Mährisches Tagblatt. Nr. 175, Olmütz, 03.08.1885.[Spaltenumbruch]
Das Abonnement für Olmütz Zustellung ins Haus monat- Auswärts durch die Post Einzelne Nummer 5 Kreuzer. [Spaltenumbruch] Mährisches Tagblatt. [Spaltenumbruch] Insertionsgebüh[r]en Außerhalb Olmütz überneh- Manuscripte werden nicht Nr. 175. Olmütz, Montag den 3. August 1885. 6. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Die Zustände in Dalmatien. Olmütz 3. August. Nicht geringes Aufsehen hat in den Reihen Es ist bekanntlich dafür Sorge getragen So lange die italienische Partei im Land- [Spaltenumbruch] Feuilleton. Der letzte Wille. Ueber die "Kunst zu sterben" ist es nicht Es gibt Leute, die ihr ganzes Leben lang Was aber muß man thun, um als Reicher Da ist unlägst in Olmütz ein nach unseren Die Meisten glauben für die Gesellschaft ge- Die Selbstlinge freilich sagen: "Ich nehme In America, in England haben Reiche für [Spaltenumbruch]
Das Abonnement für Olmütz Zuſtellung ins Haus monat- Auswärts durch die Poſt Einzelne Nummer 5 Kreuzer. [Spaltenumbruch] Mähriſches Tagblatt. [Spaltenumbruch] Inſertionsgebüh[r]en Außerhalb Olmütz überneh- Manuſcripte werden nicht Nr. 175. Olmütz, Montag den 3. Auguſt 1885. 6. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Die Zuſtände in Dalmatien. Olmütz 3. Auguſt. Nicht geringes Aufſehen hat in den Reihen Es iſt bekanntlich dafür Sorge getragen So lange die italieniſche Partei im Land- [Spaltenumbruch] Feuilleton. Der letzte Wille. Ueber die „Kunſt zu ſterben“ iſt es nicht Es gibt Leute, die ihr ganzes Leben lang Was aber muß man thun, um als Reicher Da iſt unlägſt in Olmütz ein nach unſeren Die Meiſten glauben für die Geſellſchaft ge- Die Selbſtlinge freilich ſagen: „Ich nehme In America, in England haben Reiche für <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p>Das<lb/><hi rendition="#b">„Mähriſche Tagblatt“</hi><lb/> mit der illuſtr. 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Das
„Mähriſche Tagblatt“
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Manuſcripte werden nicht
zurückgeſtellt.
Nr. 175. Olmütz, Montag den 3. Auguſt 1885. 6. Jahrgang.
Die Zuſtände in Dalmatien.
Olmütz 3. Auguſt.
Nicht geringes Aufſehen hat in den Reihen
der dalmatiniſchen Verfaſſungspartei die Nachricht
erregt, daß der Hofrath bei der Landesregierung
in Zara, Pavich von Pfauenthal, der Vertreter
des Baron Jovanovič während ſeiner Abweſen-
heit, eine Anerkennung ſeiner vorzüglichen Dienſt-
leiſtung erhalten habe. Hofrath Pavich und der
vielgenannte Bezirkshauptmann von Spalato,
Baron Conrad, haben ſich anläßlich der Reichs-
rathswahlen ganz hervorragende Verdienſte um
die gegenwärtig in Dalmatien herrſchende Partei
erworben. Man erinnere ſich der Candidatur des
Senatspräſidenten Lapenna, welcher an Stelle
Bajamonti’s die Leitung der conſtitutionellen
Partei übernommen hatte, und der Art und
Weiſe, wie dieſe Candidatur Eines der erſten
richterlichen Functionäre von der geſammten offi-
ciöſen Preſſe begrüßt worden iſt. Es wurde als
unerhört hingeſtellt, daß Lapenna als hervorra-
gender Staatsbeamter ſich von einer der Regie-
rung feindlich geſinnten Partei in den Reichsrath
candidiren ließ; ja ein Theil der inſpirirten Preſſe
ſcheute nicht vor dem Anwurfe zurück, daß Frei-
herr von Lapenna kein guter Patriot ſei, daß er
mit Carpucci und Cavallotti ſympathiſire u. ſ. w.
Kurz, es fehlte nicht an Anzeichen, daß die Can-
didatur des „Irredentiſten“ Lapena der Regie-
rung nichts weniger als angenehm ſei.
Es iſt bekanntlich dafür Sorge getragen
worden, daß die Vorgänge, welche ſich in dem
Wahlbezirke, in dem Letzterer als Candidat auf-
trat, und auch ſonſt in dieſer entlegenen Küſten-
provinz während der letzten Wahlperiode abge-
ſpielt haben, nicht in Vergeſſenheit gerathen. In
den Verificationsdebatten des Abgeordnetenhauſes
wird auch der Name Pavich genannt werden. Als
derſelbe von Marburg nach Zara verſetzt worden,
konnte er anfänglich keineswegs als ein Liebling
der Herren Morlaken angeſehen werden. Pavich
war der Nachfolger Antonietti’s, des Alter ego
des Feldzeugmeiſters Baron Rodich, unter deſſen
Statthalterſchaft bereits die Grundlagen für die
Croatiſirung Dalmatiens geſchaffen worden ſind.
Es ſchien nämlich im Beginne der dortigen Wir-
ſamkeit Pavich’s, daß derſelbe der völligen Cro-
atiſirung des adminiſtrativen Dienſtes widerſtrebe.
Aber der Herr Miniſterpräſident darf ſich rüh-
men, bereits wiederholt ein gutes Einvernehmen
zwiſchen anfänglich noch in den altöſterreichiſchen
Traditionen befangenen Vertretern der Staatsge-
walt und den heutigen Stützen derſelben, welche
von dieſen Traditionen nicht wiſſen wollen, her-
geſtellt zu haben. Was ihm in Trieſt und Linz
gelang, iſt dem Grafen Taaffe auch in Zara ge-
glückt — den Beweis hiefür liefert die gute Be-
handlung, welche heute die Organe der Morlaken-
partei demſelben Hofrath Pavich widerfahren
laſſen, deſſen Abberufung aus Dalmatien vor
gar nicht langer Zeit in einem Memorandum
der croatiſchen Abgeordneten nachdrücklich gefor-
dert worden war.
So lange die italieniſche Partei im Land-
tage von Dalmatien die Oberhand hatte, ließen
die dalmätiniſchen Croaten die Welt über ihre
eigentlichen Ziele nicht im Unklaren. Heute wird
die Forderung der Vereinigung Dalmatiens mit
Croatien, von dem es ſeit mehr als vier Jahrhun-
derten getrennt iſt, nicht mehr offen ausgeſpro-
chen, während einſt von den National-Clericalen
Dalmatiens demonſtrativ Abgeordnete für den
Agramer Landtag gewählt worden ſind. Von der
Wiederherſtellung des dreieinigen Königreiches
ſcheint gar nicht mehr die Rede zu ſein; wie die
Tſchechen ihre ſtaatsrechtlichen Deſiderien in den
Hintergrund treten ließen, ſo legen auch die
Croaten Dalmatiens heute auf „realere“ Wünſche
das Hauptgewicht. Es ſind dieß die Ernennung
eines Civilgouverneurs an Stelle der militäriſchen
Perſönlichkeiten, welche bisher an der Spitze
der dalmatiniſchen Verwaltung geſtanden haben;
die Erweiterung der lex Bulat, wodurch die
Slaviſirung der Gerichtsbehörden in Dalmatieu
und Iſtrien angebahnt wurde, vor Allem aber die
Durchführung der Landtagsbeſchlüſſe betreffs der
vollſtändigen Verdrängung der italieniſchen Sprache
aus allen Aemtern Dalmatiens. Trotz der wegen
der Sprachenfrage erfolgten Auflöſung des Land-
tages, trotz des kaiſerlichen Reſcriptes, in dem die
Rechte der italieniſchen Minorität der Bevölkerung
Dalmatiens, die ja vermöge ihrer Intelligenz
ihres Beſitzes u. ſ. w. nicht ignorirt werden kann,
ausdrücklich gewahrt werden, beharrt die Trias
Klaic-Pavlinovic-Bulat bei dem Programme der
vollſtändigen Croatiſirung aller Staats- und
Landesbehörden und aller Gemeindevertretungen
Feuilleton.
Der letzte Wille.
Von F. H.
Ueber die „Kunſt zu ſterben“ iſt es nicht
nöthig, Anweiſungen zu geben; wenn es auch
hie und da heißt, Einer könne nicht ſterben —
ſchließlich hat er es doch getroffen. Hingegen
über die „Kunſt ſeinen letzten Willen zu machen“,
wäre leicht ein Buch zu ſchreiben, und ein wohl-
wollender Menſchenfreund ſollte doch einmal
einige tauſend Gulden ausſetzen für die Beant-
wortung der Preisfrage: „Wem und zu
welchen Zwecken kannſt du, ſollſt du
und mußt du Etwas vermachen?“
Es gibt Leute, die ihr ganzes Leben lang
unverſchämt waren. Trotzdem hört man ſehr
häufig das Wort „du unverſchämter Bettler!“
— niemals beinahe jedoch wird es Jemandem
ins Geſicht geſagt „du unverſchämter Millionär
du!“ Kommt das davon her, daß nur die
Bettler „unverſchämt“ ſind? Es wäre nicht gut,
über dieſe ſtatiſtiſche Frage zu ſtreiten, insbe-
ſondere nicht in einem Leitfaden für den „letzten
Willen“, der ſich nothwendigerweiſe nur an die
Reichen wenden kann, da die Armen zwar auch
einen „letzten Willen“ haben, dieſer aber ge-
wöhnlich nicht mehr gilt, als Alles vorausge-
gangene Wünſchen und Wollen.
Was aber muß man thun, um als Reicher
nicht ſchließlich eine üble Nachrede zu verdienen,
auch wenn ſie nicht laut wird? Darf man nach
dem Grundſatze teſtiren: „Im Grabe klingen
die Ohren nicht“? Kann man ſich damit aus
der Welt drücken, daß man von ein paar
Millionen, die man hinterläßt, auch den Armen
ein paar tauſend Gulden in die Mütze wirſt?
Da iſt unlägſt in Olmütz ein nach unſeren
heutigen Mammonsbegriffen nur wohlhabender
Mann geſtorben. Sein Teſtament gehörte mit
Fug und Recht in die Beiſpielſammlung, welche
einen „Leitfaden für den letzten Willen“ anzu-
hängen wäre. Er vermacht wohlthätigen und ge-
meinnützigen Anſtalten nicht etwa nur den Kehricht
ſeines Vermögens, ſondern einen nahmhaften
Theil: er vermacht eine ausgiebige Bürgerſtiftung,
er ſorgt für Studenten, er bedenkt die Kunſt-
male ſeiner Heimatsſtadt, er ſorgt für die Zukunft;
er geht mit Bedacht zu Werke, um Alles zu
unterſtützen, was ihm für das Gemeinwohl
dienlich ſcheint. Wallenda, ſo heißt der Wackere,
hat zugleich mit dem Advocaten auch den Gemeinſinn
zu ſich rufen laſſen, als er ſich anſchickte, ſeinen
letzten Willen aufzuſetzen — den Gemeinſinn, der
bei uns zu Lande nur hie und da zu Gaſte iſt
und keinen feſten Wohnſitz hat. Wallenda vermacht
zu Gunſten dieſes ſonſt „unbekannt: wo?“ ſich
aufhaltenden „Fremden“ 27.000 fl., 20.000 fl.
und 18.000 fl., ein paarmal 400 fl., einigemale
1000 fl., mehreremale 500 fl., u. ſ. w. Ehre
dieſem „verſchämten Reichen!“ Möge fein Ge-
meinſinn über die Anderen kommen!
Die Meiſten glauben für die Geſellſchaft ge-
nug gethan zu haben, wenn ſie ihre Steuern be-
zahlen und ab und zu Almoſen geben. Dabei
gebrauchen Viele noch die Vorſicht, ſich, was die
Steuer betrifft, möglichſt gering einſchätzen zu
laſſen und ſich wegen der Almoſen ſtets mit
Kleingeld zu verſehen. Im Uebrigen leben ſie ſo,
als wenn nicht nur die ganze Welt, ſondern auch
die ganze Menſchbeit über ihr geliebtes Ich hin-
aus nur für ſie allein geſchaffen wäre. „Wenn
ich mein Wohlleben nur baar bezahle, was brauche
ich da noch dankbar zu ſein. Ein Zehnkreuzerſtück,
das ich dem Armen ſchenke, iſt ohnehin ein reich-
liches Trinkgeld, der geſammten Menſchheit ge-
widmet, für Alles, was ſie etwa über die prompte
Bezahlung hinaus für mich leiſtet!“ Das iſt ſo
die Moral der Egoiſten, welche bei den meiſten
Teſtamenten als Berather und Zeuge mitwirkt,
ohne daß ſie deßwegen mit unterſchrieben wäre.
Die Selbſtlinge freilich ſagen: „Ich nehme
ja nichts mit hinüber ins Jenſeits! Es iſt doch
nur meine Pflicht, für meine Familie zu ſorgen.
Ich habe doch nicht die Aufgabe, die Welt glück-
lich zu machen!“ Das mag für mäßige Vermö-
gen hingehen, ja, hat für ſolche ſeine volle Be-
rechtigung. Aber auch der Familienegoismus muß,
wie der ſogenannte „geſunde“ Egoismus für die
eigene werthe Perſon eine Grenze haben. Arme
Leute haben gewöhnlich auch noch arme Ver-
wandte, was ſozuſagen eine Verſchärfung der
Armuth iſt, für welche Jene nichts können.
Reiche Leute haben hingegen gewöhnlich auch
noch reiche Verwandte, was wieder eine Ver-
ſtärkung des Reichthums iſt. Für dieſe Ver-
wandten nun, ohne dabei der Armuth zu geden-
ken, ausſchließlich zu ſorgen, das iſt Familien-
egoismus, und die ihn pflegen, ſollte man Sipp-
linge nennen, wie man die Egoiſten Selbſtlinge
oder Ichlinge heißt.
In America, in England haben Reiche für
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(2018-01-26T15:49:55Z)
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