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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 2508, Czernowitz, 04.06.1912.

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4. Juni 1912. "Czernowitzer Allgemeine Zeitung"

[Spaltenumbruch] boykott beschlossen und jedes Mitglied mit Ausschluß
bedroht, falls es fiskalischen Tabak rauchen soute. Bisher
haben 2000 Persoch nen sidem Boykott angeschlossen.




Aviatik.
Neue Abstürze.

KB. (Tel. der Cz. (Allg, Ztg.")

Bei der Abfahrt zum nordwestdeutschen Rundflug stürzte
Buchstätter, der mit dem Leutnant Stille aufge-
stiegen war, ab. Der Apparat begrub die beiden In-
sassen unter sich. Leutnant Stille wurde tot und
Buchstätter sterbend aus den Trümmern hervorge-
zogen. Die Veranstaltung wurde sofort unterbrochen.




Heuschreckenverwüstungen in Bulgarien.

Der "Adeverul" meldet, daß in
den an der Donau liegenden Landstrichen Bulgariens
riesige Heuschreckenschwärme aufgetaucht
sind, welche an den Saaten große Verheerungen an-
richten. Drei Regimenter Infanterie sind
von der Regierung aufgeboten worden, um die Insekten
durch Feuer und Rauch zu vertilgen. Wenn die Insekten
durch den Wind nach Rumänien getrieben werden, so
käme die Ernte der rumänischen Donaudistrikte in sehr
große Gefahr.




Kleine Rundschau.

Das Ministerium des Innern hat die
Landesbehörden angewiesen, automatisch wirkende Ta-
schenfeuerwaffen, Repetierpistolen und Browningpistolen
unter 18 Zentimeter Länge, sowie Schußwaffen unter die-
sem Maße überhaupt als verbotene Waffen zu behandeln.

[]


Czernowitzer Angelegenheiten.


Gemeinderat.
Sitzung vom 1. Juni 1912.

Vorsitzender: Bürgermeister Baron Fürth.

Schriftführer: Kanzlist Schreiner.

Nach Eröffnung der Sitzung stellt GR. Dr. Heinrich
Kiesler mehrere Dringlichkeitsanträge, Angestellten
der Kommune Geldunterstützungen zu gewähren. Nach
Annahme der Anträge geht der Gemeinderat zur Erledi-
gung der Tagesordnung über, die nur die

Beamtenvorlage

enthält.

GR. Wegner, der das Wort zur Tagesordnung
erhält, führt aus,, daß für die Beamtenvolage sechs Refe-
[Spaltenumbruch] renten bestellt worden seien; da die Gemeinderäte aber ein
Exposee erhalten hätten, in welchem sämtliche Referate
enthalten seien, sei Redner der Ansicht, man möge davon
absehen, jede Angelegenheit abgesondert zu verhandeln,
sondern daß über den ganzen Komplex gleichzeitig abge-
sprochen werde. Redner stellt auch einen diesbezüglichen
Antrag.

GR. Dr. Norst spricht sich gegen diesen Antrag aus,
da für jede Kategorie andere Bestimmungen im Exposee
enthalten seien und infolgedessen ein Zusammenfassen
sämtlicher Referate ein Ding der Unmöglichkeit sei.

GR. Wallstein spricht sich für den Antrag des GR.
Wegner aus, betont aber, daß nach seiner Auffassung
vorerst eine Generaldebatte über die Vorlage abzuführen
sei, bevor in die Spezialdebatte eingegangen werde.

GR. Dr. H. Kiesler schließt sich den Ausführun-
gen des GR. Dr. Norst an und verlangt gleichfalls, daß
jeder Teil der Vorlage getrennt von den anderen durch-
beraten werde.

GR. Zalodek macht darauf aufmerksam, daß der
Gesamtbetrag für die Regulierung der Bezüge der städ-
tischen Angestellten und Magistratsbeamten 82.186 K
beträgt und warnt davor, diesen Betrag zu vergrößern, da
dadurch eine Erhöhung der Umlage fast unausbleiblich
wäre. Redner spricht sich für eine rasche Erledigung der
Beamtenvorlage aus, damit die Beamten und Angestell-
ten der Kommune rascher zu ihrem Gelde kommen und
schließt sich aus diesem Grunde dem Antrage Wegner an.

Stadtrat Leo erklärt, für ihn sei die Tagesordnung
maßgebend. Er könne daher nur für eine getrennte Be-
handlung sämtlicher Fragen stimmen.

GR. Dr. Cotlarciuc vermißt im Exposee auch
die Regulierung der Bezüge der Viertelmeister und bittet,
daß auch diese Kategorie materiell bessergestellt werde.

GR. Fleminger meint, daß nur der Antrag des
GR. Wegner eine Verschleppung der Beamtenvorlage
hintanhalten könnte. Wenn man der Auffassung des GR
Dr. Norst zustimmen sollte, würden zehn Sitz[u]ngen kaum
dazu ausreichen, um die Vorlage zu erledigen. Schon
darum, daß das Budget endlich vor das Plenum des Ge-
meinderates gelange, wäre es angezeigt, die Beamtenvor-
lage noch in der heutigen Sitzung zu verabschieden.

GR. Wegner erklärt, mißverstanden worden zu
sein. Er wolle nicht, daß die Vorlage im Pausch und
Bogen angenommen werde, sondern daß man sofort in
die Spezialdebatte eingehen solle.

GR. Dr. Hostiuk meint, das gute Herz der Ge-
[mein]deräte für die städtischen Angestellten zeige sich
ganz besonders darin, daß sie die ganze Angelegenheit ver-
schleppen wollen und den Antrag des GR. Wegner dazu
benützen, der doch nichts weiter verlange, als daß von dem
vielen Reden Umgang genommen werde.

GR. Dr. Billig schließt sich den Ausführungen der
GR. Dr. Norst und Dr. H. Kiesler an.

GR. Picker ist der Ansicht, die einzelnen Referen-
ten mögen ihre Anträge stellen und der Gemeinderat
nehme sie ohne Debatte an. Redner befürchtet nämlich,
eine Debatte könnte nur dazu führen, daß der Betrag von
82.000 Kronen um das Doppelte steigen werde.

Nachdem noch GR. Zalodek gesprochen hatte, wird
der Antrag des GR. Wegnerangenommen.

GR. Dr. H. Kiesler referiert über die

Erhöhung der Löhne der Lampenanzünder.

Dem Referate ist folgendes zu entnehmen: In ihrem
Gesuche machen die Lampenanzünder die herrschenden
Teuerungsverhältnisse, sowie den Umstand geltend, daß
ihre Entlohnung monatlicher 30 K 36 h nicht im Ver-
hältnisse zu ihren Arbeitsleistungen stehe. Nach dem Vor-
[Spaltenumbruch] schlage des 3. Departements beantragt der Magistrat eine
Erhöhung der Löhne um 6 Kronen pro Mann und Monat.
Das Mehrerfordernis beträgt bei dem systemisierten
Stande von 34 Lampenanzündern 2448 Kronen jährlich.
Die erste Sektion empfiehlt jedoch eine Erhöhung um 12
Kronen pro Mann und Monat und stellt ferner den An-
trag, der Magistrat sei aufzufordern, in Erwägung zu
ziehen und diesbezügliche Anträge an den Gemeinderat
zu stellen, ob die Lampenanzünder oder ein Teil derselben
als vollbeschäftigte Aushilfsdiener (nach Art der Auf-
sehe[r)] für Arbeiten, zu denen regelmäßig Taglöhner auf-
genommen werden, neben der Bedienung der Lampen an-
zustellen wären.

GR. Wegner spricht sich dafür aus, daß den Lam-
pena[n]zündern 12 Kronen monatlich mehr zugewiesen
werden, jedoch nicht als Erhöhung des Gehaltes, sondern
als Teuerungszulage. Redner sei dieser Ansicht, weil er
annehme, daß wahrscheinlich in kürzester Zeit die elektrische
Beleuchtung auch in den Vorstädten werde eingeführt wer-
den und weil bei einer eventuellen Pensionierung dann
auch die 12 Kronen in Anrechnung kommen müßten. Er
stellt zum Sektionsantrag folgenden Zusatzantrag: "Den
Lampenanzündern wäre für dieses Jahr eine monatliche
Teuerungszulage von 12 Kronen zu gewähren und der
Magistrat aufzufordern, wegen Aenderung des Systems
der Vorstadtbeleuchtung binnen Monatsfrist dem Ge-
meinderate geeignete Vorschläge zu erstatten.

GR. Picker schließt sich dem Antrage des GR.
Wegner an; GR. Dr. H. Kiesler und Stadtrat
Leo sprechen sich für den Sektionsantrag aus.

GR. Fleminger nimmt den Magistratsantrag
der für die Lampenanzünder nur 6 Kronen monatlich ver-
langt, auf, indem er sich dafür ausspricht, daß die rest-
lichen 6 Kronen, welche die Sektion noch für die Lampen-
anzünder vorgesehen hat, den Feuerwehrleuten, die nur
40 Kronen monatlich für die oft lebensgefährliche Arbeit
erhalten, gegeben werden.

GR. Elias Wender schließt sich den Ausführungen
des GR. Fleminger an.

GR. Dr. Cotlarciuk meint, die Vorstädte wären
zwar dem Gemeinderat für die Einführung des elektrischen
Lichtes sehr dankbar, doch könne Redner unter keinen Um-
ständen zulassen, daß dadurch die Lampenanzünder mate-
riell verkürzt werden.

Die Gemeinderäte Kindler, Zalodek und
Wallst ein stimmen dem Antrage des GR. Wegner zu.

GR. Treß hält die von der Sektion bestimmte Er-
höhung für zu gering. Er stellt den Antrag, den Lan-
penanzündern 15 Kronen monatlich, sowie eine Schuh-
und Kappenpauschale im Betrage von 40 Kronen jährlich
zu gewähren.

GR. Skalat spricht sich für den Sektionsantrag
aus.

Bei der hierauf vorgenommenen Abstimmung werden
der Sektionsantrag und der Antrag des GR. Treßab-
gelehnt
und der Magistratsantrag ange-
nommen.
GR. Wegner zieht seinen Zusatzantrag
zurück.

Bevor der Gemeinderat die Debatte über die Be-
amtenvorlage fortsetzt, ergreift GR. Dr. Straucher zu
folgender Mitteilung das Wort: Bei der heutigen Landes-
ausschußsitzung kam auch die Angelegenheit des Kasern-
baues in der Russischengasse
zur Sprache. Der
Landesausschuß beschloß einstimmig, dem Landtage vorzu-
schlagen, gemäß der Bitte der Stadt, ihr zur Ermöglichung
der Amortisation des zu investierenden Kapitales von
1,800.000 Kronen einen jährlichen Zuschuß von 25.000 K
zu gewähren.




Das grüne Auto.

74] (Nachdruck verboten.)

Er stand eilig auf:

Kommen Sie.

Die drei Herren schlenderten durch den Logengang,
als würden sie eine kleine Promenade machen.

An dem kleinen Tischchen hinter der Loge Nr. 2
soupierte die Gräfin mit ihrem Manne.

So war eine Begegnung selbstverständlich. Sphor be-
nützte die Gelegenheit, die Gräfin zu begrüßen und dem
Paare die beiden Freunde vorzustellen.

Die Gräfin war nicht so frisch wie sonst. Sie sah
ermüdet, fast krank aus.

Ihre Augen flackerten nervös, und die weiße
Schminke, welche sie aufgelegt hatte, konnte die dunklen
Ringe unter den Augen ebensowenig verdecken, wie die
rötlichen Flecken, welche das Fieber auf ihre Wangen ge-
zeichnet hatte. Sie schien auch keinen Appetit zu haben,
denn sie tändelte nur so mit ihrer Gansleberpastete, trank
aber hastig zwei Gläser Champagner nacheinander. Nur
mit sichtlichem Zwang nahm sie an den Vorgängen, wie
am Gespräche teil.

Die drei Herren hatten sich, auf die liebenswürdige
Aufforderung Campobellos hin, zu dem Paar gesetzt,
und der sonst so schweigsame Graf begann, offenbar
durch die Umgebung und den Champagner angeregt,
eine flotte Konversation.

Ueber das Variete schwatzte er, über die schönen
Frauen, die er im Saale sah, über das Nachtleben;
den französischen Champagner lobte er, speziell die Marke,
die er trank und die ihm wirklich sehr zu munden schien,
denn sein Glas wurde jeden Augenblick leer.

Hauptmann Fernkorn und Baron Sphor hatten
viele Fragen an ihn zu stellen, um seine Aufmerksam-
keit von Doktor Martens, der der Gräfin gegenüber
Platz genommen hatte, abzulenken.


[Spaltenumbruch]

Plötzlich hielt der Graf mitten im Gespräche inne.

Er schaute verwundert auf seine Frau, die scheinbar
ihre Umgebung vergessen hatte und schreckensstarr auf
einen Herrn blickte, der sich über die Brüstung einer
Loge beugte und interessiert herübersah.

Was hast du denn? fragte der Graf.

Die Gräfin zuckte bei der Ansprache zusammen,
strich sich über Augen und Stirn und sagte bloß:

Mir ist nicht wohl, gehen wir nach Hause! Aber
gleich!

Ohne die zustimmende Antwort des Gatten abzu-
warten, stand sie auf und ging zur Loge vor, um ihren
Mantel zu holen.

Sphor kam ihr zuvor und legte den kostbaren Abend-
mantel galant um ihre Schultern.

Doktor Martens, der Violetta unausgesetzt beobachtet
hatte, war natürlich die plötzliche Veränderung, die in
ihr vorgegangen war, nicht entgangen.

Ihre Augen waren anfangs gelangweilt über das
Publikum hingeglitten, bis sie plötzlich den Blick auf-
fing, den ein junger, eleganter Fremder auf sie her-
überwarf.

In diesem Augenblick war sie unter der Schminke
tief erbleicht.

Ihre Augen hingen seitdem wie festgebannt an dem
Fremden, der aufgestanden war, als er sah, daß die
Gräfin zur Loge ging, und nun durch das Promenoir
langsam herüber kam.

Hast du schon gezahlt? drängte die Gräfin.

Der Graf blickte unwillig zu ihr auf.

Hast du schon gezahlt? fragte sie nochmals.

Aber geh', so bleib' doch noch ein bißchen!

Den Grafen traf ein zorniger Blick. Sie griff nach
dem Fächer und antwortete hastig:

Nein, ich muß nach Hause! Du kannst bleiben, wenn
du willst! Baron Sphor wird die Freundlichkeit haben,
mich zum Wagen zu führen.

Gewiß, Gräfin. Wenn Sie gestatten --


[Spaltenumbruch]

Der Baron bot ihr seinen Arm an.

Campobello ergriff die Hand seiner Frau.

Ich möchte wirklich noch ein wenig -- --

Bleib' nur, bleib'! unterbrach die Gräfin ihren
Mann hastig, der Anstalten machte, sich zu erheben. Der
Baron wird schon so freundlich sein.

Violetta nickte den drei Herren flüchtig zu und
wandte sich rasch ab, um zur Haupttreppe zu gelangen.

Da stand drei Schritte vor ihr der Fremde. Ein
sehr eleganter, junger, hübscher Mensch in tadellosem
Salonanzug.

Er hatte die Arme über die Brust gekreuzt und
blickte die Gräfin ernst und forschend an.

Gehen wir -- durch die -- andere Tür! stammelte
die Gräfin und kehrte dem Fremden den Rücken.

Doktor Martens verließ seinen Platz und stellte
sich seitwärts, um die Situation genau zu überblicken.

Die Gräfin hatte den Arm des Barons fahren
gelassen und schritt rasch, eilig fast, auf die Seitentür zu.

Sphor folgte ihr auf dem Fuße.

Als sie den ersten Treppenabsatz erreicht hatte, warf
Violetta einen scheuen Blick nach rückwärts.

Sie sah, wie der Schatten eines Mannes auf die
Glastür fiel.

Violetta stieß einen leisen Schrei aus und stürmte
die Treppe hinunter.

Gleichzeitig hörte man die Tür oben gehen.

Der Fremde beugte sich über das Geländer.

Da er Violetta noch auf den letzten Stufen erblickte,
eilte er ihr rasch ins Foyer nach.

Bleiben Sie bei mir, mir ist ganz schlecht, flüsterte
die Gräfin Sphor zu und hängte sich schwer in seinen Arm.

Ich will nur den Wagen rufen lassen.

Nein, lassen Sie mich nicht allein!

Sphor winkte einem Diener und beauftragte ihn,
den Wagen der Gräfin vorfahren zu lassen.

(Fortsetzung folgt.)


4. Juni 1912. „Czernowitzer Allgemeine Zeitung“

[Spaltenumbruch] boykott beſchloſſen und jedes Mitglied mit Ausſchluß
bedroht, falls es fiskaliſchen Tabak rauchen ſoute. Bisher
haben 2000 Perſoch nen ſidem Boykott angeſchloſſen.




Aviatik.
Neue Abſtürze.

KB. (Tel. der Cz. (Allg, Ztg.“)

Bei der Abfahrt zum nordweſtdeutſchen Rundflug ſtürzte
Buchſtätter, der mit dem Leutnant Stille aufge-
ſtiegen war, ab. Der Apparat begrub die beiden In-
ſaſſen unter ſich. Leutnant Stille wurde tot und
Buchſtätter ſterbend aus den Trümmern hervorge-
zogen. Die Veranſtaltung wurde ſofort unterbrochen.




Heuſchreckenverwüſtungen in Bulgarien.

Der „Adeverul“ meldet, daß in
den an der Donau liegenden Landſtrichen Bulgariens
rieſige Heuſchreckenſchwärme aufgetaucht
ſind, welche an den Saaten große Verheerungen an-
richten. Drei Regimenter Infanterie ſind
von der Regierung aufgeboten worden, um die Inſekten
durch Feuer und Rauch zu vertilgen. Wenn die Inſekten
durch den Wind nach Rumänien getrieben werden, ſo
käme die Ernte der rumäniſchen Donaudiſtrikte in ſehr
große Gefahr.




Kleine Rundſchau.

Das Miniſterium des Innern hat die
Landesbehörden angewieſen, automatiſch wirkende Ta-
ſchenfeuerwaffen, Repetierpiſtolen und Browningpiſtolen
unter 18 Zentimeter Länge, ſowie Schußwaffen unter die-
ſem Maße überhaupt als verbotene Waffen zu behandeln.

[]


Czernowitzer Angelegenheiten.


Gemeinderat.
Sitzung vom 1. Juni 1912.

Vorſitzender: Bürgermeiſter Baron Fürth.

Schriftführer: Kanzliſt Schreiner.

Nach Eröffnung der Sitzung ſtellt GR. Dr. Heinrich
Kiesler mehrere Dringlichkeitsanträge, Angeſtellten
der Kommune Geldunterſtützungen zu gewähren. Nach
Annahme der Anträge geht der Gemeinderat zur Erledi-
gung der Tagesordnung über, die nur die

Beamtenvorlage

enthält.

GR. Wegner, der das Wort zur Tagesordnung
erhält, führt aus,, daß für die Beamtenvolage ſechs Refe-
[Spaltenumbruch] renten beſtellt worden ſeien; da die Gemeinderäte aber ein
Expoſee erhalten hätten, in welchem ſämtliche Referate
enthalten ſeien, ſei Redner der Anſicht, man möge davon
abſehen, jede Angelegenheit abgeſondert zu verhandeln,
ſondern daß über den ganzen Komplex gleichzeitig abge-
ſprochen werde. Redner ſtellt auch einen diesbezüglichen
Antrag.

GR. Dr. Norſt ſpricht ſich gegen dieſen Antrag aus,
da für jede Kategorie andere Beſtimmungen im Expoſee
enthalten ſeien und infolgedeſſen ein Zuſammenfaſſen
ſämtlicher Referate ein Ding der Unmöglichkeit ſei.

GR. Wallſtein ſpricht ſich für den Antrag des GR.
Wegner aus, betont aber, daß nach ſeiner Auffaſſung
vorerſt eine Generaldebatte über die Vorlage abzuführen
ſei, bevor in die Spezialdebatte eingegangen werde.

GR. Dr. H. Kiesler ſchließt ſich den Ausführun-
gen des GR. Dr. Norſt an und verlangt gleichfalls, daß
jeder Teil der Vorlage getrennt von den anderen durch-
beraten werde.

GR. Zalodek macht darauf aufmerkſam, daß der
Geſamtbetrag für die Regulierung der Bezüge der ſtäd-
tiſchen Angeſtellten und Magiſtratsbeamten 82.186 K
beträgt und warnt davor, dieſen Betrag zu vergrößern, da
dadurch eine Erhöhung der Umlage faſt unausbleiblich
wäre. Redner ſpricht ſich für eine raſche Erledigung der
Beamtenvorlage aus, damit die Beamten und Angeſtell-
ten der Kommune raſcher zu ihrem Gelde kommen und
ſchließt ſich aus dieſem Grunde dem Antrage Wegner an.

Stadtrat Leo erklärt, für ihn ſei die Tagesordnung
maßgebend. Er könne daher nur für eine getrennte Be-
handlung ſämtlicher Fragen ſtimmen.

GR. Dr. Cotlarciuc vermißt im Expoſee auch
die Regulierung der Bezüge der Viertelmeiſter und bittet,
daß auch dieſe Kategorie materiell beſſergeſtellt werde.

GR. Fleminger meint, daß nur der Antrag des
GR. Wegner eine Verſchleppung der Beamtenvorlage
hintanhalten könnte. Wenn man der Auffaſſung des GR
Dr. Norſt zuſtimmen ſollte, würden zehn Sitz[u]ngen kaum
dazu ausreichen, um die Vorlage zu erledigen. Schon
darum, daß das Budget endlich vor das Plenum des Ge-
meinderates gelange, wäre es angezeigt, die Beamtenvor-
lage noch in der heutigen Sitzung zu verabſchieden.

GR. Wegner erklärt, mißverſtanden worden zu
ſein. Er wolle nicht, daß die Vorlage im Pauſch und
Bogen angenommen werde, ſondern daß man ſofort in
die Spezialdebatte eingehen ſolle.

GR. Dr. Hoſtiuk meint, das gute Herz der Ge-
[mein]deräte für die ſtädtiſchen Angeſtellten zeige ſich
ganz beſonders darin, daß ſie die ganze Angelegenheit ver-
ſchleppen wollen und den Antrag des GR. Wegner dazu
benützen, der doch nichts weiter verlange, als daß von dem
vielen Reden Umgang genommen werde.

GR. Dr. Billig ſchließt ſich den Ausführungen der
GR. Dr. Norſt und Dr. H. Kiesler an.

GR. Picker iſt der Anſicht, die einzelnen Referen-
ten mögen ihre Anträge ſtellen und der Gemeinderat
nehme ſie ohne Debatte an. Redner befürchtet nämlich,
eine Debatte könnte nur dazu führen, daß der Betrag von
82.000 Kronen um das Doppelte ſteigen werde.

Nachdem noch GR. Zalodek geſprochen hatte, wird
der Antrag des GR. Wegnerangenommen.

GR. Dr. H. Kiesler referiert über die

Erhöhung der Löhne der Lampenanzünder.

Dem Referate iſt folgendes zu entnehmen: In ihrem
Geſuche machen die Lampenanzünder die herrſchenden
Teuerungsverhältniſſe, ſowie den Umſtand geltend, daß
ihre Entlohnung monatlicher 30 K 36 h nicht im Ver-
hältniſſe zu ihren Arbeitsleiſtungen ſtehe. Nach dem Vor-
[Spaltenumbruch] ſchlage des 3. Departements beantragt der Magiſtrat eine
Erhöhung der Löhne um 6 Kronen pro Mann und Monat.
Das Mehrerfordernis beträgt bei dem ſyſtemiſierten
Stande von 34 Lampenanzündern 2448 Kronen jährlich.
Die erſte Sektion empfiehlt jedoch eine Erhöhung um 12
Kronen pro Mann und Monat und ſtellt ferner den An-
trag, der Magiſtrat ſei aufzufordern, in Erwägung zu
ziehen und diesbezügliche Anträge an den Gemeinderat
zu ſtellen, ob die Lampenanzünder oder ein Teil derſelben
als vollbeſchäftigte Aushilfsdiener (nach Art der Auf-
ſehe[r)] für Arbeiten, zu denen regelmäßig Taglöhner auf-
genommen werden, neben der Bedienung der Lampen an-
zuſtellen wären.

GR. Wegner ſpricht ſich dafür aus, daß den Lam-
pena[n]zündern 12 Kronen monatlich mehr zugewieſen
werden, jedoch nicht als Erhöhung des Gehaltes, ſondern
als Teuerungszulage. Redner ſei dieſer Anſicht, weil er
annehme, daß wahrſcheinlich in kürzeſter Zeit die elektriſche
Beleuchtung auch in den Vorſtädten werde eingeführt wer-
den und weil bei einer eventuellen Penſionierung dann
auch die 12 Kronen in Anrechnung kommen müßten. Er
ſtellt zum Sektionsantrag folgenden Zuſatzantrag: „Den
Lampenanzündern wäre für dieſes Jahr eine monatliche
Teuerungszulage von 12 Kronen zu gewähren und der
Magiſtrat aufzufordern, wegen Aenderung des Syſtems
der Vorſtadtbeleuchtung binnen Monatsfriſt dem Ge-
meinderate geeignete Vorſchläge zu erſtatten.

GR. Picker ſchließt ſich dem Antrage des GR.
Wegner an; GR. Dr. H. Kiesler und Stadtrat
Leo ſprechen ſich für den Sektionsantrag aus.

GR. Fleminger nimmt den Magiſtratsantrag
der für die Lampenanzünder nur 6 Kronen monatlich ver-
langt, auf, indem er ſich dafür ausſpricht, daß die reſt-
lichen 6 Kronen, welche die Sektion noch für die Lampen-
anzünder vorgeſehen hat, den Feuerwehrleuten, die nur
40 Kronen monatlich für die oft lebensgefährliche Arbeit
erhalten, gegeben werden.

GR. Elias Wender ſchließt ſich den Ausführungen
des GR. Fleminger an.

GR. Dr. Cotlarciuk meint, die Vorſtädte wären
zwar dem Gemeinderat für die Einführung des elektriſchen
Lichtes ſehr dankbar, doch könne Redner unter keinen Um-
ſtänden zulaſſen, daß dadurch die Lampenanzünder mate-
riell verkürzt werden.

Die Gemeinderäte Kindler, Zalodek und
Wallſt ein ſtimmen dem Antrage des GR. Wegner zu.

GR. Treß hält die von der Sektion beſtimmte Er-
höhung für zu gering. Er ſtellt den Antrag, den Lan-
penanzündern 15 Kronen monatlich, ſowie eine Schuh-
und Kappenpauſchale im Betrage von 40 Kronen jährlich
zu gewähren.

GR. Skalat ſpricht ſich für den Sektionsantrag
aus.

Bei der hierauf vorgenommenen Abſtimmung werden
der Sektionsantrag und der Antrag des GR. Treßab-
gelehnt
und der Magiſtratsantrag ange-
nommen.
GR. Wegner zieht ſeinen Zuſatzantrag
zurück.

Bevor der Gemeinderat die Debatte über die Be-
amtenvorlage fortſetzt, ergreift GR. Dr. Straucher zu
folgender Mitteilung das Wort: Bei der heutigen Landes-
ausſchußſitzung kam auch die Angelegenheit des Kaſern-
baues in der Ruſſiſchengaſſe
zur Sprache. Der
Landesausſchuß beſchloß einſtimmig, dem Landtage vorzu-
ſchlagen, gemäß der Bitte der Stadt, ihr zur Ermöglichung
der Amortiſation des zu inveſtierenden Kapitales von
1,800.000 Kronen einen jährlichen Zuſchuß von 25.000 K
zu gewähren.




Das grüne Auto.

74] (Nachdruck verboten.)

Er ſtand eilig auf:

Kommen Sie.

Die drei Herren ſchlenderten durch den Logengang,
als würden ſie eine kleine Promenade machen.

An dem kleinen Tiſchchen hinter der Loge Nr. 2
ſoupierte die Gräfin mit ihrem Manne.

So war eine Begegnung ſelbſtverſtändlich. Sphor be-
nützte die Gelegenheit, die Gräfin zu begrüßen und dem
Paare die beiden Freunde vorzuſtellen.

Die Gräfin war nicht ſo friſch wie ſonſt. Sie ſah
ermüdet, faſt krank aus.

Ihre Augen flackerten nervös, und die weiße
Schminke, welche ſie aufgelegt hatte, konnte die dunklen
Ringe unter den Augen ebenſowenig verdecken, wie die
rötlichen Flecken, welche das Fieber auf ihre Wangen ge-
zeichnet hatte. Sie ſchien auch keinen Appetit zu haben,
denn ſie tändelte nur ſo mit ihrer Gansleberpaſtete, trank
aber haſtig zwei Gläſer Champagner nacheinander. Nur
mit ſichtlichem Zwang nahm ſie an den Vorgängen, wie
am Geſpräche teil.

Die drei Herren hatten ſich, auf die liebenswürdige
Aufforderung Campobellos hin, zu dem Paar geſetzt,
und der ſonſt ſo ſchweigſame Graf begann, offenbar
durch die Umgebung und den Champagner angeregt,
eine flotte Konverſation.

Ueber das Varieté ſchwatzte er, über die ſchönen
Frauen, die er im Saale ſah, über das Nachtleben;
den franzöſiſchen Champagner lobte er, ſpeziell die Marke,
die er trank und die ihm wirklich ſehr zu munden ſchien,
denn ſein Glas wurde jeden Augenblick leer.

Hauptmann Fernkorn und Baron Sphor hatten
viele Fragen an ihn zu ſtellen, um ſeine Aufmerkſam-
keit von Doktor Martens, der der Gräfin gegenüber
Platz genommen hatte, abzulenken.


[Spaltenumbruch]

Plötzlich hielt der Graf mitten im Geſpräche inne.

Er ſchaute verwundert auf ſeine Frau, die ſcheinbar
ihre Umgebung vergeſſen hatte und ſchreckensſtarr auf
einen Herrn blickte, der ſich über die Brüſtung einer
Loge beugte und intereſſiert herüberſah.

Was haſt du denn? fragte der Graf.

Die Gräfin zuckte bei der Anſprache zuſammen,
ſtrich ſich über Augen und Stirn und ſagte bloß:

Mir iſt nicht wohl, gehen wir nach Hauſe! Aber
gleich!

Ohne die zuſtimmende Antwort des Gatten abzu-
warten, ſtand ſie auf und ging zur Loge vor, um ihren
Mantel zu holen.

Sphor kam ihr zuvor und legte den koſtbaren Abend-
mantel galant um ihre Schultern.

Doktor Martens, der Violetta unausgeſetzt beobachtet
hatte, war natürlich die plötzliche Veränderung, die in
ihr vorgegangen war, nicht entgangen.

Ihre Augen waren anfangs gelangweilt über das
Publikum hingeglitten, bis ſie plötzlich den Blick auf-
fing, den ein junger, eleganter Fremder auf ſie her-
überwarf.

In dieſem Augenblick war ſie unter der Schminke
tief erbleicht.

Ihre Augen hingen ſeitdem wie feſtgebannt an dem
Fremden, der aufgeſtanden war, als er ſah, daß die
Gräfin zur Loge ging, und nun durch das Promenoir
langſam herüber kam.

Haſt du ſchon gezahlt? drängte die Gräfin.

Der Graf blickte unwillig zu ihr auf.

Haſt du ſchon gezahlt? fragte ſie nochmals.

Aber geh’, ſo bleib’ doch noch ein bißchen!

Den Grafen traf ein zorniger Blick. Sie griff nach
dem Fächer und antwortete haſtig:

Nein, ich muß nach Hauſe! Du kannſt bleiben, wenn
du willſt! Baron Sphor wird die Freundlichkeit haben,
mich zum Wagen zu führen.

Gewiß, Gräfin. Wenn Sie geſtatten —


[Spaltenumbruch]

Der Baron bot ihr ſeinen Arm an.

Campobello ergriff die Hand ſeiner Frau.

Ich möchte wirklich noch ein wenig — —

Bleib’ nur, bleib’! unterbrach die Gräfin ihren
Mann haſtig, der Anſtalten machte, ſich zu erheben. Der
Baron wird ſchon ſo freundlich ſein.

Violetta nickte den drei Herren flüchtig zu und
wandte ſich raſch ab, um zur Haupttreppe zu gelangen.

Da ſtand drei Schritte vor ihr der Fremde. Ein
ſehr eleganter, junger, hübſcher Menſch in tadelloſem
Salonanzug.

Er hatte die Arme über die Bruſt gekreuzt und
blickte die Gräfin ernſt und forſchend an.

Gehen wir — durch die — andere Tür! ſtammelte
die Gräfin und kehrte dem Fremden den Rücken.

Doktor Martens verließ ſeinen Platz und ſtellte
ſich ſeitwärts, um die Situation genau zu überblicken.

Die Gräfin hatte den Arm des Barons fahren
gelaſſen und ſchritt raſch, eilig faſt, auf die Seitentür zu.

Sphor folgte ihr auf dem Fuße.

Als ſie den erſten Treppenabſatz erreicht hatte, warf
Violetta einen ſcheuen Blick nach rückwärts.

Sie ſah, wie der Schatten eines Mannes auf die
Glastür fiel.

Violetta ſtieß einen leiſen Schrei aus und ſtürmte
die Treppe hinunter.

Gleichzeitig hörte man die Tür oben gehen.

Der Fremde beugte ſich über das Geländer.

Da er Violetta noch auf den letzten Stufen erblickte,
eilte er ihr raſch ins Foyer nach.

Bleiben Sie bei mir, mir iſt ganz ſchlecht, flüſterte
die Gräfin Sphor zu und hängte ſich ſchwer in ſeinen Arm.

Ich will nur den Wagen rufen laſſen.

Nein, laſſen Sie mich nicht allein!

Sphor winkte einem Diener und beauftragte ihn,
den Wagen der Gräfin vorfahren zu laſſen.

(Fortſetzung folgt.)


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[3/0003] 4. Juni 1912. „Czernowitzer Allgemeine Zeitung“ boykott beſchloſſen und jedes Mitglied mit Ausſchluß bedroht, falls es fiskaliſchen Tabak rauchen ſoute. Bisher haben 2000 Perſoch nen ſidem Boykott angeſchloſſen. Aviatik. Neue Abſtürze. KB. Bremen, 2. Juni. (Tel. der Cz. (Allg, Ztg.“) Bei der Abfahrt zum nordweſtdeutſchen Rundflug ſtürzte Buchſtätter, der mit dem Leutnant Stille aufge- ſtiegen war, ab. Der Apparat begrub die beiden In- ſaſſen unter ſich. Leutnant Stille wurde tot und Buchſtätter ſterbend aus den Trümmern hervorge- zogen. Die Veranſtaltung wurde ſofort unterbrochen. Heuſchreckenverwüſtungen in Bulgarien. Bukareſt, 1. Juni. Der „Adeverul“ meldet, daß in den an der Donau liegenden Landſtrichen Bulgariens rieſige Heuſchreckenſchwärme aufgetaucht ſind, welche an den Saaten große Verheerungen an- richten. Drei Regimenter Infanterie ſind von der Regierung aufgeboten worden, um die Inſekten durch Feuer und Rauch zu vertilgen. Wenn die Inſekten durch den Wind nach Rumänien getrieben werden, ſo käme die Ernte der rumäniſchen Donaudiſtrikte in ſehr große Gefahr. Kleine Rundſchau. Wien, 2. Juni. Das Miniſterium des Innern hat die Landesbehörden angewieſen, automatiſch wirkende Ta- ſchenfeuerwaffen, Repetierpiſtolen und Browningpiſtolen unter 18 Zentimeter Länge, ſowie Schußwaffen unter die- ſem Maße überhaupt als verbotene Waffen zu behandeln. _ Czernowitzer Angelegenheiten. Czernowitz, 3. Juni. Gemeinderat. Sitzung vom 1. Juni 1912. Vorſitzender: Bürgermeiſter Baron Fürth. Schriftführer: Kanzliſt Schreiner. Nach Eröffnung der Sitzung ſtellt GR. Dr. Heinrich Kiesler mehrere Dringlichkeitsanträge, Angeſtellten der Kommune Geldunterſtützungen zu gewähren. Nach Annahme der Anträge geht der Gemeinderat zur Erledi- gung der Tagesordnung über, die nur die Beamtenvorlage enthält. GR. Wegner, der das Wort zur Tagesordnung erhält, führt aus,, daß für die Beamtenvolage ſechs Refe- renten beſtellt worden ſeien; da die Gemeinderäte aber ein Expoſee erhalten hätten, in welchem ſämtliche Referate enthalten ſeien, ſei Redner der Anſicht, man möge davon abſehen, jede Angelegenheit abgeſondert zu verhandeln, ſondern daß über den ganzen Komplex gleichzeitig abge- ſprochen werde. Redner ſtellt auch einen diesbezüglichen Antrag. GR. Dr. Norſt ſpricht ſich gegen dieſen Antrag aus, da für jede Kategorie andere Beſtimmungen im Expoſee enthalten ſeien und infolgedeſſen ein Zuſammenfaſſen ſämtlicher Referate ein Ding der Unmöglichkeit ſei. GR. Wallſtein ſpricht ſich für den Antrag des GR. Wegner aus, betont aber, daß nach ſeiner Auffaſſung vorerſt eine Generaldebatte über die Vorlage abzuführen ſei, bevor in die Spezialdebatte eingegangen werde. GR. Dr. H. Kiesler ſchließt ſich den Ausführun- gen des GR. Dr. Norſt an und verlangt gleichfalls, daß jeder Teil der Vorlage getrennt von den anderen durch- beraten werde. GR. Zalodek macht darauf aufmerkſam, daß der Geſamtbetrag für die Regulierung der Bezüge der ſtäd- tiſchen Angeſtellten und Magiſtratsbeamten 82.186 K beträgt und warnt davor, dieſen Betrag zu vergrößern, da dadurch eine Erhöhung der Umlage faſt unausbleiblich wäre. Redner ſpricht ſich für eine raſche Erledigung der Beamtenvorlage aus, damit die Beamten und Angeſtell- ten der Kommune raſcher zu ihrem Gelde kommen und ſchließt ſich aus dieſem Grunde dem Antrage Wegner an. Stadtrat Leo erklärt, für ihn ſei die Tagesordnung maßgebend. Er könne daher nur für eine getrennte Be- handlung ſämtlicher Fragen ſtimmen. GR. Dr. Cotlarciuc vermißt im Expoſee auch die Regulierung der Bezüge der Viertelmeiſter und bittet, daß auch dieſe Kategorie materiell beſſergeſtellt werde. GR. Fleminger meint, daß nur der Antrag des GR. Wegner eine Verſchleppung der Beamtenvorlage hintanhalten könnte. Wenn man der Auffaſſung des GR Dr. Norſt zuſtimmen ſollte, würden zehn Sitzungen kaum dazu ausreichen, um die Vorlage zu erledigen. Schon darum, daß das Budget endlich vor das Plenum des Ge- meinderates gelange, wäre es angezeigt, die Beamtenvor- lage noch in der heutigen Sitzung zu verabſchieden. GR. Wegner erklärt, mißverſtanden worden zu ſein. Er wolle nicht, daß die Vorlage im Pauſch und Bogen angenommen werde, ſondern daß man ſofort in die Spezialdebatte eingehen ſolle. GR. Dr. Hoſtiuk meint, das gute Herz der Ge- meinderäte für die ſtädtiſchen Angeſtellten zeige ſich ganz beſonders darin, daß ſie die ganze Angelegenheit ver- ſchleppen wollen und den Antrag des GR. Wegner dazu benützen, der doch nichts weiter verlange, als daß von dem vielen Reden Umgang genommen werde. GR. Dr. Billig ſchließt ſich den Ausführungen der GR. Dr. Norſt und Dr. H. Kiesler an. GR. Picker iſt der Anſicht, die einzelnen Referen- ten mögen ihre Anträge ſtellen und der Gemeinderat nehme ſie ohne Debatte an. Redner befürchtet nämlich, eine Debatte könnte nur dazu führen, daß der Betrag von 82.000 Kronen um das Doppelte ſteigen werde. Nachdem noch GR. Zalodek geſprochen hatte, wird der Antrag des GR. Wegnerangenommen. GR. Dr. H. Kiesler referiert über die Erhöhung der Löhne der Lampenanzünder. Dem Referate iſt folgendes zu entnehmen: In ihrem Geſuche machen die Lampenanzünder die herrſchenden Teuerungsverhältniſſe, ſowie den Umſtand geltend, daß ihre Entlohnung monatlicher 30 K 36 h nicht im Ver- hältniſſe zu ihren Arbeitsleiſtungen ſtehe. Nach dem Vor- ſchlage des 3. Departements beantragt der Magiſtrat eine Erhöhung der Löhne um 6 Kronen pro Mann und Monat. Das Mehrerfordernis beträgt bei dem ſyſtemiſierten Stande von 34 Lampenanzündern 2448 Kronen jährlich. Die erſte Sektion empfiehlt jedoch eine Erhöhung um 12 Kronen pro Mann und Monat und ſtellt ferner den An- trag, der Magiſtrat ſei aufzufordern, in Erwägung zu ziehen und diesbezügliche Anträge an den Gemeinderat zu ſtellen, ob die Lampenanzünder oder ein Teil derſelben als vollbeſchäftigte Aushilfsdiener (nach Art der Auf- ſeher) für Arbeiten, zu denen regelmäßig Taglöhner auf- genommen werden, neben der Bedienung der Lampen an- zuſtellen wären. GR. Wegner ſpricht ſich dafür aus, daß den Lam- penanzündern 12 Kronen monatlich mehr zugewieſen werden, jedoch nicht als Erhöhung des Gehaltes, ſondern als Teuerungszulage. Redner ſei dieſer Anſicht, weil er annehme, daß wahrſcheinlich in kürzeſter Zeit die elektriſche Beleuchtung auch in den Vorſtädten werde eingeführt wer- den und weil bei einer eventuellen Penſionierung dann auch die 12 Kronen in Anrechnung kommen müßten. Er ſtellt zum Sektionsantrag folgenden Zuſatzantrag: „Den Lampenanzündern wäre für dieſes Jahr eine monatliche Teuerungszulage von 12 Kronen zu gewähren und der Magiſtrat aufzufordern, wegen Aenderung des Syſtems der Vorſtadtbeleuchtung binnen Monatsfriſt dem Ge- meinderate geeignete Vorſchläge zu erſtatten. GR. Picker ſchließt ſich dem Antrage des GR. Wegner an; GR. Dr. H. Kiesler und Stadtrat Leo ſprechen ſich für den Sektionsantrag aus. GR. Fleminger nimmt den Magiſtratsantrag der für die Lampenanzünder nur 6 Kronen monatlich ver- langt, auf, indem er ſich dafür ausſpricht, daß die reſt- lichen 6 Kronen, welche die Sektion noch für die Lampen- anzünder vorgeſehen hat, den Feuerwehrleuten, die nur 40 Kronen monatlich für die oft lebensgefährliche Arbeit erhalten, gegeben werden. GR. Elias Wender ſchließt ſich den Ausführungen des GR. Fleminger an. GR. Dr. Cotlarciuk meint, die Vorſtädte wären zwar dem Gemeinderat für die Einführung des elektriſchen Lichtes ſehr dankbar, doch könne Redner unter keinen Um- ſtänden zulaſſen, daß dadurch die Lampenanzünder mate- riell verkürzt werden. Die Gemeinderäte Kindler, Zalodek und Wallſt ein ſtimmen dem Antrage des GR. Wegner zu. GR. Treß hält die von der Sektion beſtimmte Er- höhung für zu gering. Er ſtellt den Antrag, den Lan- penanzündern 15 Kronen monatlich, ſowie eine Schuh- und Kappenpauſchale im Betrage von 40 Kronen jährlich zu gewähren. GR. Skalat ſpricht ſich für den Sektionsantrag aus. Bei der hierauf vorgenommenen Abſtimmung werden der Sektionsantrag und der Antrag des GR. Treßab- gelehnt und der Magiſtratsantrag ange- nommen. GR. Wegner zieht ſeinen Zuſatzantrag zurück. Bevor der Gemeinderat die Debatte über die Be- amtenvorlage fortſetzt, ergreift GR. Dr. Straucher zu folgender Mitteilung das Wort: Bei der heutigen Landes- ausſchußſitzung kam auch die Angelegenheit des Kaſern- baues in der Ruſſiſchengaſſe zur Sprache. Der Landesausſchuß beſchloß einſtimmig, dem Landtage vorzu- ſchlagen, gemäß der Bitte der Stadt, ihr zur Ermöglichung der Amortiſation des zu inveſtierenden Kapitales von 1,800.000 Kronen einen jährlichen Zuſchuß von 25.000 K zu gewähren. Das grüne Auto. Roman von Auguſt Weißl. 74] (Nachdruck verboten.) Er ſtand eilig auf: Kommen Sie. Die drei Herren ſchlenderten durch den Logengang, als würden ſie eine kleine Promenade machen. An dem kleinen Tiſchchen hinter der Loge Nr. 2 ſoupierte die Gräfin mit ihrem Manne. So war eine Begegnung ſelbſtverſtändlich. Sphor be- nützte die Gelegenheit, die Gräfin zu begrüßen und dem Paare die beiden Freunde vorzuſtellen. Die Gräfin war nicht ſo friſch wie ſonſt. Sie ſah ermüdet, faſt krank aus. Ihre Augen flackerten nervös, und die weiße Schminke, welche ſie aufgelegt hatte, konnte die dunklen Ringe unter den Augen ebenſowenig verdecken, wie die rötlichen Flecken, welche das Fieber auf ihre Wangen ge- zeichnet hatte. Sie ſchien auch keinen Appetit zu haben, denn ſie tändelte nur ſo mit ihrer Gansleberpaſtete, trank aber haſtig zwei Gläſer Champagner nacheinander. Nur mit ſichtlichem Zwang nahm ſie an den Vorgängen, wie am Geſpräche teil. Die drei Herren hatten ſich, auf die liebenswürdige Aufforderung Campobellos hin, zu dem Paar geſetzt, und der ſonſt ſo ſchweigſame Graf begann, offenbar durch die Umgebung und den Champagner angeregt, eine flotte Konverſation. Ueber das Varieté ſchwatzte er, über die ſchönen Frauen, die er im Saale ſah, über das Nachtleben; den franzöſiſchen Champagner lobte er, ſpeziell die Marke, die er trank und die ihm wirklich ſehr zu munden ſchien, denn ſein Glas wurde jeden Augenblick leer. Hauptmann Fernkorn und Baron Sphor hatten viele Fragen an ihn zu ſtellen, um ſeine Aufmerkſam- keit von Doktor Martens, der der Gräfin gegenüber Platz genommen hatte, abzulenken. Plötzlich hielt der Graf mitten im Geſpräche inne. Er ſchaute verwundert auf ſeine Frau, die ſcheinbar ihre Umgebung vergeſſen hatte und ſchreckensſtarr auf einen Herrn blickte, der ſich über die Brüſtung einer Loge beugte und intereſſiert herüberſah. Was haſt du denn? fragte der Graf. Die Gräfin zuckte bei der Anſprache zuſammen, ſtrich ſich über Augen und Stirn und ſagte bloß: Mir iſt nicht wohl, gehen wir nach Hauſe! Aber gleich! Ohne die zuſtimmende Antwort des Gatten abzu- warten, ſtand ſie auf und ging zur Loge vor, um ihren Mantel zu holen. Sphor kam ihr zuvor und legte den koſtbaren Abend- mantel galant um ihre Schultern. Doktor Martens, der Violetta unausgeſetzt beobachtet hatte, war natürlich die plötzliche Veränderung, die in ihr vorgegangen war, nicht entgangen. Ihre Augen waren anfangs gelangweilt über das Publikum hingeglitten, bis ſie plötzlich den Blick auf- fing, den ein junger, eleganter Fremder auf ſie her- überwarf. In dieſem Augenblick war ſie unter der Schminke tief erbleicht. Ihre Augen hingen ſeitdem wie feſtgebannt an dem Fremden, der aufgeſtanden war, als er ſah, daß die Gräfin zur Loge ging, und nun durch das Promenoir langſam herüber kam. Haſt du ſchon gezahlt? drängte die Gräfin. Der Graf blickte unwillig zu ihr auf. Haſt du ſchon gezahlt? fragte ſie nochmals. Aber geh’, ſo bleib’ doch noch ein bißchen! Den Grafen traf ein zorniger Blick. Sie griff nach dem Fächer und antwortete haſtig: Nein, ich muß nach Hauſe! Du kannſt bleiben, wenn du willſt! Baron Sphor wird die Freundlichkeit haben, mich zum Wagen zu führen. Gewiß, Gräfin. Wenn Sie geſtatten — Der Baron bot ihr ſeinen Arm an. Campobello ergriff die Hand ſeiner Frau. Ich möchte wirklich noch ein wenig — — Bleib’ nur, bleib’! unterbrach die Gräfin ihren Mann haſtig, der Anſtalten machte, ſich zu erheben. Der Baron wird ſchon ſo freundlich ſein. Violetta nickte den drei Herren flüchtig zu und wandte ſich raſch ab, um zur Haupttreppe zu gelangen. Da ſtand drei Schritte vor ihr der Fremde. Ein ſehr eleganter, junger, hübſcher Menſch in tadelloſem Salonanzug. Er hatte die Arme über die Bruſt gekreuzt und blickte die Gräfin ernſt und forſchend an. Gehen wir — durch die — andere Tür! ſtammelte die Gräfin und kehrte dem Fremden den Rücken. Doktor Martens verließ ſeinen Platz und ſtellte ſich ſeitwärts, um die Situation genau zu überblicken. Die Gräfin hatte den Arm des Barons fahren gelaſſen und ſchritt raſch, eilig faſt, auf die Seitentür zu. Sphor folgte ihr auf dem Fuße. Als ſie den erſten Treppenabſatz erreicht hatte, warf Violetta einen ſcheuen Blick nach rückwärts. Sie ſah, wie der Schatten eines Mannes auf die Glastür fiel. Violetta ſtieß einen leiſen Schrei aus und ſtürmte die Treppe hinunter. Gleichzeitig hörte man die Tür oben gehen. Der Fremde beugte ſich über das Geländer. Da er Violetta noch auf den letzten Stufen erblickte, eilte er ihr raſch ins Foyer nach. Bleiben Sie bei mir, mir iſt ganz ſchlecht, flüſterte die Gräfin Sphor zu und hängte ſich ſchwer in ſeinen Arm. Ich will nur den Wagen rufen laſſen. Nein, laſſen Sie mich nicht allein! Sphor winkte einem Diener und beauftragte ihn, den Wagen der Gräfin vorfahren zu laſſen. (Fortſetzung folgt.)

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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 2508, Czernowitz, 04.06.1912, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer2508_1912/3>, abgerufen am 21.11.2024.