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Mährisches Tagblatt. Nr. 29, Olmütz, 07.02.1887.

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[Spaltenumbruch]
Die Erhaltung deutscher Seelsorge.


Der Bericht, welchen im verflossenen Herbst
Einer der wackersten Vorkämpfer des Deutsch-
thums in Böhmen, Prof. Dr. Knoll aus Prag,
auf dem deutschen Colonialtage zu Berlin über
die Erhaltung "deutscher Sprache und Art in
der Fremde" erstattet, war überreich an dankens-
werthen Anregungen auf dem Gebiete der natio-
nalen Arbeit, die weit über das actuelle Interesse
des Tages hinausreichen. Wir wollen heute Eine
derselben als besonderer Beachtung würdig her-
vorheben. Nach dem Muster des evangelischen
Gustav-Adolf-Vereines solle ein katholischer Verein
für die Erhaltung deutscher Seelsorge bei den
katholischen Deutschen in der Fremde und für die
Ausbildung deutscher katholischer Priester für solche
Gemeinden, die hieran Mangel leiden, gegründet
werden. Mit vollem Rechte meint Knoll, ein
solcher Verein könnte seiner Kirche und seinem
Volksthume zugleich sehr förderlich sein.

Das Letztere ist gerade im Hinblicke auf
unsere bedauerlichen Verhältnisse in Oesterreich
klar und einleuchtend genug. Wo immer wir an
den Sprachgrenzen und in den Sprachinseln das
deutsche Gebiet im Laufe der Jahre abbröckeln
und dahinschwinden sehen, wo immer wir das
Einnisten und Vordringen des slavischen und welschen
Elementes beobachten, wir werden, wenn wir den
Urhebern dieser Erscheinung nachspüren, fast immer
auf den katholischen Priester stoßen, der, wenn
selbst slavischen oder welschen Stammes, dem
eigenen Herzensdrange folgend, wenn deutscher
Abstammung, dem Gebote der geistlichen Oberen
sich fügend, an der Bekämpfung deutscher Sprache
und Art sich in erster Linie betheiligt. Es ist ja
gewiß betrübend und beschämend, wenn im Reichs-
rathe deutsche Priester und von diesen gegängelte
deutsche Alpenbauern die Geschäfte der Polen,
Tschechen und Slovenen besorgen und gegen Ab-
schlagszahlungen zweifelhaftesten Werthes mit er-
bittertsten nationalen Gegnern Schulter an Schulter
marschiren. Aber viel gefährlicher noch für den
Besitzstand unseres Volksthumes ist die unausge-
setzte Hetz- und Wühlarbeit der in gemischtspra-
chige oder auch rein deutsche Gemeinden, etwa in
Böhmen und Mähren oder im steirischen Unter-
lande und in Kärnten gesetzten tschechischen, bezie-
hungsweise windischen Geistlichen, die den Kampf
gegen das verachtete und verhaßte deutsche Wesen
als wichtigste Aufgabe betreiben.

Wie die Dinge in Böhmen und Mähren
stehen, ist längst kein Geheimniß mehr. Der
[Spaltenumbruch] Mangel an deutschen Priesteramts-Candidaten ist
derzeit thatsächlich so groß, daß es den kirchlichen
Behörden auch bei besserem Willen schwer fiele,
alle deutschen Pfarrgemeinden mit deutschen Seel-
sorgern zu versehen. Aber man weiß auch längst,
wo des Uebels Grund zu suchen. Man weiß, wie
den deutschen Alumnen in den bischöflichen und
stiftlichen Hauslehranstalten das Leben sauer ge-
macht wird. Auch ist es begreiflich, wenn in einem
Lande wie Böhmen, wo der nationale Gedanke
naturgemäß festere und tiefere Wurzeln geschlagen
als in irgend einem anderen Theile unseres
Staates, dem Deutschen ein Beruf verleidet wird,
der Deutsche und Tschechen mit so völlig ungleichem
Maße mißt. Wirken doch die slavischen Pfarrer
und Capläne allenthalben als fanatische Agenten
im Dienste der nationalen Idee, während die
leiseste Kundgebung nationalen Bewußtseins dem
deutschen Priester mit sicherer Zurücksetzung, mit
offenkundigem Uebelwollen, unter Umständen wohl
auch mit directer Ahndung gelohnt wird. Da ist
es erklärlich, wenn der Nachwuchs deutscher
Priester in den Sudetenländern von Jahr zu
Jahr abnimmt, während mit tschechischen, wie
wir vor Kurzem vernommen haben, in Bälde
auch die schöne Steiermark gesegnet sein wird,
die vorläufig schon an den fanatischen Hetzcaplä-
nen des Unterlandes, welche die windischen Bauern
gegen die deutsche Schule aufreizen und zur
Wahlurne für slovenische Streber treiben, vollauf
genug hat. -- Es ist auch wohlbekannt mit wel-
chen Schwierigkeiten der Deutsche Schulverein,
dem es um ehelichen Frieden mit der Kirche zu
thun ist, schon zu wiederholten Malen zu kämpfen
hatte, um seinen Schulen den katholischen Reli-
gionsunterricht zu verschaffen. Da könnte ein
Verein, wie er dem trefflichen Redner aus Prag
vorschwebt, segensreich wirken. So manches ge-
fährdete Gebiet könnte wieder befestigt und ge-
rettet werden, wenn es mit deutscher Seelsorge,
freilich nicht bloß in deutscher Sprache, sondern
auch in deutschem Geiste, bedacht würde. Der
Gedanke ist schön und sollte einmal in die öffent-
liche Discussion geworfen, nicht mehr vergessen
werden.

Aber auch die Kirche würde durch seine Ver-
wirklichung nur gewinnen können. Denn unmög-
lich ist es, daß das unnatürliche Verhältniß, in
welchem gegenwärtig der größte Theil des deut-
schen Clerus zum eigenen Volke und dessen hei-
ligsten Lebensinteressen steht, auf die Dauer nicht
auch der Kirche schaden sollten. Unmöglich ist es,
daß der tschechische und slovenische Priester, der
aus dem Hasse und der Verachtung kein Hehl




[Spaltenumbruch]

mich selbst, daß der Maikäfer so fett war, als
ob man ihn gemästet hätte.

"Alle Achtung," belobte ich den Pilger. "Sie
sind ein Ehrenmann. Wie haben Sie denn aber
gegenwärtig einen Maikäfer erwischt?"

"Gnä' Herr," erwiderte er verschmitzt,
"wissen's, i hab'n als Engerling ausgrab'n und
aufpappelt, bis aus ihm a Maikäfer word'n is.
Der hat Ihna was z'sammag'fress'n! A Gans
hätt' i damit schopp'n können."

Ein frecher Lüngner! Aber was ging mich
die Entstehungsgeschichte des Maikäfers an? Mir
war geholfen. Alsbald setzte ich den dicken Mai-
käfer in eine Schachtel mit durchlöchertem Deckel
und gab ihn unter der Bezeichnung "Viehtrans-
port" zur Post. Am nächsten Morgen schon las
ich etwas von den schöpferischen Launen der Na-
tur, welche zur Weihnachtszeit einen Maikäfer in
die Welt gesendet hätte, um die Menschheit mitten
im starren Frost daran zu mahnen, daß es doch
einmal Frühling werden müsse. Im Bureau sah
ich dann den Malkäfer auf dem Tische meines
Quälgeistes herumkriechen.

"Wollen Sie ihn Nachts auch hier lassen?"
fragte ich.

"Warum denn nicht? Er ist ja angebunden."

"Hm," sagte ich sehr ernsthaft "auf einen
Maikäfer, der im December schon erscheint, ist
meines Erachtens kein Verlaß. Das Vieh bellt
am Ende die ganze Nacht wie ein Schloßhund."

Er sandte mich auf der Stelle zu einer Ex-
humirung, bei der ich ohnmächtig wurde. Dies
nahm ich racheschnaubend zum Anlaß, um einige
Tage krankgemeldet das Zimmer zu hüten und da-
selbst mehrere starke Weidenäste auszubrüten, die
ich ihm zusendete. Außerdem kam mein Pilger und
brachte mir eine ganz muntere Hummel, einen
Mistkäser, einen Regenwurm, einen alten, glatz-
[Spaltenumbruch] köpfigen Kohlweißling und ein paar siamesisch zu-
sammengewachsene Kaulquappen. Diese ganze Me-
nagerie wanderte hinein zu meinem Widersacher,
daß ihm die Finger krachten ob der haarsträu-
bende Dinge, die er in der Rubrik "Winterliches
Thierleben" schreiben mußte.

Als ich wieder in das Bureau kam, war
der Sclavenhälter in böser Laune. Er mußte
wieder einige Schimpfbriefe erhalten haben.

"Gut, daß Sie da sind", schnurcte er mich
an. Die interessanten Rubriken über Winterblüthen
und voreilige Thiere, welche ich eingeführt habe,
finden solchen Anklang, daß ich nicht mehr Zeit
habe, sie zu bewältigen. Von heute an überneh-
men Sie diese Sachen. Aber ich bitte mir aus,
daß sie sorgfältig gemacht werden. Sie leichtsinni-
ger Mensch sind sonst im Stande, eine recom-
mandirte Reblaus zum Fenster hinauszuwerfen.
Muß schon bitten! ..."

Wie der Zufall aber mitunter spielt -- es
kam in diesem Winter keine einzige vorwitzige
Blüthe und auch kein voreiliges Vieh mehr per
Post. Wegen der paar Flöhe im Bureau mochte
ich die Rubrik nicht eröffnen, und so trat im
März der Wütherich auf mich zu, mir den Ver-
weis ertheilend:

"Es muß sich verbreitet haben, daß Sie die
beiden Rubriken redigiren. Niemand hat es mehr
der Mühe werth gefunden, Pflanzen oder Thiere
zu schicken. Selbstverständlich haben Sie sich auch
um diese Naturspiele nicht im Geringsten geküm-
mert. Solchen Ereignissen muß man nach-
gehen, wenn sie nicht selbst kommen. Aus Ihnen
wird nichts, mein Lieber, das sehe ich schon. Die
nächste Hinrichtung besorge ich selbst, hab' kein
Vertrauen mehr ..."




[Spaltenumbruch]

macht, welche er der Nationalität seiner deutschen
Pfarrkinder entgegenbringt, deren Liebe und Ver-
trauen gewinne oder daß er sie durch Predigt
und Unterweisung in einer ihnen unverständlichen
Sprache in Glauben und Gottesfurcht stärke.
Nicht principielle Feindseligkeit ist es, welche die
Deutschnationalen der katholischen Kirche entgegen-
bringen; Knoll's Anregung, deren Ausführung
der Kirche nicht minder wie unserem Volksthume
zum Segen gereichen könnte, hat es neuerdings
bewiesen. Freilich sind wir nicht sanguinisch genug,
um auch nur einen Augenblick daran zu zweifeln,
daß die Antwort der clericalen Partei eitel Hohn
und Spott sein werde. Denn diese Partei ver-
steht es meisterhaft, die Ursache gewisser Erschei-
nungen, die ihr nicht behagen, so auch des unter
den Deutschen in Oesterreich überhandnehmenden
religiösen Indifferentismus und ihrer immer deut-
licher zu Tage tretenden Abwendung von der
Kirche, in allen möglichen Factoren zu suchen
nur nicht in sich selbst.




Reichsrath.
Sitzung des Abgeordnetenhauses vom
5. Februar.


Nach Mittheilung des Einlaufes erbat sich
heute der Minister Baron Ziemialkowski das
Wort, um in Vertretung des Minister-Präsiden-
ten, welcher durch Unwohlsein in der Sitzung zu
erscheinen verhindert war, die vorgestern gestellte
Interpellation Mauthner in Folgendem zu be-
antworten:

Die Beziehungen der Monarchie zu den
auswärtigen Mächten sind durchaus befriedigend
(Beifall) und ist in letzterer Zeit hierin nament-
lich keinerlei dem Frieden nachtheilige Aenderung
eingetreten. (Beifall)

Trotz der Unsicherheit und des Ernstes der
allgemeinen politischen Lage in Europa hält die
Regierung an der Hoffnung fest, daß die Auf-
rechterhaltung des Friedens gelingen werde, da
dies den wiederholt betonten Wünschen aller Re-
gierungen und namentlich der Regierung Seiner
Majestät entspricht. (Lebhafter Beifall.)

Wenn nichtsdestoweniger von Seite der Mi-
litärverwaltung gewisse Anschaffungen für nöthig
befunden werden, so entspricht dies jenen Erfor-
dernissen der Vorsicht und Vorsorge für die
Sicherheit und Machtstellung des Reiches, welche
die Regierung als eine ihrer wichtigsten Pflichten
ansieht. (Beifall.) Es kann hierin ebensowenig ein
kriegerisches Symptom erblickt werden als in der
seinerzeitigen Einholung der verfassungsmäßigen
Zustimmung zu jenen als richtig erkannten mili-
tärischen Vorsichtsmaßregeln. (Lebhafter Beifall.)

Vor Uebergang zur Tagesordnung nahm

Abg. Dr. Poklukar das Wort, um zu
erklären, daß die Verantwortung dafür, daß er
das Referat über die angefochtenen dalmatinischen
Wahlen niederlegte, ihn allein treffe und er werde
sich daher wenig kümmern, ob dies dem Abg.
Plener genehm sei oder nicht. (Protestrufe links,
Beifall rechts.)

Abg. Dr. v. Plener meint, Dr. Poklukar
hätte schon vor eineinhalb Jahren wissen können,
daß er das Italienische nicht verstehe. Seine Dar-
stellung sei eine ganz gewöhnliche Entstellung der
wirklichen Sachlage. Diese sei vielmehr die, daß
eine Anzahl von Abgeordneten gegen deren rechts-
giltige Wahl die schwersten Bedenken vorliegen,
hier Jahr für Jahr an der Abstimmung theil-
nehmen und bei der schwankenden Mehrheit, über
welche die Regierungspartei verfügt, sehr häufig
den Ausschlag geben. (Beifall links.) Wenn man
durch eine derartige Hinausschiebung der Wahl-
prüfungen, die Stellung der Mehrheit befestigen
will, so ist das eines der allertraurigsten Mittel,
zu welchem eine Mehrheit greifen kann. (Beifall
links.)

Sodann wurde die Debatte über den Antrag
betreffs der Arbeiterkammern fortgesetzt.
Die noch eingetragenen Redner Dr. Kronawetter
und Dr. Kaizl polemisirten gegen mehrere der
Vorredner, während Abg. Türk sich zu einigen
persönlichen Bemerkungen veranlaßt sah. Hierauf
erhielt Abg. von Plener als Antragsteller das
Schlußwort.

Abg. Dr. v. Plener: Ich muß zu meinem
Bedauern gestehen, daß ich in einer viel weniger

[Spaltenumbruch]
Die Erhaltung deutſcher Seelſorge.


Der Bericht, welchen im verfloſſenen Herbſt
Einer der wackerſten Vorkämpfer des Deutſch-
thums in Böhmen, Prof. Dr. Knoll aus Prag,
auf dem deutſchen Colonialtage zu Berlin über
die Erhaltung „deutſcher Sprache und Art in
der Fremde“ erſtattet, war überreich an dankens-
werthen Anregungen auf dem Gebiete der natio-
nalen Arbeit, die weit über das actuelle Intereſſe
des Tages hinausreichen. Wir wollen heute Eine
derſelben als beſonderer Beachtung würdig her-
vorheben. Nach dem Muſter des evangeliſchen
Guſtav-Adolf-Vereines ſolle ein katholiſcher Verein
für die Erhaltung deutſcher Seelſorge bei den
katholiſchen Deutſchen in der Fremde und für die
Ausbildung deutſcher katholiſcher Prieſter für ſolche
Gemeinden, die hieran Mangel leiden, gegründet
werden. Mit vollem Rechte meint Knoll, ein
ſolcher Verein könnte ſeiner Kirche und ſeinem
Volksthume zugleich ſehr förderlich ſein.

Das Letztere iſt gerade im Hinblicke auf
unſere bedauerlichen Verhältniſſe in Oeſterreich
klar und einleuchtend genug. Wo immer wir an
den Sprachgrenzen und in den Sprachinſeln das
deutſche Gebiet im Laufe der Jahre abbröckeln
und dahinſchwinden ſehen, wo immer wir das
Einniſten und Vordringen des ſlaviſchen und welſchen
Elementes beobachten, wir werden, wenn wir den
Urhebern dieſer Erſcheinung nachſpüren, faſt immer
auf den katholiſchen Prieſter ſtoßen, der, wenn
ſelbſt ſlaviſchen oder welſchen Stammes, dem
eigenen Herzensdrange folgend, wenn deutſcher
Abſtammung, dem Gebote der geiſtlichen Oberen
ſich fügend, an der Bekämpfung deutſcher Sprache
und Art ſich in erſter Linie betheiligt. Es iſt ja
gewiß betrübend und beſchämend, wenn im Reichs-
rathe deutſche Prieſter und von dieſen gegängelte
deutſche Alpenbauern die Geſchäfte der Polen,
Tſchechen und Slovenen beſorgen und gegen Ab-
ſchlagszahlungen zweifelhafteſten Werthes mit er-
bittertſten nationalen Gegnern Schulter an Schulter
marſchiren. Aber viel gefährlicher noch für den
Beſitzſtand unſeres Volksthumes iſt die unausge-
ſetzte Hetz- und Wühlarbeit der in gemiſchtſpra-
chige oder auch rein deutſche Gemeinden, etwa in
Böhmen und Mähren oder im ſteiriſchen Unter-
lande und in Kärnten geſetzten tſchechiſchen, bezie-
hungsweiſe windiſchen Geiſtlichen, die den Kampf
gegen das verachtete und verhaßte deutſche Weſen
als wichtigſte Aufgabe betreiben.

Wie die Dinge in Böhmen und Mähren
ſtehen, iſt längſt kein Geheimniß mehr. Der
[Spaltenumbruch] Mangel an deutſchen Prieſteramts-Candidaten iſt
derzeit thatſächlich ſo groß, daß es den kirchlichen
Behörden auch bei beſſerem Willen ſchwer fiele,
alle deutſchen Pfarrgemeinden mit deutſchen Seel-
ſorgern zu verſehen. Aber man weiß auch längſt,
wo des Uebels Grund zu ſuchen. Man weiß, wie
den deutſchen Alumnen in den biſchöflichen und
ſtiftlichen Hauslehranſtalten das Leben ſauer ge-
macht wird. Auch iſt es begreiflich, wenn in einem
Lande wie Böhmen, wo der nationale Gedanke
naturgemäß feſtere und tiefere Wurzeln geſchlagen
als in irgend einem anderen Theile unſeres
Staates, dem Deutſchen ein Beruf verleidet wird,
der Deutſche und Tſchechen mit ſo völlig ungleichem
Maße mißt. Wirken doch die ſlaviſchen Pfarrer
und Capläne allenthalben als fanatiſche Agenten
im Dienſte der nationalen Idee, während die
leiſeſte Kundgebung nationalen Bewußtſeins dem
deutſchen Prieſter mit ſicherer Zurückſetzung, mit
offenkundigem Uebelwollen, unter Umſtänden wohl
auch mit directer Ahndung gelohnt wird. Da iſt
es erklärlich, wenn der Nachwuchs deutſcher
Prieſter in den Sudetenländern von Jahr zu
Jahr abnimmt, während mit tſchechiſchen, wie
wir vor Kurzem vernommen haben, in Bälde
auch die ſchöne Steiermark geſegnet ſein wird,
die vorläufig ſchon an den fanatiſchen Hetzcaplä-
nen des Unterlandes, welche die windiſchen Bauern
gegen die deutſche Schule aufreizen und zur
Wahlurne für ſloveniſche Streber treiben, vollauf
genug hat. — Es iſt auch wohlbekannt mit wel-
chen Schwierigkeiten der Deutſche Schulverein,
dem es um ehelichen Frieden mit der Kirche zu
thun iſt, ſchon zu wiederholten Malen zu kämpfen
hatte, um ſeinen Schulen den katholiſchen Reli-
gionsunterricht zu verſchaffen. Da könnte ein
Verein, wie er dem trefflichen Redner aus Prag
vorſchwebt, ſegensreich wirken. So manches ge-
fährdete Gebiet könnte wieder befeſtigt und ge-
rettet werden, wenn es mit deutſcher Seelſorge,
freilich nicht bloß in deutſcher Sprache, ſondern
auch in deutſchem Geiſte, bedacht würde. Der
Gedanke iſt ſchön und ſollte einmal in die öffent-
liche Discuſſion geworfen, nicht mehr vergeſſen
werden.

Aber auch die Kirche würde durch ſeine Ver-
wirklichung nur gewinnen können. Denn unmög-
lich iſt es, daß das unnatürliche Verhältniß, in
welchem gegenwärtig der größte Theil des deut-
ſchen Clerus zum eigenen Volke und deſſen hei-
ligſten Lebensintereſſen ſteht, auf die Dauer nicht
auch der Kirche ſchaden ſollten. Unmöglich iſt es,
daß der tſchechiſche und ſloveniſche Prieſter, der
aus dem Haſſe und der Verachtung kein Hehl




[Spaltenumbruch]

mich ſelbſt, daß der Maikäfer ſo fett war, als
ob man ihn gemäſtet hätte.

„Alle Achtung,“ belobte ich den Pilger. „Sie
ſind ein Ehrenmann. Wie haben Sie denn aber
gegenwärtig einen Maikäfer erwiſcht?“

„Gnä’ Herr,“ erwiderte er verſchmitzt,
„wiſſen’s, i hab’n als Engerling ausgrab’n und
aufpappelt, bis aus ihm a Maikäfer word’n is.
Der hat Ihna was z’ſammag’freſſ’n! A Gans
hätt’ i damit ſchopp’n können.“

Ein frecher Lüngner! Aber was ging mich
die Entſtehungsgeſchichte des Maikäfers an? Mir
war geholfen. Alsbald ſetzte ich den dicken Mai-
käfer in eine Schachtel mit durchlöchertem Deckel
und gab ihn unter der Bezeichnung „Viehtrans-
port“ zur Poſt. Am nächſten Morgen ſchon las
ich etwas von den ſchöpferiſchen Launen der Na-
tur, welche zur Weihnachtszeit einen Maikäfer in
die Welt geſendet hätte, um die Menſchheit mitten
im ſtarren Froſt daran zu mahnen, daß es doch
einmal Frühling werden müſſe. Im Bureau ſah
ich dann den Malkäfer auf dem Tiſche meines
Quälgeiſtes herumkriechen.

„Wollen Sie ihn Nachts auch hier laſſen?“
fragte ich.

„Warum denn nicht? Er iſt ja angebunden.“

„Hm,“ ſagte ich ſehr ernſthaft „auf einen
Maikäfer, der im December ſchon erſcheint, iſt
meines Erachtens kein Verlaß. Das Vieh bellt
am Ende die ganze Nacht wie ein Schloßhund.“

Er ſandte mich auf der Stelle zu einer Ex-
humirung, bei der ich ohnmächtig wurde. Dies
nahm ich racheſchnaubend zum Anlaß, um einige
Tage krankgemeldet das Zimmer zu hüten und da-
ſelbſt mehrere ſtarke Weidenäſte auszubrüten, die
ich ihm zuſendete. Außerdem kam mein Pilger und
brachte mir eine ganz muntere Hummel, einen
Miſtkäſer, einen Regenwurm, einen alten, glatz-
[Spaltenumbruch] köpfigen Kohlweißling und ein paar ſiameſiſch zu-
ſammengewachſene Kaulquappen. Dieſe ganze Me-
nagerie wanderte hinein zu meinem Widerſacher,
daß ihm die Finger krachten ob der haarſträu-
bende Dinge, die er in der Rubrik „Winterliches
Thierleben“ ſchreiben mußte.

Als ich wieder in das Bureau kam, war
der Sclavenhälter in böſer Laune. Er mußte
wieder einige Schimpfbriefe erhalten haben.

„Gut, daß Sie da ſind“, ſchnurcte er mich
an. Die intereſſanten Rubriken über Winterblüthen
und voreilige Thiere, welche ich eingeführt habe,
finden ſolchen Anklang, daß ich nicht mehr Zeit
habe, ſie zu bewältigen. Von heute an überneh-
men Sie dieſe Sachen. Aber ich bitte mir aus,
daß ſie ſorgfältig gemacht werden. Sie leichtſinni-
ger Menſch ſind ſonſt im Stande, eine recom-
mandirte Reblaus zum Fenſter hinauszuwerfen.
Muß ſchon bitten! ...“

Wie der Zufall aber mitunter ſpielt — es
kam in dieſem Winter keine einzige vorwitzige
Blüthe und auch kein voreiliges Vieh mehr per
Poſt. Wegen der paar Flöhe im Bureau mochte
ich die Rubrik nicht eröffnen, und ſo trat im
März der Wütherich auf mich zu, mir den Ver-
weis ertheilend:

„Es muß ſich verbreitet haben, daß Sie die
beiden Rubriken redigiren. Niemand hat es mehr
der Mühe werth gefunden, Pflanzen oder Thiere
zu ſchicken. Selbſtverſtändlich haben Sie ſich auch
um dieſe Naturſpiele nicht im Geringſten geküm-
mert. Solchen Ereigniſſen muß man nach-
gehen, wenn ſie nicht ſelbſt kommen. Aus Ihnen
wird nichts, mein Lieber, das ſehe ich ſchon. Die
nächſte Hinrichtung beſorge ich ſelbſt, hab’ kein
Vertrauen mehr ...“




[Spaltenumbruch]

macht, welche er der Nationalität ſeiner deutſchen
Pfarrkinder entgegenbringt, deren Liebe und Ver-
trauen gewinne oder daß er ſie durch Predigt
und Unterweiſung in einer ihnen unverſtändlichen
Sprache in Glauben und Gottesfurcht ſtärke.
Nicht principielle Feindſeligkeit iſt es, welche die
Deutſchnationalen der katholiſchen Kirche entgegen-
bringen; Knoll’s Anregung, deren Ausführung
der Kirche nicht minder wie unſerem Volksthume
zum Segen gereichen könnte, hat es neuerdings
bewieſen. Freilich ſind wir nicht ſanguiniſch genug,
um auch nur einen Augenblick daran zu zweifeln,
daß die Antwort der clericalen Partei eitel Hohn
und Spott ſein werde. Denn dieſe Partei ver-
ſteht es meiſterhaft, die Urſache gewiſſer Erſchei-
nungen, die ihr nicht behagen, ſo auch des unter
den Deutſchen in Oeſterreich überhandnehmenden
religiöſen Indifferentismus und ihrer immer deut-
licher zu Tage tretenden Abwendung von der
Kirche, in allen möglichen Factoren zu ſuchen
nur nicht in ſich ſelbſt.




Reichsrath.
Sitzung des Abgeordnetenhauſes vom
5. Februar.


Nach Mittheilung des Einlaufes erbat ſich
heute der Miniſter Baron Ziemialkowski das
Wort, um in Vertretung des Miniſter-Präſiden-
ten, welcher durch Unwohlſein in der Sitzung zu
erſcheinen verhindert war, die vorgeſtern geſtellte
Interpellation Mauthner in Folgendem zu be-
antworten:

Die Beziehungen der Monarchie zu den
auswärtigen Mächten ſind durchaus befriedigend
(Beifall) und iſt in letzterer Zeit hierin nament-
lich keinerlei dem Frieden nachtheilige Aenderung
eingetreten. (Beifall)

Trotz der Unſicherheit und des Ernſtes der
allgemeinen politiſchen Lage in Europa hält die
Regierung an der Hoffnung feſt, daß die Auf-
rechterhaltung des Friedens gelingen werde, da
dies den wiederholt betonten Wünſchen aller Re-
gierungen und namentlich der Regierung Seiner
Majeſtät entſpricht. (Lebhafter Beifall.)

Wenn nichtsdeſtoweniger von Seite der Mi-
litärverwaltung gewiſſe Anſchaffungen für nöthig
befunden werden, ſo entſpricht dies jenen Erfor-
derniſſen der Vorſicht und Vorſorge für die
Sicherheit und Machtſtellung des Reiches, welche
die Regierung als eine ihrer wichtigſten Pflichten
anſieht. (Beifall.) Es kann hierin ebenſowenig ein
kriegeriſches Symptom erblickt werden als in der
ſeinerzeitigen Einholung der verfaſſungsmäßigen
Zuſtimmung zu jenen als richtig erkannten mili-
täriſchen Vorſichtsmaßregeln. (Lebhafter Beifall.)

Vor Uebergang zur Tagesordnung nahm

Abg. Dr. Poklukar das Wort, um zu
erklären, daß die Verantwortung dafür, daß er
das Referat über die angefochtenen dalmatiniſchen
Wahlen niederlegte, ihn allein treffe und er werde
ſich daher wenig kümmern, ob dies dem Abg.
Plener genehm ſei oder nicht. (Proteſtrufe links,
Beifall rechts.)

Abg. Dr. v. Plener meint, Dr. Poklukar
hätte ſchon vor eineinhalb Jahren wiſſen können,
daß er das Italieniſche nicht verſtehe. Seine Dar-
ſtellung ſei eine ganz gewöhnliche Entſtellung der
wirklichen Sachlage. Dieſe ſei vielmehr die, daß
eine Anzahl von Abgeordneten gegen deren rechts-
giltige Wahl die ſchwerſten Bedenken vorliegen,
hier Jahr für Jahr an der Abſtimmung theil-
nehmen und bei der ſchwankenden Mehrheit, über
welche die Regierungspartei verfügt, ſehr häufig
den Ausſchlag geben. (Beifall links.) Wenn man
durch eine derartige Hinausſchiebung der Wahl-
prüfungen, die Stellung der Mehrheit befeſtigen
will, ſo iſt das eines der allertraurigſten Mittel,
zu welchem eine Mehrheit greifen kann. (Beifall
links.)

Sodann wurde die Debatte über den Antrag
betreffs der Arbeiterkammern fortgeſetzt.
Die noch eingetragenen Redner Dr. Kronawetter
und Dr. Kaizl polemiſirten gegen mehrere der
Vorredner, während Abg. Türk ſich zu einigen
perſönlichen Bemerkungen veranlaßt ſah. Hierauf
erhielt Abg. von Plener als Antragſteller das
Schlußwort.

Abg. Dr. v. Plener: Ich muß zu meinem
Bedauern geſtehen, daß ich in einer viel weniger

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[[2]/0002] Die Erhaltung deutſcher Seelſorge. Olmütz, 7. Februar. Der Bericht, welchen im verfloſſenen Herbſt Einer der wackerſten Vorkämpfer des Deutſch- thums in Böhmen, Prof. Dr. Knoll aus Prag, auf dem deutſchen Colonialtage zu Berlin über die Erhaltung „deutſcher Sprache und Art in der Fremde“ erſtattet, war überreich an dankens- werthen Anregungen auf dem Gebiete der natio- nalen Arbeit, die weit über das actuelle Intereſſe des Tages hinausreichen. Wir wollen heute Eine derſelben als beſonderer Beachtung würdig her- vorheben. Nach dem Muſter des evangeliſchen Guſtav-Adolf-Vereines ſolle ein katholiſcher Verein für die Erhaltung deutſcher Seelſorge bei den katholiſchen Deutſchen in der Fremde und für die Ausbildung deutſcher katholiſcher Prieſter für ſolche Gemeinden, die hieran Mangel leiden, gegründet werden. Mit vollem Rechte meint Knoll, ein ſolcher Verein könnte ſeiner Kirche und ſeinem Volksthume zugleich ſehr förderlich ſein. Das Letztere iſt gerade im Hinblicke auf unſere bedauerlichen Verhältniſſe in Oeſterreich klar und einleuchtend genug. Wo immer wir an den Sprachgrenzen und in den Sprachinſeln das deutſche Gebiet im Laufe der Jahre abbröckeln und dahinſchwinden ſehen, wo immer wir das Einniſten und Vordringen des ſlaviſchen und welſchen Elementes beobachten, wir werden, wenn wir den Urhebern dieſer Erſcheinung nachſpüren, faſt immer auf den katholiſchen Prieſter ſtoßen, der, wenn ſelbſt ſlaviſchen oder welſchen Stammes, dem eigenen Herzensdrange folgend, wenn deutſcher Abſtammung, dem Gebote der geiſtlichen Oberen ſich fügend, an der Bekämpfung deutſcher Sprache und Art ſich in erſter Linie betheiligt. Es iſt ja gewiß betrübend und beſchämend, wenn im Reichs- rathe deutſche Prieſter und von dieſen gegängelte deutſche Alpenbauern die Geſchäfte der Polen, Tſchechen und Slovenen beſorgen und gegen Ab- ſchlagszahlungen zweifelhafteſten Werthes mit er- bittertſten nationalen Gegnern Schulter an Schulter marſchiren. Aber viel gefährlicher noch für den Beſitzſtand unſeres Volksthumes iſt die unausge- ſetzte Hetz- und Wühlarbeit der in gemiſchtſpra- chige oder auch rein deutſche Gemeinden, etwa in Böhmen und Mähren oder im ſteiriſchen Unter- lande und in Kärnten geſetzten tſchechiſchen, bezie- hungsweiſe windiſchen Geiſtlichen, die den Kampf gegen das verachtete und verhaßte deutſche Weſen als wichtigſte Aufgabe betreiben. Wie die Dinge in Böhmen und Mähren ſtehen, iſt längſt kein Geheimniß mehr. Der Mangel an deutſchen Prieſteramts-Candidaten iſt derzeit thatſächlich ſo groß, daß es den kirchlichen Behörden auch bei beſſerem Willen ſchwer fiele, alle deutſchen Pfarrgemeinden mit deutſchen Seel- ſorgern zu verſehen. Aber man weiß auch längſt, wo des Uebels Grund zu ſuchen. Man weiß, wie den deutſchen Alumnen in den biſchöflichen und ſtiftlichen Hauslehranſtalten das Leben ſauer ge- macht wird. Auch iſt es begreiflich, wenn in einem Lande wie Böhmen, wo der nationale Gedanke naturgemäß feſtere und tiefere Wurzeln geſchlagen als in irgend einem anderen Theile unſeres Staates, dem Deutſchen ein Beruf verleidet wird, der Deutſche und Tſchechen mit ſo völlig ungleichem Maße mißt. Wirken doch die ſlaviſchen Pfarrer und Capläne allenthalben als fanatiſche Agenten im Dienſte der nationalen Idee, während die leiſeſte Kundgebung nationalen Bewußtſeins dem deutſchen Prieſter mit ſicherer Zurückſetzung, mit offenkundigem Uebelwollen, unter Umſtänden wohl auch mit directer Ahndung gelohnt wird. Da iſt es erklärlich, wenn der Nachwuchs deutſcher Prieſter in den Sudetenländern von Jahr zu Jahr abnimmt, während mit tſchechiſchen, wie wir vor Kurzem vernommen haben, in Bälde auch die ſchöne Steiermark geſegnet ſein wird, die vorläufig ſchon an den fanatiſchen Hetzcaplä- nen des Unterlandes, welche die windiſchen Bauern gegen die deutſche Schule aufreizen und zur Wahlurne für ſloveniſche Streber treiben, vollauf genug hat. — Es iſt auch wohlbekannt mit wel- chen Schwierigkeiten der Deutſche Schulverein, dem es um ehelichen Frieden mit der Kirche zu thun iſt, ſchon zu wiederholten Malen zu kämpfen hatte, um ſeinen Schulen den katholiſchen Reli- gionsunterricht zu verſchaffen. Da könnte ein Verein, wie er dem trefflichen Redner aus Prag vorſchwebt, ſegensreich wirken. So manches ge- fährdete Gebiet könnte wieder befeſtigt und ge- rettet werden, wenn es mit deutſcher Seelſorge, freilich nicht bloß in deutſcher Sprache, ſondern auch in deutſchem Geiſte, bedacht würde. Der Gedanke iſt ſchön und ſollte einmal in die öffent- liche Discuſſion geworfen, nicht mehr vergeſſen werden. Aber auch die Kirche würde durch ſeine Ver- wirklichung nur gewinnen können. Denn unmög- lich iſt es, daß das unnatürliche Verhältniß, in welchem gegenwärtig der größte Theil des deut- ſchen Clerus zum eigenen Volke und deſſen hei- ligſten Lebensintereſſen ſteht, auf die Dauer nicht auch der Kirche ſchaden ſollten. Unmöglich iſt es, daß der tſchechiſche und ſloveniſche Prieſter, der aus dem Haſſe und der Verachtung kein Hehl mich ſelbſt, daß der Maikäfer ſo fett war, als ob man ihn gemäſtet hätte. „Alle Achtung,“ belobte ich den Pilger. „Sie ſind ein Ehrenmann. Wie haben Sie denn aber gegenwärtig einen Maikäfer erwiſcht?“ „Gnä’ Herr,“ erwiderte er verſchmitzt, „wiſſen’s, i hab’n als Engerling ausgrab’n und aufpappelt, bis aus ihm a Maikäfer word’n is. Der hat Ihna was z’ſammag’freſſ’n! A Gans hätt’ i damit ſchopp’n können.“ Ein frecher Lüngner! Aber was ging mich die Entſtehungsgeſchichte des Maikäfers an? Mir war geholfen. Alsbald ſetzte ich den dicken Mai- käfer in eine Schachtel mit durchlöchertem Deckel und gab ihn unter der Bezeichnung „Viehtrans- port“ zur Poſt. Am nächſten Morgen ſchon las ich etwas von den ſchöpferiſchen Launen der Na- tur, welche zur Weihnachtszeit einen Maikäfer in die Welt geſendet hätte, um die Menſchheit mitten im ſtarren Froſt daran zu mahnen, daß es doch einmal Frühling werden müſſe. Im Bureau ſah ich dann den Malkäfer auf dem Tiſche meines Quälgeiſtes herumkriechen. „Wollen Sie ihn Nachts auch hier laſſen?“ fragte ich. „Warum denn nicht? Er iſt ja angebunden.“ „Hm,“ ſagte ich ſehr ernſthaft „auf einen Maikäfer, der im December ſchon erſcheint, iſt meines Erachtens kein Verlaß. Das Vieh bellt am Ende die ganze Nacht wie ein Schloßhund.“ Er ſandte mich auf der Stelle zu einer Ex- humirung, bei der ich ohnmächtig wurde. Dies nahm ich racheſchnaubend zum Anlaß, um einige Tage krankgemeldet das Zimmer zu hüten und da- ſelbſt mehrere ſtarke Weidenäſte auszubrüten, die ich ihm zuſendete. Außerdem kam mein Pilger und brachte mir eine ganz muntere Hummel, einen Miſtkäſer, einen Regenwurm, einen alten, glatz- köpfigen Kohlweißling und ein paar ſiameſiſch zu- ſammengewachſene Kaulquappen. Dieſe ganze Me- nagerie wanderte hinein zu meinem Widerſacher, daß ihm die Finger krachten ob der haarſträu- bende Dinge, die er in der Rubrik „Winterliches Thierleben“ ſchreiben mußte. Als ich wieder in das Bureau kam, war der Sclavenhälter in böſer Laune. Er mußte wieder einige Schimpfbriefe erhalten haben. „Gut, daß Sie da ſind“, ſchnurcte er mich an. Die intereſſanten Rubriken über Winterblüthen und voreilige Thiere, welche ich eingeführt habe, finden ſolchen Anklang, daß ich nicht mehr Zeit habe, ſie zu bewältigen. Von heute an überneh- men Sie dieſe Sachen. Aber ich bitte mir aus, daß ſie ſorgfältig gemacht werden. Sie leichtſinni- ger Menſch ſind ſonſt im Stande, eine recom- mandirte Reblaus zum Fenſter hinauszuwerfen. Muß ſchon bitten! ...“ Wie der Zufall aber mitunter ſpielt — es kam in dieſem Winter keine einzige vorwitzige Blüthe und auch kein voreiliges Vieh mehr per Poſt. Wegen der paar Flöhe im Bureau mochte ich die Rubrik nicht eröffnen, und ſo trat im März der Wütherich auf mich zu, mir den Ver- weis ertheilend: „Es muß ſich verbreitet haben, daß Sie die beiden Rubriken redigiren. Niemand hat es mehr der Mühe werth gefunden, Pflanzen oder Thiere zu ſchicken. Selbſtverſtändlich haben Sie ſich auch um dieſe Naturſpiele nicht im Geringſten geküm- mert. Solchen Ereigniſſen muß man nach- gehen, wenn ſie nicht ſelbſt kommen. Aus Ihnen wird nichts, mein Lieber, das ſehe ich ſchon. Die nächſte Hinrichtung beſorge ich ſelbſt, hab’ kein Vertrauen mehr ...“ (N. Wr. Tagbl.“) macht, welche er der Nationalität ſeiner deutſchen Pfarrkinder entgegenbringt, deren Liebe und Ver- trauen gewinne oder daß er ſie durch Predigt und Unterweiſung in einer ihnen unverſtändlichen Sprache in Glauben und Gottesfurcht ſtärke. Nicht principielle Feindſeligkeit iſt es, welche die Deutſchnationalen der katholiſchen Kirche entgegen- bringen; Knoll’s Anregung, deren Ausführung der Kirche nicht minder wie unſerem Volksthume zum Segen gereichen könnte, hat es neuerdings bewieſen. Freilich ſind wir nicht ſanguiniſch genug, um auch nur einen Augenblick daran zu zweifeln, daß die Antwort der clericalen Partei eitel Hohn und Spott ſein werde. Denn dieſe Partei ver- ſteht es meiſterhaft, die Urſache gewiſſer Erſchei- nungen, die ihr nicht behagen, ſo auch des unter den Deutſchen in Oeſterreich überhandnehmenden religiöſen Indifferentismus und ihrer immer deut- licher zu Tage tretenden Abwendung von der Kirche, in allen möglichen Factoren zu ſuchen nur nicht in ſich ſelbſt. Reichsrath. Sitzung des Abgeordnetenhauſes vom 5. Februar. Wien, 5. Februar. Nach Mittheilung des Einlaufes erbat ſich heute der Miniſter Baron Ziemialkowski das Wort, um in Vertretung des Miniſter-Präſiden- ten, welcher durch Unwohlſein in der Sitzung zu erſcheinen verhindert war, die vorgeſtern geſtellte Interpellation Mauthner in Folgendem zu be- antworten: Die Beziehungen der Monarchie zu den auswärtigen Mächten ſind durchaus befriedigend (Beifall) und iſt in letzterer Zeit hierin nament- lich keinerlei dem Frieden nachtheilige Aenderung eingetreten. (Beifall) Trotz der Unſicherheit und des Ernſtes der allgemeinen politiſchen Lage in Europa hält die Regierung an der Hoffnung feſt, daß die Auf- rechterhaltung des Friedens gelingen werde, da dies den wiederholt betonten Wünſchen aller Re- gierungen und namentlich der Regierung Seiner Majeſtät entſpricht. (Lebhafter Beifall.) Wenn nichtsdeſtoweniger von Seite der Mi- litärverwaltung gewiſſe Anſchaffungen für nöthig befunden werden, ſo entſpricht dies jenen Erfor- derniſſen der Vorſicht und Vorſorge für die Sicherheit und Machtſtellung des Reiches, welche die Regierung als eine ihrer wichtigſten Pflichten anſieht. (Beifall.) Es kann hierin ebenſowenig ein kriegeriſches Symptom erblickt werden als in der ſeinerzeitigen Einholung der verfaſſungsmäßigen Zuſtimmung zu jenen als richtig erkannten mili- täriſchen Vorſichtsmaßregeln. (Lebhafter Beifall.) Vor Uebergang zur Tagesordnung nahm Abg. Dr. Poklukar das Wort, um zu erklären, daß die Verantwortung dafür, daß er das Referat über die angefochtenen dalmatiniſchen Wahlen niederlegte, ihn allein treffe und er werde ſich daher wenig kümmern, ob dies dem Abg. Plener genehm ſei oder nicht. (Proteſtrufe links, Beifall rechts.) Abg. Dr. v. Plener meint, Dr. Poklukar hätte ſchon vor eineinhalb Jahren wiſſen können, daß er das Italieniſche nicht verſtehe. Seine Dar- ſtellung ſei eine ganz gewöhnliche Entſtellung der wirklichen Sachlage. Dieſe ſei vielmehr die, daß eine Anzahl von Abgeordneten gegen deren rechts- giltige Wahl die ſchwerſten Bedenken vorliegen, hier Jahr für Jahr an der Abſtimmung theil- nehmen und bei der ſchwankenden Mehrheit, über welche die Regierungspartei verfügt, ſehr häufig den Ausſchlag geben. (Beifall links.) Wenn man durch eine derartige Hinausſchiebung der Wahl- prüfungen, die Stellung der Mehrheit befeſtigen will, ſo iſt das eines der allertraurigſten Mittel, zu welchem eine Mehrheit greifen kann. (Beifall links.) Sodann wurde die Debatte über den Antrag betreffs der Arbeiterkammern fortgeſetzt. Die noch eingetragenen Redner Dr. Kronawetter und Dr. Kaizl polemiſirten gegen mehrere der Vorredner, während Abg. Türk ſich zu einigen perſönlichen Bemerkungen veranlaßt ſah. Hierauf erhielt Abg. von Plener als Antragſteller das Schlußwort. Abg. Dr. v. Plener: Ich muß zu meinem Bedauern geſtehen, daß ich in einer viel weniger

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 29, Olmütz, 07.02.1887, S. [2]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches29_1887/2>, abgerufen am 24.04.2024.