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Märkische Blätter. Jahrgang 5, Nr. 14. Hattingen, 17. Februar 1855.

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[Beginn Spaltensatz] daß ich mit dir leben müßte! Und daß macht wieder, daß sie noch
aparter, hartköpfiger und liebloser werden, und sich immer mehr ver-
einzelnen.

So war Lips aber nicht genaturt. Aller Kinder Liebling war
er im Dorfe, weil er oft etwas für sie hatte und jedem freundlich
war; alle hatten ihn gerne, denn es war kein Unglück im Dorfe, so
war er gewiß zuerst zur Hülfe da; kein Leid, wo er nicht Trost brachte
keine Krankheit wo er nicht zur Pflege um Gottes willen bereit ge-
wesen wäre.

Er war ein fleißiger treuer Arbeiter, der zu sagen pflegte: Ein
Tagelöhner vermiethet an seinen Arbeitgeber seine Kraft, seine Treue
und seinen guten Willen. Er kriegt seinen ehrlichen Lohn, daher muß
er auch ehrlich geben, was er für solchen Lohn vermiethet hat. Da-
ran denken Wenige. Jst nur der Tag herum, denken sie, dann kommt
mein Lohn; ob ich ihn verdient oder nicht, daß ist Einerlei; aber
das ist nicht Einerlei vor Gott und dem Gewissen eines Redlichen.
Auch Lips dachte so nicht; darum fuchte ihn Jedermann und die
Hausfrauen hatten auch immer etwas für ihn zu übrig. Jn einem
Dachstübchen wo Wind und Wetter oft von verschiedener Seite sich
begegneten und Gesellschaft hielten, das Eine nämlich durch die zer-
brochenen Fenster, der Andere durch die Fugen, die kafften, wohnte er.
Da war ein alter Stuhl, ein wackliger Tisch, ein Bett von Hafer-
spreu und eine Kiste sein Ein und Alles. Bei aller Liebe der Leute
zu ihm, war doch der Hunger kein ganz fremder Gast bei ihm, und
die Winterkälte schüttelte manchmal die alten Knochen, die die wenigen
Zähne mit einander klapperten, als hätten sie sich von der Härte des
Winters Viel vorzuplappern.

Er war ein Vetter der armen Martha, und stand ihr oft mit
Rath und That bei und übte einen recht heilsamen Einfluß auf ihr
Kind aus. Seit sie krank war, pflegte er sie in jeder freien Stunde
und gar manche, traurige Nacht, wachte er an ihrem Bett und
erquickte sie durch Vorlesen aus Gottes Wort, Gebet und Gesang-
buch. --

    ( Fortsetzung folgt. )



Orientalische Angelegenheiten.

Die Alliirten fahren fort aus ihren neu postirten Mörsern Bom-
ben in die Stadt zu werfen, und deren Wirkung zu prüfen. Die
Befchließung mit Vollkugeln hat, wie uns für bestimmt versichert wird,
noch nicht begonnen. Die Alliirten haben in diesem Augenblick 176
Positionsgefchütze in Batterie. Aus den amtlichen Rapporten der
Generale Raglan und Canrobert geht aber hervor, daß die fünf Ba-
stionen, welche die krenellirte Mauer krönen, und die andern impro-
visirten Vertheidigungswerke der Russen mit 400 Geschützen des
schwersten Kalibers armirt sind. Das Feuer der Belagerer wird da-
her dreifach erwidert. Es muß hier jedoch bemerkt werden, daß die
Position der Anglo=Franken demonirend und doch gedeckt, jene der
Belagerten stark befestigt, aber dem Feuer ausgesetzt ist.

Die französischen Geniepunkten haben sich den äußersten Festungs-
werken so genähert, daß die russ. Werke ernstlich [unleserliches Material - 7 Zeichen fehlen]bedroht sind. Der
Commandant von Sebastopol hat vom 15. bis incl. 29. Januar
sechs größere Ausfälle gegen die [unleserliches Material - 9 Zeichen fehlen]Trancheen unternommen; das wan-
delbare Kriegsglück war bald den Russen bald den Allurten günstiger.
Eigentliche Vortheile hat aber keine kriegführende Parthei davon ge-
tragen.

Zum Verständniß der jetzigen Situation dient folgende Stelle aus
dem Briefe eines österreichischen Schiffscapitains: Die Alliirten
haben bisher nicht vermocht, auch nur ein einziges der fünf größern
Werke des südlichen Theiles von Sebastopol zu zerstören; aber an-
dererseits haben die Russen von keinem einzigen Ausfalle größere Er-
folge geerntet, und die Alliirten sind im [unleserliches Material - 7 Zeichen fehlen]Plateau und bei Balaklava
so verschanzt, daß sie den Angriff der Russen gar nicht zu befürchten
haben.

Das englische Heer ist bis auf 28,000 Mann, wovon fich ein
Drittel marod oder krank befindet, herabgeschmolzen. Der Marschall
hat jetzt nur noch zwei Generale an seiner Seite, aber die Sieger an
der Alma und bei [unleserliches Material - 8 Zeichen fehlen]Jnkerman, die unerschrockenen, noch nicht gefchla-
genen Belagerer von Sebastopol, haben auch nicht einen Augenblick
ihr Vertrauen zu ihrem Feldherrn verloren. Der tapfere Lord sah an
[Spaltenumbruch] seiner Seite die besten Obersten fallen, andere lagen an ihren Wunden
krank darnieder, und wieder andere haben das Lager mit Urlaub ver-
lassen, um stumme Ankläger des Lords zu werden und hierfür Dank-
adressen entgegen zu nehmen. Es ist immerhin möglich, daß Lord
Raglan, durch Sir de Laci Evans im Commanda ersetzt werden
wird. Lord Raglan und seine tapfere englische Schaar haben sich
unzweifelhaft mit Ruhm bedeckt, sie haben mit ihrem Blute gut gemacht
was die schlechte Administration zu London seit vierzig Jahren
herbeigeführt.

Das Morning Chronicle meldet nach Berichten aus Konstanti-
nopel vom 1. Februar, daß Persiens Haltung neuerdings wieder
besorgnißerregend geworden sei und Frankreich und England deßhalb
dem Schah dem Vernehmen nach ein Ultimatum zugeschickt hätte.

Konstantinopel, 29. Jan. 400 Zuaven wurden gesesselt
nach Toulon durchgeführt, welche eine Meuterei zur Erzwingung des
Abzugs aus der Krimm angezettelt hattenn.

Die britische Armee wird unverzüglich um 115,000 Mann ver-
mehrt, nämlich um 100,000 Mann Jnsanterie und 15,000 Mann
Cavallerie, Artillerie und Mariniers.

( Man muß genauere Nachrichten abwarten, um zu wissen woher
diese Verstärkungen genommen werden sollen. )



Deutschland.

Berlin, 12. Febr. Der in der Armee so wie in weitern Krei-
sen rühmlichst bekannte Gen. der Jnf. a. D. v. Aster, ist am
Sonnabend Abend nach längerem Krankenlager in einem Alter von
77 Jahren hierselbst gestorben.

-- 13. Febr Der "Wanderer" bringt einen Artikel aus Wien
in welchem dieses Jourual erklärt, mit Bestimmtheit erfahren zu ha-
ben, daß Preußen bereits am 8. d. M. in Paris einen Seperatvertrag
mit Frankreich und England im Einverständniß mit Oesterreich ab-
geschlossen habe. [unleserliches Material - 8 Zeichen fehlen]Zugleich werden verschiedene Einzelnheiten des an-
geblichen Vertrages [unleserliches Material - 11 Zeichen fehlen]mitgetheilt und weitgehende politische Conjunkturen
daran geknüpft.

Vom Niederrhein, 11. Febr. Der ganze Niederrhein bietet
in diesem Augenbhicke [unleserliches Material - 2 Zeichen fehlen]in seiner gährenden und furchtbaren Bewegung
in dem stetem Forttreiben mächtiger, oft den ganzen Strom bedeckenden
Eisschollen, ein imposantes wie großartiges Schauspiel der Kraft und
Größe dar.

Jn den Städten Emmerich und Rees steht das Wasser bereits
so tief, daß die Communication nur durch Nachen unterhalten werden
können. Die Wassernoth ist bereits dort so groß, daß die Ställe
für die Pferde der dort cantonnirenden Artillerie haben geräumt wer-
den müssen und dem Vernehmen nach auf eine Verlegung der be-
treffenden Detachements Bedacht genommen werden soll.

Nach der Mittheilung eines zuverläßigen Augenzeugen haben sich
in dem zwischen Rees und Emmerich hart am Rheine liegenden
Dorfe Doornick die Eisfchollen mit solcher Macht und in solcher
Masse aufgehäuft, daß sie durch menschliche Kraft nicht bewältigt
werden konnten und sich gleich Berge aufthürmten.

Wesel, 11. Febr. Vorgestern Abend fand man den Nacht-
wächter auf dem Kirchthurme, den er etwa zwei Stunden vorher
ganz gesund bestiegen hatte, erstarrt und todt liegen. Dieser Fall
ereegt ein um so größeres allgemeines Jnteresse, als auch sein Kollege
zwei Tage vorher gestorben war. Beide Nachtwächter waren alte ab-
gelebte Greise, die sich von der geringen Remumeration von drei
sage drei Silbergroschen für ihren Nachtdienst weder durch ange-
messene warme Kleidung noch durch stärkende Nahrung vor Kälte
und Entbehrung schützen konnten. -- Jst auch anderswo da!

Frankreich.

Paris, 12. Febr. Nach dem Jndependant de la Mosell
vom 9. Februar wurde die Errichtung eines Lagers von 100,000
bis 120,000 Mann bei Metz, daß zum Hauptquartier bestimmt
wäre, beabsichtigt. Der Jndependant behauptet sogar, das der
Kaiser [unleserliches Material - 8 Zeichen fehlen]Napoleon selbst den [unleserliches Material - 10 Zeichen fehlen]Oberbefehl führen werde, und daß
man deshalb jetzt zu Nancy den Pallast Stanislaus in Stand
setzen wird.

[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] daß ich mit dir leben müßte! Und daß macht wieder, daß sie noch
aparter, hartköpfiger und liebloser werden, und sich immer mehr ver-
einzelnen.

So war Lips aber nicht genaturt. Aller Kinder Liebling war
er im Dorfe, weil er oft etwas für sie hatte und jedem freundlich
war; alle hatten ihn gerne, denn es war kein Unglück im Dorfe, so
war er gewiß zuerst zur Hülfe da; kein Leid, wo er nicht Trost brachte
keine Krankheit wo er nicht zur Pflege um Gottes willen bereit ge-
wesen wäre.

Er war ein fleißiger treuer Arbeiter, der zu sagen pflegte: Ein
Tagelöhner vermiethet an seinen Arbeitgeber seine Kraft, seine Treue
und seinen guten Willen. Er kriegt seinen ehrlichen Lohn, daher muß
er auch ehrlich geben, was er für solchen Lohn vermiethet hat. Da-
ran denken Wenige. Jst nur der Tag herum, denken sie, dann kommt
mein Lohn; ob ich ihn verdient oder nicht, daß ist Einerlei; aber
das ist nicht Einerlei vor Gott und dem Gewissen eines Redlichen.
Auch Lips dachte so nicht; darum fuchte ihn Jedermann und die
Hausfrauen hatten auch immer etwas für ihn zu übrig. Jn einem
Dachstübchen wo Wind und Wetter oft von verschiedener Seite sich
begegneten und Gesellschaft hielten, das Eine nämlich durch die zer-
brochenen Fenster, der Andere durch die Fugen, die kafften, wohnte er.
Da war ein alter Stuhl, ein wackliger Tisch, ein Bett von Hafer-
spreu und eine Kiste sein Ein und Alles. Bei aller Liebe der Leute
zu ihm, war doch der Hunger kein ganz fremder Gast bei ihm, und
die Winterkälte schüttelte manchmal die alten Knochen, die die wenigen
Zähne mit einander klapperten, als hätten sie sich von der Härte des
Winters Viel vorzuplappern.

Er war ein Vetter der armen Martha, und stand ihr oft mit
Rath und That bei und übte einen recht heilsamen Einfluß auf ihr
Kind aus. Seit sie krank war, pflegte er sie in jeder freien Stunde
und gar manche, traurige Nacht, wachte er an ihrem Bett und
erquickte sie durch Vorlesen aus Gottes Wort, Gebet und Gesang-
buch. —

    ( Fortsetzung folgt. )



Orientalische Angelegenheiten.

Die Alliirten fahren fort aus ihren neu postirten Mörsern Bom-
ben in die Stadt zu werfen, und deren Wirkung zu prüfen. Die
Befchließung mit Vollkugeln hat, wie uns für bestimmt versichert wird,
noch nicht begonnen. Die Alliirten haben in diesem Augenblick 176
Positionsgefchütze in Batterie. Aus den amtlichen Rapporten der
Generale Raglan und Canrobert geht aber hervor, daß die fünf Ba-
stionen, welche die krenellirte Mauer krönen, und die andern impro-
visirten Vertheidigungswerke der Russen mit 400 Geschützen des
schwersten Kalibers armirt sind. Das Feuer der Belagerer wird da-
her dreifach erwidert. Es muß hier jedoch bemerkt werden, daß die
Position der Anglo=Franken demonirend und doch gedeckt, jene der
Belagerten stark befestigt, aber dem Feuer ausgesetzt ist.

Die französischen Geniepunkten haben sich den äußersten Festungs-
werken so genähert, daß die russ. Werke ernstlich [unleserliches Material – 7 Zeichen fehlen]bedroht sind. Der
Commandant von Sebastopol hat vom 15. bis incl. 29. Januar
sechs größere Ausfälle gegen die [unleserliches Material – 9 Zeichen fehlen]Trancheen unternommen; das wan-
delbare Kriegsglück war bald den Russen bald den Allurten günstiger.
Eigentliche Vortheile hat aber keine kriegführende Parthei davon ge-
tragen.

Zum Verständniß der jetzigen Situation dient folgende Stelle aus
dem Briefe eines österreichischen Schiffscapitains: Die Alliirten
haben bisher nicht vermocht, auch nur ein einziges der fünf größern
Werke des südlichen Theiles von Sebastopol zu zerstören; aber an-
dererseits haben die Russen von keinem einzigen Ausfalle größere Er-
folge geerntet, und die Alliirten sind im [unleserliches Material – 7 Zeichen fehlen]Plateau und bei Balaklava
so verschanzt, daß sie den Angriff der Russen gar nicht zu befürchten
haben.

Das englische Heer ist bis auf 28,000 Mann, wovon fich ein
Drittel marod oder krank befindet, herabgeschmolzen. Der Marschall
hat jetzt nur noch zwei Generale an seiner Seite, aber die Sieger an
der Alma und bei [unleserliches Material – 8 Zeichen fehlen]Jnkerman, die unerschrockenen, noch nicht gefchla-
genen Belagerer von Sebastopol, haben auch nicht einen Augenblick
ihr Vertrauen zu ihrem Feldherrn verloren. Der tapfere Lord sah an
[Spaltenumbruch] seiner Seite die besten Obersten fallen, andere lagen an ihren Wunden
krank darnieder, und wieder andere haben das Lager mit Urlaub ver-
lassen, um stumme Ankläger des Lords zu werden und hierfür Dank-
adressen entgegen zu nehmen. Es ist immerhin möglich, daß Lord
Raglan, durch Sir de Laci Evans im Commanda ersetzt werden
wird. Lord Raglan und seine tapfere englische Schaar haben sich
unzweifelhaft mit Ruhm bedeckt, sie haben mit ihrem Blute gut gemacht
was die schlechte Administration zu London seit vierzig Jahren
herbeigeführt.

Das Morning Chronicle meldet nach Berichten aus Konstanti-
nopel vom 1. Februar, daß Persiens Haltung neuerdings wieder
besorgnißerregend geworden sei und Frankreich und England deßhalb
dem Schah dem Vernehmen nach ein Ultimatum zugeschickt hätte.

Konstantinopel, 29. Jan. 400 Zuaven wurden gesesselt
nach Toulon durchgeführt, welche eine Meuterei zur Erzwingung des
Abzugs aus der Krimm angezettelt hattenn.

Die britische Armee wird unverzüglich um 115,000 Mann ver-
mehrt, nämlich um 100,000 Mann Jnsanterie und 15,000 Mann
Cavallerie, Artillerie und Mariniers.

( Man muß genauere Nachrichten abwarten, um zu wissen woher
diese Verstärkungen genommen werden sollen. )



Deutschland.

Berlin, 12. Febr. Der in der Armee so wie in weitern Krei-
sen rühmlichst bekannte Gen. der Jnf. a. D. v. Aster, ist am
Sonnabend Abend nach längerem Krankenlager in einem Alter von
77 Jahren hierselbst gestorben.

— 13. Febr Der „Wanderer“ bringt einen Artikel aus Wien
in welchem dieses Jourual erklärt, mit Bestimmtheit erfahren zu ha-
ben, daß Preußen bereits am 8. d. M. in Paris einen Seperatvertrag
mit Frankreich und England im Einverständniß mit Oesterreich ab-
geschlossen habe. [unleserliches Material – 8 Zeichen fehlen]Zugleich werden verschiedene Einzelnheiten des an-
geblichen Vertrages [unleserliches Material – 11 Zeichen fehlen]mitgetheilt und weitgehende politische Conjunkturen
daran geknüpft.

Vom Niederrhein, 11. Febr. Der ganze Niederrhein bietet
in diesem Augenbhicke [unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]in seiner gährenden und furchtbaren Bewegung
in dem stetem Forttreiben mächtiger, oft den ganzen Strom bedeckenden
Eisschollen, ein imposantes wie großartiges Schauspiel der Kraft und
Größe dar.

Jn den Städten Emmerich und Rees steht das Wasser bereits
so tief, daß die Communication nur durch Nachen unterhalten werden
können. Die Wassernoth ist bereits dort so groß, daß die Ställe
für die Pferde der dort cantonnirenden Artillerie haben geräumt wer-
den müssen und dem Vernehmen nach auf eine Verlegung der be-
treffenden Detachements Bedacht genommen werden soll.

Nach der Mittheilung eines zuverläßigen Augenzeugen haben sich
in dem zwischen Rees und Emmerich hart am Rheine liegenden
Dorfe Doornick die Eisfchollen mit solcher Macht und in solcher
Masse aufgehäuft, daß sie durch menschliche Kraft nicht bewältigt
werden konnten und sich gleich Berge aufthürmten.

Wesel, 11. Febr. Vorgestern Abend fand man den Nacht-
wächter auf dem Kirchthurme, den er etwa zwei Stunden vorher
ganz gesund bestiegen hatte, erstarrt und todt liegen. Dieser Fall
ereegt ein um so größeres allgemeines Jnteresse, als auch sein Kollege
zwei Tage vorher gestorben war. Beide Nachtwächter waren alte ab-
gelebte Greise, die sich von der geringen Remumeration von drei
sage drei Silbergroschen für ihren Nachtdienst weder durch ange-
messene warme Kleidung noch durch stärkende Nahrung vor Kälte
und Entbehrung schützen konnten. — Jst auch anderswo da!

Frankreich.

Paris, 12. Febr. Nach dem Jndependant de la Mosell
vom 9. Februar wurde die Errichtung eines Lagers von 100,000
bis 120,000 Mann bei Metz, daß zum Hauptquartier bestimmt
wäre, beabsichtigt. Der Jndependant behauptet sogar, das der
Kaiser [unleserliches Material – 8 Zeichen fehlen]Napoleon selbst den [unleserliches Material – 10 Zeichen fehlen]Oberbefehl führen werde, und daß
man deshalb jetzt zu Nancy den Pallast Stanislaus in Stand
setzen wird.

[Ende Spaltensatz]
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[0002] daß ich mit dir leben müßte! Und daß macht wieder, daß sie noch aparter, hartköpfiger und liebloser werden, und sich immer mehr ver- einzelnen. So war Lips aber nicht genaturt. Aller Kinder Liebling war er im Dorfe, weil er oft etwas für sie hatte und jedem freundlich war; alle hatten ihn gerne, denn es war kein Unglück im Dorfe, so war er gewiß zuerst zur Hülfe da; kein Leid, wo er nicht Trost brachte keine Krankheit wo er nicht zur Pflege um Gottes willen bereit ge- wesen wäre. Er war ein fleißiger treuer Arbeiter, der zu sagen pflegte: Ein Tagelöhner vermiethet an seinen Arbeitgeber seine Kraft, seine Treue und seinen guten Willen. Er kriegt seinen ehrlichen Lohn, daher muß er auch ehrlich geben, was er für solchen Lohn vermiethet hat. Da- ran denken Wenige. Jst nur der Tag herum, denken sie, dann kommt mein Lohn; ob ich ihn verdient oder nicht, daß ist Einerlei; aber das ist nicht Einerlei vor Gott und dem Gewissen eines Redlichen. Auch Lips dachte so nicht; darum fuchte ihn Jedermann und die Hausfrauen hatten auch immer etwas für ihn zu übrig. Jn einem Dachstübchen wo Wind und Wetter oft von verschiedener Seite sich begegneten und Gesellschaft hielten, das Eine nämlich durch die zer- brochenen Fenster, der Andere durch die Fugen, die kafften, wohnte er. Da war ein alter Stuhl, ein wackliger Tisch, ein Bett von Hafer- spreu und eine Kiste sein Ein und Alles. Bei aller Liebe der Leute zu ihm, war doch der Hunger kein ganz fremder Gast bei ihm, und die Winterkälte schüttelte manchmal die alten Knochen, die die wenigen Zähne mit einander klapperten, als hätten sie sich von der Härte des Winters Viel vorzuplappern. Er war ein Vetter der armen Martha, und stand ihr oft mit Rath und That bei und übte einen recht heilsamen Einfluß auf ihr Kind aus. Seit sie krank war, pflegte er sie in jeder freien Stunde und gar manche, traurige Nacht, wachte er an ihrem Bett und erquickte sie durch Vorlesen aus Gottes Wort, Gebet und Gesang- buch. — ( Fortsetzung folgt. ) Orientalische Angelegenheiten. Die Alliirten fahren fort aus ihren neu postirten Mörsern Bom- ben in die Stadt zu werfen, und deren Wirkung zu prüfen. Die Befchließung mit Vollkugeln hat, wie uns für bestimmt versichert wird, noch nicht begonnen. Die Alliirten haben in diesem Augenblick 176 Positionsgefchütze in Batterie. Aus den amtlichen Rapporten der Generale Raglan und Canrobert geht aber hervor, daß die fünf Ba- stionen, welche die krenellirte Mauer krönen, und die andern impro- visirten Vertheidigungswerke der Russen mit 400 Geschützen des schwersten Kalibers armirt sind. Das Feuer der Belagerer wird da- her dreifach erwidert. Es muß hier jedoch bemerkt werden, daß die Position der Anglo=Franken demonirend und doch gedeckt, jene der Belagerten stark befestigt, aber dem Feuer ausgesetzt ist. Die französischen Geniepunkten haben sich den äußersten Festungs- werken so genähert, daß die russ. Werke ernstlich _______bedroht sind. Der Commandant von Sebastopol hat vom 15. bis incl. 29. Januar sechs größere Ausfälle gegen die _________Trancheen unternommen; das wan- delbare Kriegsglück war bald den Russen bald den Allurten günstiger. Eigentliche Vortheile hat aber keine kriegführende Parthei davon ge- tragen. Zum Verständniß der jetzigen Situation dient folgende Stelle aus dem Briefe eines österreichischen Schiffscapitains: Die Alliirten haben bisher nicht vermocht, auch nur ein einziges der fünf größern Werke des südlichen Theiles von Sebastopol zu zerstören; aber an- dererseits haben die Russen von keinem einzigen Ausfalle größere Er- folge geerntet, und die Alliirten sind im _______Plateau und bei Balaklava so verschanzt, daß sie den Angriff der Russen gar nicht zu befürchten haben. Das englische Heer ist bis auf 28,000 Mann, wovon fich ein Drittel marod oder krank befindet, herabgeschmolzen. Der Marschall hat jetzt nur noch zwei Generale an seiner Seite, aber die Sieger an der Alma und bei ________Jnkerman, die unerschrockenen, noch nicht gefchla- genen Belagerer von Sebastopol, haben auch nicht einen Augenblick ihr Vertrauen zu ihrem Feldherrn verloren. Der tapfere Lord sah an seiner Seite die besten Obersten fallen, andere lagen an ihren Wunden krank darnieder, und wieder andere haben das Lager mit Urlaub ver- lassen, um stumme Ankläger des Lords zu werden und hierfür Dank- adressen entgegen zu nehmen. Es ist immerhin möglich, daß Lord Raglan, durch Sir de Laci Evans im Commanda ersetzt werden wird. Lord Raglan und seine tapfere englische Schaar haben sich unzweifelhaft mit Ruhm bedeckt, sie haben mit ihrem Blute gut gemacht was die schlechte Administration zu London seit vierzig Jahren herbeigeführt. Das Morning Chronicle meldet nach Berichten aus Konstanti- nopel vom 1. Februar, daß Persiens Haltung neuerdings wieder besorgnißerregend geworden sei und Frankreich und England deßhalb dem Schah dem Vernehmen nach ein Ultimatum zugeschickt hätte. Konstantinopel, 29. Jan. 400 Zuaven wurden gesesselt nach Toulon durchgeführt, welche eine Meuterei zur Erzwingung des Abzugs aus der Krimm angezettelt hattenn. Die britische Armee wird unverzüglich um 115,000 Mann ver- mehrt, nämlich um 100,000 Mann Jnsanterie und 15,000 Mann Cavallerie, Artillerie und Mariniers. ( Man muß genauere Nachrichten abwarten, um zu wissen woher diese Verstärkungen genommen werden sollen. ) Deutschland. Berlin, 12. Febr. Der in der Armee so wie in weitern Krei- sen rühmlichst bekannte Gen. der Jnf. a. D. v. Aster, ist am Sonnabend Abend nach längerem Krankenlager in einem Alter von 77 Jahren hierselbst gestorben. — 13. Febr Der „Wanderer“ bringt einen Artikel aus Wien in welchem dieses Jourual erklärt, mit Bestimmtheit erfahren zu ha- ben, daß Preußen bereits am 8. d. M. in Paris einen Seperatvertrag mit Frankreich und England im Einverständniß mit Oesterreich ab- geschlossen habe. ________Zugleich werden verschiedene Einzelnheiten des an- geblichen Vertrages ___________mitgetheilt und weitgehende politische Conjunkturen daran geknüpft. Vom Niederrhein, 11. Febr. Der ganze Niederrhein bietet in diesem Augenbhicke __in seiner gährenden und furchtbaren Bewegung in dem stetem Forttreiben mächtiger, oft den ganzen Strom bedeckenden Eisschollen, ein imposantes wie großartiges Schauspiel der Kraft und Größe dar. Jn den Städten Emmerich und Rees steht das Wasser bereits so tief, daß die Communication nur durch Nachen unterhalten werden können. Die Wassernoth ist bereits dort so groß, daß die Ställe für die Pferde der dort cantonnirenden Artillerie haben geräumt wer- den müssen und dem Vernehmen nach auf eine Verlegung der be- treffenden Detachements Bedacht genommen werden soll. Nach der Mittheilung eines zuverläßigen Augenzeugen haben sich in dem zwischen Rees und Emmerich hart am Rheine liegenden Dorfe Doornick die Eisfchollen mit solcher Macht und in solcher Masse aufgehäuft, daß sie durch menschliche Kraft nicht bewältigt werden konnten und sich gleich Berge aufthürmten. Wesel, 11. Febr. Vorgestern Abend fand man den Nacht- wächter auf dem Kirchthurme, den er etwa zwei Stunden vorher ganz gesund bestiegen hatte, erstarrt und todt liegen. Dieser Fall ereegt ein um so größeres allgemeines Jnteresse, als auch sein Kollege zwei Tage vorher gestorben war. Beide Nachtwächter waren alte ab- gelebte Greise, die sich von der geringen Remumeration von drei sage drei Silbergroschen für ihren Nachtdienst weder durch ange- messene warme Kleidung noch durch stärkende Nahrung vor Kälte und Entbehrung schützen konnten. — Jst auch anderswo da! Frankreich. Paris, 12. Febr. Nach dem Jndependant de la Mosell vom 9. Februar wurde die Errichtung eines Lagers von 100,000 bis 120,000 Mann bei Metz, daß zum Hauptquartier bestimmt wäre, beabsichtigt. Der Jndependant behauptet sogar, das der Kaiser ________Napoleon selbst den __________Oberbefehl führen werde, und daß man deshalb jetzt zu Nancy den Pallast Stanislaus in Stand setzen wird.

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Zitationshilfe: Märkische Blätter. Jahrgang 5, Nr. 14. Hattingen, 17. Februar 1855, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maerkische014_1855/2>, abgerufen am 06.06.2024.