Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Märkische Blätter. Nr. 6. Hattingen, 19. Januar 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] Parlament von Toulouse derselben an und ließ den
Marquis von Ganges und den Vicar Perette gefänglich
einziehen. Der Abbe und der Chevalier von Ganges
hatten sich aus dem Staube gemacht.

Der Proceß wurde von dem berühmten Advocaten
von Catelan geführt.

Die Schuld des Vicars Perrette lag außer Zweifel.
Dasselbe ließ sich jedoch nicht vom Marquis von Gan-
ges sagen. Doch sein Benehmen vor und nach dem
Morde, das Jnteresse, das er an dem Tode der Mar-
quise hatte, die Einzelnheiten, die man über die schlechte
Behandlung beibrachte, die sie von ihm erdulden mußte,
da es sich sogar ergab, daß er sie oft mit einem Degen-
gehänge geschlagen, sie in das Gefängniß von Ganges
bei Wasser und Brot gesperrt hatte, alle diese Umstände
bestimmten die Rich[t]er, ihn zu verurtheilen. Doch wurde
er nach den Ansichten des damaligen Criminal=Rechts,
weil die Beweise seiner Schuld nicht ausreichend waren,
nur zur Verbannung, zum Verlust des Adels und zur
Confiscation seiner Güter verurtheilt.

Die Marquise kämpfte neun Monate lang gegen die
Wirkungen des Giftes und die Folgen ihrer Wunden.
Die Kraft der herrlichen Organisation dieser Frau war
so groß, daß man lange Zeit sie zu retten hoffte. Aber
das Eisen, durch das sie verwundet worden, und noch
mehr das Gift, das sie genommen, hatte die Lebens-
Quellen in ihr zerstört. Sie starb endlich, betrauert von
dem ganzen Adel der Provence und von Languedoc.

Folgendes ist das Urtheil des Parlaments von Tou-
louse über den Abbe, den Chevalier und den Marquis
von Ganges, und den Vicar Perette. Das Urtheil ist
vom 21. August 1667:

Der Abbe und der Chevalier von Ganges werden
nach den sich aus der Untersuchung ergebenden Resulta-
ten verurtheilt, lebendig gerädert zu werden; der Mar-
quis von Ganges, ihr Bruder, wird zu ewiger Verban-
nung, Verlust des Adels verurtheilt, und seine Güter
werden für den königlichen Schatz konfiscirt. Der Prie-
ster Perette wird seiner kirchlichen Ehren beraubt und zu
lebenslänglicher Galeerenstrafe verurtheilt.

Der Priester Perette starb auf den Galeeren. Der
Abbe von Ganges, der nach Holland geflohen war, starb
in Amsterdam im größten Elende.



Sprechsaal.
Gemeinde=Angelegenheiten.
I.

Sprockhövel, den 16. Januar 1850. Das Defi-
cit der hiesigen Armenkasse betrug im vergangenen Jahre
pr. pr. 1700 Thlr, welches die in früheren Jahren we-
gen Mangel an hinreichende Mittel gemachten Schulden
und die muthmaßlichen Armenbedürfnisse für gedachtes
Deficit deckten. - Durch Beschluß der größeren Reprä-
sentation und der Gemeinde=Versammlung wurde festge-
stellt und zwar mit großer Majorität die Armenbedürf-
nisse durch Umlage auf die Gemeindeglieder nach Vermö-
gen und Einkommen aufzubringen, welcher Beschluß die
Genehmigung der Königlichen Regierung erhielt. - So
gerecht diese Art die Armenbedürfnisse aufzubringen nach
unserer Meinung ist, veranlaßte sie doch viele Beschwer-
den und Reklamationen; reichen Gewerken, Kapitalisten
und Gewerbtreibenden kam eine solche Besteuerung unge-
wohnt an, da bisher der Grundbesitzer, abgesehen davon,
ob sein Besitz verschuldet oder nicht, nach der Größe des-
selben, diese Lasten größtentheils tragen mußte.

Ob die vielen Reklamationen oder sonstige Umstände
[Spaltenumbruch] die Ansicht der Königlichen Regierung geändert, wissen
wir nicht, genug dieselbe hat der Armenverwaltung auf-
gegeben, die Armenbedürfnisse für's laufende Jahr nach
den direkten Staatssteuern zu veranlagen.

Es ist uns sehr gut bekannt, daß viele reiche Ge-
meindeglieder in ihren Beschwerden sich auf § 18. der
Kirchen=Ordnung berufen, der betreffende § lautet wörtlich:

Jede evangelische Gemeinde, welche über 200 See-
len zählt, erhält außer dem Presbyterium eine größere
Vertretung, welche gemeinschaftlich mit dem Presby-
terium

d. bei Unzulänglichkeit des kirchlichen Vermögens
der Gemeinde, die Herbeischaffung der nöthigen
Bedürfnisse beräth, nöthigenfalls die Umlage auf
die Mitglieder der kirchlichen Gemeinde, nach
Verhältniß der von denselben zu zahlenden direk-
ten Staats= und Communal=Steuern bewirkt und
dieselbe der Regierung zur Vollziehung vorlegt.

Wollten wir nun auch zugeben, daß die Armenbe-
dürfnisse zu den kirchlichen gehören, da die Armenverwal-
tung hier kirchlich ist, so sagt der erwähnte § keineswegs,
daß die Bedürfnisse nach den direkten Steuern aufgebracht
werden müssen, sondern die größere Repräsentation be-
räth in Gemeinschaft mit dem Presbyterium, wie sie auf-
gebracht werden sollen und ihr Beschluß wird der Re-
gierung zur Vollziehung vorgelegt. Dieses ist, wie gesagt,
im vorigen Jahr geschehen und durch Genehmigung der
Königlichen Regierung der damalige Beschluß zum Gesetz
erhoben. Es folgt hieraus, daß der vorigjährige Verthei-
lungs=Modus nur durch einen Beschluß der größern Re-
präsentation in Gemeinschaft mit dem Presbyterium auf-
gehoben resp. geändert werden kann. So lange dieses nicht
geschehen, bleibt nach unserer Ansicht jede Vertheilungs-
Art, die damit nicht im Einklange steht, eine ungesetzliche.

    B.



Eine leise Anfrage!

Hattingen, den 17. Januar 1850. Bereits seit
einem Jahre ist Herr Mitzdörfer todt, und seit dieser Zeit
hat unsere Stadt keinen Magistrats=Dirigenten; zwar an
dessen Stelle einen Commissar, der vereint mit den Herrn
Stadt=Räthen, das Wohl der Stadt nach ihren Kräften
zu befördern suchen, aber besser ist besser! Warum wird
nicht zu einer definitiven Wahl geschritten? flistert jeder
redlich gesinnte Bürger dem andern zu.

Warum sucht der Stadtverordneten=Vorsteher oder
dessen Stellvertreter nicht einen Wahltermin anzuberau-
men, da das Verweilen des Herrn v. Halden bei uns
leider nicht lange mehr sein wird, oder soll das Wohl
der Stadt einzelnen Launenfechtern Preis gegeben sein,
oder versäumt man mit Fleiß den Termin zu bestellen,
oder soll's wieder nach alter Krähwinkler Manier gehen:
wo man einen tüchtigen Mann durch die Wahlurne fal-
len ließ, weil er Katholik war. Es scheint fast, daß egoi-
stische Dunkelmänner, oder vielmehr demokratische Ele-
mente, wieder ihr Wesen in dieser sehr wichtigen städti-
schen Angelegenheit im Stillen treiben. Wer soll nachher,
wenn's im letzten Stadium getreten, den Krebsschaden
kuriren? Wir können nicht umhin, den Vertretern der
Stadt die Bitte recht warm ans Herz zu legen: den
Stadtverordneten=Vorsteher zu veranlassen, recht baldigst
zur Magistrats=Wahl schreiten zu wollen. -

    g.



Den Bemühungen Schwelm's und Unna's ist es ge-
lungen den bisherigen Umfang ihres Gerichts und die
Competenz eines Kreis=Gerichts zu erringen. Wir ha-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Parlament von Toulouse derselben an und ließ den
Marquis von Ganges und den Vicar Perette gefänglich
einziehen. Der Abbe und der Chevalier von Ganges
hatten sich aus dem Staube gemacht.

Der Proceß wurde von dem berühmten Advocaten
von Catelan geführt.

Die Schuld des Vicars Perrette lag außer Zweifel.
Dasselbe ließ sich jedoch nicht vom Marquis von Gan-
ges sagen. Doch sein Benehmen vor und nach dem
Morde, das Jnteresse, das er an dem Tode der Mar-
quise hatte, die Einzelnheiten, die man über die schlechte
Behandlung beibrachte, die sie von ihm erdulden mußte,
da es sich sogar ergab, daß er sie oft mit einem Degen-
gehänge geschlagen, sie in das Gefängniß von Ganges
bei Wasser und Brot gesperrt hatte, alle diese Umstände
bestimmten die Rich[t]er, ihn zu verurtheilen. Doch wurde
er nach den Ansichten des damaligen Criminal=Rechts,
weil die Beweise seiner Schuld nicht ausreichend waren,
nur zur Verbannung, zum Verlust des Adels und zur
Confiscation seiner Güter verurtheilt.

Die Marquise kämpfte neun Monate lang gegen die
Wirkungen des Giftes und die Folgen ihrer Wunden.
Die Kraft der herrlichen Organisation dieser Frau war
so groß, daß man lange Zeit sie zu retten hoffte. Aber
das Eisen, durch das sie verwundet worden, und noch
mehr das Gift, das sie genommen, hatte die Lebens-
Quellen in ihr zerstört. Sie starb endlich, betrauert von
dem ganzen Adel der Provence und von Languedoc.

Folgendes ist das Urtheil des Parlaments von Tou-
louse über den Abbe, den Chevalier und den Marquis
von Ganges, und den Vicar Perette. Das Urtheil ist
vom 21. August 1667:

Der Abbe und der Chevalier von Ganges werden
nach den sich aus der Untersuchung ergebenden Resulta-
ten verurtheilt, lebendig gerädert zu werden; der Mar-
quis von Ganges, ihr Bruder, wird zu ewiger Verban-
nung, Verlust des Adels verurtheilt, und seine Güter
werden für den königlichen Schatz konfiscirt. Der Prie-
ster Perette wird seiner kirchlichen Ehren beraubt und zu
lebenslänglicher Galeerenstrafe verurtheilt.

Der Priester Perette starb auf den Galeeren. Der
Abbe von Ganges, der nach Holland geflohen war, starb
in Amsterdam im größten Elende.



Sprechsaal.
Gemeinde=Angelegenheiten.
I.

Sprockhövel, den 16. Januar 1850. Das Defi-
cit der hiesigen Armenkasse betrug im vergangenen Jahre
pr. pr. 1700 Thlr, welches die in früheren Jahren we-
gen Mangel an hinreichende Mittel gemachten Schulden
und die muthmaßlichen Armenbedürfnisse für gedachtes
Deficit deckten. – Durch Beschluß der größeren Reprä-
sentation und der Gemeinde=Versammlung wurde festge-
stellt und zwar mit großer Majorität die Armenbedürf-
nisse durch Umlage auf die Gemeindeglieder nach Vermö-
gen und Einkommen aufzubringen, welcher Beschluß die
Genehmigung der Königlichen Regierung erhielt. – So
gerecht diese Art die Armenbedürfnisse aufzubringen nach
unserer Meinung ist, veranlaßte sie doch viele Beschwer-
den und Reklamationen; reichen Gewerken, Kapitalisten
und Gewerbtreibenden kam eine solche Besteuerung unge-
wohnt an, da bisher der Grundbesitzer, abgesehen davon,
ob sein Besitz verschuldet oder nicht, nach der Größe des-
selben, diese Lasten größtentheils tragen mußte.

Ob die vielen Reklamationen oder sonstige Umstände
[Spaltenumbruch] die Ansicht der Königlichen Regierung geändert, wissen
wir nicht, genug dieselbe hat der Armenverwaltung auf-
gegeben, die Armenbedürfnisse für's laufende Jahr nach
den direkten Staatssteuern zu veranlagen.

Es ist uns sehr gut bekannt, daß viele reiche Ge-
meindeglieder in ihren Beschwerden sich auf § 18. der
Kirchen=Ordnung berufen, der betreffende § lautet wörtlich:

Jede evangelische Gemeinde, welche über 200 See-
len zählt, erhält außer dem Presbyterium eine größere
Vertretung, welche gemeinschaftlich mit dem Presby-
terium

d. bei Unzulänglichkeit des kirchlichen Vermögens
der Gemeinde, die Herbeischaffung der nöthigen
Bedürfnisse beräth, nöthigenfalls die Umlage auf
die Mitglieder der kirchlichen Gemeinde, nach
Verhältniß der von denselben zu zahlenden direk-
ten Staats= und Communal=Steuern bewirkt und
dieselbe der Regierung zur Vollziehung vorlegt.

Wollten wir nun auch zugeben, daß die Armenbe-
dürfnisse zu den kirchlichen gehören, da die Armenverwal-
tung hier kirchlich ist, so sagt der erwähnte § keineswegs,
daß die Bedürfnisse nach den direkten Steuern aufgebracht
werden müssen, sondern die größere Repräsentation be-
räth in Gemeinschaft mit dem Presbyterium, wie sie auf-
gebracht werden sollen und ihr Beschluß wird der Re-
gierung zur Vollziehung vorgelegt. Dieses ist, wie gesagt,
im vorigen Jahr geschehen und durch Genehmigung der
Königlichen Regierung der damalige Beschluß zum Gesetz
erhoben. Es folgt hieraus, daß der vorigjährige Verthei-
lungs=Modus nur durch einen Beschluß der größern Re-
präsentation in Gemeinschaft mit dem Presbyterium auf-
gehoben resp. geändert werden kann. So lange dieses nicht
geschehen, bleibt nach unserer Ansicht jede Vertheilungs-
Art, die damit nicht im Einklange steht, eine ungesetzliche.

    B.



Eine leise Anfrage!

Hattingen, den 17. Januar 1850. Bereits seit
einem Jahre ist Herr Mitzdörfer todt, und seit dieser Zeit
hat unsere Stadt keinen Magistrats=Dirigenten; zwar an
dessen Stelle einen Commissar, der vereint mit den Herrn
Stadt=Räthen, das Wohl der Stadt nach ihren Kräften
zu befördern suchen, aber besser ist besser! Warum wird
nicht zu einer definitiven Wahl geschritten? flistert jeder
redlich gesinnte Bürger dem andern zu.

Warum sucht der Stadtverordneten=Vorsteher oder
dessen Stellvertreter nicht einen Wahltermin anzuberau-
men, da das Verweilen des Herrn v. Halden bei uns
leider nicht lange mehr sein wird, oder soll das Wohl
der Stadt einzelnen Launenfechtern Preis gegeben sein,
oder versäumt man mit Fleiß den Termin zu bestellen,
oder soll's wieder nach alter Krähwinkler Manier gehen:
wo man einen tüchtigen Mann durch die Wahlurne fal-
len ließ, weil er Katholik war. Es scheint fast, daß egoi-
stische Dunkelmänner, oder vielmehr demokratische Ele-
mente, wieder ihr Wesen in dieser sehr wichtigen städti-
schen Angelegenheit im Stillen treiben. Wer soll nachher,
wenn's im letzten Stadium getreten, den Krebsschaden
kuriren? Wir können nicht umhin, den Vertretern der
Stadt die Bitte recht warm ans Herz zu legen: den
Stadtverordneten=Vorsteher zu veranlassen, recht baldigst
zur Magistrats=Wahl schreiten zu wollen. –

    g.



Den Bemühungen Schwelm's und Unna's ist es ge-
lungen den bisherigen Umfang ihres Gerichts und die
Competenz eines Kreis=Gerichts zu erringen. Wir ha-
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0002"/><cb type="start"/>
Parlament von Toulouse derselben an und ließ den<lb/>
Marquis von Ganges und den Vicar Perette gefänglich<lb/>
einziehen. Der Abbe und der Chevalier von Ganges<lb/>
hatten sich aus dem Staube gemacht.</p><lb/>
        <p>Der Proceß wurde von dem berühmten Advocaten<lb/>
von Catelan geführt.</p><lb/>
        <p>Die Schuld des Vicars Perrette lag außer Zweifel.<lb/>
Dasselbe ließ sich jedoch nicht vom Marquis von Gan-<lb/>
ges sagen. Doch sein Benehmen vor und nach dem<lb/>
Morde, das Jnteresse, das er an dem Tode der Mar-<lb/>
quise hatte, die Einzelnheiten, die man über die schlechte<lb/>
Behandlung beibrachte, die sie von ihm erdulden mußte,<lb/>
da es sich sogar ergab, daß er sie oft mit einem Degen-<lb/>
gehänge geschlagen, sie in das Gefängniß von Ganges<lb/>
bei Wasser und Brot gesperrt hatte, alle diese Umstände<lb/>
bestimmten die Rich<supplied>t</supplied>er, ihn zu verurtheilen. Doch wurde<lb/>
er nach den Ansichten des damaligen Criminal=Rechts,<lb/>
weil die Beweise seiner Schuld nicht ausreichend waren,<lb/>
nur zur Verbannung, zum Verlust des Adels und zur<lb/>
Confiscation seiner Güter verurtheilt.</p><lb/>
        <p>Die Marquise kämpfte neun Monate lang gegen die<lb/>
Wirkungen des Giftes und die Folgen ihrer Wunden.<lb/>
Die Kraft der herrlichen Organisation dieser Frau war<lb/>
so groß, daß man lange Zeit sie zu retten hoffte. Aber<lb/>
das Eisen, durch das sie verwundet worden, und noch<lb/>
mehr das Gift, das sie genommen, hatte die Lebens-<lb/>
Quellen in ihr zerstört. Sie starb endlich, betrauert von<lb/>
dem ganzen Adel der Provence und von Languedoc.</p><lb/>
        <p>Folgendes ist das Urtheil des Parlaments von Tou-<lb/>
louse über den Abbe, den Chevalier und den Marquis<lb/>
von Ganges, und den Vicar Perette. Das Urtheil ist<lb/>
vom 21. August 1667:</p><lb/>
        <p>Der Abbe und der Chevalier von Ganges werden<lb/>
nach den sich aus der Untersuchung ergebenden Resulta-<lb/>
ten verurtheilt, lebendig gerädert zu werden; der Mar-<lb/>
quis von Ganges, ihr Bruder, wird zu ewiger Verban-<lb/>
nung, Verlust des Adels verurtheilt, und seine Güter<lb/>
werden für den königlichen Schatz konfiscirt. Der Prie-<lb/>
ster Perette wird seiner kirchlichen Ehren beraubt und zu<lb/>
lebenslänglicher Galeerenstrafe verurtheilt.</p><lb/>
        <p>Der Priester Perette starb auf den Galeeren. Der<lb/>
Abbe von Ganges, der nach Holland geflohen war, starb<lb/>
in Amsterdam im größten Elende.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jLocal" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Sprechsaal</hi>.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <head> <hi rendition="#g">Gemeinde=Angelegenheiten.</hi><lb/> <hi rendition="#aq">I.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Sprockhövel,</hi> den 16. Januar 1850. Das Defi-<lb/>
cit der hiesigen Armenkasse betrug im vergangenen Jahre<lb/>
pr. pr. 1700 Thlr, welches die in früheren Jahren we-<lb/>
gen Mangel an hinreichende Mittel gemachten Schulden<lb/>
und die muthmaßlichen Armenbedürfnisse für gedachtes<lb/>
Deficit deckten. &#x2013; Durch Beschluß der größeren Reprä-<lb/>
sentation und der Gemeinde=Versammlung wurde festge-<lb/>
stellt und zwar mit großer Majorität die Armenbedürf-<lb/>
nisse durch Umlage auf die Gemeindeglieder nach Vermö-<lb/>
gen und Einkommen aufzubringen, welcher Beschluß die<lb/>
Genehmigung der Königlichen Regierung erhielt. &#x2013; So<lb/>
gerecht diese Art die Armenbedürfnisse aufzubringen nach<lb/>
unserer Meinung ist, veranlaßte sie doch viele Beschwer-<lb/>
den und Reklamationen; reichen Gewerken, Kapitalisten<lb/>
und Gewerbtreibenden kam eine solche Besteuerung unge-<lb/>
wohnt an, da bisher der Grundbesitzer, abgesehen davon,<lb/>
ob sein Besitz verschuldet oder nicht, nach der Größe des-<lb/>
selben, diese Lasten größtentheils tragen mußte.</p><lb/>
          <p>Ob die vielen Reklamationen oder sonstige Umstände<lb/><cb n="2"/>
die Ansicht der Königlichen Regierung geändert, wissen<lb/>
wir nicht, genug dieselbe hat der Armenverwaltung auf-<lb/>
gegeben, die Armenbedürfnisse für's laufende Jahr nach<lb/>
den direkten Staatssteuern zu veranlagen.</p><lb/>
          <p>Es ist uns sehr gut bekannt, daß viele reiche Ge-<lb/>
meindeglieder in ihren Beschwerden sich auf § 18. der<lb/>
Kirchen=Ordnung berufen, der betreffende § lautet wörtlich:</p><lb/>
          <p>Jede evangelische Gemeinde, welche über 200 See-<lb/>
len zählt, erhält außer dem Presbyterium eine größere<lb/>
Vertretung, welche gemeinschaftlich mit dem Presby-<lb/>
terium </p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">d</hi>. bei Unzulänglichkeit des kirchlichen Vermögens<lb/>
der Gemeinde, die Herbeischaffung der nöthigen<lb/>
Bedürfnisse beräth, nöthigenfalls die Umlage auf<lb/>
die Mitglieder der kirchlichen Gemeinde, nach<lb/>
Verhältniß der von denselben zu zahlenden direk-<lb/>
ten Staats= und Communal=Steuern bewirkt und<lb/>
dieselbe der Regierung zur Vollziehung vorlegt.</p><lb/>
          <p>Wollten wir nun auch zugeben, daß die Armenbe-<lb/>
dürfnisse zu den kirchlichen gehören, da die Armenverwal-<lb/>
tung hier kirchlich ist, so sagt der erwähnte § keineswegs,<lb/>
daß die Bedürfnisse nach den direkten Steuern aufgebracht<lb/>
werden <hi rendition="#g">müssen,</hi> sondern die größere Repräsentation be-<lb/>
räth in Gemeinschaft mit dem Presbyterium, wie sie auf-<lb/>
gebracht werden <hi rendition="#g">sollen</hi> und ihr Beschluß wird der Re-<lb/>
gierung zur Vollziehung vorgelegt. Dieses ist, wie gesagt,<lb/>
im vorigen Jahr geschehen und durch Genehmigung der<lb/>
Königlichen Regierung der damalige Beschluß zum Gesetz<lb/>
erhoben. Es folgt hieraus, daß der vorigjährige Verthei-<lb/>
lungs=Modus nur durch einen Beschluß der größern Re-<lb/>
präsentation in Gemeinschaft mit dem Presbyterium auf-<lb/>
gehoben resp. geändert werden kann. So lange dieses nicht<lb/>
geschehen, bleibt nach unserer Ansicht jede Vertheilungs-<lb/>
Art, die damit nicht im Einklange steht, eine ungesetzliche.</p><lb/>
          <p>
            <space dim="horizontal"/> <hi rendition="#aq">B.</hi> </p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <head> <hi rendition="#g">Eine leise Anfrage!</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Hattingen,</hi> den 17. Januar 1850. Bereits seit<lb/>
einem Jahre ist Herr Mitzdörfer todt, und seit dieser Zeit<lb/>
hat unsere Stadt keinen Magistrats=Dirigenten; zwar an<lb/>
dessen Stelle einen Commissar, der vereint mit den Herrn<lb/>
Stadt=Räthen, das Wohl der Stadt nach ihren Kräften<lb/>
zu befördern suchen, aber besser ist besser! Warum wird<lb/>
nicht zu einer definitiven Wahl geschritten? flistert jeder<lb/>
redlich gesinnte Bürger dem andern zu.</p><lb/>
          <p>Warum sucht der Stadtverordneten=Vorsteher oder<lb/>
dessen Stellvertreter nicht einen Wahltermin anzuberau-<lb/>
men, da das Verweilen des Herrn v. Halden bei uns<lb/>
leider nicht lange mehr sein wird, oder soll das Wohl<lb/>
der Stadt einzelnen Launenfechtern Preis gegeben sein,<lb/>
oder versäumt man mit Fleiß den Termin zu bestellen,<lb/>
oder soll's wieder nach alter Krähwinkler Manier gehen:<lb/>
wo man einen tüchtigen Mann durch die Wahlurne fal-<lb/>
len ließ, weil er Katholik war. Es scheint fast, daß egoi-<lb/>
stische Dunkelmänner, oder vielmehr demokratische Ele-<lb/>
mente, wieder ihr Wesen in dieser sehr wichtigen städti-<lb/>
schen Angelegenheit im Stillen treiben. Wer soll nachher,<lb/>
wenn's im letzten Stadium getreten, den Krebsschaden<lb/>
kuriren? Wir können nicht umhin, den Vertretern der<lb/>
Stadt die Bitte recht warm ans Herz zu legen: den<lb/>
Stadtverordneten=Vorsteher zu veranlassen, recht baldigst<lb/>
zur Magistrats=Wahl schreiten zu wollen. &#x2013;</p><lb/>
          <p>
            <space dim="horizontal"/> <hi rendition="#aq">g.</hi> </p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Den Bemühungen Schwelm's und Unna's ist es ge-<lb/>
lungen den bisherigen Umfang ihres Gerichts und die<lb/>
Competenz eines Kreis=Gerichts zu erringen. Wir ha-<lb/><cb type="end"/>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0002] Parlament von Toulouse derselben an und ließ den Marquis von Ganges und den Vicar Perette gefänglich einziehen. Der Abbe und der Chevalier von Ganges hatten sich aus dem Staube gemacht. Der Proceß wurde von dem berühmten Advocaten von Catelan geführt. Die Schuld des Vicars Perrette lag außer Zweifel. Dasselbe ließ sich jedoch nicht vom Marquis von Gan- ges sagen. Doch sein Benehmen vor und nach dem Morde, das Jnteresse, das er an dem Tode der Mar- quise hatte, die Einzelnheiten, die man über die schlechte Behandlung beibrachte, die sie von ihm erdulden mußte, da es sich sogar ergab, daß er sie oft mit einem Degen- gehänge geschlagen, sie in das Gefängniß von Ganges bei Wasser und Brot gesperrt hatte, alle diese Umstände bestimmten die Richter, ihn zu verurtheilen. Doch wurde er nach den Ansichten des damaligen Criminal=Rechts, weil die Beweise seiner Schuld nicht ausreichend waren, nur zur Verbannung, zum Verlust des Adels und zur Confiscation seiner Güter verurtheilt. Die Marquise kämpfte neun Monate lang gegen die Wirkungen des Giftes und die Folgen ihrer Wunden. Die Kraft der herrlichen Organisation dieser Frau war so groß, daß man lange Zeit sie zu retten hoffte. Aber das Eisen, durch das sie verwundet worden, und noch mehr das Gift, das sie genommen, hatte die Lebens- Quellen in ihr zerstört. Sie starb endlich, betrauert von dem ganzen Adel der Provence und von Languedoc. Folgendes ist das Urtheil des Parlaments von Tou- louse über den Abbe, den Chevalier und den Marquis von Ganges, und den Vicar Perette. Das Urtheil ist vom 21. August 1667: Der Abbe und der Chevalier von Ganges werden nach den sich aus der Untersuchung ergebenden Resulta- ten verurtheilt, lebendig gerädert zu werden; der Mar- quis von Ganges, ihr Bruder, wird zu ewiger Verban- nung, Verlust des Adels verurtheilt, und seine Güter werden für den königlichen Schatz konfiscirt. Der Prie- ster Perette wird seiner kirchlichen Ehren beraubt und zu lebenslänglicher Galeerenstrafe verurtheilt. Der Priester Perette starb auf den Galeeren. Der Abbe von Ganges, der nach Holland geflohen war, starb in Amsterdam im größten Elende. Sprechsaal. Gemeinde=Angelegenheiten. I. Sprockhövel, den 16. Januar 1850. Das Defi- cit der hiesigen Armenkasse betrug im vergangenen Jahre pr. pr. 1700 Thlr, welches die in früheren Jahren we- gen Mangel an hinreichende Mittel gemachten Schulden und die muthmaßlichen Armenbedürfnisse für gedachtes Deficit deckten. – Durch Beschluß der größeren Reprä- sentation und der Gemeinde=Versammlung wurde festge- stellt und zwar mit großer Majorität die Armenbedürf- nisse durch Umlage auf die Gemeindeglieder nach Vermö- gen und Einkommen aufzubringen, welcher Beschluß die Genehmigung der Königlichen Regierung erhielt. – So gerecht diese Art die Armenbedürfnisse aufzubringen nach unserer Meinung ist, veranlaßte sie doch viele Beschwer- den und Reklamationen; reichen Gewerken, Kapitalisten und Gewerbtreibenden kam eine solche Besteuerung unge- wohnt an, da bisher der Grundbesitzer, abgesehen davon, ob sein Besitz verschuldet oder nicht, nach der Größe des- selben, diese Lasten größtentheils tragen mußte. Ob die vielen Reklamationen oder sonstige Umstände die Ansicht der Königlichen Regierung geändert, wissen wir nicht, genug dieselbe hat der Armenverwaltung auf- gegeben, die Armenbedürfnisse für's laufende Jahr nach den direkten Staatssteuern zu veranlagen. Es ist uns sehr gut bekannt, daß viele reiche Ge- meindeglieder in ihren Beschwerden sich auf § 18. der Kirchen=Ordnung berufen, der betreffende § lautet wörtlich: Jede evangelische Gemeinde, welche über 200 See- len zählt, erhält außer dem Presbyterium eine größere Vertretung, welche gemeinschaftlich mit dem Presby- terium d. bei Unzulänglichkeit des kirchlichen Vermögens der Gemeinde, die Herbeischaffung der nöthigen Bedürfnisse beräth, nöthigenfalls die Umlage auf die Mitglieder der kirchlichen Gemeinde, nach Verhältniß der von denselben zu zahlenden direk- ten Staats= und Communal=Steuern bewirkt und dieselbe der Regierung zur Vollziehung vorlegt. Wollten wir nun auch zugeben, daß die Armenbe- dürfnisse zu den kirchlichen gehören, da die Armenverwal- tung hier kirchlich ist, so sagt der erwähnte § keineswegs, daß die Bedürfnisse nach den direkten Steuern aufgebracht werden müssen, sondern die größere Repräsentation be- räth in Gemeinschaft mit dem Presbyterium, wie sie auf- gebracht werden sollen und ihr Beschluß wird der Re- gierung zur Vollziehung vorgelegt. Dieses ist, wie gesagt, im vorigen Jahr geschehen und durch Genehmigung der Königlichen Regierung der damalige Beschluß zum Gesetz erhoben. Es folgt hieraus, daß der vorigjährige Verthei- lungs=Modus nur durch einen Beschluß der größern Re- präsentation in Gemeinschaft mit dem Presbyterium auf- gehoben resp. geändert werden kann. So lange dieses nicht geschehen, bleibt nach unserer Ansicht jede Vertheilungs- Art, die damit nicht im Einklange steht, eine ungesetzliche. B. Eine leise Anfrage! Hattingen, den 17. Januar 1850. Bereits seit einem Jahre ist Herr Mitzdörfer todt, und seit dieser Zeit hat unsere Stadt keinen Magistrats=Dirigenten; zwar an dessen Stelle einen Commissar, der vereint mit den Herrn Stadt=Räthen, das Wohl der Stadt nach ihren Kräften zu befördern suchen, aber besser ist besser! Warum wird nicht zu einer definitiven Wahl geschritten? flistert jeder redlich gesinnte Bürger dem andern zu. Warum sucht der Stadtverordneten=Vorsteher oder dessen Stellvertreter nicht einen Wahltermin anzuberau- men, da das Verweilen des Herrn v. Halden bei uns leider nicht lange mehr sein wird, oder soll das Wohl der Stadt einzelnen Launenfechtern Preis gegeben sein, oder versäumt man mit Fleiß den Termin zu bestellen, oder soll's wieder nach alter Krähwinkler Manier gehen: wo man einen tüchtigen Mann durch die Wahlurne fal- len ließ, weil er Katholik war. Es scheint fast, daß egoi- stische Dunkelmänner, oder vielmehr demokratische Ele- mente, wieder ihr Wesen in dieser sehr wichtigen städti- schen Angelegenheit im Stillen treiben. Wer soll nachher, wenn's im letzten Stadium getreten, den Krebsschaden kuriren? Wir können nicht umhin, den Vertretern der Stadt die Bitte recht warm ans Herz zu legen: den Stadtverordneten=Vorsteher zu veranlassen, recht baldigst zur Magistrats=Wahl schreiten zu wollen. – g. Den Bemühungen Schwelm's und Unna's ist es ge- lungen den bisherigen Umfang ihres Gerichts und die Competenz eines Kreis=Gerichts zu erringen. Wir ha-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz, Benjamin Fiechter: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maerkische006_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maerkische006_1850/2
Zitationshilfe: Märkische Blätter. Nr. 6. Hattingen, 19. Januar 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maerkische006_1850/2>, abgerufen am 07.06.2024.