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Das Heller-Blatt. Nr. 34. Breslau, 23. August 1834.

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Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz]
Die arabischen Pferde.

Die Araber theilen ihre Pferde in fünf große
Stämme, die alle in dem Gebirgslande Nedschd, dem
Mittelpunkt Arabiens, ihre ursprüngliche Heimath ha-
ben. Diese Stämme hat man seit den ältesten Zeiten
mit großer Sorgfalt unvermischt erhalten. Die brü-
derliche Liebe des Arabe[r]s zu seinem Rosse gründet sich
nicht blos auf den Nutzen desselben, sondern auch auf ein
altes Vorurtheil, vermöge dessen die Pferde für geisti-
gere und edlere Wesen gelten als andere Thiere. Der
Araber sagt: "nächst dem Menschen ist das Pferd das
edelste Geschöpf; die beste Beschäftigung ist, ein Pferd
zu lenken; die anmüthigste Stellung, auf Rosses Rük-
ken zu sitzen; die verdienstlichste häusliche Handlung, es
zu füttern." Mahomed nennt den Rücken des Mut-
terpferdes den Sitz der Ehre, und seinen Leib einen
unerschöpflichen Schatz: er läßt das Pferd aus dem
Südwinde geschaffen werden, zur Quelle irrdischer
Glückseligkeit und kriegerischen Ruhmes. Die arabi-
schen Pferde sind im Allgemeinen zart gebaut, aber un-
gemein ausdauernd, flink, lebhaft und von erstaunlicher
Schnelligkeit. Fast ohne Ausnahme fehlt es ihnen an
körperlichen Gebrechen; sie sind so sanft und gelehrig,
daß Weiber und Kinder sie striegeln und handhaben
können, und daß sie oft mit der Familie in demselben
Zelte schlafen. Bis ins vierte Lebensjahr werden sie
ohne Sattel geritten und nicht beschlagen. Sie können
mehrere Tage lang dürsten und werden gewöhnlich nur
mit Kameelmilch gefüttert. Die physischen Eigenschaf-
ten, die der Araber an einem Pferde vorzüglich rühmt,
sind folgende: ein langer gebogener Hals; fein gebildete
Ohren; ein kleiner Kopf; große feurige Augen; dünne
untere Kinnlade; kalte Schnauze; weite Nasenlöcher;
nicht zu breiter Bauch; sehnige Schenkel; kurze ela-
stische Ferse; harter und starker Huf; breite Brust;
hohes und abgerundetes Kreuz.



Göthe.

Johann Wolfgang von Göthe wurde geboren am
28. August 1749 in Frankfurt am Main, wo sein Va-
ter, Doktor der Rechte und kaiserlicher Rath, ein durch
seine Verbindungen mit den ersten obrigkeitlichen Perso-
nen der handels= und kunstreichen freien Reichsstadt
sehr angesehener und durch seine Geistesbildung und die
Strenge seiner Sitten sehr geachteter Mann in günsti-
gen Glücksumständen lebte. Unter der strengen Zucht
dieses Vaters, unter der liebenden Pflege seiner höchst
geistreichen Mutter, deren geniale Eigenschaften und
deren große Aehnlichkeit mit dem Sohne vielfach be-
sprochen worden, entwickelte er frühzeitig sein Genie
und die Kräftigkeit seines Gemüthes, das stets mit sei-
nen feurigen Leidenschaften im Einklange blieb. Die
[Spaltenumbruch] Vielseitigkeit seines kräftigen, genial[e]n Wirkens in
Kunst und Wissenschaft zeugt von seiner schon früh ge-
bildeten Vertrautheit mit den Musen Jtaliens, Spa-
niens, Frankreichs, Englands und des Alterthums.
Nach dem Wunsche seines Vaters ging er, mit Kennt-
nissen aller Art ausgerüstet, auf die Universität Leipzig,
nahm den Doktorhut zu Straßburg und war seit 1779
geheimer Rath und Sachsen=Weimarscher Minister.
Sein goldner Jubeltag ( 7. November 1825 ) wurde be-
sonders vom Weimarschen Hofe mit würdigem
Glanze gefeiert. Nachdem er die Direktion des Wei-
marschen Theaters aufgegeben hatte, zog er sich nach
Jena zurück und lebte dort mit wenigen seiner Freunde
in einem innigen Verhältnisse seiner Muse. Eine
schwere Krankheit brachte ihn dem Tode nahe und das
große Jnteresse, welches ganz Deutschland an seinem
greisen Dichterfürsten nahm, war der lebendigste Be-
weis, wie theuer er seiner Mitwelt war, und die Be-
reitwilligkeit, mit welcher schon früher alle deutschen
Fürsten sein Gesuch, die vollständige Ausgabe seiner
Werke vor dem Nachdruck zu schützen, erfüllten, zeugte
von der Achtung, mit welcher auch sie den Genius ehr-
ten. Seit seiner Herstellung lebte er zu Weimar im
Kreise der Familie seines Sohnes, des Kammerrathes
v. Göthe, nur für seine Freunde und sah selten Fremde.
Aber trotz der seltensten Kräftigkeit und einer Gesund-
heit, wie sie nicht oft Greisen zu Theil wird, sollte er
doch noch im hohen Alter den großen Schmerz erleben,
seinen einzigen Sohn, den obengenannten Kammerrath
v. Göthe zu verlieren. Er starb in Rom 1830. Dieser
Schlag schien sein starkes Herz schwer zu treffen und er
folgte dem vorangengangenen Sohne am 22. März 1832,
Vormittags halb 12 Uhr, noch dreitägigem Katarrhal-
fieber, in einem Alter von 72 Jahren und 7 Monaten,
nachdem er - laut dem Berichte aus Weimar - fünf-
undfunfzig Jahr der Stolz und die Freude dieser Stadt
gewesen war. Sein Entschlummern war sanst und
schön; er hinterließ drei Enkel und die Gattin seines
Sohnes, eine geborne v. Pogwisch. Allgemein war
die Trauer, welche die Todesnachricht verdreitete, man
fühlte es tief, daß Deutschlands größester lebende Dich-
ter gestorben sei. Sein Begräbniß wurde mit würdiger
Pracht gefeiert und seine irrdischen Ueberreste ruhen in
der großherzoglichen Begräbnißkapelle, wo auch Schiller
begraben ist. Das Theater, welches in Rücksicht auf
das trauervolle Ereigniß geschlossen war, wurde an
diesem Tage zur Nachfeier mit der Aufführung seines
Tasso wieder eröffnet. - Wir wollen den uns noch
vergönnten Raum keineswegs mit Aufzählung seiner
zahlreichen Schriften füllen; die Mitwelt hat ihn als
den größten Lyriker, Kritiker und Tragöden anerkannt,
die Nachwelt aber erst wird ihn ganz verstehen und be-
wundern. Die vollständige Ausgabe seiner Werke er-
schien 1828 bei Cotta in Tübingen. Nur noch zwei
Zeugnisse geschätzter Männer über ihn, mögen hier
[Ende Spaltensatz]

Das Heller=Blatt.
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Die arabischen Pferde.

Die Araber theilen ihre Pferde in fünf große
Stämme, die alle in dem Gebirgslande Nedschd, dem
Mittelpunkt Arabiens, ihre ursprüngliche Heimath ha-
ben. Diese Stämme hat man seit den ältesten Zeiten
mit großer Sorgfalt unvermischt erhalten. Die brü-
derliche Liebe des Arabe[r]s zu seinem Rosse gründet sich
nicht blos auf den Nutzen desselben, sondern auch auf ein
altes Vorurtheil, vermöge dessen die Pferde für geisti-
gere und edlere Wesen gelten als andere Thiere. Der
Araber sagt: „nächst dem Menschen ist das Pferd das
edelste Geschöpf; die beste Beschäftigung ist, ein Pferd
zu lenken; die anmüthigste Stellung, auf Rosses Rük-
ken zu sitzen; die verdienstlichste häusliche Handlung, es
zu füttern.“ Mahomed nennt den Rücken des Mut-
terpferdes den Sitz der Ehre, und seinen Leib einen
unerschöpflichen Schatz: er läßt das Pferd aus dem
Südwinde geschaffen werden, zur Quelle irrdischer
Glückseligkeit und kriegerischen Ruhmes. Die arabi-
schen Pferde sind im Allgemeinen zart gebaut, aber un-
gemein ausdauernd, flink, lebhaft und von erstaunlicher
Schnelligkeit. Fast ohne Ausnahme fehlt es ihnen an
körperlichen Gebrechen; sie sind so sanft und gelehrig,
daß Weiber und Kinder sie striegeln und handhaben
können, und daß sie oft mit der Familie in demselben
Zelte schlafen. Bis ins vierte Lebensjahr werden sie
ohne Sattel geritten und nicht beschlagen. Sie können
mehrere Tage lang dürsten und werden gewöhnlich nur
mit Kameelmilch gefüttert. Die physischen Eigenschaf-
ten, die der Araber an einem Pferde vorzüglich rühmt,
sind folgende: ein langer gebogener Hals; fein gebildete
Ohren; ein kleiner Kopf; große feurige Augen; dünne
untere Kinnlade; kalte Schnauze; weite Nasenlöcher;
nicht zu breiter Bauch; sehnige Schenkel; kurze ela-
stische Ferse; harter und starker Huf; breite Brust;
hohes und abgerundetes Kreuz.



Göthe.

Johann Wolfgang von Göthe wurde geboren am
28. August 1749 in Frankfurt am Main, wo sein Va-
ter, Doktor der Rechte und kaiserlicher Rath, ein durch
seine Verbindungen mit den ersten obrigkeitlichen Perso-
nen der handels= und kunstreichen freien Reichsstadt
sehr angesehener und durch seine Geistesbildung und die
Strenge seiner Sitten sehr geachteter Mann in günsti-
gen Glücksumständen lebte. Unter der strengen Zucht
dieses Vaters, unter der liebenden Pflege seiner höchst
geistreichen Mutter, deren geniale Eigenschaften und
deren große Aehnlichkeit mit dem Sohne vielfach be-
sprochen worden, entwickelte er frühzeitig sein Genie
und die Kräftigkeit seines Gemüthes, das stets mit sei-
nen feurigen Leidenschaften im Einklange blieb. Die
[Spaltenumbruch] Vielseitigkeit seines kräftigen, genial[e]n Wirkens in
Kunst und Wissenschaft zeugt von seiner schon früh ge-
bildeten Vertrautheit mit den Musen Jtaliens, Spa-
niens, Frankreichs, Englands und des Alterthums.
Nach dem Wunsche seines Vaters ging er, mit Kennt-
nissen aller Art ausgerüstet, auf die Universität Leipzig,
nahm den Doktorhut zu Straßburg und war seit 1779
geheimer Rath und Sachsen=Weimarscher Minister.
Sein goldner Jubeltag ( 7. November 1825 ) wurde be-
sonders vom Weimarschen Hofe mit würdigem
Glanze gefeiert. Nachdem er die Direktion des Wei-
marschen Theaters aufgegeben hatte, zog er sich nach
Jena zurück und lebte dort mit wenigen seiner Freunde
in einem innigen Verhältnisse seiner Muse. Eine
schwere Krankheit brachte ihn dem Tode nahe und das
große Jnteresse, welches ganz Deutschland an seinem
greisen Dichterfürsten nahm, war der lebendigste Be-
weis, wie theuer er seiner Mitwelt war, und die Be-
reitwilligkeit, mit welcher schon früher alle deutschen
Fürsten sein Gesuch, die vollständige Ausgabe seiner
Werke vor dem Nachdruck zu schützen, erfüllten, zeugte
von der Achtung, mit welcher auch sie den Genius ehr-
ten. Seit seiner Herstellung lebte er zu Weimar im
Kreise der Familie seines Sohnes, des Kammerrathes
v. Göthe, nur für seine Freunde und sah selten Fremde.
Aber trotz der seltensten Kräftigkeit und einer Gesund-
heit, wie sie nicht oft Greisen zu Theil wird, sollte er
doch noch im hohen Alter den großen Schmerz erleben,
seinen einzigen Sohn, den obengenannten Kammerrath
v. Göthe zu verlieren. Er starb in Rom 1830. Dieser
Schlag schien sein starkes Herz schwer zu treffen und er
folgte dem vorangengangenen Sohne am 22. März 1832,
Vormittags halb 12 Uhr, noch dreitägigem Katarrhal-
fieber, in einem Alter von 72 Jahren und 7 Monaten,
nachdem er – laut dem Berichte aus Weimar – fünf-
undfunfzig Jahr der Stolz und die Freude dieser Stadt
gewesen war. Sein Entschlummern war sanst und
schön; er hinterließ drei Enkel und die Gattin seines
Sohnes, eine geborne v. Pogwisch. Allgemein war
die Trauer, welche die Todesnachricht verdreitete, man
fühlte es tief, daß Deutschlands größester lebende Dich-
ter gestorben sei. Sein Begräbniß wurde mit würdiger
Pracht gefeiert und seine irrdischen Ueberreste ruhen in
der großherzoglichen Begräbnißkapelle, wo auch Schiller
begraben ist. Das Theater, welches in Rücksicht auf
das trauervolle Ereigniß geschlossen war, wurde an
diesem Tage zur Nachfeier mit der Aufführung seines
Tasso wieder eröffnet. – Wir wollen den uns noch
vergönnten Raum keineswegs mit Aufzählung seiner
zahlreichen Schriften füllen; die Mitwelt hat ihn als
den größten Lyriker, Kritiker und Tragöden anerkannt,
die Nachwelt aber erst wird ihn ganz verstehen und be-
wundern. Die vollständige Ausgabe seiner Werke er-
schien 1828 bei Cotta in Tübingen. Nur noch zwei
Zeugnisse geschätzter Männer über ihn, mögen hier
[Ende Spaltensatz]

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Seit seiner Herstellung lebte er zu Weimar im Kreise der Familie seines Sohnes, des Kammerrathes v. Göthe, nur für seine Freunde und sah selten Fremde. Aber trotz der seltensten Kräftigkeit und einer Gesund- heit, wie sie nicht oft Greisen zu Theil wird, sollte er doch noch im hohen Alter den großen Schmerz erleben, seinen einzigen Sohn, den obengenannten Kammerrath v. Göthe zu verlieren. Er starb in Rom 1830. Dieser Schlag schien sein starkes Herz schwer zu treffen und er folgte dem vorangengangenen Sohne am 22. März 1832, Vormittags halb 12 Uhr, noch dreitägigem Katarrhal- fieber, in einem Alter von 72 Jahren und 7 Monaten, nachdem er – laut dem Berichte aus Weimar – fünf- undfunfzig Jahr der Stolz und die Freude dieser Stadt gewesen war. Sein Entschlummern war sanst und schön; er hinterließ drei Enkel und die Gattin seines Sohnes, eine geborne v. Pogwisch. Allgemein war die Trauer, welche die Todesnachricht verdreitete, man fühlte es tief, daß Deutschlands größester lebende Dich- ter gestorben sei. Sein Begräbniß wurde mit würdiger Pracht gefeiert und seine irrdischen Ueberreste ruhen in der großherzoglichen Begräbnißkapelle, wo auch Schiller begraben ist. Das Theater, welches in Rücksicht auf das trauervolle Ereigniß geschlossen war, wurde an diesem Tage zur Nachfeier mit der Aufführung seines Tasso wieder eröffnet. – Wir wollen den uns noch vergönnten Raum keineswegs mit Aufzählung seiner zahlreichen Schriften füllen; die Mitwelt hat ihn als den größten Lyriker, Kritiker und Tragöden anerkannt, die Nachwelt aber erst wird ihn ganz verstehen und be- wundern. Die vollständige Ausgabe seiner Werke er- schien 1828 bei Cotta in Tübingen. Nur noch zwei Zeugnisse geschätzter Männer über ihn, mögen hier

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Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 34. Breslau, 23. August 1834, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller34_1834/3>, abgerufen am 24.11.2024.