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Mainzer Journal. Nr. 250. Mainz, 20. Oktober 1849.

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Zweite Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 250. Montag, den 22. October. 1849.


[Beginn Spaltensatz]
Circularschreiben des Gr. Ministeriums des
Jnnern an die Gr. Regierungscommissionen.

Darmstadt den 17. October 1849. Durch die den Gemeinde-
vorständen zugegangene[unleserliches Material] Anleitung vom 16. vorigen Monats sind
die Anordnungen getroffen worden, welche zur Sicherung richti-
ger Anwendung des Wahlgesetzes vom 3. vorigen Monats er-
forderlich und genügend schienen und deren genaue Befolgung
wir nur wiederholt empfehlen können. Jnzwischen haben sich
Plane enthüllt, welche mit unerhörter Keckheit auf eine Wahlbe-
herrschung, auf sklavische Unterordnung der Wähler unter die
Leitung einer Partei ausgehen, die darin, wie in jeder ihrer Un-
ternehmungen, erkennbar wird.

Wir hoffen, daß überall den Wählern in ihrer Mehrzahl Ein-
sicht und sittliche Kraft nicht bis zu dem Grade abgehe, daß sie
einer die Menschenwürde in ihnen höhnenden Knechtung verfal-
len, daß sie unter den Zumuthungen von Agenten, die geheime
Führer dazu abrichten, zu willenlosen Werkzeugen derselben her-
absinken könnten. Aber nicht allein sollen die Wähler durch dro-
hende Beobachtung und unablässige Verfolgung ihrer Schritte
eingeschüchtert und gefangen genommen werden, sondern man
unternimmt es selbst, die öffentlichen Behörden unter dem Vorge-
ben gesetzlicher Ansprüche sich dienstbar zu machen, deren Thätig-
keit selbst für die verderblichen Zwecke der Partei zu fordern. Es
ist nöthig, solche Täuschungen und Anmaßungen zurückzuweisen,
weshalb wir Jhnen zur weiteren Anleitung für die Gemeindevor-
stände Folgendes bemerken:

1 ) Die verordnete Offenlegung der Listen hat den Zweck, je-
dem Betheiligten die Ueberzeugung von deren Richtigkeit, wie die
Gelegenheit zur Berichtigung durch Reclamation zu gewähren.
Niemand aber hat die Befugniß, Abschriften von diesen Listen,
deren es zu jenem Zwecke nicht bedarf, zu sonstigem Gebrauche zu
nehmen, was für Andere die Zugänglichkeit der Listen vermindern,
auch deren Erhaltung in unverändertem Zustande gefährden könnte.

Die Bürgermeister, beziehungsweise die Wahlcommissionen
haben daher nur zu gestatten, daß die offengelegten
Listen eingesehen, nicht aber, daß davon Abschrif-
ten genommen werden.
Sie haben dies zu verhindern,
von wem und wie es auch verlangt werden möchte; sie haben
Jedem die Einsicht zu entziehen, welcher das Ausschreiben der
Listen ganz oder theilweise versuchen wollte.

2 ) Ein Wähler, welcher sich nach Art. 14. des Gesetzes ei-
nes Mitgliedes der Wahlcommission bedienen will, um seinen
Stimmzettel zu schreiben, hat seinen Willen diesem Mitgliede zu
eröffnen und zwar mündlich, damit demselben dieser Wille un-
zweideutig bekannt werde. Eine vom Wähler mit gebrachte
Aufzeichnung zum Abschreiben in den Stimmzettel
kann die Wahlcommission zurückweisen;
noch weni-
ger, als ein solches Abschreiben, ist von derselben irgend eine an-
dere Aufzeichnung, als das Ausfüllen des in den Stimmkasten ge-
langenden Stimmzettels, namentlich ist nicht eine Aufzeichnung,
der Nummer dieses Stimmzettels zu Händen des Wählers zu
übernehmen, welche die herrschsüchtigen, darum argwöhnischen
Parteiführer den geknechteten Wählern beizubringen befehlen
wollen.

Die Mitglieder der Wahlcommissionen, in deren Pflichten es
liegt, daß sie eingeschüchterte Wähler bei solchem Anlasse aufklä-
ren und in das Gefühl der ihnen zustehenden völligen Wahlfrei-
heit versetzen, werden sich, wir dürfen es erwarten, ihrer Seits
nicht erniedrigen, die Handlanger für so unwürdige Umtriebe
zu seyn.

3 ) Ueberall, bis auf Straßen und Wege, will die Partei
Diejenigen, die sie ihrer Herrschaft verfallen wähnt, in dieser
festgebannt wissen, sie sollen aufgetrieben, bis zum Wahllocal
verfolgt und gehütet werden. Darum will die Partei die Bestab-
gerichteten aus jenen Agentenschaaren vor dem Wahllocal auf-
stellen, damit die Wähler, hier noch durch Zumuthungen erschreckt
und bedroht, um so sicherer mit dem aufgedängten Gedenkzettel,
dem Zeichen schmählicher Unterwerfung, in der Hand das Wahl-
local betreten.

Es wird daher, wo sich solche Umtriebe zeigen, den Ortspo-
lizeibehörden dringend empfohlen, die Zugänge zum Wahllocale
in genügendem Umfange bei gehöriger Zeit und in der Weise un-
ter wirksame Aufsicht zu nehmen, daß die Wähler unbelästigt
[Spaltenumbruch] dasselbe erreichen können, daß sie nicht der Zudringlichkeit jener
Agenten hilflos Preis gegeben sind.

Sie wollen einen Abdruck dieser Verfügung jedem Bürger-
meister beziehungsweise Beigeordneten zustellen, der dadurch zur
Befolgung derselben angewiesen ist, und von Jhrer Seite auf
jede Weise dahin wirken, daß wahre Wahlfreiheit geschützt werde.

    Jaup.



Deutschland.

Wien 17. October. ( A. Z. ) Die "Presse" veröffentlicht heute
das Protokoll des Standgerichtes, welches seiner Zeit unter dem
Vorsitze Arthur v. Görgey's den Grafen Eugen v. Zichy zum
Strange verurtheilte. Dieses Actenstück beweist, daß jene Hin-
richtung ein reiner Justizmord war; denn selbst wenn die
bei den Grafen vorgefundenen kaiserlichen Proclamationen ihm als
Verbrechen angerechnet wurden, so hätte dies nur dann einen
haltbaren Grund gehabt, wenn er die Proclamationen wirklich
vertheilt hätte. Uebrigens waren die Rechte des Königs damals
noch in voller Kraft und von keiner ungarischen Behörde in Frage
gestellt. Auf den Charakter Görgey's wirft dieses Todesurtheil
kein gutes Licht. -- Das Gerücht von dem Abtreten des Feldzeug-
meisters Haynau dürfte sich vorderhand dahin reduciren, daß er
während seiner Abwesenheit das Commando an den F. M. L.
von Liechtenstein abgetreten. Die neuesten Berichte aus Pesth sind
im Einklange mit der hier herrschenden Ansicht, nach welcher der
Vollstreckung von Todesurtheilen Einhalt geboten worden; we-
nigstens hat keine weitere Hinrichtung stattgefunden. Dagegen
tritt in dem unglücklichen Lande eine andere Plage, die Unsicher-
heit der Straßen, immer mehr in den Bordergrund. Selbst in
Pesth finden trotz des Belagerungszustandes fast täglich fehr kühne
Raubanfälle statt. -- Die Berliner Journale beschäftigen sich
gegenwärtig mit unseren Zuständen und zwar in einem so auf-
fallend gereizten Tone, daß sie ihren Zweck wohl vollständig er-
reichen, wenn sie Steigerung gegenseitiger Erbitterung wollen.

Hannover 18. October. ( D. V[unleserliches Material]. H. ) Wir erhalten hier aus
zuverlässiger Quelle die Mittheilung, daß Preußen auf Einbe-
rufung seines Reichstages für den kleindeutschen Bund fest be-
harret. Zugleich können wir Jhnen dagegen eben so sicher melden,
daß Hannover und Sachsen bereits notificirt haben, daß sie nach
geschehener Einberufung aus dem Dreikönigsbündnisse scheiden
werden; dadurch würde allerdings die Einheit des engeren Bundes
wesentlich gefördert. Je näher diese Krisis herannaht, je mehr ge-
staltet sich die öffentliche Meinung gegen den preußischen Bundes-
staat, der für Hannover insbesondere wenig Empfehlendes darbietet.
Ob die Zusammenziehung eines Truppenkorps von 5000 Mann
der Elbe entlang mit dieser Frage in Verbindung steht, wird sich
bald ausweisen.

Darmstadt 20. October. [ Ein ächter Volksmann. ]
Das Jntelligenzblatt für den R.=B. Büdingen vom 13. d. M.
liefert ein Actenstück, welches ein selbstredender Beweis ist, was
für Jntelligenzen sich für unseren bevorstehenden Landtag berufen
glauben. Jn einer Anmerkung fügt die Redaction jenes Blattes
den Spruch Seneca's ( in lateinischer Sprache ) bei: "Wenn ich
mich an einem Narren ergötzen will, brauche ich nicht lange zu
suchen, ich sehe mich selbst an." Wir aber glauben zur Erbau-
ung unserer Leser nichts Anderes thun zu dürfen, als jene " Privat-
bekanntmachung " hier in einem correcten Abdrucke mit Beide-
haltung der Originalorthographie folgen zu lassen.

"Der bevorstehender Landtag ist einer der wichtigsten Gegen-
stand unser Zeit; es müssen deßhalb Männer hierzu gewählt wer-
den, die das Leben nicht allein von unten heraus können, sondern
auch mit dem ganzen Staat bekannt und Ennergie besitzen, und
das Volks=Wohl mit Ehrlichkeit u. Geistesgegenwart vertreten
Da ich nun in verschiedenen Pranchen getient habe u. in denselben
bekannt hin, u. mir von jeher das Volks=Vertretung am Herzen
angebohren ist, daß ich wünsche, daß alle Menschen wohl gehe.
weßhalb nicht außer Zweifel zu ziehen ist, das ich einer Partei
angehöre, u. erlaube mir daher zu diesem Ende, als Kandidat
mich über das folgende zu empfehlen.

Rudingshain, den 29. September 1849.

Fischer inactiver Grenzaufseher resp. Gemeinderath.

Programm für den bevorstehenden Landtag pro 1849.

ad 1. Dem Landtagsabgeordneten der II. Kammer muß seine
[Ende Spaltensatz]

Zweite Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 250. Montag, den 22. October. 1849.


[Beginn Spaltensatz]
Circularschreiben des Gr. Ministeriums des
Jnnern an die Gr. Regierungscommissionen.

Darmstadt den 17. October 1849. Durch die den Gemeinde-
vorständen zugegangene[unleserliches Material] Anleitung vom 16. vorigen Monats sind
die Anordnungen getroffen worden, welche zur Sicherung richti-
ger Anwendung des Wahlgesetzes vom 3. vorigen Monats er-
forderlich und genügend schienen und deren genaue Befolgung
wir nur wiederholt empfehlen können. Jnzwischen haben sich
Plane enthüllt, welche mit unerhörter Keckheit auf eine Wahlbe-
herrschung, auf sklavische Unterordnung der Wähler unter die
Leitung einer Partei ausgehen, die darin, wie in jeder ihrer Un-
ternehmungen, erkennbar wird.

Wir hoffen, daß überall den Wählern in ihrer Mehrzahl Ein-
sicht und sittliche Kraft nicht bis zu dem Grade abgehe, daß sie
einer die Menschenwürde in ihnen höhnenden Knechtung verfal-
len, daß sie unter den Zumuthungen von Agenten, die geheime
Führer dazu abrichten, zu willenlosen Werkzeugen derselben her-
absinken könnten. Aber nicht allein sollen die Wähler durch dro-
hende Beobachtung und unablässige Verfolgung ihrer Schritte
eingeschüchtert und gefangen genommen werden, sondern man
unternimmt es selbst, die öffentlichen Behörden unter dem Vorge-
ben gesetzlicher Ansprüche sich dienstbar zu machen, deren Thätig-
keit selbst für die verderblichen Zwecke der Partei zu fordern. Es
ist nöthig, solche Täuschungen und Anmaßungen zurückzuweisen,
weshalb wir Jhnen zur weiteren Anleitung für die Gemeindevor-
stände Folgendes bemerken:

1 ) Die verordnete Offenlegung der Listen hat den Zweck, je-
dem Betheiligten die Ueberzeugung von deren Richtigkeit, wie die
Gelegenheit zur Berichtigung durch Reclamation zu gewähren.
Niemand aber hat die Befugniß, Abschriften von diesen Listen,
deren es zu jenem Zwecke nicht bedarf, zu sonstigem Gebrauche zu
nehmen, was für Andere die Zugänglichkeit der Listen vermindern,
auch deren Erhaltung in unverändertem Zustande gefährden könnte.

Die Bürgermeister, beziehungsweise die Wahlcommissionen
haben daher nur zu gestatten, daß die offengelegten
Listen eingesehen, nicht aber, daß davon Abschrif-
ten genommen werden.
Sie haben dies zu verhindern,
von wem und wie es auch verlangt werden möchte; sie haben
Jedem die Einsicht zu entziehen, welcher das Ausschreiben der
Listen ganz oder theilweise versuchen wollte.

2 ) Ein Wähler, welcher sich nach Art. 14. des Gesetzes ei-
nes Mitgliedes der Wahlcommission bedienen will, um seinen
Stimmzettel zu schreiben, hat seinen Willen diesem Mitgliede zu
eröffnen und zwar mündlich, damit demselben dieser Wille un-
zweideutig bekannt werde. Eine vom Wähler mit gebrachte
Aufzeichnung zum Abschreiben in den Stimmzettel
kann die Wahlcommission zurückweisen;
noch weni-
ger, als ein solches Abschreiben, ist von derselben irgend eine an-
dere Aufzeichnung, als das Ausfüllen des in den Stimmkasten ge-
langenden Stimmzettels, namentlich ist nicht eine Aufzeichnung,
der Nummer dieses Stimmzettels zu Händen des Wählers zu
übernehmen, welche die herrschsüchtigen, darum argwöhnischen
Parteiführer den geknechteten Wählern beizubringen befehlen
wollen.

Die Mitglieder der Wahlcommissionen, in deren Pflichten es
liegt, daß sie eingeschüchterte Wähler bei solchem Anlasse aufklä-
ren und in das Gefühl der ihnen zustehenden völligen Wahlfrei-
heit versetzen, werden sich, wir dürfen es erwarten, ihrer Seits
nicht erniedrigen, die Handlanger für so unwürdige Umtriebe
zu seyn.

3 ) Ueberall, bis auf Straßen und Wege, will die Partei
Diejenigen, die sie ihrer Herrschaft verfallen wähnt, in dieser
festgebannt wissen, sie sollen aufgetrieben, bis zum Wahllocal
verfolgt und gehütet werden. Darum will die Partei die Bestab-
gerichteten aus jenen Agentenschaaren vor dem Wahllocal auf-
stellen, damit die Wähler, hier noch durch Zumuthungen erschreckt
und bedroht, um so sicherer mit dem aufgedängten Gedenkzettel,
dem Zeichen schmählicher Unterwerfung, in der Hand das Wahl-
local betreten.

Es wird daher, wo sich solche Umtriebe zeigen, den Ortspo-
lizeibehörden dringend empfohlen, die Zugänge zum Wahllocale
in genügendem Umfange bei gehöriger Zeit und in der Weise un-
ter wirksame Aufsicht zu nehmen, daß die Wähler unbelästigt
[Spaltenumbruch] dasselbe erreichen können, daß sie nicht der Zudringlichkeit jener
Agenten hilflos Preis gegeben sind.

Sie wollen einen Abdruck dieser Verfügung jedem Bürger-
meister beziehungsweise Beigeordneten zustellen, der dadurch zur
Befolgung derselben angewiesen ist, und von Jhrer Seite auf
jede Weise dahin wirken, daß wahre Wahlfreiheit geschützt werde.

    Jaup.



Deutschland.

Wien 17. October. ( A. Z. ) Die „Presse“ veröffentlicht heute
das Protokoll des Standgerichtes, welches seiner Zeit unter dem
Vorsitze Arthur v. Görgey's den Grafen Eugen v. Zichy zum
Strange verurtheilte. Dieses Actenstück beweist, daß jene Hin-
richtung ein reiner Justizmord war; denn selbst wenn die
bei den Grafen vorgefundenen kaiserlichen Proclamationen ihm als
Verbrechen angerechnet wurden, so hätte dies nur dann einen
haltbaren Grund gehabt, wenn er die Proclamationen wirklich
vertheilt hätte. Uebrigens waren die Rechte des Königs damals
noch in voller Kraft und von keiner ungarischen Behörde in Frage
gestellt. Auf den Charakter Görgey's wirft dieses Todesurtheil
kein gutes Licht. — Das Gerücht von dem Abtreten des Feldzeug-
meisters Haynau dürfte sich vorderhand dahin reduciren, daß er
während seiner Abwesenheit das Commando an den F. M. L.
von Liechtenstein abgetreten. Die neuesten Berichte aus Pesth sind
im Einklange mit der hier herrschenden Ansicht, nach welcher der
Vollstreckung von Todesurtheilen Einhalt geboten worden; we-
nigstens hat keine weitere Hinrichtung stattgefunden. Dagegen
tritt in dem unglücklichen Lande eine andere Plage, die Unsicher-
heit der Straßen, immer mehr in den Bordergrund. Selbst in
Pesth finden trotz des Belagerungszustandes fast täglich fehr kühne
Raubanfälle statt. — Die Berliner Journale beschäftigen sich
gegenwärtig mit unseren Zuständen und zwar in einem so auf-
fallend gereizten Tone, daß sie ihren Zweck wohl vollständig er-
reichen, wenn sie Steigerung gegenseitiger Erbitterung wollen.

Hannover 18. October. ( D. V[unleserliches Material]. H. ) Wir erhalten hier aus
zuverlässiger Quelle die Mittheilung, daß Preußen auf Einbe-
rufung seines Reichstages für den kleindeutschen Bund fest be-
harret. Zugleich können wir Jhnen dagegen eben so sicher melden,
daß Hannover und Sachsen bereits notificirt haben, daß sie nach
geschehener Einberufung aus dem Dreikönigsbündnisse scheiden
werden; dadurch würde allerdings die Einheit des engeren Bundes
wesentlich gefördert. Je näher diese Krisis herannaht, je mehr ge-
staltet sich die öffentliche Meinung gegen den preußischen Bundes-
staat, der für Hannover insbesondere wenig Empfehlendes darbietet.
Ob die Zusammenziehung eines Truppenkorps von 5000 Mann
der Elbe entlang mit dieser Frage in Verbindung steht, wird sich
bald ausweisen.

Darmstadt 20. October. [ Ein ächter Volksmann. ]
Das Jntelligenzblatt für den R.=B. Büdingen vom 13. d. M.
liefert ein Actenstück, welches ein selbstredender Beweis ist, was
für Jntelligenzen sich für unseren bevorstehenden Landtag berufen
glauben. Jn einer Anmerkung fügt die Redaction jenes Blattes
den Spruch Seneca's ( in lateinischer Sprache ) bei: „Wenn ich
mich an einem Narren ergötzen will, brauche ich nicht lange zu
suchen, ich sehe mich selbst an.“ Wir aber glauben zur Erbau-
ung unserer Leser nichts Anderes thun zu dürfen, als jene „ Privat-
bekanntmachung “ hier in einem correcten Abdrucke mit Beide-
haltung der Originalorthographie folgen zu lassen.

„Der bevorstehender Landtag ist einer der wichtigsten Gegen-
stand unser Zeit; es müssen deßhalb Männer hierzu gewählt wer-
den, die das Leben nicht allein von unten heraus können, sondern
auch mit dem ganzen Staat bekannt und Ennergie besitzen, und
das Volks=Wohl mit Ehrlichkeit u. Geistesgegenwart vertreten
Da ich nun in verschiedenen Pranchen getient habe u. in denselben
bekannt hin, u. mir von jeher das Volks=Vertretung am Herzen
angebohren ist, daß ich wünsche, daß alle Menschen wohl gehe.
weßhalb nicht außer Zweifel zu ziehen ist, das ich einer Partei
angehöre, u. erlaube mir daher zu diesem Ende, als Kandidat
mich über das folgende zu empfehlen.

Rudingshain, den 29. September 1849.

Fischer inactiver Grenzaufseher resp. Gemeinderath.

Programm für den bevorstehenden Landtag pro 1849.

ad 1. Dem Landtagsabgeordneten der II. Kammer muß seine
[Ende Spaltensatz]

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[0007] Zweite Beilage zum Mainzer Journal. Nro 250. Montag, den 22. October. 1849. Circularschreiben des Gr. Ministeriums des Jnnern an die Gr. Regierungscommissionen. Darmstadt den 17. October 1849. Durch die den Gemeinde- vorständen zugegangene_ Anleitung vom 16. vorigen Monats sind die Anordnungen getroffen worden, welche zur Sicherung richti- ger Anwendung des Wahlgesetzes vom 3. vorigen Monats er- forderlich und genügend schienen und deren genaue Befolgung wir nur wiederholt empfehlen können. Jnzwischen haben sich Plane enthüllt, welche mit unerhörter Keckheit auf eine Wahlbe- herrschung, auf sklavische Unterordnung der Wähler unter die Leitung einer Partei ausgehen, die darin, wie in jeder ihrer Un- ternehmungen, erkennbar wird. Wir hoffen, daß überall den Wählern in ihrer Mehrzahl Ein- sicht und sittliche Kraft nicht bis zu dem Grade abgehe, daß sie einer die Menschenwürde in ihnen höhnenden Knechtung verfal- len, daß sie unter den Zumuthungen von Agenten, die geheime Führer dazu abrichten, zu willenlosen Werkzeugen derselben her- absinken könnten. Aber nicht allein sollen die Wähler durch dro- hende Beobachtung und unablässige Verfolgung ihrer Schritte eingeschüchtert und gefangen genommen werden, sondern man unternimmt es selbst, die öffentlichen Behörden unter dem Vorge- ben gesetzlicher Ansprüche sich dienstbar zu machen, deren Thätig- keit selbst für die verderblichen Zwecke der Partei zu fordern. Es ist nöthig, solche Täuschungen und Anmaßungen zurückzuweisen, weshalb wir Jhnen zur weiteren Anleitung für die Gemeindevor- stände Folgendes bemerken: 1 ) Die verordnete Offenlegung der Listen hat den Zweck, je- dem Betheiligten die Ueberzeugung von deren Richtigkeit, wie die Gelegenheit zur Berichtigung durch Reclamation zu gewähren. Niemand aber hat die Befugniß, Abschriften von diesen Listen, deren es zu jenem Zwecke nicht bedarf, zu sonstigem Gebrauche zu nehmen, was für Andere die Zugänglichkeit der Listen vermindern, auch deren Erhaltung in unverändertem Zustande gefährden könnte. Die Bürgermeister, beziehungsweise die Wahlcommissionen haben daher nur zu gestatten, daß die offengelegten Listen eingesehen, nicht aber, daß davon Abschrif- ten genommen werden. Sie haben dies zu verhindern, von wem und wie es auch verlangt werden möchte; sie haben Jedem die Einsicht zu entziehen, welcher das Ausschreiben der Listen ganz oder theilweise versuchen wollte. 2 ) Ein Wähler, welcher sich nach Art. 14. des Gesetzes ei- nes Mitgliedes der Wahlcommission bedienen will, um seinen Stimmzettel zu schreiben, hat seinen Willen diesem Mitgliede zu eröffnen und zwar mündlich, damit demselben dieser Wille un- zweideutig bekannt werde. Eine vom Wähler mit gebrachte Aufzeichnung zum Abschreiben in den Stimmzettel kann die Wahlcommission zurückweisen; noch weni- ger, als ein solches Abschreiben, ist von derselben irgend eine an- dere Aufzeichnung, als das Ausfüllen des in den Stimmkasten ge- langenden Stimmzettels, namentlich ist nicht eine Aufzeichnung, der Nummer dieses Stimmzettels zu Händen des Wählers zu übernehmen, welche die herrschsüchtigen, darum argwöhnischen Parteiführer den geknechteten Wählern beizubringen befehlen wollen. Die Mitglieder der Wahlcommissionen, in deren Pflichten es liegt, daß sie eingeschüchterte Wähler bei solchem Anlasse aufklä- ren und in das Gefühl der ihnen zustehenden völligen Wahlfrei- heit versetzen, werden sich, wir dürfen es erwarten, ihrer Seits nicht erniedrigen, die Handlanger für so unwürdige Umtriebe zu seyn. 3 ) Ueberall, bis auf Straßen und Wege, will die Partei Diejenigen, die sie ihrer Herrschaft verfallen wähnt, in dieser festgebannt wissen, sie sollen aufgetrieben, bis zum Wahllocal verfolgt und gehütet werden. Darum will die Partei die Bestab- gerichteten aus jenen Agentenschaaren vor dem Wahllocal auf- stellen, damit die Wähler, hier noch durch Zumuthungen erschreckt und bedroht, um so sicherer mit dem aufgedängten Gedenkzettel, dem Zeichen schmählicher Unterwerfung, in der Hand das Wahl- local betreten. Es wird daher, wo sich solche Umtriebe zeigen, den Ortspo- lizeibehörden dringend empfohlen, die Zugänge zum Wahllocale in genügendem Umfange bei gehöriger Zeit und in der Weise un- ter wirksame Aufsicht zu nehmen, daß die Wähler unbelästigt dasselbe erreichen können, daß sie nicht der Zudringlichkeit jener Agenten hilflos Preis gegeben sind. Sie wollen einen Abdruck dieser Verfügung jedem Bürger- meister beziehungsweise Beigeordneten zustellen, der dadurch zur Befolgung derselben angewiesen ist, und von Jhrer Seite auf jede Weise dahin wirken, daß wahre Wahlfreiheit geschützt werde. Jaup. Deutschland. Wien 17. October. ( A. Z. ) Die „Presse“ veröffentlicht heute das Protokoll des Standgerichtes, welches seiner Zeit unter dem Vorsitze Arthur v. Görgey's den Grafen Eugen v. Zichy zum Strange verurtheilte. Dieses Actenstück beweist, daß jene Hin- richtung ein reiner Justizmord war; denn selbst wenn die bei den Grafen vorgefundenen kaiserlichen Proclamationen ihm als Verbrechen angerechnet wurden, so hätte dies nur dann einen haltbaren Grund gehabt, wenn er die Proclamationen wirklich vertheilt hätte. Uebrigens waren die Rechte des Königs damals noch in voller Kraft und von keiner ungarischen Behörde in Frage gestellt. Auf den Charakter Görgey's wirft dieses Todesurtheil kein gutes Licht. — Das Gerücht von dem Abtreten des Feldzeug- meisters Haynau dürfte sich vorderhand dahin reduciren, daß er während seiner Abwesenheit das Commando an den F. M. L. von Liechtenstein abgetreten. Die neuesten Berichte aus Pesth sind im Einklange mit der hier herrschenden Ansicht, nach welcher der Vollstreckung von Todesurtheilen Einhalt geboten worden; we- nigstens hat keine weitere Hinrichtung stattgefunden. Dagegen tritt in dem unglücklichen Lande eine andere Plage, die Unsicher- heit der Straßen, immer mehr in den Bordergrund. Selbst in Pesth finden trotz des Belagerungszustandes fast täglich fehr kühne Raubanfälle statt. — Die Berliner Journale beschäftigen sich gegenwärtig mit unseren Zuständen und zwar in einem so auf- fallend gereizten Tone, daß sie ihren Zweck wohl vollständig er- reichen, wenn sie Steigerung gegenseitiger Erbitterung wollen. Hannover 18. October. ( D. V_ . H. ) Wir erhalten hier aus zuverlässiger Quelle die Mittheilung, daß Preußen auf Einbe- rufung seines Reichstages für den kleindeutschen Bund fest be- harret. Zugleich können wir Jhnen dagegen eben so sicher melden, daß Hannover und Sachsen bereits notificirt haben, daß sie nach geschehener Einberufung aus dem Dreikönigsbündnisse scheiden werden; dadurch würde allerdings die Einheit des engeren Bundes wesentlich gefördert. Je näher diese Krisis herannaht, je mehr ge- staltet sich die öffentliche Meinung gegen den preußischen Bundes- staat, der für Hannover insbesondere wenig Empfehlendes darbietet. Ob die Zusammenziehung eines Truppenkorps von 5000 Mann der Elbe entlang mit dieser Frage in Verbindung steht, wird sich bald ausweisen. Darmstadt 20. October. [ Ein ächter Volksmann. ] Das Jntelligenzblatt für den R.=B. Büdingen vom 13. d. M. liefert ein Actenstück, welches ein selbstredender Beweis ist, was für Jntelligenzen sich für unseren bevorstehenden Landtag berufen glauben. Jn einer Anmerkung fügt die Redaction jenes Blattes den Spruch Seneca's ( in lateinischer Sprache ) bei: „Wenn ich mich an einem Narren ergötzen will, brauche ich nicht lange zu suchen, ich sehe mich selbst an.“ Wir aber glauben zur Erbau- ung unserer Leser nichts Anderes thun zu dürfen, als jene „ Privat- bekanntmachung “ hier in einem correcten Abdrucke mit Beide- haltung der Originalorthographie folgen zu lassen. „Der bevorstehender Landtag ist einer der wichtigsten Gegen- stand unser Zeit; es müssen deßhalb Männer hierzu gewählt wer- den, die das Leben nicht allein von unten heraus können, sondern auch mit dem ganzen Staat bekannt und Ennergie besitzen, und das Volks=Wohl mit Ehrlichkeit u. Geistesgegenwart vertreten Da ich nun in verschiedenen Pranchen getient habe u. in denselben bekannt hin, u. mir von jeher das Volks=Vertretung am Herzen angebohren ist, daß ich wünsche, daß alle Menschen wohl gehe. weßhalb nicht außer Zweifel zu ziehen ist, das ich einer Partei angehöre, u. erlaube mir daher zu diesem Ende, als Kandidat mich über das folgende zu empfehlen. Rudingshain, den 29. September 1849. Fischer inactiver Grenzaufseher resp. Gemeinderath. Programm für den bevorstehenden Landtag pro 1849. ad 1. Dem Landtagsabgeordneten der II. Kammer muß seine

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 250. Mainz, 20. Oktober 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal250_1849/7>, abgerufen am 23.11.2024.