Mährisches Tagblatt. Nr. 204, Olmütz, 05.09.1888.[Spaltenumbruch]
wurde Prinzessin von Wales und eines Tages wird (Wolkenbrüche und Hochwasser.) Aus (Schlußsteinlegung in Budweis.) Ver- (Ein seltsames Grabdenkmal.) Dieser (Wie ein Gerücht entsteht.) Folgendes (Die Kaffeehaussliege,) dieses Geschöpf, (Gustav Freytag) veröffentlicht ein Schrei- (Das rothe Tuch.) Man meldet aus Sophia: Telegramme. Wien, 5 September. (Orig.-Teleg. des "M. Tagbl.") In diplomatischen Kreisen ver- Telegraphischer Coursbericht des Telegraphen-Correspondenz-Bureau vom 4. September 1888.
[irrelevantes Material]
[Spaltenumbruch]
wurde Prinzeſſin von Wales und eines Tages wird (Wolkenbrüche und Hochwaſſer.) Aus (Schlußſteinlegung in Budweis.) Ver- (Ein ſeltſames Grabdenkmal.) Dieſer (Wie ein Gerücht entſteht.) Folgendes (Die Kaffeehausſliege,) dieſes Geſchöpf, (Guſtav Freytag) veröffentlicht ein Schrei- (Das rothe Tuch.) Man meldet aus Sophia: Telegramme. Wien, 5 September. (Orig.-Teleg. des „M. Tagbl.“) In diplomatiſchen Kreiſen ver- Telegraphiſcher Coursbericht des Telegraphen-Correſpondenz-Bureau vom 4. September 1888.
[irrelevantes Material]
<TEI> <text> <body> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <pb facs="#f0006" n="[6]"/> <cb/> </div> </div> <div type="jVarious" n="1"> <div xml:id="königstöchter2" prev="#königstöchter1" type="jArticle" n="2"> <p>wurde Prinzeſſin von Wales und eines Tages wird<lb/> ſie Königin von Großbrittanien und Irland und<lb/> Kaiſerin von Indien ſein. Vorläufig iſt ſie heiter,<lb/> elegant, die Königin der Mode; die Leiterin aller<lb/> geſellſchaftlichen Vergnügungen des Hochadels, und<lb/> was noch mehr als Alles, eine glückliche Frau ...<lb/> Aus Sophie-Marie aber iſt Maria-Feodorowna-<lb/> Dagmar, Kaiſerin von Rußland, geworden. Ihre<lb/> Macht erſtreckt ſich von einem Ende der Welt bis<lb/> zum andern urd der ſanfte Muſchik, wie der wilde<lb/> Tartar ſehen in ihr die Kaiſerin, die gute Kaiſerin<lb/> die, ohne daß es den Anſchein hätte, Alles beherrſcht,<lb/> was in ihren Bannkreis tritt, und auch der Czar<lb/> ſelbſt macht keine Ausnahme von dieſer Regel; ſie<lb/> iſt ſanft, gütig und ſchön geblieben, wie ſie es vor<lb/> fünfundzwanzig Jahren war, als ſie nach Moskau<lb/> kam; ihren langen Hals gebeugt unter der Laſt der<lb/> Perlen und Brillanten, glich ſie nicht einer Frau,<lb/> ſondern einem jener von Edelſteinen umrahmten Hei-<lb/> ligenbilder, wie man ſie in ruſſiſchen Sanctuarien<lb/> findet; ihre großen ſchwarzen Augen leuchteten aus<lb/> einem Antlitz hervor, das an dieſem Tage noch<lb/> bleicher war, als gewöhnlich! ſie war gleichſam das<lb/> lebende Bildniß mildthätiger Größe. Und in dieſem<lb/> Rußland, wo es ſo Viele gibt, die gar nichts ver-<lb/> ehren, fiel nie ein Wort gegen die Czarin. Man<lb/> weiß, daß ſie gütig iſt gegen die Armen, hilfreich<lb/> den Betrübten und troſtſpendend den Verzweifelnden<lb/> und deshalb liebt man Maria-Feodorowna überall,<lb/> wo man der Hoffnung bedarf ... Und das dritte<lb/> kleine Mädchen iſt Thyra, Herzogin von Cumberland<lb/> geworden; ſie wäre heute Königin von Hannover,<lb/> wenn das Schickſal es nicht anders gewollt hätte.<lb/> In Jugenheim nannte man ſie die „Kleine“ und<lb/> das iſt ſie für die Familie noch immer geblieben.<lb/> Man liebt und verhätſchelt ſie; die beiden großen<lb/> Schweſtern vergöttern ſie. Sie haben immer die<lb/> Miene, als wollten ſie Verzeihung von ihr erbitten,<lb/> daß ſie keine Krone für ſie haben. Was kümmert<lb/> ſie aber eine Krone, trägt ſie doch eine andere, die<lb/> Dornenkrone. Sie iſt bleich und kränklich und be-<lb/> trauert wohl die ſchönen Tage der Vergangenheit,<lb/> wo ſie ein kleines Mädchen, wo ſie glücklich war.<lb/> Und jüngſt befanden ſich dieſe drei Schweſtern ver-<lb/> einigt in der reizenden Gegend von Gmunden; Arm<lb/> in Arm wandelten Alexandra, Dagmar und Thyra<lb/> durch die Wunder der Alpenwelt. Hier ſind ſie nicht<lb/> Kaiſerin, Prinzeſſin und Herzogin, ſondern bloß drei<lb/> Schweſtern, die kleinen Mädchen von Jugenheim!</p> </div> </div><lb/> <div type="jWeatherReports" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Wolkenbrüche und Hochwaſſer.)</hi> </head> <p>Aus<lb/> Budweis wird unterm 3. d. M. berichtet: Geſtern<lb/> Nachts iſt ein verheerender Wolkenbruch über<lb/> Gutwaſſer und die umliegenden Anhöhen nieder-<lb/> gegangen. Die von dort nach Budweis fließenden<lb/> Bäche ſind ausgetreten und haben die ganze<lb/> Wiener Vorſtadt überfluthet. Um 5 Uhr Morgens<lb/> wurde die Feuerwehr alarmirt und eilte mit<lb/> Kähnen den Gefährdeten zu Hilfe. Die ebenerdigen<lb/> Wohnungen ſtehen unter Waſſer; auf den Straßen<lb/> ſtrömt das Waſſer um mehr als Meterhöhe. Ganz<lb/> Budweis iſt in Aufregung. Das Waſſer iſt auch<lb/> in der Wiener Vorſtadt noch im Stcigen. Durch<lb/> die Maltſch wurde ein anderer Stadttheil unter<lb/> Waſſer geſetzt. Die große neue hölzerne Brücke<lb/> über die Maltſch wurde vom Waſſer mit Gewalt<lb/> weggeriſſen. Die anderen Brücken, ſelbſt die Eiſen-<lb/> brücken ſind ſehr gefährdet. Nebſt dem öſtlichen iſt auch<lb/> der weſtliche Stadttheil unter Waſſer. Ringsum iſt<lb/> Alles überfluthet. — Die letzten Nachrichten aus<lb/> Budweis melden, daß die ganze Stadt unter Waſſer<lb/> ſtehe und einen troſtloſen Anblick biete. Der Ver-<lb/> kehr iſt nur mittels Kähnen möglich. Der Bahn-<lb/> verkehr nach Linz und Pilſen iſt unterbrochen.<lb/> Durch die Moldau, Maltſch und Wottawa ſind<lb/> weile Strecken überfluthet. Die Teiche bei Piſek,<lb/> welche die Dämme durchbrachen, überſchwemmen<lb/> weite Gegenden. Nach Nachrichten aus Schrems<lb/> ſind die meiſten Ortſchaften an der Thaya, Leinſitz<lb/> und Braunau und deren Zuflüſſen überſchwemmt.<lb/> Auch Theile von Gmünd, Schwarzenau, Schrems<lb/> und Waidhofen ſtehen unter Waſſer. — Aus<lb/> Troppau wird berichtet: Infolge anhaltenden<lb/> ſtarken Regens iſt der Waſſerſtand der Oppa<lb/> und Mohra bedenklich geſtiegen. Falls der Regen<lb/> weiter anhält, iſt ein Austreten der beiden Flüſſe<lb/> bevorſtehend. Soeben beginnt es wieder zu regnen.</p> </div> </div><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Schlußſteinlegung in Budweis.)</hi> </head> <p>Ver-<lb/> floſſenen Montag wurde vom k. k. Statthalterei-<lb/> rath und Bezirkshauptmann von Budweis, Herrn<lb/> Franz Paris, die Schlußſteinlegung der vom<lb/> Wiener Architecten Herrn Max Fleiſcher, einem<lb/> geborenen Proßnitzer, daſelbſt erbauten Synagoge<lb/> vorgenommen. Der Tempel iſt ein bauliches<lb/><cb/> Unicum und bildet einen entſchiedenen Fortſchritt<lb/> in der Geſchichte des modernen Kirchenbaues. Im<lb/> gothiſchen Styl, aus rothem geſchlemmtem Back-<lb/> ſteinmaterial hergeſtellt, erinnert er äußerlich an<lb/> eine katholiſche Kirche. Die zwei mächtigen Thürme,<lb/> die noch mit Uhren verſehen werden ſollen, ſind<lb/> weithin ſichtbar und tragen an der Spitze ein<lb/> goldenes Doppeldreieck, den Schild König David’s.<lb/> An der Hauptfa<hi rendition="#aq">ç</hi>ade befinden ſich, in Karſtſtein<lb/> gehauen, die zehn Gebote in Goldſchrift und die<lb/> mit Glasmalereien gezierten Zinnen haben alle<lb/> Blechſchutzgitter. Der Bau iſt ganz freiſtehend<lb/> und beſitzt die denkbar praktiſcheſten und modern-<lb/> ſten Einrichtungen, wie Sonnenbrenner, die mit<lb/> einem Luftreinigungs-Apparate in Verbindung<lb/> ſtehen, ſieben Eingänge, treffliche Akuſtik und<lb/> äußerſt zweckmäßige Sitze, bei denen die Betpulte<lb/> nach oben geöffnet werden. Es gibt nur eine<lb/> Orgelgallerie, wo zugleich der trefflich geſchulte<lb/> Damenchor fungirt. Die Frauen ſitzen gleich den<lb/> Männern im Parterre, deſſen rückwärtige Hälfte<lb/> für ſie beſtimmt iſt. Der Faſſungsraum iſt vorläufig<lb/> nur für 500 Perſonen berechnet, kann aber, wenn die<lb/> durch Bronceluſter erleuchteten Seitengänge mit<lb/> Sitzplätzen verſehen werden, im Bedarfsfalle auch<lb/> vermehrt werden. Die Budweiſer Commune hat den<lb/> 1500 Quadratklafter umfaſſenden Bauplatz der<lb/> jüdiſchen Gemeinde um den billigen, in fünf<lb/> unverzinslichen Raten (jedes Jahr eine Rate) zu<lb/> entrichtenden Kaufſchilling von 2500 fl. überlaſſen<lb/> und der ganze, eine Zierde für Budweis bildende<lb/> Bau koſtete nicht mehr als 75 000 fl. Der feier-<lb/> lichen Schlußſteinlegung wohnten nebſt den Ge-<lb/> meindevorſtehern viele Perſönlichkeiten, unter An-<lb/> deren Dr. Riha Ritter v. Mühlenau, Obmann<lb/> des Bezirks-Ausſchuſſes, Schützenhauptmann<lb/> Knapp, Major Maroſchek, Frau v. Hardtmuth,<lb/> die Vertreter des Kreisgerichtes, der Sparkaſſe,<lb/> der Poſt, Feuerwehr ꝛc. bei.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Ein ſeltſames Grabdenkmal.)</hi> </head> <p>Dieſer<lb/> Tage, ſo ſchreibt ein ruſſiſches Blatt, entdeckte ein<lb/> Beamter des Bezirks von Wologda bei ſeiner<lb/> Reviſionsfahrt ein höchſt ſeltſames Grabdenkmal,<lb/> eine Tanne mit abgeſägtem Gipfel; durch den<lb/> beſtändigen Regen hatte ſich die Erde geſetzt und<lb/> der Stamm war umgefallen, indem er ein friſches<lb/> Grab aufdeckte; hier lag ein reicher Bauer,<lb/> Nikolai Afonaſſjeff, begraben, die Leiche war in<lb/> Leinwandſtreifen eingewickelt und dann eine Baſt-<lb/> matte eingenäht. Dieſer Modus der Beſtat-<lb/> tung iſt einer Secte, den ſogenannten „Kraſſ-<lb/> noſmerty“, eigen, die ſich hauptſächlich da-<lb/> durch auszeichnen, daß ſie ihre Anhänger,<lb/> gewöhnlich einen reichen Bauern, den ſie beerben<lb/> können, einfach umbringen. Auch der betreffende<lb/> Nikolai Afonaſſjeff ſcheint ein Opfer dieſer<lb/> ſcheußlichen Sectirer zu ſein, da ſein Sohn bei<lb/> der geric<supplied>h</supplied>tlichen Unterſuchung ausſagte, daß ſein<lb/> Vater von den „Fremden“, wie man die<lb/> Führer der Sectirer nennt, überredet worden<lb/> war, ſein Haus zu verlaſſen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Wie ein Gerücht entſteht.)</hi> </head> <p>Folgendes<lb/> ergötzliche Quidproquo leſen wir in der Eſſeger<lb/> „Drau“: „Anfangs der eben abgelaufenen Woche<lb/> war hier das Gerücht verbreitet, daß Hauptmann<lb/> Liſac vom 78. Infanterie-Regiment in Daruvár<lb/> während der Manöver von einem Corporal meuch-<lb/> lings erſchoſſen worden ſei. Das Gerücht wurde<lb/> vielfach geglaubt und erregte begreiflicherweiſe in<lb/> allen Kreiſen der Bevölkerung große Senſation.<lb/> Jetzt, da uns ein verläßlicher, wenn auch<lb/> nichtofficieller Bericht aus Daruvár vorliegt,<lb/> können wir dieſes Gerücht kurz als unwahr<lb/> bezeichnen und gleichzeitig die Entſtehung die-<lb/> ſes Gerüchtes auf ſeinen wahren Werth zurück-<lb/> führen. Thatſache iſt, daß ein Huſarenpferd mit<lb/> einer Bläſſe zufällig einer Kugel zum Opfer fiel.<lb/> Ein Pferd mit einer Bläſſe wird auf kroatiſch<lb/> „<hi rendition="#aq">Lisast koni</hi>“, oder kurz „<hi rendition="#aq">lisac</hi>“ genannt, und<lb/> ſo wurde dann in Daruvár erzählt, daß „<hi rendition="#aq">lisac</hi>“<lb/> erſchoſſen wurde. Eingeweihte Kreiſe wußten<lb/> wohl, daß ſich dies auf das Pferd bezog, die<lb/> Nicht-Eingeweihten aber nahmen mit aufrichtigem<lb/> Bedauern zur Kenntnis, daß Hauptmann Liſac<lb/> einer ruchloſen Hand zum Opfer fiel! Nun be-<lb/> findet ſich Hauptmann Liſac ganz wohl und lacht<lb/> recht gemüthlich über das Gerücht, das ihn todt<lb/> ſagte.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Die Kaffeehausſliege,)</hi> </head> <p>dieſes Geſchöpf,<lb/> welches in dem Tabaksqualm der Cafés ſein Daſein<lb/> friſtet, auf den Billards und den Marmortiſchen<lb/> herumſpaziert, iſt ein Inſect von ganz beſonderen<lb/> Lebensgewohnheiten und geradezu laſterhaften Nei-<lb/><cb/> gungen. Sie iſt nicht dieſes intereſſante kleine Thier-<lb/> chen, welches ſich im Sonnenſtrahl badet und mit<lb/> ſeinen ſchlanken Beinen die glänzenden Flügel von<lb/> jedem Stäubchen ſäubert, an allen Blumen naſcht<lb/> und in der lauen Sommerluft ſeine phantaſtiſchen<lb/> Tänze ausführt — das iſt ſie Alles nicht, ſondern<lb/> eine unangenehme, ſchmutziggraue Beſtie von einem<lb/> ausgeprägten Materialismus, der es gar nicht ein-<lb/> fällt, ſich die Flügel oder gar die Naſe zu putzen.<lb/> Außerdem iſt ſie eine unverbeſſerliche Trunkenboldin:<lb/> jetzt iſt ſie damit beſchäftigt, von der Marmorplatte<lb/> des Tiſches einen Tropfen Kaffee mit Cognac auf-<lb/> zuſchlürfen, im nächſten Augenblick naſcht ſie an<lb/> einem Bierreſte in einem Glasunterſatze, um ſofort<lb/> weiter zu fliegen und ihren Rüſſel in eine verſchüttete<lb/> Abſinthlache zu tauchen. Sie wird zu einer ganz<lb/> unerträglichen Plage der Gäſte, zehn, zwanzigmal<lb/> kommt ſie wieder, um ſich hartuäckig auf dieſelbe<lb/> Naſe, denſelben Glatzkopf zu ſetzen. Ihr Ende iſt<lb/> meiſtens ein tragiſches: die ſtete Trunkenheit, in der<lb/> ſie ſich befindet, läßt ſie zur leichten Beute eines<lb/> wohlgezielten Schlages der Kellnerſerviette werden<lb/> — im Morgengrauen fegt ſie dann das Reinigungs-<lb/> perſonal ſammt anderem Unrath aus den Winkeln<lb/> zuſammen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Guſtav Freytag)</hi> </head> <p>veröffentlicht ein Schrei-<lb/> ben, worin es heißt: „Mir ſei die artige Bemer-<lb/> kung geſtattet, daß die Verleihung des Erneſtiniſchen<lb/> Hausordens nicht die Verpflichtung zur Annahme<lb/> des Adels auferlegt und daß meinem gütigen Her-<lb/> zoge die loyalen Bedenken ſeines Getreuen gegen<lb/> alle Adelsverleihungen ſeit Jahren bekannt ſind.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Das rothe Tuch.)</hi> </head> <p>Man meldet aus Sophia:<lb/> Noch immer ſteckt die Furcht vor den Räubern un-<lb/> ſerer Bevölkerung in allen Gliedern. Man erzählt<lb/> ganz laut auf Straßen und Plätzen, daß ſich drei<lb/> oder vier Mitglieder jener Bande, welche Ländler<lb/> und Conſorten gefangen hielt, hier in der Haupt-<lb/> ſtadt frei herumtreiben. Vor einigen Tagen, ſo be-<lb/> richten ſehr ernſthafte Leute, habe ein hieſiger wohl-<lb/> habender Kaufmann in ſeinem Comptoir einen<lb/> Zettel folgenden Inhaltes gefunden: „Wenn ich<lb/> nicht morgen Abends dreihundert Lire auf dem<lb/> Grabe Deines Vaters im hieſigen Friedhofe finde,<lb/> ſo biſt Du vogelfrei und keine Stunde Deines Lebens<lb/> ſicher. Du wirſt über die 300 Lire ein rothes Tuch<lb/> breiten und einen Stein darüber legen.“ Der Zettel<lb/> trug ſtatt der Unterſchrift einen Todtenkopf. Der<lb/> Kaufmann machte ſofort die Anzeige. Es wurden<lb/> in Folge deſſen ſechs <supplied>S</supplied>oldaten beauftragt, ſich hinter<lb/> Grabſteinen zu verbergen. Sie warteten nicht lange,<lb/> da kam ein europäiſch gekleideter Herr und ſtieß wie<lb/> zufällig mit ſeinem Stocke auf den Stein, unter<lb/> welchem ſich wohl das rothe Tuch, aber kein Geld<lb/> befand. Sofort ſtürzten die Soldaten auf ihn los<lb/> und banden ihm die Hände. Ueber die Perſönlichkeit<lb/> des Verhafteten erfährt man weder amtlich, noch<lb/> auf privatem Wege das Geringſte. Gerüchtweiſe ver-<lb/> lautet, daß er ein Mann von Diſtinktion ſei. Man<lb/> iſt hier ſehr begierig, wann die Behörden ſich ent-<lb/> ſchließen werden, das Orakel zu lüften, welches über<lb/> dieſer neueſten Räuber-Affaire ſchwebt.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Telegramme.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 5 September.</dateline> <bibl>(Orig.-Teleg. des<lb/> „M. Tagbl.“)</bibl> <p>In diplomatiſchen Kreiſen ver-<lb/> lautet, daß die Prinzeſſin Clementine von Co-<lb/> burg alle Anſtrengungen macht, daß ihr Sohn der<lb/> Fürſt von Bulgarien, die Prinzeſſin Louiſe von<lb/> Flandern heirathet.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jFinancialNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head><hi rendition="#b">Telegraphiſcher Coursbericht</hi><lb/> des Telegraphen-Correſpondenz-Bureau<lb/> vom 4. September 1888.</head><lb/> <table> <cb/> <row> <cell>Rente, Papier ..</cell> <cell>82.—</cell> </row><lb/> <row> <cell>Ung. Papierente5%</cell> <cell>91.60</cell> </row><lb/> <row> <cell>Ung. Goldrente 4%</cell> <cell>101.80</cell> </row><lb/> <row> <cell>5% Papierrente .</cell> <cell>98.10</cell> </row><lb/> <row> <cell>Silber-Rente ...</cell> <cell>82.95</cell> </row><lb/> <row> <cell>1874. Wiener-Loſe</cell> <cell>142.75</cell> </row><lb/> <row> <cell>Ung. Prämien-Loſe</cell> <cell>129.50</cell> </row><lb/> <row> <cell>Theiß-Loſe ...</cell> <cell>125.75</cell> </row><lb/> <row> <cell>Anglo-öſterr. Bank</cell> <cell>112.50</cell> </row><lb/> <row> <cell>Wiener Bankverein</cell> <cell>99.—</cell> </row><lb/> <row> <cell>Credit-Actien ..</cell> <cell>313 80</cell> </row><lb/> <row> <cell>Ung. Credit-Actien</cell> <cell>306.50</cell> </row><lb/> <cb/> <row> <cell>Länderbank ...</cell> <cell>245.—</cell> </row><lb/> <row> <cell>Unionbank ...</cell> <cell>216 50</cell> </row><lb/> <row> <cell>Nordbahn ...</cell> <cell>248.75</cell> </row><lb/> <row> <cell>Staatsbahn ..</cell> <cell>253.75</cell> </row><lb/> <row> <cell>Südbahn ...</cell> <cell>111.—</cell> </row><lb/> <row> <cell>Elbethal ....</cell> <cell>198.75</cell> </row><lb/> <row> <cell>Nordweſtb. <hi rendition="#aq">lit. A</hi> </cell> <cell>165.50</cell> </row><lb/> <row> <cell>Carl-Ludwigsb.</cell> <cell>211.—</cell> </row><lb/> <row> <cell>London ....</cell> <cell>122.80</cell> </row><lb/> <row> <cell>Napoleon ....</cell> <cell>9.71·5</cell> </row><lb/> <row> <cell>Reichs-Mark ..</cell> <cell>59.92</cell> </row><lb/> <row> <cell>Münzducaten</cell> <cell>5.83, 5.85</cell> </row><lb/> </table> </div> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jAnnouncements" n="1"> <gap reason="insignificant"/> </div> </body> </text> </TEI> [[6]/0006]
wurde Prinzeſſin von Wales und eines Tages wird
ſie Königin von Großbrittanien und Irland und
Kaiſerin von Indien ſein. Vorläufig iſt ſie heiter,
elegant, die Königin der Mode; die Leiterin aller
geſellſchaftlichen Vergnügungen des Hochadels, und
was noch mehr als Alles, eine glückliche Frau ...
Aus Sophie-Marie aber iſt Maria-Feodorowna-
Dagmar, Kaiſerin von Rußland, geworden. Ihre
Macht erſtreckt ſich von einem Ende der Welt bis
zum andern urd der ſanfte Muſchik, wie der wilde
Tartar ſehen in ihr die Kaiſerin, die gute Kaiſerin
die, ohne daß es den Anſchein hätte, Alles beherrſcht,
was in ihren Bannkreis tritt, und auch der Czar
ſelbſt macht keine Ausnahme von dieſer Regel; ſie
iſt ſanft, gütig und ſchön geblieben, wie ſie es vor
fünfundzwanzig Jahren war, als ſie nach Moskau
kam; ihren langen Hals gebeugt unter der Laſt der
Perlen und Brillanten, glich ſie nicht einer Frau,
ſondern einem jener von Edelſteinen umrahmten Hei-
ligenbilder, wie man ſie in ruſſiſchen Sanctuarien
findet; ihre großen ſchwarzen Augen leuchteten aus
einem Antlitz hervor, das an dieſem Tage noch
bleicher war, als gewöhnlich! ſie war gleichſam das
lebende Bildniß mildthätiger Größe. Und in dieſem
Rußland, wo es ſo Viele gibt, die gar nichts ver-
ehren, fiel nie ein Wort gegen die Czarin. Man
weiß, daß ſie gütig iſt gegen die Armen, hilfreich
den Betrübten und troſtſpendend den Verzweifelnden
und deshalb liebt man Maria-Feodorowna überall,
wo man der Hoffnung bedarf ... Und das dritte
kleine Mädchen iſt Thyra, Herzogin von Cumberland
geworden; ſie wäre heute Königin von Hannover,
wenn das Schickſal es nicht anders gewollt hätte.
In Jugenheim nannte man ſie die „Kleine“ und
das iſt ſie für die Familie noch immer geblieben.
Man liebt und verhätſchelt ſie; die beiden großen
Schweſtern vergöttern ſie. Sie haben immer die
Miene, als wollten ſie Verzeihung von ihr erbitten,
daß ſie keine Krone für ſie haben. Was kümmert
ſie aber eine Krone, trägt ſie doch eine andere, die
Dornenkrone. Sie iſt bleich und kränklich und be-
trauert wohl die ſchönen Tage der Vergangenheit,
wo ſie ein kleines Mädchen, wo ſie glücklich war.
Und jüngſt befanden ſich dieſe drei Schweſtern ver-
einigt in der reizenden Gegend von Gmunden; Arm
in Arm wandelten Alexandra, Dagmar und Thyra
durch die Wunder der Alpenwelt. Hier ſind ſie nicht
Kaiſerin, Prinzeſſin und Herzogin, ſondern bloß drei
Schweſtern, die kleinen Mädchen von Jugenheim!
(Wolkenbrüche und Hochwaſſer.) Aus
Budweis wird unterm 3. d. M. berichtet: Geſtern
Nachts iſt ein verheerender Wolkenbruch über
Gutwaſſer und die umliegenden Anhöhen nieder-
gegangen. Die von dort nach Budweis fließenden
Bäche ſind ausgetreten und haben die ganze
Wiener Vorſtadt überfluthet. Um 5 Uhr Morgens
wurde die Feuerwehr alarmirt und eilte mit
Kähnen den Gefährdeten zu Hilfe. Die ebenerdigen
Wohnungen ſtehen unter Waſſer; auf den Straßen
ſtrömt das Waſſer um mehr als Meterhöhe. Ganz
Budweis iſt in Aufregung. Das Waſſer iſt auch
in der Wiener Vorſtadt noch im Stcigen. Durch
die Maltſch wurde ein anderer Stadttheil unter
Waſſer geſetzt. Die große neue hölzerne Brücke
über die Maltſch wurde vom Waſſer mit Gewalt
weggeriſſen. Die anderen Brücken, ſelbſt die Eiſen-
brücken ſind ſehr gefährdet. Nebſt dem öſtlichen iſt auch
der weſtliche Stadttheil unter Waſſer. Ringsum iſt
Alles überfluthet. — Die letzten Nachrichten aus
Budweis melden, daß die ganze Stadt unter Waſſer
ſtehe und einen troſtloſen Anblick biete. Der Ver-
kehr iſt nur mittels Kähnen möglich. Der Bahn-
verkehr nach Linz und Pilſen iſt unterbrochen.
Durch die Moldau, Maltſch und Wottawa ſind
weile Strecken überfluthet. Die Teiche bei Piſek,
welche die Dämme durchbrachen, überſchwemmen
weite Gegenden. Nach Nachrichten aus Schrems
ſind die meiſten Ortſchaften an der Thaya, Leinſitz
und Braunau und deren Zuflüſſen überſchwemmt.
Auch Theile von Gmünd, Schwarzenau, Schrems
und Waidhofen ſtehen unter Waſſer. — Aus
Troppau wird berichtet: Infolge anhaltenden
ſtarken Regens iſt der Waſſerſtand der Oppa
und Mohra bedenklich geſtiegen. Falls der Regen
weiter anhält, iſt ein Austreten der beiden Flüſſe
bevorſtehend. Soeben beginnt es wieder zu regnen.
(Schlußſteinlegung in Budweis.) Ver-
floſſenen Montag wurde vom k. k. Statthalterei-
rath und Bezirkshauptmann von Budweis, Herrn
Franz Paris, die Schlußſteinlegung der vom
Wiener Architecten Herrn Max Fleiſcher, einem
geborenen Proßnitzer, daſelbſt erbauten Synagoge
vorgenommen. Der Tempel iſt ein bauliches
Unicum und bildet einen entſchiedenen Fortſchritt
in der Geſchichte des modernen Kirchenbaues. Im
gothiſchen Styl, aus rothem geſchlemmtem Back-
ſteinmaterial hergeſtellt, erinnert er äußerlich an
eine katholiſche Kirche. Die zwei mächtigen Thürme,
die noch mit Uhren verſehen werden ſollen, ſind
weithin ſichtbar und tragen an der Spitze ein
goldenes Doppeldreieck, den Schild König David’s.
An der Hauptfaçade befinden ſich, in Karſtſtein
gehauen, die zehn Gebote in Goldſchrift und die
mit Glasmalereien gezierten Zinnen haben alle
Blechſchutzgitter. Der Bau iſt ganz freiſtehend
und beſitzt die denkbar praktiſcheſten und modern-
ſten Einrichtungen, wie Sonnenbrenner, die mit
einem Luftreinigungs-Apparate in Verbindung
ſtehen, ſieben Eingänge, treffliche Akuſtik und
äußerſt zweckmäßige Sitze, bei denen die Betpulte
nach oben geöffnet werden. Es gibt nur eine
Orgelgallerie, wo zugleich der trefflich geſchulte
Damenchor fungirt. Die Frauen ſitzen gleich den
Männern im Parterre, deſſen rückwärtige Hälfte
für ſie beſtimmt iſt. Der Faſſungsraum iſt vorläufig
nur für 500 Perſonen berechnet, kann aber, wenn die
durch Bronceluſter erleuchteten Seitengänge mit
Sitzplätzen verſehen werden, im Bedarfsfalle auch
vermehrt werden. Die Budweiſer Commune hat den
1500 Quadratklafter umfaſſenden Bauplatz der
jüdiſchen Gemeinde um den billigen, in fünf
unverzinslichen Raten (jedes Jahr eine Rate) zu
entrichtenden Kaufſchilling von 2500 fl. überlaſſen
und der ganze, eine Zierde für Budweis bildende
Bau koſtete nicht mehr als 75 000 fl. Der feier-
lichen Schlußſteinlegung wohnten nebſt den Ge-
meindevorſtehern viele Perſönlichkeiten, unter An-
deren Dr. Riha Ritter v. Mühlenau, Obmann
des Bezirks-Ausſchuſſes, Schützenhauptmann
Knapp, Major Maroſchek, Frau v. Hardtmuth,
die Vertreter des Kreisgerichtes, der Sparkaſſe,
der Poſt, Feuerwehr ꝛc. bei.
(Ein ſeltſames Grabdenkmal.) Dieſer
Tage, ſo ſchreibt ein ruſſiſches Blatt, entdeckte ein
Beamter des Bezirks von Wologda bei ſeiner
Reviſionsfahrt ein höchſt ſeltſames Grabdenkmal,
eine Tanne mit abgeſägtem Gipfel; durch den
beſtändigen Regen hatte ſich die Erde geſetzt und
der Stamm war umgefallen, indem er ein friſches
Grab aufdeckte; hier lag ein reicher Bauer,
Nikolai Afonaſſjeff, begraben, die Leiche war in
Leinwandſtreifen eingewickelt und dann eine Baſt-
matte eingenäht. Dieſer Modus der Beſtat-
tung iſt einer Secte, den ſogenannten „Kraſſ-
noſmerty“, eigen, die ſich hauptſächlich da-
durch auszeichnen, daß ſie ihre Anhänger,
gewöhnlich einen reichen Bauern, den ſie beerben
können, einfach umbringen. Auch der betreffende
Nikolai Afonaſſjeff ſcheint ein Opfer dieſer
ſcheußlichen Sectirer zu ſein, da ſein Sohn bei
der gerichtlichen Unterſuchung ausſagte, daß ſein
Vater von den „Fremden“, wie man die
Führer der Sectirer nennt, überredet worden
war, ſein Haus zu verlaſſen.
(Wie ein Gerücht entſteht.) Folgendes
ergötzliche Quidproquo leſen wir in der Eſſeger
„Drau“: „Anfangs der eben abgelaufenen Woche
war hier das Gerücht verbreitet, daß Hauptmann
Liſac vom 78. Infanterie-Regiment in Daruvár
während der Manöver von einem Corporal meuch-
lings erſchoſſen worden ſei. Das Gerücht wurde
vielfach geglaubt und erregte begreiflicherweiſe in
allen Kreiſen der Bevölkerung große Senſation.
Jetzt, da uns ein verläßlicher, wenn auch
nichtofficieller Bericht aus Daruvár vorliegt,
können wir dieſes Gerücht kurz als unwahr
bezeichnen und gleichzeitig die Entſtehung die-
ſes Gerüchtes auf ſeinen wahren Werth zurück-
führen. Thatſache iſt, daß ein Huſarenpferd mit
einer Bläſſe zufällig einer Kugel zum Opfer fiel.
Ein Pferd mit einer Bläſſe wird auf kroatiſch
„Lisast koni“, oder kurz „lisac“ genannt, und
ſo wurde dann in Daruvár erzählt, daß „lisac“
erſchoſſen wurde. Eingeweihte Kreiſe wußten
wohl, daß ſich dies auf das Pferd bezog, die
Nicht-Eingeweihten aber nahmen mit aufrichtigem
Bedauern zur Kenntnis, daß Hauptmann Liſac
einer ruchloſen Hand zum Opfer fiel! Nun be-
findet ſich Hauptmann Liſac ganz wohl und lacht
recht gemüthlich über das Gerücht, das ihn todt
ſagte.“
(Die Kaffeehausſliege,) dieſes Geſchöpf,
welches in dem Tabaksqualm der Cafés ſein Daſein
friſtet, auf den Billards und den Marmortiſchen
herumſpaziert, iſt ein Inſect von ganz beſonderen
Lebensgewohnheiten und geradezu laſterhaften Nei-
gungen. Sie iſt nicht dieſes intereſſante kleine Thier-
chen, welches ſich im Sonnenſtrahl badet und mit
ſeinen ſchlanken Beinen die glänzenden Flügel von
jedem Stäubchen ſäubert, an allen Blumen naſcht
und in der lauen Sommerluft ſeine phantaſtiſchen
Tänze ausführt — das iſt ſie Alles nicht, ſondern
eine unangenehme, ſchmutziggraue Beſtie von einem
ausgeprägten Materialismus, der es gar nicht ein-
fällt, ſich die Flügel oder gar die Naſe zu putzen.
Außerdem iſt ſie eine unverbeſſerliche Trunkenboldin:
jetzt iſt ſie damit beſchäftigt, von der Marmorplatte
des Tiſches einen Tropfen Kaffee mit Cognac auf-
zuſchlürfen, im nächſten Augenblick naſcht ſie an
einem Bierreſte in einem Glasunterſatze, um ſofort
weiter zu fliegen und ihren Rüſſel in eine verſchüttete
Abſinthlache zu tauchen. Sie wird zu einer ganz
unerträglichen Plage der Gäſte, zehn, zwanzigmal
kommt ſie wieder, um ſich hartuäckig auf dieſelbe
Naſe, denſelben Glatzkopf zu ſetzen. Ihr Ende iſt
meiſtens ein tragiſches: die ſtete Trunkenheit, in der
ſie ſich befindet, läßt ſie zur leichten Beute eines
wohlgezielten Schlages der Kellnerſerviette werden
— im Morgengrauen fegt ſie dann das Reinigungs-
perſonal ſammt anderem Unrath aus den Winkeln
zuſammen.
(Guſtav Freytag) veröffentlicht ein Schrei-
ben, worin es heißt: „Mir ſei die artige Bemer-
kung geſtattet, daß die Verleihung des Erneſtiniſchen
Hausordens nicht die Verpflichtung zur Annahme
des Adels auferlegt und daß meinem gütigen Her-
zoge die loyalen Bedenken ſeines Getreuen gegen
alle Adelsverleihungen ſeit Jahren bekannt ſind.“
(Das rothe Tuch.) Man meldet aus Sophia:
Noch immer ſteckt die Furcht vor den Räubern un-
ſerer Bevölkerung in allen Gliedern. Man erzählt
ganz laut auf Straßen und Plätzen, daß ſich drei
oder vier Mitglieder jener Bande, welche Ländler
und Conſorten gefangen hielt, hier in der Haupt-
ſtadt frei herumtreiben. Vor einigen Tagen, ſo be-
richten ſehr ernſthafte Leute, habe ein hieſiger wohl-
habender Kaufmann in ſeinem Comptoir einen
Zettel folgenden Inhaltes gefunden: „Wenn ich
nicht morgen Abends dreihundert Lire auf dem
Grabe Deines Vaters im hieſigen Friedhofe finde,
ſo biſt Du vogelfrei und keine Stunde Deines Lebens
ſicher. Du wirſt über die 300 Lire ein rothes Tuch
breiten und einen Stein darüber legen.“ Der Zettel
trug ſtatt der Unterſchrift einen Todtenkopf. Der
Kaufmann machte ſofort die Anzeige. Es wurden
in Folge deſſen ſechs Soldaten beauftragt, ſich hinter
Grabſteinen zu verbergen. Sie warteten nicht lange,
da kam ein europäiſch gekleideter Herr und ſtieß wie
zufällig mit ſeinem Stocke auf den Stein, unter
welchem ſich wohl das rothe Tuch, aber kein Geld
befand. Sofort ſtürzten die Soldaten auf ihn los
und banden ihm die Hände. Ueber die Perſönlichkeit
des Verhafteten erfährt man weder amtlich, noch
auf privatem Wege das Geringſte. Gerüchtweiſe ver-
lautet, daß er ein Mann von Diſtinktion ſei. Man
iſt hier ſehr begierig, wann die Behörden ſich ent-
ſchließen werden, das Orakel zu lüften, welches über
dieſer neueſten Räuber-Affaire ſchwebt.
Telegramme.
Wien, 5 September. (Orig.-Teleg. des
„M. Tagbl.“) In diplomatiſchen Kreiſen ver-
lautet, daß die Prinzeſſin Clementine von Co-
burg alle Anſtrengungen macht, daß ihr Sohn der
Fürſt von Bulgarien, die Prinzeſſin Louiſe von
Flandern heirathet.
Telegraphiſcher Coursbericht
des Telegraphen-Correſpondenz-Bureau
vom 4. September 1888.
Rente, Papier .. 82.—
Ung. Papierente5% 91.60
Ung. Goldrente 4% 101.80
5% Papierrente . 98.10
Silber-Rente ... 82.95
1874. Wiener-Loſe 142.75
Ung. Prämien-Loſe 129.50
Theiß-Loſe ... 125.75
Anglo-öſterr. Bank 112.50
Wiener Bankverein 99.—
Credit-Actien .. 313 80
Ung. Credit-Actien 306.50
Länderbank ... 245.—
Unionbank ... 216 50
Nordbahn ... 248.75
Staatsbahn .. 253.75
Südbahn ... 111.—
Elbethal .... 198.75
Nordweſtb. lit. A 165.50
Carl-Ludwigsb. 211.—
London .... 122.80
Napoleon .... 9.71·5
Reichs-Mark .. 59.92
Münzducaten 5.83, 5.85
_
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).
(2018-01-26T15:49:55Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T15:49:55Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T15:49:55Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |