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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 2032, Czernowitz, 25.10.1910.

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Redaktion u. Administration:
Ringplatz 4, 2. Stock.




Telephon-Nummer 161.




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monatl. K 1·80, vierteljähr. K 5·40,
halbj. K 10·80, ganzjähr. K 21.60,
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monatlich K 2, vierteljähr. K 6,
halbjährl. K 12, ganzjähr. K 24.

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für Rumänien und den Balkan:
vierteljährig .... 10 Lei




Telegramme Allgemeine, Czernowitz.


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Czernowitzer
Allgemeine Zeitung

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Ankündigungen:
Es kostet im gewöhnlichen Inse-
ratenteil 12 h die 6mal gespaltene
Petitzeile bei einmaliger, 9 h bei
mehrmaliger Einschaltung, für Re-
klame 40 h die Petitzeile. Inserate
nehmen alle in- und ausländischen
Inseratenbureaux sowie die Ad-
ministration entgegen. -- Einzel-
exemplare sind in allen Zeitungs-
verschleißen, Trafiken, der k. k. Uni-
versitätsbuchhandlung H. Pardini
und in der Administration (Ring-
platz 4, 2. St.) erhältlich. In Wien
im Zeitungsbureau Goldschmidt,
Wollzeile 11.

Einzelexemplare
10 Heller für Czernowitz.






Nr. 2032. Czernowitz, Dienstag, den 25. Oktober 1910.



[Spaltenumbruch]
Uebersicht.

Vom Tage.

Ein persisches, von zahlreichen Türken besuchtes Protest-
meeting sprach sich für die Annäherung der Türkei an den
Dreibund aus und forderte Kaiser Wilhelm telegraphisch zur
Intervention in der persischen Frage auf.

Czernowitzer Angelegenheiten.

Landespräsident von Bleyleben soll einer Wiener
Meldung zufolge für den mährischen Statthalterposten aus-
ersehen sein. -- Aus Wien kommen Meldungen über eine
Millionenaffäre des Zentralverbandes rumänischer Raiffeisen-
kassen in der Bukowina.

Letzte Telegramme.

Der Reichsrat tritt Mitte November zusammen.




Der Wiederausbruch der Krisis in
England.


Nach einer Pause von beinahe drei Monaten hat die
Konferenz der vier liberalen und vier konservativen Führer,
die einem Wunsche des Königs gemäß den Versuch macht,
"die konstitutionelle Frage", d. h. die Oberhausfrage zu
lösen, letzte Woche nicht weniger als vier Sitzungen abgehalten.
Das legt den Gedanken nahe, daß die Konferenz in ein
kritisches Stadium ihrer Beratungen getreten ist, und erklärt
die hunderte, gewöhnlich mit größter Bestimmtheit auf-
tretenden Gerüchte, die gegenwärtig bezüglich des Verlaufs
und wahrscheinlichen Ausgangs der Konferenz im Umlauf
sind. Alle diese Gerüchte verdienen keinerlei Beachtung; sie
entsprangen nur dem Wunsch der verschiedenen Blätter, den
Eindruck zu erwecken, daß sie ganz besonders gut informiert
seien. Tatsächlich haben die acht Staatsmänner das Ver-
sprechen absoluter Geheimhaltung, das sie sich gegenseitig
gaben, auf das allerpeinlichste eingehalten, und man kann
daher trotz allem "Blüffens" der Blätter mit Bestimmtheit
sagen, daß keine Information über Verlauf und Resultat der
Konferenz in die Oeffentlichkeit dringen wird, bevor
Mr. Asquith sie in der abgemachten Form zirkuliert.

Wie der Ausgang der Konferenz auch sein mag, sie hat
jedenfalls bewiesen, daß englische Staatsmänner den Mund
halten können, und das ist kein kleines Verdienst. Der
häusliche, politische, journalistische, freundschaftliche Druck,
der auf sie ausgeübt wurde, um sie zu bestimmen, den
[Spaltenumbruch] Schleier etwas zu lüften, war schwer und ununterbrochen.
Sie widerstanden ihm aber glänzend.

Was die weitere Entwicklung der Lage anbetrifft, so
wagen wir -- ohne jede besondere Information, nur gestützt
auf eine Prüfung der Wahrscheinlichkeiten -- mit Bestimmt-
heit so viel vorauszusagen, daß der Wunsch des Königs,
keine Erneuerung der Parteikämpfe und vor allem keine
allgemeinen Wahlen vor seiner Krönung zu sehen, in Er-
füllung gehen wird. Wenn Mr. A[s]quith dem Parlament
über den bisherigen Verlauf der Konferenz Bericht erstatten
wird, dürfte er erklären, daß sich eine vereinzelte Lösung der
Oberhausfrage als unmöglich erwiesen habe, daß sie aber
Erfolg verspreche, wenn man die E[r]örterung auf einen großen
Plan ausdehnt, der die Oberhausfrage im Zusammenhang
mit einem weitreichenden Ausbau der Verfassung lösen
würde. Er wird daher eine erweiterte Konferenz beantragen
und wenn in ihr einmal Fragen wie Home Rule all
round
-- d. h. eine föderalistische Gestaltung des Ver-
einigten Königreiches -- und ein Reichssenat angeschnitten
werden, dürfte es leicht sein, ihre Sitzungen und damit den
politischen Waffenstillstand bis nächsten Sommer auszu-
dehnen.

Den Ministern kann eine solche Entwicklung, die ihnen
verbürgt, daß sie im Jahre der Krönung und der Reichs-
konferenz noch im Amte sind, nur recht sein, und die Führer
der Opposition werden sich ihr fügen, weil sie wohl wissen,
daß sie bei Wahlen im nächsten Jahr um kein Haar besser
fahren würden, als bei den diesjährigen Januar-Wahlen.




Vom Tage.


Eine handelspolitische Rede Doktor
Weißkirchners.

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Bei der feierlichen Eröffnung des neuen Handelskammer-
gebäudes hielt der Handelsminister Dr. Weißkirchner
eine Rede, in welcher er unter anderem sagte: es sei gerade
in so ernsten Zeiten um so notwendiger, daß alle diejenigen,
welche wirtschaftlich zusammengehören, auch wirtschaftlich
zusammengefaßt
würden, um in diesem Zusammen-
[Spaltenumbruch] schlusse mit vollem Nachdruck ihre gerechten Forderungen zur
Geltung zu bringen. Die Zeit sei nicht mehr ferne, wo es
notwendig sein werde, an die Erneuerung der Handels-
verträge
der Monarchie zu schreiten. Der Minister richte
daher an die Kammern die inständige Bitte, rechtzeitig alle
sachlichen Vorbereitungen zu treffen, damit bei Zeiten jene
Richtungslinien für die Handelspolitik Oesterreichs im Jahre
1917 gegeben wären, die dem allgemeinen Wohle dienen und
den richtigen Ausgleich zwischen Produzenten und Kon-
sumenten ermöglichen.




Der galizische Landtag.

Gestern nachmittags fand im
Landhausgebände eine Konferenz der Obmänner sämtlicher
Klubs statt. Diese Konferenz, an welcher auch die Vertreter
der Ruthenen teilnahmen, beschäftigten sich mit der Durch-
führung eines Landtagswahlreformprojektes. Auf Verlangen
der Ruthenen, schilderte der Abg. Glombinski das Er-
gebnis der bisherigen Beratungen über diese Frage unter den
polnischen Parteien. Die Details über die Konferenz wurden
nicht veröffentlicht und auch ihr Resultat ist unbekannt. Man
kann aber aus dem Verhalten der Ruthenen in der heutigen
Landtagssitzung schließen, daß das Ergebnis der Beratungen
für sie günstig gewesen sein muß.

Zu Beginn der heutigen Sitzung verlas der Abgeordnete
Skwarka den von sämtlichen ruthenischen Abgeordneten
unterschriebenen Protest gegen das Sitzungsprotokoll der
Sitzung vom 19. d. M., in welcher während der von den
Ruthenen veranstalteten Lärmßenen sämtliche Punkte der
Tagesordnung ohne Debatte erledigt wurden. Der Protest
stützt sich auf den § 76 der Geschäftsordnung. Der Abg.
Dudykiewicz erklärte, daß die [R]ussophilen auch einen solchen
Protest gegen das Protokoll der Sitzung vom 19. d. M.
einbringen werden. Der Landmarschall erwiderte hierauf, er
werde die Stichhältigkeit der Protestgründe prüfen und in der
nächsten Sitzung erklären, ob er selbst die betreffenden
Stellen des Protokolls richtig stellen werde, oder ob dies der
Entscheidung des Landtages überlassen werden müsse.

Hierauf ergriff der Obmann der Landtagswahlreform-
kommission Dr. Glombinski das Wort und erstattete
gemäß dem Antrage des Abg. Leo den Rechenschaftsbericht
der Wahlreformkommission über ihre bisherige Tätigkeit. Er
schilderte den Werdegang der Wahlreform von allem Anfang




[Spaltenumbruch]
Landesverrat.

97] (Nachdruck verboten.)

Wenn es für jede Verirrung und für jede in der
Leidenschaft begangene Sünde Vergebung gibt, warum nur
einzig nicht für die meinige? Sie und ich, wir stehen jedes ganz
allein in der Welt.

Und ich möchte so gerne Ihre Freundin sein. Unterschätzen
Sie ihn nicht, den Wert meiner Freundschaft! Ich bin vielleicht
stärker und mächtiger, als Sie es jetzt für möglich halten. Nicht
umsonst bin ich durch ein ereignisreiches Dasein gegangen. Ich
kenne die Höhen und Tiefen des Lebens, seine Klippen und
seine Gefahren, wie ich seine Freuden und Seligkeiten kenne.
Und nur diese sollen es sein, zu denen ich Sie führen werde.
Nie -- nie sollen Sie es bereuen, sich meiner Führung an-
vertraut zu haben.

Ich will fortan für nichts anderes mehr leben als für Ihr
Glück. Denn ich kann eine ebenso aufopfernde und hingebende
Freundin sein, als ich, wenn man mich dazu zwingt, eine
rücksichtslose und gefährliche Feindin werden kann. Und ich
glaube nicht, Georg, daß es zwischen uns eine andere Mög-
lichkeit gibt, als eine von diesen beiden. Ich möchte Ihre
Freundin sein; bei Ihnen allein läge die Schuld, wenn ich
Ihre Feindin würde."

"Was Sie da sagen, ist eitel Torheit," erwiderte ich "und
Sie können nicht erwarten, daß ich es ernsthaft nehme. Auch
wenn nicht alles das zwischen uns stände, was uns für immer
trennen muß, würde ich mich niemals am Gängelbande einer
Frau durch das Leben führen lassen. Ich bin alt genug und
stark genug, mir meinen Weg selbst zu bahnen. Ich wiederhole,
daß ich keine Rachegedanken gegen Sie hege und ich sehe deshalb
auch keinen Grund, weshalb Sie meine Feindin sein müßten.
Ihre Freundschaft aber kann ich ebensowenig annehmen. Ihre
Interessen und die meinigen liegen weit auseinander und
niemals werden sie sich vereinigen lassen."


[Spaltenumbruch]

"Seien Sie dessen nicht so gewiß," beharrte sie mit einer
seltsamen Entschiedenheit.

"Ich denke, daß sich bald genug erweisen wird, inwieweit
meine Interessen auch die Ihrigen sind. Und ich vermute, daß
der Tag nicht fern ist, an dem Sie meine Hilfe gern annehmen
werden."

Ihre Hartnäckigkeit reizte nun doch meinen Zorn.

"Ich verzichte ein für allemal auf Ihre Hilfe, Madame,"
rief ich "und ich begehre von Ihnen keinen anderen Frennd-
schaftsdienst als den, daß Sie mich jetzt verlassen."

Jetzt endlich erhob sie sich aus ihrem Sessel.

"Nun wohl," sagte sie, "ich gehe. -- Aber ich bin be-
harrlicher, als Sie glauben mögen. Und es ist nun einmal
meine Ueberzeugung, daß Sie die Dinge bald in einem anderen
Lichte sehen werden. -- Wollen Sie mir zum Abschied Ihre
Hand geben, Georg?"

Zögernd kamen ihre schmalen weißen Finger unter dem
halb herabgeglittenen Mantel zum Vorschein.

Und ich hatte nicht das Herz, diese zaghaft dargebotene
Hand zurückzuweisen. Aber nur für den Bruchteil einer Sekunde
behielt ich sie in der meinigen.

"Es dunkelt bereits", sagte ich.

"Sie werden den Weg nach dem Strandschlößchen nicht
ohne Begleitung machen können."

"Meine Dienerin erwartet mich in einiger Entfernung von
Ihrem Hause. Und außerdem bin ich nicht furchtsam. -- Ueber-
legen Sie sich, was ich Ihnen gesagt habe, Georg! Ich sage
Ihnen nicht Lebewohl, sondern: Auf Wiedersehen!"

Sie hüllte ihre weißen Schultern wieder in den dunklen
Mantel und glitt wie ein Schatten aus meinem Zimmer.

29. Kapitel.

Wenige Minuten, nachdem meine Besucherin mich verlassen
hatte, trat Francois ein. Er sagte mir auf meine Frage, daß er
im Dorfe gewesen sei und erst jetzt begriff ich, wie es ihr
möglich gewesen war, unaufgehalten und unangemeldet zu mir
zu gelangen.


[Spaltenumbruch]

Der Diener machte sich ohne eigentlichen Zweck allerlei um
mich zu schaffen und ich merkte wohl, daß er irgend etwas auf
dem Herzen habe. Da ich zu wissen glaubte, daß er mir auf-
richtig ergeben sei, fragte ich ihn, ob er mir etwas zu sagen
wünsche und er erwiderte ohne Zögern:

"Ich halte es allerdings für meine Pflicht, Herr Lazar,
Ihnen von den Gerüchten Mitteilung zu machen, die in
der Gegend umlaufen. Denn sie scheinen mir von einiger Be-
deutung."

"Gerüchte, die sich mit meiner Person beschäftigen,
Francois?"

"Allerdings! -- Auch mit Ihrer Person, Herr Lazar!"

"Nun also?"

"Es handelt sich um den toten Mann, der vor einiger
Zeit in der Nähe des Hauses gefunden wurde, das Sie damals
bewohnten. Man hatte geglaubt, daß der Körper von der See
angespült worden sei; aber jetzt soll festgestellt sein, daß man
ihn am Abend vor seiner Auffindung im Dorf gesehen hat und
daß er sich dort nach dem Wege zu Ihrem Haufe erkundigte.
Die Leute sagen, er sei aus dem Dorfe gegangen in der be-
stimmten Absicht, Sie aufzusuchen. Und dann -- nun, dann
haben Sie ihn eben am nächsten Tage als Leiche gefunden."

"Und sonst nichts?"

"Ach, die Leute schwatzen noch viel dummes Zeug, Herr
Lazar! -- Sie sagen, der Mann sei ein Verwandter von
Ihnen gewesen, mit dem Sie auf schlechtem Fuße standen. Und
das junge Mädchen, dessen Vater jetzt die Anzeige bei der
Polizei erstattet hat, behauptet, sie sei durch Sie veranlaßt
worden, so lange zu schweigen."

"Unter solchen Umständen darf ich wohl annehmen, daß
man mich mit dem Tode des Mannes in einen Zusammenhang
bringt."

"Es gibt Leute, die dieser Meinung ganz unverhohlen
Ausdruck geben, Herr Lazar!"

Ich danke Ihnen, Francois! Ich werde also nunmehr
vorbereitet sein auf das, was sich möglicherweise ereignen
könnte.

(Fortsetzung folgt.)


[Spaltenumbruch]

Redaktion u. Adminiſtration:
Ringplatz 4, 2. Stock.




Telephon-Nummer 161.




Abonnementsbedingungen:

Für Czernowitz
(mit Zuſtellung ins Haus):
monatl. K 1·80, vierteljähr. K 5·40,
halbj. K 10·80, ganzjähr. K 21.60,
(mit täglicher Poſtverſendung):
monatlich K 2, vierteljähr. K 6,
halbjährl. K 12, ganzjähr. K 24.

Für Deutſchland:
vierteljährig .... 7 Mark

für Rumänien und den Balkan:
vierteljährig .... 10 Lei




Telegramme Allgemeine, Czernowitz.


[Spaltenumbruch]
Czernowitzer
Allgemeine Zeitung

[Spaltenumbruch]

Ankündigungen:
Es koſtet im gewöhnlichen Inſe-
ratenteil 12 h die 6mal geſpaltene
Petitzeile bei einmaliger, 9 h bei
mehrmaliger Einſchaltung, für Re-
klame 40 h die Petitzeile. Inſerate
nehmen alle in- und ausländiſchen
Inſeratenbureaux ſowie die Ad-
miniſtration entgegen. — Einzel-
exemplare ſind in allen Zeitungs-
verſchleißen, Trafiken, der k. k. Uni-
verſitätsbuchhandlung H. Pardini
und in der Adminiſtration (Ring-
platz 4, 2. St.) erhältlich. In Wien
im Zeitungsbureau Goldſchmidt,
Wollzeile 11.

Einzelexemplare
10 Heller für Czernowitz.






Nr. 2032. Czernowitz, Dienſtag, den 25. Oktober 1910.



[Spaltenumbruch]
Ueberſicht.

Vom Tage.

Ein perſiſches, von zahlreichen Türken beſuchtes Proteſt-
meeting ſprach ſich für die Annäherung der Türkei an den
Dreibund aus und forderte Kaiſer Wilhelm telegraphiſch zur
Intervention in der perſiſchen Frage auf.

Czernowitzer Angelegenheiten.

Landespräſident von Bleyleben ſoll einer Wiener
Meldung zufolge für den mähriſchen Statthalterpoſten aus-
erſehen ſein. — Aus Wien kommen Meldungen über eine
Millionenaffäre des Zentralverbandes rumäniſcher Raiffeiſen-
kaſſen in der Bukowina.

Letzte Telegramme.

Der Reichsrat tritt Mitte November zuſammen.




Der Wiederausbruch der Kriſis in
England.


Nach einer Pauſe von beinahe drei Monaten hat die
Konferenz der vier liberalen und vier konſervativen Führer,
die einem Wunſche des Königs gemäß den Verſuch macht,
„die konſtitutionelle Frage“, d. h. die Oberhausfrage zu
löſen, letzte Woche nicht weniger als vier Sitzungen abgehalten.
Das legt den Gedanken nahe, daß die Konferenz in ein
kritiſches Stadium ihrer Beratungen getreten iſt, und erklärt
die hunderte, gewöhnlich mit größter Beſtimmtheit auf-
tretenden Gerüchte, die gegenwärtig bezüglich des Verlaufs
und wahrſcheinlichen Ausgangs der Konferenz im Umlauf
ſind. Alle dieſe Gerüchte verdienen keinerlei Beachtung; ſie
entſprangen nur dem Wunſch der verſchiedenen Blätter, den
Eindruck zu erwecken, daß ſie ganz beſonders gut informiert
ſeien. Tatſächlich haben die acht Staatsmänner das Ver-
ſprechen abſoluter Geheimhaltung, das ſie ſich gegenſeitig
gaben, auf das allerpeinlichſte eingehalten, und man kann
daher trotz allem „Blüffens“ der Blätter mit Beſtimmtheit
ſagen, daß keine Information über Verlauf und Reſultat der
Konferenz in die Oeffentlichkeit dringen wird, bevor
Mr. Asquith ſie in der abgemachten Form zirkuliert.

Wie der Ausgang der Konferenz auch ſein mag, ſie hat
jedenfalls bewieſen, daß engliſche Staatsmänner den Mund
halten können, und das iſt kein kleines Verdienſt. Der
häusliche, politiſche, journaliſtiſche, freundſchaftliche Druck,
der auf ſie ausgeübt wurde, um ſie zu beſtimmen, den
[Spaltenumbruch] Schleier etwas zu lüften, war ſchwer und ununterbrochen.
Sie widerſtanden ihm aber glänzend.

Was die weitere Entwicklung der Lage anbetrifft, ſo
wagen wir — ohne jede beſondere Information, nur geſtützt
auf eine Prüfung der Wahrſcheinlichkeiten — mit Beſtimmt-
heit ſo viel vorauszuſagen, daß der Wunſch des Königs,
keine Erneuerung der Parteikämpfe und vor allem keine
allgemeinen Wahlen vor ſeiner Krönung zu ſehen, in Er-
füllung gehen wird. Wenn Mr. A[s]quith dem Parlament
über den bisherigen Verlauf der Konferenz Bericht erſtatten
wird, dürfte er erklären, daß ſich eine vereinzelte Löſung der
Oberhausfrage als unmöglich erwieſen habe, daß ſie aber
Erfolg verſpreche, wenn man die E[r]örterung auf einen großen
Plan ausdehnt, der die Oberhausfrage im Zuſammenhang
mit einem weitreichenden Ausbau der Verfaſſung löſen
würde. Er wird daher eine erweiterte Konferenz beantragen
und wenn in ihr einmal Fragen wie Home Rule all
round
— d. h. eine föderaliſtiſche Geſtaltung des Ver-
einigten Königreiches — und ein Reichsſenat angeſchnitten
werden, dürfte es leicht ſein, ihre Sitzungen und damit den
politiſchen Waffenſtillſtand bis nächſten Sommer auszu-
dehnen.

Den Miniſtern kann eine ſolche Entwicklung, die ihnen
verbürgt, daß ſie im Jahre der Krönung und der Reichs-
konferenz noch im Amte ſind, nur recht ſein, und die Führer
der Oppoſition werden ſich ihr fügen, weil ſie wohl wiſſen,
daß ſie bei Wahlen im nächſten Jahr um kein Haar beſſer
fahren würden, als bei den diesjährigen Januar-Wahlen.




Vom Tage.


Eine handelspolitiſche Rede Doktor
Weißkirchners.

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Bei der feierlichen Eröffnung des neuen Handelskammer-
gebäudes hielt der Handelsminiſter Dr. Weißkirchner
eine Rede, in welcher er unter anderem ſagte: es ſei gerade
in ſo ernſten Zeiten um ſo notwendiger, daß alle diejenigen,
welche wirtſchaftlich zuſammengehören, auch wirtſchaftlich
zuſammengefaßt
würden, um in dieſem Zuſammen-
[Spaltenumbruch] ſchluſſe mit vollem Nachdruck ihre gerechten Forderungen zur
Geltung zu bringen. Die Zeit ſei nicht mehr ferne, wo es
notwendig ſein werde, an die Erneuerung der Handels-
verträge
der Monarchie zu ſchreiten. Der Miniſter richte
daher an die Kammern die inſtändige Bitte, rechtzeitig alle
ſachlichen Vorbereitungen zu treffen, damit bei Zeiten jene
Richtungslinien für die Handelspolitik Oeſterreichs im Jahre
1917 gegeben wären, die dem allgemeinen Wohle dienen und
den richtigen Ausgleich zwiſchen Produzenten und Kon-
ſumenten ermöglichen.




Der galiziſche Landtag.

Geſtern nachmittags fand im
Landhausgebände eine Konferenz der Obmänner ſämtlicher
Klubs ſtatt. Dieſe Konferenz, an welcher auch die Vertreter
der Ruthenen teilnahmen, beſchäftigten ſich mit der Durch-
führung eines Landtagswahlreformprojektes. Auf Verlangen
der Ruthenen, ſchilderte der Abg. Glombinski das Er-
gebnis der bisherigen Beratungen über dieſe Frage unter den
polniſchen Parteien. Die Details über die Konferenz wurden
nicht veröffentlicht und auch ihr Reſultat iſt unbekannt. Man
kann aber aus dem Verhalten der Ruthenen in der heutigen
Landtagsſitzung ſchließen, daß das Ergebnis der Beratungen
für ſie günſtig geweſen ſein muß.

Zu Beginn der heutigen Sitzung verlas der Abgeordnete
Skwarka den von ſämtlichen rutheniſchen Abgeordneten
unterſchriebenen Proteſt gegen das Sitzungsprotokoll der
Sitzung vom 19. d. M., in welcher während der von den
Ruthenen veranſtalteten Lärmſzenen ſämtliche Punkte der
Tagesordnung ohne Debatte erledigt wurden. Der Proteſt
ſtützt ſich auf den § 76 der Geſchäftsordnung. Der Abg.
Dudykiewicz erklärte, daß die [R]uſſophilen auch einen ſolchen
Proteſt gegen das Protokoll der Sitzung vom 19. d. M.
einbringen werden. Der Landmarſchall erwiderte hierauf, er
werde die Stichhältigkeit der Proteſtgründe prüfen und in der
nächſten Sitzung erklären, ob er ſelbſt die betreffenden
Stellen des Protokolls richtig ſtellen werde, oder ob dies der
Entſcheidung des Landtages überlaſſen werden müſſe.

Hierauf ergriff der Obmann der Landtagswahlreform-
kommiſſion Dr. Glombinski das Wort und erſtattete
gemäß dem Antrage des Abg. Leo den Rechenſchaftsbericht
der Wahlreformkommiſſion über ihre bisherige Tätigkeit. Er
ſchilderte den Werdegang der Wahlreform von allem Anfang




[Spaltenumbruch]
Landesverrat.

97] (Nachdruck verboten.)

Wenn es für jede Verirrung und für jede in der
Leidenſchaft begangene Sünde Vergebung gibt, warum nur
einzig nicht für die meinige? Sie und ich, wir ſtehen jedes ganz
allein in der Welt.

Und ich möchte ſo gerne Ihre Freundin ſein. Unterſchätzen
Sie ihn nicht, den Wert meiner Freundſchaft! Ich bin vielleicht
ſtärker und mächtiger, als Sie es jetzt für möglich halten. Nicht
umſonſt bin ich durch ein ereignisreiches Daſein gegangen. Ich
kenne die Höhen und Tiefen des Lebens, ſeine Klippen und
ſeine Gefahren, wie ich ſeine Freuden und Seligkeiten kenne.
Und nur dieſe ſollen es ſein, zu denen ich Sie führen werde.
Nie — nie ſollen Sie es bereuen, ſich meiner Führung an-
vertraut zu haben.

Ich will fortan für nichts anderes mehr leben als für Ihr
Glück. Denn ich kann eine ebenſo aufopfernde und hingebende
Freundin ſein, als ich, wenn man mich dazu zwingt, eine
rückſichtsloſe und gefährliche Feindin werden kann. Und ich
glaube nicht, Georg, daß es zwiſchen uns eine andere Mög-
lichkeit gibt, als eine von dieſen beiden. Ich möchte Ihre
Freundin ſein; bei Ihnen allein läge die Schuld, wenn ich
Ihre Feindin würde.“

„Was Sie da ſagen, iſt eitel Torheit,“ erwiderte ich „und
Sie können nicht erwarten, daß ich es ernſthaft nehme. Auch
wenn nicht alles das zwiſchen uns ſtände, was uns für immer
trennen muß, würde ich mich niemals am Gängelbande einer
Frau durch das Leben führen laſſen. Ich bin alt genug und
ſtark genug, mir meinen Weg ſelbſt zu bahnen. Ich wiederhole,
daß ich keine Rachegedanken gegen Sie hege und ich ſehe deshalb
auch keinen Grund, weshalb Sie meine Feindin ſein müßten.
Ihre Freundſchaft aber kann ich ebenſowenig annehmen. Ihre
Intereſſen und die meinigen liegen weit auseinander und
niemals werden ſie ſich vereinigen laſſen.“


[Spaltenumbruch]

„Seien Sie deſſen nicht ſo gewiß,“ beharrte ſie mit einer
ſeltſamen Entſchiedenheit.

„Ich denke, daß ſich bald genug erweiſen wird, inwieweit
meine Intereſſen auch die Ihrigen ſind. Und ich vermute, daß
der Tag nicht fern iſt, an dem Sie meine Hilfe gern annehmen
werden.“

Ihre Hartnäckigkeit reizte nun doch meinen Zorn.

„Ich verzichte ein für allemal auf Ihre Hilfe, Madame,“
rief ich „und ich begehre von Ihnen keinen anderen Frennd-
ſchaftsdienſt als den, daß Sie mich jetzt verlaſſen.“

Jetzt endlich erhob ſie ſich aus ihrem Seſſel.

„Nun wohl,“ ſagte ſie, „ich gehe. — Aber ich bin be-
harrlicher, als Sie glauben mögen. Und es iſt nun einmal
meine Ueberzeugung, daß Sie die Dinge bald in einem anderen
Lichte ſehen werden. — Wollen Sie mir zum Abſchied Ihre
Hand geben, Georg?“

Zögernd kamen ihre ſchmalen weißen Finger unter dem
halb herabgeglittenen Mantel zum Vorſchein.

Und ich hatte nicht das Herz, dieſe zaghaft dargebotene
Hand zurückzuweiſen. Aber nur für den Bruchteil einer Sekunde
behielt ich ſie in der meinigen.

„Es dunkelt bereits“, ſagte ich.

„Sie werden den Weg nach dem Strandſchlößchen nicht
ohne Begleitung machen können.“

„Meine Dienerin erwartet mich in einiger Entfernung von
Ihrem Hauſe. Und außerdem bin ich nicht furchtſam. — Ueber-
legen Sie ſich, was ich Ihnen geſagt habe, Georg! Ich ſage
Ihnen nicht Lebewohl, ſondern: Auf Wiederſehen!“

Sie hüllte ihre weißen Schultern wieder in den dunklen
Mantel und glitt wie ein Schatten aus meinem Zimmer.

29. Kapitel.

Wenige Minuten, nachdem meine Beſucherin mich verlaſſen
hatte, trat Francois ein. Er ſagte mir auf meine Frage, daß er
im Dorfe geweſen ſei und erſt jetzt begriff ich, wie es ihr
möglich geweſen war, unaufgehalten und unangemeldet zu mir
zu gelangen.


[Spaltenumbruch]

Der Diener machte ſich ohne eigentlichen Zweck allerlei um
mich zu ſchaffen und ich merkte wohl, daß er irgend etwas auf
dem Herzen habe. Da ich zu wiſſen glaubte, daß er mir auf-
richtig ergeben ſei, fragte ich ihn, ob er mir etwas zu ſagen
wünſche und er erwiderte ohne Zögern:

„Ich halte es allerdings für meine Pflicht, Herr Lazar,
Ihnen von den Gerüchten Mitteilung zu machen, die in
der Gegend umlaufen. Denn ſie ſcheinen mir von einiger Be-
deutung.“

„Gerüchte, die ſich mit meiner Perſon beſchäftigen,
Francois?“

„Allerdings! — Auch mit Ihrer Perſon, Herr Lazar!“

„Nun alſo?“

„Es handelt ſich um den toten Mann, der vor einiger
Zeit in der Nähe des Hauſes gefunden wurde, das Sie damals
bewohnten. Man hatte geglaubt, daß der Körper von der See
angeſpült worden ſei; aber jetzt ſoll feſtgeſtellt ſein, daß man
ihn am Abend vor ſeiner Auffindung im Dorf geſehen hat und
daß er ſich dort nach dem Wege zu Ihrem Haufe erkundigte.
Die Leute ſagen, er ſei aus dem Dorfe gegangen in der be-
ſtimmten Abſicht, Sie aufzuſuchen. Und dann — nun, dann
haben Sie ihn eben am nächſten Tage als Leiche gefunden.“

„Und ſonſt nichts?“

„Ach, die Leute ſchwatzen noch viel dummes Zeug, Herr
Lazar! — Sie ſagen, der Mann ſei ein Verwandter von
Ihnen geweſen, mit dem Sie auf ſchlechtem Fuße ſtanden. Und
das junge Mädchen, deſſen Vater jetzt die Anzeige bei der
Polizei erſtattet hat, behauptet, ſie ſei durch Sie veranlaßt
worden, ſo lange zu ſchweigen.“

„Unter ſolchen Umſtänden darf ich wohl annehmen, daß
man mich mit dem Tode des Mannes in einen Zuſammenhang
bringt.“

„Es gibt Leute, die dieſer Meinung ganz unverhohlen
Ausdruck geben, Herr Lazar!“

Ich danke Ihnen, Francois! Ich werde alſo nunmehr
vorbereitet ſein auf das, was ſich möglicherweiſe ereignen
könnte.

(Fortſetzung folgt.)


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Einzelexemplare 10 Heller für Czernowitz. Nr. 2032. Czernowitz, Dienſtag, den 25. Oktober 1910. Ueberſicht. Vom Tage. Ein perſiſches, von zahlreichen Türken beſuchtes Proteſt- meeting ſprach ſich für die Annäherung der Türkei an den Dreibund aus und forderte Kaiſer Wilhelm telegraphiſch zur Intervention in der perſiſchen Frage auf. Czernowitzer Angelegenheiten. Landespräſident von Bleyleben ſoll einer Wiener Meldung zufolge für den mähriſchen Statthalterpoſten aus- erſehen ſein. — Aus Wien kommen Meldungen über eine Millionenaffäre des Zentralverbandes rumäniſcher Raiffeiſen- kaſſen in der Bukowina. Letzte Telegramme. Der Reichsrat tritt Mitte November zuſammen. Der Wiederausbruch der Kriſis in England. London, 22. Oktober. Nach einer Pauſe von beinahe drei Monaten hat die Konferenz der vier liberalen und vier konſervativen Führer, die einem Wunſche des Königs gemäß den Verſuch macht, „die konſtitutionelle Frage“, d. h. die Oberhausfrage zu löſen, letzte Woche nicht weniger als vier Sitzungen abgehalten. Das legt den Gedanken nahe, daß die Konferenz in ein kritiſches Stadium ihrer Beratungen getreten iſt, und erklärt die hunderte, gewöhnlich mit größter Beſtimmtheit auf- tretenden Gerüchte, die gegenwärtig bezüglich des Verlaufs und wahrſcheinlichen Ausgangs der Konferenz im Umlauf ſind. Alle dieſe Gerüchte verdienen keinerlei Beachtung; ſie entſprangen nur dem Wunſch der verſchiedenen Blätter, den Eindruck zu erwecken, daß ſie ganz beſonders gut informiert ſeien. Tatſächlich haben die acht Staatsmänner das Ver- ſprechen abſoluter Geheimhaltung, das ſie ſich gegenſeitig gaben, auf das allerpeinlichſte eingehalten, und man kann daher trotz allem „Blüffens“ der Blätter mit Beſtimmtheit ſagen, daß keine Information über Verlauf und Reſultat der Konferenz in die Oeffentlichkeit dringen wird, bevor Mr. Asquith ſie in der abgemachten Form zirkuliert. Wie der Ausgang der Konferenz auch ſein mag, ſie hat jedenfalls bewieſen, daß engliſche Staatsmänner den Mund halten können, und das iſt kein kleines Verdienſt. Der häusliche, politiſche, journaliſtiſche, freundſchaftliche Druck, der auf ſie ausgeübt wurde, um ſie zu beſtimmen, den Schleier etwas zu lüften, war ſchwer und ununterbrochen. Sie widerſtanden ihm aber glänzend. Was die weitere Entwicklung der Lage anbetrifft, ſo wagen wir — ohne jede beſondere Information, nur geſtützt auf eine Prüfung der Wahrſcheinlichkeiten — mit Beſtimmt- heit ſo viel vorauszuſagen, daß der Wunſch des Königs, keine Erneuerung der Parteikämpfe und vor allem keine allgemeinen Wahlen vor ſeiner Krönung zu ſehen, in Er- füllung gehen wird. Wenn Mr. Asquith dem Parlament über den bisherigen Verlauf der Konferenz Bericht erſtatten wird, dürfte er erklären, daß ſich eine vereinzelte Löſung der Oberhausfrage als unmöglich erwieſen habe, daß ſie aber Erfolg verſpreche, wenn man die Erörterung auf einen großen Plan ausdehnt, der die Oberhausfrage im Zuſammenhang mit einem weitreichenden Ausbau der Verfaſſung löſen würde. Er wird daher eine erweiterte Konferenz beantragen und wenn in ihr einmal Fragen wie Home Rule all round — d. h. eine föderaliſtiſche Geſtaltung des Ver- einigten Königreiches — und ein Reichsſenat angeſchnitten werden, dürfte es leicht ſein, ihre Sitzungen und damit den politiſchen Waffenſtillſtand bis nächſten Sommer auszu- dehnen. Den Miniſtern kann eine ſolche Entwicklung, die ihnen verbürgt, daß ſie im Jahre der Krönung und der Reichs- konferenz noch im Amte ſind, nur recht ſein, und die Führer der Oppoſition werden ſich ihr fügen, weil ſie wohl wiſſen, daß ſie bei Wahlen im nächſten Jahr um kein Haar beſſer fahren würden, als bei den diesjährigen Januar-Wahlen. Vom Tage. Czernowitz, 24. Oktober. Eine handelspolitiſche Rede Doktor Weißkirchners. KB. Troppan, 24. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Bei der feierlichen Eröffnung des neuen Handelskammer- gebäudes hielt der Handelsminiſter Dr. Weißkirchner eine Rede, in welcher er unter anderem ſagte: es ſei gerade in ſo ernſten Zeiten um ſo notwendiger, daß alle diejenigen, welche wirtſchaftlich zuſammengehören, auch wirtſchaftlich zuſammengefaßt würden, um in dieſem Zuſammen- ſchluſſe mit vollem Nachdruck ihre gerechten Forderungen zur Geltung zu bringen. Die Zeit ſei nicht mehr ferne, wo es notwendig ſein werde, an die Erneuerung der Handels- verträge der Monarchie zu ſchreiten. Der Miniſter richte daher an die Kammern die inſtändige Bitte, rechtzeitig alle ſachlichen Vorbereitungen zu treffen, damit bei Zeiten jene Richtungslinien für die Handelspolitik Oeſterreichs im Jahre 1917 gegeben wären, die dem allgemeinen Wohle dienen und den richtigen Ausgleich zwiſchen Produzenten und Kon- ſumenten ermöglichen. Der galiziſche Landtag. Lemberg, 23. Oktober. Geſtern nachmittags fand im Landhausgebände eine Konferenz der Obmänner ſämtlicher Klubs ſtatt. Dieſe Konferenz, an welcher auch die Vertreter der Ruthenen teilnahmen, beſchäftigten ſich mit der Durch- führung eines Landtagswahlreformprojektes. Auf Verlangen der Ruthenen, ſchilderte der Abg. Glombinski das Er- gebnis der bisherigen Beratungen über dieſe Frage unter den polniſchen Parteien. Die Details über die Konferenz wurden nicht veröffentlicht und auch ihr Reſultat iſt unbekannt. Man kann aber aus dem Verhalten der Ruthenen in der heutigen Landtagsſitzung ſchließen, daß das Ergebnis der Beratungen für ſie günſtig geweſen ſein muß. Zu Beginn der heutigen Sitzung verlas der Abgeordnete Skwarka den von ſämtlichen rutheniſchen Abgeordneten unterſchriebenen Proteſt gegen das Sitzungsprotokoll der Sitzung vom 19. d. M., in welcher während der von den Ruthenen veranſtalteten Lärmſzenen ſämtliche Punkte der Tagesordnung ohne Debatte erledigt wurden. Der Proteſt ſtützt ſich auf den § 76 der Geſchäftsordnung. Der Abg. Dudykiewicz erklärte, daß die Ruſſophilen auch einen ſolchen Proteſt gegen das Protokoll der Sitzung vom 19. d. M. einbringen werden. Der Landmarſchall erwiderte hierauf, er werde die Stichhältigkeit der Proteſtgründe prüfen und in der nächſten Sitzung erklären, ob er ſelbſt die betreffenden Stellen des Protokolls richtig ſtellen werde, oder ob dies der Entſcheidung des Landtages überlaſſen werden müſſe. Hierauf ergriff der Obmann der Landtagswahlreform- kommiſſion Dr. Glombinski das Wort und erſtattete gemäß dem Antrage des Abg. Leo den Rechenſchaftsbericht der Wahlreformkommiſſion über ihre bisherige Tätigkeit. Er ſchilderte den Werdegang der Wahlreform von allem Anfang Landesverrat. Roman von E. Ph. Oppenheim. 97] (Nachdruck verboten.) Wenn es für jede Verirrung und für jede in der Leidenſchaft begangene Sünde Vergebung gibt, warum nur einzig nicht für die meinige? Sie und ich, wir ſtehen jedes ganz allein in der Welt. Und ich möchte ſo gerne Ihre Freundin ſein. Unterſchätzen Sie ihn nicht, den Wert meiner Freundſchaft! Ich bin vielleicht ſtärker und mächtiger, als Sie es jetzt für möglich halten. Nicht umſonſt bin ich durch ein ereignisreiches Daſein gegangen. Ich kenne die Höhen und Tiefen des Lebens, ſeine Klippen und ſeine Gefahren, wie ich ſeine Freuden und Seligkeiten kenne. Und nur dieſe ſollen es ſein, zu denen ich Sie führen werde. Nie — nie ſollen Sie es bereuen, ſich meiner Führung an- vertraut zu haben. Ich will fortan für nichts anderes mehr leben als für Ihr Glück. Denn ich kann eine ebenſo aufopfernde und hingebende Freundin ſein, als ich, wenn man mich dazu zwingt, eine rückſichtsloſe und gefährliche Feindin werden kann. Und ich glaube nicht, Georg, daß es zwiſchen uns eine andere Mög- lichkeit gibt, als eine von dieſen beiden. Ich möchte Ihre Freundin ſein; bei Ihnen allein läge die Schuld, wenn ich Ihre Feindin würde.“ „Was Sie da ſagen, iſt eitel Torheit,“ erwiderte ich „und Sie können nicht erwarten, daß ich es ernſthaft nehme. Auch wenn nicht alles das zwiſchen uns ſtände, was uns für immer trennen muß, würde ich mich niemals am Gängelbande einer Frau durch das Leben führen laſſen. Ich bin alt genug und ſtark genug, mir meinen Weg ſelbſt zu bahnen. Ich wiederhole, daß ich keine Rachegedanken gegen Sie hege und ich ſehe deshalb auch keinen Grund, weshalb Sie meine Feindin ſein müßten. Ihre Freundſchaft aber kann ich ebenſowenig annehmen. Ihre Intereſſen und die meinigen liegen weit auseinander und niemals werden ſie ſich vereinigen laſſen.“ „Seien Sie deſſen nicht ſo gewiß,“ beharrte ſie mit einer ſeltſamen Entſchiedenheit. „Ich denke, daß ſich bald genug erweiſen wird, inwieweit meine Intereſſen auch die Ihrigen ſind. Und ich vermute, daß der Tag nicht fern iſt, an dem Sie meine Hilfe gern annehmen werden.“ Ihre Hartnäckigkeit reizte nun doch meinen Zorn. „Ich verzichte ein für allemal auf Ihre Hilfe, Madame,“ rief ich „und ich begehre von Ihnen keinen anderen Frennd- ſchaftsdienſt als den, daß Sie mich jetzt verlaſſen.“ Jetzt endlich erhob ſie ſich aus ihrem Seſſel. „Nun wohl,“ ſagte ſie, „ich gehe. — Aber ich bin be- harrlicher, als Sie glauben mögen. Und es iſt nun einmal meine Ueberzeugung, daß Sie die Dinge bald in einem anderen Lichte ſehen werden. — Wollen Sie mir zum Abſchied Ihre Hand geben, Georg?“ Zögernd kamen ihre ſchmalen weißen Finger unter dem halb herabgeglittenen Mantel zum Vorſchein. Und ich hatte nicht das Herz, dieſe zaghaft dargebotene Hand zurückzuweiſen. Aber nur für den Bruchteil einer Sekunde behielt ich ſie in der meinigen. „Es dunkelt bereits“, ſagte ich. „Sie werden den Weg nach dem Strandſchlößchen nicht ohne Begleitung machen können.“ „Meine Dienerin erwartet mich in einiger Entfernung von Ihrem Hauſe. Und außerdem bin ich nicht furchtſam. — Ueber- legen Sie ſich, was ich Ihnen geſagt habe, Georg! Ich ſage Ihnen nicht Lebewohl, ſondern: Auf Wiederſehen!“ Sie hüllte ihre weißen Schultern wieder in den dunklen Mantel und glitt wie ein Schatten aus meinem Zimmer. 29. Kapitel. Wenige Minuten, nachdem meine Beſucherin mich verlaſſen hatte, trat Francois ein. Er ſagte mir auf meine Frage, daß er im Dorfe geweſen ſei und erſt jetzt begriff ich, wie es ihr möglich geweſen war, unaufgehalten und unangemeldet zu mir zu gelangen. Der Diener machte ſich ohne eigentlichen Zweck allerlei um mich zu ſchaffen und ich merkte wohl, daß er irgend etwas auf dem Herzen habe. Da ich zu wiſſen glaubte, daß er mir auf- richtig ergeben ſei, fragte ich ihn, ob er mir etwas zu ſagen wünſche und er erwiderte ohne Zögern: „Ich halte es allerdings für meine Pflicht, Herr Lazar, Ihnen von den Gerüchten Mitteilung zu machen, die in der Gegend umlaufen. Denn ſie ſcheinen mir von einiger Be- deutung.“ „Gerüchte, die ſich mit meiner Perſon beſchäftigen, Francois?“ „Allerdings! — Auch mit Ihrer Perſon, Herr Lazar!“ „Nun alſo?“ „Es handelt ſich um den toten Mann, der vor einiger Zeit in der Nähe des Hauſes gefunden wurde, das Sie damals bewohnten. Man hatte geglaubt, daß der Körper von der See angeſpült worden ſei; aber jetzt ſoll feſtgeſtellt ſein, daß man ihn am Abend vor ſeiner Auffindung im Dorf geſehen hat und daß er ſich dort nach dem Wege zu Ihrem Haufe erkundigte. Die Leute ſagen, er ſei aus dem Dorfe gegangen in der be- ſtimmten Abſicht, Sie aufzuſuchen. Und dann — nun, dann haben Sie ihn eben am nächſten Tage als Leiche gefunden.“ „Und ſonſt nichts?“ „Ach, die Leute ſchwatzen noch viel dummes Zeug, Herr Lazar! — Sie ſagen, der Mann ſei ein Verwandter von Ihnen geweſen, mit dem Sie auf ſchlechtem Fuße ſtanden. Und das junge Mädchen, deſſen Vater jetzt die Anzeige bei der Polizei erſtattet hat, behauptet, ſie ſei durch Sie veranlaßt worden, ſo lange zu ſchweigen.“ „Unter ſolchen Umſtänden darf ich wohl annehmen, daß man mich mit dem Tode des Mannes in einen Zuſammenhang bringt.“ „Es gibt Leute, die dieſer Meinung ganz unverhohlen Ausdruck geben, Herr Lazar!“ Ich danke Ihnen, Francois! Ich werde alſo nunmehr vorbereitet ſein auf das, was ſich möglicherweiſe ereignen könnte. (Fortſetzung folgt.)

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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 2032, Czernowitz, 25.10.1910, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer2032_1910/1>, abgerufen am 21.11.2024.