Das Heller-Blatt. Nr. 26. Breslau, 28. Juni 1834.Das Heller=Blatt. [Beginn Spaltensatz]
sten Grad seiner mechanischen Geschicklichkeit anstaunen.Paganini ist hager, seine Gesichtszüge sind bleich, scharf eingeschnitten, das Auge glüht in einem dunkeln, wie- wohl schon etwas erloschenen Feuer, die Augenbrau- nen sind finster, die Stirn hoch, von schwarzem lang- [Spaltenumbruch] lockigen Haar umwallt, die Nase römisch gebogen. Um die Lippen schwebt ein seltsames Lächeln, welches bis- weilen etwas Unheimliches hat. Das ganze Auftreten P's, die hagere Gestalt, das bleiche Gesicht, der leise Gang, macht einen äußerst auffallenden Eindruck, noch [Ende Spaltensatz] [Abbildung] Nicolo Paganini. [Beginn Spaltensatz] bevor man einen Begriff von seiner Kunst erhalten hat. Ehe er die Violine berührt, erscheint er so gebrechlich, so erschöpft und hinfällig, daß man glauben sollte, er würde, unfähig sich auf den Füßen zu halten, kraftlos zusammensinken. Aber sobald sein Bogen die Saiten berührt, durchzuckt ihn gleichsam ein elektrischer Fun- ken und durchdringt ihn mit neuen Lebenskräften; die schlaffen Muskeln bekommen eine unglaubliche Spann- kraft, er führt den Bogen mit einer unbegreiflichen Schnelligkeit und Kühnheit, ja, bisweilen in so küh- nen energischen Strichen, daß er die Luft wie mit ei- [Spaltenumbruch] nem Schwert zu theilen scheint; dabei setzen die Finger seiner linken Hand mit eherner Festigkeit auf das Griff- brett auf, kurz, ein neues Feuer des Prometheus durchflammt ihn mit wunderbarer Kraft. Auf diese Anstrengung folgt aber völlige Ermattung. P's Kompositionen sind bisher nicht im Druck er- Expedition des Heller=Blattes zu Breslau, Ring Nr. 51. Verantwortlicher Redacteur: Theodor Brand. Steindruck von Wilhelm Steinmetz. Buchdruck von Heinrich Richter. Das Heller=Blatt. [Beginn Spaltensatz]
sten Grad seiner mechanischen Geschicklichkeit anstaunen.Paganini ist hager, seine Gesichtszüge sind bleich, scharf eingeschnitten, das Auge glüht in einem dunkeln, wie- wohl schon etwas erloschenen Feuer, die Augenbrau- nen sind finster, die Stirn hoch, von schwarzem lang- [Spaltenumbruch] lockigen Haar umwallt, die Nase römisch gebogen. Um die Lippen schwebt ein seltsames Lächeln, welches bis- weilen etwas Unheimliches hat. Das ganze Auftreten P's, die hagere Gestalt, das bleiche Gesicht, der leise Gang, macht einen äußerst auffallenden Eindruck, noch [Ende Spaltensatz] [Abbildung] Nicolo Paganini. [Beginn Spaltensatz] bevor man einen Begriff von seiner Kunst erhalten hat. Ehe er die Violine berührt, erscheint er so gebrechlich, so erschöpft und hinfällig, daß man glauben sollte, er würde, unfähig sich auf den Füßen zu halten, kraftlos zusammensinken. Aber sobald sein Bogen die Saiten berührt, durchzuckt ihn gleichsam ein elektrischer Fun- ken und durchdringt ihn mit neuen Lebenskräften; die schlaffen Muskeln bekommen eine unglaubliche Spann- kraft, er führt den Bogen mit einer unbegreiflichen Schnelligkeit und Kühnheit, ja, bisweilen in so küh- nen energischen Strichen, daß er die Luft wie mit ei- [Spaltenumbruch] nem Schwert zu theilen scheint; dabei setzen die Finger seiner linken Hand mit eherner Festigkeit auf das Griff- brett auf, kurz, ein neues Feuer des Prometheus durchflammt ihn mit wunderbarer Kraft. Auf diese Anstrengung folgt aber völlige Ermattung. P's Kompositionen sind bisher nicht im Druck er- Expedition des Heller=Blattes zu Breslau, Ring Nr. 51. Verantwortlicher Redacteur: Theodor Brand. Steindruck von Wilhelm Steinmetz. Buchdruck von Heinrich Richter. <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <p><pb facs="#f0008" n="208"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Das Heller=Blatt.</hi></fw><cb type="start"/> sten Grad seiner mechanischen Geschicklichkeit anstaunen.<lb/> Paganini ist hager, seine Gesichtszüge sind bleich, scharf<lb/> eingeschnitten, das Auge glüht in einem dunkeln, wie-<lb/> wohl schon etwas erloschenen Feuer, die Augenbrau-<lb/> nen sind finster, die Stirn hoch, von schwarzem lang-<lb/><cb n="2"/> lockigen Haar umwallt, die Nase römisch gebogen. Um<lb/> die Lippen schwebt ein seltsames Lächeln, welches bis-<lb/> weilen etwas Unheimliches hat. Das ganze Auftreten<lb/> P's, die hagere Gestalt, das bleiche Gesicht, der leise<lb/> Gang, macht einen äußerst auffallenden Eindruck, noch<lb/><cb type="end"/> <figure><p><hi rendition="#c #g">Nicolo Paganini.</hi></p></figure><lb/><cb type="start"/> bevor man einen Begriff von seiner Kunst erhalten hat.<lb/> Ehe er die Violine berührt, erscheint er so gebrechlich,<lb/> so erschöpft und hinfällig, daß man glauben sollte, er<lb/> würde, unfähig sich auf den Füßen zu halten, kraftlos<lb/> zusammensinken. Aber sobald sein Bogen die Saiten<lb/> berührt, durchzuckt ihn gleichsam ein elektrischer Fun-<lb/> ken und durchdringt ihn mit neuen Lebenskräften; die<lb/> schlaffen Muskeln bekommen eine unglaubliche Spann-<lb/> kraft, er führt den Bogen mit einer unbegreiflichen<lb/> Schnelligkeit und Kühnheit, ja, bisweilen in so küh-<lb/> nen energischen Strichen, daß er die Luft wie mit ei-<lb/><cb n="2"/> nem Schwert zu theilen scheint; dabei setzen die Finger<lb/> seiner linken Hand mit eherner Festigkeit auf das Griff-<lb/> brett auf, kurz, ein neues Feuer des Prometheus<lb/> durchflammt ihn mit wunderbarer Kraft. Auf diese<lb/> Anstrengung folgt aber völlige Ermattung.</p><lb/> <p>P's Kompositionen sind bisher nicht im Druck er-<lb/> schienen, und er scheint dieselbe mit großer Geheimniß-<lb/> krämerei zu verbergen. Er verdient viel Geld und ver-<lb/> spielt es in der Regel wieder, im Umgange mit andern<lb/> zeigt er sich bisweilen schmutzig geizig. -- Paganini<lb/> hält sich jetzt in England auf.</p> </div><lb/> <cb type="end"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> <back> <div type="imprint" n="1"> <p> <hi rendition="#c #g">Expedition des Heller=Blattes zu Breslau, Ring Nr. 51.<lb/> ( Heinrich Richter. )</hi> </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p> <hi rendition="#c">Verantwortlicher Redacteur: <hi rendition="#g">Theodor Brand.</hi></hi> </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Steindruck von <hi rendition="#g">Wilhelm Steinmetz.</hi> <space dim="horizontal"/> Buchdruck von <hi rendition="#g">Heinrich Richter.</hi></p> </div><lb/> </back> </text> </TEI> [208/0008]
Das Heller=Blatt.
sten Grad seiner mechanischen Geschicklichkeit anstaunen.
Paganini ist hager, seine Gesichtszüge sind bleich, scharf
eingeschnitten, das Auge glüht in einem dunkeln, wie-
wohl schon etwas erloschenen Feuer, die Augenbrau-
nen sind finster, die Stirn hoch, von schwarzem lang-
lockigen Haar umwallt, die Nase römisch gebogen. Um
die Lippen schwebt ein seltsames Lächeln, welches bis-
weilen etwas Unheimliches hat. Das ganze Auftreten
P's, die hagere Gestalt, das bleiche Gesicht, der leise
Gang, macht einen äußerst auffallenden Eindruck, noch
[Abbildung Nicolo Paganini. ]
bevor man einen Begriff von seiner Kunst erhalten hat.
Ehe er die Violine berührt, erscheint er so gebrechlich,
so erschöpft und hinfällig, daß man glauben sollte, er
würde, unfähig sich auf den Füßen zu halten, kraftlos
zusammensinken. Aber sobald sein Bogen die Saiten
berührt, durchzuckt ihn gleichsam ein elektrischer Fun-
ken und durchdringt ihn mit neuen Lebenskräften; die
schlaffen Muskeln bekommen eine unglaubliche Spann-
kraft, er führt den Bogen mit einer unbegreiflichen
Schnelligkeit und Kühnheit, ja, bisweilen in so küh-
nen energischen Strichen, daß er die Luft wie mit ei-
nem Schwert zu theilen scheint; dabei setzen die Finger
seiner linken Hand mit eherner Festigkeit auf das Griff-
brett auf, kurz, ein neues Feuer des Prometheus
durchflammt ihn mit wunderbarer Kraft. Auf diese
Anstrengung folgt aber völlige Ermattung.
P's Kompositionen sind bisher nicht im Druck er-
schienen, und er scheint dieselbe mit großer Geheimniß-
krämerei zu verbergen. Er verdient viel Geld und ver-
spielt es in der Regel wieder, im Umgange mit andern
zeigt er sich bisweilen schmutzig geizig. -- Paganini
hält sich jetzt in England auf.
Expedition des Heller=Blattes zu Breslau, Ring Nr. 51.
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Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
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