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Mährisches Tagblatt. Nr. 119, Olmütz, 24.05.1895.

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reaus des In- u. Auslandes
Manuscripte werden nicht
zurückgestellt.


Telephon Nr 9.




Nr. 119. Olmütz, Freitag, den 24. Mai 1895. 16. Jahrgang.


[Spaltenumbruch]
Die 15. Hauptversammlung des
Deutschen Schulvereins.


(Special-Bericht des "Mähr. Tagblattes".)

Im großen Musikvereinssaale wurde heute
Vormittags die 15. ordentliche Hauptversammlung
des Deutschen Schulvereins abgehalten. Es hatten
sich zu derselben eingefunden: Statthalter Graf
Kielmansegg, die Herrenhausmitglieder Ritter
v. Arneth und Lobmayr, die Abgeordneten
Graf Kuenburg, Beer, Bendel, Bohaty,
Demel,
Rudolf Freih. v. Doblhoff, Dr.
Exner, Dr. Foregger, Dr. Fournier,
Dr. Götz, Dr. Groß, Habicher, Dr. v.
Hellrigl, Dr. Hirsch, Vinc. Hofmann,
Hütter, Kindermann,
Baron Klein, Dr.
Kopp, Dr. v. Kraus, Lorber, Dr.
Menger, Dr. Nitsche, Noske, Dr. Per-
gelt, Pernerstorfer, Peschka,
Dr. von
Rainer, Dr. Roser, Schwab, Dr. Stein-
wender,
Professor Ed. Sueß, Wannieck,
Hofrath Dr. v. Wildauer und Wrabetz;
ferner Vice-Bürgermeister Matzenauer mit
mehreren Stadt- und Gemeinderäthen, der n. ö.
Landtags-Abgeordnete Kitschelt, der Brünner
Vicebürgermeister Rohrer u. A. In den zu
beiden Seiten des Saales sich hinziehenden Par-
terrelogen hatten die Vertreterinnen der Frauen-
Ortsgruppen Platz genommen.

Der Obmann des Schulvereins, Dr.
Weitlof, eröffnete die Hauptversammlung mit
der Mittheilung, daß 1584 Stimmen durch 118
Vertreter von Ortsgruppen für 68.600 Mit-
glieder angemeldet seien und begrüßte sodann die
Freunde und Freundinnen des Schulvereins, die
aus allen Theilen Oesterreichs zur Hauptver-
sammlung erschienen waren. Dr. Weitlof brachte
weiters zur Kenntniß, daß vom Finanzminister
Dr. v. Plener und Handelsminister Graf
Wurmbrand, die durch dringende Amtsgeschäfte
am Erscheinen verhindert sind, Entschuldigungs-
schreiben eingelangt seien. Der Präsident des
Abgeordnetenhauses, Frh. v. Chlumecky sende
dem Vereine brieflich beste Wünsche und Grüße,
er sei leider durch einen Erkrankungsfall in
seiner Familie am persönlichen Erscheinen ver-
hindert. Als Dr. Weitlof nunmehr den Statt-
halter Graf Kielmansegg begrüßte, brachen die
Anwesenden in stürmische Bravorufe und minuten-
langes Händeklatschen aus. "Seine thatenreiche
und energische Verwaltung -- sagte der Vor-
sitzende -- ist nicht nur in Niederösterreich,
sondern auch über die weitesten Grenzen unseres
Vaterlandes hinaus bekannt und überall
erfreute er sich großer Sympathien. Es kann
uns daher nur freuen, wenn er unsere Ver-
sammlung mit seiner Anwesenheil und dadurch
mit dem Ausdrucke seiner Sympathien beehrt.
Ich begrüße ferner eine große Anzahl von Abge-
ordneten als unsere Ehrengäste. (Beifall.) Ihr
Erscheinen ist nicht nur ein Beweis ihrer per-
sönlichen Sympathien, sondern beweist auch die
Sympathien der hinter ihnen stehenden weitaus-
gebreiteten Wählerschaften. Dr. Weitlof fuhr dann
fort: Die Stadt Wien entbehrt heute eines ent-
sprechenden Oberhauptes, infolgedessen haben wir
auch keine officielle Begrüßung von Seite dieser
[Spaltenumbruch] Stadt zu gewärtigen. (Rufe: Hört! Leider!
Große Bewegung.) Die Anwesenheit zahlreicher
Gemeinderäthe und an ihrer Spitze Vicebürger-
meister Matzenauer und das morgen von den
vereinigten Ortsgruppen Wiens veranstaltete
große Park-Fest wird aber Zeugniß dafür
ablegen, welche Sympathien der überwiegende
Theil der Bevölkerung Wiens dem Deutschen
Schulvereine und seinen Gästen, wenn auch nicht
officiell, entgegenbringt. (Beifall. Wacker!) Von
Vertretern uns nahestehender Vereine begrüße
ich vor Allem den Volksbildungsverein und an
seiner Spitze den anwesenden Hrn. v. Arneth.
(Lauter Beifall und anhaltendes Händeklatschen.)
Sie werden mir zustimmen, daß Arneth nicht
nur ein Vertreter des Volksbildungsvereins, son-
wohl in Oesterreich der erste und bedeutsamste
Volksbildner ist. (Wiederholter Beifall) Es sind
weiters vertreten: Der Bund der Deutschen in
Böhmen, der n. ö. Landeslehrerverein durch Hrn.
Oberlehrer Ernst, der Volksbildungsverein in
Krems, der Allg. deutsche Schulverein durch Prof.
Koch aus Breslau (großer Applaus) und durch
Prof. Seydlitz aus Königsberg, der schon seit
einer Reihe von Jahren unsere Hauptversamm-
lungen besucht und niemals mit leeren Händen
kommt. (Rauschender Beifall.)

Am Schlusse seiner Begrüßungsrede bringt
Dr. Weitlof ein dreimaliges Hoch auf den Kaiser
aus, in das die ganze Bersammlung begeistert
einstimmt.

Sodann nahm das Wort Gemeinderath
Wünsch, der Obmann des liberalen gemeinde-
räthlichen Parteiverbandes. Er sagte:

Seit dem Bestande des Deutschen Schul-
vereines ist derselbe in allen Städten, wo er
seine Hauptversammlung abhielt, stets gastlich
empfangen worden, und zwar nicht allein von
der Bevölkerung, sondern auch von dem betreffenden
Oberhaupte der Stadt. Heute, in der Reichshaupt-
stadt, ist es das erstemal, daß diese Ver-
sammlung der officiellen Begrüßung
seitens des Stadtoberhauptes ent-
behrt.
(Rufe: Leider!) Ich muß im Namen
meiner Collegen im Gemeinderathe dem tiefsten
Bedauern
Ausdruck geben, daß ein politisches
Ereigniß Aulaß gegeben, eine Pflicht nicht zu er-
füllen, deren Erfüllung schon durch den Umstand
geboten erschien, daß so zahlreiche edle
Frauen und ehrenwerthe Männer aus
allen Theilen des Reiches hieher ge-
kommen sind, um über das Wohl
unser es deutschen Volsstammes zu
berathen.
(Rufe: Sehr richtig.) Wir
Mitglieder des Parteiverbandes im Wiener
Gemeinderathe erachten es nicht allein für un-
sere Pflicht, Sie hier zu begrüßen; wir fol-
gen auch dem Zuge unseres Herzens,
wir folgen dem Gefühle unserer
deutschen Gesinnung,
indem wir Sie als
Vertreter eines Vereines, der, unabhängig von
politischen Strömungen, es sich zur Aufgabe
gemacht hat, die Wahrung und Pflege des
deutschen Volksstammes in unserem Vaterlande
durchzuführen, hier in der deutschen Stadt Wien
aufs herzlichste bewillkommnen. (Stürmischer
Beifall.) Denn Wien ist und bleibt eine deutsche
Stadt. (Stürmischer Beifall.) Deutsch fühlt
seine Bevölkerung und darum hat auch der
[Spaltenumbruch] Wiener Gemeinderath stets dem Wirken des
Deutschen Schulvereines die wärmsten Sympa-
thien entgegengebracht und diesen Traditionen
werden auch wir Vertreter des fortschrittlichen
Verbandes im Gemeinderathe durch thatkräftige
Unterstützung der edlen Bestrebungen dieses
Vereines und unserer deutschen Gesinnung nach wie
vor kräftigst Ausdruck verleihen. Ich überbringe
Ihnen die herzlichsten Grüße und Wünsche
meiner Gesinnungsgenossen und Collegen. (Stür-
mischer Beifall.)

Dr. Weitlof machte sodann Mittheilung
davon, daß Hof- und Gerichtsadvocat Dr. Rudolf
Proksch zur Ergänzungswahl für die Vereins-
leitung vorgeschlagen sei. Für die neu zu be-
setzende Stelle im Aufsichtsrathe werde Dr. Alex.
Eger, Hofrath und Director der Nordwestbahn,
vorgeschlagen, und für jene im Schiedsgerichte
Dr. Raimund Grübl, ein Mann, der sich der
Sympathien der gesammten Bevölkerung Wiens
erfreue, bis vor Kurzem noch Bürgermeister dieser
Stadt. Als Dr. Weitlof den Namen Grübls
nannte, brachten die Anwesenden dem ehemaligen
Oberhaupte der Stadt Wien eine spontane
Ovation; endlose Bravorufe ertönten, Hochrufe
wurden ausgebracht und an das stürmische Hände-
klatschen betheiligten sich auch die Damen lebhaft.

Hierauf ergriff Herr Dr. Weitlof zur
Verichterstattung das Wort.

Rede des Obmannes Dr. Weitlof.

Das abgelaufene Vereinsjahr kann ich im
Großen und Ganzen als ein ruhiges bezeichnen.

Die Einnahmen desselben mit 274.933 fl.
58 kr. blieben zwar ewas gegen jene des Jahres
1893 zurück, erreichten aber doch wenigstens
die Bedarfshöhe. Demzufolge konnten wir auch
für Schulzwecke die Summe von 244.527 fl.
28 kr. verwenden.

Bei diesen Einnahmen und einem Reinver-
mögen von nahezu einhalb Million werden die
Wünsche unserer Gegner und Neider, daß unser
Verein seine von Millionen Stammesgenossen
gewürdigte und als segensreich gepriesene Thä-
tigkeit aus Mangel an Theilnahme werde ein-
stellen müssen, noch lange nicht in Erfüllung gehen.

Diese nun durch 15 Jahre andauernde Lei-
stungsfähigkeit unseres Vereines legt uns viel-
mehr die Verpflichtung auf, vor etwa auftauchen-
den inneren und äußeren Schwierigkeiten nicht
zurückzuweichen, sondern eine Organisation lebens-
fähig zu erhalten, in welcher alle Deutschen ohne
Unterschied bei noch so verschiedenen politischen
oder confessionellen Ansichten einen Sammelpunkt
zu gemeinsamer nationaler Thätigkeit finden
können. Diese Verpflichtung ist um so unabweis-
barer, als trotz aller sonstigen in diese Zeit fal-
lenden Wandlungen der Deutsche Schulverein noch
immer einen unentbehrlichen Hort und Schutz
für die, in ihrer nationalen Existenz bedrohten
Volksgenossen in den sprachlich gemischten Ge-
bieten bildet.

In immer weitere deutsche Kreise und selbst
in solche, die uns zeitweise weniger freundlich
gegenüber gestanden sind, dringt die Erkenntniß,
daß unser Verein mit unermüdlicher Consequenz
ausschließlich seine ideale, nationale
Arbeit pflegt, mit derselben hervor-

[Spaltenumbruch]

Das
„Mähriſche Tagblatt“
erſcheint mit Ausnahme der
Sonn- und Feiertage täglich.
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ſämmtl. conc. Inſertionsbu-
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Telephon Nr 9.




Nr. 119. Olmütz, Freitag, den 24. Mai 1895. 16. Jahrgang.


[Spaltenumbruch]
Die 15. Hauptverſammlung des
Deutſchen Schulvereins.


(Special-Bericht des „Mähr. Tagblattes“.)

Im großen Muſikvereinsſaale wurde heute
Vormittags die 15. ordentliche Hauptverſammlung
des Deutſchen Schulvereins abgehalten. Es hatten
ſich zu derſelben eingefunden: Statthalter Graf
Kielmansegg, die Herrenhausmitglieder Ritter
v. Arneth und Lobmayr, die Abgeordneten
Graf Kuenburg, Beer, Bendel, Bohaty,
Demel,
Rudolf Freih. v. Doblhoff, Dr.
Exner, Dr. Foregger, Dr. Fournier,
Dr. Götz, Dr. Groß, Habicher, Dr. v.
Hellrigl, Dr. Hirſch, Vinc. Hofmann,
Hütter, Kindermann,
Baron Klein, Dr.
Kopp, Dr. v. Kraus, Lorber, Dr.
Menger, Dr. Nitſche, Noske, Dr. Per-
gelt, Pernerſtorfer, Peſchka,
Dr. von
Rainer, Dr. Roſer, Schwab, Dr. Stein-
wender,
Profeſſor Ed. Sueß, Wannieck,
Hofrath Dr. v. Wildauer und Wrabetz;
ferner Vice-Bürgermeiſter Matzenauer mit
mehreren Stadt- und Gemeinderäthen, der n. ö.
Landtags-Abgeordnete Kitſchelt, der Brünner
Vicebürgermeiſter Rohrer u. A. In den zu
beiden Seiten des Saales ſich hinziehenden Par-
terrelogen hatten die Vertreterinnen der Frauen-
Ortsgruppen Platz genommen.

Der Obmann des Schulvereins, Dr.
Weitlof, eröffnete die Hauptverſammlung mit
der Mittheilung, daß 1584 Stimmen durch 118
Vertreter von Ortsgruppen für 68.600 Mit-
glieder angemeldet ſeien und begrüßte ſodann die
Freunde und Freundinnen des Schulvereins, die
aus allen Theilen Oeſterreichs zur Hauptver-
ſammlung erſchienen waren. Dr. Weitlof brachte
weiters zur Kenntniß, daß vom Finanzminiſter
Dr. v. Plener und Handelsminiſter Graf
Wurmbrand, die durch dringende Amtsgeſchäfte
am Erſcheinen verhindert ſind, Entſchuldigungs-
ſchreiben eingelangt ſeien. Der Präſident des
Abgeordnetenhauſes, Frh. v. Chlumecky ſende
dem Vereine brieflich beſte Wünſche und Grüße,
er ſei leider durch einen Erkrankungsfall in
ſeiner Familie am perſönlichen Erſcheinen ver-
hindert. Als Dr. Weitlof nunmehr den Statt-
halter Graf Kielmansegg begrüßte, brachen die
Anweſenden in ſtürmiſche Bravorufe und minuten-
langes Händeklatſchen aus. „Seine thatenreiche
und energiſche Verwaltung — ſagte der Vor-
ſitzende — iſt nicht nur in Niederöſterreich,
ſondern auch über die weiteſten Grenzen unſeres
Vaterlandes hinaus bekannt und überall
erfreute er ſich großer Sympathien. Es kann
uns daher nur freuen, wenn er unſere Ver-
ſammlung mit ſeiner Anweſenheil und dadurch
mit dem Ausdrucke ſeiner Sympathien beehrt.
Ich begrüße ferner eine große Anzahl von Abge-
ordneten als unſere Ehrengäſte. (Beifall.) Ihr
Erſcheinen iſt nicht nur ein Beweis ihrer per-
ſönlichen Sympathien, ſondern beweiſt auch die
Sympathien der hinter ihnen ſtehenden weitaus-
gebreiteten Wählerſchaften. Dr. Weitlof fuhr dann
fort: Die Stadt Wien entbehrt heute eines ent-
ſprechenden Oberhauptes, infolgedeſſen haben wir
auch keine officielle Begrüßung von Seite dieſer
[Spaltenumbruch] Stadt zu gewärtigen. (Rufe: Hört! Leider!
Große Bewegung.) Die Anweſenheit zahlreicher
Gemeinderäthe und an ihrer Spitze Vicebürger-
meiſter Matzenauer und das morgen von den
vereinigten Ortsgruppen Wiens veranſtaltete
große Park-Feſt wird aber Zeugniß dafür
ablegen, welche Sympathien der überwiegende
Theil der Bevölkerung Wiens dem Deutſchen
Schulvereine und ſeinen Gäſten, wenn auch nicht
officiell, entgegenbringt. (Beifall. Wacker!) Von
Vertretern uns naheſtehender Vereine begrüße
ich vor Allem den Volksbildungsverein und an
ſeiner Spitze den anweſenden Hrn. v. Arneth.
(Lauter Beifall und anhaltendes Händeklatſchen.)
Sie werden mir zuſtimmen, daß Arneth nicht
nur ein Vertreter des Volksbildungsvereins, ſon-
wohl in Oeſterreich der erſte und bedeutſamſte
Volksbildner iſt. (Wiederholter Beifall) Es ſind
weiters vertreten: Der Bund der Deutſchen in
Böhmen, der n. ö. Landeslehrerverein durch Hrn.
Oberlehrer Ernſt, der Volksbildungsverein in
Krems, der Allg. deutſche Schulverein durch Prof.
Koch aus Breslau (großer Applaus) und durch
Prof. Seydlitz aus Königsberg, der ſchon ſeit
einer Reihe von Jahren unſere Hauptverſamm-
lungen beſucht und niemals mit leeren Händen
kommt. (Rauſchender Beifall.)

Am Schluſſe ſeiner Begrüßungsrede bringt
Dr. Weitlof ein dreimaliges Hoch auf den Kaiſer
aus, in das die ganze Berſammlung begeiſtert
einſtimmt.

Sodann nahm das Wort Gemeinderath
Wünſch, der Obmann des liberalen gemeinde-
räthlichen Parteiverbandes. Er ſagte:

Seit dem Beſtande des Deutſchen Schul-
vereines iſt derſelbe in allen Städten, wo er
ſeine Hauptverſammlung abhielt, ſtets gaſtlich
empfangen worden, und zwar nicht allein von
der Bevölkerung, ſondern auch von dem betreffenden
Oberhaupte der Stadt. Heute, in der Reichshaupt-
ſtadt, iſt es das erſtemal, daß dieſe Ver-
ſammlung der officiellen Begrüßung
ſeitens des Stadtoberhauptes ent-
behrt.
(Rufe: Leider!) Ich muß im Namen
meiner Collegen im Gemeinderathe dem tiefſten
Bedauern
Ausdruck geben, daß ein politiſches
Ereigniß Aulaß gegeben, eine Pflicht nicht zu er-
füllen, deren Erfüllung ſchon durch den Umſtand
geboten erſchien, daß ſo zahlreiche edle
Frauen und ehrenwerthe Männer aus
allen Theilen des Reiches hieher ge-
kommen ſind, um über das Wohl
unſer es deutſchen Volsſtammes zu
berathen.
(Rufe: Sehr richtig.) Wir
Mitglieder des Parteiverbandes im Wiener
Gemeinderathe erachten es nicht allein für un-
ſere Pflicht, Sie hier zu begrüßen; wir fol-
gen auch dem Zuge unſeres Herzens,
wir folgen dem Gefühle unſerer
deutſchen Geſinnung,
indem wir Sie als
Vertreter eines Vereines, der, unabhängig von
politiſchen Strömungen, es ſich zur Aufgabe
gemacht hat, die Wahrung und Pflege des
deutſchen Volksſtammes in unſerem Vaterlande
durchzuführen, hier in der deutſchen Stadt Wien
aufs herzlichſte bewillkommnen. (Stürmiſcher
Beifall.) Denn Wien iſt und bleibt eine deutſche
Stadt. (Stürmiſcher Beifall.) Deutſch fühlt
ſeine Bevölkerung und darum hat auch der
[Spaltenumbruch] Wiener Gemeinderath ſtets dem Wirken des
Deutſchen Schulvereines die wärmſten Sympa-
thien entgegengebracht und dieſen Traditionen
werden auch wir Vertreter des fortſchrittlichen
Verbandes im Gemeinderathe durch thatkräftige
Unterſtützung der edlen Beſtrebungen dieſes
Vereines und unſerer deutſchen Geſinnung nach wie
vor kräftigſt Ausdruck verleihen. Ich überbringe
Ihnen die herzlichſten Grüße und Wünſche
meiner Geſinnungsgenoſſen und Collegen. (Stür-
miſcher Beifall.)

Dr. Weitlof machte ſodann Mittheilung
davon, daß Hof- und Gerichtsadvocat Dr. Rudolf
Prokſch zur Ergänzungswahl für die Vereins-
leitung vorgeſchlagen ſei. Für die neu zu be-
ſetzende Stelle im Aufſichtsrathe werde Dr. Alex.
Eger, Hofrath und Director der Nordweſtbahn,
vorgeſchlagen, und für jene im Schiedsgerichte
Dr. Raimund Grübl, ein Mann, der ſich der
Sympathien der geſammten Bevölkerung Wiens
erfreue, bis vor Kurzem noch Bürgermeiſter dieſer
Stadt. Als Dr. Weitlof den Namen Grübls
nannte, brachten die Anweſenden dem ehemaligen
Oberhaupte der Stadt Wien eine ſpontane
Ovation; endloſe Bravorufe ertönten, Hochrufe
wurden ausgebracht und an das ſtürmiſche Hände-
klatſchen betheiligten ſich auch die Damen lebhaft.

Hierauf ergriff Herr Dr. Weitlof zur
Verichterſtattung das Wort.

Rede des Obmannes Dr. Weitlof.

Das abgelaufene Vereinsjahr kann ich im
Großen und Ganzen als ein ruhiges bezeichnen.

Die Einnahmen desſelben mit 274.933 fl.
58 kr. blieben zwar ewas gegen jene des Jahres
1893 zurück, erreichten aber doch wenigſtens
die Bedarfshöhe. Demzufolge konnten wir auch
für Schulzwecke die Summe von 244.527 fl.
28 kr. verwenden.

Bei dieſen Einnahmen und einem Reinver-
mögen von nahezu einhalb Million werden die
Wünſche unſerer Gegner und Neider, daß unſer
Verein ſeine von Millionen Stammesgenoſſen
gewürdigte und als ſegensreich geprieſene Thä-
tigkeit aus Mangel an Theilnahme werde ein-
ſtellen müſſen, noch lange nicht in Erfüllung gehen.

Dieſe nun durch 15 Jahre andauernde Lei-
ſtungsfähigkeit unſeres Vereines legt uns viel-
mehr die Verpflichtung auf, vor etwa auftauchen-
den inneren und äußeren Schwierigkeiten nicht
zurückzuweichen, ſondern eine Organiſation lebens-
fähig zu erhalten, in welcher alle Deutſchen ohne
Unterſchied bei noch ſo verſchiedenen politiſchen
oder confeſſionellen Anſichten einen Sammelpunkt
zu gemeinſamer nationaler Thätigkeit finden
können. Dieſe Verpflichtung iſt um ſo unabweis-
barer, als trotz aller ſonſtigen in dieſe Zeit fal-
lenden Wandlungen der Deutſche Schulverein noch
immer einen unentbehrlichen Hort und Schutz
für die, in ihrer nationalen Exiſtenz bedrohten
Volksgenoſſen in den ſprachlich gemiſchten Ge-
bieten bildet.

In immer weitere deutſche Kreiſe und ſelbſt
in ſolche, die uns zeitweiſe weniger freundlich
gegenüber geſtanden ſind, dringt die Erkenntniß,
daß unſer Verein mit unermüdlicher Conſequenz
ausſchließlich ſeine ideale, nationale
Arbeit pflegt, mit derſelben hervor-

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[[1]/0001] Das „Mähriſche Tagblatt“ erſcheint mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage täglich. Ausgabe 2 Uhr Nachmittag im Adminiſtrationslocale Niederring Nr. 41 neu. Abonnement für Olmütz: Ganzjährig fl. 10.— Halbjährig „ 5.— Vierteljährig „ 2.50 Monatlich „ —.90 Zuſtellung ins Haus monat- lich 10 kr. Auswärts durch die Poſt: Ganzjährig fl. 14.— Halbjährig „ 7.— Vierteljährig „ 3.50 Einzelne Nummern 5 kr. Telephon Nr. 9. Mähriſches Tagblatt. Inſertionsgebühren nach aufliegendem Tarif. Außerhalb Olmütz überneh- men Inſertions-Aufträge: Heinrich Schalek, Annon- cen-Exped. in Wien, I. Woll- zeile Nr. 11, Haasenstein & Vogler, in Wien, Buda- peſt, Berlin, Frankfurt a. M., Hamburg, Baſel und Leipzig. Alois Opellik, in Wien. Rud. Mosse, in Wien, München u. Berlin. M. Dukes, Wien, I. Schulerſtraße 8. G. L. Daube und Co., Frankfurt a. M. Karoly u. Liebmann’s Annon- cenburean in Hamburg, ſowie ſämmtl. conc. Inſertionsbu- reaus des In- u. Auslandes Manuſcripte werden nicht zurückgeſtellt. Telephon Nr 9. Nr. 119. Olmütz, Freitag, den 24. Mai 1895. 16. Jahrgang. Die 15. Hauptverſammlung des Deutſchen Schulvereins. Wien, 23. Mai. (Special-Bericht des „Mähr. Tagblattes“.) Im großen Muſikvereinsſaale wurde heute Vormittags die 15. ordentliche Hauptverſammlung des Deutſchen Schulvereins abgehalten. Es hatten ſich zu derſelben eingefunden: Statthalter Graf Kielmansegg, die Herrenhausmitglieder Ritter v. Arneth und Lobmayr, die Abgeordneten Graf Kuenburg, Beer, Bendel, Bohaty, Demel, Rudolf Freih. v. Doblhoff, Dr. Exner, Dr. Foregger, Dr. Fournier, Dr. Götz, Dr. Groß, Habicher, Dr. v. Hellrigl, Dr. Hirſch, Vinc. Hofmann, Hütter, Kindermann, Baron Klein, Dr. Kopp, Dr. v. Kraus, Lorber, Dr. Menger, Dr. Nitſche, Noske, Dr. Per- gelt, Pernerſtorfer, Peſchka, Dr. von Rainer, Dr. Roſer, Schwab, Dr. Stein- wender, Profeſſor Ed. Sueß, Wannieck, Hofrath Dr. v. Wildauer und Wrabetz; ferner Vice-Bürgermeiſter Matzenauer mit mehreren Stadt- und Gemeinderäthen, der n. ö. Landtags-Abgeordnete Kitſchelt, der Brünner Vicebürgermeiſter Rohrer u. A. In den zu beiden Seiten des Saales ſich hinziehenden Par- terrelogen hatten die Vertreterinnen der Frauen- Ortsgruppen Platz genommen. Der Obmann des Schulvereins, Dr. Weitlof, eröffnete die Hauptverſammlung mit der Mittheilung, daß 1584 Stimmen durch 118 Vertreter von Ortsgruppen für 68.600 Mit- glieder angemeldet ſeien und begrüßte ſodann die Freunde und Freundinnen des Schulvereins, die aus allen Theilen Oeſterreichs zur Hauptver- ſammlung erſchienen waren. Dr. Weitlof brachte weiters zur Kenntniß, daß vom Finanzminiſter Dr. v. Plener und Handelsminiſter Graf Wurmbrand, die durch dringende Amtsgeſchäfte am Erſcheinen verhindert ſind, Entſchuldigungs- ſchreiben eingelangt ſeien. Der Präſident des Abgeordnetenhauſes, Frh. v. Chlumecky ſende dem Vereine brieflich beſte Wünſche und Grüße, er ſei leider durch einen Erkrankungsfall in ſeiner Familie am perſönlichen Erſcheinen ver- hindert. Als Dr. Weitlof nunmehr den Statt- halter Graf Kielmansegg begrüßte, brachen die Anweſenden in ſtürmiſche Bravorufe und minuten- langes Händeklatſchen aus. „Seine thatenreiche und energiſche Verwaltung — ſagte der Vor- ſitzende — iſt nicht nur in Niederöſterreich, ſondern auch über die weiteſten Grenzen unſeres Vaterlandes hinaus bekannt und überall erfreute er ſich großer Sympathien. Es kann uns daher nur freuen, wenn er unſere Ver- ſammlung mit ſeiner Anweſenheil und dadurch mit dem Ausdrucke ſeiner Sympathien beehrt. Ich begrüße ferner eine große Anzahl von Abge- ordneten als unſere Ehrengäſte. (Beifall.) Ihr Erſcheinen iſt nicht nur ein Beweis ihrer per- ſönlichen Sympathien, ſondern beweiſt auch die Sympathien der hinter ihnen ſtehenden weitaus- gebreiteten Wählerſchaften. Dr. Weitlof fuhr dann fort: Die Stadt Wien entbehrt heute eines ent- ſprechenden Oberhauptes, infolgedeſſen haben wir auch keine officielle Begrüßung von Seite dieſer Stadt zu gewärtigen. (Rufe: Hört! Leider! 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Bei dieſen Einnahmen und einem Reinver- mögen von nahezu einhalb Million werden die Wünſche unſerer Gegner und Neider, daß unſer Verein ſeine von Millionen Stammesgenoſſen gewürdigte und als ſegensreich geprieſene Thä- tigkeit aus Mangel an Theilnahme werde ein- ſtellen müſſen, noch lange nicht in Erfüllung gehen. Dieſe nun durch 15 Jahre andauernde Lei- ſtungsfähigkeit unſeres Vereines legt uns viel- mehr die Verpflichtung auf, vor etwa auftauchen- den inneren und äußeren Schwierigkeiten nicht zurückzuweichen, ſondern eine Organiſation lebens- fähig zu erhalten, in welcher alle Deutſchen ohne Unterſchied bei noch ſo verſchiedenen politiſchen oder confeſſionellen Anſichten einen Sammelpunkt zu gemeinſamer nationaler Thätigkeit finden können. 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Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat). (2018-01-26T15:49:55Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T15:49:55Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T15:49:55Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 119, Olmütz, 24.05.1895, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches119_1895/1>, abgerufen am 21.11.2024.