Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mainzer Journal. Nr. 58. Mainz, 13. August 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] bei Erledigung des Reiches hätten thun müssen: sie ernannten
einen Vollzieher der Gesetze, einen Verweser des Reiches." Noch
Mehreres fügte der Redner bei, was ich aber, um nicht zu weit-
läufig zu werden, übergehe. Er schloß, nach Verlesung des
Aufrufs des Reichsverwesers an das deutsche Volk vom 15. Juli
d. J., mit einem dreimaligen Lebehoch auf diesen Reichsverweser,
diesen Beschützer unseres Rechts und unserer Freiheit, den Gott
segnen wolle in allen Handlungen seiner Regierung und an seiner
Person! Jn Freude ging der Nachmittag hin. Damit aber auch die
Armen und minder Bemittelten dieses Tages noch insbesondere in
ihren Wohnungen froh werden könnten, ohne sich sonst wehe thun
zu müssen, hatte ein Verein von Patrioten für reichliche Geld-
spenden Sorge getragen. Möge dem gesammten Vaterlande und
mit demselben uns im "goldenen Grunde," denn so nennt man
unser Thal wegen des ergiebigen Bodens, recht bald auch der
Segen der wahren Freiheit werden!

Jtalien.

Mailand 8. August. ( Bas. Z. ) Vor den Thoren haben
wir entsetzliche Verheerungen: Karl Albert ließ die schönsten Land-
güter in Flammen aufgehen. Niemals war Mailand in so großer
Gefahr wie letzten Samstag Abend, denn von drei Seiten war
die Stadt bedroht: von Karl Albert selbst, der in der Stadt
war; als man die Capitulation vernahm, gerieth das Volk in
Wuth, man bestürmte seine Wohnung, es gingen Schüsse und
wir waren auf dem Punkte die Piemontesen ihre Gewehre an-
schlagen zu sehen; zweitens aber schickte sich das niedere Volk
( nicht das Militär ) zur Plünderung an, und wurden bereits
einige Paläste rein ausgeplündert; drittens endlich waren die
österreichischen Truppen vor den Thoren. Sie können sich vor-
stellen, wie uns zu Muthe war. Unsere Stadt ist nun wie eine
Einöde geworden; von Geschäften und Jncassi ist keine Rede,
weil der größte Theil der Handlungshäuser und ihre Cassen ge-
schlossen sind, wegen Entferung der Prinzipale. Proteste können
keine erhoben werden, und wir erwarten stündlich eine dieß-
fallsige Verordnung. Das Militär campirt auf dem Castelplatz
und auf den Bastionen, das Generalcommando stationirt in der
Villa. Die Thore sind offen. Verschiedene Proclamationen sind
gestern erschienen, welche Folgendes bekannt machen: Die Na-
tionalgarde ist aufgelöst. -- Alle Waffen müssen bei strenger
Ahndung binnen 24 Stunden abgeliefert werden. -- Der Salzpreis
ist vermindert. -- Das Eigenthum der Bewohner ist gesichert. --
Versammlungen auf den Straßen und unschickliche politische
Aeußerungen an öffentlichen Orten sind untersagt. Der Stempel
soll bedeutend vermindert werden. Es ist aus diesen Verfug-
ungen wahrzunehmen daß man gelinde und zum Vortheil der
ärmern Klasse zu Werke geht, und wir hoffen, daß jeden Tag
noch etwas Besseres kommen werde. Die vornehmen Herren
allein werden mitgenommen.

Nach der "Eidg. Ztg." ist der Stadt Mailand eine Kriegs-
steuer von dreißig Millionen Lire auferlegt ( ? ) .

Ein Bericht des schweizerischen Generalconsuls in Mailand
an den Vorort erzählt die Vorgänge vor und nach der Capitula-
tion folgendermaßen:

"Die Besetzung von Mailand durch die österreichischen Trup-
pen ist eine vollendete Thatsache. Gestern ( 6. ) Mittag zog der
Feldmarschall Radetzky in Folge einer Convention, die am 5. mit
dem König von Sardinien abgeschlossen wurde, in die Stadt ein.
Am 3. und 4. ließen die Piemontesen, die vor Mailand Position
nahmen, wie es heißt noch 45,000 Mann stark, bedentende Ver-
theidigungsanstalten in und um die Stadt errichten; man verbrannte
viele Häuser, die der Vertheidigung hinderlich waren, hieb die Bäu-
me um, zog Gräben und lud die Bevölkerung ein, sich zu ver-
theidigen und alle Maßregeln darnach zu ergreifen. Am 4. gegen
4 Uhr Abends fing man an den ganzen äußeren und einen
großen Theil der innern Stadt zu verbarrikadiren und die Be-
völkerung gab noch einen Beweis ihrer begeisterten Stimm-
ung, indem sie in wenigen Stunden eine furchtbare Position
zur Vertheidigung bildete. Am 5. früh Morgens verbreitete
sich die Nachricht durch die Stadt, daß der König von Sar-
dinien für sich und seine Armee, die in der That vernichtet und im
Zustand der traurigsten Zerrüttung war, capitulirt und nichts für
die Stadt erlangt habe, als das Versprechen, daß sie geschont
werden solle, ohne irgend eine Garantie für die Personen. Der
Ruf: "Verrath" erhob sich überall und einige Stunden befan-
den wir uns ohne Behörden mitten unter einer verzweifelten
Bevölkerung, die sich Exzessen hinzugeben drohte. Viele Bürger
begaben sich nach der Wohnung des Königs, um seine Ab-
reise zu verhindern, die er erst um Mitternacht bewerkstelligen
konnte, nachdem es den Truppen, die sich in Pelotons der
Wohnung näherten, gelungen war, sich der Umgegend zu be-
[Spaltenumbruch] meistern." Jn dem Bericht werden ferner die Schritte der ver-
schiedenen Consuln mitgetheilt, um ihren Angehörigen freien
Fortzug auszuwirken. Auch alle Schweizer, die aus der Stadt
ziehen wollten, erhielten sicheres Geleite. Eine zahlreiche Kolonne
zog am 6. Morgens durch das Verzelliner Thor auf der großen
Straße nach Moggenta ab, die gemäß der Capitulation allen
Denen offen stand, die fortgehen wollten. Die österreichischen
Truppen -- heißt es im Bericht -- haben bis dahin strenge
Kriegszucht gehalten und noch ist kein Akt der Willkür zu meiner
Kennntniß gelangt. Die Stadt ist in Belagerungszustand erklärt.

Frankreich.

*** Paris 11. August. Jn der gestrigen Sitzung der Natio-
nalversammlung kam es bereits zu Jnterpellationen über die ita-
lienischen Angelegenheiten, auf welche der Minister des Aus-
wärtigen erklärte: er hoffe, daß die französisch=englische Vermit-
telung zur Wiederherstellung des Friedens in Jtalien führen werde,
-- jedes weitere Eingehen in die Sache aber verweigerte. Am
richtigsten wird die Lage der Dinge wohl von den englischen Blät-
tern beurtheilt. So bemerkt z. B. der "Globe," eine bewaffnete
französische Jntervention in Jtalien werde in ihren entfernten
Folgen entweder zur Wiederherstellung der Monarchie in
Frankreich, oder zur Vernichtung jenes Schattenbildes von
Monarchie führen, welches dermalen noch in Deutschland bestehe.
Der "Globe" hält übrigens das Erstere für das Wahrschein-
lichste. Was die Franzosen betrifft, so verhehlt sich die große
Majorität der Nation die Schwierigkeit der Lage durchaus nicht
und man ist allgemein überzeugt, daß ein bewaffnetes Einschrei-
ten in Jtalien weiter nichts als eine große Coalition gegen Frank-
reich, den Untergang der Republik und die Wiederherstellung des
Absolutismus in Deutschland herbeiführen werde.

Großbritannien.

Aus Dublin wird unterm 8. August gemeldet: Die heute
aus dem Süden eingetroffenen Nachrichten lauten günstig.
Jn der Umgegend von Thurles, Waterford und den anderen
Städten ist alles ruhig. Bloß in der Richtung von Limerick sollen
Ruhestörungen vorgefallen und das 75. Regiment von Thurles
eiligst dahin aufgebrochen seyn. Ein anderes Regiment war nach
Tipperary abgegangen. Gestern wurden dahier in Folge der
vom Lordstatthalter erlassenen Haftbefehle der Herausgeber des
"Drogheda Argus," Patrick Marron, der erst kürzlich hier an-
gelangte amerikanische Schiffsmäkler Bergin und die Clubmit-
glieder Lawleß und Hanley nach Newgate gebracht. Die gestern
Nachmittag mit dem Bahnzuge hier eingetroffene Gattin Smith
O'Brien's hatte Abends mit ihm im Kerker eine lange Unter-
redung. Der Lordstatthalter hat erlaubt, daß auch seine Kinder
und der Onkel seiner Frau ihn besuchen dürfen. Er soll heiter
seyn und sich vollkommen wohl befinden. -- Man versichert, daß
Doheny gestern früh als Gefangener nach Cashel eingebracht wor-
den sey und daß auch 24 verhaftete Bauern, welche bei den An-
griffen auf die Eilwägen betheiligt waren, dort eingesperrt seyen.
Ein gestern früh auf den corker Eilwagen von etwa 150 Bauern
versuchter Angriff scheiterte an dem entschlossenen Widerstande des
Wächters und mehrerer bewaffneten Passagiere. -- Zu Waterford
wurden vor drei Tagen neun Rädelsführer der dortigen Clubs
ohne Widerstand in's Gefängniß gebracht; gegen 26 andere
Clubisten waren Haftbefehle ergangen.

Rußland.

Warschau 4. August [ Das russische Heer in Polen. ]
Ungefähr zwei Meilen von der preußischen Grenze sind die
ersten Abtheilungen der russischen Armee zu sehen, welche in
Städten und Dörfern nach gehöriger Schlachtordnung vertheilt
ist. Die leichte Kavalerie mit Kosaken bildet die Avantgarde, so-
dann die Jnfanterie, hinter ihr die Artillerie, zum Schluß die
schwere Kavalerie. Um Warschau ist ein Lager von 40,000 Mann.
Jm ganzen Königreiche stehen zwei Armeekorps zu 50,000 Mann;
das dritte sollte einmarschiren, es kam aber nur ein Theil und der
Rest zog sich ins Lager bei Luck zurück, weil sich in diesem Heere
die Cholera zeigte. Nach Galizien zu ist ebenfalls ein Lager unter
Radziwill aufgestellt. Der Kaiser sollte hieher kommen, was
aber verschoben wurde, wahrscheinlich wegen des Ausbruches der
Cholera in Petersburg.

Das Journal de St. Petersbourg theilt eine lange, vom 31.
Juli datirte und zur Mittheilung an die europäischen Regierungen
bestimmte Note des russischen Cabinetts über die russische Jnter-
vention in den Donaufürstenthümern
mit, in welcher
nach Darlegung des Thatbestandes mit besonderem Nachdruck
darauf hingewiesen wird, daß diese Jntervention auf specielle
Vertragsbestimmungen sich gründe und daher in keiner Weise die
früheren Erklärungen Rußlands beeinträchtigen könne, denen
gemäß es allen unabhängigen Staaten gegenüber gesonnen ist,
in der Stellung strengster Neutralität zu verharren.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

[Beginn Spaltensatz] bei Erledigung des Reiches hätten thun müssen: sie ernannten
einen Vollzieher der Gesetze, einen Verweser des Reiches.“ Noch
Mehreres fügte der Redner bei, was ich aber, um nicht zu weit-
läufig zu werden, übergehe. Er schloß, nach Verlesung des
Aufrufs des Reichsverwesers an das deutsche Volk vom 15. Juli
d. J., mit einem dreimaligen Lebehoch auf diesen Reichsverweser,
diesen Beschützer unseres Rechts und unserer Freiheit, den Gott
segnen wolle in allen Handlungen seiner Regierung und an seiner
Person! Jn Freude ging der Nachmittag hin. Damit aber auch die
Armen und minder Bemittelten dieses Tages noch insbesondere in
ihren Wohnungen froh werden könnten, ohne sich sonst wehe thun
zu müssen, hatte ein Verein von Patrioten für reichliche Geld-
spenden Sorge getragen. Möge dem gesammten Vaterlande und
mit demselben uns im „goldenen Grunde,“ denn so nennt man
unser Thal wegen des ergiebigen Bodens, recht bald auch der
Segen der wahren Freiheit werden!

Jtalien.

Mailand 8. August. ( Bas. Z. ) Vor den Thoren haben
wir entsetzliche Verheerungen: Karl Albert ließ die schönsten Land-
güter in Flammen aufgehen. Niemals war Mailand in so großer
Gefahr wie letzten Samstag Abend, denn von drei Seiten war
die Stadt bedroht: von Karl Albert selbst, der in der Stadt
war; als man die Capitulation vernahm, gerieth das Volk in
Wuth, man bestürmte seine Wohnung, es gingen Schüsse und
wir waren auf dem Punkte die Piemontesen ihre Gewehre an-
schlagen zu sehen; zweitens aber schickte sich das niedere Volk
( nicht das Militär ) zur Plünderung an, und wurden bereits
einige Paläste rein ausgeplündert; drittens endlich waren die
österreichischen Truppen vor den Thoren. Sie können sich vor-
stellen, wie uns zu Muthe war. Unsere Stadt ist nun wie eine
Einöde geworden; von Geschäften und Jncassi ist keine Rede,
weil der größte Theil der Handlungshäuser und ihre Cassen ge-
schlossen sind, wegen Entferung der Prinzipale. Proteste können
keine erhoben werden, und wir erwarten stündlich eine dieß-
fallsige Verordnung. Das Militär campirt auf dem Castelplatz
und auf den Bastionen, das Generalcommando stationirt in der
Villa. Die Thore sind offen. Verschiedene Proclamationen sind
gestern erschienen, welche Folgendes bekannt machen: Die Na-
tionalgarde ist aufgelöst. — Alle Waffen müssen bei strenger
Ahndung binnen 24 Stunden abgeliefert werden. — Der Salzpreis
ist vermindert. — Das Eigenthum der Bewohner ist gesichert. —
Versammlungen auf den Straßen und unschickliche politische
Aeußerungen an öffentlichen Orten sind untersagt. Der Stempel
soll bedeutend vermindert werden. Es ist aus diesen Verfug-
ungen wahrzunehmen daß man gelinde und zum Vortheil der
ärmern Klasse zu Werke geht, und wir hoffen, daß jeden Tag
noch etwas Besseres kommen werde. Die vornehmen Herren
allein werden mitgenommen.

Nach der „Eidg. Ztg.“ ist der Stadt Mailand eine Kriegs-
steuer von dreißig Millionen Lire auferlegt ( ? ) .

Ein Bericht des schweizerischen Generalconsuls in Mailand
an den Vorort erzählt die Vorgänge vor und nach der Capitula-
tion folgendermaßen:

„Die Besetzung von Mailand durch die österreichischen Trup-
pen ist eine vollendete Thatsache. Gestern ( 6. ) Mittag zog der
Feldmarschall Radetzky in Folge einer Convention, die am 5. mit
dem König von Sardinien abgeschlossen wurde, in die Stadt ein.
Am 3. und 4. ließen die Piemontesen, die vor Mailand Position
nahmen, wie es heißt noch 45,000 Mann stark, bedentende Ver-
theidigungsanstalten in und um die Stadt errichten; man verbrannte
viele Häuser, die der Vertheidigung hinderlich waren, hieb die Bäu-
me um, zog Gräben und lud die Bevölkerung ein, sich zu ver-
theidigen und alle Maßregeln darnach zu ergreifen. Am 4. gegen
4 Uhr Abends fing man an den ganzen äußeren und einen
großen Theil der innern Stadt zu verbarrikadiren und die Be-
völkerung gab noch einen Beweis ihrer begeisterten Stimm-
ung, indem sie in wenigen Stunden eine furchtbare Position
zur Vertheidigung bildete. Am 5. früh Morgens verbreitete
sich die Nachricht durch die Stadt, daß der König von Sar-
dinien für sich und seine Armee, die in der That vernichtet und im
Zustand der traurigsten Zerrüttung war, capitulirt und nichts für
die Stadt erlangt habe, als das Versprechen, daß sie geschont
werden solle, ohne irgend eine Garantie für die Personen. Der
Ruf: „Verrath“ erhob sich überall und einige Stunden befan-
den wir uns ohne Behörden mitten unter einer verzweifelten
Bevölkerung, die sich Exzessen hinzugeben drohte. Viele Bürger
begaben sich nach der Wohnung des Königs, um seine Ab-
reise zu verhindern, die er erst um Mitternacht bewerkstelligen
konnte, nachdem es den Truppen, die sich in Pelotons der
Wohnung näherten, gelungen war, sich der Umgegend zu be-
[Spaltenumbruch] meistern.“ Jn dem Bericht werden ferner die Schritte der ver-
schiedenen Consuln mitgetheilt, um ihren Angehörigen freien
Fortzug auszuwirken. Auch alle Schweizer, die aus der Stadt
ziehen wollten, erhielten sicheres Geleite. Eine zahlreiche Kolonne
zog am 6. Morgens durch das Verzelliner Thor auf der großen
Straße nach Moggenta ab, die gemäß der Capitulation allen
Denen offen stand, die fortgehen wollten. Die österreichischen
Truppen — heißt es im Bericht — haben bis dahin strenge
Kriegszucht gehalten und noch ist kein Akt der Willkür zu meiner
Kennntniß gelangt. Die Stadt ist in Belagerungszustand erklärt.

Frankreich.

*** Paris 11. August. Jn der gestrigen Sitzung der Natio-
nalversammlung kam es bereits zu Jnterpellationen über die ita-
lienischen Angelegenheiten, auf welche der Minister des Aus-
wärtigen erklärte: er hoffe, daß die französisch=englische Vermit-
telung zur Wiederherstellung des Friedens in Jtalien führen werde,
— jedes weitere Eingehen in die Sache aber verweigerte. Am
richtigsten wird die Lage der Dinge wohl von den englischen Blät-
tern beurtheilt. So bemerkt z. B. der „Globe,“ eine bewaffnete
französische Jntervention in Jtalien werde in ihren entfernten
Folgen entweder zur Wiederherstellung der Monarchie in
Frankreich, oder zur Vernichtung jenes Schattenbildes von
Monarchie führen, welches dermalen noch in Deutschland bestehe.
Der „Globe“ hält übrigens das Erstere für das Wahrschein-
lichste. Was die Franzosen betrifft, so verhehlt sich die große
Majorität der Nation die Schwierigkeit der Lage durchaus nicht
und man ist allgemein überzeugt, daß ein bewaffnetes Einschrei-
ten in Jtalien weiter nichts als eine große Coalition gegen Frank-
reich, den Untergang der Republik und die Wiederherstellung des
Absolutismus in Deutschland herbeiführen werde.

Großbritannien.

Aus Dublin wird unterm 8. August gemeldet: Die heute
aus dem Süden eingetroffenen Nachrichten lauten günstig.
Jn der Umgegend von Thurles, Waterford und den anderen
Städten ist alles ruhig. Bloß in der Richtung von Limerick sollen
Ruhestörungen vorgefallen und das 75. Regiment von Thurles
eiligst dahin aufgebrochen seyn. Ein anderes Regiment war nach
Tipperary abgegangen. Gestern wurden dahier in Folge der
vom Lordstatthalter erlassenen Haftbefehle der Herausgeber des
„Drogheda Argus,“ Patrick Marron, der erst kürzlich hier an-
gelangte amerikanische Schiffsmäkler Bergin und die Clubmit-
glieder Lawleß und Hanley nach Newgate gebracht. Die gestern
Nachmittag mit dem Bahnzuge hier eingetroffene Gattin Smith
O'Brien's hatte Abends mit ihm im Kerker eine lange Unter-
redung. Der Lordstatthalter hat erlaubt, daß auch seine Kinder
und der Onkel seiner Frau ihn besuchen dürfen. Er soll heiter
seyn und sich vollkommen wohl befinden. — Man versichert, daß
Doheny gestern früh als Gefangener nach Cashel eingebracht wor-
den sey und daß auch 24 verhaftete Bauern, welche bei den An-
griffen auf die Eilwägen betheiligt waren, dort eingesperrt seyen.
Ein gestern früh auf den corker Eilwagen von etwa 150 Bauern
versuchter Angriff scheiterte an dem entschlossenen Widerstande des
Wächters und mehrerer bewaffneten Passagiere. — Zu Waterford
wurden vor drei Tagen neun Rädelsführer der dortigen Clubs
ohne Widerstand in's Gefängniß gebracht; gegen 26 andere
Clubisten waren Haftbefehle ergangen.

Rußland.

Warschau 4. August [ Das russische Heer in Polen. ]
Ungefähr zwei Meilen von der preußischen Grenze sind die
ersten Abtheilungen der russischen Armee zu sehen, welche in
Städten und Dörfern nach gehöriger Schlachtordnung vertheilt
ist. Die leichte Kavalerie mit Kosaken bildet die Avantgarde, so-
dann die Jnfanterie, hinter ihr die Artillerie, zum Schluß die
schwere Kavalerie. Um Warschau ist ein Lager von 40,000 Mann.
Jm ganzen Königreiche stehen zwei Armeekorps zu 50,000 Mann;
das dritte sollte einmarschiren, es kam aber nur ein Theil und der
Rest zog sich ins Lager bei Luck zurück, weil sich in diesem Heere
die Cholera zeigte. Nach Galizien zu ist ebenfalls ein Lager unter
Radziwill aufgestellt. Der Kaiser sollte hieher kommen, was
aber verschoben wurde, wahrscheinlich wegen des Ausbruches der
Cholera in Petersburg.

Das Journal de St. Petersbourg theilt eine lange, vom 31.
Juli datirte und zur Mittheilung an die europäischen Regierungen
bestimmte Note des russischen Cabinetts über die russische Jnter-
vention in den Donaufürstenthümern
mit, in welcher
nach Darlegung des Thatbestandes mit besonderem Nachdruck
darauf hingewiesen wird, daß diese Jntervention auf specielle
Vertragsbestimmungen sich gründe und daher in keiner Weise die
früheren Erklärungen Rußlands beeinträchtigen könne, denen
gemäß es allen unabhängigen Staaten gegenüber gesonnen ist,
in der Stellung strengster Neutralität zu verharren.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

<TEI>
  <text>
    <back>
      <div>
        <floatingText>
          <body>
            <div type="jPoliticalNews" n="1">
              <div type="jArticle" n="2">
                <p><pb facs="#f0006"/><cb type="start"/>
bei Erledigung des Reiches hätten thun müssen: sie ernannten<lb/>
einen Vollzieher der Gesetze, einen Verweser des Reiches.&#x201C; Noch<lb/>
Mehreres fügte der Redner bei, was ich aber, um nicht zu weit-<lb/>
läufig zu werden, übergehe. Er schloß, nach Verlesung des<lb/>
Aufrufs des Reichsverwesers an das deutsche Volk vom 15. Juli<lb/>
d. J., mit einem dreimaligen Lebehoch auf diesen Reichsverweser,<lb/>
diesen Beschützer unseres Rechts und unserer Freiheit, den Gott<lb/>
segnen wolle in allen Handlungen seiner Regierung und an seiner<lb/>
Person! Jn Freude ging der Nachmittag hin. Damit aber auch die<lb/>
Armen und minder Bemittelten dieses Tages noch insbesondere in<lb/>
ihren Wohnungen froh werden könnten, ohne sich sonst wehe thun<lb/>
zu müssen, hatte ein Verein von Patrioten für reichliche Geld-<lb/>
spenden Sorge getragen. Möge dem gesammten Vaterlande und<lb/>
mit demselben uns im &#x201E;goldenen Grunde,&#x201C; denn so nennt man<lb/>
unser Thal wegen des ergiebigen Bodens, recht bald auch der<lb/>
Segen der wahren Freiheit werden!</p>
              </div>
            </div><lb/>
            <div type="jPoliticalNews" n="1">
              <head> <hi rendition="#g">Jtalien.</hi> </head><lb/>
              <p>Mailand 8. August. ( Bas. Z. ) Vor den Thoren haben<lb/>
wir entsetzliche Verheerungen: Karl Albert ließ die schönsten Land-<lb/>
güter in Flammen aufgehen. Niemals war Mailand in so großer<lb/>
Gefahr wie letzten Samstag Abend, denn von drei Seiten war<lb/>
die Stadt bedroht: von Karl Albert selbst, der in der Stadt<lb/>
war; als man die Capitulation vernahm, gerieth das Volk in<lb/>
Wuth, man bestürmte seine Wohnung, es gingen Schüsse und<lb/>
wir waren auf dem Punkte die Piemontesen ihre Gewehre an-<lb/>
schlagen zu sehen; zweitens aber schickte sich <hi rendition="#g">das niedere Volk</hi><lb/>
( nicht das Militär ) <hi rendition="#g">zur Plünderung</hi> an, und wurden bereits<lb/>
einige Paläste rein ausgeplündert; drittens endlich waren die<lb/>
österreichischen Truppen vor den Thoren. Sie können sich vor-<lb/>
stellen, wie uns zu Muthe war. Unsere Stadt ist nun wie eine<lb/>
Einöde geworden; von Geschäften und Jncassi ist keine Rede,<lb/>
weil der größte Theil der Handlungshäuser und ihre Cassen ge-<lb/>
schlossen sind, wegen Entferung der Prinzipale. Proteste können<lb/>
keine erhoben werden, und wir erwarten stündlich eine dieß-<lb/>
fallsige Verordnung. Das Militär campirt auf dem Castelplatz<lb/>
und auf den Bastionen, das Generalcommando stationirt in der<lb/>
Villa. Die Thore sind offen. Verschiedene Proclamationen sind<lb/>
gestern erschienen, welche Folgendes bekannt machen: Die Na-<lb/>
tionalgarde ist aufgelöst. &#x2014; Alle Waffen müssen bei strenger<lb/>
Ahndung binnen 24 Stunden abgeliefert werden. &#x2014; Der Salzpreis<lb/>
ist vermindert. &#x2014; Das Eigenthum der Bewohner ist gesichert. &#x2014;<lb/>
Versammlungen auf den Straßen und unschickliche politische<lb/>
Aeußerungen an öffentlichen Orten sind untersagt. Der Stempel<lb/>
soll bedeutend vermindert werden. Es ist aus diesen Verfug-<lb/>
ungen wahrzunehmen daß man gelinde und zum Vortheil der<lb/>
ärmern Klasse zu Werke geht, und wir hoffen, daß jeden Tag<lb/>
noch etwas Besseres kommen werde. Die vornehmen Herren<lb/>
allein werden mitgenommen.</p><lb/>
              <p>Nach der &#x201E;Eidg. Ztg.&#x201C; ist der Stadt Mailand eine Kriegs-<lb/>
steuer von dreißig Millionen Lire auferlegt ( ? ) .</p><lb/>
              <p>Ein Bericht des schweizerischen Generalconsuls in Mailand<lb/>
an den Vorort erzählt die Vorgänge vor und nach der Capitula-<lb/>
tion folgendermaßen:</p><lb/>
              <p>&#x201E;Die Besetzung von Mailand durch die österreichischen Trup-<lb/>
pen ist eine vollendete Thatsache. Gestern ( 6. ) Mittag zog der<lb/>
Feldmarschall Radetzky in Folge einer Convention, die am 5. mit<lb/>
dem König von Sardinien abgeschlossen wurde, in die Stadt ein.<lb/>
Am 3. und 4. ließen die Piemontesen, die vor Mailand Position<lb/>
nahmen, wie es heißt noch 45,000 Mann stark, bedentende Ver-<lb/>
theidigungsanstalten in und um die Stadt errichten; man verbrannte<lb/>
viele Häuser, die der Vertheidigung hinderlich waren, hieb die Bäu-<lb/>
me um, zog Gräben und lud die Bevölkerung ein, sich zu ver-<lb/>
theidigen und alle Maßregeln darnach zu ergreifen. Am 4. gegen<lb/>
4 Uhr Abends fing man an den ganzen äußeren und einen<lb/>
großen Theil der innern Stadt zu verbarrikadiren und die Be-<lb/>
völkerung gab noch einen Beweis ihrer begeisterten Stimm-<lb/>
ung, indem sie in wenigen Stunden eine furchtbare Position<lb/>
zur Vertheidigung bildete. Am 5. früh Morgens verbreitete<lb/>
sich die Nachricht durch die Stadt, daß der König von Sar-<lb/>
dinien für sich und seine Armee, die in der That vernichtet und im<lb/>
Zustand der traurigsten Zerrüttung war, capitulirt und nichts für<lb/>
die Stadt erlangt habe, als das Versprechen, daß sie geschont<lb/>
werden solle, ohne irgend eine Garantie für die Personen. Der<lb/>
Ruf: &#x201E;Verrath&#x201C; erhob sich überall und einige Stunden befan-<lb/>
den wir uns ohne Behörden mitten unter einer verzweifelten<lb/>
Bevölkerung, die sich Exzessen hinzugeben drohte. Viele Bürger<lb/>
begaben sich nach der Wohnung des Königs, um seine Ab-<lb/>
reise zu verhindern, die er erst um Mitternacht bewerkstelligen<lb/>
konnte, nachdem es den Truppen, die sich in Pelotons der<lb/>
Wohnung näherten, gelungen war, sich der Umgegend zu be-<lb/><cb n="2"/>
meistern.&#x201C; Jn dem Bericht werden ferner die Schritte der ver-<lb/>
schiedenen Consuln mitgetheilt, um ihren Angehörigen freien<lb/>
Fortzug auszuwirken. Auch alle Schweizer, die aus der Stadt<lb/>
ziehen wollten, erhielten sicheres Geleite. Eine zahlreiche Kolonne<lb/>
zog am 6. Morgens durch das Verzelliner Thor auf der großen<lb/>
Straße nach Moggenta ab, die gemäß der Capitulation allen<lb/>
Denen offen stand, die fortgehen wollten. Die österreichischen<lb/>
Truppen &#x2014; heißt es im Bericht &#x2014; haben bis dahin strenge<lb/>
Kriegszucht gehalten und noch ist kein Akt der Willkür zu meiner<lb/>
Kennntniß gelangt. Die Stadt ist in Belagerungszustand erklärt.</p>
            </div><lb/>
            <div type="jPoliticalNews" n="1">
              <head> <hi rendition="#g">Frankreich.</hi> </head><lb/>
              <p><hi rendition="#sup">***</hi> Paris 11. August. Jn der gestrigen Sitzung der Natio-<lb/>
nalversammlung kam es bereits zu Jnterpellationen über die ita-<lb/>
lienischen Angelegenheiten, auf welche der Minister des Aus-<lb/>
wärtigen erklärte: er hoffe, daß die französisch=englische Vermit-<lb/>
telung zur Wiederherstellung des Friedens in Jtalien führen werde,<lb/>
&#x2014; jedes weitere Eingehen in die Sache aber verweigerte. Am<lb/>
richtigsten wird die Lage der Dinge wohl von den englischen Blät-<lb/>
tern beurtheilt. So bemerkt z. B. der &#x201E;Globe,&#x201C; eine bewaffnete<lb/>
französische Jntervention in Jtalien werde in ihren entfernten<lb/>
Folgen <hi rendition="#g">entweder</hi> zur Wiederherstellung der Monarchie in<lb/>
Frankreich, <hi rendition="#g">oder</hi> zur Vernichtung jenes Schattenbildes von<lb/>
Monarchie führen, welches dermalen noch in Deutschland bestehe.<lb/>
Der &#x201E;Globe&#x201C; hält übrigens das Erstere für das Wahrschein-<lb/>
lichste. Was die Franzosen betrifft, so verhehlt sich die große<lb/>
Majorität der Nation die Schwierigkeit der Lage durchaus nicht<lb/>
und man ist allgemein überzeugt, daß ein bewaffnetes Einschrei-<lb/>
ten in Jtalien weiter nichts als eine große Coalition gegen Frank-<lb/>
reich, den Untergang der Republik und die Wiederherstellung des<lb/>
Absolutismus in Deutschland herbeiführen werde.</p>
            </div><lb/>
            <div type="jPoliticalNews" n="1">
              <head> <hi rendition="#g">Großbritannien.</hi> </head><lb/>
              <p>Aus Dublin wird unterm 8. August gemeldet: Die heute<lb/><hi rendition="#g">aus dem Süden</hi> eingetroffenen Nachrichten lauten günstig.<lb/>
Jn der Umgegend von Thurles, Waterford und den anderen<lb/>
Städten ist alles ruhig. Bloß in der Richtung von Limerick sollen<lb/>
Ruhestörungen vorgefallen und das 75. Regiment von Thurles<lb/>
eiligst dahin aufgebrochen seyn. Ein anderes Regiment war nach<lb/>
Tipperary abgegangen. Gestern wurden dahier in Folge der<lb/>
vom Lordstatthalter erlassenen Haftbefehle der Herausgeber des<lb/>
&#x201E;Drogheda Argus,&#x201C; Patrick Marron, der erst kürzlich hier an-<lb/>
gelangte amerikanische Schiffsmäkler Bergin und die Clubmit-<lb/>
glieder Lawleß und Hanley nach Newgate gebracht. Die gestern<lb/>
Nachmittag mit dem Bahnzuge hier eingetroffene Gattin Smith<lb/>
O'Brien's hatte Abends mit ihm im Kerker eine lange Unter-<lb/>
redung. Der Lordstatthalter hat erlaubt, daß auch seine Kinder<lb/>
und der Onkel seiner Frau ihn besuchen dürfen. Er soll heiter<lb/>
seyn und sich vollkommen wohl befinden. &#x2014; Man versichert, daß<lb/>
Doheny gestern früh als Gefangener nach Cashel eingebracht wor-<lb/>
den sey und daß auch 24 verhaftete Bauern, welche bei den An-<lb/>
griffen auf die Eilwägen betheiligt waren, dort eingesperrt seyen.<lb/>
Ein gestern früh auf den corker Eilwagen von etwa 150 Bauern<lb/>
versuchter Angriff scheiterte an dem entschlossenen Widerstande des<lb/>
Wächters und mehrerer bewaffneten Passagiere. &#x2014; Zu Waterford<lb/>
wurden vor drei Tagen neun Rädelsführer der dortigen Clubs<lb/>
ohne Widerstand in's Gefängniß gebracht; gegen 26 andere<lb/>
Clubisten waren Haftbefehle ergangen.</p>
            </div><lb/>
            <div type="jPoliticalNews" n="1">
              <head> <hi rendition="#g">Rußland.</hi> </head><lb/>
              <div type="jArticle" n="2">
                <p><choice><sic>Warschan</sic><corr>Warschau</corr></choice> 4. August [ <hi rendition="#g">Das russische <choice><sic>Heerin</sic><corr>Heer in</corr></choice> Polen.</hi> ]<lb/>
Ungefähr zwei Meilen von der preußischen Grenze sind die<lb/>
ersten Abtheilungen der russischen Armee zu sehen, welche in<lb/>
Städten und Dörfern nach gehöriger Schlachtordnung vertheilt<lb/>
ist. Die leichte Kavalerie mit Kosaken bildet die Avantgarde, so-<lb/>
dann die Jnfanterie, hinter ihr die Artillerie, zum Schluß die<lb/>
schwere Kavalerie. Um Warschau ist ein Lager von 40,000 Mann.<lb/>
Jm ganzen Königreiche stehen zwei Armeekorps zu 50,000 Mann;<lb/>
das dritte sollte einmarschiren, es kam aber nur ein Theil und der<lb/>
Rest zog sich ins Lager bei Luck zurück, weil sich in diesem Heere<lb/>
die Cholera zeigte. Nach Galizien zu ist ebenfalls ein Lager unter<lb/>
Radziwill aufgestellt. Der Kaiser sollte hieher kommen, was<lb/>
aber verschoben wurde, wahrscheinlich wegen des Ausbruches der<lb/>
Cholera in Petersburg.</p>
              </div><lb/>
              <div type="jArticle" n="2">
                <p>Das Journal de St. Petersbourg theilt eine lange, vom 31.<lb/>
Juli datirte und zur Mittheilung an die europäischen Regierungen<lb/>
bestimmte Note des russischen Cabinetts über die russische <hi rendition="#g">Jnter-<lb/>
vention in den Donaufürstenthümern</hi> mit, in welcher<lb/>
nach Darlegung des Thatbestandes mit besonderem Nachdruck<lb/>
darauf hingewiesen wird, daß diese Jntervention auf specielle<lb/>
Vertragsbestimmungen sich gründe und daher in keiner Weise die<lb/>
früheren Erklärungen Rußlands beeinträchtigen könne, denen<lb/>
gemäß es allen unabhängigen Staaten gegenüber gesonnen ist,<lb/>
in der Stellung <hi rendition="#g">strengster Neutralität</hi> zu verharren.</p>
              </div>
            </div><lb/>
            <cb type="end"/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </body>
          <back>
            <div type="imprint" n="1">
              <p>Redacteur: Franz Sausen. &#x2014; Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. &#x2014; Druck von Florian Kupferberg.</p>
            </div><lb/>
          </back>
        </floatingText>
      </div>
    </back>
  </text>
</TEI>
[0006] bei Erledigung des Reiches hätten thun müssen: sie ernannten einen Vollzieher der Gesetze, einen Verweser des Reiches.“ Noch Mehreres fügte der Redner bei, was ich aber, um nicht zu weit- läufig zu werden, übergehe. Er schloß, nach Verlesung des Aufrufs des Reichsverwesers an das deutsche Volk vom 15. Juli d. J., mit einem dreimaligen Lebehoch auf diesen Reichsverweser, diesen Beschützer unseres Rechts und unserer Freiheit, den Gott segnen wolle in allen Handlungen seiner Regierung und an seiner Person! Jn Freude ging der Nachmittag hin. Damit aber auch die Armen und minder Bemittelten dieses Tages noch insbesondere in ihren Wohnungen froh werden könnten, ohne sich sonst wehe thun zu müssen, hatte ein Verein von Patrioten für reichliche Geld- spenden Sorge getragen. Möge dem gesammten Vaterlande und mit demselben uns im „goldenen Grunde,“ denn so nennt man unser Thal wegen des ergiebigen Bodens, recht bald auch der Segen der wahren Freiheit werden! Jtalien. Mailand 8. August. ( Bas. Z. ) Vor den Thoren haben wir entsetzliche Verheerungen: Karl Albert ließ die schönsten Land- güter in Flammen aufgehen. Niemals war Mailand in so großer Gefahr wie letzten Samstag Abend, denn von drei Seiten war die Stadt bedroht: von Karl Albert selbst, der in der Stadt war; als man die Capitulation vernahm, gerieth das Volk in Wuth, man bestürmte seine Wohnung, es gingen Schüsse und wir waren auf dem Punkte die Piemontesen ihre Gewehre an- schlagen zu sehen; zweitens aber schickte sich das niedere Volk ( nicht das Militär ) zur Plünderung an, und wurden bereits einige Paläste rein ausgeplündert; drittens endlich waren die österreichischen Truppen vor den Thoren. Sie können sich vor- stellen, wie uns zu Muthe war. Unsere Stadt ist nun wie eine Einöde geworden; von Geschäften und Jncassi ist keine Rede, weil der größte Theil der Handlungshäuser und ihre Cassen ge- schlossen sind, wegen Entferung der Prinzipale. Proteste können keine erhoben werden, und wir erwarten stündlich eine dieß- fallsige Verordnung. Das Militär campirt auf dem Castelplatz und auf den Bastionen, das Generalcommando stationirt in der Villa. Die Thore sind offen. Verschiedene Proclamationen sind gestern erschienen, welche Folgendes bekannt machen: Die Na- tionalgarde ist aufgelöst. — Alle Waffen müssen bei strenger Ahndung binnen 24 Stunden abgeliefert werden. — Der Salzpreis ist vermindert. — Das Eigenthum der Bewohner ist gesichert. — Versammlungen auf den Straßen und unschickliche politische Aeußerungen an öffentlichen Orten sind untersagt. Der Stempel soll bedeutend vermindert werden. Es ist aus diesen Verfug- ungen wahrzunehmen daß man gelinde und zum Vortheil der ärmern Klasse zu Werke geht, und wir hoffen, daß jeden Tag noch etwas Besseres kommen werde. Die vornehmen Herren allein werden mitgenommen. Nach der „Eidg. Ztg.“ ist der Stadt Mailand eine Kriegs- steuer von dreißig Millionen Lire auferlegt ( ? ) . Ein Bericht des schweizerischen Generalconsuls in Mailand an den Vorort erzählt die Vorgänge vor und nach der Capitula- tion folgendermaßen: „Die Besetzung von Mailand durch die österreichischen Trup- pen ist eine vollendete Thatsache. Gestern ( 6. ) Mittag zog der Feldmarschall Radetzky in Folge einer Convention, die am 5. mit dem König von Sardinien abgeschlossen wurde, in die Stadt ein. Am 3. und 4. ließen die Piemontesen, die vor Mailand Position nahmen, wie es heißt noch 45,000 Mann stark, bedentende Ver- theidigungsanstalten in und um die Stadt errichten; man verbrannte viele Häuser, die der Vertheidigung hinderlich waren, hieb die Bäu- me um, zog Gräben und lud die Bevölkerung ein, sich zu ver- theidigen und alle Maßregeln darnach zu ergreifen. Am 4. gegen 4 Uhr Abends fing man an den ganzen äußeren und einen großen Theil der innern Stadt zu verbarrikadiren und die Be- völkerung gab noch einen Beweis ihrer begeisterten Stimm- ung, indem sie in wenigen Stunden eine furchtbare Position zur Vertheidigung bildete. Am 5. früh Morgens verbreitete sich die Nachricht durch die Stadt, daß der König von Sar- dinien für sich und seine Armee, die in der That vernichtet und im Zustand der traurigsten Zerrüttung war, capitulirt und nichts für die Stadt erlangt habe, als das Versprechen, daß sie geschont werden solle, ohne irgend eine Garantie für die Personen. Der Ruf: „Verrath“ erhob sich überall und einige Stunden befan- den wir uns ohne Behörden mitten unter einer verzweifelten Bevölkerung, die sich Exzessen hinzugeben drohte. Viele Bürger begaben sich nach der Wohnung des Königs, um seine Ab- reise zu verhindern, die er erst um Mitternacht bewerkstelligen konnte, nachdem es den Truppen, die sich in Pelotons der Wohnung näherten, gelungen war, sich der Umgegend zu be- meistern.“ Jn dem Bericht werden ferner die Schritte der ver- schiedenen Consuln mitgetheilt, um ihren Angehörigen freien Fortzug auszuwirken. Auch alle Schweizer, die aus der Stadt ziehen wollten, erhielten sicheres Geleite. Eine zahlreiche Kolonne zog am 6. Morgens durch das Verzelliner Thor auf der großen Straße nach Moggenta ab, die gemäß der Capitulation allen Denen offen stand, die fortgehen wollten. Die österreichischen Truppen — heißt es im Bericht — haben bis dahin strenge Kriegszucht gehalten und noch ist kein Akt der Willkür zu meiner Kennntniß gelangt. Die Stadt ist in Belagerungszustand erklärt. Frankreich. *** Paris 11. August. Jn der gestrigen Sitzung der Natio- nalversammlung kam es bereits zu Jnterpellationen über die ita- lienischen Angelegenheiten, auf welche der Minister des Aus- wärtigen erklärte: er hoffe, daß die französisch=englische Vermit- telung zur Wiederherstellung des Friedens in Jtalien führen werde, — jedes weitere Eingehen in die Sache aber verweigerte. Am richtigsten wird die Lage der Dinge wohl von den englischen Blät- tern beurtheilt. So bemerkt z. B. der „Globe,“ eine bewaffnete französische Jntervention in Jtalien werde in ihren entfernten Folgen entweder zur Wiederherstellung der Monarchie in Frankreich, oder zur Vernichtung jenes Schattenbildes von Monarchie führen, welches dermalen noch in Deutschland bestehe. Der „Globe“ hält übrigens das Erstere für das Wahrschein- lichste. Was die Franzosen betrifft, so verhehlt sich die große Majorität der Nation die Schwierigkeit der Lage durchaus nicht und man ist allgemein überzeugt, daß ein bewaffnetes Einschrei- ten in Jtalien weiter nichts als eine große Coalition gegen Frank- reich, den Untergang der Republik und die Wiederherstellung des Absolutismus in Deutschland herbeiführen werde. Großbritannien. Aus Dublin wird unterm 8. August gemeldet: Die heute aus dem Süden eingetroffenen Nachrichten lauten günstig. Jn der Umgegend von Thurles, Waterford und den anderen Städten ist alles ruhig. Bloß in der Richtung von Limerick sollen Ruhestörungen vorgefallen und das 75. Regiment von Thurles eiligst dahin aufgebrochen seyn. Ein anderes Regiment war nach Tipperary abgegangen. Gestern wurden dahier in Folge der vom Lordstatthalter erlassenen Haftbefehle der Herausgeber des „Drogheda Argus,“ Patrick Marron, der erst kürzlich hier an- gelangte amerikanische Schiffsmäkler Bergin und die Clubmit- glieder Lawleß und Hanley nach Newgate gebracht. Die gestern Nachmittag mit dem Bahnzuge hier eingetroffene Gattin Smith O'Brien's hatte Abends mit ihm im Kerker eine lange Unter- redung. Der Lordstatthalter hat erlaubt, daß auch seine Kinder und der Onkel seiner Frau ihn besuchen dürfen. Er soll heiter seyn und sich vollkommen wohl befinden. — Man versichert, daß Doheny gestern früh als Gefangener nach Cashel eingebracht wor- den sey und daß auch 24 verhaftete Bauern, welche bei den An- griffen auf die Eilwägen betheiligt waren, dort eingesperrt seyen. Ein gestern früh auf den corker Eilwagen von etwa 150 Bauern versuchter Angriff scheiterte an dem entschlossenen Widerstande des Wächters und mehrerer bewaffneten Passagiere. — Zu Waterford wurden vor drei Tagen neun Rädelsführer der dortigen Clubs ohne Widerstand in's Gefängniß gebracht; gegen 26 andere Clubisten waren Haftbefehle ergangen. Rußland. Warschau 4. August [ Das russische Heer in Polen. ] Ungefähr zwei Meilen von der preußischen Grenze sind die ersten Abtheilungen der russischen Armee zu sehen, welche in Städten und Dörfern nach gehöriger Schlachtordnung vertheilt ist. Die leichte Kavalerie mit Kosaken bildet die Avantgarde, so- dann die Jnfanterie, hinter ihr die Artillerie, zum Schluß die schwere Kavalerie. Um Warschau ist ein Lager von 40,000 Mann. Jm ganzen Königreiche stehen zwei Armeekorps zu 50,000 Mann; das dritte sollte einmarschiren, es kam aber nur ein Theil und der Rest zog sich ins Lager bei Luck zurück, weil sich in diesem Heere die Cholera zeigte. Nach Galizien zu ist ebenfalls ein Lager unter Radziwill aufgestellt. Der Kaiser sollte hieher kommen, was aber verschoben wurde, wahrscheinlich wegen des Ausbruches der Cholera in Petersburg. Das Journal de St. Petersbourg theilt eine lange, vom 31. Juli datirte und zur Mittheilung an die europäischen Regierungen bestimmte Note des russischen Cabinetts über die russische Jnter- vention in den Donaufürstenthümern mit, in welcher nach Darlegung des Thatbestandes mit besonderem Nachdruck darauf hingewiesen wird, daß diese Jntervention auf specielle Vertragsbestimmungen sich gründe und daher in keiner Weise die früheren Erklärungen Rußlands beeinträchtigen könne, denen gemäß es allen unabhängigen Staaten gegenüber gesonnen ist, in der Stellung strengster Neutralität zu verharren. Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal058_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal058_1848/6
Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 58. Mainz, 13. August 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal058_1848/6>, abgerufen am 24.11.2024.