Mährisches Tagblatt. Nr. 134, Olmütz, 14.06.1897.[Spaltenumbruch]
Das Telephon Nr. 9. [Spaltenumbruch] Mährisches Tagblatt. [Spaltenumbruch] Insertionsgebühren Außerhalb Olmütz übern[e]h- men Insertions-Aufträge Heinrich Schalek, Annon- cen-Exped. in Wien, [I]. Woll- zeile Nr. 11, Haasenstein & Vogler, in Wien, Buda- pest, Berlin, Frankfurt a. M. Hamburg, Basel und Leipzig. M. Dukes Nachf. Max Augen- feld & Emerich Lessner. Wien I., Wollzeile 6--8. Rud. Mosse. Wien München u. Berlin. Alois Opellik, in Wien, G. L. Daube und Co. Frankfurt a. M. Karolyn Liebmann's Annoncenbureau in Bamburg, sowie sämmtl. conc. Insertionsbureausdes In- u. Auslandes Manuscripte werden nicht zurückgestellt. Telephon Nr. 9. Nr. 134 Olmütz, Montag, den 14. Juni 1897. 18. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Ein Beschwichtigungsversuch. Olmütz, 14. Juni. Ein officiöses Residenzblatt veröffentlichte Was thun die deutschen Abgeordneten und Wir glauben es dem officiösen Blatte gerne, Das Regierungsorgan warnt die gemäßigten [Spaltenumbruch] Feuilleton. Ein Aufgeheirateter. Von Carl Wolf. Die nachfolgende Erzählung entnehmen wir Hoch oben auf einer vorspringenden Nase Das kam so. Alle Felder und Wiesen waren [Spaltenumbruch] Auf dem Hofe lebte eine Witwe mit ihrem Der Sohn, der "Gatterle-Hans," wie man Christl, der Jungknecht, nahm den triefen- Diese gewaltsame Reinigung und ganz be- Der Gatterle-Hans wurde von dieser Zeit Er war sonst ein schmucker Bursche mit Die Kramer Liesel hatte den Hans einmal Als der Schuhplattler aus war und er mit [Spaltenumbruch]
Das Telephon Nr. 9. [Spaltenumbruch] Mähriſches Tagblatt. [Spaltenumbruch] Inſertionsgebühren Außerhalb Olmütz übern[e]h- men Inſertions-Aufträge Heinrich Schalek, Annon- cen-Exped. in Wien, [I]. Woll- zeile Nr. 11, Haasenstein & Vogler, in Wien, Buda- peſt, Berlin, Frankfurt a. M. Hamburg, Baſel und Leipzig. M. Dukes Nachf. Max Augen- feld & Emerich Leſſner. Wien I., Wollzeile 6—8. Rud. Mosse. Wien München u. Berlin. Alois Opellik, in Wien, G. L. Daube und Co. Frankfurt a. M. Karolyn Liebmann’s Annoncenbureau in Bamburg, ſowie ſämmtl. conc. Inſertionsbureausdes In- u. Auslandes Manuſcripte werden nicht zurückgeſtellt. Telephon Nr. 9. Nr. 134 Olmütz, Montag, den 14. Juni 1897. 18. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Ein Beſchwichtigungsverſuch. Olmütz, 14. Juni. Ein officiöſes Reſidenzblatt veröffentlichte Was thun die deutſchen Abgeordneten und Wir glauben es dem officiöſen Blatte gerne, Das Regierungsorgan warnt die gemäßigten [Spaltenumbruch] Feuilleton. Ein Aufgeheirateter. Von Carl Wolf. Die nachfolgende Erzählung entnehmen wir Hoch oben auf einer vorſpringenden Naſe Das kam ſo. Alle Felder und Wieſen waren [Spaltenumbruch] Auf dem Hofe lebte eine Witwe mit ihrem Der Sohn, der „Gatterle-Hans,“ wie man Chriſtl, der Jungknecht, nahm den triefen- Dieſe gewaltſame Reinigung und ganz be- Der Gatterle-Hans wurde von dieſer Zeit Er war ſonſt ein ſchmucker Burſche mit Die Kramer Lieſel hatte den Hans einmal Als der Schuhplattler aus war und er mit <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p>Das<lb/><hi rendition="#b">„Mähriſche Tagblatt“</hi><lb/> erſcheint mit <supplied>A</supplied>u<supplied>s</supplied>na<supplied>h</supplied>me der<lb/> Sonn- und Feiertage täglich.<lb/> Ausgabe 2 Uhr Nachmittag<lb/> im Adminiſtrationslocale<lb/><hi rendition="#b">Niederring Nr. 41 neu.<lb/> Abonnement für Olmütz:</hi><lb/> Ganzjährig fl. 10.—<lb/> Halbjährig „ 5.—<lb/> Vierteljährig „ 2.50<lb/> Monatlich „ —·90<lb/> Zuſtellung ins Haus monat-<lb/> lich 10 kr,<lb/><hi rendition="#b">Auswärts durch die Poſt:</hi><lb/> Ganzjährig fl. 14.—<lb/> Halbjährig „ 7.—<lb/> Vierteljährig „ 3.50<lb/> Einzelne Nummern 5 kr.<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><hi rendition="#b">Telephon Nr. 9.</hi> </p> </div><lb/> <cb/> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">Mähriſches<lb/> Tagblatt.</hi> </titlePart> </titlePage><lb/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p><hi rendition="#b">Inſertionsgebühren</hi><lb/> nach aufliegendem Tarif.<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Außerhalb <hi rendition="#b">Olmütz</hi> übern<supplied>e</supplied>h-<lb/> men Inſertions-Aufträge<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Heinrich Schalek,</hi></hi> Annon-<lb/> cen-Exped. in Wien, <hi rendition="#aq"><supplied>I</supplied>.</hi> Woll-<lb/> zeile Nr. 11, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Haasenstein<lb/> & Vogler,</hi></hi> in Wien, Buda-<lb/> peſt, Berlin, Frankfurt a. 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Wenn in Brünn ſcharfe<lb/> Worte gefallen ſind, worüber das officiöſe Blatt<lb/> ſich ſehr gekränkt zeigt, ſo entſpricht dies durch-<lb/> aus der Sachlage; dieſe Worte ſind der Aus-<lb/> druck der herrſchenden Stimmung, und dieſe<lb/> Stimmung iſt aus den vorliegenden Thatſachen<lb/> entſtanden, ſie wurde weder durch die Abgeord-<lb/> neten in die Wählerſchaft getragen, noch von<lb/> dieſer den Abgeordneten eingeflößt.</p><lb/> <p>Das Regierungsorgan warnt die gemäßigten<lb/> Deutſchen vor dem Radicalismus. Es thäte beſſer,<lb/> ſeine Warnung an die Adreſſe der Regierung zu<lb/> richten. Alle Reden zuſammen können die Er-<lb/> regung nicht ſo ſehr ſteigern, als dieß die be-<lb/> hördlichen Maßregeln der letzten Tage gethan<lb/> haben. 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Die Bäuerin war, ſo<lb/> wie man zu ſagen pflegt, ein gutes, braves<lb/> Hausmutterle, und auf ihrem Hofe gab es<lb/> eigentlich keine Knechte und Mägde, denn Alle<lb/> lebten im Hauſe zuſammen, wie eine große<lb/> Familie.</p><lb/> <p>Der Sohn, der „Gatterle-Hans,“ wie man<lb/> ihn nannte, hatte einen großen Fehler. Er war<lb/> das einzige Kind ſeiner ſchwachen Mutter. Darum<lb/> wurde er auch verhätſchelt und verzogen von<lb/> früheſter Jugend an. So lange der Hof ſtand,<lb/> war es ein einziges Mal vorgekommen, daß ein<lb/> Knecht Knall und Fall entlaſſen wurde. Hans<lb/> war damals fünf Jahre alt und purzelte in die<lb/> Jauchengrube. Die Weiber auf dem Hofe, allen<lb/> voran die Mutter, erhoben ein fürchterliches<lb/> Jammerſchrei, als „’s Hanſele“, freilich nicht<lb/> gerade ein ſchöner Anblick, mit weit ausgeſpreizten<lb/> Armen daſtand und ebenfalls jammerte.</p><lb/> <p>Chriſtl, der Jungknecht, nahm den triefen-<lb/> den Burſchen und tauchte ihn fünf- bis ſechsmal<lb/> tief in den großen Brunnentrog, trotz des Ge-<lb/> ſchreies der Mutter. Die Reinigung war gründ-<lb/> lich, und ſchmunzelnd meinte Chriſtl: „’s Hanſele<lb/> iſt jetzern ſo ſauber, wie a friſch gewaſſerter<lb/> Stockfiſch.“</p><lb/> <p>Dieſe gewaltſame Reinigung und ganz be-<lb/> ſonders der Vergleich ihres Herzenskindes mit<lb/> einem Stockfiſch, das war der Bäuerin zu viel<lb/> und ſie ſchickte den Chriſtl aus dem Dienſte;<lb/><cb/> allerdings verſchaffte ſie ihm eine andere gute<lb/> Stelle.</p><lb/> <p>Der Gatterle-Hans wurde von dieſer Zeit<lb/> an in der Schule „g’waſſerter Stockfiſch“ ge-<lb/> nannt und dieſer Name blieb ihm bis in die<lb/> ſpäteſten Jahre.</p><lb/> <p>Er war ſonſt ein ſchmucker Burſche mit<lb/> blonden Haaren und blauen Augen, die faſt<lb/> mädchenhaft ſchüchtern in die Welt ſchauten. Und<lb/> als um Kinn und Wange gar ein feiner, blonder<lb/> Flaum zu wachſen begann, da guckte ihn gar<lb/> manches nette Dirndl ermunternd an. Wagte er<lb/> ſich einmal auf den Tanzboden, ſo hatte er aber<lb/> nie den Muth, eines der Dirndln aufzufordern.</p><lb/> <p>Die Kramer Lieſel hatte den Hans einmal<lb/> am Arme gefaßt und ihn faſt gewaltſam zum<lb/> Tanz gezwungen. Hans hatte natürliche Anlage<lb/> hiezu. Die Muſik, das fröhliche Dirndl an der Seite<lb/> und die luſtigen Jauchzer brachten ihn in die beſte<lb/> Stimmung.</p><lb/> <p>Als der Schuhplattler aus war und er mit<lb/> ſeiner Partnerin in die Gaſtſtube zurückſchritt,<lb/> ſpöttelte der „Rofner-Sepp“: „Lieſei, haſt Dir<lb/> amal a Portion Stockfiſch vergunnt?“ Hans<lb/> wurde erſt feuerroth im Geſicht, und als er die<lb/> ſpöttiſchen Blicke ringsum auf ſich gerichtet ſah,<lb/> ſtieg ihm der „Hahn zu Kopfe,“ wie man in<lb/> Tirol ſagt. Hurtig zog er ſeine Joppe ab und<lb/> warf ſie in eine Ecke. Der Rofner-Sepp des-<lb/> gleichen. 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Das
„Mähriſche Tagblatt“
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Nr. 134 Olmütz, Montag, den 14. Juni 1897. 18. Jahrgang.
Ein Beſchwichtigungsverſuch.
Olmütz, 14. Juni.
Ein officiöſes Reſidenzblatt veröffentlichte
Freitag einen Mahnruf zur Verſöhnlichkeit, der
ſcheinbar an Deutſche und Tſchechen zugleich ge-
richtet war, thatſächlich aber die Erſteren zur
Umkehr aufforderte, gerade als ob dieſe an den
heutigen unerquicklichen Zuſtänden die Schuld
trügen. Das officiöſe Blatt treibt da eine Vogel-
ſtraußpolitik, weche natürlich die beabſichtigte
Wirkung verfehlen muß, weil ſie nicht mit den
gegebenen Thatſachen, ſondern mit Fictionen
rechnet, deren Haltloſigkeit auf den erſten Blick
zu erkennen iſt. Die deutſchen Abgeordneten, meint
das Blatt, hätten wiederholt erklärt, daß ſie zu
einer Verſtändigung bereit ſind und, ſo folgert
es weiter, es wäre nunmehr ihre Aufgabe, dem
Verſtändigungsgedanken in der Wählerſchaft Raum
zu verſchaffen. Das iſt nur die halbe Wahrheit;
die deutſchen Abgeordneten haben zugleich, was
das officiöſe Blatt verſchweigt, die Bedingung
geſtellt, die Sprachenverordnungen müßten zuvor
zurückgenommen werden, und bisher iſt nicht das
geringſte Anzeichen dafür vorhanden, daß die
Regierung gewillt ſei, dieſe Forderung zu er-
füllen. So lange aber Graf Badeni an ſeinen
Verordnungen feſthält, bleiben die Wege zu einer
friedlichen Auseinanderſetzung verſchüttet, darüber
möge man ſich in Wien nicht der allergeringſten
Täuſchung hingeben und dagegen werden ſich alle
officiöſen Beſchwichtigungsverſuche als vollſtändig
fruchtlos erweiſen.
Was thun die deutſchen Abgeordneten und
was muthet man ihnen officiöſerſeits zu? Sie
treten pflichtgemäß vor die Wähler, erläutern
ihnen die im Abgeordnetenhauſe eingeſchlagene
Politik des äußerſten Widerſtandes und verge-
wiſſern ſich in Uebereinſtimmung mit ihren Auf-
traggebern zu befinden. Das iſt ihre Pflicht, das
müſſen ſie thun, anders können ſie nicht handeln,
wenn ſie ihrer Aufgabe als Vertreter des Volkes
und als kräftige Anwälte ſeiner Wünſche und
Forderungen gerecht werden ſollen. Dazu kommt
ein Zweites; die deutſchen Abgeordneten machen
die Wählerſchaft auf die Nothwendigkeit auf-
merkſam, auch fortan im äußerſten Widerſtande
zu verharren, bis die Abhilfe wider die wohl-
begründeten Beſchwerden der Deutſchen gefunden
ſein wird. Das gebietet die Klugheit und die
einfachſte politiſche Taktik, das Gegentheil wäre
der ſchlimmſte Fehler; man legt die Rüſtung
nicht ab, ſo lange der Kampf nicht beendigt oder
ſo lange nicht die ſichere Ausſicht vorhanden iſt,
daß er durch einen ehrenvollen Frieden beigelegt
werden wird. Eine ſolche Ausſicht beſteht aber
nicht, denn vorläufig verhalten ſich die Tſchechen
ſchroff ablehnend und was die Regierung betrifft,
ſo bietet ihr Verhalten nicht den geringſten An-
haltspunkt, um beurtheilen zu können, ob und
inwieweit ſie bereit ſei, den Deutſchen entgegen-
zukommen.
Wir glauben es dem officiöſen Blatte gerne,
daß es ihm angenehm wäre, wenn die ent-
ſchloſſene Stimmung, die heute die Deutſchen
Oeſterreichs erfüllt, erſchlaffen und wenn der
Volksſtamm, der ſich ſo unvergängliche Verdienſte
um den Staat erworben und dafür einen recht
zweifelhaften Lohn erhalten hat, in die frühere
falſche Gemüthlichkeit zurückfallen würde. Aber
wenn das Wiener Regierungsorgan auf das
Letztere rechnet, dann rechnet es eben ſehr falſch:
die deutſchen Wähler wiſſen zu genau, was auf
dem Spiele ſteht, als daß ſie ſich aus dem
ſtarken moraliſchen Bollwerk, welches ſie ſich
geſchaffen haben, hinausdiplomatiſiren ließen. Nach
den trüben Erfahrungen, die ihnen zutheil ge-
worden ſind, müſſen ſie in der kraftvollen Ent-
ſchloſſenheit, die ſie für ihre nationale Stellung
kämpfen und im Kampfe ausharren läßt, das
einzige Rettungsmittel für die Gegenwart und
für die Zukunft erblicken. Schwäche wäre ihr
Verderben, Nachgiebigkeit in dieſer Stunde wäre
der Anfang einer Reihe von Demüthigungen, deren
Ende nicht abzuſehen iſt. Wenn in Brünn ſcharfe
Worte gefallen ſind, worüber das officiöſe Blatt
ſich ſehr gekränkt zeigt, ſo entſpricht dies durch-
aus der Sachlage; dieſe Worte ſind der Aus-
druck der herrſchenden Stimmung, und dieſe
Stimmung iſt aus den vorliegenden Thatſachen
entſtanden, ſie wurde weder durch die Abgeord-
neten in die Wählerſchaft getragen, noch von
dieſer den Abgeordneten eingeflößt.
Das Regierungsorgan warnt die gemäßigten
Deutſchen vor dem Radicalismus. Es thäte beſſer,
ſeine Warnung an die Adreſſe der Regierung zu
richten. Alle Reden zuſammen können die Er-
regung nicht ſo ſehr ſteigern, als dieß die be-
hördlichen Maßregeln der letzten Tage gethan
haben. Vereinsauflöſungen, Verſammlungsver-
bote, Zeitungsbeſchlagnahmen und der vielbe-
ſprochene Erlaß an die Landeschefs, der eine viel
tiefere Wirkung hervorgerufen hat, als man in
Wien zu ahnen ſcheint, ſind das unrichtigſte
Mittel, den Frieden herzuſtellen. Die Deutſchen
Feuilleton.
Ein Aufgeheirateter.
Von Carl Wolf.
Die nachfolgende Erzählung entnehmen wir
dem neueſten Bande: „Tiroler Geſchichten,“ die
ſoeben im Edlinger’ſchen Verlage zu Innsbruck
erſchienen ſind und die abermals das Talent des
bekannten Tiroler Humoriſten im vollen Lichte
zeigen.
Hoch oben auf einer vorſpringenden Naſe
des Jaufen ſteht, wenn auch nur aus mächtigen
Baumſtämmen gezimmert, ein großer Bauernhof.
Den Beſitzer desſelben nannte man im Thale den
„Gatterle“ (Gitterthor) Bauer.
Das kam ſo. Alle Felder und Wieſen waren
dicht eingezäumt, denn unten aus dem Dorfe
wurden im Sommer hindurch die Schafe und
Ziegen in den Wald auf die Weide getrieben.
Die Geißbuben aber legten lieber den Eichhörn-
chen Schlingen oder nahmen Vogelneſter aus,
oder ſie ſchwangen ſich vom ſchlanken Gipfel einer
Fichte auf eine andere, ein recht waghalſiges,
aber eben darum bei den Bergjungen ſehr be-
liebtes Spiel. Die Schafe und Ziegen ſchlüpfen
oft, ohne Aufſicht, von der mageren Weide gerne
auf die Wieſen und Felder des genannten Hofes.
Daher wurden dieſe ſo ſorgfältig verwahrt und
alle Wege und Zugänge mit einem ſelbſtſchließenden
Gitter verſehen. So entſtand der Name „Gatterle-
Bauer.“
Auf dem Hofe lebte eine Witwe mit ihrem
einzigen Sohne, dem einſtigen Erben des nicht
unanſehnlichen Anweſens. Die Bäuerin war, ſo
wie man zu ſagen pflegt, ein gutes, braves
Hausmutterle, und auf ihrem Hofe gab es
eigentlich keine Knechte und Mägde, denn Alle
lebten im Hauſe zuſammen, wie eine große
Familie.
Der Sohn, der „Gatterle-Hans,“ wie man
ihn nannte, hatte einen großen Fehler. Er war
das einzige Kind ſeiner ſchwachen Mutter. Darum
wurde er auch verhätſchelt und verzogen von
früheſter Jugend an. So lange der Hof ſtand,
war es ein einziges Mal vorgekommen, daß ein
Knecht Knall und Fall entlaſſen wurde. Hans
war damals fünf Jahre alt und purzelte in die
Jauchengrube. Die Weiber auf dem Hofe, allen
voran die Mutter, erhoben ein fürchterliches
Jammerſchrei, als „’s Hanſele“, freilich nicht
gerade ein ſchöner Anblick, mit weit ausgeſpreizten
Armen daſtand und ebenfalls jammerte.
Chriſtl, der Jungknecht, nahm den triefen-
den Burſchen und tauchte ihn fünf- bis ſechsmal
tief in den großen Brunnentrog, trotz des Ge-
ſchreies der Mutter. Die Reinigung war gründ-
lich, und ſchmunzelnd meinte Chriſtl: „’s Hanſele
iſt jetzern ſo ſauber, wie a friſch gewaſſerter
Stockfiſch.“
Dieſe gewaltſame Reinigung und ganz be-
ſonders der Vergleich ihres Herzenskindes mit
einem Stockfiſch, das war der Bäuerin zu viel
und ſie ſchickte den Chriſtl aus dem Dienſte;
allerdings verſchaffte ſie ihm eine andere gute
Stelle.
Der Gatterle-Hans wurde von dieſer Zeit
an in der Schule „g’waſſerter Stockfiſch“ ge-
nannt und dieſer Name blieb ihm bis in die
ſpäteſten Jahre.
Er war ſonſt ein ſchmucker Burſche mit
blonden Haaren und blauen Augen, die faſt
mädchenhaft ſchüchtern in die Welt ſchauten. Und
als um Kinn und Wange gar ein feiner, blonder
Flaum zu wachſen begann, da guckte ihn gar
manches nette Dirndl ermunternd an. Wagte er
ſich einmal auf den Tanzboden, ſo hatte er aber
nie den Muth, eines der Dirndln aufzufordern.
Die Kramer Lieſel hatte den Hans einmal
am Arme gefaßt und ihn faſt gewaltſam zum
Tanz gezwungen. Hans hatte natürliche Anlage
hiezu. Die Muſik, das fröhliche Dirndl an der Seite
und die luſtigen Jauchzer brachten ihn in die beſte
Stimmung.
Als der Schuhplattler aus war und er mit
ſeiner Partnerin in die Gaſtſtube zurückſchritt,
ſpöttelte der „Rofner-Sepp“: „Lieſei, haſt Dir
amal a Portion Stockfiſch vergunnt?“ Hans
wurde erſt feuerroth im Geſicht, und als er die
ſpöttiſchen Blicke ringsum auf ſich gerichtet ſah,
ſtieg ihm der „Hahn zu Kopfe,“ wie man in
Tirol ſagt. Hurtig zog er ſeine Joppe ab und
warf ſie in eine Ecke. Der Rofner-Sepp des-
gleichen. Die Anweſenden bildeten einen weiten
Kreis im Tanzſaale, denn es war ſelbſtverſtänd-
lich, daß nach einer ſolchen Beleidigung nur ein
„hurtiges Schmeißen“ folgen konnte. Der ſonſt
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(2018-01-26T15:49:55Z)
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Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T15:49:55Z)
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Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
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