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Mainzer Journal. Nr. 158. Mainz, 7. Dezember 1848.

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[Beginn Spaltensatz] 13. ( die Preßfreiheit darf unter keinen Umständen -- beschränkt,
suspendirt oder aufgehoben werden ) wird mit 263 gegen 181
Stimmen angenommen, worauf abermals mehrere Erklärungen
zu Protokoll, meist gegen die "vorbeugenden Maßregeln" ge-
richtet, erfolgen. Angenommen wird sodann zur Ergänzung des
Paragraphen: "Ueber Preßvergehen, welche von Amtswegen
verfolgt werden, wird durch Schwurgerichte geurtheilt. Ein
Preßgesetz wird vom Reiche erlassen werden." Noch kommt von
Artikel V. der §. 14. zur Abstimmung. Er lautet nach dem Vor-
schlage des Verfassungsausschusses: "Jeder Deutsche hat volle
Glaubens= und Gewissensfreiheit." Dazu wird aus der ersten
Lesung der Grundrechte der Zusatz ( mit 226 gegen 210 Stimmen )
angenommen: "Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Ueber-
zeugung zu offenbaren."

Jn Bezug auf die neuesten Ereignisse in Preußen
stellt Wesendonck noch vor Ende der heutigen Sitzung den drin-
genden Antrag: "die Nationalversammlung möge die unterm 5.
d. M. verordnete Auflösung der preußischen Versammlung und
Octroyirung einer Verfassung für Preußen von Seiten der Krone
für null und nichtig erklären." Geht an den Biedermannschen
Ausschuß. Die nächste Sitzung findet den 9. December statt.

Actenstücke aus Oesterreich.

I. Abschiedsmanifest Sr. Maj. des Kaisers an die
Völker Oesterreichs. Wir Ferdinand der Erste,
von
Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich u. s. w. Als wir nach dem
Hintritte unseres Herrn Vaters, weiland Kaiser Franz des Ersten, in
gesetzlicher Erbfolge den Thron bestiegen, flehten wir, durchdrun-
gen von der Heiligkeit und dem Ernste unserer Pflichten, vor allem
Gott um seinen Beistand an. Das Recht zu schützen, ward der
Wahlspruch, das Glück der Völker Oesterreichs zu fördern, das
Ziel unserer Regierung. Die Liebe und Dankbarkeit unserer Völ-
ker belohnten reichlich die Mühen und Sorgen der Regierung,
und selbst in den jüngsten Tagen, als es verbrecherischen Umtrie-
ben gelungen war, in einem Theile unserer Reiche die gesetzliche
Ordnung zu stören und den Bürgerkrieg zu entzünden, verharrte
doch die unermeßliche Mehrheit unserer Völker in der dem Monar-
chen schuldigen Treue. Beweise, die, inmitten harter Prüfungen,
unserem betrübten Herzen wohlthaten, sind uns aus allen Gegen-
den des Reiches zu Theil geworden. Allein der Drang der Ereig-
nisse, das unverkennbare und unabweisliche Bedurfniß nach
einer großen umfassenden Umgestaltung unserer Staatsformen,
welchem wir im Monat März dieses Jahres [unleserliches Material - 16 Zeichen fehlen]entgegenzukommen
und die Bahn zu brechen beflissen waren, haben in uns die Ueber-
zeugung festgestellt, daß es jüngerer Kräfte bedarf, um das große
Werk zu fördern und einer gedeihlichen Vollendung zuzuführen. Wir
sind daher, nach reiflicher Ueberlegung und durchdrungen von der
gebieterischen Nothwendigkeit dieses Schrittes, zu dem Entschlusse
gelangt, hiermit feierlichst dem österreichischen Kaiserthrone zu ent-
sagen. Unser durchlauchtigster Herr Bruder und [unleserliches Material - 12 Zeichen fehlen]rechtmäßiger
Nachfolger in der Regierung, Erzherzog Franz Karl, der uns stets
treu zur Seite gestanden und unsere Bemühungen getheilt, hat sich
erklärt, und erklärt hiermit durch gemeinschaftliche Unterfertigung
gegenwärtigen Manifestes, daß auch er, und zwar zu Gunsten seines
nach ihm auf den Thron berufenen Sohnes, des durchlauchtigsten
Herrn Erzherzogs Franz Joseph, auf die österreichische Kaiserkrone
Verzicht leiste. Jndem wir alle Staatsdiener ihrer Eide entbin-
den, weisen wir sie an den neuen Regenten, gegen welchen sie
ihre beschworenen Berufspflichten fortan getreulich zu erfüllen
haben. Unserer tapfern Armee sagen wir dankend Lebewohl; ein-
gedenk der Heiligkeit ihrer Eide, ein Bollwerk gegen auswärtige
Feinde und Verräther im Jnnern, war sie stets und nie mehr als
in neuester Zeit eine feste Stütze unseres Thrones, ein Vorbild
von Treue, Standhaftigkeit und Todesverachtung, ein Hort der
bedrängten Monarchie, der Stolz und die Zierde des gemeinsa-
men Vaterlandes. Mit gleicher Liebe und Hingebung wird sie
sich auch um ihren neuen Kaiser schaaren. Jndem wir endlich
die Völker des Reiches ihrer Pflicht gegen uns entheben und
alle hierher gehörigen Pflichten und Rechte hiermit feier-
lichst und im Angesichte der Welt auf unsern geliebten Herrn
Neffen, als unsern rechtmäßigen Nachfolger, übertragen,
empfehlen wir diese Völker der Gnade und dem besondern
Schutze Gottes. Möge der Allmächtige ihnen den innern Frieden
wieder verleihen, die Verirrten zur Pflicht, die Bethörten zur
Erkenntniß zurückführen, die versiegten Quellen der Wohlfahrt
neuerdings eröffnen und seine Segnungen über unsere Lande im
vollen Maße ergießen, möge er aber auch unsern Nachfolger,
Kaiser Franz Joseph den Ersten, erleuchten und kräftigen, damit
er seinen hohen und schweren Beruf erfülle zur eigenen Ehre,
zum Ruhme unseres Hauses, zum Heile der ihm anvertrauten
Völker. Gegeben in unserer königlichen Hauptstadt Olmütz den
2. December 1848 u. s. w., unserer Reiche dem vierzehnten
[Spaltenumbruch] Jahre. ( L. S. ) Ferdinand. Franz Karl. Schwar-
zenberg.
"

II. Manifest Sr. Majestät des Kaisers Franz Joseph I.
"Wir Franz Joseph der Erste, von Gottes Gnaden Kai-
ser von Oesterreich u. s. w. Durch die Thronbesteigung unseres
erhabenen Oheims, Kaisers und Königs Ferdinand des Ersten,
und die Verzichtleistung unseres durchlauchtigsten Herrn Vaters,
Erzherzog Franz Karl, auf die Thronfolge, kraft der pragma-
tischen Sanction berufen, die Krone unseres Reiches auf unser
Haupt zu setzen, verkünden wir hiermit feierlichst allen Völkern
der Monarchie unsere Thronbesteigung unter dem Namen Franz
Joseph des Ersten. Das Bedürfniß und den hohen Werth
freier und zeitgemäßer Jnstitutionen aus eigener Ueberzeugung
erkennend, betreten wir mit Zuversicht die Bahn, welche uns
zu einer heilbringenden Umgestaltung und Verjüngung der Ge-
sammtmonarchie führen soll. Auf den Grundlagen der wahren
Freiheit, auf den Grundlagen der Gleichberechtigung aller
Völker des Reiches und der Gleichheit aller Staatsbürger
vor dem Gesetze, so wie der Theilnahme der Volksvertreter
an der Gesetzgebung, wird das Vaterland neu erstehen in
alter Größe, aber mit verjüngter Kraft, ein unerschütterlicher
Bau in den Stürmen der Zeit, ein geräumiges Wohnhaus
für die Stämme verschiedener Zunge, welche unter dem Scepter
unserer Väter ein brüderliches Band seit Jahrhunderten umfan-
gen hält. Fest entschlossen, den Glanz der Krone ungetrübt und
die Gesammtmonarchie ungeschmälert zu erhalten, aber bereit,
unsere Rechte mit den Vertretern unserer Völker zu theilen, rech-
nen wir darauf daß es mit Gottes Beistand und im Einverständ-
nisse mit den Völkern gelingen werde, alle Lande und Stämme
der Monarchie zu einem großen Staatskörper zu vereinigen.
Schwere Prufungen sind über uns verhängt, Ruhe und Ordnung
in mehreren Gegenden des Reiches gestört worden. Jn einem
Theile der Monarchie entbrennt noch heute der Bürgerkrieg. Alle
Vorkehrungen sind getroffen, um die Achtung vor dem Gesetze
allenthalben wieder herzustellen. Die Bezwingung des Auf-
standes und die Rückkehr des innern Friedens sind die ersten
Bedingungen für ein glückliches Gedeihen des großen Verfas-
sungswertes. Wir zählen hierbei mit Zuversicht auf die verstän-
dige und aufrichtige Mitwirkung aller Völker durch ihre Vertre-
ter. Wir zählen auf den gesunden Sinn der stets getreuen Land-
bewohner, welche durch die neuesten gesetzlichen Bestimmungen
über die Lösung des Unterthansverbandes und Entlastung des
Bodens in den Vollgenuß der staatsbürgerlichen Rechte getreten
sind. Wir zählen auf unsere getreuen Staatsdiener. Von unserer
glorreichen Armee versehen wir uns der alt bewährten Tapfer-
keit, Treue und Ausdauer. Sie wird uns wie unseren Vorfahren
ein Pfeiler des Thrones, dem Vaterlande und den freien Jnsti-
tutionen ein unerschütterliches Bollwerk seyn. Jede Gelegenheit,
das Verdienst, welches keinen Unterschied des Standes kennt, zu
belohnen, wird uns willkommen seyn. Völker Oesterreichs! Wir
nehmen Besitz von dem Throne unserer Väter in einer ernsten
Zeit. Groß sind die Pflichten, groß die Verantwortlichkeit, welche
die Vorsehung uns auferlegt. Gottes Schutz wird uns begleiten.
So gegeben in unserer königl. Hauptstadt Olmütz 2. December
im Jahre des Heiles 1848. ( L. S. ) Franz Joseph. Schwar-
zenberg.
"

Jtalien.

Aus der Gegend von Mailand 26. November. ( N. M. Z. )
Hier in Mailand und sonst im Allgemeinen ist es ruhig; der
Hauptsammelplatz der revolutionären Partei, Lugano, ist ziem-
lich verlassen. Die eidgenössische Regierung scheint denn doch end-
lich Etwas so wie Schamgefühl zu verspüren, und Piemont hat
die Schiffe auf dem Lago maggiore, welche die Jnsurgenten mit
Gewalt gepreßt und mißbraucht hatten, nun militärisch besetzt
und beschränkt so den Unfug.

Es scheint mithin, von dieser Seite her will man Neutralität
und Waffenstillstand respectiren; was Rom und Toscana thun
werden, kann jetzt wohl Niemand versichern, aber Großes
kann und wird von dort nicht ausgehen. Die Schweizer allein
bildeten eine verläßliche Schutzwache des Papstes. Die beiden
Schweizerregimenter waren es auch, die Vicenza so stark mach-
ten, um den Angriffen der k. k. Truppen zweimal zu widerstehen;
sie allein leisteten am entscheidenden Tag jenen Widerstand, der
so viele Opfer kostete. Die vier Bataillone waren an den gefähr-
lichsten Punkten vertheilt, überall in erster Linie, sollen auch über
ein Viertheil ihrer Leute verloren haben; -- jetzt sind sie in Rom
entwaffnet und werden wohl ausgetrieben werden!

Frankreich.

* * * Paris 5. December. Der Papst kommt nicht nach
Frankreich. Er befindet sich ruhig und frei in Gaeta. Unter diesen
Umständen hat Cavaignac der Nationalversammlung angezeigt,
daß die Expedition nach Civita=Vecchia nicht stattfinden werde.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

[Beginn Spaltensatz] 13. ( die Preßfreiheit darf unter keinen Umständen — beschränkt,
suspendirt oder aufgehoben werden ) wird mit 263 gegen 181
Stimmen angenommen, worauf abermals mehrere Erklärungen
zu Protokoll, meist gegen die „vorbeugenden Maßregeln“ ge-
richtet, erfolgen. Angenommen wird sodann zur Ergänzung des
Paragraphen: „Ueber Preßvergehen, welche von Amtswegen
verfolgt werden, wird durch Schwurgerichte geurtheilt. Ein
Preßgesetz wird vom Reiche erlassen werden.“ Noch kommt von
Artikel V. der §. 14. zur Abstimmung. Er lautet nach dem Vor-
schlage des Verfassungsausschusses: „Jeder Deutsche hat volle
Glaubens= und Gewissensfreiheit.“ Dazu wird aus der ersten
Lesung der Grundrechte der Zusatz ( mit 226 gegen 210 Stimmen )
angenommen: „Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Ueber-
zeugung zu offenbaren.“

Jn Bezug auf die neuesten Ereignisse in Preußen
stellt Wesendonck noch vor Ende der heutigen Sitzung den drin-
genden Antrag: „die Nationalversammlung möge die unterm 5.
d. M. verordnete Auflösung der preußischen Versammlung und
Octroyirung einer Verfassung für Preußen von Seiten der Krone
für null und nichtig erklären.“ Geht an den Biedermannschen
Ausschuß. Die nächste Sitzung findet den 9. December statt.

Actenstücke aus Oesterreich.

I. Abschiedsmanifest Sr. Maj. des Kaisers an die
Völker Oesterreichs. Wir Ferdinand der Erste,
von
Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich u. s. w. Als wir nach dem
Hintritte unseres Herrn Vaters, weiland Kaiser Franz des Ersten, in
gesetzlicher Erbfolge den Thron bestiegen, flehten wir, durchdrun-
gen von der Heiligkeit und dem Ernste unserer Pflichten, vor allem
Gott um seinen Beistand an. Das Recht zu schützen, ward der
Wahlspruch, das Glück der Völker Oesterreichs zu fördern, das
Ziel unserer Regierung. Die Liebe und Dankbarkeit unserer Völ-
ker belohnten reichlich die Mühen und Sorgen der Regierung,
und selbst in den jüngsten Tagen, als es verbrecherischen Umtrie-
ben gelungen war, in einem Theile unserer Reiche die gesetzliche
Ordnung zu stören und den Bürgerkrieg zu entzünden, verharrte
doch die unermeßliche Mehrheit unserer Völker in der dem Monar-
chen schuldigen Treue. Beweise, die, inmitten harter Prüfungen,
unserem betrübten Herzen wohlthaten, sind uns aus allen Gegen-
den des Reiches zu Theil geworden. Allein der Drang der Ereig-
nisse, das unverkennbare und unabweisliche Bedurfniß nach
einer großen umfassenden Umgestaltung unserer Staatsformen,
welchem wir im Monat März dieses Jahres [unleserliches Material – 16 Zeichen fehlen]entgegenzukommen
und die Bahn zu brechen beflissen waren, haben in uns die Ueber-
zeugung festgestellt, daß es jüngerer Kräfte bedarf, um das große
Werk zu fördern und einer gedeihlichen Vollendung zuzuführen. Wir
sind daher, nach reiflicher Ueberlegung und durchdrungen von der
gebieterischen Nothwendigkeit dieses Schrittes, zu dem Entschlusse
gelangt, hiermit feierlichst dem österreichischen Kaiserthrone zu ent-
sagen. Unser durchlauchtigster Herr Bruder und [unleserliches Material – 12 Zeichen fehlen]rechtmäßiger
Nachfolger in der Regierung, Erzherzog Franz Karl, der uns stets
treu zur Seite gestanden und unsere Bemühungen getheilt, hat sich
erklärt, und erklärt hiermit durch gemeinschaftliche Unterfertigung
gegenwärtigen Manifestes, daß auch er, und zwar zu Gunsten seines
nach ihm auf den Thron berufenen Sohnes, des durchlauchtigsten
Herrn Erzherzogs Franz Joseph, auf die österreichische Kaiserkrone
Verzicht leiste. Jndem wir alle Staatsdiener ihrer Eide entbin-
den, weisen wir sie an den neuen Regenten, gegen welchen sie
ihre beschworenen Berufspflichten fortan getreulich zu erfüllen
haben. Unserer tapfern Armee sagen wir dankend Lebewohl; ein-
gedenk der Heiligkeit ihrer Eide, ein Bollwerk gegen auswärtige
Feinde und Verräther im Jnnern, war sie stets und nie mehr als
in neuester Zeit eine feste Stütze unseres Thrones, ein Vorbild
von Treue, Standhaftigkeit und Todesverachtung, ein Hort der
bedrängten Monarchie, der Stolz und die Zierde des gemeinsa-
men Vaterlandes. Mit gleicher Liebe und Hingebung wird sie
sich auch um ihren neuen Kaiser schaaren. Jndem wir endlich
die Völker des Reiches ihrer Pflicht gegen uns entheben und
alle hierher gehörigen Pflichten und Rechte hiermit feier-
lichst und im Angesichte der Welt auf unsern geliebten Herrn
Neffen, als unsern rechtmäßigen Nachfolger, übertragen,
empfehlen wir diese Völker der Gnade und dem besondern
Schutze Gottes. Möge der Allmächtige ihnen den innern Frieden
wieder verleihen, die Verirrten zur Pflicht, die Bethörten zur
Erkenntniß zurückführen, die versiegten Quellen der Wohlfahrt
neuerdings eröffnen und seine Segnungen über unsere Lande im
vollen Maße ergießen, möge er aber auch unsern Nachfolger,
Kaiser Franz Joseph den Ersten, erleuchten und kräftigen, damit
er seinen hohen und schweren Beruf erfülle zur eigenen Ehre,
zum Ruhme unseres Hauses, zum Heile der ihm anvertrauten
Völker. Gegeben in unserer königlichen Hauptstadt Olmütz den
2. December 1848 u. s. w., unserer Reiche dem vierzehnten
[Spaltenumbruch] Jahre. ( L. S. ) Ferdinand. Franz Karl. Schwar-
zenberg.

II. Manifest Sr. Majestät des Kaisers Franz Joseph I.
„Wir Franz Joseph der Erste, von Gottes Gnaden Kai-
ser von Oesterreich u. s. w. Durch die Thronbesteigung unseres
erhabenen Oheims, Kaisers und Königs Ferdinand des Ersten,
und die Verzichtleistung unseres durchlauchtigsten Herrn Vaters,
Erzherzog Franz Karl, auf die Thronfolge, kraft der pragma-
tischen Sanction berufen, die Krone unseres Reiches auf unser
Haupt zu setzen, verkünden wir hiermit feierlichst allen Völkern
der Monarchie unsere Thronbesteigung unter dem Namen Franz
Joseph des Ersten. Das Bedürfniß und den hohen Werth
freier und zeitgemäßer Jnstitutionen aus eigener Ueberzeugung
erkennend, betreten wir mit Zuversicht die Bahn, welche uns
zu einer heilbringenden Umgestaltung und Verjüngung der Ge-
sammtmonarchie führen soll. Auf den Grundlagen der wahren
Freiheit, auf den Grundlagen der Gleichberechtigung aller
Völker des Reiches und der Gleichheit aller Staatsbürger
vor dem Gesetze, so wie der Theilnahme der Volksvertreter
an der Gesetzgebung, wird das Vaterland neu erstehen in
alter Größe, aber mit verjüngter Kraft, ein unerschütterlicher
Bau in den Stürmen der Zeit, ein geräumiges Wohnhaus
für die Stämme verschiedener Zunge, welche unter dem Scepter
unserer Väter ein brüderliches Band seit Jahrhunderten umfan-
gen hält. Fest entschlossen, den Glanz der Krone ungetrübt und
die Gesammtmonarchie ungeschmälert zu erhalten, aber bereit,
unsere Rechte mit den Vertretern unserer Völker zu theilen, rech-
nen wir darauf daß es mit Gottes Beistand und im Einverständ-
nisse mit den Völkern gelingen werde, alle Lande und Stämme
der Monarchie zu einem großen Staatskörper zu vereinigen.
Schwere Prufungen sind über uns verhängt, Ruhe und Ordnung
in mehreren Gegenden des Reiches gestört worden. Jn einem
Theile der Monarchie entbrennt noch heute der Bürgerkrieg. Alle
Vorkehrungen sind getroffen, um die Achtung vor dem Gesetze
allenthalben wieder herzustellen. Die Bezwingung des Auf-
standes und die Rückkehr des innern Friedens sind die ersten
Bedingungen für ein glückliches Gedeihen des großen Verfas-
sungswertes. Wir zählen hierbei mit Zuversicht auf die verstän-
dige und aufrichtige Mitwirkung aller Völker durch ihre Vertre-
ter. Wir zählen auf den gesunden Sinn der stets getreuen Land-
bewohner, welche durch die neuesten gesetzlichen Bestimmungen
über die Lösung des Unterthansverbandes und Entlastung des
Bodens in den Vollgenuß der staatsbürgerlichen Rechte getreten
sind. Wir zählen auf unsere getreuen Staatsdiener. Von unserer
glorreichen Armee versehen wir uns der alt bewährten Tapfer-
keit, Treue und Ausdauer. Sie wird uns wie unseren Vorfahren
ein Pfeiler des Thrones, dem Vaterlande und den freien Jnsti-
tutionen ein unerschütterliches Bollwerk seyn. Jede Gelegenheit,
das Verdienst, welches keinen Unterschied des Standes kennt, zu
belohnen, wird uns willkommen seyn. Völker Oesterreichs! Wir
nehmen Besitz von dem Throne unserer Väter in einer ernsten
Zeit. Groß sind die Pflichten, groß die Verantwortlichkeit, welche
die Vorsehung uns auferlegt. Gottes Schutz wird uns begleiten.
So gegeben in unserer königl. Hauptstadt Olmütz 2. December
im Jahre des Heiles 1848. ( L. S. ) Franz Joseph. Schwar-
zenberg.

Jtalien.

Aus der Gegend von Mailand 26. November. ( N. M. Z. )
Hier in Mailand und sonst im Allgemeinen ist es ruhig; der
Hauptsammelplatz der revolutionären Partei, Lugano, ist ziem-
lich verlassen. Die eidgenössische Regierung scheint denn doch end-
lich Etwas so wie Schamgefühl zu verspüren, und Piemont hat
die Schiffe auf dem Lago maggiore, welche die Jnsurgenten mit
Gewalt gepreßt und mißbraucht hatten, nun militärisch besetzt
und beschränkt so den Unfug.

Es scheint mithin, von dieser Seite her will man Neutralität
und Waffenstillstand respectiren; was Rom und Toscana thun
werden, kann jetzt wohl Niemand versichern, aber Großes
kann und wird von dort nicht ausgehen. Die Schweizer allein
bildeten eine verläßliche Schutzwache des Papstes. Die beiden
Schweizerregimenter waren es auch, die Vicenza so stark mach-
ten, um den Angriffen der k. k. Truppen zweimal zu widerstehen;
sie allein leisteten am entscheidenden Tag jenen Widerstand, der
so viele Opfer kostete. Die vier Bataillone waren an den gefähr-
lichsten Punkten vertheilt, überall in erster Linie, sollen auch über
ein Viertheil ihrer Leute verloren haben; — jetzt sind sie in Rom
entwaffnet und werden wohl ausgetrieben werden!

Frankreich.

* * * Paris 5. December. Der Papst kommt nicht nach
Frankreich. Er befindet sich ruhig und frei in Gaeta. Unter diesen
Umständen hat Cavaignac der Nationalversammlung angezeigt,
daß die Expedition nach Civita=Vecchia nicht stattfinden werde.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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[0006] 13. ( die Preßfreiheit darf unter keinen Umständen — beschränkt, suspendirt oder aufgehoben werden ) wird mit 263 gegen 181 Stimmen angenommen, worauf abermals mehrere Erklärungen zu Protokoll, meist gegen die „vorbeugenden Maßregeln“ ge- richtet, erfolgen. Angenommen wird sodann zur Ergänzung des Paragraphen: „Ueber Preßvergehen, welche von Amtswegen verfolgt werden, wird durch Schwurgerichte geurtheilt. Ein Preßgesetz wird vom Reiche erlassen werden.“ Noch kommt von Artikel V. der §. 14. zur Abstimmung. Er lautet nach dem Vor- schlage des Verfassungsausschusses: „Jeder Deutsche hat volle Glaubens= und Gewissensfreiheit.“ Dazu wird aus der ersten Lesung der Grundrechte der Zusatz ( mit 226 gegen 210 Stimmen ) angenommen: „Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Ueber- zeugung zu offenbaren.“ Jn Bezug auf die neuesten Ereignisse in Preußen stellt Wesendonck noch vor Ende der heutigen Sitzung den drin- genden Antrag: „die Nationalversammlung möge die unterm 5. d. M. verordnete Auflösung der preußischen Versammlung und Octroyirung einer Verfassung für Preußen von Seiten der Krone für null und nichtig erklären.“ Geht an den Biedermannschen Ausschuß. Die nächste Sitzung findet den 9. December statt. Actenstücke aus Oesterreich. I. Abschiedsmanifest Sr. Maj. des Kaisers an die Völker Oesterreichs. Wir Ferdinand der Erste, von Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich u. s. w. Als wir nach dem Hintritte unseres Herrn Vaters, weiland Kaiser Franz des Ersten, in gesetzlicher Erbfolge den Thron bestiegen, flehten wir, durchdrun- gen von der Heiligkeit und dem Ernste unserer Pflichten, vor allem Gott um seinen Beistand an. Das Recht zu schützen, ward der Wahlspruch, das Glück der Völker Oesterreichs zu fördern, das Ziel unserer Regierung. Die Liebe und Dankbarkeit unserer Völ- ker belohnten reichlich die Mühen und Sorgen der Regierung, und selbst in den jüngsten Tagen, als es verbrecherischen Umtrie- ben gelungen war, in einem Theile unserer Reiche die gesetzliche Ordnung zu stören und den Bürgerkrieg zu entzünden, verharrte doch die unermeßliche Mehrheit unserer Völker in der dem Monar- chen schuldigen Treue. Beweise, die, inmitten harter Prüfungen, unserem betrübten Herzen wohlthaten, sind uns aus allen Gegen- den des Reiches zu Theil geworden. Allein der Drang der Ereig- nisse, das unverkennbare und unabweisliche Bedurfniß nach einer großen umfassenden Umgestaltung unserer Staatsformen, welchem wir im Monat März dieses Jahres ________________entgegenzukommen und die Bahn zu brechen beflissen waren, haben in uns die Ueber- zeugung festgestellt, daß es jüngerer Kräfte bedarf, um das große Werk zu fördern und einer gedeihlichen Vollendung zuzuführen. Wir sind daher, nach reiflicher Ueberlegung und durchdrungen von der gebieterischen Nothwendigkeit dieses Schrittes, zu dem Entschlusse gelangt, hiermit feierlichst dem österreichischen Kaiserthrone zu ent- sagen. Unser durchlauchtigster Herr Bruder und ____________rechtmäßiger Nachfolger in der Regierung, Erzherzog Franz Karl, der uns stets treu zur Seite gestanden und unsere Bemühungen getheilt, hat sich erklärt, und erklärt hiermit durch gemeinschaftliche Unterfertigung gegenwärtigen Manifestes, daß auch er, und zwar zu Gunsten seines nach ihm auf den Thron berufenen Sohnes, des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Franz Joseph, auf die österreichische Kaiserkrone Verzicht leiste. Jndem wir alle Staatsdiener ihrer Eide entbin- den, weisen wir sie an den neuen Regenten, gegen welchen sie ihre beschworenen Berufspflichten fortan getreulich zu erfüllen haben. Unserer tapfern Armee sagen wir dankend Lebewohl; ein- gedenk der Heiligkeit ihrer Eide, ein Bollwerk gegen auswärtige Feinde und Verräther im Jnnern, war sie stets und nie mehr als in neuester Zeit eine feste Stütze unseres Thrones, ein Vorbild von Treue, Standhaftigkeit und Todesverachtung, ein Hort der bedrängten Monarchie, der Stolz und die Zierde des gemeinsa- men Vaterlandes. Mit gleicher Liebe und Hingebung wird sie sich auch um ihren neuen Kaiser schaaren. Jndem wir endlich die Völker des Reiches ihrer Pflicht gegen uns entheben und alle hierher gehörigen Pflichten und Rechte hiermit feier- lichst und im Angesichte der Welt auf unsern geliebten Herrn Neffen, als unsern rechtmäßigen Nachfolger, übertragen, empfehlen wir diese Völker der Gnade und dem besondern Schutze Gottes. Möge der Allmächtige ihnen den innern Frieden wieder verleihen, die Verirrten zur Pflicht, die Bethörten zur Erkenntniß zurückführen, die versiegten Quellen der Wohlfahrt neuerdings eröffnen und seine Segnungen über unsere Lande im vollen Maße ergießen, möge er aber auch unsern Nachfolger, Kaiser Franz Joseph den Ersten, erleuchten und kräftigen, damit er seinen hohen und schweren Beruf erfülle zur eigenen Ehre, zum Ruhme unseres Hauses, zum Heile der ihm anvertrauten Völker. Gegeben in unserer königlichen Hauptstadt Olmütz den 2. December 1848 u. s. w., unserer Reiche dem vierzehnten Jahre. ( L. S. ) Ferdinand. Franz Karl. Schwar- zenberg. “ II. Manifest Sr. Majestät des Kaisers Franz Joseph I. „Wir Franz Joseph der Erste, von Gottes Gnaden Kai- ser von Oesterreich u. s. w. Durch die Thronbesteigung unseres erhabenen Oheims, Kaisers und Königs Ferdinand des Ersten, und die Verzichtleistung unseres durchlauchtigsten Herrn Vaters, Erzherzog Franz Karl, auf die Thronfolge, kraft der pragma- tischen Sanction berufen, die Krone unseres Reiches auf unser Haupt zu setzen, verkünden wir hiermit feierlichst allen Völkern der Monarchie unsere Thronbesteigung unter dem Namen Franz Joseph des Ersten. Das Bedürfniß und den hohen Werth freier und zeitgemäßer Jnstitutionen aus eigener Ueberzeugung erkennend, betreten wir mit Zuversicht die Bahn, welche uns zu einer heilbringenden Umgestaltung und Verjüngung der Ge- sammtmonarchie führen soll. Auf den Grundlagen der wahren Freiheit, auf den Grundlagen der Gleichberechtigung aller Völker des Reiches und der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetze, so wie der Theilnahme der Volksvertreter an der Gesetzgebung, wird das Vaterland neu erstehen in alter Größe, aber mit verjüngter Kraft, ein unerschütterlicher Bau in den Stürmen der Zeit, ein geräumiges Wohnhaus für die Stämme verschiedener Zunge, welche unter dem Scepter unserer Väter ein brüderliches Band seit Jahrhunderten umfan- gen hält. Fest entschlossen, den Glanz der Krone ungetrübt und die Gesammtmonarchie ungeschmälert zu erhalten, aber bereit, unsere Rechte mit den Vertretern unserer Völker zu theilen, rech- nen wir darauf daß es mit Gottes Beistand und im Einverständ- nisse mit den Völkern gelingen werde, alle Lande und Stämme der Monarchie zu einem großen Staatskörper zu vereinigen. Schwere Prufungen sind über uns verhängt, Ruhe und Ordnung in mehreren Gegenden des Reiches gestört worden. Jn einem Theile der Monarchie entbrennt noch heute der Bürgerkrieg. Alle Vorkehrungen sind getroffen, um die Achtung vor dem Gesetze allenthalben wieder herzustellen. Die Bezwingung des Auf- standes und die Rückkehr des innern Friedens sind die ersten Bedingungen für ein glückliches Gedeihen des großen Verfas- sungswertes. Wir zählen hierbei mit Zuversicht auf die verstän- dige und aufrichtige Mitwirkung aller Völker durch ihre Vertre- ter. Wir zählen auf den gesunden Sinn der stets getreuen Land- bewohner, welche durch die neuesten gesetzlichen Bestimmungen über die Lösung des Unterthansverbandes und Entlastung des Bodens in den Vollgenuß der staatsbürgerlichen Rechte getreten sind. Wir zählen auf unsere getreuen Staatsdiener. Von unserer glorreichen Armee versehen wir uns der alt bewährten Tapfer- keit, Treue und Ausdauer. Sie wird uns wie unseren Vorfahren ein Pfeiler des Thrones, dem Vaterlande und den freien Jnsti- tutionen ein unerschütterliches Bollwerk seyn. Jede Gelegenheit, das Verdienst, welches keinen Unterschied des Standes kennt, zu belohnen, wird uns willkommen seyn. Völker Oesterreichs! Wir nehmen Besitz von dem Throne unserer Väter in einer ernsten Zeit. Groß sind die Pflichten, groß die Verantwortlichkeit, welche die Vorsehung uns auferlegt. Gottes Schutz wird uns begleiten. So gegeben in unserer königl. Hauptstadt Olmütz 2. December im Jahre des Heiles 1848. ( L. S. ) Franz Joseph. Schwar- zenberg. “ Jtalien. Aus der Gegend von Mailand 26. November. ( N. M. Z. ) Hier in Mailand und sonst im Allgemeinen ist es ruhig; der Hauptsammelplatz der revolutionären Partei, Lugano, ist ziem- lich verlassen. Die eidgenössische Regierung scheint denn doch end- lich Etwas so wie Schamgefühl zu verspüren, und Piemont hat die Schiffe auf dem Lago maggiore, welche die Jnsurgenten mit Gewalt gepreßt und mißbraucht hatten, nun militärisch besetzt und beschränkt so den Unfug. Es scheint mithin, von dieser Seite her will man Neutralität und Waffenstillstand respectiren; was Rom und Toscana thun werden, kann jetzt wohl Niemand versichern, aber Großes kann und wird von dort nicht ausgehen. Die Schweizer allein bildeten eine verläßliche Schutzwache des Papstes. Die beiden Schweizerregimenter waren es auch, die Vicenza so stark mach- ten, um den Angriffen der k. k. Truppen zweimal zu widerstehen; sie allein leisteten am entscheidenden Tag jenen Widerstand, der so viele Opfer kostete. Die vier Bataillone waren an den gefähr- lichsten Punkten vertheilt, überall in erster Linie, sollen auch über ein Viertheil ihrer Leute verloren haben; — jetzt sind sie in Rom entwaffnet und werden wohl ausgetrieben werden! Frankreich. * * * Paris 5. December. Der Papst kommt nicht nach Frankreich. Er befindet sich ruhig und frei in Gaeta. Unter diesen Umständen hat Cavaignac der Nationalversammlung angezeigt, daß die Expedition nach Civita=Vecchia nicht stattfinden werde. Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 158. Mainz, 7. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal158_1848/6>, abgerufen am 02.07.2024.