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Mainzer Journal. Nr. 92. Mainz, 21. September 1848.

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[Beginn Spaltensatz] versammlung gehandelt habe. Es ist unsere Pflicht, darzulegen,
daß wir die Einheit auf gesetzlichem Wege erstreben, und daß wir
die Freiheit des Volkes wollen. Eisenmann bezeichnet die Pro-
stituirung der Nationalversammlung und die Proclamirung der
rothen Republik, als den Zweck des unterdrückten Aufru rs. Da-
rum müsse nicht mit Worten, sondern mit Thaten gesprochen wer-
den. Jst das Vertrauen erschüttert, so ist ein Anschließen an
das Volk dringend nothwendig. Zimmermann von Stuttgart
spricht gegen den Bregleb'schen Antrag, weil derselbe seinen Zweck
nicht erfülle. Zu einer reinen Darstellung der Ereignisse gehöre
Beruhigung der Leidenschaften. Suchen wir Versöhnung und
Frieden im Sinne der letzten Rede eines Abgeordneten, welcher
durch den Tod aus unserer Mitte geschieden ist. Waitz stimmt
mit dem Brieglebschen Antrag nur in so fern überein, als dem
deutschen Volke die die Stellung der Nationalversammlung in
ihrer Gesammtheit vorgefuhrt w rde. Das Eingehen auf die Er-
eignisse dagegen sey die Sache der Behörden. Venedey unter-
stützt den Briegleb'schen Antrag, er findet die gestrigen Beschlüsse
der Reichsversammlung zur Beruhigung des Volkes hinreichend.
Joseph aus Sachsen sucht den Aufruhr in einer Seite zu be-
leuchten, als sey derselbe gefahrlos gewesen. Der Aufruhr stehe
vereinzelt da und die Zahl der Aufständischen sey so gering gewe-
sen, daß es keiner der Maßregeln bedurft hätte, welche das
Reichsministerium getroffen habe. ( Lachen rechts. ) Das Volk
soll aber erfahren, daß es nicht dahin gekommen wäre, wohin
es gekommen ist, wenn das Reichsministerium seine Pflicht zur
rechten Zeit gethan hätte. ( Bravo links, Unruhe rechts. ) v.
Breuning berichtigt als Augenzeuge die Angabe des Vorred-
ners. Rösler aus Oels ist der Meinung, daß ein Majori-
tätsbeschluß zur Aufklärung des Volkes nicht hinreiche. Das
Volk müsse wissen, daß auch die Linke in dieser Sache mitstimme.
Was den Aufstand selbst betreffe, so sey derselbe ein zweck= und
zielloser gewefen. Von den Leitern der sonntägigen Volksver-
sammlung habe sich niemand daran betheiligt. -- Der Briegleb'sche
Antrag wird durch Abstimmung zum Beschlusse erhoben. Noch
machte der Präsident die Mittheilung: Herr Jahn, obgleich
vorgestern großer Gefahr ausgesetzt, befinde sich jetzt wohlbehal-
ten hier, Herr Heckscher, fast am Leben bedroht, und in Höchst
auf die unwürdigste Weise mißhandelt, sey nach Mainz entkom-
men. Eine weitere Mittheilung betrifft das Leichenbegängniß der
Gefallenen, welches morgen um 9 Uhr Vormittags stattfindet.

Wien 16. September. ( A. Z. ) Nachrichten aus Pesth zu-
folge, die eben eintreffen ( 4 Uhr Abends ) , scheint es als sey
es Bathyanyi nicht gelungen ein Ministeri um zu
Stande zu bringen.
Alle Augen sind aufs neue auf Kos-
suth
gerichtet. Szalay rückt mit seiner merkwürdigen Armee,
die er aus Schäfern, Zigeunern und allerlei Waldbewohnern,
auch Räubern, gebildet und mit großen Gabeln und Handbeilen
bewaffnet hat, nach dem Süden, und wird in Croatien ein-
fallen wie Jellachich sich Pesth nähert. Vom Ende dieses Kriegs
wollen wir, wenn Kossuth ans Ruder kommt, in einem Jahre
wieder reden. Hr. v. Pulszky führt als Unterstaatssecretär hier
die laufenden Geschäfte des ungarischen Ministerium der aus-
wärtigen Angelegenheiten fort! -- Die Allg. Oesterr. Zeitg.
meldet in ihrem Abendblatte vom 15. September: Eingetroffenen
Nachrichten zufolge, sind die Türken aus Bosnien und tür-
kisch Croatien in das diesseitige Gebiet mit bedeutender Macht
eingedrungen und haben Cettin besetzt.

# Frankfurt 19. September. Erst jetzt finde ich die Zeit
und Ruhe Jhnen über die traurigen Ereignisse der letzten Tage in
nothdürftigem Zusammenhange zu berichten. Nachdem man am
Samstag Abend den Parlamentsbeschluß über die Waffenstillstands-
annahme vernommen, erfüllte allgemeine Aufregung die Stadt.
Sogleich wurde eine Volksversammlung ausgerufen, welche um 9
Uhr an der Allee stattfand. Man beschloß zu der im deutschen
Hof versammelten Linken zu ziehen, um sie zu fragen, was man
dnternehmen solle. Der Linken wurde also ein Hoch gebracht und
[unleserliches Material - 3 Zeichen fehlen]uie Frage gestellt. Blum dankte und schmeichelte dem Volk in
den gewöhnlichen Phrasen und sagte, er könne noch keine Antwort
ertheilen, bis sie sich berathen hätten. Das Volk rief "Austreten,
sich für permanent erklären!" Blum entgegnete jedoch, sie hätten
zwar heute, wie immer, der Ueberstimmung unterlegen, allein nur
19 Stimmen seyen gegen sie gewesen, daher könnten sie vielleicht auch
die andern für sich gewinnen und seine Ansicht sey, im Parlament
zu bleiben, doch wolle er sich berathen. Simon von Trier erklärte:
nur zwei Wege stehen offen, entweder einen politischen Act zu unter-
nehmen, wozu sie aber das Blut des Volkes verlangten, denn sie
müßten eine Majorität für sich haben, um mit Kraft auftreten zu
können. Auf die Städte Wien und Berlin solle man blicken, dort
könne man etwas lernen, dort stehe das Volk bewaffnet auf ihrer
Seite. Was könne man aber in Frankfurt vom Volk verlangen?
[Spaltenumbruch] Oder wolle man auf die Frankfurter Luft hin etwas riski-
ren? Das zündete, das Volk schien sich bei seiner Ehre angegrif-
fen zu fühlen. Der andere Weg sey der, daß jedes einzelne Parla-
mentsglied, dem es nicht mehr wohl sey im Parlament, wie ihm,
heimreise, dies sey aber kein politifcher Act. Uebrigens sey die Zeit zum
Handeln gekommen, das Volk müsse sich erheben wie in den März-
tagen; nur im Volke ruhe die Kraft des Vaterlandes. Die Linke
bliebe einig. Jetzt solle man sie ruhig berathen lassen, denn dazu
seyen sie eben erst zusammengekommen. Die Menge brachte nun
dem Vaterländischen Verein, Lichnowsky und Heckscher Katzenmu-
siken. Man zog an die Westendhall, wo die Rechte ihren Sitz hat,
begann mit Steinen zu werfen, drang ein, zertrümmerte alle Fen-
ster und Wirthschaftsgeräthe nebst dem Schild mit der Aufschrift:
"Eingang für die Parlamentsmitglieder" und suchte die Rechte,
jedoch vergebens ( da sie sich geflüchtet ) , um sein Mißfallen, Aug'
in Aug', ihr auszudrücken. Darnach zerschlug man die Fenster des
englischen Hofes, worauf Generalmarsch geschlagen wurde und die
Churhessen die Straßen ohne Blutvergießen säuberten. Am Sonn-
tag war die Volksversammlung auf der Pfingstweide, zu welcher,
wie man sagt, Blum selbst das Volk von Mainz holte. Massen
zogen ein in Blousen mit rothen Federn auf den Hüten. Der Be-
schluß war, eine Adresse an das Parlament zu richten, daß alle
die Parlamentsmitglieder, welche für Frieden gestimmt, für ehrlos
erklärt werden sollten. Diese Adresse wurde auch am Montag vor-
gelesen und an den betreffenden Ausschuß überwiesen. Am Sonn-
tag Abend wurden der Linken Hochs gebracht und sie erklärte ih-
rem Anhang, im Parlament bleiben zu wollen. Am Montag früh
war das requirirte Militär um die Paulskirche aufgestellt, man
wollte jedoch unter Bajonetten nicht stimmen. Das Militär zog
sich etwas zurück, das Volk will das Militär aus der Stadt ha-
ben. Ein Deputirter verlangt hierüber vom Parlament, das die
Sache an den Ausschuß überwiesen hat, alsbaldige Entscheidung,
und will in das Gebäude eindringen, wobei vier Personen vom
Militär verwundet wurden. Das Volk alarmirt deßhalb und er-
richtet Barricaden. Die ersten waren zu schwach und wurden bald
genommen. Mächtigere erheben sich an der Zeil, in der Hasen-
gasse, Allerheiligengasse, Breitengasse, Fahrgasse, Judengasse,
Döngesgasse, Schnurgasse, kurz der ganze südwestliche Theil der
Stadt ist verbarricadirt. Preußen und Oesterreicher rücken vor,
während die Churhessen passiv bleiben. Man verbreitete sogar das
Gerücht, man traue ihnen nicht, denn sie schienen dem Plebs ge-
neigt, obgleich sie nichts für ihn thaten. Die Barricadenmänner
waren theils Haufen von hier, theils Sachsenhäuser, Hanauer,
Offenbacher u. s. w. So dauerte der Kampf von 2 bis 5 Uhr,
mit Verlusten für die braven Truppen. Um 5 Uhr geht ein Theil
der Linken mit weißen Tüchern zur Vermittlung mit Bürgern an
die Barricaden, wie man sagt auf Antrag des Reichsverwesers,
welcher Vermittelung wünschte, während das Ministerium Unter-
drückung mit Gewalt verlangte. Ein Waffenstillstand wurde abge-
schlossen. Unterdessen war die Darmstädter Artillerie angekom-
men und um 7 Uhr beginnt der Kampf aufs Neue. Die Barrika-
den werden mittels Kartätschen genommen und erst um 9 Uhr
hörte das Schießen auf. Lichnowsky ritt mit Auerswald
auf die Pfingstweide, sie werden von den Jnsurgenten verfolgt, Lich-
nowsky stürzt von einer Kugel getroffen. Man bindet ihn nun trotz
allen Bitten an eine Fahne ( s. unten ) , nimmt ihn zum Ziel und ermor-
det ihn meuchlings mit 4 Kugeln. Er wollte ein Testament machen,
man ließ es nicht zu. Ein betheiligter Turner ist ergriffen. Au-
erswald
schlug man mit Stöcken todt. Heckscher flüchtete sich
nach Höchst, man wollte auch ihn niedermetzeln, da nimmt sich der
bessere Theil seiner an, mit Geld unterstützt flieht er weiter,
wohin weiß man nicht. Als am Montag Generalmarsch ge-
schlagen wurde, erschienen vom Bürgermilitär nur Einzelne.
Die Bürgercavalerie patroullirte, wo kein Feind war, oder ritt
vielmehr, schön geputzt, spazieren. Bei den Jnsurgenten sollen
sich viele Juden betheiligt, ein Jude soll Geld ausgetheilt haben.
An ihrer Spitze stand Metternich ( er soll heute frei in Offen-
bach gesehen worden seyn ) , Hoffmann von Hochheim und
Reinach von Frankfurt. Der Abgeordnete Bodien ritt um-
her, um Friede zu vermitteln, und als er von Männern der Lin-
ken, denen er begegnete, Vermittelung forderte, verweigern diese
ihre Vermittelung, denn es sey die Zeit zum Handeln gekommen.
Er sagt, er würde sie morgen an die Plätze der Greuel führen;
allein Alles umsonst. Das Militär war gemäßigt und nahm
viele Barricaden ohne Schuß, obgleich man aus den Häusern
feuerte und mit Pflastersteinen warf. Zwei Dienstmädchen sind
auch gefallen und manche Nichtbetheiligte. Jn der Judengasse
wollte man plündernd einbrechen, allein man konnte noch Maß-
regeln dagegen ergreifen. Mehrere Häuser sind durch das
Schießen ganz demolirt. Ein Bürger hatte voll Entzücken einen
Oesterreicher umarmt, dieser versteht es falsch und will ihn arre-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] versammlung gehandelt habe. Es ist unsere Pflicht, darzulegen,
daß wir die Einheit auf gesetzlichem Wege erstreben, und daß wir
die Freiheit des Volkes wollen. Eisenmann bezeichnet die Pro-
stituirung der Nationalversammlung und die Proclamirung der
rothen Republik, als den Zweck des unterdrückten Aufru rs. Da-
rum müsse nicht mit Worten, sondern mit Thaten gesprochen wer-
den. Jst das Vertrauen erschüttert, so ist ein Anschließen an
das Volk dringend nothwendig. Zimmermann von Stuttgart
spricht gegen den Bregleb'schen Antrag, weil derselbe seinen Zweck
nicht erfülle. Zu einer reinen Darstellung der Ereignisse gehöre
Beruhigung der Leidenschaften. Suchen wir Versöhnung und
Frieden im Sinne der letzten Rede eines Abgeordneten, welcher
durch den Tod aus unserer Mitte geschieden ist. Waitz stimmt
mit dem Brieglebschen Antrag nur in so fern überein, als dem
deutschen Volke die die Stellung der Nationalversammlung in
ihrer Gesammtheit vorgefuhrt w rde. Das Eingehen auf die Er-
eignisse dagegen sey die Sache der Behörden. Venedey unter-
stützt den Briegleb'schen Antrag, er findet die gestrigen Beschlüsse
der Reichsversammlung zur Beruhigung des Volkes hinreichend.
Joseph aus Sachsen sucht den Aufruhr in einer Seite zu be-
leuchten, als sey derselbe gefahrlos gewesen. Der Aufruhr stehe
vereinzelt da und die Zahl der Aufständischen sey so gering gewe-
sen, daß es keiner der Maßregeln bedurft hätte, welche das
Reichsministerium getroffen habe. ( Lachen rechts. ) Das Volk
soll aber erfahren, daß es nicht dahin gekommen wäre, wohin
es gekommen ist, wenn das Reichsministerium seine Pflicht zur
rechten Zeit gethan hätte. ( Bravo links, Unruhe rechts. ) v.
Breuning berichtigt als Augenzeuge die Angabe des Vorred-
ners. Rösler aus Oels ist der Meinung, daß ein Majori-
tätsbeschluß zur Aufklärung des Volkes nicht hinreiche. Das
Volk müsse wissen, daß auch die Linke in dieser Sache mitstimme.
Was den Aufstand selbst betreffe, so sey derselbe ein zweck= und
zielloser gewefen. Von den Leitern der sonntägigen Volksver-
sammlung habe sich niemand daran betheiligt. — Der Briegleb'sche
Antrag wird durch Abstimmung zum Beschlusse erhoben. Noch
machte der Präsident die Mittheilung: Herr Jahn, obgleich
vorgestern großer Gefahr ausgesetzt, befinde sich jetzt wohlbehal-
ten hier, Herr Heckscher, fast am Leben bedroht, und in Höchst
auf die unwürdigste Weise mißhandelt, sey nach Mainz entkom-
men. Eine weitere Mittheilung betrifft das Leichenbegängniß der
Gefallenen, welches morgen um 9 Uhr Vormittags stattfindet.

Wien 16. September. ( A. Z. ) Nachrichten aus Pesth zu-
folge, die eben eintreffen ( 4 Uhr Abends ) , scheint es als sey
es Bathyanyi nicht gelungen ein Ministeri um zu
Stande zu bringen.
Alle Augen sind aufs neue auf Kos-
suth
gerichtet. Szalay rückt mit seiner merkwürdigen Armee,
die er aus Schäfern, Zigeunern und allerlei Waldbewohnern,
auch Räubern, gebildet und mit großen Gabeln und Handbeilen
bewaffnet hat, nach dem Süden, und wird in Croatien ein-
fallen wie Jellachich sich Pesth nähert. Vom Ende dieses Kriegs
wollen wir, wenn Kossuth ans Ruder kommt, in einem Jahre
wieder reden. Hr. v. Pulszky führt als Unterstaatssecretär hier
die laufenden Geschäfte des ungarischen Ministerium der aus-
wärtigen Angelegenheiten fort! — Die Allg. Oesterr. Zeitg.
meldet in ihrem Abendblatte vom 15. September: Eingetroffenen
Nachrichten zufolge, sind die Türken aus Bosnien und tür-
kisch Croatien in das diesseitige Gebiet mit bedeutender Macht
eingedrungen und haben Cettin besetzt.

□ Frankfurt 19. September. Erst jetzt finde ich die Zeit
und Ruhe Jhnen über die traurigen Ereignisse der letzten Tage in
nothdürftigem Zusammenhange zu berichten. Nachdem man am
Samstag Abend den Parlamentsbeschluß über die Waffenstillstands-
annahme vernommen, erfüllte allgemeine Aufregung die Stadt.
Sogleich wurde eine Volksversammlung ausgerufen, welche um 9
Uhr an der Allee stattfand. Man beschloß zu der im deutschen
Hof versammelten Linken zu ziehen, um sie zu fragen, was man
dnternehmen solle. Der Linken wurde also ein Hoch gebracht und
[unleserliches Material – 3 Zeichen fehlen]uie Frage gestellt. Blum dankte und schmeichelte dem Volk in
den gewöhnlichen Phrasen und sagte, er könne noch keine Antwort
ertheilen, bis sie sich berathen hätten. Das Volk rief „Austreten,
sich für permanent erklären!“ Blum entgegnete jedoch, sie hätten
zwar heute, wie immer, der Ueberstimmung unterlegen, allein nur
19 Stimmen seyen gegen sie gewesen, daher könnten sie vielleicht auch
die andern für sich gewinnen und seine Ansicht sey, im Parlament
zu bleiben, doch wolle er sich berathen. Simon von Trier erklärte:
nur zwei Wege stehen offen, entweder einen politischen Act zu unter-
nehmen, wozu sie aber das Blut des Volkes verlangten, denn sie
müßten eine Majorität für sich haben, um mit Kraft auftreten zu
können. Auf die Städte Wien und Berlin solle man blicken, dort
könne man etwas lernen, dort stehe das Volk bewaffnet auf ihrer
Seite. Was könne man aber in Frankfurt vom Volk verlangen?
[Spaltenumbruch] Oder wolle man auf die Frankfurter Luft hin etwas riski-
ren? Das zündete, das Volk schien sich bei seiner Ehre angegrif-
fen zu fühlen. Der andere Weg sey der, daß jedes einzelne Parla-
mentsglied, dem es nicht mehr wohl sey im Parlament, wie ihm,
heimreise, dies sey aber kein politifcher Act. Uebrigens sey die Zeit zum
Handeln gekommen, das Volk müsse sich erheben wie in den März-
tagen; nur im Volke ruhe die Kraft des Vaterlandes. Die Linke
bliebe einig. Jetzt solle man sie ruhig berathen lassen, denn dazu
seyen sie eben erst zusammengekommen. Die Menge brachte nun
dem Vaterländischen Verein, Lichnowsky und Heckscher Katzenmu-
siken. Man zog an die Westendhall, wo die Rechte ihren Sitz hat,
begann mit Steinen zu werfen, drang ein, zertrümmerte alle Fen-
ster und Wirthschaftsgeräthe nebst dem Schild mit der Aufschrift:
„Eingang für die Parlamentsmitglieder“ und suchte die Rechte,
jedoch vergebens ( da sie sich geflüchtet ) , um sein Mißfallen, Aug'
in Aug', ihr auszudrücken. Darnach zerschlug man die Fenster des
englischen Hofes, worauf Generalmarsch geschlagen wurde und die
Churhessen die Straßen ohne Blutvergießen säuberten. Am Sonn-
tag war die Volksversammlung auf der Pfingstweide, zu welcher,
wie man sagt, Blum selbst das Volk von Mainz holte. Massen
zogen ein in Blousen mit rothen Federn auf den Hüten. Der Be-
schluß war, eine Adresse an das Parlament zu richten, daß alle
die Parlamentsmitglieder, welche für Frieden gestimmt, für ehrlos
erklärt werden sollten. Diese Adresse wurde auch am Montag vor-
gelesen und an den betreffenden Ausschuß überwiesen. Am Sonn-
tag Abend wurden der Linken Hochs gebracht und sie erklärte ih-
rem Anhang, im Parlament bleiben zu wollen. Am Montag früh
war das requirirte Militär um die Paulskirche aufgestellt, man
wollte jedoch unter Bajonetten nicht stimmen. Das Militär zog
sich etwas zurück, das Volk will das Militär aus der Stadt ha-
ben. Ein Deputirter verlangt hierüber vom Parlament, das die
Sache an den Ausschuß überwiesen hat, alsbaldige Entscheidung,
und will in das Gebäude eindringen, wobei vier Personen vom
Militär verwundet wurden. Das Volk alarmirt deßhalb und er-
richtet Barricaden. Die ersten waren zu schwach und wurden bald
genommen. Mächtigere erheben sich an der Zeil, in der Hasen-
gasse, Allerheiligengasse, Breitengasse, Fahrgasse, Judengasse,
Döngesgasse, Schnurgasse, kurz der ganze südwestliche Theil der
Stadt ist verbarricadirt. Preußen und Oesterreicher rücken vor,
während die Churhessen passiv bleiben. Man verbreitete sogar das
Gerücht, man traue ihnen nicht, denn sie schienen dem Plebs ge-
neigt, obgleich sie nichts für ihn thaten. Die Barricadenmänner
waren theils Haufen von hier, theils Sachsenhäuser, Hanauer,
Offenbacher u. s. w. So dauerte der Kampf von 2 bis 5 Uhr,
mit Verlusten für die braven Truppen. Um 5 Uhr geht ein Theil
der Linken mit weißen Tüchern zur Vermittlung mit Bürgern an
die Barricaden, wie man sagt auf Antrag des Reichsverwesers,
welcher Vermittelung wünschte, während das Ministerium Unter-
drückung mit Gewalt verlangte. Ein Waffenstillstand wurde abge-
schlossen. Unterdessen war die Darmstädter Artillerie angekom-
men und um 7 Uhr beginnt der Kampf aufs Neue. Die Barrika-
den werden mittels Kartätschen genommen und erst um 9 Uhr
hörte das Schießen auf. Lichnowsky ritt mit Auerswald
auf die Pfingstweide, sie werden von den Jnsurgenten verfolgt, Lich-
nowsky stürzt von einer Kugel getroffen. Man bindet ihn nun trotz
allen Bitten an eine Fahne ( s. unten ) , nimmt ihn zum Ziel und ermor-
det ihn meuchlings mit 4 Kugeln. Er wollte ein Testament machen,
man ließ es nicht zu. Ein betheiligter Turner ist ergriffen. Au-
erswald
schlug man mit Stöcken todt. Heckscher flüchtete sich
nach Höchst, man wollte auch ihn niedermetzeln, da nimmt sich der
bessere Theil seiner an, mit Geld unterstützt flieht er weiter,
wohin weiß man nicht. Als am Montag Generalmarsch ge-
schlagen wurde, erschienen vom Bürgermilitär nur Einzelne.
Die Bürgercavalerie patroullirte, wo kein Feind war, oder ritt
vielmehr, schön geputzt, spazieren. Bei den Jnsurgenten sollen
sich viele Juden betheiligt, ein Jude soll Geld ausgetheilt haben.
An ihrer Spitze stand Metternich ( er soll heute frei in Offen-
bach gesehen worden seyn ) , Hoffmann von Hochheim und
Reinach von Frankfurt. Der Abgeordnete Bodien ritt um-
her, um Friede zu vermitteln, und als er von Männern der Lin-
ken, denen er begegnete, Vermittelung forderte, verweigern diese
ihre Vermittelung, denn es sey die Zeit zum Handeln gekommen.
Er sagt, er würde sie morgen an die Plätze der Greuel führen;
allein Alles umsonst. Das Militär war gemäßigt und nahm
viele Barricaden ohne Schuß, obgleich man aus den Häusern
feuerte und mit Pflastersteinen warf. Zwei Dienstmädchen sind
auch gefallen und manche Nichtbetheiligte. Jn der Judengasse
wollte man plündernd einbrechen, allein man konnte noch Maß-
regeln dagegen ergreifen. Mehrere Häuser sind durch das
Schießen ganz demolirt. Ein Bürger hatte voll Entzücken einen
Oesterreicher umarmt, dieser versteht es falsch und will ihn arre-
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Oesterreicher umarmt, dieser versteht es falsch und will ihn arre-<lb/><cb type="end"/>
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[0003] versammlung gehandelt habe. Es ist unsere Pflicht, darzulegen, daß wir die Einheit auf gesetzlichem Wege erstreben, und daß wir die Freiheit des Volkes wollen. Eisenmann bezeichnet die Pro- stituirung der Nationalversammlung und die Proclamirung der rothen Republik, als den Zweck des unterdrückten Aufru rs. Da- rum müsse nicht mit Worten, sondern mit Thaten gesprochen wer- den. Jst das Vertrauen erschüttert, so ist ein Anschließen an das Volk dringend nothwendig. Zimmermann von Stuttgart spricht gegen den Bregleb'schen Antrag, weil derselbe seinen Zweck nicht erfülle. Zu einer reinen Darstellung der Ereignisse gehöre Beruhigung der Leidenschaften. Suchen wir Versöhnung und Frieden im Sinne der letzten Rede eines Abgeordneten, welcher durch den Tod aus unserer Mitte geschieden ist. Waitz stimmt mit dem Brieglebschen Antrag nur in so fern überein, als dem deutschen Volke die die Stellung der Nationalversammlung in ihrer Gesammtheit vorgefuhrt w rde. Das Eingehen auf die Er- eignisse dagegen sey die Sache der Behörden. Venedey unter- stützt den Briegleb'schen Antrag, er findet die gestrigen Beschlüsse der Reichsversammlung zur Beruhigung des Volkes hinreichend. Joseph aus Sachsen sucht den Aufruhr in einer Seite zu be- leuchten, als sey derselbe gefahrlos gewesen. Der Aufruhr stehe vereinzelt da und die Zahl der Aufständischen sey so gering gewe- sen, daß es keiner der Maßregeln bedurft hätte, welche das Reichsministerium getroffen habe. ( Lachen rechts. ) Das Volk soll aber erfahren, daß es nicht dahin gekommen wäre, wohin es gekommen ist, wenn das Reichsministerium seine Pflicht zur rechten Zeit gethan hätte. ( Bravo links, Unruhe rechts. ) v. Breuning berichtigt als Augenzeuge die Angabe des Vorred- ners. Rösler aus Oels ist der Meinung, daß ein Majori- tätsbeschluß zur Aufklärung des Volkes nicht hinreiche. Das Volk müsse wissen, daß auch die Linke in dieser Sache mitstimme. Was den Aufstand selbst betreffe, so sey derselbe ein zweck= und zielloser gewefen. Von den Leitern der sonntägigen Volksver- sammlung habe sich niemand daran betheiligt. — Der Briegleb'sche Antrag wird durch Abstimmung zum Beschlusse erhoben. Noch machte der Präsident die Mittheilung: Herr Jahn, obgleich vorgestern großer Gefahr ausgesetzt, befinde sich jetzt wohlbehal- ten hier, Herr Heckscher, fast am Leben bedroht, und in Höchst auf die unwürdigste Weise mißhandelt, sey nach Mainz entkom- men. Eine weitere Mittheilung betrifft das Leichenbegängniß der Gefallenen, welches morgen um 9 Uhr Vormittags stattfindet. Wien 16. September. ( A. Z. ) Nachrichten aus Pesth zu- folge, die eben eintreffen ( 4 Uhr Abends ) , scheint es als sey es Bathyanyi nicht gelungen ein Ministeri um zu Stande zu bringen. Alle Augen sind aufs neue auf Kos- suth gerichtet. Szalay rückt mit seiner merkwürdigen Armee, die er aus Schäfern, Zigeunern und allerlei Waldbewohnern, auch Räubern, gebildet und mit großen Gabeln und Handbeilen bewaffnet hat, nach dem Süden, und wird in Croatien ein- fallen wie Jellachich sich Pesth nähert. Vom Ende dieses Kriegs wollen wir, wenn Kossuth ans Ruder kommt, in einem Jahre wieder reden. Hr. v. Pulszky führt als Unterstaatssecretär hier die laufenden Geschäfte des ungarischen Ministerium der aus- wärtigen Angelegenheiten fort! — Die Allg. Oesterr. Zeitg. meldet in ihrem Abendblatte vom 15. September: Eingetroffenen Nachrichten zufolge, sind die Türken aus Bosnien und tür- kisch Croatien in das diesseitige Gebiet mit bedeutender Macht eingedrungen und haben Cettin besetzt. □ Frankfurt 19. September. Erst jetzt finde ich die Zeit und Ruhe Jhnen über die traurigen Ereignisse der letzten Tage in nothdürftigem Zusammenhange zu berichten. Nachdem man am Samstag Abend den Parlamentsbeschluß über die Waffenstillstands- annahme vernommen, erfüllte allgemeine Aufregung die Stadt. Sogleich wurde eine Volksversammlung ausgerufen, welche um 9 Uhr an der Allee stattfand. Man beschloß zu der im deutschen Hof versammelten Linken zu ziehen, um sie zu fragen, was man dnternehmen solle. Der Linken wurde also ein Hoch gebracht und ___uie Frage gestellt. Blum dankte und schmeichelte dem Volk in den gewöhnlichen Phrasen und sagte, er könne noch keine Antwort ertheilen, bis sie sich berathen hätten. Das Volk rief „Austreten, sich für permanent erklären!“ Blum entgegnete jedoch, sie hätten zwar heute, wie immer, der Ueberstimmung unterlegen, allein nur 19 Stimmen seyen gegen sie gewesen, daher könnten sie vielleicht auch die andern für sich gewinnen und seine Ansicht sey, im Parlament zu bleiben, doch wolle er sich berathen. Simon von Trier erklärte: nur zwei Wege stehen offen, entweder einen politischen Act zu unter- nehmen, wozu sie aber das Blut des Volkes verlangten, denn sie müßten eine Majorität für sich haben, um mit Kraft auftreten zu können. Auf die Städte Wien und Berlin solle man blicken, dort könne man etwas lernen, dort stehe das Volk bewaffnet auf ihrer Seite. Was könne man aber in Frankfurt vom Volk verlangen? Oder wolle man auf die Frankfurter Luft hin etwas riski- ren? Das zündete, das Volk schien sich bei seiner Ehre angegrif- fen zu fühlen. Der andere Weg sey der, daß jedes einzelne Parla- mentsglied, dem es nicht mehr wohl sey im Parlament, wie ihm, heimreise, dies sey aber kein politifcher Act. Uebrigens sey die Zeit zum Handeln gekommen, das Volk müsse sich erheben wie in den März- tagen; nur im Volke ruhe die Kraft des Vaterlandes. Die Linke bliebe einig. Jetzt solle man sie ruhig berathen lassen, denn dazu seyen sie eben erst zusammengekommen. Die Menge brachte nun dem Vaterländischen Verein, Lichnowsky und Heckscher Katzenmu- siken. Man zog an die Westendhall, wo die Rechte ihren Sitz hat, begann mit Steinen zu werfen, drang ein, zertrümmerte alle Fen- ster und Wirthschaftsgeräthe nebst dem Schild mit der Aufschrift: „Eingang für die Parlamentsmitglieder“ und suchte die Rechte, jedoch vergebens ( da sie sich geflüchtet ) , um sein Mißfallen, Aug' in Aug', ihr auszudrücken. Darnach zerschlug man die Fenster des englischen Hofes, worauf Generalmarsch geschlagen wurde und die Churhessen die Straßen ohne Blutvergießen säuberten. Am Sonn- tag war die Volksversammlung auf der Pfingstweide, zu welcher, wie man sagt, Blum selbst das Volk von Mainz holte. Massen zogen ein in Blousen mit rothen Federn auf den Hüten. Der Be- schluß war, eine Adresse an das Parlament zu richten, daß alle die Parlamentsmitglieder, welche für Frieden gestimmt, für ehrlos erklärt werden sollten. Diese Adresse wurde auch am Montag vor- gelesen und an den betreffenden Ausschuß überwiesen. Am Sonn- tag Abend wurden der Linken Hochs gebracht und sie erklärte ih- rem Anhang, im Parlament bleiben zu wollen. Am Montag früh war das requirirte Militär um die Paulskirche aufgestellt, man wollte jedoch unter Bajonetten nicht stimmen. Das Militär zog sich etwas zurück, das Volk will das Militär aus der Stadt ha- ben. Ein Deputirter verlangt hierüber vom Parlament, das die Sache an den Ausschuß überwiesen hat, alsbaldige Entscheidung, und will in das Gebäude eindringen, wobei vier Personen vom Militär verwundet wurden. Das Volk alarmirt deßhalb und er- richtet Barricaden. Die ersten waren zu schwach und wurden bald genommen. Mächtigere erheben sich an der Zeil, in der Hasen- gasse, Allerheiligengasse, Breitengasse, Fahrgasse, Judengasse, Döngesgasse, Schnurgasse, kurz der ganze südwestliche Theil der Stadt ist verbarricadirt. Preußen und Oesterreicher rücken vor, während die Churhessen passiv bleiben. Man verbreitete sogar das Gerücht, man traue ihnen nicht, denn sie schienen dem Plebs ge- neigt, obgleich sie nichts für ihn thaten. Die Barricadenmänner waren theils Haufen von hier, theils Sachsenhäuser, Hanauer, Offenbacher u. s. w. So dauerte der Kampf von 2 bis 5 Uhr, mit Verlusten für die braven Truppen. Um 5 Uhr geht ein Theil der Linken mit weißen Tüchern zur Vermittlung mit Bürgern an die Barricaden, wie man sagt auf Antrag des Reichsverwesers, welcher Vermittelung wünschte, während das Ministerium Unter- drückung mit Gewalt verlangte. Ein Waffenstillstand wurde abge- schlossen. Unterdessen war die Darmstädter Artillerie angekom- men und um 7 Uhr beginnt der Kampf aufs Neue. Die Barrika- den werden mittels Kartätschen genommen und erst um 9 Uhr hörte das Schießen auf. Lichnowsky ritt mit Auerswald auf die Pfingstweide, sie werden von den Jnsurgenten verfolgt, Lich- nowsky stürzt von einer Kugel getroffen. Man bindet ihn nun trotz allen Bitten an eine Fahne ( s. unten ) , nimmt ihn zum Ziel und ermor- det ihn meuchlings mit 4 Kugeln. Er wollte ein Testament machen, man ließ es nicht zu. Ein betheiligter Turner ist ergriffen. Au- erswald schlug man mit Stöcken todt. Heckscher flüchtete sich nach Höchst, man wollte auch ihn niedermetzeln, da nimmt sich der bessere Theil seiner an, mit Geld unterstützt flieht er weiter, wohin weiß man nicht. Als am Montag Generalmarsch ge- schlagen wurde, erschienen vom Bürgermilitär nur Einzelne. Die Bürgercavalerie patroullirte, wo kein Feind war, oder ritt vielmehr, schön geputzt, spazieren. Bei den Jnsurgenten sollen sich viele Juden betheiligt, ein Jude soll Geld ausgetheilt haben. An ihrer Spitze stand Metternich ( er soll heute frei in Offen- bach gesehen worden seyn ) , Hoffmann von Hochheim und Reinach von Frankfurt. Der Abgeordnete Bodien ritt um- her, um Friede zu vermitteln, und als er von Männern der Lin- ken, denen er begegnete, Vermittelung forderte, verweigern diese ihre Vermittelung, denn es sey die Zeit zum Handeln gekommen. Er sagt, er würde sie morgen an die Plätze der Greuel führen; allein Alles umsonst. Das Militär war gemäßigt und nahm viele Barricaden ohne Schuß, obgleich man aus den Häusern feuerte und mit Pflastersteinen warf. Zwei Dienstmädchen sind auch gefallen und manche Nichtbetheiligte. Jn der Judengasse wollte man plündernd einbrechen, allein man konnte noch Maß- regeln dagegen ergreifen. Mehrere Häuser sind durch das Schießen ganz demolirt. Ein Bürger hatte voll Entzücken einen Oesterreicher umarmt, dieser versteht es falsch und will ihn arre-

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Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 92. Mainz, 21. September 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal092_1848/3>, abgerufen am 03.12.2024.