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Das Heller-Blatt. Nr. 11. Breslau, 15. März 1834.

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Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] Heiligkeit ihnen Briefe mitgegeben und sie dann unter
Ertheilung seines Segens entlassen habe. Als sie nach
Paris kamen, d. h. erst die Vornehmern und dann der
Troß von circa 100 bis 120, bis zu welcher Zahl sie
von 1000 bis 1200, die die Heimath verlassen hatten,
eingeschmolzen waren, hatten sie bereits 5 Jahre ihrer
Wanderschaft zurückgelegt. Die Ueberlebenden hatten
eine Anwartschaft auf die Erwerbung zeitlicher Güter,
indem ihnen angeblich vom Pabst nachher ein fruchtbares
Land verheißen worden war; inzwischen waren sie bei
ihrer Pönitenz ganz wohlgemuth. Sie wurden von
der Polizei außerhalb der Stadt, in der Capelle St.
Denis einquartiert. Sie hatten fast sämmtlich durch-
stochene Ohren, in deren jeden sie einen oder ein paar
silberne Ringe trugen, was, wie sie sagten, in ihrem
Lande zum Schmuck gehöre. Die Männer waren sehr
schwarz und hatten gekräuseltes Haar; das ebenfalls
[Spaltenumbruch] schwarze und ungemein häßliche Frauenzimmer hatte
fast sämmtlich Schmarren im Gesicht, und dabei so
dickes schwarzes Haar, wie das eines Roßschweifs; ihr
ganzer Anzug bestand aus einem alten, durch einen
Tuchstreifen oder Tauende über den Schultern festge-
haltenen Gewande, und darunter aus einem elenden
Unterrock. Kurz, es war das jämmerlichste Volk, was
man je in Frankreich gesehen hatte; einige der Weiber
darunter wahrsagten den Leuten aus ihren Händen, und
lockten ihnen durch solche Teufelskünste ihr Geld ab.
Als dieses dem Bischof von Paris hinterbracht wurde,
so begab er sich mit einem Priester, Namens Lepetit
Jacobin
dahin, der denn auf des Bischofs Befehl eine
vortreffliche Predigt hielt, und alle Männer und alle Wei-
ber, welche an solche Zauberei glauben würden, in den
Bann that. Die Büßenden aber, die sich auch Zingari
nannten, reiseten nach Pontaise ab."

[Ende Spaltensatz] [Abbildung]

Abbotsford.


[Beginn Spaltensatz]
Abbotsford.

Wer von den Lesern sollte nicht den Namen
Walter Scott kennen, den Namen des Mannes,
der uns so treffliche Novellen im historischen Gewande
schrieb. Wir sehen in diesem Bilde seinen alter-
[Spaltenumbruch] thümlichen Wohnsitz am Ufer der Twede. Es kann
hier von den Schicksalen des schottischen Landschlosses
in der Vorzeit nicht die Rede seyn, da späterhin
mit dem Bilde des letzten berühmten Besitzers eine
ausführlichere Beschreibung auch hierüber geliefert
werden wird.

[Ende Spaltensatz]

Expedition des Heller=Blattes zu Breslau, Ring Nr. 51.
( Heinrich Richter. )



Verantwortlicher Redacteur: Theodor Brand.



Steindruck von Wilhelm Steinmetz.     Buchdruck von Heinrich Richter.

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] Heiligkeit ihnen Briefe mitgegeben und sie dann unter
Ertheilung seines Segens entlassen habe. Als sie nach
Paris kamen, d. h. erst die Vornehmern und dann der
Troß von circa 100 bis 120, bis zu welcher Zahl sie
von 1000 bis 1200, die die Heimath verlassen hatten,
eingeschmolzen waren, hatten sie bereits 5 Jahre ihrer
Wanderschaft zurückgelegt. Die Ueberlebenden hatten
eine Anwartschaft auf die Erwerbung zeitlicher Güter,
indem ihnen angeblich vom Pabst nachher ein fruchtbares
Land verheißen worden war; inzwischen waren sie bei
ihrer Pönitenz ganz wohlgemuth. Sie wurden von
der Polizei außerhalb der Stadt, in der Capelle St.
Denis einquartiert. Sie hatten fast sämmtlich durch-
stochene Ohren, in deren jeden sie einen oder ein paar
silberne Ringe trugen, was, wie sie sagten, in ihrem
Lande zum Schmuck gehöre. Die Männer waren sehr
schwarz und hatten gekräuseltes Haar; das ebenfalls
[Spaltenumbruch] schwarze und ungemein häßliche Frauenzimmer hatte
fast sämmtlich Schmarren im Gesicht, und dabei so
dickes schwarzes Haar, wie das eines Roßschweifs; ihr
ganzer Anzug bestand aus einem alten, durch einen
Tuchstreifen oder Tauende über den Schultern festge-
haltenen Gewande, und darunter aus einem elenden
Unterrock. Kurz, es war das jämmerlichste Volk, was
man je in Frankreich gesehen hatte; einige der Weiber
darunter wahrsagten den Leuten aus ihren Händen, und
lockten ihnen durch solche Teufelskünste ihr Geld ab.
Als dieses dem Bischof von Paris hinterbracht wurde,
so begab er sich mit einem Priester, Namens Lepetit
Jacobin
dahin, der denn auf des Bischofs Befehl eine
vortreffliche Predigt hielt, und alle Männer und alle Wei-
ber, welche an solche Zauberei glauben würden, in den
Bann that. Die Büßenden aber, die sich auch Zingari
nannten, reiseten nach Pontaise ab.“

[Ende Spaltensatz] [Abbildung]

Abbotsford.


[Beginn Spaltensatz]
Abbotsford.

Wer von den Lesern sollte nicht den Namen
Walter Scott kennen, den Namen des Mannes,
der uns so treffliche Novellen im historischen Gewande
schrieb. Wir sehen in diesem Bilde seinen alter-
[Spaltenumbruch] thümlichen Wohnsitz am Ufer der Twede. Es kann
hier von den Schicksalen des schottischen Landschlosses
in der Vorzeit nicht die Rede seyn, da späterhin
mit dem Bilde des letzten berühmten Besitzers eine
ausführlichere Beschreibung auch hierüber geliefert
werden wird.

[Ende Spaltensatz]

Expedition des Heller=Blattes zu Breslau, Ring Nr. 51.
( Heinrich Richter. )



Verantwortlicher Redacteur: Theodor Brand.



Steindruck von Wilhelm Steinmetz.     Buchdruck von Heinrich Richter.

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[88/0008] Das Heller=Blatt. Heiligkeit ihnen Briefe mitgegeben und sie dann unter Ertheilung seines Segens entlassen habe. Als sie nach Paris kamen, d. h. erst die Vornehmern und dann der Troß von circa 100 bis 120, bis zu welcher Zahl sie von 1000 bis 1200, die die Heimath verlassen hatten, eingeschmolzen waren, hatten sie bereits 5 Jahre ihrer Wanderschaft zurückgelegt. Die Ueberlebenden hatten eine Anwartschaft auf die Erwerbung zeitlicher Güter, indem ihnen angeblich vom Pabst nachher ein fruchtbares Land verheißen worden war; inzwischen waren sie bei ihrer Pönitenz ganz wohlgemuth. Sie wurden von der Polizei außerhalb der Stadt, in der Capelle St. Denis einquartiert. Sie hatten fast sämmtlich durch- stochene Ohren, in deren jeden sie einen oder ein paar silberne Ringe trugen, was, wie sie sagten, in ihrem Lande zum Schmuck gehöre. Die Männer waren sehr schwarz und hatten gekräuseltes Haar; das ebenfalls schwarze und ungemein häßliche Frauenzimmer hatte fast sämmtlich Schmarren im Gesicht, und dabei so dickes schwarzes Haar, wie das eines Roßschweifs; ihr ganzer Anzug bestand aus einem alten, durch einen Tuchstreifen oder Tauende über den Schultern festge- haltenen Gewande, und darunter aus einem elenden Unterrock. Kurz, es war das jämmerlichste Volk, was man je in Frankreich gesehen hatte; einige der Weiber darunter wahrsagten den Leuten aus ihren Händen, und lockten ihnen durch solche Teufelskünste ihr Geld ab. Als dieses dem Bischof von Paris hinterbracht wurde, so begab er sich mit einem Priester, Namens Lepetit Jacobin dahin, der denn auf des Bischofs Befehl eine vortreffliche Predigt hielt, und alle Männer und alle Wei- ber, welche an solche Zauberei glauben würden, in den Bann that. Die Büßenden aber, die sich auch Zingari nannten, reiseten nach Pontaise ab.“ [Abbildung Abbotsford. ] Abbotsford. Wer von den Lesern sollte nicht den Namen Walter Scott kennen, den Namen des Mannes, der uns so treffliche Novellen im historischen Gewande schrieb. Wir sehen in diesem Bilde seinen alter- thümlichen Wohnsitz am Ufer der Twede. Es kann hier von den Schicksalen des schottischen Landschlosses in der Vorzeit nicht die Rede seyn, da späterhin mit dem Bilde des letzten berühmten Besitzers eine ausführlichere Beschreibung auch hierüber geliefert werden wird. Expedition des Heller=Blattes zu Breslau, Ring Nr. 51. ( Heinrich Richter. ) Verantwortlicher Redacteur: Theodor Brand. Steindruck von Wilhelm Steinmetz. Buchdruck von Heinrich Richter.

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Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 11. Breslau, 15. März 1834, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller11_1834/8>, abgerufen am 06.07.2024.