Mährisches Tagblatt. Nr. 118, Olmütz, 22.05.1896.[Spaltenumbruch]
des russischen Reiches und des mit diesem un- (Die Italiener in Afrika.) Aus einer Reichsrath. Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 21. Mai. Wien, 21. Mai. In der heutigen Sitzung des Abgeordneten- In Verhandlung stehen die §§ 7 bis 17 Abg. Kaiser stellt einen Abänderungsan- Abg. Graf Falkenhayn beantragt, im Auf Antrag des Abg. Edler v. Burg- Abg. Purghart (Generalredner contra) Abg. Nabergoj vertritt die Anschauung, Nach dem Schlußworte des Berichterstatters Sodann werden die §§ 18 bis 20 (Ver- Der Präsident erklärt, daß hiebei die Abg. Adamek führt an der Hand eines Abg. Graf Falkenhayn weist darauf Abg. Oberndorfer fordert den Finanz- Abg. Ritter v. Strnszkiewicz erklärt, Abg. Dötz erklärt, die Grundsteuer müsse Abg. R. v. Czaykowski sagt, der Fi- [Spaltenumbruch] sie in der Verwirrung ihr eigenes, lichtes "Nein! Was für e ung'schickte Person ich "Aber mein verehrtes Fräulein, was soll ich "Daß ich gestern Abend, -- ich hab' doch "Und mit dem Sie ein Vielliebchen gegessen Sie lachte jetzt; es war dasselbe quellende, "Es scheint fast, daß unser' Bekanntschaft Dabei streckte sie mir ganz kameradschaftlich Woher ich die Kühnheit nahm, weiß ich "Jesses, ischt das aber e Mod!" Ich beeilte mich, ihr zu versichern, daß das Der Tag verging mir wie im Fluge. Hel- Wir gingen in dem geräumigen Garten hin "Ach, Fräulein Mareile, hätte doch Sie Sie sah mich verwundert an, wurde aber "Die Baumkönigin?" fragte ich, "das ist "Ah nein! Blos die wo man am liebste hat." [Spaltenumbruch] "Dann waren Sie gewiß schon öfters Sie lachte über mein plumpes Compliment, Welche Fülle von Tugenden verbirgt sich Marburg, 3. Pfingsttag. Heute Abend oder spätestens morgen Früh "Aber sie geht garnit gern hin," sagte mir "Sooo?? Mit wem denn, wenn ich fragen "Ach, da sind Mehrere, die sie gern habe' "Wenn sie aber nicht gern hinfährt, so "Geht nit, geht nit! Das sind halt so colle- Ich begreife so etwas nicht! Was hat die [Spaltenumbruch]
des ruſſiſchen Reiches und des mit dieſem un- (Die Italiener in Afrika.) Aus einer Reichsrath. Sitzung des Abgeordnetenhauſes vom 21. Mai. Wien, 21. Mai. In der heutigen Sitzung des Abgeordneten- In Verhandlung ſtehen die §§ 7 bis 17 Abg. Kaiſer ſtellt einen Abänderungsan- Abg. Graf Falkenhayn beantragt, im Auf Antrag des Abg. Edler v. Burg- Abg. Purghart (Generalredner contra) Abg. Nabergoj vertritt die Anſchauung, Nach dem Schlußworte des Berichterſtatters Sodann werden die §§ 18 bis 20 (Ver- Der Präſident erklärt, daß hiebei die Abg. Adamek führt an der Hand eines Abg. Graf Falkenhayn weiſt darauf Abg. Oberndorfer fordert den Finanz- Abg. Ritter v. Strnszkiewicz erklärt, Abg. Dötz erklärt, die Grundſteuer müſſe Abg. R. v. Czaykowski ſagt, der Fi- [Spaltenumbruch] ſie in der Verwirrung ihr eigenes, lichtes „Nein! Was für e ung’ſchickte Perſon ich „Aber mein verehrtes Fräulein, was ſoll ich „Daß ich geſtern Abend, — ich hab’ doch „Und mit dem Sie ein Vielliebchen gegeſſen Sie lachte jetzt; es war dasſelbe quellende, „Es ſcheint faſt, daß unſer’ Bekanntſchaft Dabei ſtreckte ſie mir ganz kameradſchaftlich Woher ich die Kühnheit nahm, weiß ich „Jeſſes, iſcht das aber e Mod!“ Ich beeilte mich, ihr zu verſichern, daß das Der Tag verging mir wie im Fluge. Hel- Wir gingen in dem geräumigen Garten hin „Ach, Fräulein Mareile, hätte doch Sie Sie ſah mich verwundert an, wurde aber „Die Baumkönigin?“ fragte ich, „das iſt „Ah nein! Blos die wo man am liebſte hat.“ [Spaltenumbruch] „Dann waren Sie gewiß ſchon öfters Sie lachte über mein plumpes Compliment, Welche Fülle von Tugenden verbirgt ſich Marburg, 3. Pfingſttag. Heute Abend oder ſpäteſtens morgen Früh „Aber ſie geht garnit gern hin,“ ſagte mir „Sooo?? Mit wem denn, wenn ich fragen „Ach, da ſind Mehrere, die ſie gern habe’ „Wenn ſie aber nicht gern hinfährt, ſo „Geht nit, geht nit! Das ſind halt ſo colle- Ich begreife ſo etwas nicht! Was hat die <TEI> <text> <body> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div next="#f1c" xml:id="f1b" prev="#f1a" type="jArticle" n="2"> <pb facs="#f0003" n="[3]"/> <cb/> </div> </div> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div xml:id="a2b" prev="#a2a" type="jArticle" n="2"> <p>des ruſſiſchen Reiches und des mit dieſem un-<lb/> trennbar verbundenen Czarenthums Polen- und<lb/> Großfürſtenthums Finnland beſtiegen, dem Bei-<lb/> ſpiele der ſehr gottesfürchtigen Herrſcher ſeiner<lb/> Ahnen, folgend, anzubefehlen geruht: die aller-<lb/> heiligſte Krönung und die heilige Salbung hat<lb/> unter Gottes Beiſtand am 14. (26.) Mai ſtatt-<lb/> zufinden, welche heilige Handlung auch auf ſeine<lb/> Gemahlin, die großmächtige Kaiſerin Alexandra<lb/> Feodorowna, zu übertragen iſt. Von dieſer Feier<lb/> wird allen treuen Unterthanen hiemit Kunde ge-<lb/> geben, damit ſie an dem erſehnten Tage ihre in-<lb/> brünſtigen Gebete zum Könige aller Könige<lb/> emporſenden; er möge in ſeiner allmächtigen<lb/> Gnade die Regierung Sr. Majeſtät ſegnen und<lb/> Friede und Ruhe feſtigen zu ſeinem heiligen<lb/> Ruhme und zum unerſchütterlichen Wohlergehen<lb/> des Reiches.“ An den beiden Pfingſttagen wird<lb/> die Verleſung dieſer Kundmachung wiederholt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Die Italiener in Afrika.)</hi> </head> <p>Aus einer<lb/> vom „Corriere de la Sera“ veröffentlichten<lb/> Depeſche aus Maſſauah geht hervor, daß Menelik<lb/> zur Zeit, als Major Salſa im Süden des<lb/> Aſchangi-Sees erſchien, um mit dem Negus zu<lb/> ſprechen, ſich gezwungen ſah, in aller Haſt auf-<lb/> zubrechen, um die rebelliſchen Amharas und<lb/> Gallas zu züchtigen. 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(Lebhafte Heiterkeit.)<lb/> Redner bittet die Regierung, bei der bevorſtehen-<lb/> den Beſeitigung der Prägravationen insbeſondere<lb/> das Küſtenland und die Umgebung von Trieſt<lb/> zu berückſichtigen.</p><lb/> <p>Nach dem Schlußworte des Berichterſtatters<lb/> werden die §§ 7 bis 10 unverändert, § 11 mit<lb/> dem Amendement Falkenhayn und die §§ 12 bis<lb/> 17 unverändert angenommen. 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Ritter v. <hi rendition="#g">Strnszkiewicz</hi> erklärt,<lb/> man könne ſeiner Partei nicht vorwerfen, daß ſie<lb/> für die Staatsfinanzen etwa nicht opferwillig<lb/> genug ſei, aber es müſſe auch verlangt werden,<lb/> daß der Staat bei einer ſolchen Lage, wie ſie<lb/> jetzt die Landwirthſchaft durchmacht, Opfer nicht<lb/> ſcheue, um ihr über dieſe ſchwere Zeit hinwegzu-<lb/> helfen. Galizien beſonders ſei übel daran und<lb/> durchaus nicht zu niedrig eingeſchätzt.</p><lb/> <p>Abg. <hi rendition="#g">Dötz</hi> erklärt, die Grundſteuer müſſe<lb/> wenigſtens auf 25 Millionen herabgeſetzt werden,<lb/> ſonſt könne von einer Regulirung keine Rede<lb/> ſein. Er beſpricht die Bevorzugung Galiziens.<lb/> Der Finanzminiſter erklärt, gar nicht in die<lb/> Lage zu kommen, die 10percentigen Nachläſſe bei<lb/> der Grundſteuer in Folge der Perſonaleinkom-<lb/> menſteuer zu gewähren, weil alle Mehreinkünfte<lb/> durch die geſteigerten Militärforderungen in An-<lb/> ſpruch genommen werden. Redner ſtellt den An-<lb/> trag, das letzte Alinea des § 19, wonach die auf<lb/> die einzelnen Länder und Rayons dermalen ent-<lb/> fallenden Reinertragsſummen nicht erhöht werden<lb/> dürfen, zu ſtreichen.</p><lb/> <p>Abg. R. v. <hi rendition="#g">Czaykowski</hi> ſagt, der Fi-<lb/> nanzminiſter ſei mißverſtanden worden; denn ein<lb/> Mann, dem die Bedürfniſſe aller Bevölkerungs-<lb/> ſchichten immer warm am Herzen lagen und der<lb/> Finanzmittel genug hat, um den Nothleidenden<lb/> zu Hilfe zu kommen, werde doch auch die Land-<lb/> wirthſchaft, die von einer großen Kriſis heimge-<lb/> ſucht ſei, nicht verlaſſen. Mehrere Redner haben<lb/> Galizien als reiches Land dargeſtellt, welches die</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div next="#f1d" xml:id="f1c" prev="#f1b" type="jArticle" n="2"> <p>ſie in der Verwirrung ihr eigenes, lichtes<lb/> Kattunkleid.</p><lb/> <p>„Nein! Was für e ung’ſchickte Perſon ich<lb/> bin!“ ſagte ſie erſchrocken. Dann aber mir frank<lb/> und frei in die Augen ſehend: „Nehmet Sie’s<lb/> nur nit übel, Herr Doctor, ich bitt’ Sie<lb/> wirklich —“</p><lb/> <p>„Aber mein verehrtes Fräulein, was ſoll ich<lb/> Ihnen denn nicht übel nehmen?“</p><lb/> <p>„Daß ich geſtern Abend, — ich hab’ doch<lb/> natürlich geglaubt, es ſei mein Schwager, der<lb/> da geſtanden hat — —“</p><lb/> <p>„Und mit dem Sie ein Vielliebchen gegeſſen<lb/> hatten? Nein, liebes Fräulein, das nehme ich<lb/> Ihnen wahrhaftig nicht übel. Im Gegentheil,<lb/> für den Wiederholungsfall ſtelle ich mich gern<lb/> zur Dispoſition.“</p><lb/> <p>Sie lachte jetzt; es war dasſelbe quellende,<lb/> naturfriſche Lachen wie in der Eiſenbahn.</p><lb/> <p>„Es ſcheint faſt, daß unſer’ Bekanntſchaft<lb/> ſich unter lauter kleine Unſterne vollzieht. Erſt<lb/> habe Sie in Caſſel das Unglück gehabt, dann ich<lb/> geſtern im Hausgang, und vorhin mit dem<lb/> Begieße — hoffentlich hat es jetzt we<supplied>n</supplied>igſtens en<lb/> End’ mit dem Pech!“</p><lb/> <p>Dabei ſtreckte ſie mir ganz kameradſchaftlich<lb/> die Hand entgegen.</p><lb/> <p>Woher ich die Kühnheit nahm, weiß ich<lb/> nicht. Thatſächlich aber ergriff ich das Händchen<lb/> und küßte es herzhaft. Sie riß es mir weg und<lb/> ſah mich richtig erſchrocken an.</p><lb/> <p>„Jeſſes, iſcht das aber e Mod!“</p><lb/> <p>Ich beeilte mich, ihr zu verſichern, daß das<lb/> allerdings „e Mod“ in Berlin ſei, aber daß ich<lb/> ſelbſt ihr nur damit hätte meine — Pfingſtfreude<lb/> ausdrücken wollen. Wie kann ein Menſch ſolche<lb/><cb/> Dummheit reden! — Sie hielt es jedoch augen-<lb/> ſcheinlich für keine Dummheit, ſondern ſah mich<lb/> wieder ganz zutraulich und fröhlich an. —</p><lb/> <p>Der Tag verging mir wie im Fluge. Hel-<lb/> mer und ſeine Frau überließen mich faſt beſtän-<lb/> dig der Führung des Schweſterchens, die zu<lb/> allem Ueberfluß auch noch Mareile beißt. Den<lb/> jüngeren Bruder hatte ſie zum Glück bei jenen<lb/> Verwandten „eine Stunde hinter Caſſel“ gelaſſen,<lb/> ſo daß e<supplied>r</supplied> uns nicht ſtörte.</p><lb/> <p>Wir gingen in dem geräumigen Garten hin<lb/> und her, ich erzählte Fräulein Mareile von<lb/> meinem einſamen, zur Hypochondrie treibenden<lb/> Junggeſellendaſein in Berlin, und ſie plauderte<lb/> in ihrer reizenden Offenheit von ſich und ihrem<lb/> harmloſen Leben. Am Nachmittag war ich ſchon<lb/> ſo weit verzaubert, daß ich mit einem Seufzer<lb/> ſagte:</p><lb/> <p>„Ach, Fräulein Mareile, hätte doch Sie<lb/> meine gute Mutter noch kennen gelernt!“</p><lb/> <p>Sie ſah mich verwundert an, wurde aber<lb/> dann plötzlich roth und begann mir allerhand<lb/> Allotria zu erzählen; wie in ihrem Heimatsſtädt-<lb/> chen zu Pfingſten ein Burſche, der natürlich von<lb/> gutem Humor ſein müſſe, als „Pfingſtöchſele“<lb/> maskirt und durch die Stadt geführt werde, von<lb/> allerhand Neckereien und Spottreden begleitet.<lb/> Wie er dann aber zuletzt vor der „Baumkönigin“<lb/> niederkniee, von dieſer ſymboliſch getödtet werde<lb/> und dann, die Maskerade abwerfend, mit ihr<lb/> den Ehrentanz bei dem nun beginnenden Tanz<lb/> anführe.</p><lb/> <p>„Die Baumkönigin?“ fragte ich, „das iſt<lb/> wohl die Schönſte im Ort?“</p><lb/> <p>„Ah nein! Blos die wo man am liebſte hat.“</p><lb/> <cb/> <p>„Dann waren Sie gewiß ſchon öfters<lb/> Baumkönigin, nicht wahr?“</p><lb/> <p>Sie lachte über mein plumpes Compliment,<lb/> aber ſie nahm es nicht übel. Die Schweſter er-<lb/> zählte mir nachher, daß Mareile in der That<lb/> das letzte Mal Baumkönigin geweſen ſei, aber<lb/> in ihrer Beſcheidenheit nicht gern davon ſpreche.</p><lb/> <p>Welche Fülle von Tugenden verbirgt ſich<lb/> hinter dieſem lieblichen Aeußeren! Nachgerade<lb/> fange ich an, dieſe Pfingſtfahrt für ein Verhäng-<lb/> niß, aber — für ein freundliches zu halten.</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Marburg, 3. Pfingſttag.</hi> </p><lb/> <p>Heute Abend oder ſpäteſtens morgen Früh<lb/> muß ich abreiſen. Nein, ich reiſe auf alle Fälle<lb/> morgen Früh; weshalb ſoll ich mir die Tage,<lb/> die der Götter Gunſt mir hier freundlich be-<lb/> ſcheert, verkürzen? Und außerdem: Fräulein<lb/> Mareile fährt bis Gießen mit mir zuſammen.<lb/> (Ich habe ein Rundreiſebillet über Frankfurt.)<lb/> Sie ſoll dort eine andere Profeſſorsfrau beſuchen.</p><lb/> <p>„Aber ſie geht garnit gern hin,“ ſagte mir<lb/> Frau Helmer, „weil meine Tante, — was wir<lb/> e Menge Tante’ habe’, das glaube Sie garnit!<lb/> — das Mareile gar ſo gern verheirate’ möcht’.“</p><lb/> <p>„Sooo?? Mit wem denn, wenn ich fragen<lb/> darf?“</p><lb/> <p>„Ach, da ſind Mehrere, die ſie gern habe’<lb/> wolle’, lieber Herr Doctor.“</p><lb/> <p>„Wenn ſie aber nicht gern hinfährt, ſo<lb/> laſſen Sie ſie doch hier.“</p><lb/> <p>„Geht nit, geht nit! Das ſind halt ſo colle-<lb/> giale Rückſichte, die mir nehme’ müſſe! —“</p><lb/> <p>Ich begreife ſo etwas nicht! Was hat die<lb/> Collegialität mit dem Mädchen zu ſchaffen? ..<lb/> Ueberhaupt, — wegſchnappen möchte ich ſie mir<lb/> denn doch nicht laſſen! Aber ich finde den Muth</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[3]/0003]
des ruſſiſchen Reiches und des mit dieſem un-
trennbar verbundenen Czarenthums Polen- und
Großfürſtenthums Finnland beſtiegen, dem Bei-
ſpiele der ſehr gottesfürchtigen Herrſcher ſeiner
Ahnen, folgend, anzubefehlen geruht: die aller-
heiligſte Krönung und die heilige Salbung hat
unter Gottes Beiſtand am 14. (26.) Mai ſtatt-
zufinden, welche heilige Handlung auch auf ſeine
Gemahlin, die großmächtige Kaiſerin Alexandra
Feodorowna, zu übertragen iſt. Von dieſer Feier
wird allen treuen Unterthanen hiemit Kunde ge-
geben, damit ſie an dem erſehnten Tage ihre in-
brünſtigen Gebete zum Könige aller Könige
emporſenden; er möge in ſeiner allmächtigen
Gnade die Regierung Sr. Majeſtät ſegnen und
Friede und Ruhe feſtigen zu ſeinem heiligen
Ruhme und zum unerſchütterlichen Wohlergehen
des Reiches.“ An den beiden Pfingſttagen wird
die Verleſung dieſer Kundmachung wiederholt.
(Die Italiener in Afrika.) Aus einer
vom „Corriere de la Sera“ veröffentlichten
Depeſche aus Maſſauah geht hervor, daß Menelik
zur Zeit, als Major Salſa im Süden des
Aſchangi-Sees erſchien, um mit dem Negus zu
ſprechen, ſich gezwungen ſah, in aller Haſt auf-
zubrechen, um die rebelliſchen Amharas und
Gallas zu züchtigen. Menelik erlitt hiebei ſchwere
Verluſte und wendete ſich an Ras Mangaſcha um
Unterſtützung, der ſich aber, als er von der Con-
centrirung der italieniſchen Truppen bei Adi-
Kaje erfuhr, ſofort wieder nach rückwärts wen-
dete. Die Schnelligkeit des Anmarſches der Ita-
liener verhinderte ihn jedoch, dieſelben anzugreifen.
Major Salſa wurde bei ſeiner Rückkehr aus dem
Lager von Schoa auf Befehl des Ras Mangaſcha
verhaftet, an welchen der Negus ein Schreiben
gerichtet hatte, er möge es verhindern, daß Salſa
den General Baldifſera von den troſtloſen Zu-
ſtänden in Abyſſinien, wo überdieß Hungersnoth
herrſcht, unterrichte. In Folge deſſen gebrauchte
man den Vorwand, Salſa werde als Geiſel zurück-
gehalten bis zur Zurückſtellung der Handſchreiben
Meneliks’s mit dem Siegel Salomon’s. Die
energiſche Proclamation des Generals Baldiſſera,
in welcher die Ausrottung der Tigriner angedroht
wurde, jagte ihnen aber großen Schrecken ein und
bewog ſie, die Gefangenen freizugeben.
Reichsrath.
Sitzung des Abgeordnetenhauſes vom
21. Mai.
Wien, 21. Mai.
In der heutigen Sitzung des Abgeordneten-
hauſes wurde die Verhandlung über die Grund-
ſteuergeſetze fortgeſetzt, nachdem in der
geſtrigen Abendſitzung die erſten ſechs Paragraphe
unverändert angenommen worden waren.
In Verhandlung ſtehen die §§ 7 bis 17
des Geſetzes betreffend die Reviſion des Grund-
ſteuercataſters.
Abg. Kaiſer ſtellt einen Abänderungsan-
trag zu § 14, wonach ſowohl die Gemeinden
als auch ſämmtliche Grundbeſitzer das Reclama-
tionsrecht erhalten ſollen und die Reclamations-
friſt von ſechs auf acht Wochen verlängert wird.
Abg. Graf Falkenhayn beantragt, im
§ 11 die Friſt für die Reclamation bezüglich
ſolcher Parcellen, die im Grundſteuercataſter als
Waldungen eingetragen ſind, in dem vorange-
gangenen Grundſteueroperat jedoch einer anderen
Culturgattung zugeſchrieben waren, ſtatt mit
Ende December 1896 mit Ende Juni 1897
feſtzuſetzen. Er verweiſt darauf, daß die Sanction
für die vorliegenden Geſetze vorausſichtlich erſt
im Spätherbſte dieſes Jahres erfolgen dürfte
und dann die Durchführung der im § 11 vor-
geſehenen Veränderungen bis Ende December
1896 nicht möglich wäre.
Auf Antrag des Abg. Edler v. Burg-
ſtaller wird die Debatte geſchloſſen.
Abg. Purghart (Generalredner contra)
ſpricht tſchechiſch und kritiſirt dann, in deutſcher
Sprache fortfahrend, einzelne Beſtimmungen der
in Verhandlung ſtehenden Paragraphe.
Abg. Nabergoj vertritt die Anſchauung,
daß das Küſtenland, insbeſondere aber die Gegend
von Trieſt, bei der letzten Grundſteuer-Regulirung
ſehr ſchlecht wegkam. In der Gegend von Trieſt
wurden Leute in die Bezirkscommiſſionen berufen,
welche Gerſte vom Weizen und die Kuh nicht vom
Stier unterſcheiden konnten. (Lebhafte Heiterkeit.)
Redner bittet die Regierung, bei der bevorſtehen-
den Beſeitigung der Prägravationen insbeſondere
das Küſtenland und die Umgebung von Trieſt
zu berückſichtigen.
Nach dem Schlußworte des Berichterſtatters
werden die §§ 7 bis 10 unverändert, § 11 mit
dem Amendement Falkenhayn und die §§ 12 bis
17 unverändert angenommen. Die beantragten
Reſolutionen werden zum Beſchluſſe erhoben.
Sodann werden die §§ 18 bis 20 (Ver-
fahren bei den Centralcommiſſion) in Verhand-
lung gezogen.
Der Präſident erklärt, daß hiebei die
Summe von 1·5 Millionen im § 19 bis zur
Entſcheidung über die Höhe des Nachlaſſes, welche
bei § 21 erfolgt, in suspenso bleibt.
Abg. Adamek führt an der Hand eines
großen Ziffernmateriales den Nachweis, daß man
von einer Sublevirung Böhmens bei der letzten
Grundſteuerregulirung nicht ſprechen könne. Die
Entlaſtung ſei keine ausreichende geweſen. Es ſei
der Schade nicht erſetzt worden, der Böhmen
durch die Mehrbelaſtung in Folge der Unrichtigkeiten
des Cataſters zugefügt wurde. Redner ſchildert den
Rückgang der Landwirthfchaft in Böhmen und
erklärt ſchließlich, die dortigen Landwirthe ſeien
der Anſicht, daß von dieſer Regierung und dieſem
Parlamente nichts zu erwarten ſei. (Beifall bei
den Jungtſchechen.)
Abg. Graf Falkenhayn weiſt darauf
hin, daß den Landwirthen durch die Bildung
von Berufsgenoſſenſchaften aus ihrer Mitte am
beſten zu helfen wäre. Die Regierung und das
Haus mögen darauf dringen, damit das betref-
fende Geſetz, welches eine große Wohlthat für
die Landwirthſchaft bedeute, recht bald zuſtande
komme. (Beifall.)
Abg. Oberndorfer fordert den Finanz-
miniſter auf, bei den Nachläſſen herunter-, bei
der Aufſuchung neuer Steuerquellen hinaufzu-
ſchauen. Er erklärt die Einſchätzung Niederöſter-
reichs als zu hoch und verlangt hier neuerliche
Erhebungen an Ort und Stelle.
Abg. Ritter v. Strnszkiewicz erklärt,
man könne ſeiner Partei nicht vorwerfen, daß ſie
für die Staatsfinanzen etwa nicht opferwillig
genug ſei, aber es müſſe auch verlangt werden,
daß der Staat bei einer ſolchen Lage, wie ſie
jetzt die Landwirthſchaft durchmacht, Opfer nicht
ſcheue, um ihr über dieſe ſchwere Zeit hinwegzu-
helfen. Galizien beſonders ſei übel daran und
durchaus nicht zu niedrig eingeſchätzt.
Abg. Dötz erklärt, die Grundſteuer müſſe
wenigſtens auf 25 Millionen herabgeſetzt werden,
ſonſt könne von einer Regulirung keine Rede
ſein. Er beſpricht die Bevorzugung Galiziens.
Der Finanzminiſter erklärt, gar nicht in die
Lage zu kommen, die 10percentigen Nachläſſe bei
der Grundſteuer in Folge der Perſonaleinkom-
menſteuer zu gewähren, weil alle Mehreinkünfte
durch die geſteigerten Militärforderungen in An-
ſpruch genommen werden. Redner ſtellt den An-
trag, das letzte Alinea des § 19, wonach die auf
die einzelnen Länder und Rayons dermalen ent-
fallenden Reinertragsſummen nicht erhöht werden
dürfen, zu ſtreichen.
Abg. R. v. Czaykowski ſagt, der Fi-
nanzminiſter ſei mißverſtanden worden; denn ein
Mann, dem die Bedürfniſſe aller Bevölkerungs-
ſchichten immer warm am Herzen lagen und der
Finanzmittel genug hat, um den Nothleidenden
zu Hilfe zu kommen, werde doch auch die Land-
wirthſchaft, die von einer großen Kriſis heimge-
ſucht ſei, nicht verlaſſen. Mehrere Redner haben
Galizien als reiches Land dargeſtellt, welches die
ſie in der Verwirrung ihr eigenes, lichtes
Kattunkleid.
„Nein! Was für e ung’ſchickte Perſon ich
bin!“ ſagte ſie erſchrocken. Dann aber mir frank
und frei in die Augen ſehend: „Nehmet Sie’s
nur nit übel, Herr Doctor, ich bitt’ Sie
wirklich —“
„Aber mein verehrtes Fräulein, was ſoll ich
Ihnen denn nicht übel nehmen?“
„Daß ich geſtern Abend, — ich hab’ doch
natürlich geglaubt, es ſei mein Schwager, der
da geſtanden hat — —“
„Und mit dem Sie ein Vielliebchen gegeſſen
hatten? Nein, liebes Fräulein, das nehme ich
Ihnen wahrhaftig nicht übel. Im Gegentheil,
für den Wiederholungsfall ſtelle ich mich gern
zur Dispoſition.“
Sie lachte jetzt; es war dasſelbe quellende,
naturfriſche Lachen wie in der Eiſenbahn.
„Es ſcheint faſt, daß unſer’ Bekanntſchaft
ſich unter lauter kleine Unſterne vollzieht. Erſt
habe Sie in Caſſel das Unglück gehabt, dann ich
geſtern im Hausgang, und vorhin mit dem
Begieße — hoffentlich hat es jetzt wenigſtens en
End’ mit dem Pech!“
Dabei ſtreckte ſie mir ganz kameradſchaftlich
die Hand entgegen.
Woher ich die Kühnheit nahm, weiß ich
nicht. Thatſächlich aber ergriff ich das Händchen
und küßte es herzhaft. Sie riß es mir weg und
ſah mich richtig erſchrocken an.
„Jeſſes, iſcht das aber e Mod!“
Ich beeilte mich, ihr zu verſichern, daß das
allerdings „e Mod“ in Berlin ſei, aber daß ich
ſelbſt ihr nur damit hätte meine — Pfingſtfreude
ausdrücken wollen. Wie kann ein Menſch ſolche
Dummheit reden! — Sie hielt es jedoch augen-
ſcheinlich für keine Dummheit, ſondern ſah mich
wieder ganz zutraulich und fröhlich an. —
Der Tag verging mir wie im Fluge. Hel-
mer und ſeine Frau überließen mich faſt beſtän-
dig der Führung des Schweſterchens, die zu
allem Ueberfluß auch noch Mareile beißt. Den
jüngeren Bruder hatte ſie zum Glück bei jenen
Verwandten „eine Stunde hinter Caſſel“ gelaſſen,
ſo daß er uns nicht ſtörte.
Wir gingen in dem geräumigen Garten hin
und her, ich erzählte Fräulein Mareile von
meinem einſamen, zur Hypochondrie treibenden
Junggeſellendaſein in Berlin, und ſie plauderte
in ihrer reizenden Offenheit von ſich und ihrem
harmloſen Leben. Am Nachmittag war ich ſchon
ſo weit verzaubert, daß ich mit einem Seufzer
ſagte:
„Ach, Fräulein Mareile, hätte doch Sie
meine gute Mutter noch kennen gelernt!“
Sie ſah mich verwundert an, wurde aber
dann plötzlich roth und begann mir allerhand
Allotria zu erzählen; wie in ihrem Heimatsſtädt-
chen zu Pfingſten ein Burſche, der natürlich von
gutem Humor ſein müſſe, als „Pfingſtöchſele“
maskirt und durch die Stadt geführt werde, von
allerhand Neckereien und Spottreden begleitet.
Wie er dann aber zuletzt vor der „Baumkönigin“
niederkniee, von dieſer ſymboliſch getödtet werde
und dann, die Maskerade abwerfend, mit ihr
den Ehrentanz bei dem nun beginnenden Tanz
anführe.
„Die Baumkönigin?“ fragte ich, „das iſt
wohl die Schönſte im Ort?“
„Ah nein! Blos die wo man am liebſte hat.“
„Dann waren Sie gewiß ſchon öfters
Baumkönigin, nicht wahr?“
Sie lachte über mein plumpes Compliment,
aber ſie nahm es nicht übel. Die Schweſter er-
zählte mir nachher, daß Mareile in der That
das letzte Mal Baumkönigin geweſen ſei, aber
in ihrer Beſcheidenheit nicht gern davon ſpreche.
Welche Fülle von Tugenden verbirgt ſich
hinter dieſem lieblichen Aeußeren! Nachgerade
fange ich an, dieſe Pfingſtfahrt für ein Verhäng-
niß, aber — für ein freundliches zu halten.
Marburg, 3. Pfingſttag.
Heute Abend oder ſpäteſtens morgen Früh
muß ich abreiſen. Nein, ich reiſe auf alle Fälle
morgen Früh; weshalb ſoll ich mir die Tage,
die der Götter Gunſt mir hier freundlich be-
ſcheert, verkürzen? Und außerdem: Fräulein
Mareile fährt bis Gießen mit mir zuſammen.
(Ich habe ein Rundreiſebillet über Frankfurt.)
Sie ſoll dort eine andere Profeſſorsfrau beſuchen.
„Aber ſie geht garnit gern hin,“ ſagte mir
Frau Helmer, „weil meine Tante, — was wir
e Menge Tante’ habe’, das glaube Sie garnit!
— das Mareile gar ſo gern verheirate’ möcht’.“
„Sooo?? Mit wem denn, wenn ich fragen
darf?“
„Ach, da ſind Mehrere, die ſie gern habe’
wolle’, lieber Herr Doctor.“
„Wenn ſie aber nicht gern hinfährt, ſo
laſſen Sie ſie doch hier.“
„Geht nit, geht nit! Das ſind halt ſo colle-
giale Rückſichte, die mir nehme’ müſſe! —“
Ich begreife ſo etwas nicht! Was hat die
Collegialität mit dem Mädchen zu ſchaffen? ..
Ueberhaupt, — wegſchnappen möchte ich ſie mir
denn doch nicht laſſen! Aber ich finde den Muth
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