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Mainzer Journal. Nr. 251. Mainz, 22. Oktober 1849.

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[Beginn Spaltensatz] Freund und Rathgeber seyn und Jeden, der in bedrängten Ver-
hältnissen kommt, mit Bereitwilligkeit anhören und ihm durch
Rath und That beistehen. Dann mag man es ihm auch ver-
gönnen, wenn er die Aepfel aus dem Hesperiden=Garten vor
dem Florenthore unter die Freunde der Obstbaumzucht zum Ver-
suchen vertheilt und hierdurch Jnteresse für die großen Obstplan-
tagen um die Stadt erwecken und der Stadt selbst einen mate-
riellen Vortheil zuwenden will. Das ist unser guter Rath in
einer so viel besprochenen Angelegenheit!

Gießen 20. October[unleserliches Material]. Jch habe Jhnen über die hiesigen
Vorgänge des gestrigen Tages einen traurigen Bericht zu erstat-
ten. Schon seit einiger Zeit lesen wir in verschiedenen Blättern,
namentlich in der Deutschen und in der Darmstädter Zeitung
Klagen über die scandalösen Freisprechungen unserer Jury
in politischen und Preßprocessen.
Gestern stand vor dem
hiesigen Schwurgerichte der Candidat der evangelischen Theologie
Scriba ( ein Zögling der hiesigen Universität und des Fried-
berger Predigerseminars ) , angeklagt des Hochverrathes. Er
hatte in einem von ihm redigirten Wetterauer Blatte aufgefor-
dert, der badischen Revolution bewaffnet zu Hilfe zu eilen, die
deutschen Fürsten zu verjagen, eine "rheinische Republik" zu
gründen, und zu anderen unschuldigen Dingen der Art mehr,
was ja, wie er in seiner Vertheidigung sehr naiv erörterte, jetzt,
wo die Freiheit der Presse einem Jeden die unbehinderte Mitthei-
lung seiner innersten politischen Gedanken, Meinungen und
Wünsche gewährleistet, etwas ganz Erlaubtes ist. Noch nie lag
wohl der Beweis eines Verbrechens so vollständig und auch dem
stumpfsten Verstande begreifbar vor, wie in diesem Falle, in wel-
chem überdies schon vor der öffentlichen Verhandlung das Hof-
gericht, der Staatsanwalt und selbst der Cassationshof einstim-
mig in diesem Sinne sich ausgesprochen hatten. Und dennoch
verkündete das Verdict der Jury das Nichtschuldig! Mit die-
ser Entscheidung steht die traurige Gewißheit fest, daß alle Artikel
des Strafgesetzbuches, welche politische Verbrechen bedrohen,
gestrichen und obsolet sind, -- für sie gibt es kein Schuldig der
Geschworenen mehr; unser Staat, sein Oberhaupt und seine
Verfassung sind fortan preisgegeben der Ehrsucht jedes unreifen
Knaben, dem es nach den pitoyabeln Lorbeeren des edeln Hecker
gelüstet.

Doch davon wollte ich nicht reden; ich wollte Jhnen nur den
Jubel beschreiben, mit welchem dieses Nichtschuldig von der Be-
völkerung unserer politisch hochgebildeten, guten Stadt Gießen
aufgenommen wurde, von den Blumenkränzen, welche unseren
hochherzigen Candidaten der Theologie bei seinem Austritte aus
dem Assisensaale empfingen, von dem Vivatgeschrei, welches den
aus dem Kerker Befreiten auf seinem Triumphzuge durch den Bu-
schischen Garten und durch die Straßen der Stadt begleitete.
Welche tiefe moralische und politische Versunkenheit hier herrscht,
dies ist aus den vielbesprochenen "Schmähartikeln" der Darm-
städter Zeitung hinlänglich bekannt; aber das ist noch nicht
öffentlich besprochen worden, daß bei solchen scandalösen Auftrit-
ten in hiesiger Stadt die Frauen und Jungfrauen sich vor
Allen hervorthun. Wenn man den hiesigen Stadtvorstand hört,
so geht all' dieser Unfug nur von Fremden, von nur vorüber-
gehend sich hier aufhaltenden Gesellen, Lehrjungen, Taglöhnern
aus. Aber wir fragen: waren denn, als vor einigen Mo-
naten durch das fälschlich ausgesprengte Gerücht, die politischen
Gefangenen sollten durch eine Abtheilung Cheveauxlegers von
hier entfernt werden, ein Tumult geflissentlich veranlaßt worden
[Spaltenumbruch] war, die Frauen, welche mit geschwungenen Aexten den Megären
gleich durch die Straßen liefen und ihre Männer und Söhne zu
den Barricaden riefen -- waren, fragen wir, diese Frauen etwa
auch ortsfremde Taglöhner und Gesellen? Waren die festlich
geschmückten Mädchen, welche, als vor einiger Zeit unser Stadt-
demokrat August Becker vor den Assisen stand, ein eigens
hierzu gesticktes Sammtkissen auf die Angeklagtenbank legten,
welche den Freigesprochenen mit Blumen bewarfen, welche -- o
pfui über diese Verleugnung aller weiblichen Sittsamkeit! -- dem
August Becker am Abende seiner Freisprechung ein Ständchen
brachten, waren, fragen wir, diese echten Töchter Gießens eben-
falls ortsfremde Taglöhner und Gesellen? Waren die Mädchen,
welche gestern den freigesprochenen Candidaten der Theologie
mit Blumenguirlanden umstrickten, und welche ihm aus dem As-
sisenlocale nachliefen, welche mit einer wahrhaft Ekel erregenden
Hintansetzung aller weiblichen Sitte bei dem Triumphzuge die
ersten Stellen übernahmen -- waren dies etwa auch ortsfremde
Taglöhner und Gesellen? -- Doch damit war der Scandal noch
nicht zu Ende. Der Abend sollte nicht ohne eine Ovation für
das den Kerkern einer freiheitsfeindlichen Justiz entrissene Opfer,
und für seinen gesinnungstüchtigen Advocaten Metz von Darm-
stadt hingehen. Die hiesige Demokratie hat ihre Niederlage
hauptsächlich im Leib'schen Weinhause; aber gestern Abend
wurde die Scene verlegt, denn es galt, mit der Ovation für den
hochherzigen Candidaten der Theologie auch eine Demonstration
gegen den Präsidenten des Assisenhofes zu verbinden, weil dieser
bei der Verhandlung durch sein scharfes Verhör dem "Gründer
der rheinischen Republik" ein wenig stark zugesetzt hatte. Um
9 Uhr wälzten sich in den Hof des Gasthauses zum Einhorn, in
welchem der Präsident der Assisen logirt, gewaltige Menschen-
massen, und alsbald erschallten zu Ehren Scriba's und seines
Vertheidigers vierstimmige Jubelhymnen ( wahrscheinlich auch
von ortsfremden Taglöhnern und Gesellen executirt ) . Ein Red-
ner pries die Verdienste des Vertheidigers, welcher durch seine
Eloquenz "die künstlich zusammengetragene Anklage zu Schanden
gemacht habe," in einer Erwiederungsrede war von der durch
das Jnstitut der Geschworenen garantirten bürgerlichen Freiheit
und anderen Gemeinplätzen die Rede. Jn der ganzen Scene aber
lag ein tiefer Hohn gegen die mit Füßen getretene Gerechtigkeit.
Es ist traurig, entspricht aber einer allgemeinen Erfahrung, daß
gerade Gießen, diese von jeher von der Regierung am meisten
begünstigte Stadt, die der rheinhessische Abgeordnete Brunck
auf den früheren Landtagen das "verwöhnte Kind" zu nennen
pflegte, daß, sagen wir, gerade diese Stadt keine Gelegenheit
hingehen läßt, ihre Antipathien gegen die Regierung an den Tag
zu legen.

Frankfurt 21. October. Aus gut unterrichteter Quelle
kann ich Jhnen über die bevorstehenden Reisen des Prinzen
von Preußen
in nächster Zukunft das Nachstehende mittheilen.
Der Prinz wird am 26. oder 27. von Berlin abreisen und ein
in Mittelpreußen zusammengezogenes Armeekorps mustern. Dar-
auf begibt sich der Prinz nach Koblenz, um hier gleichfalls über
mehrere Divisionen des rheinischen Armeekorps Jnspection zu
halten. Von dort reist derselbe nach Frankfurt und dann nach
kurzem Aufenthalte hierselbst nach Karlsruhe. Später wird Se.
königl. Hoheit nach Frankfurt zurückkehren, um daselbst einen
längeren Aufenthalt zu nehmen.

[Ende Spaltensatz]

Anzeigen.
[Beginn Spaltensatz]
Todes-Anzeige.

Im Namen unserer Familie erfülle ich die traurige Pflicht,
unseren Freunden und Bekannten anzuzeigen, dass am
14. d. M. nach zweitägigem Krankenlager unser geliebter
Vater Dr
. Joseph Piesdem Herrn entschlafen ist und
bitte um stille Theilnahme.

Hiermit verbinde ich zugleich die Anzeige, dass ich meinen
seitherigen Wohnsitz Niederolm verlassen und mich im
Hause meines verstorbenen Vaters, Gräberstrasse Lit. B. Nr.
321., als praktischer Arzt niedergelassen habe.

    Joseph Pies,
    Dr. der gesammten Heilkunde.



Capitalien auf solide Anlagen liegen fortwährend zum Ausleihen
bereit bei

    Max Hirsch, Klaragasse.

[Spaltenumbruch]

Die Möbelversteigerung im königl. preußischen Gou-
vernementsgebäude dahier wird morgen Dienstag
und übermorgen Mittwoch Nachmittags 2 Uhr
fortgesetzt und werden Gegenstände durch alle Rubriken ausge-
boten werden. Die Wagen, Pferde, Geschirre, Sättel, Leiter-
wagen und Stallrequisiten werden Donnerstag Nachmit-
tags
3 Uhr versteigert.

Am Heutigen habe ich meinen Wohnort Mainz verlassen
und als praktischer Arzt in Niederolm die seitherige Woh-
nung des Herrn Dr. Pies bezogen.

Niederolm den 22. October 1849.

    L. Siebert,
    Dr. der Medicin, Chirurgie und Geburtshilfe.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

[Beginn Spaltensatz] Freund und Rathgeber seyn und Jeden, der in bedrängten Ver-
hältnissen kommt, mit Bereitwilligkeit anhören und ihm durch
Rath und That beistehen. Dann mag man es ihm auch ver-
gönnen, wenn er die Aepfel aus dem Hesperiden=Garten vor
dem Florenthore unter die Freunde der Obstbaumzucht zum Ver-
suchen vertheilt und hierdurch Jnteresse für die großen Obstplan-
tagen um die Stadt erwecken und der Stadt selbst einen mate-
riellen Vortheil zuwenden will. Das ist unser guter Rath in
einer so viel besprochenen Angelegenheit!

Gießen 20. October[unleserliches Material]. Jch habe Jhnen über die hiesigen
Vorgänge des gestrigen Tages einen traurigen Bericht zu erstat-
ten. Schon seit einiger Zeit lesen wir in verschiedenen Blättern,
namentlich in der Deutschen und in der Darmstädter Zeitung
Klagen über die scandalösen Freisprechungen unserer Jury
in politischen und Preßprocessen.
Gestern stand vor dem
hiesigen Schwurgerichte der Candidat der evangelischen Theologie
Scriba ( ein Zögling der hiesigen Universität und des Fried-
berger Predigerseminars ) , angeklagt des Hochverrathes. Er
hatte in einem von ihm redigirten Wetterauer Blatte aufgefor-
dert, der badischen Revolution bewaffnet zu Hilfe zu eilen, die
deutschen Fürsten zu verjagen, eine „rheinische Republik“ zu
gründen, und zu anderen unschuldigen Dingen der Art mehr,
was ja, wie er in seiner Vertheidigung sehr naiv erörterte, jetzt,
wo die Freiheit der Presse einem Jeden die unbehinderte Mitthei-
lung seiner innersten politischen Gedanken, Meinungen und
Wünsche gewährleistet, etwas ganz Erlaubtes ist. Noch nie lag
wohl der Beweis eines Verbrechens so vollständig und auch dem
stumpfsten Verstande begreifbar vor, wie in diesem Falle, in wel-
chem überdies schon vor der öffentlichen Verhandlung das Hof-
gericht, der Staatsanwalt und selbst der Cassationshof einstim-
mig in diesem Sinne sich ausgesprochen hatten. Und dennoch
verkündete das Verdict der Jury das Nichtschuldig! Mit die-
ser Entscheidung steht die traurige Gewißheit fest, daß alle Artikel
des Strafgesetzbuches, welche politische Verbrechen bedrohen,
gestrichen und obsolet sind, — für sie gibt es kein Schuldig der
Geschworenen mehr; unser Staat, sein Oberhaupt und seine
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Knaben, dem es nach den pitoyabeln Lorbeeren des edeln Hecker
gelüstet.

Doch davon wollte ich nicht reden; ich wollte Jhnen nur den
Jubel beschreiben, mit welchem dieses Nichtschuldig von der Be-
völkerung unserer politisch hochgebildeten, guten Stadt Gießen
aufgenommen wurde, von den Blumenkränzen, welche unseren
hochherzigen Candidaten der Theologie bei seinem Austritte aus
dem Assisensaale empfingen, von dem Vivatgeschrei, welches den
aus dem Kerker Befreiten auf seinem Triumphzuge durch den Bu-
schischen Garten und durch die Straßen der Stadt begleitete.
Welche tiefe moralische und politische Versunkenheit hier herrscht,
dies ist aus den vielbesprochenen „Schmähartikeln“ der Darm-
städter Zeitung hinlänglich bekannt; aber das ist noch nicht
öffentlich besprochen worden, daß bei solchen scandalösen Auftrit-
ten in hiesiger Stadt die Frauen und Jungfrauen sich vor
Allen hervorthun. Wenn man den hiesigen Stadtvorstand hört,
so geht all' dieser Unfug nur von Fremden, von nur vorüber-
gehend sich hier aufhaltenden Gesellen, Lehrjungen, Taglöhnern
aus. Aber wir fragen: waren denn, als vor einigen Mo-
naten durch das fälschlich ausgesprengte Gerücht, die politischen
Gefangenen sollten durch eine Abtheilung Cheveauxlegers von
hier entfernt werden, ein Tumult geflissentlich veranlaßt worden
[Spaltenumbruch] war, die Frauen, welche mit geschwungenen Aexten den Megären
gleich durch die Straßen liefen und ihre Männer und Söhne zu
den Barricaden riefen — waren, fragen wir, diese Frauen etwa
auch ortsfremde Taglöhner und Gesellen? Waren die festlich
geschmückten Mädchen, welche, als vor einiger Zeit unser Stadt-
demokrat August Becker vor den Assisen stand, ein eigens
hierzu gesticktes Sammtkissen auf die Angeklagtenbank legten,
welche den Freigesprochenen mit Blumen bewarfen, welche — o
pfui über diese Verleugnung aller weiblichen Sittsamkeit! — dem
August Becker am Abende seiner Freisprechung ein Ständchen
brachten, waren, fragen wir, diese echten Töchter Gießens eben-
falls ortsfremde Taglöhner und Gesellen? Waren die Mädchen,
welche gestern den freigesprochenen Candidaten der Theologie
mit Blumenguirlanden umstrickten, und welche ihm aus dem As-
sisenlocale nachliefen, welche mit einer wahrhaft Ekel erregenden
Hintansetzung aller weiblichen Sitte bei dem Triumphzuge die
ersten Stellen übernahmen — waren dies etwa auch ortsfremde
Taglöhner und Gesellen? — Doch damit war der Scandal noch
nicht zu Ende. Der Abend sollte nicht ohne eine Ovation für
das den Kerkern einer freiheitsfeindlichen Justiz entrissene Opfer,
und für seinen gesinnungstüchtigen Advocaten Metz von Darm-
stadt hingehen. Die hiesige Demokratie hat ihre Niederlage
hauptsächlich im Leib'schen Weinhause; aber gestern Abend
wurde die Scene verlegt, denn es galt, mit der Ovation für den
hochherzigen Candidaten der Theologie auch eine Demonstration
gegen den Präsidenten des Assisenhofes zu verbinden, weil dieser
bei der Verhandlung durch sein scharfes Verhör dem „Gründer
der rheinischen Republik“ ein wenig stark zugesetzt hatte. Um
9 Uhr wälzten sich in den Hof des Gasthauses zum Einhorn, in
welchem der Präsident der Assisen logirt, gewaltige Menschen-
massen, und alsbald erschallten zu Ehren Scriba's und seines
Vertheidigers vierstimmige Jubelhymnen ( wahrscheinlich auch
von ortsfremden Taglöhnern und Gesellen executirt ) . Ein Red-
ner pries die Verdienste des Vertheidigers, welcher durch seine
Eloquenz „die künstlich zusammengetragene Anklage zu Schanden
gemacht habe,“ in einer Erwiederungsrede war von der durch
das Jnstitut der Geschworenen garantirten bürgerlichen Freiheit
und anderen Gemeinplätzen die Rede. Jn der ganzen Scene aber
lag ein tiefer Hohn gegen die mit Füßen getretene Gerechtigkeit.
Es ist traurig, entspricht aber einer allgemeinen Erfahrung, daß
gerade Gießen, diese von jeher von der Regierung am meisten
begünstigte Stadt, die der rheinhessische Abgeordnete Brunck
auf den früheren Landtagen das „verwöhnte Kind“ zu nennen
pflegte, daß, sagen wir, gerade diese Stadt keine Gelegenheit
hingehen läßt, ihre Antipathien gegen die Regierung an den Tag
zu legen.

♂ Frankfurt 21. October. Aus gut unterrichteter Quelle
kann ich Jhnen über die bevorstehenden Reisen des Prinzen
von Preußen
in nächster Zukunft das Nachstehende mittheilen.
Der Prinz wird am 26. oder 27. von Berlin abreisen und ein
in Mittelpreußen zusammengezogenes Armeekorps mustern. Dar-
auf begibt sich der Prinz nach Koblenz, um hier gleichfalls über
mehrere Divisionen des rheinischen Armeekorps Jnspection zu
halten. Von dort reist derselbe nach Frankfurt und dann nach
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königl. Hoheit nach Frankfurt zurückkehren, um daselbst einen
längeren Aufenthalt zu nehmen.

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Todes-Anzeige.

Im Namen unserer Familie erfülle ich die traurige Pflicht,
unseren Freunden und Bekannten anzuzeigen, dass am
14. d. M. nach zweitägigem Krankenlager unser geliebter
Vater Dr
. Joseph Piesdem Herrn entschlafen ist und
bitte um stille Theilnahme.

Hiermit verbinde ich zugleich die Anzeige, dass ich meinen
seitherigen Wohnsitz Niederolm verlassen und mich im
Hause meines verstorbenen Vaters, Gräberstrasse Lit. B. Nr.
321., als praktischer Arzt niedergelassen habe.

    Joseph Pies,
    Dr. der gesammten Heilkunde.



Capitalien auf solide Anlagen liegen fortwährend zum Ausleihen
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vernementsgebäude dahier wird morgen Dienstag
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fortgesetzt und werden Gegenstände durch alle Rubriken ausge-
boten werden. Die Wagen, Pferde, Geschirre, Sättel, Leiter-
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Am Heutigen habe ich meinen Wohnort Mainz verlassen
und als praktischer Arzt in Niederolm die seitherige Woh-
nung des Herrn Dr. Pies bezogen.

Niederolm den 22. October 1849.

    L. Siebert,
    Dr. der Medicin, Chirurgie und Geburtshilfe.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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[0004] Freund und Rathgeber seyn und Jeden, der in bedrängten Ver- hältnissen kommt, mit Bereitwilligkeit anhören und ihm durch Rath und That beistehen. Dann mag man es ihm auch ver- gönnen, wenn er die Aepfel aus dem Hesperiden=Garten vor dem Florenthore unter die Freunde der Obstbaumzucht zum Ver- suchen vertheilt und hierdurch Jnteresse für die großen Obstplan- tagen um die Stadt erwecken und der Stadt selbst einen mate- riellen Vortheil zuwenden will. Das ist unser guter Rath in einer so viel besprochenen Angelegenheit! Gießen 20. October_ . Jch habe Jhnen über die hiesigen Vorgänge des gestrigen Tages einen traurigen Bericht zu erstat- ten. Schon seit einiger Zeit lesen wir in verschiedenen Blättern, namentlich in der Deutschen und in der Darmstädter Zeitung Klagen über die scandalösen Freisprechungen unserer Jury in politischen und Preßprocessen. Gestern stand vor dem hiesigen Schwurgerichte der Candidat der evangelischen Theologie Scriba ( ein Zögling der hiesigen Universität und des Fried- berger Predigerseminars ) , angeklagt des Hochverrathes. Er hatte in einem von ihm redigirten Wetterauer Blatte aufgefor- dert, der badischen Revolution bewaffnet zu Hilfe zu eilen, die deutschen Fürsten zu verjagen, eine „rheinische Republik“ zu gründen, und zu anderen unschuldigen Dingen der Art mehr, was ja, wie er in seiner Vertheidigung sehr naiv erörterte, jetzt, wo die Freiheit der Presse einem Jeden die unbehinderte Mitthei- lung seiner innersten politischen Gedanken, Meinungen und Wünsche gewährleistet, etwas ganz Erlaubtes ist. Noch nie lag wohl der Beweis eines Verbrechens so vollständig und auch dem stumpfsten Verstande begreifbar vor, wie in diesem Falle, in wel- chem überdies schon vor der öffentlichen Verhandlung das Hof- gericht, der Staatsanwalt und selbst der Cassationshof einstim- mig in diesem Sinne sich ausgesprochen hatten. Und dennoch verkündete das Verdict der Jury das Nichtschuldig! Mit die- ser Entscheidung steht die traurige Gewißheit fest, daß alle Artikel des Strafgesetzbuches, welche politische Verbrechen bedrohen, gestrichen und obsolet sind, — für sie gibt es kein Schuldig der Geschworenen mehr; unser Staat, sein Oberhaupt und seine Verfassung sind fortan preisgegeben der Ehrsucht jedes unreifen Knaben, dem es nach den pitoyabeln Lorbeeren des edeln Hecker gelüstet. Doch davon wollte ich nicht reden; ich wollte Jhnen nur den Jubel beschreiben, mit welchem dieses Nichtschuldig von der Be- völkerung unserer politisch hochgebildeten, guten Stadt Gießen aufgenommen wurde, von den Blumenkränzen, welche unseren hochherzigen Candidaten der Theologie bei seinem Austritte aus dem Assisensaale empfingen, von dem Vivatgeschrei, welches den aus dem Kerker Befreiten auf seinem Triumphzuge durch den Bu- schischen Garten und durch die Straßen der Stadt begleitete. Welche tiefe moralische und politische Versunkenheit hier herrscht, dies ist aus den vielbesprochenen „Schmähartikeln“ der Darm- städter Zeitung hinlänglich bekannt; aber das ist noch nicht öffentlich besprochen worden, daß bei solchen scandalösen Auftrit- ten in hiesiger Stadt die Frauen und Jungfrauen sich vor Allen hervorthun. Wenn man den hiesigen Stadtvorstand hört, so geht all' dieser Unfug nur von Fremden, von nur vorüber- gehend sich hier aufhaltenden Gesellen, Lehrjungen, Taglöhnern aus. Aber wir fragen: waren denn, als vor einigen Mo- naten durch das fälschlich ausgesprengte Gerücht, die politischen Gefangenen sollten durch eine Abtheilung Cheveauxlegers von hier entfernt werden, ein Tumult geflissentlich veranlaßt worden war, die Frauen, welche mit geschwungenen Aexten den Megären gleich durch die Straßen liefen und ihre Männer und Söhne zu den Barricaden riefen — waren, fragen wir, diese Frauen etwa auch ortsfremde Taglöhner und Gesellen? Waren die festlich geschmückten Mädchen, welche, als vor einiger Zeit unser Stadt- demokrat August Becker vor den Assisen stand, ein eigens hierzu gesticktes Sammtkissen auf die Angeklagtenbank legten, welche den Freigesprochenen mit Blumen bewarfen, welche — o pfui über diese Verleugnung aller weiblichen Sittsamkeit! — dem August Becker am Abende seiner Freisprechung ein Ständchen brachten, waren, fragen wir, diese echten Töchter Gießens eben- falls ortsfremde Taglöhner und Gesellen? Waren die Mädchen, welche gestern den freigesprochenen Candidaten der Theologie mit Blumenguirlanden umstrickten, und welche ihm aus dem As- sisenlocale nachliefen, welche mit einer wahrhaft Ekel erregenden Hintansetzung aller weiblichen Sitte bei dem Triumphzuge die ersten Stellen übernahmen — waren dies etwa auch ortsfremde Taglöhner und Gesellen? — Doch damit war der Scandal noch nicht zu Ende. Der Abend sollte nicht ohne eine Ovation für das den Kerkern einer freiheitsfeindlichen Justiz entrissene Opfer, und für seinen gesinnungstüchtigen Advocaten Metz von Darm- stadt hingehen. Die hiesige Demokratie hat ihre Niederlage hauptsächlich im Leib'schen Weinhause; aber gestern Abend wurde die Scene verlegt, denn es galt, mit der Ovation für den hochherzigen Candidaten der Theologie auch eine Demonstration gegen den Präsidenten des Assisenhofes zu verbinden, weil dieser bei der Verhandlung durch sein scharfes Verhör dem „Gründer der rheinischen Republik“ ein wenig stark zugesetzt hatte. Um 9 Uhr wälzten sich in den Hof des Gasthauses zum Einhorn, in welchem der Präsident der Assisen logirt, gewaltige Menschen- massen, und alsbald erschallten zu Ehren Scriba's und seines Vertheidigers vierstimmige Jubelhymnen ( wahrscheinlich auch von ortsfremden Taglöhnern und Gesellen executirt ) . Ein Red- ner pries die Verdienste des Vertheidigers, welcher durch seine Eloquenz „die künstlich zusammengetragene Anklage zu Schanden gemacht habe,“ in einer Erwiederungsrede war von der durch das Jnstitut der Geschworenen garantirten bürgerlichen Freiheit und anderen Gemeinplätzen die Rede. Jn der ganzen Scene aber lag ein tiefer Hohn gegen die mit Füßen getretene Gerechtigkeit. Es ist traurig, entspricht aber einer allgemeinen Erfahrung, daß gerade Gießen, diese von jeher von der Regierung am meisten begünstigte Stadt, die der rheinhessische Abgeordnete Brunck auf den früheren Landtagen das „verwöhnte Kind“ zu nennen pflegte, daß, sagen wir, gerade diese Stadt keine Gelegenheit hingehen läßt, ihre Antipathien gegen die Regierung an den Tag zu legen. ♂ Frankfurt 21. October. Aus gut unterrichteter Quelle kann ich Jhnen über die bevorstehenden Reisen des Prinzen von Preußen in nächster Zukunft das Nachstehende mittheilen. Der Prinz wird am 26. oder 27. von Berlin abreisen und ein in Mittelpreußen zusammengezogenes Armeekorps mustern. Dar- auf begibt sich der Prinz nach Koblenz, um hier gleichfalls über mehrere Divisionen des rheinischen Armeekorps Jnspection zu halten. Von dort reist derselbe nach Frankfurt und dann nach kurzem Aufenthalte hierselbst nach Karlsruhe. Später wird Se. königl. Hoheit nach Frankfurt zurückkehren, um daselbst einen längeren Aufenthalt zu nehmen. Anzeigen. Todes-Anzeige. Im Namen unserer Familie erfülle ich die traurige Pflicht, unseren Freunden und Bekannten anzuzeigen, dass am 14. d. M. nach zweitägigem Krankenlager unser geliebter Vater Dr. Joseph Piesdem Herrn entschlafen ist und bitte um stille Theilnahme. Hiermit verbinde ich zugleich die Anzeige, dass ich meinen seitherigen Wohnsitz Niederolm verlassen und mich im Hause meines verstorbenen Vaters, Gräberstrasse Lit. B. Nr. 321., als praktischer Arzt niedergelassen habe. Joseph Pies, Dr. der gesammten Heilkunde. Capitalien auf solide Anlagen liegen fortwährend zum Ausleihen bereit bei Max Hirsch, Klaragasse. Die Möbelversteigerung im königl. preußischen Gou- vernementsgebäude dahier wird morgen Dienstag und übermorgen Mittwoch Nachmittags 2 Uhr fortgesetzt und werden Gegenstände durch alle Rubriken ausge- boten werden. Die Wagen, Pferde, Geschirre, Sättel, Leiter- wagen und Stallrequisiten werden Donnerstag Nachmit- tags 3 Uhr versteigert. Am Heutigen habe ich meinen Wohnort Mainz verlassen und als praktischer Arzt in Niederolm die seitherige Woh- nung des Herrn Dr. Pies bezogen. Niederolm den 22. October 1849. L. Siebert, Dr. der Medicin, Chirurgie und Geburtshilfe. Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 251. Mainz, 22. Oktober 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal251_1849/4>, abgerufen am 24.11.2024.