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Märkische Blätter. Nr. 13. Hattingen, 13. Februar 1850.

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[Beginn Spaltensatz] Magistratsperson entgegenzugehen; kaum aber hatte er
die Schwelle der Thüre überschritten, hinter welcher der
Empecinado versteckt war, als dieser hervorsprang, ob
er gleich noch die Ketten an den Füßen trug, und ihn
mit der einen Hand am Haar, mit der andern an der
Kehle faßte. Jn demselben Augenblicke fiel Cambea drin-
nen im Zimmer über den Mann des Gesetzes her, um-
hüllte ihn mit seinem Mantel wie ein Packet und trug
ihn in den Kerker des Martin Diez, wo er ihn einschloß;
dann eilte er dem Empecinado zu Hülfe, band und kne-
belte mit ihm den Alcayden, um ihn an denselben sichern
Ort zu bringen, wie den Mann des Gesetzes. Als dies
geschehen war, kam es noch darauf an, den Empecinado
von seinen Eisen zu befreien, was durch die Jnstrumente
in dem Zimmer des Gefängnißaufsehers sehr leicht bald
bewirkt wurde.

Das Schwerste und Gefährlichste blieb aber noch zu
thun; es genügte nicht, daß die beiden Freunde Herren
des Gefängnisses waren, sie mußten auch aus demselben
hinauskommen, und wenn sie dies unternahmen, vor ei-
nem französischen Wachthause vorüber. Cambea und
Martin Diez hatten auch an diesen letzten Act ihres
kleinen Dramas gedacht. Der Schuhmacher setzte keck
entschlossen den dreieckigen Hut des Gesetzmannes auf und
hing den Mantel desselben um; der muthige Guerillero
dagegen benutzte ebenso den Hut und Mantel des Alcay-
den. Jn diesem Aufputze hatten sie das Glück zu ent-
kommen, ohne erkannt zu werden, ja ohne, daß man auf
sie achtete, und sie waren schon nahe an dem Thore der
Stadt als sie einen Dragoner erblickten, der zwei gesat-
telte und gezäumte Pferde hielt und aller Wahrscheinlich-
keit nach auf einen Offizier wartete. Die Straße war
wie alle übrigen wegen der Messe leer und öde. Empe-
cinado suchte in allen Taschen des gewaltsam geliehenen
Mantels und fand darin eine Dose mit sehr feinem
Schnupftabak. Er schüttete den ganzen Jnhalt derselben
in eine Hand ging gerade auf den Soldaten zu und
fragte ihn wo der kommandirende Offizier wohne. Wäh-
rend der Soldat ihm antwortete, warf ihm Empecinado
den gesammten Schnupftabak in die Augen, worauf er
ihm noch einen so tüchtigen Schlag versetzte, daß der
Soldat betäubt und geblendet zu Boden sank. Da nahm
er ihm den Säbel ab und schwang sich in den Sattel
des Offizierpferdes, während Cambea das Pferd des
Dragoners nahm. So jagten sie im Galopp davon.

Sie waren kaum fünf Minuten aus der Stadt hin-
aus, als sie die Trommeln wirbeln und die Trompeten
schmettern hörten. Sie erblickten selbst weit hinter sich
eine Staubwolke; man verfolgte sie, aber sie waren gut
beritten. Sie erreichten das Gebirge, und drei Tage nach-
her hatte sich Empecinado wieder mit Mariano Fuentes
vereiniget und stand von Neuem an der Spitze seiner Gue-
rilla.



Verschiedenes.

"Wat is'n des ne Sternschnuppe, Onkel?

Das will ich Dich sagen, lieber Jottfried. Wenn der
liebe Jott Eenen enen Orden jiebt, denn schmeißt er nen
Stern weg un des is ne Sternschnuppe.

"Herrjeh! Wie kommt et aber, deß in manche Nächte
so sehre ville Sternschnuppen sind?"

Des will ick Dich och sagen, lieber Jottfried. Denn
is Ordensfest im Himmel. Nu werr ick Dich des och
beschreiben. Seh mal, wenn sonne jroßartige Sternschnup-
perei losjehn soll, denn jeht en Trompeter durch'n Him-
mel un trompet't des aus. So wie des die Himmelsbe-
[Spaltenumbruch] wohner hören, so looft Alles, was Beene hat, um sich
zu verstechen. Nach ne jewisse Zeit jeht der Trompeter
wieder rum un trompet't, un wer sich denn noch nich
verstochen hat, der krigt ne Schnuppe.

"J, Jott bewahre, Onkel!"

Amen, lieber Jottfried, Dir och.



Tagesbegebenheiten.

Berlin, den 8. Febr. Am 6. Februar ist eine ener-
gische Circular=Note an Freiherrn v. Werther zur Mit-
theilung an das dänische Cabinet von hier abgegangen.
Sie betrifft die unpassende und ungebührliche Wendung
in der Rede des dänischen Königs bei Eröffnung des
Reichstages. Es ist darin erklärt, daß, wenn, wie nicht
zu bezweifeln, mit jener "großen Macht, bei welcher die
irregeleiteten Unterthanen Unterstützung finden sollten,"
Preußen und Deutschland gemeint sei, man wohl zu be-
denken gebe, daß Dänemark mit dieser Macht in einer
Unterhandlung stehe, welche mit dergleichen Worten nicht
in Einklang zu bringen sei. Ein schärferes Auftreten und
der sofortige Abbruch der Friedens=Unterhandlungen ist
vom diesseitigen Cabinet nur mit Rücksicht auf die kriti-
sche Weltlage und den Gefahren eines allgemeinen euro-
päischen Krieges jetzt noch vermieden, dieses aber dem däni-
schen Bevollmächtigten Herrn v. Pechlin bei Aushändi-
gung des Schreibens hier ausdrücklich erklärt worden.

-- Jm Steuerverweigerungs=Proceß am 7. hielt zu-
letzt Krackrügge selbst noch eine Rede. Am 8. Febr. wurde
über die Herren Schultz=Delitsch und Wildenhagen ver-
handelt. Die Vertheidigungsrede von Schultz=Delitsch
machte einen tiefen Eindruck. Man sah Thränen in vielen
Augen. Die Verhandlungen des Processes ziehen sich vor-
aussichtlich sehr in die Länge, und es wird derselbe unter
14 Tagen gewiß nicht beendigt sein. Die fliegenden Buch-
händler klagen sehr, daß der stenographische Bericht des
Steuerverweigerungsprocesses nur überaus spärlich gekauft
werde. Viele erhalten ihre Auslagen nicht wieder.

Erfurt, den 7. Febr. Es finden sich bereits bei
uns Reichs=Deputirte ein; sie miethen sich Wohnungen
und verlassen die Stadt wieder. Aber auch viele Nicht-
Deputirte treffen bereits Vorbereitungen zu ihrer Ueber-
siedelung, vornehmlich nach der Reichsstadt selbst, aber
auch nach Weimar und Gotha, auf die Parlaments-
Dauer.

Straßburg, den 7. Febr. Seit mehreren Tagen
trägt man sich bei uns mit dem Gerüchte, daß energische
Maßregeln von Seiten der Großmächte gegen die Schweiz
bevorständen. Man versichert, daß von Seiten Frankreichs
jedenfalls ein größeres Observations=Corps an der Schwei-
zer=Gränze aufgestellt werden wird. Dasselbe würde sich
von der Franche=Comit e bis gegen Belfort ausdehnen
und von dort aus mit den im Elsaß lagernden Truppen
in Verbindung stehen. Gewiß ist, daß seit einigen Wo-
chen Beurlaubungen beim Militär nur sehr spärlich be-
willigt werden und man auf irgend eine Eventualität, sei
es im Jnnern, sei es nach außen, gefaßt ist.

Griechenland. England läßt um seinen Anfor-
derungen an Griechenland Nachdruck zu geben, die grie-
chischen Häfen blockiren. Der griechischen Regierung sind
russische und österreische Kriegsschiffe zu Gebote gestellt und
von dieser auch bereits zum Transporte von Personen
und Depeschen benutzt worden. Die Regierung hat über-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Magistratsperson entgegenzugehen; kaum aber hatte er
die Schwelle der Thüre überschritten, hinter welcher der
Empecinado versteckt war, als dieser hervorsprang, ob
er gleich noch die Ketten an den Füßen trug, und ihn
mit der einen Hand am Haar, mit der andern an der
Kehle faßte. Jn demselben Augenblicke fiel Cambea drin-
nen im Zimmer über den Mann des Gesetzes her, um-
hüllte ihn mit seinem Mantel wie ein Packet und trug
ihn in den Kerker des Martin Diez, wo er ihn einschloß;
dann eilte er dem Empecinado zu Hülfe, band und kne-
belte mit ihm den Alcayden, um ihn an denselben sichern
Ort zu bringen, wie den Mann des Gesetzes. Als dies
geschehen war, kam es noch darauf an, den Empecinado
von seinen Eisen zu befreien, was durch die Jnstrumente
in dem Zimmer des Gefängnißaufsehers sehr leicht bald
bewirkt wurde.

Das Schwerste und Gefährlichste blieb aber noch zu
thun; es genügte nicht, daß die beiden Freunde Herren
des Gefängnisses waren, sie mußten auch aus demselben
hinauskommen, und wenn sie dies unternahmen, vor ei-
nem französischen Wachthause vorüber. Cambea und
Martin Diez hatten auch an diesen letzten Act ihres
kleinen Dramas gedacht. Der Schuhmacher setzte keck
entschlossen den dreieckigen Hut des Gesetzmannes auf und
hing den Mantel desselben um; der muthige Guerillero
dagegen benutzte ebenso den Hut und Mantel des Alcay-
den. Jn diesem Aufputze hatten sie das Glück zu ent-
kommen, ohne erkannt zu werden, ja ohne, daß man auf
sie achtete, und sie waren schon nahe an dem Thore der
Stadt als sie einen Dragoner erblickten, der zwei gesat-
telte und gezäumte Pferde hielt und aller Wahrscheinlich-
keit nach auf einen Offizier wartete. Die Straße war
wie alle übrigen wegen der Messe leer und öde. Empe-
cinado suchte in allen Taschen des gewaltsam geliehenen
Mantels und fand darin eine Dose mit sehr feinem
Schnupftabak. Er schüttete den ganzen Jnhalt derselben
in eine Hand ging gerade auf den Soldaten zu und
fragte ihn wo der kommandirende Offizier wohne. Wäh-
rend der Soldat ihm antwortete, warf ihm Empecinado
den gesammten Schnupftabak in die Augen, worauf er
ihm noch einen so tüchtigen Schlag versetzte, daß der
Soldat betäubt und geblendet zu Boden sank. Da nahm
er ihm den Säbel ab und schwang sich in den Sattel
des Offizierpferdes, während Cambea das Pferd des
Dragoners nahm. So jagten sie im Galopp davon.

Sie waren kaum fünf Minuten aus der Stadt hin-
aus, als sie die Trommeln wirbeln und die Trompeten
schmettern hörten. Sie erblickten selbst weit hinter sich
eine Staubwolke; man verfolgte sie, aber sie waren gut
beritten. Sie erreichten das Gebirge, und drei Tage nach-
her hatte sich Empecinado wieder mit Mariano Fuentes
vereiniget und stand von Neuem an der Spitze seiner Gue-
rilla.



Verschiedenes.

„Wat is'n des ne Sternschnuppe, Onkel?

Das will ich Dich sagen, lieber Jottfried. Wenn der
liebe Jott Eenen enen Orden jiebt, denn schmeißt er nen
Stern weg un des is ne Sternschnuppe.

„Herrjeh! Wie kommt et aber, deß in manche Nächte
so sehre ville Sternschnuppen sind?“

Des will ick Dich och sagen, lieber Jottfried. Denn
is Ordensfest im Himmel. Nu werr ick Dich des och
beschreiben. Seh mal, wenn sonne jroßartige Sternschnup-
perei losjehn soll, denn jeht en Trompeter durch'n Him-
mel un trompet't des aus. So wie des die Himmelsbe-
[Spaltenumbruch] wohner hören, so looft Alles, was Beene hat, um sich
zu verstechen. Nach ne jewisse Zeit jeht der Trompeter
wieder rum un trompet't, un wer sich denn noch nich
verstochen hat, der krigt ne Schnuppe.

„J, Jott bewahre, Onkel!“

Amen, lieber Jottfried, Dir och.



Tagesbegebenheiten.

Berlin, den 8. Febr. Am 6. Februar ist eine ener-
gische Circular=Note an Freiherrn v. Werther zur Mit-
theilung an das dänische Cabinet von hier abgegangen.
Sie betrifft die unpassende und ungebührliche Wendung
in der Rede des dänischen Königs bei Eröffnung des
Reichstages. Es ist darin erklärt, daß, wenn, wie nicht
zu bezweifeln, mit jener „großen Macht, bei welcher die
irregeleiteten Unterthanen Unterstützung finden sollten,“
Preußen und Deutschland gemeint sei, man wohl zu be-
denken gebe, daß Dänemark mit dieser Macht in einer
Unterhandlung stehe, welche mit dergleichen Worten nicht
in Einklang zu bringen sei. Ein schärferes Auftreten und
der sofortige Abbruch der Friedens=Unterhandlungen ist
vom diesseitigen Cabinet nur mit Rücksicht auf die kriti-
sche Weltlage und den Gefahren eines allgemeinen euro-
päischen Krieges jetzt noch vermieden, dieses aber dem däni-
schen Bevollmächtigten Herrn v. Pechlin bei Aushändi-
gung des Schreibens hier ausdrücklich erklärt worden.

— Jm Steuerverweigerungs=Proceß am 7. hielt zu-
letzt Krackrügge selbst noch eine Rede. Am 8. Febr. wurde
über die Herren Schultz=Delitsch und Wildenhagen ver-
handelt. Die Vertheidigungsrede von Schultz=Delitsch
machte einen tiefen Eindruck. Man sah Thränen in vielen
Augen. Die Verhandlungen des Processes ziehen sich vor-
aussichtlich sehr in die Länge, und es wird derselbe unter
14 Tagen gewiß nicht beendigt sein. Die fliegenden Buch-
händler klagen sehr, daß der stenographische Bericht des
Steuerverweigerungsprocesses nur überaus spärlich gekauft
werde. Viele erhalten ihre Auslagen nicht wieder.

Erfurt, den 7. Febr. Es finden sich bereits bei
uns Reichs=Deputirte ein; sie miethen sich Wohnungen
und verlassen die Stadt wieder. Aber auch viele Nicht-
Deputirte treffen bereits Vorbereitungen zu ihrer Ueber-
siedelung, vornehmlich nach der Reichsstadt selbst, aber
auch nach Weimar und Gotha, auf die Parlaments-
Dauer.

Straßburg, den 7. Febr. Seit mehreren Tagen
trägt man sich bei uns mit dem Gerüchte, daß energische
Maßregeln von Seiten der Großmächte gegen die Schweiz
bevorständen. Man versichert, daß von Seiten Frankreichs
jedenfalls ein größeres Observations=Corps an der Schwei-
zer=Gränze aufgestellt werden wird. Dasselbe würde sich
von der Franche=Comit é bis gegen Belfort ausdehnen
und von dort aus mit den im Elsaß lagernden Truppen
in Verbindung stehen. Gewiß ist, daß seit einigen Wo-
chen Beurlaubungen beim Militär nur sehr spärlich be-
willigt werden und man auf irgend eine Eventualität, sei
es im Jnnern, sei es nach außen, gefaßt ist.

Griechenland. England läßt um seinen Anfor-
derungen an Griechenland Nachdruck zu geben, die grie-
chischen Häfen blockiren. Der griechischen Regierung sind
russische und österreische Kriegsschiffe zu Gebote gestellt und
von dieser auch bereits zum Transporte von Personen
und Depeschen benutzt worden. Die Regierung hat über-
[Ende Spaltensatz]

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Berlin, den 8. Febr. Am 6. Februar ist eine ener- gische Circular=Note an Freiherrn v. Werther zur Mit- theilung an das dänische Cabinet von hier abgegangen. Sie betrifft die unpassende und ungebührliche Wendung in der Rede des dänischen Königs bei Eröffnung des Reichstages. Es ist darin erklärt, daß, wenn, wie nicht zu bezweifeln, mit jener „großen Macht, bei welcher die irregeleiteten Unterthanen Unterstützung finden sollten,“ Preußen und Deutschland gemeint sei, man wohl zu be- denken gebe, daß Dänemark mit dieser Macht in einer Unterhandlung stehe, welche mit dergleichen Worten nicht in Einklang zu bringen sei. Ein schärferes Auftreten und der sofortige Abbruch der Friedens=Unterhandlungen ist vom diesseitigen Cabinet nur mit Rücksicht auf die kriti- sche Weltlage und den Gefahren eines allgemeinen euro- päischen Krieges jetzt noch vermieden, dieses aber dem däni- schen Bevollmächtigten Herrn v. Pechlin bei Aushändi- gung des Schreibens hier ausdrücklich erklärt worden. — Jm Steuerverweigerungs=Proceß am 7. hielt zu- letzt Krackrügge selbst noch eine Rede. Am 8. Febr. wurde über die Herren Schultz=Delitsch und Wildenhagen ver- handelt. Die Vertheidigungsrede von Schultz=Delitsch machte einen tiefen Eindruck. Man sah Thränen in vielen Augen. Die Verhandlungen des Processes ziehen sich vor- aussichtlich sehr in die Länge, und es wird derselbe unter 14 Tagen gewiß nicht beendigt sein. Die fliegenden Buch- händler klagen sehr, daß der stenographische Bericht des Steuerverweigerungsprocesses nur überaus spärlich gekauft werde. Viele erhalten ihre Auslagen nicht wieder. Erfurt, den 7. Febr. Es finden sich bereits bei uns Reichs=Deputirte ein; sie miethen sich Wohnungen und verlassen die Stadt wieder. Aber auch viele Nicht- Deputirte treffen bereits Vorbereitungen zu ihrer Ueber- siedelung, vornehmlich nach der Reichsstadt selbst, aber auch nach Weimar und Gotha, auf die Parlaments- Dauer. Straßburg, den 7. Febr. Seit mehreren Tagen trägt man sich bei uns mit dem Gerüchte, daß energische Maßregeln von Seiten der Großmächte gegen die Schweiz bevorständen. Man versichert, daß von Seiten Frankreichs jedenfalls ein größeres Observations=Corps an der Schwei- zer=Gränze aufgestellt werden wird. Dasselbe würde sich von der Franche=Comit é bis gegen Belfort ausdehnen und von dort aus mit den im Elsaß lagernden Truppen in Verbindung stehen. Gewiß ist, daß seit einigen Wo- chen Beurlaubungen beim Militär nur sehr spärlich be- willigt werden und man auf irgend eine Eventualität, sei es im Jnnern, sei es nach außen, gefaßt ist. Griechenland. England läßt um seinen Anfor- derungen an Griechenland Nachdruck zu geben, die grie- chischen Häfen blockiren. Der griechischen Regierung sind russische und österreische Kriegsschiffe zu Gebote gestellt und von dieser auch bereits zum Transporte von Personen und Depeschen benutzt worden. Die Regierung hat über-

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Zitationshilfe: Märkische Blätter. Nr. 13. Hattingen, 13. Februar 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maerkische013_1850/3>, abgerufen am 24.11.2024.