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Das Heller-Blatt. Nr. 9. Breslau, 29. März 1834.

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Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz]
Die Karthause bei Pavia.

Die Karthause bei Pavia, von der wir hier eine
Abbildung sehn, welche durch Napoleon aufgehoben,
und deren Kloster in ein Schloß verwandelt wurde, ist
eins der prächtigsten Gebäude Jtaliens, und die ehe-
malige Klosterkirche, die auch gegenwärtig ihrer ur-
sprünglichen Bestimmung geweiht ist, fesselt noch jetzt
die Reisenden. Die schönen architectonischen Formen
des Gebäudes sind eben so bewundernswerth, als seine
Größe in Erstaunen setzt. Der Hof ist von einem Säu-
lengange, der 5280 Fuß im Umfange hat, und auf das
prächtigste geziert und mit Blei gedeckt ist, umgeben.
Das Kloster, jetzt Schloß, war für die Mönche höchst
bequem eingerichtet, und strahlte voll Herrlichkeit.
[Spaltenumbruch] Jetzt ist es anders, und die Barbarei der Menschen hat
dafür gesorgt, daß nur noch das Aeußere des Klosters
Gegenstand der Bewunderung geblieben. Selbst der
berühmte Thiergarten des Klosters, in welchem 1525
König Franz I. von Frankreich gefangen wurde, ist
nicht mehr. Dagegen gewährt die Kirche noch jetzt, im
Aeußern wie im Jnnern, den imposantesten Anblick.
Das Gewölbe derselber wird von prachtvollen Säulen
gehalten, und eine Gallerie geht rings um das mit
Blei gedeckte Dach. Das Portal ist von weißem Mar-
mor, und mit Statuen reich versehn. Es befinden sich
in der Kirche mehrere schöne Kapellen, unter denen sich
die zur Himmelfahrt Mariä ganz besonders auszeichnet.

Jn der Kirche befindet sich auch das kostbare Grab-
mal des Johann Galeas, des Erbauers. Das Chor [Ende Spaltensatz] [Abbildung]

Die Karthause bei Pavia.


[Beginn Spaltensatz] der Kirche, die zierlich mit buntem Marmor belegten
Wände, so wie der Fußboden, die schönen Gemälde der
Kapellen, kurz jeder Punkt des schönen Tempels ge-
währt einen überraschend schönen Anblick, und hinter-
läßt auf die Gemüther der Reisenden den Eindruck der
Bewunderung.



Oeffentliche und Privat-
Bibliotheken
.

Wie bei der Wirthschaft ein festes Kapital, ein
stehender Gütervorrath, die Grundbedingung aller Ver-
vollkommnung ist, so ist auch - wie sich ein geistreicher
[Spaltenumbruch] Schriftsteller der neuesten Zeit sehr richtig ausdrückt -
in Bezug auf das intellectuelle Streben, ein gewisser
Bücherschatz, ein gewisser literarischer Vermögensstamm,
von dem größten Einflusse. Beachtet man vorzüglich
die Zahl, so kann Europa alle Zeiten und Welttheile
kühn herausfordern. Man nimmt an, daß in den öf-
fentlichen Bibliotheken wenigstens 20 Millionen Bücher
aufgestapelt sind, und zwar: in Frankreich 6,400,000,
in Deutschland 5,700,000, in Jtalen 3,000,000, in
den übrigen Ländern 5,000,000. - Es ist wahrschein-
lich, daß in den Privatbibliotheken wenigstens ebenfalls
20 Millionen Bücher sich vorfinden. Ein großer Theil
davon wird verliehen, und diese circulirenden Werke
haben grade die größte Bedeutung für die Nationalbil-
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Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz]
Die Karthause bei Pavia.

Die Karthause bei Pavia, von der wir hier eine
Abbildung sehn, welche durch Napoleon aufgehoben,
und deren Kloster in ein Schloß verwandelt wurde, ist
eins der prächtigsten Gebäude Jtaliens, und die ehe-
malige Klosterkirche, die auch gegenwärtig ihrer ur-
sprünglichen Bestimmung geweiht ist, fesselt noch jetzt
die Reisenden. Die schönen architectonischen Formen
des Gebäudes sind eben so bewundernswerth, als seine
Größe in Erstaunen setzt. Der Hof ist von einem Säu-
lengange, der 5280 Fuß im Umfange hat, und auf das
prächtigste geziert und mit Blei gedeckt ist, umgeben.
Das Kloster, jetzt Schloß, war für die Mönche höchst
bequem eingerichtet, und strahlte voll Herrlichkeit.
[Spaltenumbruch] Jetzt ist es anders, und die Barbarei der Menschen hat
dafür gesorgt, daß nur noch das Aeußere des Klosters
Gegenstand der Bewunderung geblieben. Selbst der
berühmte Thiergarten des Klosters, in welchem 1525
König Franz I. von Frankreich gefangen wurde, ist
nicht mehr. Dagegen gewährt die Kirche noch jetzt, im
Aeußern wie im Jnnern, den imposantesten Anblick.
Das Gewölbe derselber wird von prachtvollen Säulen
gehalten, und eine Gallerie geht rings um das mit
Blei gedeckte Dach. Das Portal ist von weißem Mar-
mor, und mit Statuen reich versehn. Es befinden sich
in der Kirche mehrere schöne Kapellen, unter denen sich
die zur Himmelfahrt Mariä ganz besonders auszeichnet.

Jn der Kirche befindet sich auch das kostbare Grab-
mal des Johann Galeas, des Erbauers. Das Chor [Ende Spaltensatz] [Abbildung]

Die Karthause bei Pavia.


[Beginn Spaltensatz] der Kirche, die zierlich mit buntem Marmor belegten
Wände, so wie der Fußboden, die schönen Gemälde der
Kapellen, kurz jeder Punkt des schönen Tempels ge-
währt einen überraschend schönen Anblick, und hinter-
läßt auf die Gemüther der Reisenden den Eindruck der
Bewunderung.



Oeffentliche und Privat-
Bibliotheken
.

Wie bei der Wirthschaft ein festes Kapital, ein
stehender Gütervorrath, die Grundbedingung aller Ver-
vollkommnung ist, so ist auch – wie sich ein geistreicher
[Spaltenumbruch] Schriftsteller der neuesten Zeit sehr richtig ausdrückt –
in Bezug auf das intellectuelle Streben, ein gewisser
Bücherschatz, ein gewisser literarischer Vermögensstamm,
von dem größten Einflusse. Beachtet man vorzüglich
die Zahl, so kann Europa alle Zeiten und Welttheile
kühn herausfordern. Man nimmt an, daß in den öf-
fentlichen Bibliotheken wenigstens 20 Millionen Bücher
aufgestapelt sind, und zwar: in Frankreich 6,400,000,
in Deutschland 5,700,000, in Jtalen 3,000,000, in
den übrigen Ländern 5,000,000. – Es ist wahrschein-
lich, daß in den Privatbibliotheken wenigstens ebenfalls
20 Millionen Bücher sich vorfinden. Ein großer Theil
davon wird verliehen, und diese circulirenden Werke
haben grade die größte Bedeutung für die Nationalbil-
[Ende Spaltensatz]

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[101/0005] Das Heller=Blatt. Die Karthause bei Pavia. Die Karthause bei Pavia, von der wir hier eine Abbildung sehn, welche durch Napoleon aufgehoben, und deren Kloster in ein Schloß verwandelt wurde, ist eins der prächtigsten Gebäude Jtaliens, und die ehe- malige Klosterkirche, die auch gegenwärtig ihrer ur- sprünglichen Bestimmung geweiht ist, fesselt noch jetzt die Reisenden. Die schönen architectonischen Formen des Gebäudes sind eben so bewundernswerth, als seine Größe in Erstaunen setzt. Der Hof ist von einem Säu- lengange, der 5280 Fuß im Umfange hat, und auf das prächtigste geziert und mit Blei gedeckt ist, umgeben. Das Kloster, jetzt Schloß, war für die Mönche höchst bequem eingerichtet, und strahlte voll Herrlichkeit. Jetzt ist es anders, und die Barbarei der Menschen hat dafür gesorgt, daß nur noch das Aeußere des Klosters Gegenstand der Bewunderung geblieben. Selbst der berühmte Thiergarten des Klosters, in welchem 1525 König Franz I. von Frankreich gefangen wurde, ist nicht mehr. Dagegen gewährt die Kirche noch jetzt, im Aeußern wie im Jnnern, den imposantesten Anblick. Das Gewölbe derselber wird von prachtvollen Säulen gehalten, und eine Gallerie geht rings um das mit Blei gedeckte Dach. Das Portal ist von weißem Mar- mor, und mit Statuen reich versehn. Es befinden sich in der Kirche mehrere schöne Kapellen, unter denen sich die zur Himmelfahrt Mariä ganz besonders auszeichnet. Jn der Kirche befindet sich auch das kostbare Grab- mal des Johann Galeas, des Erbauers. Das Chor [Abbildung Die Karthause bei Pavia. ] der Kirche, die zierlich mit buntem Marmor belegten Wände, so wie der Fußboden, die schönen Gemälde der Kapellen, kurz jeder Punkt des schönen Tempels ge- währt einen überraschend schönen Anblick, und hinter- läßt auf die Gemüther der Reisenden den Eindruck der Bewunderung. Oeffentliche und Privat- Bibliotheken. Wie bei der Wirthschaft ein festes Kapital, ein stehender Gütervorrath, die Grundbedingung aller Ver- vollkommnung ist, so ist auch – wie sich ein geistreicher Schriftsteller der neuesten Zeit sehr richtig ausdrückt – in Bezug auf das intellectuelle Streben, ein gewisser Bücherschatz, ein gewisser literarischer Vermögensstamm, von dem größten Einflusse. Beachtet man vorzüglich die Zahl, so kann Europa alle Zeiten und Welttheile kühn herausfordern. Man nimmt an, daß in den öf- fentlichen Bibliotheken wenigstens 20 Millionen Bücher aufgestapelt sind, und zwar: in Frankreich 6,400,000, in Deutschland 5,700,000, in Jtalen 3,000,000, in den übrigen Ländern 5,000,000. – Es ist wahrschein- lich, daß in den Privatbibliotheken wenigstens ebenfalls 20 Millionen Bücher sich vorfinden. Ein großer Theil davon wird verliehen, und diese circulirenden Werke haben grade die größte Bedeutung für die Nationalbil-

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Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 9. Breslau, 29. März 1834, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller13_1834/5>, abgerufen am 24.11.2024.