Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mainzer Journal. Nr. 158. Mainz, 7. Dezember 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] gibt nun die Documente der Abdankungserklärung ( vom 1. Dec. ) ,
der Verzichtleistung des Erzherzogs Franz Karl und der Annahme
der Krone durch den Erzherzog Franz Joseph ( vom 2. Dec. ) der
Kammer bekannt. Weiter berichtet der Ministerpräsident über die
Contrasignirung dieser Documente durch die Minister und die Pro-
clamirung des neuen Kaisers. -- Der Ministerpräsident bringt
dem neuen Kaiser ein Hoch! in welches die Versammlung ein-
stimmt. Nun liest derselbe noch das Abschiedsmanifest des abge-
tretenen Monarchen und das Antrittsmanifest Sr. Maj. des Kai-
sers Franz Joseph I. Se. Majestät Franz Joseph I. hat das
Ministerium Schwarzenberg=Stadion bestätigt und den Baron
Kulmer in den Ministerrath als Minister ohne Portefeuille aufge-
nommen. -- Die Reichsversammlung bringt dem constitutionellen
Kaiser ein Hoch. H. Neumann macht den Antrag, an den Kaiser
Ferdinand, welcher sich Prag zu seiner einstweiligen Residenz
ausersehen, eine Deputation zu senden, welche ihm den Dank
des Vaterlandes ausdrücken soll. Der Antrag wird angenom-
men. H. Mayer trägt darauf an, eine Beglückwünschung an
Se. Majestät den Kaiser Franz Joseph I. und eine Dank-
adresse an den Kaiser Ferdinand zu richten. Wird angenommen.
Auf H. Brauners Vorschlag werden aus jeder Provinz vier Ab-
geordnete als Mitglieder der Deputation nach Olmütz abgehen.
Die Meinung des Deputirten Borkowsky, diese Adressen mögen
vor ihrer Absendung dem Reichstage zur Begutachtung vorgelegt
werden, findet keine Unterstützung und man wendet gegen diese
Ansicht ein, daß diese Adressen mehr der Ausdruck des Gefühles
in einem so wichtigen Momente, als politische Actenstücke seyn
sollen. ( Die Sitzung wird aufgehoben. )

Berlin 30. November. ( Const. C. ) Der dem okratische
Centralausschuß
hat heute ziemlich bedeutende Geldsummen
aus dem deutschen Oberlande, namentlich aus Baden, erhalten.
Die Demokratie scheint sonach trotz des Belagerungszustandes,
trotz des Ministeriums Brandenburg=Manteuffel, vielleicht sogar,
weil eben dieses Ministerium da ist, Berlin als den Ausgangs-
punkt der deutschen Republik noch nicht aufgegeben zu haben.
Während die hiesigen Rothen mehr und mehr den belagerten
Umkreis der Stadt verlassen, um ihr Heil in den Provinzen zu
versuchen, finden sich die Demokraten vom preußischen Rheine
ein, weil dort, wie sie selbst ehrlich genug sind zu gestehen, ihr
Reich hoffnungslos zu Ende ist. Der socialistische und communi-
stische Theil unserer Bewegungshelden beabsichtigt, nach Auf-
hören des Belagerungszustandes die Revolution auf ein anderes
Gebiet zu spielen, indem er durch Anstellung von Arbeiterbanketts
u. s. w. die besitzlosen Arbeiter gegen den besitzenden Bürgerstand,
das Proletariat gegen die Bourgeoisie aufhetzen will. [ Wieder
eine armselige Nachäfferei der Franzosen! ]

Berlin 2. December. ( D. Z. ) Der Prinz von Preußen,
der heute mit seinem Sohne in der Stadt war und durch die
Straßen ritt, ist überall mit Jubel empfangen worden. Es ist
das erste Mal seit den Märztagen, daß der Prinz sich so öffentlich
in Berlin zeigt.

Die Berliner Händel, die sich nun schon Wochen lang auf die
unerquicklichste Weise hinschleppen, haben endlich ihre gewaltsame
Lösung gefunden: " Die zur Vereinbarung einer Ver-
fassung für Preußen berufene Versammlung ist
aufgelöst;
diese Maßnahme ist durch eine an den König gerich-
tete Denkschrift des Staatsministeriums motivirt. "Der Preußi-
sche Staatsanzeiger" veröffentlicht zugleich eine Verfassungs-
urkunde für Preußen,
deren Revision im ordentlichen Wege
der Gesetzgebung vorbehalten ist. Zum Behufe dieser Revision
sind gemäß der octroyirten Verfassung die beiden Kammern zum
26. Februar 1849 nach Berlin einberufen; die Wahlen ( indi-
recte ) sollen in der letzten Januarwoche vorgenommen, proviso-
rische Wahlgesetze für die erste und zweite Kammer sollen zu die-
sem Zwecke noch erlassen werden. Jndem wir uns vorbehalten,
die wichtigen Actenstücke nachträglich mitzutheilen, lassen wir die
königliche Verordnung folgen, welche die constituirende Versamm-
lung für aufgelöst erklärt. Sie lautet:

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König
von Preußen haben aus dem beifolgenden Berichte unseres
Staatsministeriums über die letzten Sitzungen der zur Verein-
barung der Verfassung berufenen Versammlung zu unserem tiefen
Schmerze die Ueberzeugung gewonnen, daß das große Werk, zu
welchem die Versammlung berufen ist, mit derselben, ohne Ver-
letzung der Würde unserer Krone und ohne Beeinträchtigung des
davon unzertrennlichen Wohles des Landes, nicht länger fortge-
führt werden kann. Wir verordnen demnach, auf den Antrag un-
seres Staatsministeriums, was folgt: §. 1. Die zur Verein-
barung der Verfassung berufene Versammlung ist aufgelöst. §. 2.
Unser Staatsministerium wird mit Ausführung dieser Verord-
nung beauftragt. Urkundlich unter unserer höchsteigenhändi-
[Spaltenumbruch] gen Unterschrift und beigedrucktem königlichem Jnsiegel. Gegeben
Potsdam den 5. December 1848. Friedrich Wilhelm.
Das Staatsministerium: Graf v. Brandenburg. v. Ladenberg.
v. Strotha. v. Manteuffel. Rintelen. v. d. Heydt. [ Der Letz-
tere ist der neuernannte Handelsminister. ]

Konstanz 3. December. ( Schw. M. ) Die Meßwoche ist
ohne die geringste Störung abgelaufen, und von den angekün-
digten Freischärlern, deren Vereinigungspunkt angeblich
einige Stunden von hier in der Schweiz stattfinden sollte, hat
sich keine Spur gezeigt. Die Vorsichtsmaßregeln waren also
glücklicherweise umsonst. Daß die Truppen dahier einer beab-
sichtigten Grenzsperre wegen vermehrt wurden, das glaubt
Niemand und mag Niemand glauben, denn wir würden viel mehr
unter einer solchen Maßregel leiden, als die Schweizer selbst.
Das ganze badische Oberland wäre der Verarmung preisgegeben;
nur die jenseitigen Freischärler würden jubeln, denn sie sagen
es ungescheut, daß ihr Bestreben für jetzt dahin gehen müsse, die
Masse der Proletarier möglichst zu vergrößern, wozu schon auch
eine fortgesetzte militärische Occupation das ihrige beitrage. --
Seit einigen Tagen verlautet von einer Amnestie, die sich, mit
Ausnahme von vier Hauptanführern, auf Alle erstrecken solle,
welche den ersten Heckerschen Einfall mitgemacht. Kuenzer, der
sich seit einigen Tagen hier befindet, soll diese Nachricht mitge-
bracht haben. Ob und was an der Sache ist, muß sich bald
zeigen.

Kassel 2. December. ( N. C. ) Gestern ist unser neuer Land-
tag
vom Minister des Jnnern im Namen des Kurfürsten eröff-
net worden. Es wird sich auf demselben zunächst nur um den
neuen Gesetzentwurf über die Zusammensetzung der Ständever-
sammlung und die Wahl der Landtagsabgeordneten handeln, wel-
cher Gesetzentwurf, da er auf dem kürzlich aufgelösten Landtage
nicht Stimmeneinhelligkeit, sondern nur drei Viertheile der Stim-
men erlangt hat, noch einmal mit gleicher Stimmenzahl angenom-
men werden muß, ehe er zum Gesetze erhoben werden kann. Es
hat sich bereits recht deutlich gezeugt, welche Förderungsmittel in
der neuen landständischen Geschäftsordnung gewonnen sind. Ob-
wohl die Stände erst auf den 28. November einberufen waren,
so konnte doch schon gestern die Eröffnung statt finden, indem in
zwei Tagen die Legitimationsfragen, die Wahl des Präsidenten
und Vicepräsidenten erledigt waren, womit sonst nicht selten
drei bis vier Wochen vergeudet wurden. Zum Präsidenten ist ein-
stimmig der Obergerichtsanwalt Schwarzenberg, zum Vice-
präsidenten Oberpostmeister Nebelthau erwählt worden, letz-
terer mehr seiner bedeutenden Fähigkeiten, als seines frühern
Verhaltens wegen. Ueber die Haltung der neuen Versammlung
im Allgemeinen läßt sich noch nichts Bestimmtes angeben: doch hat
die demokratische resp. republikanische Partei bedeutend zugenom-
men. Die beiden Hanauer Abgeordneten Rauh und Theobald
gelten für entschiedene Republikaner; die Gesinnungen Bayr-
hoffers
und des vielfach genannten "Social=Föderalisten"
Winkelblech sind bekannt. Jndessen hat keiner dieser Herren,
was Manchem unerwartet gewesen ist, Anstand genommen, den
landständischen Eid zu schwören, obwohl dieser für republikani-
sche Bestrebungen durchaus keinen Spielraum gewährt. -- Die
Gerüchte über die Vereinigung der beiden Hessen
erhalten sich, finden aber hier durchaus kein williges Ohr. Man
befürchtet für Land und Residenz nur Nachtheile aus einer solchen
Vereinigung, da Kurhessen bekanntlich nicht nur schuldenfrei ist,
sondern auch noch ein bedeutendes Capitalvermögen besitzt.

Fulda 5. December. Jn den Waldungen des Fürsten von
Jsenburg=Birstein hausen Forstfrevler auf das Fürchterlichste,
hauen ganze Bestände nieder und bringen das Holz nach Hanau
auf den Markt. Um diesen Verwüstungen zu steuern ist von hier
eine Abtheilung Jnfanterie nach jener Gegend abgegangen und
am 3. d. M. marschirte eine Abtheilung Jäger aus Kassel kom-
mend durch unsere Stadt, die einen gleichen Bestimmungsort, wie
das hiesige Militär hatte. Die Reise des Kurfürsten von Hessen
nach Frankfurt, wo ihn der Reichsverweser sehr freundlich em-
pfangen und ihm zu Ehren ein großes Diner gegeben hat, an dem
auch der Prinz Adalbert von Preußen Theil nahm, soll mit den
Frankfurter Mediatisirungsplänen in Verbindung stehen und eine
Vereitelung derselben der eigentliche Zweck der Reise unseres
Landesfürsten seyn. Jmmer näher rückt der Termin der Be-
zirksrathswahl
und alle Gemüther beschäftigen sich mit die-
sem Ergebnisse. Nach allen Seiten hin sucht man die würdigsten
Candidaten zu ermitteln und wie man hört, wird der Fuldaer
Volksrath, der einen höchst löblichen Eifer für Förderung
der Jnteressen Fulda's zeigt, eine Wahlliste für die Wahlmänner
aus dem Landgerichtsbezirke Fulda und dem Amte Neuhof auf-
stellen. Die II. Abtheilung des Bezirksrathes, gleichfalls aus
neun Mitgliedern bestehend, wird von den Höchstbesteuerten in
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] gibt nun die Documente der Abdankungserklärung ( vom 1. Dec. ) ,
der Verzichtleistung des Erzherzogs Franz Karl und der Annahme
der Krone durch den Erzherzog Franz Joseph ( vom 2. Dec. ) der
Kammer bekannt. Weiter berichtet der Ministerpräsident über die
Contrasignirung dieser Documente durch die Minister und die Pro-
clamirung des neuen Kaisers. — Der Ministerpräsident bringt
dem neuen Kaiser ein Hoch! in welches die Versammlung ein-
stimmt. Nun liest derselbe noch das Abschiedsmanifest des abge-
tretenen Monarchen und das Antrittsmanifest Sr. Maj. des Kai-
sers Franz Joseph I. Se. Majestät Franz Joseph I. hat das
Ministerium Schwarzenberg=Stadion bestätigt und den Baron
Kulmer in den Ministerrath als Minister ohne Portefeuille aufge-
nommen. — Die Reichsversammlung bringt dem constitutionellen
Kaiser ein Hoch. H. Neumann macht den Antrag, an den Kaiser
Ferdinand, welcher sich Prag zu seiner einstweiligen Residenz
ausersehen, eine Deputation zu senden, welche ihm den Dank
des Vaterlandes ausdrücken soll. Der Antrag wird angenom-
men. H. Mayer trägt darauf an, eine Beglückwünschung an
Se. Majestät den Kaiser Franz Joseph I. und eine Dank-
adresse an den Kaiser Ferdinand zu richten. Wird angenommen.
Auf H. Brauners Vorschlag werden aus jeder Provinz vier Ab-
geordnete als Mitglieder der Deputation nach Olmütz abgehen.
Die Meinung des Deputirten Borkowsky, diese Adressen mögen
vor ihrer Absendung dem Reichstage zur Begutachtung vorgelegt
werden, findet keine Unterstützung und man wendet gegen diese
Ansicht ein, daß diese Adressen mehr der Ausdruck des Gefühles
in einem so wichtigen Momente, als politische Actenstücke seyn
sollen. ( Die Sitzung wird aufgehoben. )

Berlin 30. November. ( Const. C. ) Der dem okratische
Centralausschuß
hat heute ziemlich bedeutende Geldsummen
aus dem deutschen Oberlande, namentlich aus Baden, erhalten.
Die Demokratie scheint sonach trotz des Belagerungszustandes,
trotz des Ministeriums Brandenburg=Manteuffel, vielleicht sogar,
weil eben dieses Ministerium da ist, Berlin als den Ausgangs-
punkt der deutschen Republik noch nicht aufgegeben zu haben.
Während die hiesigen Rothen mehr und mehr den belagerten
Umkreis der Stadt verlassen, um ihr Heil in den Provinzen zu
versuchen, finden sich die Demokraten vom preußischen Rheine
ein, weil dort, wie sie selbst ehrlich genug sind zu gestehen, ihr
Reich hoffnungslos zu Ende ist. Der socialistische und communi-
stische Theil unserer Bewegungshelden beabsichtigt, nach Auf-
hören des Belagerungszustandes die Revolution auf ein anderes
Gebiet zu spielen, indem er durch Anstellung von Arbeiterbanketts
u. s. w. die besitzlosen Arbeiter gegen den besitzenden Bürgerstand,
das Proletariat gegen die Bourgeoisie aufhetzen will. [ Wieder
eine armselige Nachäfferei der Franzosen! ]

Berlin 2. December. ( D. Z. ) Der Prinz von Preußen,
der heute mit seinem Sohne in der Stadt war und durch die
Straßen ritt, ist überall mit Jubel empfangen worden. Es ist
das erste Mal seit den Märztagen, daß der Prinz sich so öffentlich
in Berlin zeigt.

☞ Die Berliner Händel, die sich nun schon Wochen lang auf die
unerquicklichste Weise hinschleppen, haben endlich ihre gewaltsame
Lösung gefunden: „ Die zur Vereinbarung einer Ver-
fassung für Preußen berufene Versammlung ist
aufgelöst;
diese Maßnahme ist durch eine an den König gerich-
tete Denkschrift des Staatsministeriums motivirt. „Der Preußi-
sche Staatsanzeiger“ veröffentlicht zugleich eine Verfassungs-
urkunde für Preußen,
deren Revision im ordentlichen Wege
der Gesetzgebung vorbehalten ist. Zum Behufe dieser Revision
sind gemäß der octroyirten Verfassung die beiden Kammern zum
26. Februar 1849 nach Berlin einberufen; die Wahlen ( indi-
recte ) sollen in der letzten Januarwoche vorgenommen, proviso-
rische Wahlgesetze für die erste und zweite Kammer sollen zu die-
sem Zwecke noch erlassen werden. Jndem wir uns vorbehalten,
die wichtigen Actenstücke nachträglich mitzutheilen, lassen wir die
königliche Verordnung folgen, welche die constituirende Versamm-
lung für aufgelöst erklärt. Sie lautet:

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König
von Preußen haben aus dem beifolgenden Berichte unseres
Staatsministeriums über die letzten Sitzungen der zur Verein-
barung der Verfassung berufenen Versammlung zu unserem tiefen
Schmerze die Ueberzeugung gewonnen, daß das große Werk, zu
welchem die Versammlung berufen ist, mit derselben, ohne Ver-
letzung der Würde unserer Krone und ohne Beeinträchtigung des
davon unzertrennlichen Wohles des Landes, nicht länger fortge-
führt werden kann. Wir verordnen demnach, auf den Antrag un-
seres Staatsministeriums, was folgt: §. 1. Die zur Verein-
barung der Verfassung berufene Versammlung ist aufgelöst. §. 2.
Unser Staatsministerium wird mit Ausführung dieser Verord-
nung beauftragt. Urkundlich unter unserer höchsteigenhändi-
[Spaltenumbruch] gen Unterschrift und beigedrucktem königlichem Jnsiegel. Gegeben
Potsdam den 5. December 1848. Friedrich Wilhelm.
Das Staatsministerium: Graf v. Brandenburg. v. Ladenberg.
v. Strotha. v. Manteuffel. Rintelen. v. d. Heydt. [ Der Letz-
tere ist der neuernannte Handelsminister. ]

Konstanz 3. December. ( Schw. M. ) Die Meßwoche ist
ohne die geringste Störung abgelaufen, und von den angekün-
digten Freischärlern, deren Vereinigungspunkt angeblich
einige Stunden von hier in der Schweiz stattfinden sollte, hat
sich keine Spur gezeigt. Die Vorsichtsmaßregeln waren also
glücklicherweise umsonst. Daß die Truppen dahier einer beab-
sichtigten Grenzsperre wegen vermehrt wurden, das glaubt
Niemand und mag Niemand glauben, denn wir würden viel mehr
unter einer solchen Maßregel leiden, als die Schweizer selbst.
Das ganze badische Oberland wäre der Verarmung preisgegeben;
nur die jenseitigen Freischärler würden jubeln, denn sie sagen
es ungescheut, daß ihr Bestreben für jetzt dahin gehen müsse, die
Masse der Proletarier möglichst zu vergrößern, wozu schon auch
eine fortgesetzte militärische Occupation das ihrige beitrage. —
Seit einigen Tagen verlautet von einer Amnestie, die sich, mit
Ausnahme von vier Hauptanführern, auf Alle erstrecken solle,
welche den ersten Heckerschen Einfall mitgemacht. Kuenzer, der
sich seit einigen Tagen hier befindet, soll diese Nachricht mitge-
bracht haben. Ob und was an der Sache ist, muß sich bald
zeigen.

Kassel 2. December. ( N. C. ) Gestern ist unser neuer Land-
tag
vom Minister des Jnnern im Namen des Kurfürsten eröff-
net worden. Es wird sich auf demselben zunächst nur um den
neuen Gesetzentwurf über die Zusammensetzung der Ständever-
sammlung und die Wahl der Landtagsabgeordneten handeln, wel-
cher Gesetzentwurf, da er auf dem kürzlich aufgelösten Landtage
nicht Stimmeneinhelligkeit, sondern nur drei Viertheile der Stim-
men erlangt hat, noch einmal mit gleicher Stimmenzahl angenom-
men werden muß, ehe er zum Gesetze erhoben werden kann. Es
hat sich bereits recht deutlich gezeugt, welche Förderungsmittel in
der neuen landständischen Geschäftsordnung gewonnen sind. Ob-
wohl die Stände erst auf den 28. November einberufen waren,
so konnte doch schon gestern die Eröffnung statt finden, indem in
zwei Tagen die Legitimationsfragen, die Wahl des Präsidenten
und Vicepräsidenten erledigt waren, womit sonst nicht selten
drei bis vier Wochen vergeudet wurden. Zum Präsidenten ist ein-
stimmig der Obergerichtsanwalt Schwarzenberg, zum Vice-
präsidenten Oberpostmeister Nebelthau erwählt worden, letz-
terer mehr seiner bedeutenden Fähigkeiten, als seines frühern
Verhaltens wegen. Ueber die Haltung der neuen Versammlung
im Allgemeinen läßt sich noch nichts Bestimmtes angeben: doch hat
die demokratische resp. republikanische Partei bedeutend zugenom-
men. Die beiden Hanauer Abgeordneten Rauh und Theobald
gelten für entschiedene Republikaner; die Gesinnungen Bayr-
hoffers
und des vielfach genannten „Social=Föderalisten“
Winkelblech sind bekannt. Jndessen hat keiner dieser Herren,
was Manchem unerwartet gewesen ist, Anstand genommen, den
landständischen Eid zu schwören, obwohl dieser für republikani-
sche Bestrebungen durchaus keinen Spielraum gewährt. — Die
Gerüchte über die Vereinigung der beiden Hessen
erhalten sich, finden aber hier durchaus kein williges Ohr. Man
befürchtet für Land und Residenz nur Nachtheile aus einer solchen
Vereinigung, da Kurhessen bekanntlich nicht nur schuldenfrei ist,
sondern auch noch ein bedeutendes Capitalvermögen besitzt.

Fulda 5. December. Jn den Waldungen des Fürsten von
Jsenburg=Birstein hausen Forstfrevler auf das Fürchterlichste,
hauen ganze Bestände nieder und bringen das Holz nach Hanau
auf den Markt. Um diesen Verwüstungen zu steuern ist von hier
eine Abtheilung Jnfanterie nach jener Gegend abgegangen und
am 3. d. M. marschirte eine Abtheilung Jäger aus Kassel kom-
mend durch unsere Stadt, die einen gleichen Bestimmungsort, wie
das hiesige Militär hatte. Die Reise des Kurfürsten von Hessen
nach Frankfurt, wo ihn der Reichsverweser sehr freundlich em-
pfangen und ihm zu Ehren ein großes Diner gegeben hat, an dem
auch der Prinz Adalbert von Preußen Theil nahm, soll mit den
Frankfurter Mediatisirungsplänen in Verbindung stehen und eine
Vereitelung derselben der eigentliche Zweck der Reise unseres
Landesfürsten seyn. Jmmer näher rückt der Termin der Be-
zirksrathswahl
und alle Gemüther beschäftigen sich mit die-
sem Ergebnisse. Nach allen Seiten hin sucht man die würdigsten
Candidaten zu ermitteln und wie man hört, wird der Fuldaer
Volksrath, der einen höchst löblichen Eifer für Förderung
der Jnteressen Fulda's zeigt, eine Wahlliste für die Wahlmänner
aus dem Landgerichtsbezirke Fulda und dem Amte Neuhof auf-
stellen. Die II. Abtheilung des Bezirksrathes, gleichfalls aus
neun Mitgliedern bestehend, wird von den Höchstbesteuerten in
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0003"/><cb type="start"/>
gibt nun die Documente der Abdankungserklärung ( vom 1. Dec. ) ,<lb/>
der Verzichtleistung des Erzherzogs Franz Karl und der Annahme<lb/>
der Krone durch den Erzherzog Franz Joseph ( vom 2. Dec. ) der<lb/>
Kammer bekannt. Weiter berichtet der Ministerpräsident über die<lb/>
Contrasignirung dieser Documente durch die Minister und die Pro-<lb/>
clamirung des neuen Kaisers. &#x2014; Der Ministerpräsident bringt<lb/>
dem neuen Kaiser ein Hoch! in welches die Versammlung ein-<lb/>
stimmt. Nun liest derselbe noch das Abschiedsmanifest des abge-<lb/>
tretenen Monarchen und das Antrittsmanifest Sr. Maj. des Kai-<lb/>
sers Franz Joseph <hi rendition="#aq">I</hi>. Se. Majestät Franz Joseph <hi rendition="#aq">I</hi>. hat das<lb/>
Ministerium Schwarzenberg=Stadion bestätigt und den Baron<lb/>
Kulmer in den Ministerrath als Minister ohne Portefeuille aufge-<lb/>
nommen. &#x2014; Die Reichsversammlung bringt dem constitutionellen<lb/>
Kaiser ein Hoch. H. Neumann macht den Antrag, an den Kaiser<lb/>
Ferdinand, welcher sich Prag zu seiner einstweiligen Residenz<lb/>
ausersehen, eine Deputation zu senden, welche ihm den Dank<lb/>
des Vaterlandes ausdrücken soll. Der Antrag wird angenom-<lb/>
men. H. Mayer trägt darauf an, eine Beglückwünschung an<lb/>
Se. Majestät den Kaiser Franz Joseph <hi rendition="#aq">I</hi>. und eine Dank-<lb/>
adresse an den Kaiser Ferdinand zu richten. Wird angenommen.<lb/>
Auf H. Brauners Vorschlag werden aus jeder Provinz vier Ab-<lb/>
geordnete als Mitglieder der Deputation nach Olmütz abgehen.<lb/>
Die Meinung des Deputirten Borkowsky, diese Adressen mögen<lb/>
vor ihrer Absendung dem Reichstage zur Begutachtung vorgelegt<lb/>
werden, findet keine Unterstützung und man wendet gegen diese<lb/>
Ansicht ein, daß diese Adressen mehr der Ausdruck des Gefühles<lb/>
in einem so wichtigen Momente, als politische Actenstücke seyn<lb/>
sollen. ( Die Sitzung wird aufgehoben. ) </p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Berlin 30. November. ( Const. C. ) Der <hi rendition="#g">dem okratische<lb/>
Centralausschuß</hi> hat heute ziemlich bedeutende Geldsummen<lb/>
aus dem deutschen Oberlande, namentlich aus Baden, erhalten.<lb/>
Die Demokratie scheint sonach trotz des Belagerungszustandes,<lb/>
trotz des Ministeriums Brandenburg=Manteuffel, vielleicht sogar,<lb/>
weil eben dieses Ministerium da ist, Berlin als den Ausgangs-<lb/>
punkt der deutschen Republik noch nicht aufgegeben zu haben.<lb/>
Während die hiesigen Rothen mehr und mehr den belagerten<lb/>
Umkreis der Stadt verlassen, um ihr Heil in den Provinzen zu<lb/>
versuchen, finden sich die Demokraten vom preußischen Rheine<lb/>
ein, weil dort, wie sie selbst ehrlich genug sind zu gestehen, ihr<lb/>
Reich hoffnungslos zu Ende ist. Der socialistische und communi-<lb/>
stische Theil unserer Bewegungshelden beabsichtigt, nach Auf-<lb/>
hören des Belagerungszustandes die Revolution auf ein anderes<lb/>
Gebiet zu spielen, indem er durch Anstellung von Arbeiterbanketts<lb/>
u. s. w. die besitzlosen Arbeiter gegen den besitzenden Bürgerstand,<lb/>
das Proletariat gegen die Bourgeoisie aufhetzen will. [ Wieder<lb/>
eine armselige Nachäfferei der Franzosen! ] </p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Berlin 2. December. ( D. Z. ) Der Prinz von Preußen,<lb/>
der heute mit seinem Sohne in der Stadt war und durch die<lb/>
Straßen ritt, ist überall mit Jubel empfangen worden. Es ist<lb/>
das erste Mal seit den Märztagen, daß der Prinz sich so öffentlich<lb/>
in Berlin zeigt.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>&#x261E; Die Berliner Händel, die sich nun schon Wochen lang auf die<lb/>
unerquicklichste Weise hinschleppen, haben endlich ihre gewaltsame<lb/>
Lösung gefunden: &#x201E; <hi rendition="#g">Die zur Vereinbarung einer Ver-<lb/>
fassung für Preußen berufene Versammlung ist<lb/>
aufgelöst;</hi> diese Maßnahme ist durch eine an den König gerich-<lb/>
tete Denkschrift des Staatsministeriums motivirt. &#x201E;Der Preußi-<lb/>
sche Staatsanzeiger&#x201C; veröffentlicht zugleich eine <hi rendition="#g">Verfassungs-<lb/>
urkunde für Preußen,</hi> deren Revision im ordentlichen Wege<lb/>
der Gesetzgebung vorbehalten ist. Zum Behufe dieser Revision<lb/>
sind gemäß der octroyirten Verfassung die beiden Kammern zum<lb/>
26. Februar 1849 nach Berlin einberufen; die Wahlen ( indi-<lb/>
recte ) sollen in der letzten Januarwoche vorgenommen, proviso-<lb/>
rische Wahlgesetze für die erste und zweite Kammer sollen zu die-<lb/>
sem Zwecke noch erlassen werden. Jndem wir uns vorbehalten,<lb/>
die wichtigen Actenstücke nachträglich mitzutheilen, lassen wir die<lb/>
königliche Verordnung folgen, welche die constituirende Versamm-<lb/>
lung für aufgelöst erklärt. Sie lautet:</p><lb/>
          <p>Wir <hi rendition="#g">Friedrich Wilhelm,</hi> von Gottes Gnaden, König<lb/>
von Preußen <choice><abbr>ec.</abbr></choice> <choice><abbr>ec.</abbr></choice> haben aus dem beifolgenden Berichte unseres<lb/>
Staatsministeriums über die letzten Sitzungen der zur Verein-<lb/>
barung der Verfassung berufenen Versammlung zu unserem tiefen<lb/>
Schmerze die Ueberzeugung gewonnen, daß das große Werk, zu<lb/>
welchem die Versammlung berufen ist, mit derselben, ohne Ver-<lb/>
letzung der Würde unserer Krone und ohne Beeinträchtigung des<lb/>
davon unzertrennlichen Wohles des Landes, nicht länger fortge-<lb/>
führt werden kann. Wir verordnen demnach, auf den Antrag un-<lb/>
seres Staatsministeriums, was folgt: §. 1. Die zur Verein-<lb/>
barung der Verfassung berufene Versammlung ist aufgelöst. §. 2.<lb/>
Unser Staatsministerium wird mit Ausführung dieser Verord-<lb/>
nung beauftragt. Urkundlich unter unserer höchsteigenhändi-<lb/><cb n="2"/>
gen Unterschrift und beigedrucktem königlichem Jnsiegel. Gegeben<lb/>
Potsdam den 5. December 1848. <hi rendition="#g">Friedrich Wilhelm.</hi><lb/>
Das Staatsministerium: Graf v. Brandenburg. v. Ladenberg.<lb/>
v. Strotha. v. Manteuffel. Rintelen. v. d. Heydt. [ Der Letz-<lb/>
tere ist der neuernannte Handelsminister. ] </p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Konstanz 3. December. ( Schw. M. ) Die Meßwoche ist<lb/>
ohne die geringste Störung abgelaufen, und von den angekün-<lb/>
digten <hi rendition="#g">Freischärlern,</hi> deren Vereinigungspunkt angeblich<lb/>
einige Stunden von hier in der Schweiz stattfinden sollte, hat<lb/>
sich keine Spur gezeigt. Die Vorsichtsmaßregeln waren also<lb/>
glücklicherweise umsonst. Daß die Truppen dahier einer beab-<lb/>
sichtigten <hi rendition="#g">Grenzsperre</hi> wegen vermehrt wurden, das glaubt<lb/>
Niemand und mag Niemand glauben, denn wir würden viel mehr<lb/>
unter einer solchen Maßregel leiden, als die Schweizer selbst.<lb/>
Das ganze badische Oberland wäre der Verarmung preisgegeben;<lb/>
nur die jenseitigen Freischärler würden jubeln, denn sie sagen<lb/>
es ungescheut, daß ihr Bestreben für jetzt dahin gehen müsse, die<lb/>
Masse der Proletarier möglichst zu vergrößern, wozu schon auch<lb/>
eine fortgesetzte militärische Occupation das ihrige beitrage. &#x2014;<lb/>
Seit einigen Tagen verlautet von einer <hi rendition="#g">Amnestie,</hi> die sich, mit<lb/>
Ausnahme von vier Hauptanführern, auf <hi rendition="#g">Alle</hi> erstrecken solle,<lb/>
welche den ersten Heckerschen Einfall mitgemacht. Kuenzer, der<lb/>
sich seit einigen Tagen hier befindet, soll diese Nachricht mitge-<lb/>
bracht haben. Ob und was an der Sache ist, muß sich bald<lb/>
zeigen.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Kassel 2. December. ( N. C. ) Gestern ist unser neuer <hi rendition="#g">Land-<lb/>
tag</hi> vom Minister des Jnnern im Namen des Kurfürsten eröff-<lb/>
net worden. Es wird sich auf demselben zunächst nur um den<lb/>
neuen Gesetzentwurf über die Zusammensetzung der Ständever-<lb/>
sammlung und die Wahl der Landtagsabgeordneten handeln, wel-<lb/>
cher Gesetzentwurf, da er auf dem kürzlich aufgelösten Landtage<lb/>
nicht Stimmeneinhelligkeit, sondern nur drei Viertheile der Stim-<lb/>
men erlangt hat, noch einmal mit gleicher Stimmenzahl angenom-<lb/>
men werden muß, ehe er zum Gesetze erhoben werden kann. Es<lb/>
hat sich bereits recht deutlich gezeugt, welche Förderungsmittel in<lb/>
der neuen landständischen Geschäftsordnung gewonnen sind. Ob-<lb/>
wohl die Stände erst auf den 28. November einberufen waren,<lb/>
so konnte doch schon gestern die Eröffnung statt finden, indem in<lb/>
zwei Tagen die Legitimationsfragen, die Wahl des Präsidenten<lb/>
und Vicepräsidenten <choice><abbr>ec.</abbr></choice> erledigt waren, womit sonst nicht selten<lb/>
drei bis vier Wochen vergeudet wurden. Zum Präsidenten ist ein-<lb/>
stimmig der Obergerichtsanwalt <hi rendition="#g">Schwarzenberg,</hi> zum Vice-<lb/>
präsidenten Oberpostmeister <hi rendition="#g">Nebelthau</hi> erwählt worden, letz-<lb/>
terer mehr seiner bedeutenden Fähigkeiten, als seines frühern<lb/>
Verhaltens wegen. Ueber die Haltung der neuen Versammlung<lb/>
im Allgemeinen läßt sich noch nichts Bestimmtes angeben: doch hat<lb/>
die demokratische resp. republikanische Partei bedeutend zugenom-<lb/>
men. Die beiden Hanauer Abgeordneten <hi rendition="#g">Rauh</hi> und <hi rendition="#g">Theobald</hi><lb/>
gelten für entschiedene Republikaner; die Gesinnungen <hi rendition="#g">Bayr-<lb/>
hoffers</hi> und des vielfach genannten &#x201E;Social=Föderalisten&#x201C;<lb/><hi rendition="#g">Winkelblech</hi> sind bekannt. Jndessen hat keiner dieser Herren,<lb/>
was Manchem unerwartet gewesen ist, Anstand genommen, den<lb/>
landständischen Eid zu schwören, obwohl dieser für republikani-<lb/>
sche Bestrebungen durchaus keinen Spielraum gewährt. &#x2014; Die<lb/>
Gerüchte über die <hi rendition="#g">Vereinigung der beiden Hessen</hi> <choice><abbr>ec.</abbr></choice><lb/>
erhalten sich, finden aber hier durchaus kein williges Ohr. Man<lb/>
befürchtet für Land und Residenz nur Nachtheile aus einer solchen<lb/>
Vereinigung, da Kurhessen bekanntlich nicht nur schuldenfrei ist,<lb/>
sondern auch noch ein bedeutendes Capitalvermögen besitzt.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Fulda 5. December. Jn den Waldungen des Fürsten von<lb/>
Jsenburg=Birstein hausen Forstfrevler auf das Fürchterlichste,<lb/>
hauen ganze Bestände nieder und bringen das Holz nach Hanau<lb/>
auf den Markt. Um diesen Verwüstungen zu steuern ist von hier<lb/>
eine Abtheilung Jnfanterie nach jener Gegend abgegangen und<lb/>
am 3. d. M. marschirte eine Abtheilung Jäger aus Kassel kom-<lb/>
mend durch unsere Stadt, die einen gleichen Bestimmungsort, wie<lb/>
das hiesige Militär hatte. Die Reise des Kurfürsten von Hessen<lb/>
nach Frankfurt, wo ihn der Reichsverweser sehr freundlich em-<lb/>
pfangen und ihm zu Ehren ein großes Diner gegeben hat, an dem<lb/>
auch der Prinz Adalbert von Preußen Theil nahm, soll mit den<lb/>
Frankfurter Mediatisirungsplänen in Verbindung stehen und eine<lb/>
Vereitelung derselben der eigentliche Zweck der Reise unseres<lb/>
Landesfürsten seyn. Jmmer näher rückt <hi rendition="#g">der Termin der Be-<lb/>
zirksrathswahl</hi> und alle Gemüther beschäftigen sich mit die-<lb/>
sem Ergebnisse. Nach allen Seiten hin sucht man die würdigsten<lb/>
Candidaten zu ermitteln und wie man hört, wird der Fuldaer<lb/>
Volksrath, der einen <hi rendition="#g">höchst löblichen Eifer</hi> für Förderung<lb/>
der Jnteressen Fulda's zeigt, eine Wahlliste für die Wahlmänner<lb/>
aus dem Landgerichtsbezirke Fulda und dem Amte Neuhof auf-<lb/>
stellen. Die <hi rendition="#aq">II</hi>. Abtheilung des Bezirksrathes, gleichfalls aus<lb/>
neun Mitgliedern bestehend, wird von den Höchstbesteuerten in<lb/><cb type="end"/>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0003] gibt nun die Documente der Abdankungserklärung ( vom 1. Dec. ) , der Verzichtleistung des Erzherzogs Franz Karl und der Annahme der Krone durch den Erzherzog Franz Joseph ( vom 2. Dec. ) der Kammer bekannt. Weiter berichtet der Ministerpräsident über die Contrasignirung dieser Documente durch die Minister und die Pro- clamirung des neuen Kaisers. — Der Ministerpräsident bringt dem neuen Kaiser ein Hoch! in welches die Versammlung ein- stimmt. Nun liest derselbe noch das Abschiedsmanifest des abge- tretenen Monarchen und das Antrittsmanifest Sr. Maj. des Kai- sers Franz Joseph I. Se. Majestät Franz Joseph I. hat das Ministerium Schwarzenberg=Stadion bestätigt und den Baron Kulmer in den Ministerrath als Minister ohne Portefeuille aufge- nommen. — Die Reichsversammlung bringt dem constitutionellen Kaiser ein Hoch. H. Neumann macht den Antrag, an den Kaiser Ferdinand, welcher sich Prag zu seiner einstweiligen Residenz ausersehen, eine Deputation zu senden, welche ihm den Dank des Vaterlandes ausdrücken soll. Der Antrag wird angenom- men. H. Mayer trägt darauf an, eine Beglückwünschung an Se. Majestät den Kaiser Franz Joseph I. und eine Dank- adresse an den Kaiser Ferdinand zu richten. Wird angenommen. Auf H. Brauners Vorschlag werden aus jeder Provinz vier Ab- geordnete als Mitglieder der Deputation nach Olmütz abgehen. Die Meinung des Deputirten Borkowsky, diese Adressen mögen vor ihrer Absendung dem Reichstage zur Begutachtung vorgelegt werden, findet keine Unterstützung und man wendet gegen diese Ansicht ein, daß diese Adressen mehr der Ausdruck des Gefühles in einem so wichtigen Momente, als politische Actenstücke seyn sollen. ( Die Sitzung wird aufgehoben. ) Berlin 30. November. ( Const. C. ) Der dem okratische Centralausschuß hat heute ziemlich bedeutende Geldsummen aus dem deutschen Oberlande, namentlich aus Baden, erhalten. Die Demokratie scheint sonach trotz des Belagerungszustandes, trotz des Ministeriums Brandenburg=Manteuffel, vielleicht sogar, weil eben dieses Ministerium da ist, Berlin als den Ausgangs- punkt der deutschen Republik noch nicht aufgegeben zu haben. Während die hiesigen Rothen mehr und mehr den belagerten Umkreis der Stadt verlassen, um ihr Heil in den Provinzen zu versuchen, finden sich die Demokraten vom preußischen Rheine ein, weil dort, wie sie selbst ehrlich genug sind zu gestehen, ihr Reich hoffnungslos zu Ende ist. Der socialistische und communi- stische Theil unserer Bewegungshelden beabsichtigt, nach Auf- hören des Belagerungszustandes die Revolution auf ein anderes Gebiet zu spielen, indem er durch Anstellung von Arbeiterbanketts u. s. w. die besitzlosen Arbeiter gegen den besitzenden Bürgerstand, das Proletariat gegen die Bourgeoisie aufhetzen will. [ Wieder eine armselige Nachäfferei der Franzosen! ] Berlin 2. December. ( D. Z. ) Der Prinz von Preußen, der heute mit seinem Sohne in der Stadt war und durch die Straßen ritt, ist überall mit Jubel empfangen worden. Es ist das erste Mal seit den Märztagen, daß der Prinz sich so öffentlich in Berlin zeigt. ☞ Die Berliner Händel, die sich nun schon Wochen lang auf die unerquicklichste Weise hinschleppen, haben endlich ihre gewaltsame Lösung gefunden: „ Die zur Vereinbarung einer Ver- fassung für Preußen berufene Versammlung ist aufgelöst; diese Maßnahme ist durch eine an den König gerich- tete Denkschrift des Staatsministeriums motivirt. „Der Preußi- sche Staatsanzeiger“ veröffentlicht zugleich eine Verfassungs- urkunde für Preußen, deren Revision im ordentlichen Wege der Gesetzgebung vorbehalten ist. Zum Behufe dieser Revision sind gemäß der octroyirten Verfassung die beiden Kammern zum 26. Februar 1849 nach Berlin einberufen; die Wahlen ( indi- recte ) sollen in der letzten Januarwoche vorgenommen, proviso- rische Wahlgesetze für die erste und zweite Kammer sollen zu die- sem Zwecke noch erlassen werden. Jndem wir uns vorbehalten, die wichtigen Actenstücke nachträglich mitzutheilen, lassen wir die königliche Verordnung folgen, welche die constituirende Versamm- lung für aufgelöst erklärt. Sie lautet: Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen haben aus dem beifolgenden Berichte unseres Staatsministeriums über die letzten Sitzungen der zur Verein- barung der Verfassung berufenen Versammlung zu unserem tiefen Schmerze die Ueberzeugung gewonnen, daß das große Werk, zu welchem die Versammlung berufen ist, mit derselben, ohne Ver- letzung der Würde unserer Krone und ohne Beeinträchtigung des davon unzertrennlichen Wohles des Landes, nicht länger fortge- führt werden kann. Wir verordnen demnach, auf den Antrag un- seres Staatsministeriums, was folgt: §. 1. Die zur Verein- barung der Verfassung berufene Versammlung ist aufgelöst. §. 2. Unser Staatsministerium wird mit Ausführung dieser Verord- nung beauftragt. Urkundlich unter unserer höchsteigenhändi- gen Unterschrift und beigedrucktem königlichem Jnsiegel. Gegeben Potsdam den 5. December 1848. Friedrich Wilhelm. Das Staatsministerium: Graf v. Brandenburg. v. Ladenberg. v. Strotha. v. Manteuffel. Rintelen. v. d. Heydt. [ Der Letz- tere ist der neuernannte Handelsminister. ] Konstanz 3. December. ( Schw. M. ) Die Meßwoche ist ohne die geringste Störung abgelaufen, und von den angekün- digten Freischärlern, deren Vereinigungspunkt angeblich einige Stunden von hier in der Schweiz stattfinden sollte, hat sich keine Spur gezeigt. Die Vorsichtsmaßregeln waren also glücklicherweise umsonst. Daß die Truppen dahier einer beab- sichtigten Grenzsperre wegen vermehrt wurden, das glaubt Niemand und mag Niemand glauben, denn wir würden viel mehr unter einer solchen Maßregel leiden, als die Schweizer selbst. Das ganze badische Oberland wäre der Verarmung preisgegeben; nur die jenseitigen Freischärler würden jubeln, denn sie sagen es ungescheut, daß ihr Bestreben für jetzt dahin gehen müsse, die Masse der Proletarier möglichst zu vergrößern, wozu schon auch eine fortgesetzte militärische Occupation das ihrige beitrage. — Seit einigen Tagen verlautet von einer Amnestie, die sich, mit Ausnahme von vier Hauptanführern, auf Alle erstrecken solle, welche den ersten Heckerschen Einfall mitgemacht. Kuenzer, der sich seit einigen Tagen hier befindet, soll diese Nachricht mitge- bracht haben. Ob und was an der Sache ist, muß sich bald zeigen. Kassel 2. December. ( N. C. ) Gestern ist unser neuer Land- tag vom Minister des Jnnern im Namen des Kurfürsten eröff- net worden. Es wird sich auf demselben zunächst nur um den neuen Gesetzentwurf über die Zusammensetzung der Ständever- sammlung und die Wahl der Landtagsabgeordneten handeln, wel- cher Gesetzentwurf, da er auf dem kürzlich aufgelösten Landtage nicht Stimmeneinhelligkeit, sondern nur drei Viertheile der Stim- men erlangt hat, noch einmal mit gleicher Stimmenzahl angenom- men werden muß, ehe er zum Gesetze erhoben werden kann. Es hat sich bereits recht deutlich gezeugt, welche Förderungsmittel in der neuen landständischen Geschäftsordnung gewonnen sind. Ob- wohl die Stände erst auf den 28. November einberufen waren, so konnte doch schon gestern die Eröffnung statt finden, indem in zwei Tagen die Legitimationsfragen, die Wahl des Präsidenten und Vicepräsidenten erledigt waren, womit sonst nicht selten drei bis vier Wochen vergeudet wurden. Zum Präsidenten ist ein- stimmig der Obergerichtsanwalt Schwarzenberg, zum Vice- präsidenten Oberpostmeister Nebelthau erwählt worden, letz- terer mehr seiner bedeutenden Fähigkeiten, als seines frühern Verhaltens wegen. Ueber die Haltung der neuen Versammlung im Allgemeinen läßt sich noch nichts Bestimmtes angeben: doch hat die demokratische resp. republikanische Partei bedeutend zugenom- men. Die beiden Hanauer Abgeordneten Rauh und Theobald gelten für entschiedene Republikaner; die Gesinnungen Bayr- hoffers und des vielfach genannten „Social=Föderalisten“ Winkelblech sind bekannt. Jndessen hat keiner dieser Herren, was Manchem unerwartet gewesen ist, Anstand genommen, den landständischen Eid zu schwören, obwohl dieser für republikani- sche Bestrebungen durchaus keinen Spielraum gewährt. — Die Gerüchte über die Vereinigung der beiden Hessen erhalten sich, finden aber hier durchaus kein williges Ohr. Man befürchtet für Land und Residenz nur Nachtheile aus einer solchen Vereinigung, da Kurhessen bekanntlich nicht nur schuldenfrei ist, sondern auch noch ein bedeutendes Capitalvermögen besitzt. Fulda 5. December. Jn den Waldungen des Fürsten von Jsenburg=Birstein hausen Forstfrevler auf das Fürchterlichste, hauen ganze Bestände nieder und bringen das Holz nach Hanau auf den Markt. Um diesen Verwüstungen zu steuern ist von hier eine Abtheilung Jnfanterie nach jener Gegend abgegangen und am 3. d. M. marschirte eine Abtheilung Jäger aus Kassel kom- mend durch unsere Stadt, die einen gleichen Bestimmungsort, wie das hiesige Militär hatte. Die Reise des Kurfürsten von Hessen nach Frankfurt, wo ihn der Reichsverweser sehr freundlich em- pfangen und ihm zu Ehren ein großes Diner gegeben hat, an dem auch der Prinz Adalbert von Preußen Theil nahm, soll mit den Frankfurter Mediatisirungsplänen in Verbindung stehen und eine Vereitelung derselben der eigentliche Zweck der Reise unseres Landesfürsten seyn. Jmmer näher rückt der Termin der Be- zirksrathswahl und alle Gemüther beschäftigen sich mit die- sem Ergebnisse. Nach allen Seiten hin sucht man die würdigsten Candidaten zu ermitteln und wie man hört, wird der Fuldaer Volksrath, der einen höchst löblichen Eifer für Förderung der Jnteressen Fulda's zeigt, eine Wahlliste für die Wahlmänner aus dem Landgerichtsbezirke Fulda und dem Amte Neuhof auf- stellen. Die II. Abtheilung des Bezirksrathes, gleichfalls aus neun Mitgliedern bestehend, wird von den Höchstbesteuerten in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal158_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal158_1848/3
Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 158. Mainz, 7. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal158_1848/3>, abgerufen am 21.06.2024.