Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Märkische Blätter. Nr. 18. Hattingen, 2. März 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] aus denselben Motiven ihre Beschlüsse fassen; wir halten
es nur im Jnteresse der allgemeinen Wohlfahrt für zweck-
mäßig, dieselben auf die Wünsche der bedeutenden Majo-
rität der Gemeindeglieder aufmerksam zu machen. --

Seit dem vorigen Jahre ist das bisherige Schulgeld
aufgehoben und die Aufbringung der Schulbedürfnisse nach
Vermögen und Einkommen eingeführt. Dasselbe war, wie
dieses schon vor uns in diesen Blättern erörtert ist, mit
den Armenbedürfnissen der Fall. --

Jm Jahre 1848 wurde auch von der großen Mehr-
zahl der Gemeindeglieder bei der Königlichen Regierung,
als den örtlichen Verhältnissen angemessen, der Antrag
gestellt, die Kommunalsteuer nach Vermögen und Ein-
kommen aufzubringen. Hierauf resolvirte die Königliche
Regierung: Diesem Antrage könne nur entsprochen wer-
den, wenn er von den Gemeinde=Verordneten, den gesetz-
lichen Vertretern der Gemeinde, gestellt würde. --

Diese Entscheidung ist vom 31. Juli 1848 und in
Händen des Herrn F. E. Fleing, der sie Jedem, der da-
ran Jnteresse findet, zur Einsicht vorlegen wird. Dieselbe
bürgt dafür, daß es nur eines Antrages, die Kommunal-
steuer nach Vermögen und Einkommen veranlagen zu
wollen, seitens der gesetzlichen Vertreter der Gemeinde be-
darf, um die Genehmigung der Königlichen Regierung zu
erlangen. --

Mit allem Recht erwarten wir, daß die Gemeinde-
Verordneten die Wünsche der Gemeinde in ihrer bedeuten-
den Majorität nicht länger unberücksichtigt lassen, daß sie
unserer Gemeinde nicht länger das Verdienst vorenthalten
werden, vor allen Andern den Anforderungen der Gerech-
tigkeit und Humanität bei Aufbringung der Gemeindela-
sten entsprochen zu haben. --

Niedersprockhövel, den 25. Februar 1850.

    F.



Tagesbegebenheiten.

Berlin, den 26. Febr. Die "erste regelmäßige Si-
tzung der preußischen Kammern" ist also heute geschlossen
-- während der besorgte Blick der in ihre Heimath zu-
rückkehrenden Abgeordneten und aller Freunde des Vater-
landes sich mit aller Spannung dem Auswärtigen und
dem Heere zuwendet. Der Minister=Präsident hat es noch
zum Abschiede als die Pflicht der Regierung anerkannt,
"auf dem Wege, mit welchem die Volksvertretung sich
einverstanden erklärt hat, voranzuschreiten," und hat dabei
erklärt, daß das Ministerium hierzu auch entschlossen sei,
namentlich auch dazu, von den Credit=Bewilligungen der
Kammer Gebrauch zu machen, wenn das Jnteresse und
die Ehre des Landes es erheische. Dennoch waltet heute,
in Folge betrübender Nachrichten und Gerüchte, eine trübe
Stimmung vor. Es war hier eifrig und officiös versichert
worden, die preußische Note wegen der Jnsolenzen der
dänischen Thronrede habe in Kopenhagen ihren Eindruck
nicht verfehlt, und das dänische Ministerium habe jene
insolenten Stellen desavouirt; und jetzt müssen wir plötz-
lich aus den dänischen Blättern und Verhandlungen er-
sehen, daß im Gegentheil das dänische Ministerium die
preußische Note mit Hohn beantwortet! Gleichzeitig hören
wir von dem Ministerwechsel in Kurhessen, von dem of-
fenen Vertragsbruche Hannovers und -- von dem Aus-
tritte v. Bodelschwingh's aus dem Verwaltungsrathe mit
Ueberlassung seines Platzes an jenen großen "Unenthüllten"'
der es versteht, das Bündniß vom 26. Mai und den
Bundesstaat zu wollen und dennoch das Jnhibitorium
an Schwerin zu unterzeichnen! Alle diese Nachrichten
bestürmen die Gemüther zugleich, und die Worte des
[Spaltenumbruch] Grafen Brandenburg vermögen es nicht, die neu aufstei-
genden schweren Befürchtungen zu beschwichtigen.

-- Gestern soll auf der Parade die Mittheilung er-
folgt sein, daß das bekanntlich schon länger erwartete ba-
dische Militär in diesen Tagen hier eintreffen werde. Die
Cavallerie wird zwischen hier und Frankfurt a. d. O.,
die Jnfanterie in Pommern nach der Provinz Posen zu
einquartiert werden. Zu Garnisonsorten sind durchweg
kleine Städte ausersehen worden, in denen das Militär
durchaus auf sich selbst angewiesen und von den auswärtigen
Einflüssen frei bleibt.

-- den 26. Febr. Die unbedeutenden Conflicte im
Schooße des Verwaltungsrathes, von denen heute früh
die Rede war dürfen wohl nicht weiter in Betracht kom-
men. Man begreift, daß Radowitz und Bodelschwingh,
wären sie auch nicht in früherer Zeit verschiedene Wege
gegangen, nicht beide zugleich Preußen officiel vor dem
Parlament vertreten konnten. Daß Radowitz nicht in
Frankfurt bleibt, ist an und für sich gut, denn Niemand
entgeht ganz dem Einfluß der Mitte, in welcher er lebt.
Peucker soll ohnehin alle Garantien bieten. -- Vollpracht
so sagt man uns, wird wahrscheinlich nach Schleswig-
Holstein gehen, aber glücklicher Weise bald zurückkehren.
Man hofft auf eine baldige Regulirung der dortigen Ver-
hältnisse. -- Man behauptet, Hassenpflug sei preußisch
gesinnt [ ja wohl -- neu=preußisch! ] und werde so lange
deutsch bleiben, wie das preußische Gouvernement, also
hoffentlich immer. Nichts desto weniger und trotz der be-
ruhigenden ministeriellen Nachrichten blickt man mit Be-
sorgniß nach jener Seite hin. Pfeiffer ist übrigens "als
zu demokratisch abberufen!"

Kassel, 26. Febr. Die Aufregung über den bekla-
genswerthen Ministerwechsel dauert fort; doch sind außer
einigen Aufläufen Patrouillen=Demonstrationen keine Un-
ruhen vorgekommen. Dagegen werden von allen Seiten
"friedliche" Demonstrationen gegen die neuen Mtnister und
für die alten vorbereitet. Morgen wird auf Veranlassung
und unter der Leitung der städtischen Behörden die ge-
sammte constitutionelle Bürgerschaft einen feierlichen Zug
zu den Wohnungen der abgetretenen Minister veranstalten;
der Sammelplatz ist auf dem Königsplatze, dicht unter
den Fenstern des Herrn Hassenpflug, der im Gasthofe:
"Zum Könige von Preußen" abgestiegen ist, dann werden
[unleserliches Material - 3 Zeichen fehlen]die Landstände ein großes Essen zu Ehren der Minister,
nämlich der abgetretenen, geben. Auch die Bürgerwehr
bereitet, wie ich höre, eine feierliche Ehrenbezeigung vor,
und an Adressen und Deputationen aus den Provinzen
wird es nicht fehlen. Die gesammte Rechte hat, wie ich
höre gestern Abend über die dem neuen Ministerium ge-
genüber einzunehmende Stellung berathen, und soll mit
großer Einhelligkeit zu dem Schlusse gekommen sein, daß
sofort die allerentschiedenste Opposition ergriffen werden
müsse. Der Minister=Präsident hat in diesen Tagen den
Ober=Bürgermeister, den Polizei=Vorstand und verschiedene
andere Personen zu sich beschieden und ihnen allerlei be-
schwichtigende Erklärungen und Versicherungen über die von
ihm zu befolgenden Grundsätze gegeben; indessen hat dies
nicht den mindesten Eindruck gemacht; ja, in mancher Be-
ziehung ist das öffentliche Mißfallen dadurch nur noch
erhöht worden, indem man nun auch noch von Heuche-
lei und Hinterlist redet. -- Jn der heutigen Stände-
Sitzung wird das neue Ministerium sein Progamm vor-
legen oder doch mit der Volksvertretung, in Verbindung
treten."



[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] aus denselben Motiven ihre Beschlüsse fassen; wir halten
es nur im Jnteresse der allgemeinen Wohlfahrt für zweck-
mäßig, dieselben auf die Wünsche der bedeutenden Majo-
rität der Gemeindeglieder aufmerksam zu machen. —

Seit dem vorigen Jahre ist das bisherige Schulgeld
aufgehoben und die Aufbringung der Schulbedürfnisse nach
Vermögen und Einkommen eingeführt. Dasselbe war, wie
dieses schon vor uns in diesen Blättern erörtert ist, mit
den Armenbedürfnissen der Fall. —

Jm Jahre 1848 wurde auch von der großen Mehr-
zahl der Gemeindeglieder bei der Königlichen Regierung,
als den örtlichen Verhältnissen angemessen, der Antrag
gestellt, die Kommunalsteuer nach Vermögen und Ein-
kommen aufzubringen. Hierauf resolvirte die Königliche
Regierung: Diesem Antrage könne nur entsprochen wer-
den, wenn er von den Gemeinde=Verordneten, den gesetz-
lichen Vertretern der Gemeinde, gestellt würde. —

Diese Entscheidung ist vom 31. Juli 1848 und in
Händen des Herrn F. E. Fleing, der sie Jedem, der da-
ran Jnteresse findet, zur Einsicht vorlegen wird. Dieselbe
bürgt dafür, daß es nur eines Antrages, die Kommunal-
steuer nach Vermögen und Einkommen veranlagen zu
wollen, seitens der gesetzlichen Vertreter der Gemeinde be-
darf, um die Genehmigung der Königlichen Regierung zu
erlangen. —

Mit allem Recht erwarten wir, daß die Gemeinde-
Verordneten die Wünsche der Gemeinde in ihrer bedeuten-
den Majorität nicht länger unberücksichtigt lassen, daß sie
unserer Gemeinde nicht länger das Verdienst vorenthalten
werden, vor allen Andern den Anforderungen der Gerech-
tigkeit und Humanität bei Aufbringung der Gemeindela-
sten entsprochen zu haben. —

Niedersprockhövel, den 25. Februar 1850.

    F.



Tagesbegebenheiten.

Berlin, den 26. Febr. Die „erste regelmäßige Si-
tzung der preußischen Kammern“ ist also heute geschlossen
— während der besorgte Blick der in ihre Heimath zu-
rückkehrenden Abgeordneten und aller Freunde des Vater-
landes sich mit aller Spannung dem Auswärtigen und
dem Heere zuwendet. Der Minister=Präsident hat es noch
zum Abschiede als die Pflicht der Regierung anerkannt,
„auf dem Wege, mit welchem die Volksvertretung sich
einverstanden erklärt hat, voranzuschreiten,“ und hat dabei
erklärt, daß das Ministerium hierzu auch entschlossen sei,
namentlich auch dazu, von den Credit=Bewilligungen der
Kammer Gebrauch zu machen, wenn das Jnteresse und
die Ehre des Landes es erheische. Dennoch waltet heute,
in Folge betrübender Nachrichten und Gerüchte, eine trübe
Stimmung vor. Es war hier eifrig und officiös versichert
worden, die preußische Note wegen der Jnsolenzen der
dänischen Thronrede habe in Kopenhagen ihren Eindruck
nicht verfehlt, und das dänische Ministerium habe jene
insolenten Stellen desavouirt; und jetzt müssen wir plötz-
lich aus den dänischen Blättern und Verhandlungen er-
sehen, daß im Gegentheil das dänische Ministerium die
preußische Note mit Hohn beantwortet! Gleichzeitig hören
wir von dem Ministerwechsel in Kurhessen, von dem of-
fenen Vertragsbruche Hannovers und — von dem Aus-
tritte v. Bodelschwingh's aus dem Verwaltungsrathe mit
Ueberlassung seines Platzes an jenen großen „Unenthüllten“'
der es versteht, das Bündniß vom 26. Mai und den
Bundesstaat zu wollen und dennoch das Jnhibitorium
an Schwerin zu unterzeichnen! Alle diese Nachrichten
bestürmen die Gemüther zugleich, und die Worte des
[Spaltenumbruch] Grafen Brandenburg vermögen es nicht, die neu aufstei-
genden schweren Befürchtungen zu beschwichtigen.

— Gestern soll auf der Parade die Mittheilung er-
folgt sein, daß das bekanntlich schon länger erwartete ba-
dische Militär in diesen Tagen hier eintreffen werde. Die
Cavallerie wird zwischen hier und Frankfurt a. d. O.,
die Jnfanterie in Pommern nach der Provinz Posen zu
einquartiert werden. Zu Garnisonsorten sind durchweg
kleine Städte ausersehen worden, in denen das Militär
durchaus auf sich selbst angewiesen und von den auswärtigen
Einflüssen frei bleibt.

— den 26. Febr. Die unbedeutenden Conflicte im
Schooße des Verwaltungsrathes, von denen heute früh
die Rede war dürfen wohl nicht weiter in Betracht kom-
men. Man begreift, daß Radowitz und Bodelschwingh,
wären sie auch nicht in früherer Zeit verschiedene Wege
gegangen, nicht beide zugleich Preußen officiel vor dem
Parlament vertreten konnten. Daß Radowitz nicht in
Frankfurt bleibt, ist an und für sich gut, denn Niemand
entgeht ganz dem Einfluß der Mitte, in welcher er lebt.
Peucker soll ohnehin alle Garantien bieten. — Vollpracht
so sagt man uns, wird wahrscheinlich nach Schleswig-
Holstein gehen, aber glücklicher Weise bald zurückkehren.
Man hofft auf eine baldige Regulirung der dortigen Ver-
hältnisse. — Man behauptet, Hassenpflug sei preußisch
gesinnt [ ja wohl — neu=preußisch! ] und werde so lange
deutsch bleiben, wie das preußische Gouvernement, also
hoffentlich immer. Nichts desto weniger und trotz der be-
ruhigenden ministeriellen Nachrichten blickt man mit Be-
sorgniß nach jener Seite hin. Pfeiffer ist übrigens „als
zu demokratisch abberufen!“

Kassel, 26. Febr. Die Aufregung über den bekla-
genswerthen Ministerwechsel dauert fort; doch sind außer
einigen Aufläufen Patrouillen=Demonstrationen keine Un-
ruhen vorgekommen. Dagegen werden von allen Seiten
„friedliche“ Demonstrationen gegen die neuen Mtnister und
für die alten vorbereitet. Morgen wird auf Veranlassung
und unter der Leitung der städtischen Behörden die ge-
sammte constitutionelle Bürgerschaft einen feierlichen Zug
zu den Wohnungen der abgetretenen Minister veranstalten;
der Sammelplatz ist auf dem Königsplatze, dicht unter
den Fenstern des Herrn Hassenpflug, der im Gasthofe:
„Zum Könige von Preußen“ abgestiegen ist, dann werden
[unleserliches Material – 3 Zeichen fehlen]die Landstände ein großes Essen zu Ehren der Minister,
nämlich der abgetretenen, geben. Auch die Bürgerwehr
bereitet, wie ich höre, eine feierliche Ehrenbezeigung vor,
und an Adressen und Deputationen aus den Provinzen
wird es nicht fehlen. Die gesammte Rechte hat, wie ich
höre gestern Abend über die dem neuen Ministerium ge-
genüber einzunehmende Stellung berathen, und soll mit
großer Einhelligkeit zu dem Schlusse gekommen sein, daß
sofort die allerentschiedenste Opposition ergriffen werden
müsse. Der Minister=Präsident hat in diesen Tagen den
Ober=Bürgermeister, den Polizei=Vorstand und verschiedene
andere Personen zu sich beschieden und ihnen allerlei be-
schwichtigende Erklärungen und Versicherungen über die von
ihm zu befolgenden Grundsätze gegeben; indessen hat dies
nicht den mindesten Eindruck gemacht; ja, in mancher Be-
ziehung ist das öffentliche Mißfallen dadurch nur noch
erhöht worden, indem man nun auch noch von Heuche-
lei und Hinterlist redet. — Jn der heutigen Stände-
Sitzung wird das neue Ministerium sein Progamm vor-
legen oder doch mit der Volksvertretung, in Verbindung
treten.“



[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jLocal" n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0003"/><cb type="start"/>
aus denselben Motiven ihre Beschlüsse fassen; wir halten<lb/>
es nur im Jnteresse der allgemeinen Wohlfahrt für zweck-<lb/>
mäßig, dieselben auf die Wünsche der bedeutenden Majo-<lb/>
rität der Gemeindeglieder aufmerksam zu machen. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Seit dem vorigen Jahre ist das bisherige Schulgeld<lb/>
aufgehoben und die Aufbringung der Schulbedürfnisse nach<lb/>
Vermögen und Einkommen eingeführt. Dasselbe war, wie<lb/>
dieses schon vor uns in diesen Blättern erörtert ist, mit<lb/>
den Armenbedürfnissen der Fall. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Jm Jahre 1848 wurde auch von der großen Mehr-<lb/>
zahl der Gemeindeglieder bei der Königlichen Regierung,<lb/>
als den örtlichen Verhältnissen angemessen, der Antrag<lb/>
gestellt, die Kommunalsteuer nach Vermögen und Ein-<lb/>
kommen aufzubringen. Hierauf resolvirte die Königliche<lb/>
Regierung: Diesem Antrage könne nur entsprochen wer-<lb/>
den, wenn er von den Gemeinde=Verordneten, den gesetz-<lb/>
lichen Vertretern der Gemeinde, gestellt würde. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Diese Entscheidung ist vom 31. Juli 1848 und in<lb/>
Händen des Herrn F. E. Fleing, der sie Jedem, der da-<lb/>
ran Jnteresse findet, zur Einsicht vorlegen wird. Dieselbe<lb/>
bürgt dafür, daß es nur eines Antrages, die Kommunal-<lb/>
steuer nach Vermögen und Einkommen veranlagen zu<lb/>
wollen, seitens der gesetzlichen Vertreter der Gemeinde be-<lb/>
darf, um die Genehmigung der Königlichen Regierung zu<lb/>
erlangen. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Mit allem Recht erwarten wir, daß die Gemeinde-<lb/>
Verordneten die Wünsche der Gemeinde in ihrer bedeuten-<lb/>
den Majorität nicht länger unberücksichtigt lassen, daß sie<lb/>
unserer Gemeinde nicht länger das Verdienst vorenthalten<lb/>
werden, vor allen Andern den Anforderungen der Gerech-<lb/>
tigkeit und Humanität bei Aufbringung der Gemeindela-<lb/>
sten entsprochen zu haben. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Niedersprockhövel, den 25. Februar 1850.</p><lb/>
          <p><space dim="horizontal"/>  F.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jVarious" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr">Tagesbegebenheiten.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Berlin, den 26. Febr. Die &#x201E;erste regelmäßige Si-<lb/>
tzung der preußischen Kammern&#x201C; ist also heute geschlossen<lb/>
&#x2014; während der besorgte Blick der in ihre Heimath zu-<lb/>
rückkehrenden Abgeordneten und aller Freunde des Vater-<lb/>
landes sich mit aller Spannung dem Auswärtigen und<lb/>
dem Heere zuwendet. Der Minister=Präsident hat es noch<lb/>
zum Abschiede als die Pflicht der Regierung anerkannt,<lb/>
&#x201E;auf dem Wege, mit welchem die Volksvertretung sich<lb/>
einverstanden erklärt hat, voranzuschreiten,&#x201C; und hat dabei<lb/>
erklärt, daß das Ministerium hierzu auch entschlossen sei,<lb/>
namentlich auch dazu, von den Credit=Bewilligungen der<lb/>
Kammer Gebrauch zu machen, wenn das Jnteresse und<lb/>
die Ehre des Landes es erheische. Dennoch waltet heute,<lb/>
in Folge betrübender Nachrichten und Gerüchte, eine trübe<lb/>
Stimmung vor. Es war hier eifrig und officiös versichert<lb/>
worden, die preußische Note wegen der Jnsolenzen der<lb/>
dänischen Thronrede habe in Kopenhagen ihren Eindruck<lb/>
nicht verfehlt, und das dänische Ministerium habe jene<lb/>
insolenten Stellen desavouirt; und jetzt müssen wir plötz-<lb/>
lich aus den dänischen Blättern und Verhandlungen er-<lb/>
sehen, daß im Gegentheil das dänische Ministerium die<lb/>
preußische Note mit Hohn beantwortet! Gleichzeitig hören<lb/>
wir von dem Ministerwechsel in Kurhessen, von dem of-<lb/>
fenen Vertragsbruche Hannovers und &#x2014; von dem Aus-<lb/>
tritte v. Bodelschwingh's aus dem Verwaltungsrathe mit<lb/>
Ueberlassung seines Platzes an jenen großen &#x201E;Unenthüllten&#x201C;'<lb/>
der es versteht, das Bündniß vom 26. Mai und den<lb/>
Bundesstaat zu wollen und dennoch das Jnhibitorium<lb/>
an Schwerin zu unterzeichnen! Alle diese Nachrichten<lb/>
bestürmen die Gemüther zugleich, und die Worte des<lb/><cb n="2"/>
Grafen Brandenburg vermögen es nicht, die neu aufstei-<lb/>
genden schweren Befürchtungen zu beschwichtigen.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>&#x2014; Gestern soll auf der Parade die Mittheilung er-<lb/>
folgt sein, daß das bekanntlich schon länger erwartete ba-<lb/>
dische Militär in diesen Tagen hier eintreffen werde. Die<lb/>
Cavallerie wird zwischen hier und Frankfurt a. d. O.,<lb/>
die Jnfanterie in Pommern nach der Provinz Posen zu<lb/>
einquartiert werden. Zu Garnisonsorten sind durchweg<lb/>
kleine Städte ausersehen worden, in denen das Militär<lb/>
durchaus auf sich selbst angewiesen und von den auswärtigen<lb/>
Einflüssen frei bleibt.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>&#x2014; den 26. Febr. Die unbedeutenden Conflicte im<lb/>
Schooße des Verwaltungsrathes, von denen heute früh<lb/>
die Rede war dürfen wohl nicht weiter in Betracht kom-<lb/>
men. Man begreift, daß Radowitz und Bodelschwingh,<lb/>
wären sie auch nicht in früherer Zeit verschiedene Wege<lb/>
gegangen, nicht beide zugleich Preußen officiel vor dem<lb/>
Parlament vertreten konnten. Daß Radowitz nicht in<lb/>
Frankfurt bleibt, ist an und für sich gut, denn Niemand<lb/>
entgeht ganz dem Einfluß der Mitte, in welcher er lebt.<lb/>
Peucker soll ohnehin alle Garantien bieten. &#x2014; Vollpracht<lb/>
so sagt man uns, wird wahrscheinlich nach Schleswig-<lb/>
Holstein gehen, aber glücklicher Weise bald zurückkehren.<lb/>
Man hofft auf eine baldige Regulirung der dortigen Ver-<lb/>
hältnisse. &#x2014; Man behauptet, Hassenpflug sei preußisch<lb/>
gesinnt [ ja wohl &#x2014; neu=preußisch! ] und werde so lange<lb/>
deutsch bleiben, wie das preußische Gouvernement, also<lb/>
hoffentlich immer. Nichts desto weniger und trotz der be-<lb/>
ruhigenden ministeriellen Nachrichten blickt man mit Be-<lb/>
sorgniß nach jener Seite hin. Pfeiffer ist übrigens &#x201E;als<lb/>
zu demokratisch abberufen!&#x201C;</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Kassel, 26. Febr. Die Aufregung über den bekla-<lb/>
genswerthen Ministerwechsel dauert fort; doch sind außer<lb/>
einigen Aufläufen Patrouillen=Demonstrationen keine Un-<lb/>
ruhen vorgekommen. Dagegen werden von allen Seiten<lb/>
&#x201E;friedliche&#x201C; Demonstrationen gegen die neuen Mtnister und<lb/>
für die alten vorbereitet. Morgen wird auf Veranlassung<lb/>
und unter der Leitung der städtischen Behörden die ge-<lb/>
sammte constitutionelle Bürgerschaft einen feierlichen Zug<lb/>
zu den Wohnungen der abgetretenen Minister veranstalten;<lb/>
der Sammelplatz ist auf dem Königsplatze, dicht unter<lb/>
den Fenstern des Herrn Hassenpflug, der im Gasthofe:<lb/>
&#x201E;Zum Könige von Preußen&#x201C; abgestiegen ist, dann werden<lb/><gap reason="illegible" unit="chars" quantity="3"/>die Landstände ein großes Essen zu Ehren der Minister,<lb/>
nämlich der abgetretenen, geben. Auch die Bürgerwehr<lb/>
bereitet, wie ich höre, eine feierliche Ehrenbezeigung vor,<lb/>
und an Adressen und Deputationen aus den Provinzen<lb/>
wird es nicht fehlen. Die gesammte Rechte hat, wie ich<lb/>
höre gestern Abend über die dem neuen Ministerium ge-<lb/>
genüber einzunehmende Stellung berathen, und soll mit<lb/>
großer Einhelligkeit zu dem Schlusse gekommen sein, daß<lb/>
sofort die allerentschiedenste Opposition ergriffen werden<lb/>
müsse. Der Minister=Präsident hat in diesen Tagen den<lb/>
Ober=Bürgermeister, den Polizei=Vorstand und verschiedene<lb/>
andere Personen zu sich beschieden und ihnen allerlei be-<lb/>
schwichtigende Erklärungen und Versicherungen über die von<lb/>
ihm zu befolgenden Grundsätze gegeben; indessen hat dies<lb/>
nicht den mindesten Eindruck gemacht; ja, in mancher Be-<lb/>
ziehung ist das öffentliche Mißfallen dadurch nur noch<lb/>
erhöht worden, indem man nun auch noch von Heuche-<lb/>
lei und Hinterlist redet. &#x2014; Jn der heutigen Stände-<lb/>
Sitzung wird das neue Ministerium sein Progamm vor-<lb/>
legen oder doch mit der Volksvertretung, in Verbindung<lb/>
treten.&#x201C;</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <cb type="end"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0003] aus denselben Motiven ihre Beschlüsse fassen; wir halten es nur im Jnteresse der allgemeinen Wohlfahrt für zweck- mäßig, dieselben auf die Wünsche der bedeutenden Majo- rität der Gemeindeglieder aufmerksam zu machen. — Seit dem vorigen Jahre ist das bisherige Schulgeld aufgehoben und die Aufbringung der Schulbedürfnisse nach Vermögen und Einkommen eingeführt. Dasselbe war, wie dieses schon vor uns in diesen Blättern erörtert ist, mit den Armenbedürfnissen der Fall. — Jm Jahre 1848 wurde auch von der großen Mehr- zahl der Gemeindeglieder bei der Königlichen Regierung, als den örtlichen Verhältnissen angemessen, der Antrag gestellt, die Kommunalsteuer nach Vermögen und Ein- kommen aufzubringen. Hierauf resolvirte die Königliche Regierung: Diesem Antrage könne nur entsprochen wer- den, wenn er von den Gemeinde=Verordneten, den gesetz- lichen Vertretern der Gemeinde, gestellt würde. — Diese Entscheidung ist vom 31. Juli 1848 und in Händen des Herrn F. E. Fleing, der sie Jedem, der da- ran Jnteresse findet, zur Einsicht vorlegen wird. Dieselbe bürgt dafür, daß es nur eines Antrages, die Kommunal- steuer nach Vermögen und Einkommen veranlagen zu wollen, seitens der gesetzlichen Vertreter der Gemeinde be- darf, um die Genehmigung der Königlichen Regierung zu erlangen. — Mit allem Recht erwarten wir, daß die Gemeinde- Verordneten die Wünsche der Gemeinde in ihrer bedeuten- den Majorität nicht länger unberücksichtigt lassen, daß sie unserer Gemeinde nicht länger das Verdienst vorenthalten werden, vor allen Andern den Anforderungen der Gerech- tigkeit und Humanität bei Aufbringung der Gemeindela- sten entsprochen zu haben. — Niedersprockhövel, den 25. Februar 1850. F. Tagesbegebenheiten. Berlin, den 26. Febr. Die „erste regelmäßige Si- tzung der preußischen Kammern“ ist also heute geschlossen — während der besorgte Blick der in ihre Heimath zu- rückkehrenden Abgeordneten und aller Freunde des Vater- landes sich mit aller Spannung dem Auswärtigen und dem Heere zuwendet. Der Minister=Präsident hat es noch zum Abschiede als die Pflicht der Regierung anerkannt, „auf dem Wege, mit welchem die Volksvertretung sich einverstanden erklärt hat, voranzuschreiten,“ und hat dabei erklärt, daß das Ministerium hierzu auch entschlossen sei, namentlich auch dazu, von den Credit=Bewilligungen der Kammer Gebrauch zu machen, wenn das Jnteresse und die Ehre des Landes es erheische. Dennoch waltet heute, in Folge betrübender Nachrichten und Gerüchte, eine trübe Stimmung vor. Es war hier eifrig und officiös versichert worden, die preußische Note wegen der Jnsolenzen der dänischen Thronrede habe in Kopenhagen ihren Eindruck nicht verfehlt, und das dänische Ministerium habe jene insolenten Stellen desavouirt; und jetzt müssen wir plötz- lich aus den dänischen Blättern und Verhandlungen er- sehen, daß im Gegentheil das dänische Ministerium die preußische Note mit Hohn beantwortet! Gleichzeitig hören wir von dem Ministerwechsel in Kurhessen, von dem of- fenen Vertragsbruche Hannovers und — von dem Aus- tritte v. Bodelschwingh's aus dem Verwaltungsrathe mit Ueberlassung seines Platzes an jenen großen „Unenthüllten“' der es versteht, das Bündniß vom 26. Mai und den Bundesstaat zu wollen und dennoch das Jnhibitorium an Schwerin zu unterzeichnen! Alle diese Nachrichten bestürmen die Gemüther zugleich, und die Worte des Grafen Brandenburg vermögen es nicht, die neu aufstei- genden schweren Befürchtungen zu beschwichtigen. — Gestern soll auf der Parade die Mittheilung er- folgt sein, daß das bekanntlich schon länger erwartete ba- dische Militär in diesen Tagen hier eintreffen werde. Die Cavallerie wird zwischen hier und Frankfurt a. d. O., die Jnfanterie in Pommern nach der Provinz Posen zu einquartiert werden. Zu Garnisonsorten sind durchweg kleine Städte ausersehen worden, in denen das Militär durchaus auf sich selbst angewiesen und von den auswärtigen Einflüssen frei bleibt. — den 26. Febr. Die unbedeutenden Conflicte im Schooße des Verwaltungsrathes, von denen heute früh die Rede war dürfen wohl nicht weiter in Betracht kom- men. Man begreift, daß Radowitz und Bodelschwingh, wären sie auch nicht in früherer Zeit verschiedene Wege gegangen, nicht beide zugleich Preußen officiel vor dem Parlament vertreten konnten. Daß Radowitz nicht in Frankfurt bleibt, ist an und für sich gut, denn Niemand entgeht ganz dem Einfluß der Mitte, in welcher er lebt. Peucker soll ohnehin alle Garantien bieten. — Vollpracht so sagt man uns, wird wahrscheinlich nach Schleswig- Holstein gehen, aber glücklicher Weise bald zurückkehren. Man hofft auf eine baldige Regulirung der dortigen Ver- hältnisse. — Man behauptet, Hassenpflug sei preußisch gesinnt [ ja wohl — neu=preußisch! ] und werde so lange deutsch bleiben, wie das preußische Gouvernement, also hoffentlich immer. Nichts desto weniger und trotz der be- ruhigenden ministeriellen Nachrichten blickt man mit Be- sorgniß nach jener Seite hin. Pfeiffer ist übrigens „als zu demokratisch abberufen!“ Kassel, 26. Febr. Die Aufregung über den bekla- genswerthen Ministerwechsel dauert fort; doch sind außer einigen Aufläufen Patrouillen=Demonstrationen keine Un- ruhen vorgekommen. Dagegen werden von allen Seiten „friedliche“ Demonstrationen gegen die neuen Mtnister und für die alten vorbereitet. Morgen wird auf Veranlassung und unter der Leitung der städtischen Behörden die ge- sammte constitutionelle Bürgerschaft einen feierlichen Zug zu den Wohnungen der abgetretenen Minister veranstalten; der Sammelplatz ist auf dem Königsplatze, dicht unter den Fenstern des Herrn Hassenpflug, der im Gasthofe: „Zum Könige von Preußen“ abgestiegen ist, dann werden ___die Landstände ein großes Essen zu Ehren der Minister, nämlich der abgetretenen, geben. Auch die Bürgerwehr bereitet, wie ich höre, eine feierliche Ehrenbezeigung vor, und an Adressen und Deputationen aus den Provinzen wird es nicht fehlen. Die gesammte Rechte hat, wie ich höre gestern Abend über die dem neuen Ministerium ge- genüber einzunehmende Stellung berathen, und soll mit großer Einhelligkeit zu dem Schlusse gekommen sein, daß sofort die allerentschiedenste Opposition ergriffen werden müsse. Der Minister=Präsident hat in diesen Tagen den Ober=Bürgermeister, den Polizei=Vorstand und verschiedene andere Personen zu sich beschieden und ihnen allerlei be- schwichtigende Erklärungen und Versicherungen über die von ihm zu befolgenden Grundsätze gegeben; indessen hat dies nicht den mindesten Eindruck gemacht; ja, in mancher Be- ziehung ist das öffentliche Mißfallen dadurch nur noch erhöht worden, indem man nun auch noch von Heuche- lei und Hinterlist redet. — Jn der heutigen Stände- Sitzung wird das neue Ministerium sein Progamm vor- legen oder doch mit der Volksvertretung, in Verbindung treten.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz, Benjamin Fiechter: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maerkische018_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maerkische018_1850/3
Zitationshilfe: Märkische Blätter. Nr. 18. Hattingen, 2. März 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maerkische018_1850/3>, abgerufen am 14.08.2024.