglich machen, auf friedlichem Wege seine Rechte in
Deutschland geltend zu bringen. Bayern hatte die Ent-
scheidung in seinen Händen
und wir dürfen es ihm nie
vergessen, daß es dieselbe zu unseren, zu Deutschlands Gunsten ge-
fällt hat. Unserer Meinung nach löst das zu Stande gekommene
Jnterim den norddeutschen Sonderbund auf. Das Jnterim
macht die Einzelstaaten zu Herren ihres eigenen
Schicksales,
es unterordnet dieselben weder dem Majoritäts-
beschlusse eines Verwaltungsrathes, noch dem eines vereinigten
Landtages. Aber gesetzt den Fall, es beliebte der Majorität der
Sonderbundsstaaten einen Landtag einzuberufen, was dann?
Welche Folgen könnte er haben? Wenn, wie es voraussichtlich
der Fall ist, von den Königreichen nur Preußen denselben beschicken
wird, was vermögen die anderen kleinen Staaten zu thun, als sich
auch vom Sonderbunde lossagen? Können Bremen und Ol-
denburg
etwa an Preußen festhalten, wenn Hannover sich von
Preußen lossagt? Kann Hamburg ohne Holstein, kann Lübeck
ohne Lauenburg preußisch werden? Werden eine Anzahl anderer
kleiner deutscher Staaten in den preußischen Bund treten, wenn
voraussichtlich ihre vereinigte Stimmenzahl gegenüber der preußi-
schen Stimme in einem Verwaltungsrathe, auf einem Reichstage
vollkommen unmächtig seyn muß, wenn ihr Beitritt zum
Sonderbunde ihrer Mediatisirung gleichbedeu-
tend wäre?
Wir dürfen hoffen, daß Preußen jetzt seine ur-
sprüngliche Jdee aufgeben wird, einen preußischen Bund zu schlie-
ßen, schon um die Einheit Deutschlands nicht ohne Noth zu ge-
fährden, aber sollte diese Hoffnung nicht realisirt werden, so haben
[Spaltenumbruch] wir doch die fast mathematische Gewißheit, daß Preußen bei sei-
nem Beginne an dem Widerstande der anderen Königreiche schei-
tern wird. So lange, als von der Pfordten, Stüve und
Römer, dieses Kleeblatt echt deutscher Männer, das Ruder
ihrer resp. Staaten in Händen halten, brauchen wir nicht die Be-
fürchtung zu hegen, daß Deutschland anders als durch das
gemeinsame Handeln aller deutschen Staaten

constituirt werden könne.“

Man hört, daß die Einführung der Grundsteuer in
Ungarn
beschlossen sey und demnächst zur Ausführung kommen
soll, auch soll das bisherige Privilegium des ungarischen Adels,
die Befreiung vom ungarischen Dreißigzoll, aufgehoben worden
seyn. Zugleich hofft man in der besagten Einführung der Grund-
steuer für Ungarn einen Vorläufer der Aufhebung der Zwi-
schenzollschranken
zwischen Ungarn und den übrigen
österreichischen Kronländern
erblicken zu dürfen, hofft
aber auch, daß diese Aufhebung baldigst erfolgen werde. Jch
weiß nicht, ob es Jhren Lesern bekannt ist, daß unsere Regierung
schon in den königlich ungarischen Propositionen vom Jahre 1847
—48 die Aufhebung angedeutet und alle Vorbereitungen zur
Ausführung derselben für den Fall getroffen hatte, wenn der
ungarische Landtag zugestimmt hätte. Dies lag jedoch so wenig
im Sinne Kossuths und seiner Genossen, daß sie ein Heimathsge-
setz votirten, wodurch auch allen nicht ungarischen Oesterreichern,
geschweige unseren deutschen Brüdern, der Besitz und die Erwer-
bung ungarischer Liegenschaften in so lange unmöglich blieb, bis
sie das ungarische Staatsbürgerrecht erlangt und die Kenntniß
der ungarischen Sprache nachgewiesen haben würden.

Berlin 21. October. ( L. C. ) Man spricht hier viel von einem
Separatbündnisse, welches zwischen Bayern, Württemberg und
Hannover abgeschlossen worden seyn soll, und das bezweckt, eine
enge Verbindung dieser mittleren Staaten gegen Oesterreich und
Preußen zu schaffen. Bayern soll in Rücksicht auf sein enges und
zartes Verhältniß zu Oesterreich lange gezögert haben, auf die
derartigen Propositionen Württembergs, denen man in Hanno-
ver ein williges Ohr lieh, einzugehen. Endlich aber soll man auch
in München auf weitere Rücksichtsnahmen verzichtet haben und
auf einen Plan eingegangen seyn, der Bayern, als dem mächtig-
sten Gliede des Separatbundes, wenn dieser anders den beiden
Großmächten gegenüber selbst eine Rolle spielen sollte, einen
Einfluß auf die Ver= oder Entwickelung der deutschen Angelegen-
heiten verspricht. Dieses Separatbündniß, das durch feierliche
Verträge verbrieft seyn soll, verheißt allerdings die Selbststän-
digkeit der Königreiche in bester Form zu sichern; aber es ver-
spricht leider auch neue Verwickelungen und eine noch größere
Zerfahrenheit der deutschen Verhältnisse. Die preußisch=deutsche
Politik findet hier einen sie mit ihren eigenen Waffen bekämpfen-
den Gegner; — wird sie ihm zu begegnen wissen? — Sachsen
soll bis jetzt mehrfachen Aufforderungen, dem in Rede stehenden
Bündnisse beizutreten, nicht nachgekommen seyn; es spricht von
seinen Verpflichtungen der preußischen Regierung gegenüber.
Wird aber diese Dankbarkeit lange stichhaltig seyn?

Köln 22. October. Am 20. und 21. October sind im Ganzen
10 Erkrankungen an der Cholera, 5 Genesungen und 3 Sterbe-
fälle angezeigt worden.

Karlsruhe 21. October. ( Karlsr. Z. ) Die öffentlichen Blät-
ter beschäftigen sich seit einigen Tagen viel mit der Berufung der
badischen Ständeversammlung. Dabei wird von einer Seite der
Rath ertheilt, dieselbe nach einem provisorisch zu erlassenden, das
heißt also nach einem zu octroyirenden neuen Wahlgesetze zu bil-
den, und die „Deutsche Zeitung“ will in diesem Rathe bereits
einen sogenannten „Fühler“ erkennen. Wir sind in der Lage hier-
auf versichern zu können, daß die großh. Regierung nicht daran
denkt, einen solchen Weg zu betreten, und die bestehende Wahl-
ordnung anders als auf verfassungsmäßigem Wege abzuändern.

Rastatt 19. October. ( S. M. ) Heute ertönte ein Allarm-
schuß von den Wällen des Forts B. Einer der dort arbeitenden
Gefangenen hatte den Versuch zu entfliehen gemacht; dieser Ver-
such ist vor einigen Tagen mehreren Gefangenen wieder gelun-
gen. Unter ihnen war der Sohn des Gießener Professors
Hillebrand.

# Mainz 24. October. Stand der Brechruhr. Jn Mainz
[Ende Spaltensatz]

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[0001] Beilage zum Mainzer Journal. Nro 252. Mittwoch, den 24. October. 1849. Deutschland. Wien 18. October. ( S. M. ) Hier dauern bedeutende Truppenmärsche, von Reiterei und Fußvolk, tagtäglich fort. Es sind Theile der italiänischen Armee, die sich zu dem großen Observationskorps in Böhmen begeben, wohin auch sein Commandant, Erzherzog Albrecht, nächster Tage sich verfügen wird. Ein Theil dieses Armeekorps soll an die säch- sische Grenze kommen. — Als Bevollmächtigter bei der neuen provisorischen Bundescommission in Frankfurt ist militä- rischer Seits von uns der F. M. L. v. Schönhals ernannt wor- den, ein höchst ausgezeichneter und wissenschaftlich gebildeter Mann, der im italiänischen Feldzuge dem Marschall Radetzky stets zur Seite gestanden. Als den zweiten Bevollmächtigten nennt man den Hofrath v. Thierry in der Staatskanzlei, der früher der Präsidialgesandtschaft beim Bundestage beigegeben war und für einen durchdringenden Kenner der deutschen Verhältnisse gilt. Die Verhaftung des ehemaligen Ministers, Baron Pillers- dorf, bestätigt sich nicht. Es ist eine der vielen Erfindungen, welche die „Breslauer Zeitung“ zu verantworten hat. Der „Lloyd“ bringt den folgenden bemerkenswerthen Artikel: „Wir danken den Fortschritt, welchen die deutsche Frage bisher gemacht hat, zuerst. Bayern, dann Hannover. Wir sagen den Fortschritt, und meinen damit die gewonnene Aussicht auf Einigung des ganzen Deutschlands mit dem gan- zen Oesterreich. Diese bleibt uns stets die Hauptsache, und die Form, in welcher die Einigung beliebt wird, Neben- sache, falls allen Völkern des großen Bundes die constitutionelle Freiheit gewährt bleibt, eine Sache, die sich eigentlich von selbst versteht und worüber man keine Worte zu verlieren braucht. Jn einer Zeit, als Oesterreich seine Armee in Jtalien und Ungarn zu verwenden hatte, bezwangen preußische Truppen den Aufstand in Dresden, marschirten durch die Pfalz und stellten die gestörte Ordnung in Baden her. Sachsen that, was es vielleicht nicht lassen konnte, es unterordnete sich Preußen. Han- nover trat auch dem preußischen Sonderbunde bei, aber auf die ausdrückliche Bedingung, daß er sich von einem Sonderbunde zu einem allgemeinen deutschen Bunde erhebe. Es bot Sachsen die Möglichkeit dar, den gleichen Vorbehalt zu machen, in anderen Worten, mit Hannover aus dem Bunde zu treten, sobald derselbe den Charakter eines preußischen Bündnisses behielt, anstatt den eines deutschen anzunehmen. Bayern vermochte es, auf eine ent- schiedene Weise sein Veto gegen die preußische Suprematie in Deutschland, gegen den Ausschluß Oesterreichs aus Deutschland auszusprechen. Es konnte Württemberg durch sein Beispiel in dessen Entschluß aufrecht halten; es konnte Hannover und Sachsen von deren Verbindlichkeiten gegen Preußen frei machen. Es konnte Oesterreich möglich machen, auf friedlichem Wege seine Rechte in Deutschland geltend zu bringen. Bayern hatte die Ent- scheidung in seinen Händen und wir dürfen es ihm nie vergessen, daß es dieselbe zu unseren, zu Deutschlands Gunsten ge- fällt hat. Unserer Meinung nach löst das zu Stande gekommene Jnterim den norddeutschen Sonderbund auf. Das Jnterim macht die Einzelstaaten zu Herren ihres eigenen Schicksales, es unterordnet dieselben weder dem Majoritäts- beschlusse eines Verwaltungsrathes, noch dem eines vereinigten Landtages. Aber gesetzt den Fall, es beliebte der Majorität der Sonderbundsstaaten einen Landtag einzuberufen, was dann? Welche Folgen könnte er haben? Wenn, wie es voraussichtlich der Fall ist, von den Königreichen nur Preußen denselben beschicken wird, was vermögen die anderen kleinen Staaten zu thun, als sich auch vom Sonderbunde lossagen? Können Bremen und Ol- denburg etwa an Preußen festhalten, wenn Hannover sich von Preußen lossagt? Kann Hamburg ohne Holstein, kann Lübeck ohne Lauenburg preußisch werden? Werden eine Anzahl anderer kleiner deutscher Staaten in den preußischen Bund treten, wenn voraussichtlich ihre vereinigte Stimmenzahl gegenüber der preußi- schen Stimme in einem Verwaltungsrathe, auf einem Reichstage vollkommen unmächtig seyn muß, wenn ihr Beitritt zum Sonderbunde ihrer Mediatisirung gleichbedeu- tend wäre? Wir dürfen hoffen, daß Preußen jetzt seine ur- sprüngliche Jdee aufgeben wird, einen preußischen Bund zu schlie- ßen, schon um die Einheit Deutschlands nicht ohne Noth zu ge- fährden, aber sollte diese Hoffnung nicht realisirt werden, so haben wir doch die fast mathematische Gewißheit, daß Preußen bei sei- nem Beginne an dem Widerstande der anderen Königreiche schei- tern wird. So lange, als von der Pfordten, Stüve und Römer, dieses Kleeblatt echt deutscher Männer, das Ruder ihrer resp. Staaten in Händen halten, brauchen wir nicht die Be- fürchtung zu hegen, daß Deutschland anders als durch das gemeinsame Handeln aller deutschen Staaten constituirt werden könne.“ Man hört, daß die Einführung der Grundsteuer in Ungarn beschlossen sey und demnächst zur Ausführung kommen soll, auch soll das bisherige Privilegium des ungarischen Adels, die Befreiung vom ungarischen Dreißigzoll, aufgehoben worden seyn. Zugleich hofft man in der besagten Einführung der Grund- steuer für Ungarn einen Vorläufer der Aufhebung der Zwi- schenzollschranken zwischen Ungarn und den übrigen österreichischen Kronländern erblicken zu dürfen, hofft aber auch, daß diese Aufhebung baldigst erfolgen werde. Jch weiß nicht, ob es Jhren Lesern bekannt ist, daß unsere Regierung schon in den königlich ungarischen Propositionen vom Jahre 1847 —48 die Aufhebung angedeutet und alle Vorbereitungen zur Ausführung derselben für den Fall getroffen hatte, wenn der ungarische Landtag zugestimmt hätte. Dies lag jedoch so wenig im Sinne Kossuths und seiner Genossen, daß sie ein Heimathsge- setz votirten, wodurch auch allen nicht ungarischen Oesterreichern, geschweige unseren deutschen Brüdern, der Besitz und die Erwer- bung ungarischer Liegenschaften in so lange unmöglich blieb, bis sie das ungarische Staatsbürgerrecht erlangt und die Kenntniß der ungarischen Sprache nachgewiesen haben würden. Berlin 21. October. ( L. C. ) Man spricht hier viel von einem Separatbündnisse, welches zwischen Bayern, Württemberg und Hannover abgeschlossen worden seyn soll, und das bezweckt, eine enge Verbindung dieser mittleren Staaten gegen Oesterreich und Preußen zu schaffen. Bayern soll in Rücksicht auf sein enges und zartes Verhältniß zu Oesterreich lange gezögert haben, auf die derartigen Propositionen Württembergs, denen man in Hanno- ver ein williges Ohr lieh, einzugehen. Endlich aber soll man auch in München auf weitere Rücksichtsnahmen verzichtet haben und auf einen Plan eingegangen seyn, der Bayern, als dem mächtig- sten Gliede des Separatbundes, wenn dieser anders den beiden Großmächten gegenüber selbst eine Rolle spielen sollte, einen Einfluß auf die Ver= oder Entwickelung der deutschen Angelegen- heiten verspricht. Dieses Separatbündniß, das durch feierliche Verträge verbrieft seyn soll, verheißt allerdings die Selbststän- digkeit der Königreiche in bester Form zu sichern; aber es ver- spricht leider auch neue Verwickelungen und eine noch größere Zerfahrenheit der deutschen Verhältnisse. Die preußisch=deutsche Politik findet hier einen sie mit ihren eigenen Waffen bekämpfen- den Gegner; — wird sie ihm zu begegnen wissen? — Sachsen soll bis jetzt mehrfachen Aufforderungen, dem in Rede stehenden Bündnisse beizutreten, nicht nachgekommen seyn; es spricht von seinen Verpflichtungen der preußischen Regierung gegenüber. Wird aber diese Dankbarkeit lange stichhaltig seyn? Köln 22. October. Am 20. und 21. October sind im Ganzen 10 Erkrankungen an der Cholera, 5 Genesungen und 3 Sterbe- fälle angezeigt worden. Karlsruhe 21. October. ( Karlsr. Z. ) Die öffentlichen Blät- ter beschäftigen sich seit einigen Tagen viel mit der Berufung der badischen Ständeversammlung. Dabei wird von einer Seite der Rath ertheilt, dieselbe nach einem provisorisch zu erlassenden, das heißt also nach einem zu octroyirenden neuen Wahlgesetze zu bil- den, und die „Deutsche Zeitung“ will in diesem Rathe bereits einen sogenannten „Fühler“ erkennen. Wir sind in der Lage hier- auf versichern zu können, daß die großh. Regierung nicht daran denkt, einen solchen Weg zu betreten, und die bestehende Wahl- ordnung anders als auf verfassungsmäßigem Wege abzuändern. Rastatt 19. October. ( S. M. ) Heute ertönte ein Allarm- schuß von den Wällen des Forts B. Einer der dort arbeitenden Gefangenen hatte den Versuch zu entfliehen gemacht; dieser Ver- such ist vor einigen Tagen mehreren Gefangenen wieder gelun- gen. Unter ihnen war der Sohn des Gießener Professors Hillebrand. # Mainz 24. October. Stand der Brechruhr. Jn Mainz

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Zitationshilfe: Beilage zum Mainzer Journal. Nr. 252. Mainz, 24. Oktober 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal252b_1849/1>, abgerufen am 21.11.2024.