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Das Heller-Blatt. Nr. 15. Breslau, 12. April 1834.

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Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] zogenen Pflanzen, ebenfalls Geflechte gemacht, nach
der von der Erfinderin erhaltenen Mittheilung ihrer
Behandlung, und man fand, daß deren Anwendbarkeit
zur Strohhut=Fabrikation sich wirklich bestätigte.

Nun wurde die Sache unverzüglich weiter verfolgt,
und insbesondere wählte sie ein Herr William Cob-
bett
zum Gegenstande seiner Untersuchungen. Er zog
nicht allein die genauesten Erkundigungen über das Ver-
fahren, das nordamerikanische Gras zu schneiden und
zu bleichen, ein, und versuchte dessen Ausführung, son-
dern er verbesserte dasselbe wesentlich, und ging dem-
nächst zu Versuchen über, mehrere andere einheimische
Grasarten gleichfalls zur Strohgeflecht=Fabrikation
anzuwenden. Die von ihm versuchten Gräser sind, au-
ßer Waitzen: blaues Perlgras, Windhalm, Lolch,
Goldhafer, gemeines Kammgras und Ruchgras. Alle
diese Gräser gaben brauchbare Geflechte.

Es kommt, nach den von Cobbett gemachten Er-
fahrungen, hauptsachlich darauf an, das Gras bei der
Bleiche gehörig zu behandeln. Hierüber gehen die An-
gaben der Mistreß Wells dahin: Sie schneidet das
Gras von der Zeit der Blüthe an, bis fast zur Reife
des Saamens, nur der Theil wird gebraucht, der sich
zwischen dem obern Gliede und der Spitze befindet.
Auf diesen gießt sie kochendes Wasser und trocknet ihn
dann in der Sonne. Diese Operation wiederholt sie
ein oder zwei Mal, oder bis die Blätter, welche den
Halm einschließen, abgehn. Dann bleicht sie ihn fol-
gendergestallt: zuerst bereitet sie Seifwasser, in welchem
sie Perlasche auflößt, bis diese vorschmeckt. Mit die-
ser Auflösung befeuchtet sie das Gras, und stellt es
dann aufrecht in einen Kasten. Hierauf verbrennt sie
Schwefel in einem kleinen erhitzten Kessel oder in einer
Schaale mit Kohlen, und bedeckt den Kasten mit Tü-
chern, um den Dampf einzuschließen. Diese Schwefe-
lung wird fortgesetzt, bis das mit der Seiflauge be-
netzte Gras trocken ist, wozu etwa 2 Stunden gehören.
Während dieser Operation muß der erhitzte Kessel, oder
die Schaale, ein oder zwei Mal gefüllt werden. Das
Gras ist nun zum Flechten zubereitet. Man sieht, daß
es nur eine einfache Behandlung erfordert, wozu sich
die Gefäße in jeder Haushaltung finden, mithin jede
Bäuerin das Gras leicht würde bereiten können.

Herr Cobbett hat das obige Verfahren darin
erweitert, daß er das Gras, in Bündel gebunden, in
eine kleine Kufe legte, und kochendes Wasser darüber
goß, bis es davon bedeckt war. Hierin ließ er es 10 Mi-
nuten liegen, dann nahm er es heraus, und breitete
es auf einem tief abgemäheten Rasenplatze aus, so daß
kein Grashalm den andern bedeckte. Nach sieben Ta-
gen war die Bleiche vollendet. - Der Monat Juni
taugt am besten zum Schneiden und Bleichen des Gra-
ses; doch hat er auch Halme im August geschnitten.

Nach diesem Verfahren sind in England, haupt-
sächlich aus Kammgras, dann aus Wiesen=Fuchs-
[Spaltenumbruch] schwanz, sehr schöne Hüte verfertigt worden, die den
italienischen fast gar nicht nachstanden.

Der Werth der italienischen Strohhüte hängt
hauptsächlich von drei Umständen ab:

Erstens von der Feinheit der Flechte. Diese hängt
von der Feinheit des Strohes ab. Je dünner das
Stroh, je feiner es ist, um so schmaler wird die Flechte
seyn, und um so größer die davon erforderliche Anzahl,
um einen Hut von einem gegebenen Durchmesser zu-
sammenzusetzen. Daher die größere Kostbarkeit desselben.

Der zweite zu beachtende Umstand ist die Gleich-
heit und Regelmäßigkeit des Geflechts, welche zum
Theil von der gleichen Dicke des angewendeten Strohes,
und dann von der Genauigkeit in der Behandlung ab-
hängen, die nur durch Mühe, Uebung und natürliche
Geschicklichkeit erlangt werden kann. Jn dieser Be-
ziehung übertrafen die itatienischen Strohhüte bei wei-
tem noch die mehresten Proben aus Grasarten, in wel-
chen das Geflecht noch sichtbarlich ungleich war; eine
Unvollkommenheit, die in der Folge durch ein sorgfäl-
tigeres Sortiren der Halme vermieden werden kann.

Der dritte Punkt ist die Farbe. Diese ist zwar
in den italienischen Hüten unter einander auch verschie-
den, aber unter den nachgemachten Probehüten un-
gleich bunter.

Jm Allgemeinen ist hinreichend erwiesen, daß ins-
besondere die Halme des Kammgrases ein zur Stroh-
flechterei sehr brauchbares Material abgeben, das feinere
Geflechte liefert, als das in den italienischen Hüten im
Durchschnitt ist, und daß die Mängel in dem Gewebe
und der Farbe, durch Uebung und Erfahrung bald be-
seitigt seyn werden.

Da nun in Berlin in dem Louisenstifte Proben von
Hüten aus Grasgeflechten gemacht worden, und gut
ausgefallen sind, so wird hoffentlich dieser neue Er-
werbszweig auch anderwärts begierig ergriffen werden.
So viel ist wenigstens durch den kleinen Versuch immer
erwiesen: daß zur Strohhut=Fabrikation, die Halme
von einheimischen Gräsern sich vortheilhaft werden an-
wenden lassen, und somit ist wohl der Werth und die
Nützlichkeit der Sache in ökonomischer und gewerblicher
Beziehung für das Land, nicht in Zweifel zu ziehn.



Walter Scott.

Fast gleichzeitig mit van der Veldes deutschen ro-
mantischen Erzählungen, begann Walter Scott seinen
Ciklus schottischer Novellen, die, bald ins Deutsche
übersetzt, wohl manchem der Leser dieses Blattes einen
genußreichen Abend verschafften.

Walter Scott war 1771 zu Edinburg in Schott-
land geboren, und wurde wegen seines schwachen Kör-
perbaus, verbunden mit einer Lähmung, fast größten-
theils im elterlichen Hause erzogen und unterrichtet,
[Ende Spaltensatz]

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] zogenen Pflanzen, ebenfalls Geflechte gemacht, nach
der von der Erfinderin erhaltenen Mittheilung ihrer
Behandlung, und man fand, daß deren Anwendbarkeit
zur Strohhut=Fabrikation sich wirklich bestätigte.

Nun wurde die Sache unverzüglich weiter verfolgt,
und insbesondere wählte sie ein Herr William Cob-
bett
zum Gegenstande seiner Untersuchungen. Er zog
nicht allein die genauesten Erkundigungen über das Ver-
fahren, das nordamerikanische Gras zu schneiden und
zu bleichen, ein, und versuchte dessen Ausführung, son-
dern er verbesserte dasselbe wesentlich, und ging dem-
nächst zu Versuchen über, mehrere andere einheimische
Grasarten gleichfalls zur Strohgeflecht=Fabrikation
anzuwenden. Die von ihm versuchten Gräser sind, au-
ßer Waitzen: blaues Perlgras, Windhalm, Lolch,
Goldhafer, gemeines Kammgras und Ruchgras. Alle
diese Gräser gaben brauchbare Geflechte.

Es kommt, nach den von Cobbett gemachten Er-
fahrungen, hauptsachlich darauf an, das Gras bei der
Bleiche gehörig zu behandeln. Hierüber gehen die An-
gaben der Mistreß Wells dahin: Sie schneidet das
Gras von der Zeit der Blüthe an, bis fast zur Reife
des Saamens, nur der Theil wird gebraucht, der sich
zwischen dem obern Gliede und der Spitze befindet.
Auf diesen gießt sie kochendes Wasser und trocknet ihn
dann in der Sonne. Diese Operation wiederholt sie
ein oder zwei Mal, oder bis die Blätter, welche den
Halm einschließen, abgehn. Dann bleicht sie ihn fol-
gendergestallt: zuerst bereitet sie Seifwasser, in welchem
sie Perlasche auflößt, bis diese vorschmeckt. Mit die-
ser Auflösung befeuchtet sie das Gras, und stellt es
dann aufrecht in einen Kasten. Hierauf verbrennt sie
Schwefel in einem kleinen erhitzten Kessel oder in einer
Schaale mit Kohlen, und bedeckt den Kasten mit Tü-
chern, um den Dampf einzuschließen. Diese Schwefe-
lung wird fortgesetzt, bis das mit der Seiflauge be-
netzte Gras trocken ist, wozu etwa 2 Stunden gehören.
Während dieser Operation muß der erhitzte Kessel, oder
die Schaale, ein oder zwei Mal gefüllt werden. Das
Gras ist nun zum Flechten zubereitet. Man sieht, daß
es nur eine einfache Behandlung erfordert, wozu sich
die Gefäße in jeder Haushaltung finden, mithin jede
Bäuerin das Gras leicht würde bereiten können.

Herr Cobbett hat das obige Verfahren darin
erweitert, daß er das Gras, in Bündel gebunden, in
eine kleine Kufe legte, und kochendes Wasser darüber
goß, bis es davon bedeckt war. Hierin ließ er es 10 Mi-
nuten liegen, dann nahm er es heraus, und breitete
es auf einem tief abgemäheten Rasenplatze aus, so daß
kein Grashalm den andern bedeckte. Nach sieben Ta-
gen war die Bleiche vollendet. – Der Monat Juni
taugt am besten zum Schneiden und Bleichen des Gra-
ses; doch hat er auch Halme im August geschnitten.

Nach diesem Verfahren sind in England, haupt-
sächlich aus Kammgras, dann aus Wiesen=Fuchs-
[Spaltenumbruch] schwanz, sehr schöne Hüte verfertigt worden, die den
italienischen fast gar nicht nachstanden.

Der Werth der italienischen Strohhüte hängt
hauptsächlich von drei Umständen ab:

Erstens von der Feinheit der Flechte. Diese hängt
von der Feinheit des Strohes ab. Je dünner das
Stroh, je feiner es ist, um so schmaler wird die Flechte
seyn, und um so größer die davon erforderliche Anzahl,
um einen Hut von einem gegebenen Durchmesser zu-
sammenzusetzen. Daher die größere Kostbarkeit desselben.

Der zweite zu beachtende Umstand ist die Gleich-
heit und Regelmäßigkeit des Geflechts, welche zum
Theil von der gleichen Dicke des angewendeten Strohes,
und dann von der Genauigkeit in der Behandlung ab-
hängen, die nur durch Mühe, Uebung und natürliche
Geschicklichkeit erlangt werden kann. Jn dieser Be-
ziehung übertrafen die itatienischen Strohhüte bei wei-
tem noch die mehresten Proben aus Grasarten, in wel-
chen das Geflecht noch sichtbarlich ungleich war; eine
Unvollkommenheit, die in der Folge durch ein sorgfäl-
tigeres Sortiren der Halme vermieden werden kann.

Der dritte Punkt ist die Farbe. Diese ist zwar
in den italienischen Hüten unter einander auch verschie-
den, aber unter den nachgemachten Probehüten un-
gleich bunter.

Jm Allgemeinen ist hinreichend erwiesen, daß ins-
besondere die Halme des Kammgrases ein zur Stroh-
flechterei sehr brauchbares Material abgeben, das feinere
Geflechte liefert, als das in den italienischen Hüten im
Durchschnitt ist, und daß die Mängel in dem Gewebe
und der Farbe, durch Uebung und Erfahrung bald be-
seitigt seyn werden.

Da nun in Berlin in dem Louisenstifte Proben von
Hüten aus Grasgeflechten gemacht worden, und gut
ausgefallen sind, so wird hoffentlich dieser neue Er-
werbszweig auch anderwärts begierig ergriffen werden.
So viel ist wenigstens durch den kleinen Versuch immer
erwiesen: daß zur Strohhut=Fabrikation, die Halme
von einheimischen Gräsern sich vortheilhaft werden an-
wenden lassen, und somit ist wohl der Werth und die
Nützlichkeit der Sache in ökonomischer und gewerblicher
Beziehung für das Land, nicht in Zweifel zu ziehn.



Walter Scott.

Fast gleichzeitig mit van der Veldes deutschen ro-
mantischen Erzählungen, begann Walter Scott seinen
Ciklus schottischer Novellen, die, bald ins Deutsche
übersetzt, wohl manchem der Leser dieses Blattes einen
genußreichen Abend verschafften.

Walter Scott war 1771 zu Edinburg in Schott-
land geboren, und wurde wegen seines schwachen Kör-
perbaus, verbunden mit einer Lähmung, fast größten-
theils im elterlichen Hause erzogen und unterrichtet,
[Ende Spaltensatz]

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Diese Schwefe- lung wird fortgesetzt, bis das mit der Seiflauge be- netzte Gras trocken ist, wozu etwa 2 Stunden gehören. Während dieser Operation muß der erhitzte Kessel, oder die Schaale, ein oder zwei Mal gefüllt werden. Das Gras ist nun zum Flechten zubereitet. Man sieht, daß es nur eine einfache Behandlung erfordert, wozu sich die Gefäße in jeder Haushaltung finden, mithin jede Bäuerin das Gras leicht würde bereiten können. Herr Cobbett hat das obige Verfahren darin erweitert, daß er das Gras, in Bündel gebunden, in eine kleine Kufe legte, und kochendes Wasser darüber goß, bis es davon bedeckt war. Hierin ließ er es 10 Mi- nuten liegen, dann nahm er es heraus, und breitete es auf einem tief abgemäheten Rasenplatze aus, so daß kein Grashalm den andern bedeckte. Nach sieben Ta- gen war die Bleiche vollendet. – Der Monat Juni taugt am besten zum Schneiden und Bleichen des Gra- ses; doch hat er auch Halme im August geschnitten. 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Jn dieser Be- ziehung übertrafen die itatienischen Strohhüte bei wei- tem noch die mehresten Proben aus Grasarten, in wel- chen das Geflecht noch sichtbarlich ungleich war; eine Unvollkommenheit, die in der Folge durch ein sorgfäl- tigeres Sortiren der Halme vermieden werden kann. Der dritte Punkt ist die Farbe. Diese ist zwar in den italienischen Hüten unter einander auch verschie- den, aber unter den nachgemachten Probehüten un- gleich bunter. Jm Allgemeinen ist hinreichend erwiesen, daß ins- besondere die Halme des Kammgrases ein zur Stroh- flechterei sehr brauchbares Material abgeben, das feinere Geflechte liefert, als das in den italienischen Hüten im Durchschnitt ist, und daß die Mängel in dem Gewebe und der Farbe, durch Uebung und Erfahrung bald be- seitigt seyn werden. Da nun in Berlin in dem Louisenstifte Proben von Hüten aus Grasgeflechten gemacht worden, und gut ausgefallen sind, so wird hoffentlich dieser neue Er- werbszweig auch anderwärts begierig ergriffen werden. 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Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 15. Breslau, 12. April 1834, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller15_1834/7>, abgerufen am 21.11.2024.