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Mährisches Tagblatt. Nr. 89, Olmütz, 19.04.1886.

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[Spaltenumbruch]
Vom Tage.
(Eine Tranung, welche Anfsehen erregt.)

Die Trauung der verwit[w]eten Gräfin Stephan
Batthyany, geb. Ilona v. Schoßberger, mit dem
Brünner Fabriksbesitzer Victor Ritter v. Offer-
mann, fand Samstag Vormittags um halb 10
Uhr in der evangelisch-reformirten Kirche am
Calvinplatz zu Pest durch den evang.-ref. Bischof
Carl Szaß in Anwesenheit einer kleinen Schaar
von Andächtigen statt. Beistände waren Oberbür-
germeister Carl Rath und Dr. Carl Niedermann,
Director der Landes-Irrenanstalt. Die Eltern der
Braut und der Vater des Bräutigams standen
dem Brautpaare zur Seite. Bischof Carl Szaß
verlas das Gebet und vollzog das sonstige Ritu-
ale in deutscher Sprache.

(Eine blutige That auf dem Wiener
Kärntnerring.)

Ein blutiges Verbrechen spielte
sich am 15. d. Abends gegen 9 Uhr an der
Haltestelle der Tramway, Ecke des Kärntnerringes
und der Kärtnerstraße in Wien, ab. Zwei Män-
ner, ein junger und ein älterer, wollten nämlich
gleichzeitig in einen eben heranrollenden Tramway-
Waggon steigen, und da Einer dem Anderen den
Vorantritt streitig machte, geriethen sie in einen
Wortwechsel, der ein trauriges Ende nahm und
wahrscheinlich den Tod eines der Betheiligten zur
Folge haben dürfte. Der Aeltere der beiden Passa-
giere, ein krästiger Mann, war nämlich früher
auf die Plattform des Waggons gelangt, doch
kaum hatte er dieselbe errreicht, stieß er einen
markdurchdringenden Schrei aus und taumelte
zurück. Sein Gegne[r] hatte ihm, wie nachträglich
festgestellt werden konnte, mit einem dolchartigen
Messer einen bis in die Luftröhre reichenden
Stich in die linke Seite des Halses versetzt und
ergriff dann über den Opernring, durch die
Operngasse die Flucht, lief in die Dreher'sche
Bierhalle, woselbst er von nacheilenden Infante-
risten erst nach vieler Mühe festgenommen werden
konnte. Als der Attentäter, der angeblich in Her-
nals, Payergasse Nr. 5 wohnhafte 24jährige
Kellner Franz Wagner, vom Wachmanne escor-
tirt, auf der Straße anlangte, wurde er von der
zahlreich angesammelten Volksmenge angefallen.
Die Sicherheitswache hatte Mühe, den Burschen
vor ernsten Mißhandlungen seitens der erbitterten
Menge zu schützen. Wagner wurde in das Poli-
zei-Directions-Gebäude escortirt. Das blutige
Messer wurde in seinem Besitze vorgefunden. Der
Verwundete, der sich Karl v Spitz nannte, war
mittlerweile in bewußtlosem Zustande in das
Cafe Corso auf dem Kärtnerring getragen wor-
den, wo er mit Wagner confrontirt wurde. Bei
dieser Gelegenheit sagte Wagner zu Spitz: "Du,
nicht wahr Spitz, ich habe es nicht gethan." Man
schließt daraus, daß sich die Beiden gekannt
haben. Die Erhebungen des Polizeicommissariats
der Inneren Stadt über die Person des vorgeb-
blichen Karl v. Spitz haben ein eigenthümliches
Resultat ergeben. Der Verwundete ist nämlich ein
wiederholt wegen Taschendiebstahles abgestraftes
und aus dem Wiener Polizeirayon für beständig
abgeschafftes Individuum und heißt richtig Karl
Spitz. Seine Photographie befindet sich seit eini-
gen Jahren im Verbrecher-Album der Polizei-
Direction. Den Adelstand mit dem Worte "von"
hat sich Spitz widerrechtlich beigelegt. Der Thäter,
dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach ein Bekannter
von Spitz sein. Dies geht schon daraus hervor,
daß nach Aussage von Zeugen der angebliche
Franz Wagner vor der Wartehalle mit Spitz ge-
sprochen und an diesen dann bei der Confronta-
tion die Worte: "Du, nicht wahr, Spitz, ich habe
es nicht gethan!" gerichtet hatte. Der Thäter
scheint demnach ein guter Bekannter des Spitz zu
sein und vermuthlich die Absicht gehabt zu haben,
mit ihm gemeinschaftlich Taschen-Diebstähle auf
Tramway-Waggons auszuführen. Carl Spitz,
dessen Verletzung nach ärztlicher Angabe eine ge-
fährliche ist, befindet sich noch am Leben und
konnte sogar mit Einwilligung des behan-
delnden Arztes im Wiedener Krankenhause von
einer polizeilichen Commission einvernommen wer-
den. Spitz erklärte, daß er mit einem 20- bis
24jährigen Burschen nächst der Tramway-Halt-
stelle auf dem Kärntnerring in einen Streit ge-
rathen sei, und zwar soll es sich darum
gehandelt haben, wer zunächst die Plattform des
Tramway-Waggons besteige. Spitz, der sich nicht
verdrängen lassen wollte, will dem jungen Manne
einen Stoß versetzt haben, worauf dieser ihm das
Messer in den Hals gerannt habe. Spitz will
den Attentäter persönlich früher nie gesehen haben.
[Spaltenumbruch] Die Identität des Attentäters vom Kärntnerring
wurde vorgestern festgestellt. Es ist dies ein mehrfach
gestraftes Individuum, Namens Johann Pistal.
Mit dem Verwundeten Spitz, der aller Wahr-
scheit lichkeit nach genesen wird, pflegte er erwie-
senermaßen intimen Verkehr. Es ist so gut wie
gewiß, daß Beide bei der Theilung einer gemein-
samen Beute in Streit gerathen sind, daß somit
hier ein gewöhnlicher Exceß vorliegt.

(Zur Herabsetzung der Telegrafenge-
bühr)

für das Ausland von 6 auf 4 kr., welche
auf eine Initiative des Abg. Roser stattfand,
wird vom 1. Juli d. J. in Kraft treten.

(Ein bescheidener Heirathsantrag.)

"Ein
Geschäftsmann, 32 Jahre alt, sucht sich mit ei-
ner Dame zu verheirathen. Alter, Schönheit, Re-
ligion, Charakter, Nation und Vermögen Ne-
bensache." --

(Ein Prinz als Erbe seines Lehrers.)

In Dresden wird die Thatsache lebhaft besprochen,
daß der am 6. d. M. dort verstorbene Professor
Josef Maurice Bertrand den Prinzen Georg,
dessen Lehrer der Verschiedene einst war, zum
Universalerben seines über dreihunderttausend
Mark betragenden Vermögens eingesetzt hat.




Theater.
Zum Schlusse der Theatersaison.

Die beiden letzten Vorstellungen in der heu-
rigen Saison brachten Reprisen der zugkräftigen
Operetten: "Der Zigeuner-Baron" und "Nanon,
die Wirthin vom goldenen Lamm". Ersteres
Werk ging zum Benefice des Herrn Bauer, letz-
teres zum Benefice des Frl. Anatour resp. des
Chorpersonales, dem Frl. Anatour ihren Antheil
gewidmet hatte, in Scene. Das Publicum, wel-
ches sich an beiden Abenden zahlreichst im Theater
eingefunden hatte, begrüßte die Benesicianten bei
ihrem Erscheinen mit stürmischem Beifall; auch
an bübschen Kranzspenden fehlte es nicht. Gespielt
wurde an beiden Abenden vortrefflich und ließ
das Ensemble in keiner Richtung etwas zu wün-
schen übrig. Das Publicum durch das Gebotene
in die beste Stimmung versetzt, rief die Darsteller
der Hauptrollen, die Damen: Anatour, Richini,
Janowitz und die Herren Bauer, Romani, Au-
gustin und Christl wiederholt stürmisch bei offener
Scene und nach den Actschlüssen. Die Abschieds-
couplets der Herren Romani und Augustin fan-
den die freundlichste Aufnahme. Mehrere von
Frl. Anatour und den Herren Bauer, Romani
und Augustin gebrachte Nummern mußten zur
Wiederholung gebracht werden. Der Abschied von
den trefflichen Kräften unserer Operette war ein
herzlicher, aber auch ein recht schwerer, denn es
ist kaum Aussicht vorhanden, daß wir bald wie-
der ein solches Ensemble an unserer Bühne ver-
einigt sehen werden, wie dieß in der heurigen
Saison der Fall war.




Sprechsaal
Oeffentlicher Dank.

Die unterfertigten Ortsgruppen-Leitungen
sprechen hiemit dem löbl. Damensingvereine,
dem löblichen Männergesangvereine, der
Opernsängerin Frl. Morawetz, dem Opern-
sänger Herrn Bauer, dem Capellmeister Herrn
Würkner, sowie besonders dem Chormeister
Herrn Labler anläßlich deren Mitwirkung bei
dem mit so prächtigen Erfolge abgehaltenen Con-
certe ihren herzlichsten Dank aus.




Löbliche Redaction!

In Ihrem geschätzten Blatte Nr. 88 vom
17. d. M. habe ich eine von der Versicherungs-
Gesellschaft "Concordia" eingeschaltete Anonce, in
welcher erklärt wird, daß ich aus ihrem Dienste
ausgeschieden bin, insofern als unrichtig befun-
den, indem ich dieser Anstalt am 1. April l. J. selbst
den Dienst aus dem Grunde gekündigt habe, weil
ich mit 1. Mai l. J. als Beamter bei der un-
garisch-französischen Versicherungsanstalt in Brünn
in den Dienst treten werde.


[Spaltenumbruch]
Telegramme.
Ermordung eines Bischofs durch einen
Priester.

(Orig.-Telegr. des
"Mähr. Tagblattes.")

Während in der hiesigen
Cathedrale gestern die Palmenweihe vorgenom-
men wurde, feuerte ein Priester drei Revolver-
schüsse auf den celebrirenden Bischof von Madrid
ab, der von den Projectilen getroffen, sofort
todt zusammensank.

(Orig.-Telegr. des
"Mähr. Tagbl.")

Hier ist gestern ein fünfstöcki-
ges Haus zusammengestürzt; zahlreiche Personen
wurden unter den Trümmern begraben. Bisher
wurde constatirt, daß 12 Personen todt und 10
Personen schwer verwundet sind.

(Orig.-Telegr. des "M.
Tagbl.")

Von Seite der Behörde wurden die
größten Vorsichtsmaßregeln gegen eine Einschlep-
pung der Cholera aus Italien getroffen und
Spitäler errichtet.

(Orig.-Telegr. des "M.
Tagbl.")

Die Zucker-Enquete bat ihre Berathun-
gen beendet.

(Orig.-Telegr. des
"Mähr. Tagbl.")

In dem Schwurgerichts-Pro-
cesse Kohn, welcher gegen die Gesellschafter die-
ser Firma, wegen angeblich erfolgter Benachthei-
ligung der Assecurranzgesellschakt "Phönix" durch
Angabe einer höheren Schadensziffer bei einem
Brandunglücke, eingeleitet wurde, sind sämmtliche
Angeklagte auf Grund des Verdictes der Ge-
schworenen, welche die Schuldfragen einstimmig
verneinten, freigesprochen worden.

(Orig.-Tel. des "Mähr.
Tagbl.")

Die "Silesia" meldet: Der Leiter des
Handelsminister[i]ums erklärte dem Abg. Menger,
die Bahn Freiwaldau-Ziegenhals werde im Som-
mer, die Linie Freiwaldau-Goldenstein im Herbst
dieses Jahres, die Linie Goldenstein-Hansdorf
nächstes Jahr sicher gebaut werden.

(Orig.-Telegr. des
"Mähr. Tagbl.)

Die Bezirksstadt Stryj ist im
Laufe des gestrigen Nachmittags und der heutigen
Nacht einem gräßlichen Brandunglücke zum Opfer
gefallen und total abgebrannt. Rettung war trotz
Requirirung der Lemberger Feuerwehr mittelst
Extrazuges unmöglich. 600 Gebäude, darunter
fast sämmtliche Dikasterialgebäude sind ein Raub
der Flammen geworden. Einige Hundert Fa-
milien sind obdachlos. -- Laut dem officiellen
Berichte sind auch viele Personen durch das Feuer
umgekommen. Das Elend ist entsetzlich. Aus
Lemberg wurden mehrere Waggons mit Lebens-
mitteln nach Stryj entsendet.

(Orig.-Telegr. des "Mähr.
Tagbl.")

Die Synagoge, die Kirche und die
Aemter sind niedergebrannt. Der Schaden
ist enorm; über 1000 Menschen campiren
im Freien. Es herrscht Mangel an Lebensmitteln.
Die Stadt Stry gleicht heute einem großen
brennenden Trümmerhaufen.

(Orig.-Telgr. des
"Mähr. Tagbl.")

Der Verein für Socialpolitik
hat sich aufgelöst.

(Orig.-Telgr. d. "Mähr.
Tagbl.")

Die preußische Regierung hat mit Aus-
nahme gewisser Abänderungen bezüglich der Mai-
gesetze die vom Vatican vorgeschlagenen Grund-
lagen eines Uebereinkommens für die Wiederherstel-
lung des Friedens zwischen Kirche und Staat
angenommen.

(Orig. Teleg. d. "Mähr.
Tagbl.")

Der Papst hat für die Ostertage ein
Konsistorium einberufen und wird in seiner An-
sprache an die Cardinäle auch die politischen
Zeitverhältnisse insbesondere aber die social-anar-
chistische Bewegung und deren Ursachen in Bel-
gien, England, Italien und Frankreich streifen.

(Org.-Tel. d. "Mähr.
Tagbl.")

Das Befinden des deutschen Kronprin-
zen ist fortdanernd zufriedenstellend.

(Orig.-Tel. d. "M.
Tagbl.")

Von gestern Mittags bis heute Mittags
sind hier 4 Erkrankungen und 6 Todesfälle in
Folge von Cholera vorgekommen. Von den letz-
teren betrafen aber Fälle an vorhergegangenen
Tagen erkrankte Personen. Im hiesigen Zuchthause
ist ein Erkrankungsfall zu verzeichnen.




[Spaltenumbruch]
Vom Tage.
(Eine Tranung, welche Anfſehen erregt.)

Die Trauung der verwit[w]eten Gräfin Stephan
Batthyány, geb. Ilona v. Schoßberger, mit dem
Brünner Fabriksbeſitzer Victor Ritter v. Offer-
mann, fand Samſtag Vormittags um halb 10
Uhr in der evangeliſch-reformirten Kirche am
Calvinplatz zu Peſt durch den evang.-ref. Biſchof
Carl Száß in Anweſenheit einer kleinen Schaar
von Andächtigen ſtatt. Beiſtände waren Oberbür-
germeiſter Carl Ráth und Dr. Carl Niedermann,
Director der Landes-Irrenanſtalt. Die Eltern der
Braut und der Vater des Bräutigams ſtanden
dem Brautpaare zur Seite. Biſchof Carl Száß
verlas das Gebet und vollzog das ſonſtige Ritu-
ale in deutſcher Sprache.

(Eine blutige That auf dem Wiener
Kärntnerring.)

Ein blutiges Verbrechen ſpielte
ſich am 15. d. Abends gegen 9 Uhr an der
Halteſtelle der Tramway, Ecke des Kärntnerringes
und der Kärtnerſtraße in Wien, ab. Zwei Män-
ner, ein junger und ein älterer, wollten nämlich
gleichzeitig in einen eben heranrollenden Tramway-
Waggon ſteigen, und da Einer dem Anderen den
Vorantritt ſtreitig machte, geriethen ſie in einen
Wortwechſel, der ein trauriges Ende nahm und
wahrſcheinlich den Tod eines der Betheiligten zur
Folge haben dürfte. Der Aeltere der beiden Paſſa-
giere, ein kräſtiger Mann, war nämlich früher
auf die Plattform des Waggons gelangt, doch
kaum hatte er dieſelbe errreicht, ſtieß er einen
markdurchdringenden Schrei aus und taumelte
zurück. Sein Gegne[r] hatte ihm, wie nachträglich
feſtgeſtellt werden konnte, mit einem dolchartigen
Meſſer einen bis in die Luftröhre reichenden
Stich in die linke Seite des Halſes verſetzt und
ergriff dann über den Opernring, durch die
Operngaſſe die Flucht, lief in die Dreher’ſche
Bierhalle, woſelbſt er von nacheilenden Infante-
riſten erſt nach vieler Mühe feſtgenommen werden
konnte. Als der Attentäter, der angeblich in Her-
nals, Payergaſſe Nr. 5 wohnhafte 24jährige
Kellner Franz Wagner, vom Wachmanne escor-
tirt, auf der Straße anlangte, wurde er von der
zahlreich angeſammelten Volksmenge angefallen.
Die Sicherheitswache hatte Mühe, den Burſchen
vor ernſten Mißhandlungen ſeitens der erbitterten
Menge zu ſchützen. Wagner wurde in das Poli-
zei-Directions-Gebäude escortirt. Das blutige
Meſſer wurde in ſeinem Beſitze vorgefunden. Der
Verwundete, der ſich Karl v Spitz nannte, war
mittlerweile in bewußtloſem Zuſtande in das
Café Corſo auf dem Kärtnerring getragen wor-
den, wo er mit Wagner confrontirt wurde. Bei
dieſer Gelegenheit ſagte Wagner zu Spitz: „Du,
nicht wahr Spitz, ich habe es nicht gethan.“ Man
ſchließt daraus, daß ſich die Beiden gekannt
haben. Die Erhebungen des Polizeicommiſſariats
der Inneren Stadt über die Perſon des vorgeb-
blichen Karl v. Spitz haben ein eigenthümliches
Reſultat ergeben. Der Verwundete iſt nämlich ein
wiederholt wegen Taſchendiebſtahles abgeſtraftes
und aus dem Wiener Polizeirayon für beſtändig
abgeſchafftes Individuum und heißt richtig Karl
Spitz. Seine Photographie befindet ſich ſeit eini-
gen Jahren im Verbrecher-Album der Polizei-
Direction. Den Adelſtand mit dem Worte „von“
hat ſich Spitz widerrechtlich beigelegt. Der Thäter,
dürfte aller Wahrſcheinlichkeit nach ein Bekannter
von Spitz ſein. Dies geht ſchon daraus hervor,
daß nach Ausſage von Zeugen der angebliche
Franz Wagner vor der Wartehalle mit Spitz ge-
ſprochen und an dieſen dann bei der Confronta-
tion die Worte: „Du, nicht wahr, Spitz, ich habe
es nicht gethan!“ gerichtet hatte. Der Thäter
ſcheint demnach ein guter Bekannter des Spitz zu
ſein und vermuthlich die Abſicht gehabt zu haben,
mit ihm gemeinſchaftlich Taſchen-Diebſtähle auf
Tramway-Waggons auszuführen. Carl Spitz,
deſſen Verletzung nach ärztlicher Angabe eine ge-
fährliche iſt, befindet ſich noch am Leben und
konnte ſogar mit Einwilligung des behan-
delnden Arztes im Wiedener Krankenhauſe von
einer polizeilichen Commiſſion einvernommen wer-
den. Spitz erklärte, daß er mit einem 20- bis
24jährigen Burſchen nächſt der Tramway-Halt-
ſtelle auf dem Kärntnerring in einen Streit ge-
rathen ſei, und zwar ſoll es ſich darum
gehandelt haben, wer zunächſt die Plattform des
Tramway-Waggons beſteige. Spitz, der ſich nicht
verdrängen laſſen wollte, will dem jungen Manne
einen Stoß verſetzt haben, worauf dieſer ihm das
Meſſer in den Hals gerannt habe. Spitz will
den Attentäter perſönlich früher nie geſehen haben.
[Spaltenumbruch] Die Identität des Attentäters vom Kärntnerring
wurde vorgeſtern feſtgeſtellt. Es iſt dies ein mehrfach
geſtraftes Individuum, Namens Johann Piſtal.
Mit dem Verwundeten Spitz, der aller Wahr-
ſcheit lichkeit nach geneſen wird, pflegte er erwie-
ſenermaßen intimen Verkehr. Es iſt ſo gut wie
gewiß, daß Beide bei der Theilung einer gemein-
ſamen Beute in Streit gerathen ſind, daß ſomit
hier ein gewöhnlicher Exceß vorliegt.

(Zur Herabſetzung der Telegrafenge-
bühr)

für das Ausland von 6 auf 4 kr., welche
auf eine Initiative des Abg. Roſer ſtattfand,
wird vom 1. Juli d. J. in Kraft treten.

(Ein beſcheidener Heirathsantrag.)

„Ein
Geſchäftsmann, 32 Jahre alt, ſucht ſich mit ei-
ner Dame zu verheirathen. Alter, Schönheit, Re-
ligion, Charakter, Nation und Vermögen Ne-
benſache.“ —

(Ein Prinz als Erbe ſeines Lehrers.)

In Dresden wird die Thatſache lebhaft beſprochen,
daß der am 6. d. M. dort verſtorbene Profeſſor
Joſef Maurice Bertrand den Prinzen Georg,
deſſen Lehrer der Verſchiedene einſt war, zum
Univerſalerben ſeines über dreihunderttauſend
Mark betragenden Vermögens eingeſetzt hat.




Theater.
Zum Schluſſe der Theaterſaiſon.

Die beiden letzten Vorſtellungen in der heu-
rigen Saiſon brachten Repriſen der zugkräftigen
Operetten: „Der Zigeuner-Baron“ und „Nanon,
die Wirthin vom goldenen Lamm“. Erſteres
Werk ging zum Benefice des Herrn Bauer, letz-
teres zum Benefice des Frl. Anatour reſp. des
Chorperſonales, dem Frl. Anatour ihren Antheil
gewidmet hatte, in Scene. Das Publicum, wel-
ches ſich an beiden Abenden zahlreichſt im Theater
eingefunden hatte, begrüßte die Beneſicianten bei
ihrem Erſcheinen mit ſtürmiſchem Beifall; auch
an bübſchen Kranzſpenden fehlte es nicht. Geſpielt
wurde an beiden Abenden vortrefflich und ließ
das Enſemble in keiner Richtung etwas zu wün-
ſchen übrig. Das Publicum durch das Gebotene
in die beſte Stimmung verſetzt, rief die Darſteller
der Hauptrollen, die Damen: Anatour, Richini,
Janowitz und die Herren Bauer, Romani, Au-
guſtin und Chriſtl wiederholt ſtürmiſch bei offener
Scene und nach den Actſchlüſſen. Die Abſchieds-
couplets der Herren Romani und Auguſtin fan-
den die freundlichſte Aufnahme. Mehrere von
Frl. Anatour und den Herren Bauer, Romani
und Auguſtin gebrachte Nummern mußten zur
Wiederholung gebracht werden. Der Abſchied von
den trefflichen Kräften unſerer Operette war ein
herzlicher, aber auch ein recht ſchwerer, denn es
iſt kaum Ausſicht vorhanden, daß wir bald wie-
der ein ſolches Enſemble an unſerer Bühne ver-
einigt ſehen werden, wie dieß in der heurigen
Saiſon der Fall war.




Sprechſaal
Oeffentlicher Dank.

Die unterfertigten Ortsgruppen-Leitungen
ſprechen hiemit dem löbl. Damenſingvereine,
dem löblichen Männergeſangvereine, der
Opernſängerin Frl. Morawetz, dem Opern-
ſänger Herrn Bauer, dem Capellmeiſter Herrn
Würkner, ſowie beſonders dem Chormeiſter
Herrn Labler anläßlich deren Mitwirkung bei
dem mit ſo prächtigen Erfolge abgehaltenen Con-
certe ihren herzlichſten Dank aus.




Löbliche Redaction!

In Ihrem geſchätzten Blatte Nr. 88 vom
17. d. M. habe ich eine von der Verſicherungs-
Geſellſchaft „Concordia“ eingeſchaltete Anonce, in
welcher erklärt wird, daß ich aus ihrem Dienſte
ausgeſchieden bin, inſofern als unrichtig befun-
den, indem ich dieſer Anſtalt am 1. April l. J. ſelbſt
den Dienſt aus dem Grunde gekündigt habe, weil
ich mit 1. Mai l. J. als Beamter bei der un-
gariſch-franzöſiſchen Verſicherungsanſtalt in Brünn
in den Dienſt treten werde.


[Spaltenumbruch]
Telegramme.
Ermordung eines Biſchofs durch einen
Prieſter.

(Orig.-Telegr. des
„Mähr. Tagblattes.“)

Während in der hieſigen
Cathedrale geſtern die Palmenweihe vorgenom-
men wurde, feuerte ein Prieſter drei Revolver-
ſchüſſe auf den celebrirenden Biſchof von Madrid
ab, der von den Projectilen getroffen, ſofort
todt zuſammenſank.

(Orig.-Telegr. des
„Mähr. Tagbl.“)

Hier iſt geſtern ein fünfſtöcki-
ges Haus zuſammengeſtürzt; zahlreiche Perſonen
wurden unter den Trümmern begraben. Bisher
wurde conſtatirt, daß 12 Perſonen todt und 10
Perſonen ſchwer verwundet ſind.

(Orig.-Telegr. des „M.
Tagbl.“)

Von Seite der Behörde wurden die
größten Vorſichtsmaßregeln gegen eine Einſchlep-
pung der Cholera aus Italien getroffen und
Spitäler errichtet.

(Orig.-Telegr. des „M.
Tagbl.“)

Die Zucker-Enquete bat ihre Berathun-
gen beendet.

(Orig.-Telegr. des
„Mähr. Tagbl.“)

In dem Schwurgerichts-Pro-
ceſſe Kohn, welcher gegen die Geſellſchafter die-
ſer Firma, wegen angeblich erfolgter Benachthei-
ligung der Aſſecurranzgeſellſchakt „Phönix“ durch
Angabe einer höheren Schadensziffer bei einem
Brandunglücke, eingeleitet wurde, ſind ſämmtliche
Angeklagte auf Grund des Verdictes der Ge-
ſchworenen, welche die Schuldfragen einſtimmig
verneinten, freigeſprochen worden.

(Orig.-Tel. des „Mähr.
Tagbl.“)

Die „Sileſia“ meldet: Der Leiter des
Handelsminiſter[i]ums erklärte dem Abg. Menger,
die Bahn Freiwaldau-Ziegenhals werde im Som-
mer, die Linie Freiwaldau-Goldenſtein im Herbſt
dieſes Jahres, die Linie Goldenſtein-Hansdorf
nächſtes Jahr ſicher gebaut werden.

(Orig.-Telegr. des
„Mähr. Tagbl.)

Die Bezirksſtadt Stryj iſt im
Laufe des geſtrigen Nachmittags und der heutigen
Nacht einem gräßlichen Brandunglücke zum Opfer
gefallen und total abgebrannt. Rettung war trotz
Requirirung der Lemberger Feuerwehr mittelſt
Extrazuges unmöglich. 600 Gebäude, darunter
faſt ſämmtliche Dikaſterialgebäude ſind ein Raub
der Flammen geworden. Einige Hundert Fa-
milien ſind obdachlos. — Laut dem officiellen
Berichte ſind auch viele Perſonen durch das Feuer
umgekommen. Das Elend iſt entſetzlich. Aus
Lemberg wurden mehrere Waggons mit Lebens-
mitteln nach Stryj entſendet.

(Orig.-Telegr. des „Mähr.
Tagbl.“)

Die Synagoge, die Kirche und die
Aemter ſind niedergebrannt. Der Schaden
iſt enorm; über 1000 Menſchen campiren
im Freien. Es herrſcht Mangel an Lebensmitteln.
Die Stadt Stry gleicht heute einem großen
brennenden Trümmerhaufen.

(Orig.-Telgr. des
„Mähr. Tagbl.“)

Der Verein für Socialpolitik
hat ſich aufgelöſt.

(Orig.-Telgr. d. „Mähr.
Tagbl.“)

Die preußiſche Regierung hat mit Aus-
nahme gewiſſer Abänderungen bezüglich der Mai-
geſetze die vom Vatican vorgeſchlagenen Grund-
lagen eines Uebereinkommens für die Wiederherſtel-
lung des Friedens zwiſchen Kirche und Staat
angenommen.

(Orig. Teleg. d. „Mähr.
Tagbl.“)

Der Papſt hat für die Oſtertage ein
Konſiſtorium einberufen und wird in ſeiner An-
ſprache an die Cardinäle auch die politiſchen
Zeitverhältniſſe insbeſondere aber die ſocial-anar-
chiſtiſche Bewegung und deren Urſachen in Bel-
gien, England, Italien und Frankreich ſtreifen.

(Org.-Tel. d. „Mähr.
Tagbl.“)

Das Befinden des deutſchen Kronprin-
zen iſt fortdanernd zufriedenſtellend.

(Orig.-Tel. d. „M.
Tagbl.“)

Von geſtern Mittags bis heute Mittags
ſind hier 4 Erkrankungen und 6 Todesfälle in
Folge von Cholera vorgekommen. Von den letz-
teren betrafen aber Fälle an vorhergegangenen
Tagen erkrankte Perſonen. Im hieſigen Zuchthauſe
iſt ein Erkrankungsfall zu verzeichnen.




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[[6]/0006] Vom Tage. (Eine Tranung, welche Anfſehen erregt.) Die Trauung der verwitweten Gräfin Stephan Batthyány, geb. Ilona v. Schoßberger, mit dem Brünner Fabriksbeſitzer Victor Ritter v. Offer- mann, fand Samſtag Vormittags um halb 10 Uhr in der evangeliſch-reformirten Kirche am Calvinplatz zu Peſt durch den evang.-ref. Biſchof Carl Száß in Anweſenheit einer kleinen Schaar von Andächtigen ſtatt. Beiſtände waren Oberbür- germeiſter Carl Ráth und Dr. Carl Niedermann, Director der Landes-Irrenanſtalt. Die Eltern der Braut und der Vater des Bräutigams ſtanden dem Brautpaare zur Seite. Biſchof Carl Száß verlas das Gebet und vollzog das ſonſtige Ritu- ale in deutſcher Sprache. (Eine blutige That auf dem Wiener Kärntnerring.) Ein blutiges Verbrechen ſpielte ſich am 15. d. Abends gegen 9 Uhr an der Halteſtelle der Tramway, Ecke des Kärntnerringes und der Kärtnerſtraße in Wien, ab. Zwei Män- ner, ein junger und ein älterer, wollten nämlich gleichzeitig in einen eben heranrollenden Tramway- Waggon ſteigen, und da Einer dem Anderen den Vorantritt ſtreitig machte, geriethen ſie in einen Wortwechſel, der ein trauriges Ende nahm und wahrſcheinlich den Tod eines der Betheiligten zur Folge haben dürfte. Der Aeltere der beiden Paſſa- giere, ein kräſtiger Mann, war nämlich früher auf die Plattform des Waggons gelangt, doch kaum hatte er dieſelbe errreicht, ſtieß er einen markdurchdringenden Schrei aus und taumelte zurück. Sein Gegner hatte ihm, wie nachträglich feſtgeſtellt werden konnte, mit einem dolchartigen Meſſer einen bis in die Luftröhre reichenden Stich in die linke Seite des Halſes verſetzt und ergriff dann über den Opernring, durch die Operngaſſe die Flucht, lief in die Dreher’ſche Bierhalle, woſelbſt er von nacheilenden Infante- riſten erſt nach vieler Mühe feſtgenommen werden konnte. Als der Attentäter, der angeblich in Her- nals, Payergaſſe Nr. 5 wohnhafte 24jährige Kellner Franz Wagner, vom Wachmanne escor- tirt, auf der Straße anlangte, wurde er von der zahlreich angeſammelten Volksmenge angefallen. Die Sicherheitswache hatte Mühe, den Burſchen vor ernſten Mißhandlungen ſeitens der erbitterten Menge zu ſchützen. Wagner wurde in das Poli- zei-Directions-Gebäude escortirt. Das blutige Meſſer wurde in ſeinem Beſitze vorgefunden. Der Verwundete, der ſich Karl v Spitz nannte, war mittlerweile in bewußtloſem Zuſtande in das Café Corſo auf dem Kärtnerring getragen wor- den, wo er mit Wagner confrontirt wurde. Bei dieſer Gelegenheit ſagte Wagner zu Spitz: „Du, nicht wahr Spitz, ich habe es nicht gethan.“ Man ſchließt daraus, daß ſich die Beiden gekannt haben. Die Erhebungen des Polizeicommiſſariats der Inneren Stadt über die Perſon des vorgeb- blichen Karl v. Spitz haben ein eigenthümliches Reſultat ergeben. Der Verwundete iſt nämlich ein wiederholt wegen Taſchendiebſtahles abgeſtraftes und aus dem Wiener Polizeirayon für beſtändig abgeſchafftes Individuum und heißt richtig Karl Spitz. Seine Photographie befindet ſich ſeit eini- gen Jahren im Verbrecher-Album der Polizei- Direction. Den Adelſtand mit dem Worte „von“ hat ſich Spitz widerrechtlich beigelegt. Der Thäter, dürfte aller Wahrſcheinlichkeit nach ein Bekannter von Spitz ſein. Dies geht ſchon daraus hervor, daß nach Ausſage von Zeugen der angebliche Franz Wagner vor der Wartehalle mit Spitz ge- ſprochen und an dieſen dann bei der Confronta- tion die Worte: „Du, nicht wahr, Spitz, ich habe es nicht gethan!“ gerichtet hatte. Der Thäter ſcheint demnach ein guter Bekannter des Spitz zu ſein und vermuthlich die Abſicht gehabt zu haben, mit ihm gemeinſchaftlich Taſchen-Diebſtähle auf Tramway-Waggons auszuführen. Carl Spitz, deſſen Verletzung nach ärztlicher Angabe eine ge- fährliche iſt, befindet ſich noch am Leben und konnte ſogar mit Einwilligung des behan- delnden Arztes im Wiedener Krankenhauſe von einer polizeilichen Commiſſion einvernommen wer- den. Spitz erklärte, daß er mit einem 20- bis 24jährigen Burſchen nächſt der Tramway-Halt- ſtelle auf dem Kärntnerring in einen Streit ge- rathen ſei, und zwar ſoll es ſich darum gehandelt haben, wer zunächſt die Plattform des Tramway-Waggons beſteige. Spitz, der ſich nicht verdrängen laſſen wollte, will dem jungen Manne einen Stoß verſetzt haben, worauf dieſer ihm das Meſſer in den Hals gerannt habe. Spitz will den Attentäter perſönlich früher nie geſehen haben. Die Identität des Attentäters vom Kärntnerring wurde vorgeſtern feſtgeſtellt. Es iſt dies ein mehrfach geſtraftes Individuum, Namens Johann Piſtal. Mit dem Verwundeten Spitz, der aller Wahr- ſcheit lichkeit nach geneſen wird, pflegte er erwie- ſenermaßen intimen Verkehr. Es iſt ſo gut wie gewiß, daß Beide bei der Theilung einer gemein- ſamen Beute in Streit gerathen ſind, daß ſomit hier ein gewöhnlicher Exceß vorliegt. (Zur Herabſetzung der Telegrafenge- bühr) für das Ausland von 6 auf 4 kr., welche auf eine Initiative des Abg. Roſer ſtattfand, wird vom 1. Juli d. J. in Kraft treten. (Ein beſcheidener Heirathsantrag.) „Ein Geſchäftsmann, 32 Jahre alt, ſucht ſich mit ei- ner Dame zu verheirathen. Alter, Schönheit, Re- ligion, Charakter, Nation und Vermögen Ne- benſache.“ — (Ein Prinz als Erbe ſeines Lehrers.) In Dresden wird die Thatſache lebhaft beſprochen, daß der am 6. d. M. dort verſtorbene Profeſſor Joſef Maurice Bertrand den Prinzen Georg, deſſen Lehrer der Verſchiedene einſt war, zum Univerſalerben ſeines über dreihunderttauſend Mark betragenden Vermögens eingeſetzt hat. Theater. Zum Schluſſe der Theaterſaiſon. Die beiden letzten Vorſtellungen in der heu- rigen Saiſon brachten Repriſen der zugkräftigen Operetten: „Der Zigeuner-Baron“ und „Nanon, die Wirthin vom goldenen Lamm“. Erſteres Werk ging zum Benefice des Herrn Bauer, letz- teres zum Benefice des Frl. Anatour reſp. des Chorperſonales, dem Frl. Anatour ihren Antheil gewidmet hatte, in Scene. Das Publicum, wel- ches ſich an beiden Abenden zahlreichſt im Theater eingefunden hatte, begrüßte die Beneſicianten bei ihrem Erſcheinen mit ſtürmiſchem Beifall; auch an bübſchen Kranzſpenden fehlte es nicht. Geſpielt wurde an beiden Abenden vortrefflich und ließ das Enſemble in keiner Richtung etwas zu wün- ſchen übrig. Das Publicum durch das Gebotene in die beſte Stimmung verſetzt, rief die Darſteller der Hauptrollen, die Damen: Anatour, Richini, Janowitz und die Herren Bauer, Romani, Au- guſtin und Chriſtl wiederholt ſtürmiſch bei offener Scene und nach den Actſchlüſſen. Die Abſchieds- couplets der Herren Romani und Auguſtin fan- den die freundlichſte Aufnahme. Mehrere von Frl. Anatour und den Herren Bauer, Romani und Auguſtin gebrachte Nummern mußten zur Wiederholung gebracht werden. Der Abſchied von den trefflichen Kräften unſerer Operette war ein herzlicher, aber auch ein recht ſchwerer, denn es iſt kaum Ausſicht vorhanden, daß wir bald wie- der ein ſolches Enſemble an unſerer Bühne ver- einigt ſehen werden, wie dieß in der heurigen Saiſon der Fall war. Sprechſaal Oeffentlicher Dank. Die unterfertigten Ortsgruppen-Leitungen ſprechen hiemit dem löbl. Damenſingvereine, dem löblichen Männergeſangvereine, der Opernſängerin Frl. Morawetz, dem Opern- ſänger Herrn Bauer, dem Capellmeiſter Herrn Würkner, ſowie beſonders dem Chormeiſter Herrn Labler anläßlich deren Mitwirkung bei dem mit ſo prächtigen Erfolge abgehaltenen Con- certe ihren herzlichſten Dank aus. Mit deutſchem Gruß und Handſchlag die Orts- gruppenleitungen der Frauen- und Mädchenortsgruppe ſowie der Herren-Ortsgruppe „Olmütz“ des deutſchen Schulvereins. Löbliche Redaction! In Ihrem geſchätzten Blatte Nr. 88 vom 17. d. M. habe ich eine von der Verſicherungs- Geſellſchaft „Concordia“ eingeſchaltete Anonce, in welcher erklärt wird, daß ich aus ihrem Dienſte ausgeſchieden bin, inſofern als unrichtig befun- den, indem ich dieſer Anſtalt am 1. April l. J. ſelbſt den Dienſt aus dem Grunde gekündigt habe, weil ich mit 1. Mai l. J. als Beamter bei der un- gariſch-franzöſiſchen Verſicherungsanſtalt in Brünn in den Dienſt treten werde. Achtungsvoll Redomansky k. k. penſ. penſ. Gendarmerie- Wachtmeiſter. Telegramme. Ermordung eines Biſchofs durch einen Prieſter. Madrid, 19. April. (Orig.-Telegr. des „Mähr. Tagblattes.“) Während in der hieſigen Cathedrale geſtern die Palmenweihe vorgenom- men wurde, feuerte ein Prieſter drei Revolver- ſchüſſe auf den celebrirenden Biſchof von Madrid ab, der von den Projectilen getroffen, ſofort todt zuſammenſank. Ajaccio, 19. April. (Orig.-Telegr. des „Mähr. Tagbl.“) Hier iſt geſtern ein fünfſtöcki- ges Haus zuſammengeſtürzt; zahlreiche Perſonen wurden unter den Trümmern begraben. Bisher wurde conſtatirt, daß 12 Perſonen todt und 10 Perſonen ſchwer verwundet ſind. Trieſt, 19. April. (Orig.-Telegr. des „M. Tagbl.“) Von Seite der Behörde wurden die größten Vorſichtsmaßregeln gegen eine Einſchlep- pung der Cholera aus Italien getroffen und Spitäler errichtet. Wien, 19. April. (Orig.-Telegr. des „M. Tagbl.“) Die Zucker-Enquete bat ihre Berathun- gen beendet. Brünn, 19. April. (Orig.-Telegr. des „Mähr. Tagbl.“) In dem Schwurgerichts-Pro- ceſſe Kohn, welcher gegen die Geſellſchafter die- ſer Firma, wegen angeblich erfolgter Benachthei- ligung der Aſſecurranzgeſellſchakt „Phönix“ durch Angabe einer höheren Schadensziffer bei einem Brandunglücke, eingeleitet wurde, ſind ſämmtliche Angeklagte auf Grund des Verdictes der Ge- ſchworenen, welche die Schuldfragen einſtimmig verneinten, freigeſprochen worden. Wien, 19. April. (Orig.-Tel. des „Mähr. Tagbl.“) Die „Sileſia“ meldet: Der Leiter des Handelsminiſteriums erklärte dem Abg. Menger, die Bahn Freiwaldau-Ziegenhals werde im Som- mer, die Linie Freiwaldau-Goldenſtein im Herbſt dieſes Jahres, die Linie Goldenſtein-Hansdorf nächſtes Jahr ſicher gebaut werden. Lemberg, 18. April. (Orig.-Telegr. des „Mähr. Tagbl.) Die Bezirksſtadt Stryj iſt im Laufe des geſtrigen Nachmittags und der heutigen Nacht einem gräßlichen Brandunglücke zum Opfer gefallen und total abgebrannt. Rettung war trotz Requirirung der Lemberger Feuerwehr mittelſt Extrazuges unmöglich. 600 Gebäude, darunter faſt ſämmtliche Dikaſterialgebäude ſind ein Raub der Flammen geworden. Einige Hundert Fa- milien ſind obdachlos. — Laut dem officiellen Berichte ſind auch viele Perſonen durch das Feuer umgekommen. Das Elend iſt entſetzlich. Aus Lemberg wurden mehrere Waggons mit Lebens- mitteln nach Stryj entſendet. Stry, 18. April. (Orig.-Telegr. des „Mähr. Tagbl.“) Die Synagoge, die Kirche und die Aemter ſind niedergebrannt. Der Schaden iſt enorm; über 1000 Menſchen campiren im Freien. Es herrſcht Mangel an Lebensmitteln. Die Stadt Stry gleicht heute einem großen brennenden Trümmerhaufen. London, 18. April. (Orig.-Telgr. des „Mähr. Tagbl.“) Der Verein für Socialpolitik hat ſich aufgelöſt. Rom, 18. April. (Orig.-Telgr. d. „Mähr. Tagbl.“) Die preußiſche Regierung hat mit Aus- nahme gewiſſer Abänderungen bezüglich der Mai- geſetze die vom Vatican vorgeſchlagenen Grund- lagen eines Uebereinkommens für die Wiederherſtel- lung des Friedens zwiſchen Kirche und Staat angenommen. Rom, 19. April (Orig. Teleg. d. „Mähr. Tagbl.“) Der Papſt hat für die Oſtertage ein Konſiſtorium einberufen und wird in ſeiner An- ſprache an die Cardinäle auch die politiſchen Zeitverhältniſſe insbeſondere aber die ſocial-anar- chiſtiſche Bewegung und deren Urſachen in Bel- gien, England, Italien und Frankreich ſtreifen. Berlin, 18. April. (Org.-Tel. d. „Mähr. Tagbl.“) Das Befinden des deutſchen Kronprin- zen iſt fortdanernd zufriedenſtellend. Brindiſi, 18. April. (Orig.-Tel. d. „M. Tagbl.“) Von geſtern Mittags bis heute Mittags ſind hier 4 Erkrankungen und 6 Todesfälle in Folge von Cholera vorgekommen. Von den letz- teren betrafen aber Fälle an vorhergegangenen Tagen erkrankte Perſonen. Im hieſigen Zuchthauſe iſt ein Erkrankungsfall zu verzeichnen.

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 89, Olmütz, 19.04.1886, S. [6]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches89_1886/6>, abgerufen am 22.11.2024.