Mährisches Tagblatt. Nr. 198, Olmütz, 31.08.1885.[Spaltenumbruch]
ser ließ, mit welchem er sich seine Wunden (Ein Wortspiel.) Eine artige Anecdote, (Eine amüsante Kußgeschichte) berichtet (Ein frommer Wunsch.) Fräulein v. H. Telegramme. Prag, 31. August. (Orig.-Tel. d. "Mähr. Tagbl.") In politischen Kreisen v[er]lautet, daß Wien, 31. August. (Orig.-Tel. d. "Mähr. Tagbl.") Der Saatenmarkt ist stark besucht, die Wien, 30. August, (Org.-Tel. des "Mähr. Tagbl.") Exminister Freih. v. Bach lehnte die Wien, 30. August. (Org.-Tel. des "Mähr. Tagbl.") Die Berathungen des 25er Comite's Wien, 31. August. (Orig.-Teleg. des "Mähr. Tagblattes".) Die Vorfälle in Königin- Paris, 31. August. (Origl:-Telg. d. "Mähr. Tagbl.") Ferry sprach sich in einer gestern abge- Fremdenliste. Hotel Lauer. F. Vorlicek, Pfarrer, Butschowitz. E. R. Hotel Goliath. Wilh. v. Loy, k. k. Hauptmann, Troppau. []
[Spaltenumbruch]
ſer ließ, mit welchem er ſich ſeine Wunden (Ein Wortſpiel.) Eine artige Anecdote, (Eine amüſante Kußgeſchichte) berichtet (Ein frommer Wunſch.) Fräulein v. H. Telegramme. Prag, 31. Auguſt. (Orig.-Tel. d. „Mähr. Tagbl.“) In politiſchen Kreiſen v[er]lautet, daß Wien, 31. Auguſt. (Orig.-Tel. d. „Mähr. Tagbl.“) Der Saatenmarkt iſt ſtark beſucht, die Wien, 30. Auguſt, (Org.-Tel. des „Mähr. Tagbl.“) Exminiſter Freih. v. Bach lehnte die Wien, 30. Auguſt. (Org.-Tel. des „Mähr. Tagbl.“) Die Berathungen des 25er Comité’s Wien, 31. Auguſt. (Orig.-Teleg. des „Mähr. Tagblattes“.) Die Vorfälle in Königin- Paris, 31. Auguſt. (Origl:-Telg. d. „Mähr. Tagbl.“) Ferry ſprach ſich in einer geſtern abge- Fremdenliſte. Hotel Lauer. F. Vorliček, Pfarrer, Butſchowitz. E. R. Hotel Goliath. Wilh. v. Loy, k. k. Hauptmann, Troppau. []
<TEI> <text> <body> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0007" n="[7]"/><cb/> ſer ließ, mit welchem er ſich ſeine Wunden<lb/> hätte waſchen können! Der Stadtverordnete<lb/> Richard Stuchlik rief dem Herrn Bezirks-<lb/> hauptmann zu: „Schämen ſie ſich, mit ſolch<lb/> einem ſchmutzigen Uebelthäter Arm in Arm zu<lb/> gehen.“ „Laſſen Sie ihn uns todtſchlagen!“<lb/> brüllte die Menge. Heute ſteht bereits feſt, daß<lb/> kein Tſcheche durch einen Meſſerſtich verwundet<lb/> iſt. Bezirkshauptmann Schneider hat ſich muſter-<lb/> haſt benommen. Nur ſeiner außerordentlichen<lb/> Thätigkeit verdanken die Deutſchen, daß das<lb/> 9 Stunden lang belagerte Hotel nicht geſtürmt<lb/> wurde. Der Bezirkshauptmann, ein ehrenhafter<lb/> Charakter, wollte keinen Augenblick daran glauben,<lb/> daß der Bürgermeiſter und die Stadtvertretung<lb/> ihr Ehrenwort, welches ſie ihm freiwillig für die<lb/> Sicherheit der abfahrenden Feſtgäſte verpfändeten,<lb/> brechen würden. Die ſtrafgerichtlichen Anzeigen<lb/> der Trautenauer conſtatiren alle, daß das Stein-<lb/> bombardement beim Gaſthauſe des Bürgermeiſters<lb/> Schip begonnen habe, daß aus demſelben die<lb/> erſten Steine geflogen ſeien. Der „Fanatiker<lb/> Mandl“ kannte freilich den Werth des Ehrenworts<lb/> Schips beſſer und warnte nach den tſchechiſchen<lb/> Zeitungen „Polaban“, „Politik“ und „Pokrok“<lb/> die Feſtgäſte und Turner fortzugehen oder zu<lb/> fahren. Der Bezirkskommiſſär Paſſovsky, von<lb/> welchem ſämmtliche tſchechiſchen Blätter hervor-<lb/> heben, daß er ſich während der ganzen Affaire ſehr<lb/> tactvoll benahm, ließ den Bezirkshauptmann vor dem<lb/> verrammelten Thore die über dritthalbtauſend<lb/> Köpfe zählende Menge allein in Zügel halten und<lb/> machte ſich innerhalb des Feſtraumes Notizen über<lb/> das Verhalten der zu Tode geängſtigten Deut-<lb/> ſchen (!) ſtatt an der Seite des Herrn Bezirks-<lb/> hauptmannes, der tactvoll intervenirte, zu ſtehen.<lb/> Daß die Blutthaten vorbereitet waren und das<lb/> Werk einer planmäßigen Agition ſind, ſteht Gott<lb/> ſei Dank, trotz aller Verdrehungen tſchechiſcher<lb/> Blätter bereits feſt. 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ſer ließ, mit welchem er ſich ſeine Wunden
hätte waſchen können! Der Stadtverordnete
Richard Stuchlik rief dem Herrn Bezirks-
hauptmann zu: „Schämen ſie ſich, mit ſolch
einem ſchmutzigen Uebelthäter Arm in Arm zu
gehen.“ „Laſſen Sie ihn uns todtſchlagen!“
brüllte die Menge. Heute ſteht bereits feſt, daß
kein Tſcheche durch einen Meſſerſtich verwundet
iſt. Bezirkshauptmann Schneider hat ſich muſter-
haſt benommen. Nur ſeiner außerordentlichen
Thätigkeit verdanken die Deutſchen, daß das
9 Stunden lang belagerte Hotel nicht geſtürmt
wurde. Der Bezirkshauptmann, ein ehrenhafter
Charakter, wollte keinen Augenblick daran glauben,
daß der Bürgermeiſter und die Stadtvertretung
ihr Ehrenwort, welches ſie ihm freiwillig für die
Sicherheit der abfahrenden Feſtgäſte verpfändeten,
brechen würden. Die ſtrafgerichtlichen Anzeigen
der Trautenauer conſtatiren alle, daß das Stein-
bombardement beim Gaſthauſe des Bürgermeiſters
Schip begonnen habe, daß aus demſelben die
erſten Steine geflogen ſeien. Der „Fanatiker
Mandl“ kannte freilich den Werth des Ehrenworts
Schips beſſer und warnte nach den tſchechiſchen
Zeitungen „Polaban“, „Politik“ und „Pokrok“
die Feſtgäſte und Turner fortzugehen oder zu
fahren. Der Bezirkskommiſſär Paſſovsky, von
welchem ſämmtliche tſchechiſchen Blätter hervor-
heben, daß er ſich während der ganzen Affaire ſehr
tactvoll benahm, ließ den Bezirkshauptmann vor dem
verrammelten Thore die über dritthalbtauſend
Köpfe zählende Menge allein in Zügel halten und
machte ſich innerhalb des Feſtraumes Notizen über
das Verhalten der zu Tode geängſtigten Deut-
ſchen (!) ſtatt an der Seite des Herrn Bezirks-
hauptmannes, der tactvoll intervenirte, zu ſtehen.
Daß die Blutthaten vorbereitet waren und das
Werk einer planmäßigen Agition ſind, ſteht Gott
ſei Dank, trotz aller Verdrehungen tſchechiſcher
Blätter bereits feſt. Es wird von glaubhaften
Zeugen erwieſen werden, daß bereits am Vorabende
im Gaſthauſe Schmidt’s, von Franz Puš, vulgo
Rebelka, Fahnenträger des Sokol, dem anweſen-
den Volke Bier gezahlt und an jeden Einzelnen
ſlaviſche Tricoloren vertheilt wurden. Es wird
ferner von Zeugen ausgeſagt werden, daß wäh-
rend der Crawalle von einem Stadtverordneten
im Gaſthauſe Tins, von Vincenz Brož im Gaſt-
hauſe des Schmidt Bier, von dem Schneider
Holeček aber Schnaps gezahlt wurde. In der
Abenddämmerung erſchien Dr. Moravec im
Schmidt’ſchen Gaſthauſe und hielt dort der
Menge folgende Rede: „Brüder! Ueber 400
ſchulpflichtige Kinder wurden dieſes Jahr in
die tſchechiſche Stadtſchule nicht eingeſchrieben.
Sie gehen alle in die „Mandlbude“ und ſind
unſerem Volke verloren. Heute iſt die Stunde
da, daß wird dieſelben zurückerobern, damit ſie
nicht Renegaten werden. Königinhof iſt tſchechiſch
und muß tſchechiſch bleiben!“ Den Agitator Aleš
Andrýs aus Nachod, welcher von Podhardt zu-
rückkehrte, umarmte Dr. Moravec und rief: „Das
haſt Du gut gemacht Bruder!“ Es circulirt
unter den Deutſchen in Königinhof eine Anzeige
an die Bezirkshauptmannſchaft, dieſelbe möge con-
ſtatiren, wer den beiden Poliziſten Recina und
Fähndrich befahl, daß ſie ihre Poſten am Hotel
Kopp zu verlaſſen haben und wohin der Poli-
zeicommiſſär Paul Petru ſpazieren gegangen ſei,
daß er nirgends zu finden war.
(Ein Wortſpiel.) Eine artige Anecdote,
deren Mittelpunct der Berliner Bankier Gold-
berger iſt, curſirt augenblicklich in den dortigen
Börſenkreiſen. Als jüngſt der finanzpolitiſche
Vertreter einer fremden Regierung, die ſich in
permanenten Geldſchwulitäten befindet, zur Ein-
leitung von Finanzoperationen in Berlin weilte,
ſprach auch Goldberger vor. Der Geheimſecretär
meldete den Beſuch ſeinem Vorgeſetzten mit den
Worten: „Herr Goldberger wünſcht Excel-
lenz zu ſprechen.“ — „Goldberger?“ wiederholte
dieſer mit Nachdruck,„ wir können jetzt nur einen
Geldborger brauchen!“ Dieſe Worte waren
ſo laut geſprochen worden, daß ſie der anticham-
brirende Bankier durch die nur angelehnte Thür
hören konnte. „Wie ſchlecht muß es um Eure
Finanzen ſteheu“ — ſoll darauf der ſchlagfertige
Berliner Finanzier ausgerufen haben, indem er,
ohne Antwort abzuwarten, ſich entfernte —
„wenn man bei Euch ſchon Buchſtaben verſetzt!“
(Eine amüſante Kußgeſchichte) berichtet
ein Marineoffizier aus China, wo bekanntlich die
Gewohnheit des Küſſens den jungen „mei gin“
(ſchönen Damen) noch ein ſüßes Geheimnis iſt.
Um eine Eroberung zu vollenden, forderte er
von ſeiner Angebeteten einen Kuß. Sie begriff
nicht, was er von ihr wollte und ſo — macht
er es ihr begreiflich. Von Angſt ergriffen, flüchtete
die ſchöne Lbaſa in ein anderes Zimmer, immer
rufend: „O, der ſchreckliche Menſchenfreſſer! Ich
werde aufgegeſſen werden! Als ſie dann aber
fand, daß ihr friſches Roſenmündchen noch voll-
ſtändig heil war, kam ſie zurück und ſagte:
„Ich möchte noch mehr von Eurer ſonderbaren
Gewohnheit kennen. Kü-üß mich!“ Und er kü-
üßte ſie, bis ſie vollſtändig eingeweiht war. Doch
nicht genug damit, ſchlug ſie ihm einen zweiten
Curſus vor, indem ſie ſagte: „Kü-üß mich
immer mehr, seen jine Mee-lee lee!“ Und ſo
ging der Unterricht fort, bis Mamas Stimme
im tiefſten Bruſttone der Entrüſtung auf Chine-
ſiſch donnerte: „Nu aber raus!“
(Ein frommer Wunſch.) Fräulein v. H.
(ruft freudig bewegt): Mama, Mama, ſehen
Sie, da kommt meine Amme! — Frau v. H.
(erzürnt): Schrei’ doch nicht ſo, Du unvorſich-
tiges, tact- und chic-vergeſſenes Kind! Willſt
Du jetzt noch die Welt daran erinnern, daß
Du bürgerliche Muttermilch getrunken? Oh,
mon Dieu, wann werden wir endlich adelige
Ammen bekommen!
Telegramme.
Prag, 31. Auguſt. (Orig.-Tel. d. „Mähr.
Tagbl.“) In politiſchen Kreiſen verlautet, daß
die Stellung des Statthalters von
Böhmen, Freih. v. Kraus, erſchüttert ſei.
Wien, 31. Auguſt. (Orig.-Tel. d. „Mähr.
Tagbl.“) Der Saatenmarkt iſt ſtark beſucht, die
Geſchäftstendenz jedoch flau.
Wien, 30. Auguſt, (Org.-Tel. des „Mähr.
Tagbl.“) Exminiſter Freih. v. Bach lehnte die
ihm angebotene Pairswürde ab; demzufolge wurde
von ſeiner Berufung in das Herrenhaus Umgang
genommen. Conſervative Kreiſe wollen Bach neuer-
dings für ein Reichsrathsmandat candidiren.
Wien, 30. Auguſt. (Org.-Tel. des „Mähr.
Tagbl.“) Die Berathungen des 25er Comité’s
(Deutſcher Club) werden zwiſchen dem 17. und
und 24. September ſtattfinden.
Wien, 31. Auguſt. (Orig.-Teleg. des
„Mähr. Tagblattes“.) Die Vorfälle in Königin-
hof haben jene Kreiſe, welche an maßgebender
Stelle die Tſchechen und ihre Politik protegiren,
ſehr irritirt. Es verlautet hierüber, daß die
Krone vom böhmiſchen Statthalter einen ſpeciellen
Bericht abverlangte Die Zweitheilung Böhmens
wird nun auch in Regierungskreiſen ventilirt.
Paris, 31. Auguſt. (Origl:-Telg. d. „Mähr.
Tagbl.“) Ferry ſprach ſich in einer geſtern abge-
haltenen Verſammlung ſeiner Wähler dahin aus,
daß die Politik der Colonial-Ausdehnung beendet
ſei, Frankreich ſtehe nicht iſolirt und werde auch
weiterhin die Politik der Nichtintervention befolgen.
Fremdenliſte.
Hotel Lauer.
F. Vorliček, Pfarrer, Butſchowitz. E. R.
Mayer, Fabrikantenstochter, Prag. Dr. Wiſch-
novsky, Kojetein. Dr. Steinbrecher, M.-Schön-
berg. Dr. Ludwig Fulnek. Wilh. Ziegler, Kfm.,
Wien. J. Ernſt, Kfm., Wien. Heymann, Haupt-
mann, Troppau.
Hotel Goliath.
Wilh. v. Loy, k. k. Hauptmann, Troppau.
V. Sika, Kfm., Prag. J. Zemann, Rſdr., Prag.
M. Reimann, Rſdr., Wien. Anna Knapp, Kauf-
mannsgattin, Wien. Salo Löwenſohn, Rſdr.,
Podvoloczysko. J. Pollak, Kfm., Wien. Emerich
Bondi, Rſdr., Wien. Bertha Schrimpf ſammt
Söhnen, Majorsgattin, Lemberg. Joh. Gabriel,
Oberbeamter des Wiener Magiſtrates ſammt
Sohn, Wien.
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