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Mährisches Tagblatt. Nr. 133, Olmütz, 10.06.1884.

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[Spaltenumbruch] ist zerstoben und auf den fabelhaften Aufschwung,
den sie vor drei Jahren genommen, ist eben so
rasch der Niedergang gefolgt. Sie wird empfind-
liche Verluste erleiden. Ein Factor, der entschei-
denden Einfluß auf die Hervorbringungen der
Legislative übt, war die äußerste Linke auch in
den Tagen ihrer Blüthe nicht, und sie wird also
an politischer Bedeutung im Hause eigentlich nichts
einbüßen.

Unter der Flagge der äußersten Linken, von
dieser vielfach verleugnet, aber nicht wirksam be-
kämpft, steuert die Contrebande des Antisemitis-
mus. Von ihm zu sprechen, kostet uns Ueber-
windung. Denn wie unbefangen und nüchtern
man auch die Dinge anschauen mag, über die
Schmach, daß in Ungarn unter allen europäischen
Staaten allein eine Partei oder eine Fraction
ausschließlich den Glaubens- und Racenfanatis-
mus zur Grundlage ihrer politischen Existenz
machen kann, hilft keine Beschönigung und keine
Nachsicht hinweg. Aber sprechen müssen wir von
diesen Leuten, zunächst, um die Thatsache zu con-
statiren, daß die ungarische Nation in allen ihren
Schichten den giftigen Trank, der ihr mit unglaub-
licher Aufdringlichkeit credenzt wird, voll Ent-
rüstung und Ekel von sich weist und daß selbst
die Wenigen, die sich in einzelnen Nestern fest-
gesetzt haben, ihre Wiederwahl mehr der Lauheit
und Energielosigkeit der Gegner, als der Anzie-
hungskraft ihrer wahnsinnigen Lehren verdanken.
Und sprechen müssen wir ferner von ihnen des-
halb, weil sich aller Welt peinlich die Wahrneh-
mung aufdrängt, wie viel die antisemitische Agi-
tation zur Verrohung des öffentlichen Geistes
und zur Verwilderung der Sitten beigetragen.
Wer weiß es nicht, daß der Antisemitismus die
unsaubere Quelle jener bösartigen socialen Krank-
heit ist, die sich in den Wahlexcessen manifestirt?
Der Antisemitismus hat die Steine gehäuft, die
der Straßenpöbel als Wahlargumente gebraucht
hat, als Argumente freilich nicht mehr gegen die
Juden, sondern gegen alle Factoren der Ord-
nung und des Gesetzes.

Fassen wir nunmehr das Gesagte kurz zu-
sammen, so stellt sich uns als voraussichtliches
Resultat der Neuwahlen Folgendes dar: die
Aggression der oppositionellen Parteien ist auf
der ganzen Linie zurückgedrängt und die Herr-
schaft der liberalen Partei ist abermals gesichert.
Die Herrschaft -- darunter verstehen wir nicht
nur die numerische Ueberlegenheit, sondern auch
die geistige Führung. Immer deutlicher tritt die
Thatsache hervor und macht die Ueberzeugung sich
geltend, daß die liberale Partei allein es ist, von
der die Regenerirung der ungarischen Zustände
erwartet werden kann. Homogen in ihrer Zu-
sammensetzung, einheitlich in ihrer Organisation
und klar und unzweideutig in ihren Bestrebungen
wird die liberale Partei aus der Berührung
mit den Wählern zurückkehren, und darin liegt
die Garantie ihrer dauernden Superiorität. Nur
gilt es, den solcherweise gesteigerten Pflichten auch
mit erhöhtem Eiser gerecht zu werden -- nicht
lediglich in dem Rahmen der positiven Gesetz-
gebung, sondern auch in dem Hinauswirken auf
das Land und auf die Bewegung der Geister.
-- Doch, das mag einem spätern Tage vorbe-
halten sein. Heute blickt die liberale Partei voll
Zuversicht und Vertrauen auf den Beginn der
Wahlen; sie werden bis ans Ende Zeugniß
geben für den Sieg der gesunden Vernunft und
der politischen Idee über Verdunkelung und per-
sönliche Tendenz.




Politische Nachrichten.
Oesterreich-Ungarn.
(Zur Wahlbewegung in Niederöster-
reich)

ist mit der nun erfolgten Constituirung
des Niederösterreichischen Bauernvereins ein wesent-
licher Schritt nach vorwärts zu verzeichnen. Die-
ser Verein verfolgt die gleichen Tendenzen wie
der Oberösterreichische Bauernverein, der den Cle-
ricalen bereits viele schwere Stunden bereitet hat.
Obzwar in Niederösterreich die clericale Partei
nicht so weit verbreitet ist wie in der Nachbar-
provinz ob der Enns, so ist doch ihr Einfluß,
insbesondere auf dem flachen Lande, in einer
Reihe von Bezirken ein starker, und da auch die
Clericalen Niederösterreichs im Parlament mit
Tschechen und Polen Hand in Hand gehen, kann
man den neu gebildeten Bauernbund nur mit
Befriedigung begrüßen, denn an der Spitze seines
[Spaltenumbruch] Programms steht die Unterstützung des Deutsch-
thums, an der es gerade in den bäuerlichen
Kreisen leider noch so vielfach mangelt.

(Ein slovenisches Organ über die Ver-
sammlung des deutschen Schulvereins in
Graz.)

"Slovenski Gospodar", vom 5. Juni
l. J., das Organ der Herren Vosinak, Pokuklar
und Baron Gödel-Lannoy, Vicepräsident des Ab-
geordnetenhauses bringt folgende Stilblüthe:
"Der Grazer Bürgermeister erfrechte sich, eine
Kundgebung auf die Mauern schlagen zu lassen,
in welcher er die Städter aufforderte, den Häup-
tern des Schulvereins zu Ehren am Pfingstfeier-
tage die revolutionären schwarz-roth-goldenen
Fetzen (cote) auszuhängen. Der Polizeivorstand
aber ließ die Kundmachungen herunterreißen.
Zum Trotz kamen 1306 Schulvereinler, die ab-
scheulich auf die Slovenen schimpften und beson-
ders Ausserer betonte es, daß Untersteiermark zu
germanisiren sei, denn sonst haben die Deutschen
(Prajzi) keine Brücke zum adriatischem Meere.
Der Universitäts-Rector feierte die Lutherischen
"goldenen Zeiten", alle aber krähten grauslich
die "Wacht am Rhein" -- das war nicht der
Feiertag des heiligen Geistes, sondern Fasching
(Faseng) preußischer besoffener Tölpel und her-
gelaufener Weiber." -- Wie würde gegen ein
deutschliberales Blatt vorgegangen werden, das
sich erlauben würde, gegen die "Matice skolska"
oder gegen eine nichtdeutsche Nationalität so zu
sprechen?!

(Die Wahlbewegung in Angarn)

fordert
fortwährend neue Opfer. So wird aus Szegedin,
9. Juni berichtet: Als Markgraf Pallavicini mit
seinen Anhängern, von Szegvar kommend, in
Mindßent anlangte, verhinderte der betrunkene,
mit Stöcken bewaffnete Pöbel denselben gewalt-
thätiger Weise, seine Programmrede zu halten.
Der Pöbel wollte die inzwischen in das Haus
des Stuhlrichters geflüchteten Anhänger der
liberalen Partei angreifen und den Cordon der
Gendarmerie durchbrechen. Der Führer der Gen-
darmen ward insultirt und die Gendarmen
wurden zu Boden geworfen. Der Pöbel begann
das Thor zu stürmen und auf die Gendarmen
zu schießen. Diese erwiederten das Feuer mit
sieben Schüssen. Mehrere Personen wurden getödtet
und mehrere verwundet. Die Stimmung ist eine
äußerst erregte.

In Mindßent gab es am 8. d. M. fünf
Todte
und drei Verwundete. Regierungs-
Commissär Horvath und Candidat Szivak woll-
ten auf dem Platze Reden halten, wurden aber
vom Pöbel durch Spectakel daran gehindert; sie
zogen sich dann ins Stuhlrichteramt zurück, wohin
nur Wähler zugelassen wurden. Der Pöbel wollte
sich den Eingang in das Amtsgebäude erzwingen
und griff die Gendarmerie an, die Feuer geben
mußte; Todte und Verwundete blieben danach
auf dem Platze.




Lokales und Provinzielles.


(Aus dem Stadtverordneten-Collegium.)

In der gestrigen Sitzung des Stadtverordneten-
Collegiums wurde die Tagesordnung in folgen-
der Weise erledigt: Ein Schreiben des pensionir-
ten Wirthschaftsverwalters Josef Blaha sowie die
Anzeige des Theater-Directors Müller betreffend
die erlegte Pacht-Caution wurden zur Kenntniß
genommen. -- Das Gesuch des Stadtarztes Herrn
Zastiera um Verleihung des Bürgerrechtes wurde
der dritten Section zugewiesen.

Herr Dr. Bayer stellt hierauf Namens
der Section den Antrag Sr. Excellenz, dem
Herrn Festungscommandanten Ritter v. Fröhlich
und dem Geniedirect[o]r Herrn Oberstlieutenant
Carl v. Tilzer das Ehrenbürgerrecht
derk. Hauptstadt Olmütz zu verleihen

u. z. mit Rücksicht auf die hervorragenden Ver-
dienste derselben um die Förderung des öffent-
lichen Wohles durch Begünstigung und Unter-
stützung der Unternehmungen der Gemeinde-
repräsentanz in Bezug auf die Stadterweite-
rung.

Die Abstimmung über diesen Antrag erfolgt
nach der Geschäftsordnung mittelst Kugelung und
wird derselbe vom Collegium einstimmig an-
genommen.

Zur Anschaffung von Montur und Armatur
für zwei neu aufgenommene Sicherheitswachleute
wurde der Betrag von 149 fl. 34 kr. bewilligt.


[Spaltenumbruch]

Schließlich erstattete Herr Gemeinderath Lang
den Bericht über den Stand der städt. Industrie-
werke. Dieser Bericht, welchem einige Anträge
beigefügt sind und auf den wir noch zurückkommen
werden, wurde dem Industrie-Comite zugewiesen.

(Personales.)

In dem Befinden des er-
krankten Vice-Präsidenten unserer Handelskammer,
Herrn Klob ist seit gestern eine erfreuliche Besse-
rung eingetreten.

(Aus dem Verordnungsblatte für das
k. k Herr.)

Uebersetzt wurden die Regiments-
ärzte 1. Classe Dr. Wenzel Wyt vom Inf-Rgt.
Nr. 57 zum Inf.-Rgt. Nr. 93, Dr. Johann
Zielina vom Inf.-Rgt. Nr. 57 zum Inf-Rgt.
Nr. 20, der Regimentsarzt 2. Cl. Dr. Alexan-
der Hausser vom Inf.-Rgt. Nr. 20 zum Inf.-
Rgt. Nr. 57, der Oberarzt Dr. Karl Ritter
vom Inf.-Rgt. Nr. 93 zum Inf-Rgt. Nr. 57,
der Militär-Baurechnungs-Official Anton Hla-
waczek von der Geniedirection in Olmütz zur
Geniedirection in Wien, der Militär-Rechnungs-
Assistent Alfred Hillebrand von der Geniedirec-
tion in Serajewo zur Geniedirection in Olmütz,
der Militär-Verpflegsverwalter Eduard Hörber,
Vorstand des Militär-Verpflegsmagazins in Ol-
mütz in gleicher Eigenschaft nach Cattaro.

(Zu den Landtagswahlen.)

Reclamatio-
nen gegen die Wählerliste des Stadtwahlbezirkes
Olmütz müssen beim k. k. Statthaltereirathe, Herrn
Carl Khade eingebracht werden. Derselbe dürfte
auch zum k. k. Wahlcommissär bei der Wahl
selbst ernannt werden.

(Ehrengaben für das 2. mähr. Landes-
schießen.)

Zur Anschaffung von Ehrengaben für
das 2. mähr. Landesschießen haben weitere
Spenden gewidmet die Damen: Marie Zbitek,
Josefine Zbitek, Caroline Uhl in Wien, Marie
Wenzel in Iglau, und Laura Scholda in Littau.
-- Wie wir vernehmen werden sich die Wiener
Schützen an dem mähr. Landesschießen in zahl-
reichster Weise betheiligen und eine eigene Musik-
kapelle mitbringen. Ein Banderium von Reitern
aus Olmütz und Umgebung soll ebenfalls gebildet
werden und haben sich bereits mehrere Herrn
bereit erklärt daran theil zu nehmen.

(Frohnleichnamsfeier.)

Zu der Donners-
tag, den 12. d. M. stattfindenden Frohnleich-
namsfeier wurden die Spitzen der Behörden
eingeladen. Die Feierlichkeit beginnt um 8 Uhr
Früh in der Domkirche mit einem von Sr. bischfl.
Gnaden, dem hochw. Weihbischof Grafen Belrupt
celebrirten Hochamte unter Assistenz des Metro-
politancapitels. Eine Abtheilung des Inft.-Regts.
Nr. 93 bildet hiebei im Schiffe der Kirche
Spalier. Bei der hierauf stattfindenden Pro-
cession wird eine Compagnie des 93. Inft.-Regts.
das Sanctissimum begleiten; derselben schreitet
die Musikcapelle des genannten Regiments voran.
Dieselbe Compagnie gibt bei den 4 Altären am
Residenzplatz, Niederring und Oberring, sowie
beim letzten Segen am Demplatze die vorge-
schriebenen General-Dechargen ab. Zur Begleitung
des Sanctissimum sind ein Officier und 12
Unterofficiere des 93 Inft.-Rgts. bestimmt. Zum
Tragen des Baldachins sind Officiere des 54.,
93. und 100 Inft.-Rgts, des 1. Genie-Rgts.,
des 2. Feld-Art.-Rgts. und des 7. Festungs-Art.-
Bataillons, dann 6 Unterofficiere des 93. J.-R.,
welche den Baldachin bei den Altären zu tragen
haben, beordert. Unter dem Commando des Herrn
Obersten Sedlmeyer werden ferner ausrücken:
2 Bataillone des 54. 2 Bataillone des 93. und
ein Bataillon des 100. Infanterie-Regiments,
welche längs der westlichen Häuserreihe am Nie-
derring mit der Front gegen die Mariensäule und
mit der Capelle des 54. Infanterie-Reg iments
am linken Flügel in entwickelter Linie gestellt
sein werden. Auf dem Oberringe wird längs der
westlichen Häuserreihe (Cafe Hirsch) 1 Bataillon
des 1. Genie-Regiments postirt sein, während
Abtheilungen des 2. Feldartillerie-Regiments und
des 7. Festungsbataillon längs der nördlichen
Häuserreihe des Oberringes, sämmtliche Truppen
in Parade-Ausrückung, mit Feldzeichen geschmückt,
aufgestellt sein werden. Nach der Procession wird
die Defilirnng der ausgerückten Truppen bei der
Hauptwache am Oberring vor dem Herrn Festungs-
Commandanten FML. Ritt. v. Fröhlich stattfinden.
Für den Fall ungünstiger Witterung findet die
Feier in der Domkirche statt.

(Schwurgerichtsverhandlung.)

Morgen
soll beim hiesigen Schwurgerichte die Strafver-
handlung gegen den Sternberger Apotheker,
Herrn Ferkel wegen Vergehens gegen die Sicher-

[Spaltenumbruch] iſt zerſtoben und auf den fabelhaften Aufſchwung,
den ſie vor drei Jahren genommen, iſt eben ſo
raſch der Niedergang gefolgt. Sie wird empfind-
liche Verluſte erleiden. Ein Factor, der entſchei-
denden Einfluß auf die Hervorbringungen der
Legislative übt, war die äußerſte Linke auch in
den Tagen ihrer Blüthe nicht, und ſie wird alſo
an politiſcher Bedeutung im Hauſe eigentlich nichts
einbüßen.

Unter der Flagge der äußerſten Linken, von
dieſer vielfach verleugnet, aber nicht wirkſam be-
kämpft, ſteuert die Contrebande des Antiſemitis-
mus. Von ihm zu ſprechen, koſtet uns Ueber-
windung. Denn wie unbefangen und nüchtern
man auch die Dinge anſchauen mag, über die
Schmach, daß in Ungarn unter allen europäiſchen
Staaten allein eine Partei oder eine Fraction
ausſchließlich den Glaubens- und Racenfanatis-
mus zur Grundlage ihrer politiſchen Exiſtenz
machen kann, hilft keine Beſchönigung und keine
Nachſicht hinweg. Aber ſprechen müſſen wir von
dieſen Leuten, zunächſt, um die Thatſache zu con-
ſtatiren, daß die ungariſche Nation in allen ihren
Schichten den giftigen Trank, der ihr mit unglaub-
licher Aufdringlichkeit credenzt wird, voll Ent-
rüſtung und Ekel von ſich weiſt und daß ſelbſt
die Wenigen, die ſich in einzelnen Neſtern feſt-
geſetzt haben, ihre Wiederwahl mehr der Lauheit
und Energieloſigkeit der Gegner, als der Anzie-
hungskraft ihrer wahnſinnigen Lehren verdanken.
Und ſprechen müſſen wir ferner von ihnen des-
halb, weil ſich aller Welt peinlich die Wahrneh-
mung aufdrängt, wie viel die antiſemitiſche Agi-
tation zur Verrohung des öffentlichen Geiſtes
und zur Verwilderung der Sitten beigetragen.
Wer weiß es nicht, daß der Antiſemitismus die
unſaubere Quelle jener bösartigen ſocialen Krank-
heit iſt, die ſich in den Wahlexceſſen manifeſtirt?
Der Antiſemitismus hat die Steine gehäuft, die
der Straßenpöbel als Wahlargumente gebraucht
hat, als Argumente freilich nicht mehr gegen die
Juden, ſondern gegen alle Factoren der Ord-
nung und des Geſetzes.

Faſſen wir nunmehr das Geſagte kurz zu-
ſammen, ſo ſtellt ſich uns als vorausſichtliches
Reſultat der Neuwahlen Folgendes dar: die
Aggreſſion der oppoſitionellen Parteien iſt auf
der ganzen Linie zurückgedrängt und die Herr-
ſchaft der liberalen Partei iſt abermals geſichert.
Die Herrſchaft — darunter verſtehen wir nicht
nur die numeriſche Ueberlegenheit, ſondern auch
die geiſtige Führung. Immer deutlicher tritt die
Thatſache hervor und macht die Ueberzeugung ſich
geltend, daß die liberale Partei allein es iſt, von
der die Regenerirung der ungariſchen Zuſtände
erwartet werden kann. Homogen in ihrer Zu-
ſammenſetzung, einheitlich in ihrer Organiſation
und klar und unzweideutig in ihren Beſtrebungen
wird die liberale Partei aus der Berührung
mit den Wählern zurückkehren, und darin liegt
die Garantie ihrer dauernden Superiorität. Nur
gilt es, den ſolcherweiſe geſteigerten Pflichten auch
mit erhöhtem Eiſer gerecht zu werden — nicht
lediglich in dem Rahmen der poſitiven Geſetz-
gebung, ſondern auch in dem Hinauswirken auf
das Land und auf die Bewegung der Geiſter.
— Doch, das mag einem ſpätern Tage vorbe-
halten ſein. Heute blickt die liberale Partei voll
Zuverſicht und Vertrauen auf den Beginn der
Wahlen; ſie werden bis ans Ende Zeugniß
geben für den Sieg der geſunden Vernunft und
der politiſchen Idee über Verdunkelung und per-
ſönliche Tendenz.




Politiſche Nachrichten.
Oeſterreich-Ungarn.
(Zur Wahlbewegung in Niederöſter-
reich)

iſt mit der nun erfolgten Conſtituirung
des Niederöſterreichiſchen Bauernvereins ein weſent-
licher Schritt nach vorwärts zu verzeichnen. Die-
ſer Verein verfolgt die gleichen Tendenzen wie
der Oberöſterreichiſche Bauernverein, der den Cle-
ricalen bereits viele ſchwere Stunden bereitet hat.
Obzwar in Niederöſterreich die clericale Partei
nicht ſo weit verbreitet iſt wie in der Nachbar-
provinz ob der Enns, ſo iſt doch ihr Einfluß,
insbeſondere auf dem flachen Lande, in einer
Reihe von Bezirken ein ſtarker, und da auch die
Clericalen Niederöſterreichs im Parlament mit
Tſchechen und Polen Hand in Hand gehen, kann
man den neu gebildeten Bauernbund nur mit
Befriedigung begrüßen, denn an der Spitze ſeines
[Spaltenumbruch] Programms ſteht die Unterſtützung des Deutſch-
thums, an der es gerade in den bäuerlichen
Kreiſen leider noch ſo vielfach mangelt.

(Ein ſloveniſches Organ über die Ver-
ſammlung des deutſchen Schulvereins in
Graz.)

„Slovenski Gospodar“, vom 5. Juni
l. J., das Organ der Herren Vosinak, Pokuklar
und Baron Gödel-Lannoy, Vicepräſident des Ab-
geordnetenhauſes bringt folgende Stilblüthe:
„Der Grazer Bürgermeiſter erfrechte ſich, eine
Kundgebung auf die Mauern ſchlagen zu laſſen,
in welcher er die Städter aufforderte, den Häup-
tern des Schulvereins zu Ehren am Pfingſtfeier-
tage die revolutionären ſchwarz-roth-goldenen
Fetzen (cote) auszuhängen. Der Polizeivorſtand
aber ließ die Kundmachungen herunterreißen.
Zum Trotz kamen 1306 Schulvereinler, die ab-
ſcheulich auf die Slovenen ſchimpften und beſon-
ders Auſſerer betonte es, daß Unterſteiermark zu
germaniſiren ſei, denn ſonſt haben die Deutſchen
(Prajzi) keine Brücke zum adriatiſchem Meere.
Der Univerſitäts-Rector feierte die Lutheriſchen
„goldenen Zeiten“, alle aber krähten grauslich
die „Wacht am Rhein“ — das war nicht der
Feiertag des heiligen Geiſtes, ſondern Faſching
(Fašeng) preußiſcher beſoffener Tölpel und her-
gelaufener Weiber.“ — Wie würde gegen ein
deutſchliberales Blatt vorgegangen werden, das
ſich erlauben würde, gegen die „Matice školſká“
oder gegen eine nichtdeutſche Nationalität ſo zu
ſprechen?!

(Die Wahlbewegung in Angarn)

fordert
fortwährend neue Opfer. So wird aus Szegedin,
9. Juni berichtet: Als Markgraf Pallavicini mit
ſeinen Anhängern, von Szegvar kommend, in
Mindſzent anlangte, verhinderte der betrunkene,
mit Stöcken bewaffnete Pöbel denſelben gewalt-
thätiger Weiſe, ſeine Programmrede zu halten.
Der Pöbel wollte die inzwiſchen in das Haus
des Stuhlrichters geflüchteten Anhänger der
liberalen Partei angreifen und den Cordon der
Gendarmerie durchbrechen. Der Führer der Gen-
darmen ward inſultirt und die Gendarmen
wurden zu Boden geworfen. Der Pöbel begann
das Thor zu ſtürmen und auf die Gendarmen
zu ſchießen. Dieſe erwiederten das Feuer mit
ſieben Schüſſen. Mehrere Perſonen wurden getödtet
und mehrere verwundet. Die Stimmung iſt eine
äußerſt erregte.

In Mindſzent gab es am 8. d. M. fünf
Todte
und drei Verwundete. Regierungs-
Commiſſär Horvath und Candidat Szivak woll-
ten auf dem Platze Reden halten, wurden aber
vom Pöbel durch Spectakel daran gehindert; ſie
zogen ſich dann ins Stuhlrichteramt zurück, wohin
nur Wähler zugelaſſen wurden. Der Pöbel wollte
ſich den Eingang in das Amtsgebäude erzwingen
und griff die Gendarmerie an, die Feuer geben
mußte; Todte und Verwundete blieben danach
auf dem Platze.




Lokales und Provinzielles.


(Aus dem Stadtverordneten-Collegium.)

In der geſtrigen Sitzung des Stadtverordneten-
Collegiums wurde die Tagesordnung in folgen-
der Weiſe erledigt: Ein Schreiben des penſionir-
ten Wirthſchaftsverwalters Joſef Blaha ſowie die
Anzeige des Theater-Directors Müller betreffend
die erlegte Pacht-Caution wurden zur Kenntniß
genommen. — Das Geſuch des Stadtarztes Herrn
Zaſtiera um Verleihung des Bürgerrechtes wurde
der dritten Section zugewieſen.

Herr Dr. Bayer ſtellt hierauf Namens
der Section den Antrag Sr. Excellenz, dem
Herrn Feſtungscommandanten Ritter v. Fröhlich
und dem Geniedirect[o]r Herrn Oberſtlieutenant
Carl v. Tilzer das Ehrenbürgerrecht
derk. Hauptſtadt Olmütz zu verleihen

u. z. mit Rückſicht auf die hervorragenden Ver-
dienſte derſelben um die Förderung des öffent-
lichen Wohles durch Begünſtigung und Unter-
ſtützung der Unternehmungen der Gemeinde-
repräſentanz in Bezug auf die Stadterweite-
rung.

Die Abſtimmung über dieſen Antrag erfolgt
nach der Geſchäftsordnung mittelſt Kugelung und
wird derſelbe vom Collegium einſtimmig an-
genommen.

Zur Anſchaffung von Montur und Armatur
für zwei neu aufgenommene Sicherheitswachleute
wurde der Betrag von 149 fl. 34 kr. bewilligt.


[Spaltenumbruch]

Schließlich erſtattete Herr Gemeinderath Lang
den Bericht über den Stand der ſtädt. Induſtrie-
werke. Dieſer Bericht, welchem einige Anträge
beigefügt ſind und auf den wir noch zurückkommen
werden, wurde dem Induſtrie-Comité zugewieſen.

(Perſonales.)

In dem Befinden des er-
krankten Vice-Präſidenten unſerer Handelskammer,
Herrn Klob iſt ſeit geſtern eine erfreuliche Beſſe-
rung eingetreten.

(Aus dem Verordnungsblatte für das
k. k Herr.)

Ueberſetzt wurden die Regiments-
ärzte 1. Claſſe Dr. Wenzel Wyt vom Inf-Rgt.
Nr. 57 zum Inf.-Rgt. Nr. 93, Dr. Johann
Zielina vom Inf.-Rgt. Nr. 57 zum Inf-Rgt.
Nr. 20, der Regimentsarzt 2. Cl. Dr. Alexan-
der Hauſſer vom Inf.-Rgt. Nr. 20 zum Inf.-
Rgt. Nr. 57, der Oberarzt Dr. Karl Ritter
vom Inf.-Rgt. Nr. 93 zum Inf-Rgt. Nr. 57,
der Militär-Baurechnungs-Official Anton Hla-
waczek von der Geniedirection in Olmütz zur
Geniedirection in Wien, der Militär-Rechnungs-
Aſſiſtent Alfred Hillebrand von der Geniedirec-
tion in Serajewo zur Geniedirection in Olmütz,
der Militär-Verpflegsverwalter Eduard Hörber,
Vorſtand des Militär-Verpflegsmagazins in Ol-
mütz in gleicher Eigenſchaft nach Cattaro.

(Zu den Landtagswahlen.)

Reclamatio-
nen gegen die Wählerliſte des Stadtwahlbezirkes
Olmütz müſſen beim k. k. Statthaltereirathe, Herrn
Carl Khade eingebracht werden. Derſelbe dürfte
auch zum k. k. Wahlcommiſſär bei der Wahl
ſelbſt ernannt werden.

(Ehrengaben für das 2. mähr. Landes-
ſchießen.)

Zur Anſchaffung von Ehrengaben für
das 2. mähr. Landesſchießen haben weitere
Spenden gewidmet die Damen: Marie Zbitek,
Joſefine Zbitek, Caroline Uhl in Wien, Marie
Wenzel in Iglau, und Laura Scholda in Littau.
— Wie wir vernehmen werden ſich die Wiener
Schützen an dem mähr. Landesſchießen in zahl-
reichſter Weiſe betheiligen und eine eigene Muſik-
kapelle mitbringen. Ein Banderium von Reitern
aus Olmütz und Umgebung ſoll ebenfalls gebildet
werden und haben ſich bereits mehrere Herrn
bereit erklärt daran theil zu nehmen.

(Frohnleichnamsfeier.)

Zu der Donners-
tag, den 12. d. M. ſtattfindenden Frohnleich-
namsfeier wurden die Spitzen der Behörden
eingeladen. Die Feierlichkeit beginnt um 8 Uhr
Früh in der Domkirche mit einem von Sr. biſchfl.
Gnaden, dem hochw. Weihbiſchof Grafen Belrupt
celebrirten Hochamte unter Aſſiſtenz des Metro-
politancapitels. Eine Abtheilung des Inft.-Regts.
Nr. 93 bildet hiebei im Schiffe der Kirche
Spalier. Bei der hierauf ſtattfindenden Pro-
ceſſion wird eine Compagnie des 93. Inft.-Regts.
das Sanctiſſimum begleiten; derſelben ſchreitet
die Muſikcapelle des genannten Regiments voran.
Dieſelbe Compagnie gibt bei den 4 Altären am
Reſidenzplatz, Niederring und Oberring, ſowie
beim letzten Segen am Demplatze die vorge-
ſchriebenen General-Dechargen ab. Zur Begleitung
des Sanctiſſimum ſind ein Officier und 12
Unterofficiere des 93 Inft.-Rgts. beſtimmt. Zum
Tragen des Baldachins ſind Officiere des 54.,
93. und 100 Inft.-Rgts, des 1. Genie-Rgts.,
des 2. Feld-Art.-Rgts. und des 7. Feſtungs-Art.-
Bataillons, dann 6 Unterofficiere des 93. J.-R.,
welche den Baldachin bei den Altären zu tragen
haben, beordert. Unter dem Commando des Herrn
Oberſten Sedlmeyer werden ferner ausrücken:
2 Bataillone des 54. 2 Bataillone des 93. und
ein Bataillon des 100. Infanterie-Regiments,
welche längs der weſtlichen Häuſerreihe am Nie-
derring mit der Front gegen die Marienſäule und
mit der Capelle des 54. Infanterie-Reg iments
am linken Flügel in entwickelter Linie geſtellt
ſein werden. Auf dem Oberringe wird längs der
weſtlichen Häuſerreihe (Café Hirſch) 1 Bataillon
des 1. Genie-Regiments poſtirt ſein, während
Abtheilungen des 2. Feldartillerie-Regiments und
des 7. Feſtungsbataillon längs der nördlichen
Häuſerreihe des Oberringes, ſämmtliche Truppen
in Parade-Ausrückung, mit Feldzeichen geſchmückt,
aufgeſtellt ſein werden. Nach der Proceſſion wird
die Defilirnng der ausgerückten Truppen bei der
Hauptwache am Oberring vor dem Herrn Feſtungs-
Commandanten FML. Ritt. v. Fröhlich ſtattfinden.
Für den Fall ungünſtiger Witterung findet die
Feier in der Domkirche ſtatt.

(Schwurgerichtsverhandlung.)

Morgen
ſoll beim hieſigen Schwurgerichte die Strafver-
handlung gegen den Sternberger Apotheker,
Herrn Ferkel wegen Vergehens gegen die Sicher-

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[[4]/0004] iſt zerſtoben und auf den fabelhaften Aufſchwung, den ſie vor drei Jahren genommen, iſt eben ſo raſch der Niedergang gefolgt. Sie wird empfind- liche Verluſte erleiden. Ein Factor, der entſchei- denden Einfluß auf die Hervorbringungen der Legislative übt, war die äußerſte Linke auch in den Tagen ihrer Blüthe nicht, und ſie wird alſo an politiſcher Bedeutung im Hauſe eigentlich nichts einbüßen. Unter der Flagge der äußerſten Linken, von dieſer vielfach verleugnet, aber nicht wirkſam be- kämpft, ſteuert die Contrebande des Antiſemitis- mus. Von ihm zu ſprechen, koſtet uns Ueber- windung. Denn wie unbefangen und nüchtern man auch die Dinge anſchauen mag, über die Schmach, daß in Ungarn unter allen europäiſchen Staaten allein eine Partei oder eine Fraction ausſchließlich den Glaubens- und Racenfanatis- mus zur Grundlage ihrer politiſchen Exiſtenz machen kann, hilft keine Beſchönigung und keine Nachſicht hinweg. Aber ſprechen müſſen wir von dieſen Leuten, zunächſt, um die Thatſache zu con- ſtatiren, daß die ungariſche Nation in allen ihren Schichten den giftigen Trank, der ihr mit unglaub- licher Aufdringlichkeit credenzt wird, voll Ent- rüſtung und Ekel von ſich weiſt und daß ſelbſt die Wenigen, die ſich in einzelnen Neſtern feſt- geſetzt haben, ihre Wiederwahl mehr der Lauheit und Energieloſigkeit der Gegner, als der Anzie- hungskraft ihrer wahnſinnigen Lehren verdanken. Und ſprechen müſſen wir ferner von ihnen des- halb, weil ſich aller Welt peinlich die Wahrneh- mung aufdrängt, wie viel die antiſemitiſche Agi- tation zur Verrohung des öffentlichen Geiſtes und zur Verwilderung der Sitten beigetragen. Wer weiß es nicht, daß der Antiſemitismus die unſaubere Quelle jener bösartigen ſocialen Krank- heit iſt, die ſich in den Wahlexceſſen manifeſtirt? Der Antiſemitismus hat die Steine gehäuft, die der Straßenpöbel als Wahlargumente gebraucht hat, als Argumente freilich nicht mehr gegen die Juden, ſondern gegen alle Factoren der Ord- nung und des Geſetzes. Faſſen wir nunmehr das Geſagte kurz zu- ſammen, ſo ſtellt ſich uns als vorausſichtliches Reſultat der Neuwahlen Folgendes dar: die Aggreſſion der oppoſitionellen Parteien iſt auf der ganzen Linie zurückgedrängt und die Herr- ſchaft der liberalen Partei iſt abermals geſichert. Die Herrſchaft — darunter verſtehen wir nicht nur die numeriſche Ueberlegenheit, ſondern auch die geiſtige Führung. Immer deutlicher tritt die Thatſache hervor und macht die Ueberzeugung ſich geltend, daß die liberale Partei allein es iſt, von der die Regenerirung der ungariſchen Zuſtände erwartet werden kann. Homogen in ihrer Zu- ſammenſetzung, einheitlich in ihrer Organiſation und klar und unzweideutig in ihren Beſtrebungen wird die liberale Partei aus der Berührung mit den Wählern zurückkehren, und darin liegt die Garantie ihrer dauernden Superiorität. Nur gilt es, den ſolcherweiſe geſteigerten Pflichten auch mit erhöhtem Eiſer gerecht zu werden — nicht lediglich in dem Rahmen der poſitiven Geſetz- gebung, ſondern auch in dem Hinauswirken auf das Land und auf die Bewegung der Geiſter. — Doch, das mag einem ſpätern Tage vorbe- halten ſein. Heute blickt die liberale Partei voll Zuverſicht und Vertrauen auf den Beginn der Wahlen; ſie werden bis ans Ende Zeugniß geben für den Sieg der geſunden Vernunft und der politiſchen Idee über Verdunkelung und per- ſönliche Tendenz. Politiſche Nachrichten. Oeſterreich-Ungarn. (Zur Wahlbewegung in Niederöſter- reich) iſt mit der nun erfolgten Conſtituirung des Niederöſterreichiſchen Bauernvereins ein weſent- licher Schritt nach vorwärts zu verzeichnen. Die- ſer Verein verfolgt die gleichen Tendenzen wie der Oberöſterreichiſche Bauernverein, der den Cle- ricalen bereits viele ſchwere Stunden bereitet hat. Obzwar in Niederöſterreich die clericale Partei nicht ſo weit verbreitet iſt wie in der Nachbar- provinz ob der Enns, ſo iſt doch ihr Einfluß, insbeſondere auf dem flachen Lande, in einer Reihe von Bezirken ein ſtarker, und da auch die Clericalen Niederöſterreichs im Parlament mit Tſchechen und Polen Hand in Hand gehen, kann man den neu gebildeten Bauernbund nur mit Befriedigung begrüßen, denn an der Spitze ſeines Programms ſteht die Unterſtützung des Deutſch- thums, an der es gerade in den bäuerlichen Kreiſen leider noch ſo vielfach mangelt. (Ein ſloveniſches Organ über die Ver- ſammlung des deutſchen Schulvereins in Graz.) „Slovenski Gospodar“, vom 5. Juni l. J., das Organ der Herren Vosinak, Pokuklar und Baron Gödel-Lannoy, Vicepräſident des Ab- geordnetenhauſes bringt folgende Stilblüthe: „Der Grazer Bürgermeiſter erfrechte ſich, eine Kundgebung auf die Mauern ſchlagen zu laſſen, in welcher er die Städter aufforderte, den Häup- tern des Schulvereins zu Ehren am Pfingſtfeier- tage die revolutionären ſchwarz-roth-goldenen Fetzen (cote) auszuhängen. Der Polizeivorſtand aber ließ die Kundmachungen herunterreißen. Zum Trotz kamen 1306 Schulvereinler, die ab- ſcheulich auf die Slovenen ſchimpften und beſon- ders Auſſerer betonte es, daß Unterſteiermark zu germaniſiren ſei, denn ſonſt haben die Deutſchen (Prajzi) keine Brücke zum adriatiſchem Meere. Der Univerſitäts-Rector feierte die Lutheriſchen „goldenen Zeiten“, alle aber krähten grauslich die „Wacht am Rhein“ — das war nicht der Feiertag des heiligen Geiſtes, ſondern Faſching (Fašeng) preußiſcher beſoffener Tölpel und her- gelaufener Weiber.“ — Wie würde gegen ein deutſchliberales Blatt vorgegangen werden, das ſich erlauben würde, gegen die „Matice školſká“ oder gegen eine nichtdeutſche Nationalität ſo zu ſprechen?! (Die Wahlbewegung in Angarn) fordert fortwährend neue Opfer. So wird aus Szegedin, 9. Juni berichtet: Als Markgraf Pallavicini mit ſeinen Anhängern, von Szegvar kommend, in Mindſzent anlangte, verhinderte der betrunkene, mit Stöcken bewaffnete Pöbel denſelben gewalt- thätiger Weiſe, ſeine Programmrede zu halten. Der Pöbel wollte die inzwiſchen in das Haus des Stuhlrichters geflüchteten Anhänger der liberalen Partei angreifen und den Cordon der Gendarmerie durchbrechen. Der Führer der Gen- darmen ward inſultirt und die Gendarmen wurden zu Boden geworfen. Der Pöbel begann das Thor zu ſtürmen und auf die Gendarmen zu ſchießen. Dieſe erwiederten das Feuer mit ſieben Schüſſen. Mehrere Perſonen wurden getödtet und mehrere verwundet. Die Stimmung iſt eine äußerſt erregte. In Mindſzent gab es am 8. d. M. fünf Todte und drei Verwundete. Regierungs- Commiſſär Horvath und Candidat Szivak woll- ten auf dem Platze Reden halten, wurden aber vom Pöbel durch Spectakel daran gehindert; ſie zogen ſich dann ins Stuhlrichteramt zurück, wohin nur Wähler zugelaſſen wurden. Der Pöbel wollte ſich den Eingang in das Amtsgebäude erzwingen und griff die Gendarmerie an, die Feuer geben mußte; Todte und Verwundete blieben danach auf dem Platze. Lokales und Provinzielles. Olmütz, 10. Juni. (Aus dem Stadtverordneten-Collegium.) In der geſtrigen Sitzung des Stadtverordneten- Collegiums wurde die Tagesordnung in folgen- der Weiſe erledigt: Ein Schreiben des penſionir- ten Wirthſchaftsverwalters Joſef Blaha ſowie die Anzeige des Theater-Directors Müller betreffend die erlegte Pacht-Caution wurden zur Kenntniß genommen. — Das Geſuch des Stadtarztes Herrn Zaſtiera um Verleihung des Bürgerrechtes wurde der dritten Section zugewieſen. Herr Dr. Bayer ſtellt hierauf Namens der Section den Antrag Sr. Excellenz, dem Herrn Feſtungscommandanten Ritter v. Fröhlich und dem Geniedirector Herrn Oberſtlieutenant Carl v. Tilzer das Ehrenbürgerrecht derk. Hauptſtadt Olmütz zu verleihen u. z. mit Rückſicht auf die hervorragenden Ver- dienſte derſelben um die Förderung des öffent- lichen Wohles durch Begünſtigung und Unter- ſtützung der Unternehmungen der Gemeinde- repräſentanz in Bezug auf die Stadterweite- rung. Die Abſtimmung über dieſen Antrag erfolgt nach der Geſchäftsordnung mittelſt Kugelung und wird derſelbe vom Collegium einſtimmig an- genommen. Zur Anſchaffung von Montur und Armatur für zwei neu aufgenommene Sicherheitswachleute wurde der Betrag von 149 fl. 34 kr. bewilligt. Schließlich erſtattete Herr Gemeinderath Lang den Bericht über den Stand der ſtädt. Induſtrie- werke. Dieſer Bericht, welchem einige Anträge beigefügt ſind und auf den wir noch zurückkommen werden, wurde dem Induſtrie-Comité zugewieſen. (Perſonales.) In dem Befinden des er- krankten Vice-Präſidenten unſerer Handelskammer, Herrn Klob iſt ſeit geſtern eine erfreuliche Beſſe- rung eingetreten. (Aus dem Verordnungsblatte für das k. k Herr.) Ueberſetzt wurden die Regiments- ärzte 1. Claſſe Dr. Wenzel Wyt vom Inf-Rgt. Nr. 57 zum Inf.-Rgt. Nr. 93, Dr. Johann Zielina vom Inf.-Rgt. Nr. 57 zum Inf-Rgt. Nr. 20, der Regimentsarzt 2. Cl. Dr. Alexan- der Hauſſer vom Inf.-Rgt. Nr. 20 zum Inf.- Rgt. Nr. 57, der Oberarzt Dr. Karl Ritter vom Inf.-Rgt. Nr. 93 zum Inf-Rgt. Nr. 57, der Militär-Baurechnungs-Official Anton Hla- waczek von der Geniedirection in Olmütz zur Geniedirection in Wien, der Militär-Rechnungs- Aſſiſtent Alfred Hillebrand von der Geniedirec- tion in Serajewo zur Geniedirection in Olmütz, der Militär-Verpflegsverwalter Eduard Hörber, Vorſtand des Militär-Verpflegsmagazins in Ol- mütz in gleicher Eigenſchaft nach Cattaro. (Zu den Landtagswahlen.) Reclamatio- nen gegen die Wählerliſte des Stadtwahlbezirkes Olmütz müſſen beim k. k. Statthaltereirathe, Herrn Carl Khade eingebracht werden. Derſelbe dürfte auch zum k. k. Wahlcommiſſär bei der Wahl ſelbſt ernannt werden. (Ehrengaben für das 2. mähr. Landes- ſchießen.) Zur Anſchaffung von Ehrengaben für das 2. mähr. Landesſchießen haben weitere Spenden gewidmet die Damen: Marie Zbitek, Joſefine Zbitek, Caroline Uhl in Wien, Marie Wenzel in Iglau, und Laura Scholda in Littau. — Wie wir vernehmen werden ſich die Wiener Schützen an dem mähr. Landesſchießen in zahl- reichſter Weiſe betheiligen und eine eigene Muſik- kapelle mitbringen. Ein Banderium von Reitern aus Olmütz und Umgebung ſoll ebenfalls gebildet werden und haben ſich bereits mehrere Herrn bereit erklärt daran theil zu nehmen. (Frohnleichnamsfeier.) Zu der Donners- tag, den 12. d. M. ſtattfindenden Frohnleich- namsfeier wurden die Spitzen der Behörden eingeladen. Die Feierlichkeit beginnt um 8 Uhr Früh in der Domkirche mit einem von Sr. biſchfl. Gnaden, dem hochw. Weihbiſchof Grafen Belrupt celebrirten Hochamte unter Aſſiſtenz des Metro- politancapitels. Eine Abtheilung des Inft.-Regts. Nr. 93 bildet hiebei im Schiffe der Kirche Spalier. Bei der hierauf ſtattfindenden Pro- ceſſion wird eine Compagnie des 93. Inft.-Regts. das Sanctiſſimum begleiten; derſelben ſchreitet die Muſikcapelle des genannten Regiments voran. Dieſelbe Compagnie gibt bei den 4 Altären am Reſidenzplatz, Niederring und Oberring, ſowie beim letzten Segen am Demplatze die vorge- ſchriebenen General-Dechargen ab. Zur Begleitung des Sanctiſſimum ſind ein Officier und 12 Unterofficiere des 93 Inft.-Rgts. beſtimmt. Zum Tragen des Baldachins ſind Officiere des 54., 93. und 100 Inft.-Rgts, des 1. Genie-Rgts., des 2. Feld-Art.-Rgts. und des 7. Feſtungs-Art.- Bataillons, dann 6 Unterofficiere des 93. J.-R., welche den Baldachin bei den Altären zu tragen haben, beordert. Unter dem Commando des Herrn Oberſten Sedlmeyer werden ferner ausrücken: 2 Bataillone des 54. 2 Bataillone des 93. und ein Bataillon des 100. Infanterie-Regiments, welche längs der weſtlichen Häuſerreihe am Nie- derring mit der Front gegen die Marienſäule und mit der Capelle des 54. Infanterie-Reg iments am linken Flügel in entwickelter Linie geſtellt ſein werden. Auf dem Oberringe wird längs der weſtlichen Häuſerreihe (Café Hirſch) 1 Bataillon des 1. Genie-Regiments poſtirt ſein, während Abtheilungen des 2. Feldartillerie-Regiments und des 7. Feſtungsbataillon längs der nördlichen Häuſerreihe des Oberringes, ſämmtliche Truppen in Parade-Ausrückung, mit Feldzeichen geſchmückt, aufgeſtellt ſein werden. Nach der Proceſſion wird die Defilirnng der ausgerückten Truppen bei der Hauptwache am Oberring vor dem Herrn Feſtungs- Commandanten FML. Ritt. v. Fröhlich ſtattfinden. Für den Fall ungünſtiger Witterung findet die Feier in der Domkirche ſtatt. (Schwurgerichtsverhandlung.) Morgen ſoll beim hieſigen Schwurgerichte die Strafver- handlung gegen den Sternberger Apotheker, Herrn Ferkel wegen Vergehens gegen die Sicher-

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 133, Olmütz, 10.06.1884, S. [4]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches133_1884/4>, abgerufen am 23.11.2024.