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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 1905, Czernowitz, 24.05.1910.

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24 Mai 1910. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.

[Spaltenumbruch] die Frauen vom Professor Dr. Gottlieb unterstützt. Dieser
führte unter Anderem folgendes an: Wenn von den
Gegnern der Frauenrechtsbewegung geltend gemacht werde,
daß die F[r]au ins Haus gehöre, so müsse darauf hingewiesen
werden, daß die Frau nicht mehr im Hause sei. In Oester-
reich stehen sechs Millionen Frauen, d. i. 44 % aller er-
wachsenen Frauen im Erwerbsleben. Aber auch die Frau, die
nicht zum Erwerb gezwungen ist, müsse für Politik interessiert
werden; einesteils gebe es auch für sie wirtschaftliche Fragen
[unleserliches Material - 5 Zeichen fehlen], bei denen sie ein Wort mitzusprechen habe, andernteils
müsse man von ihr als Erzieherin verlangen, daß sie
auf der Höhe der Zeit stehe und dazu reiche die herkömmliche
literarische und künstlerische Bildung nicht mehr aus, es sei
auch das Interesse und V[e]rständnis an den Problemen des
öffentlichen Lebens notwendig. Dieser Redner betonte in
seinen Ausführungen, daß in Ländern, in denen die Frauen
das Wahlrecht b[e]sitz[e]n, ihr Einfluß die Politik nicht nur nicht
beeinträchtigt, sondern ihr wertvolle soziale und humanitäre
Impulse gegeben habe. In Australien haben eben bei den
letzten Budesparlamentswahlen die radikalsten Parteien gesiegt,
und wer ihnen anerkanntermaßen mit zum Siege verholfen
hat, waren die Frauen -- Wählerinnen. So, meine Herren
Kollegen, das geht in der zivilisierten Welt vor. Bei uns
aber will man, möchte man aus purem ungerechtfertigtem
Eigennutz die Frau vom Kinde, die Lehrerinnen von den
Schülerinnen trennen.

In den Augen derjenigen, welche auf der Höhe der Zeit
st[e]hen, deren Strömungen kennen und ihnen mit Verständnis
entgegenkommen, wird eine derartige Aktion nur als Lächer-
lichkeit gelten können. Daher will es mir auch scheinen, daß
daß Ausfälle wie diejenige unserer Kollegen der O[e]ffentlichk[e]it
nur eine Belästigung bilden können. U[n]seren tüchtigen Schul-
aufsichtsbehörden sind sie -- Gottlob! -- keine. Die lassen
einer derartigen Resolution die einzigmögliche Behandlung
zu[t]eil werden, indem sie sie -- mit einem Beileidsseufzer in
den -- Papierkorb sinken lassen. L. J.




Rechtspflege.


Der Prozeß Tarnawska.

Gräfin Tarnowska und
Naumow haben Berufung eingelegt.




Letzte Telegramme.
Der czechisch-deutsche Ausgleich.

(Priv.-Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Heute vormittags begannen die Beratungen der czechisch-
agrarischen Partei über die Teilnahme an den Sprachen-
konferenzen. Die Stimmung ist eine geteilte. Während
die czechisch-agrarischen Reichsratsabgeordneten für den
Sprachenantrag Bukvaj und die Beschickung der Ver-
ständigungskonferenzen sind, verlangen die Landtagsabge-
ordneten, sowie ein großer Teil der Mitglieder des Exekutiv-
ausschusses vom Ministerpräsidenten gewisse Garantien
betreffend die Flottmachung des böhmischen Land-
tages,
sowie eine Aenderung des Regierungs-
systems.
Es ist zu erwarten, daß die Sitzung erst in
später Abendstunde zu Ende gehen wird.




Parteikonferenz der polnischen National-
demokraten.

(Priv.-Tel. der "Cz. Allg. Ztg".)

Heute begann die von 400 Delegierten beschickte Konferenz
der Partei der polnischen Nationaldemokraten. In der Debatte
besprach Abg. Zamorski die Tätigkeit des Finanz-
ministers v. Bilinski. Er gab seiner Ueberzeugung
Ausdruck, daß nicht eine einzige der vom Finanzminister
eingebrachten Finanzvorlagen im Parlament werde ange-
[n]ommen werden, und erklärte, daß die Stellung des Finanz-
min[i]sters als erschüttert anzusehen sei.




Zur Lemberger Universitätsfrage.

(P.-Tel. d. "Cz. Allg. Ztg.")

Die
Beilzgung des Lemberger Universitätsstreites ist für die nächste
Zeit zu gewärtigen. Die Ruthenen verlangen die Absonderung
der 10 ruthenischen Lehrkanzeln und deren Vereinigung
zu einer eigenen Anstalt,
aus der sich die ruthenische
Universität entwickeln soll.




Die Rede des ungarischen Finanzministers.

(Korr.-B.)

Minister Lukacs trat
in seiner Programmrede besonders für die Wahlreform
aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit ein. Das sicherste
Mittel zur Abwehr der Uebergriffe der Nationalitäten gegen
die Suprematie der ungarischen Rasse sei die Verstaat-
lichung
der autonomen Verwaltung. Bezüglich
der selbständigen Bank betonte Redner: Die österreichisch-
ungarische Bank
gehöre zu den allerersten Bankinstituten
Europas und befriedige die ungarischen Interessen in solchem
Maße, daß hiezu jede andere Form einer Bank unfähig wäre.




Eine Rede Graf Tiszas.

(Korr.-B.)

Graf Stefan
Tisza sprach hier zu Gunsten des Kandidaten der Arbeits-
[Spaltenumbruch] partei und polem[i]sierte heftigst gegen die Justhpartei. D[e]ssen
Wagen wurde mit Steinen beworfen. Die Gendarmerie
vertri[e]b die Ruhestörer.




Zum Tode König Eduards.

(Korr.-B)

Der Minister des
Innern veröffentlicht eine Botschaft des Königs an das
britische Volk, worin der König für die Teilnahme dankt
und erklärt, der Gedank[e] an das Volk gebe ihm Mut,
hoffnungsvoll in die Zukunft zu bl[i]cken.




Feindliche Stimmung in Bulgarien gegen
König Ferdinand.

(Priv.-Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Der O[e]ff[e]ntlichkeit hat sich eine gereizte Stimmung gegen
König Ferdinand bemächtigt. Das hiesige Blatt "Balkansea
Tribuna" bezeichnet den König als einen Fremdling, der nach
Bulgarien gekommen und dem Volke bis jetzt noch immer
fremd geblieben sei. Er sei heute hier, morgen dort, selten
im Lande. Das gehe nicht bis ins Endlose. Eines Tages
werde das Land ihm die Gastfreundschaft
kündigen.




Die Kretafrage.

(Priv.-Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Wie in hiesigen diplomatischen K[r]eisen erklärt wird, w[e]rden
die we[i]teren Schritte der Großmächte in der K[r]etafrage im
Einvernehmen mit der türkischen Regierung erfolgen und den
Wünschen der Türk[e]i Rechnung tragen. Die Großmächte
werden zunächst von den Kretensern die Widerrufung des
Ausschlusses der Mohammedaner aus der Nationalversammlung
verlangen. Falls die K[r]etenser die Aufhebung dieses Be-
schluss[e]s ablehnen sollten, werden die Schutzmächte energische
Maßnahmen gegen die Kretenser ergreifen.




Wolkenbruch.

(K.-B.)

In einem Dorfe bei Tho-
nonleshains wurden durch einen Wolkenbruch drei Häuser
fortgerißen. Fünf Personen sind ertrunken.




Italien und Montenegro.

(Korr.-B.)

Ein italienisches Ge-
schwader traf Sonntag früh hier ein. Der Kommandant
Vizeadmiral Conte Creslis wurde vom Fürsten Nikolaus in
feierlicher Audienz empfangen. Zu Ehren der Gäste gab der
Fürst am Abend ein Galadiner.




Der Aufstand in Nicaragua.

(Korr.-B.)

Das Kanonenboot
"Venus" bohrte ein Kanonenboot der Rebellen in den
Grund. Hundert Personen ertranken.




Irland.

(Korr.-B.)

In York, dem Haupt-
bollwerke der unter der Führung O' Briens stehenden
D[i]ssidenten der irischen Partei, sprachen in einer Versammlung
sowohl Redmond wie O' Brien. Es kam zu einem heftigen
Zusammenstoße zwischen beiden Parteien. Zwölf Personen
wurden schwer v[e]rletzt in das Spital gebracht.




Telegraphische Kurse vom 23. Mai 1910.

(Wechselstube der Bukowinaer Landesbank)

4%ige Bukow. Landesbank-Fonds-Schuldverschreibung 95·00,
95 00; 4%ige Bukow. Bodenkredit-Pfandbriefe 101·25, 102·25;
5%ige Bukow. Bodenkredit-Pfandbriefe 101·25, 102·25; Oesterr.
Kredit 663·25, Anglobank 311·--. Bankverein 541·00, Boden-
kredit 1192·, Eskompte-Ges. 688 00, Länderbank 500 75,
Unionbank 600.75, Staatsbahn 755·60, Lemberg-Czernowitzer
563.00, Dampfschiff 1160 00, Alpine 719·25, Brüxer Kohlen
740 00. Prager Eisen 2620 00, Rima-Muranyer 673·00,
Westböhmische Kohlen 518·25, Drasche 799·00, Hirtenberger
1124.00. Türkenlose 260.30, Rubel 253·75, 254.75, Mark-
noten 117 53, 117 75; Privat 331.00, Russ 103 75. Lom
barden 119·00, Mai-Nente 94·25, Ungar.-Kronenrente 92 15,
Karpathen 871·00 Schodnica 522 00, Skoda 387·75,
Ober-Hütten 493 25, Tabak 403·75.




Amtlicher Kurs- und Marktbericht.
der Czernowitzer Frucht- und Produktenbörse.


Preise per 50 kg, in Kronen ab (Parität) Czernowitz.

Weizen 10·75--11·--, Roggen 7·40--7·60, Gerste (Brauer-
ware) 7·00--7·10, Hafer (Herrschaftsware) 6·40--6·50, Mais
7·15--7·35, Kleie (Weizen) 4·40--4·50, Roggen 4·50--4·60,
Spiritus, per 10.000 Literperzent, roher, prompt, exkl. Steuer
ab Czernowitz 53·00--53·25.




Telegr. Handelsbericht vom 23. Mai 1910.

Die Budapester Produktenbörse notiert:


Weizen .......... K 9·79-- 9·80 per 50 kg
Mais .........." 5·55-- 5·56 " " "
Oelsaaten ........." 12·40--12·50 " " "


[Spaltenumbruch]
Effekten- und Wechselkurse der Wiener Börse


Einheitliche 4%ige konv. Rente Mai-November 94·25,
Jänner-Juli 94·25; Einheitliche Rente 4·2% in Noten, Februar
August 98 10, in Silber, April-Oktober 98·15, Oesterr. Gold-
rente 117 00, Oesterr. Kronenrente 4% 94 25, Oesterr. In-
vesti[ti]onsrente. 31/2 % 84 55, Ungar. Goldrente 4% 113 70,
Ungar. Kronenrente 4% 92.15, Ungar. Investitionsrente 31/2 %
82 35; Oesterr.-ung. Bank-Aktien 17 93, Kreditaktien 662·75,
London vista 241 071/2, Deutsche Reichsbanknoten für 100 Mark
der R.-W. 117·471/2, 20 Mark-Stücke 23·50, 20 Frank-Stücke
19·11, Italienische Banknoten 94 621/2, Rubel 254·00.




[]

24 Mai 1910. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.

[Spaltenumbruch] die Frauen vom Profeſſor Dr. Gottlieb unterſtützt. Dieſer
führte unter Anderem folgendes an: Wenn von den
Gegnern der Frauenrechtsbewegung geltend gemacht werde,
daß die F[r]au ins Haus gehöre, ſo müſſe darauf hingewieſen
werden, daß die Frau nicht mehr im Hauſe ſei. In Oeſter-
reich ſtehen ſechs Millionen Frauen, d. i. 44 % aller er-
wachſenen Frauen im Erwerbsleben. Aber auch die Frau, die
nicht zum Erwerb gezwungen iſt, müſſe für Politik intereſſiert
werden; einesteils gebe es auch für ſie wirtſchaftliche Fragen
[unleserliches Material – 5 Zeichen fehlen], bei denen ſie ein Wort mitzuſprechen habe, andernteils
müſſe man von ihr als Erzieherin verlangen, daß ſie
auf der Höhe der Zeit ſtehe und dazu reiche die herkömmliche
literariſche und künſtleriſche Bildung nicht mehr aus, es ſei
auch das Intereſſe und V[e]rſtändnis an den Problemen des
öffentlichen Lebens notwendig. Dieſer Redner betonte in
ſeinen Ausführungen, daß in Ländern, in denen die Frauen
das Wahlrecht b[e]ſitz[e]n, ihr Einfluß die Politik nicht nur nicht
beeinträchtigt, ſondern ihr wertvolle ſoziale und humanitäre
Impulſe gegeben habe. In Auſtralien haben eben bei den
letzten Budesparlamentswahlen die radikalſten Parteien geſiegt,
und wer ihnen anerkanntermaßen mit zum Siege verholfen
hat, waren die Frauen — Wählerinnen. So, meine Herren
Kollegen, das geht in der ziviliſierten Welt vor. Bei uns
aber will man, möchte man aus purem ungerechtfertigtem
Eigennutz die Frau vom Kinde, die Lehrerinnen von den
Schülerinnen trennen.

In den Augen derjenigen, welche auf der Höhe der Zeit
ſt[e]hen, deren Strömungen kennen und ihnen mit Verſtändnis
entgegenkommen, wird eine derartige Aktion nur als Lächer-
lichkeit gelten können. Daher will es mir auch ſcheinen, daß
daß Ausfälle wie diejenige unſerer Kollegen der O[e]ffentlichk[e]it
nur eine Beläſtigung bilden können. U[n]ſeren tüchtigen Schul-
aufſichtsbehörden ſind ſie — Gottlob! — keine. Die laſſen
einer derartigen Reſolution die einzigmögliche Behandlung
zu[t]eil werden, indem ſie ſie — mit einem Beileidsſeufzer in
den — Papierkorb ſinken laſſen. L. J.




Rechtspflege.


Der Prozeß Tarnawska.

Gräfin Tarnowska und
Naumow haben Berufung eingelegt.




Letzte Telegramme.
Der czechiſch-deutſche Ausgleich.

(Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Heute vormittags begannen die Beratungen der czechiſch-
agrariſchen Partei über die Teilnahme an den Sprachen-
konferenzen. Die Stimmung iſt eine geteilte. Während
die czechiſch-agrariſchen Reichsratsabgeordneten für den
Sprachenantrag Bukvaj und die Beſchickung der Ver-
ſtändigungskonferenzen ſind, verlangen die Landtagsabge-
ordneten, ſowie ein großer Teil der Mitglieder des Exekutiv-
ausſchuſſes vom Miniſterpräſidenten gewiſſe Garantien
betreffend die Flottmachung des böhmiſchen Land-
tages,
ſowie eine Aenderung des Regierungs-
ſyſtems.
Es iſt zu erwarten, daß die Sitzung erſt in
ſpäter Abendſtunde zu Ende gehen wird.




Parteikonferenz der polniſchen National-
demokraten.

(Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg“.)

Heute begann die von 400 Delegierten beſchickte Konferenz
der Partei der polniſchen Nationaldemokraten. In der Debatte
beſprach Abg. Zamorski die Tätigkeit des Finanz-
miniſters v. Bilinski. Er gab ſeiner Ueberzeugung
Ausdruck, daß nicht eine einzige der vom Finanzminiſter
eingebrachten Finanzvorlagen im Parlament werde ange-
[n]ommen werden, und erklärte, daß die Stellung des Finanz-
min[i]ſters als erſchüttert anzuſehen ſei.




Zur Lemberger Univerſitätsfrage.

(P.-Tel. d. „Cz. Allg. Ztg.“)

Die
Beilzgung des Lemberger Univerſitätsſtreites iſt für die nächſte
Zeit zu gewärtigen. Die Ruthenen verlangen die Abſonderung
der 10 rutheniſchen Lehrkanzeln und deren Vereinigung
zu einer eigenen Anſtalt,
aus der ſich die rutheniſche
Univerſität entwickeln ſoll.




Die Rede des ungariſchen Finanzminiſters.

(Korr.-B.)

Miniſter Lukacs trat
in ſeiner Programmrede beſonders für die Wahlreform
aus Gründen der ſozialen Gerechtigkeit ein. Das ſicherſte
Mittel zur Abwehr der Uebergriffe der Nationalitäten gegen
die Suprematie der ungariſchen Raſſe ſei die Verſtaat-
lichung
der autonomen Verwaltung. Bezüglich
der ſelbſtändigen Bank betonte Redner: Die öſterreichiſch-
ungariſche Bank
gehöre zu den allererſten Bankinſtituten
Europas und befriedige die ungariſchen Intereſſen in ſolchem
Maße, daß hiezu jede andere Form einer Bank unfähig wäre.




Eine Rede Graf Tiszas.

(Korr.-B.)

Graf Stefan
Tisza ſprach hier zu Gunſten des Kandidaten der Arbeits-
[Spaltenumbruch] partei und polem[i]ſierte heftigſt gegen die Juſthpartei. D[e]ſſen
Wagen wurde mit Steinen beworfen. Die Gendarmerie
vertri[e]b die Ruheſtörer.




Zum Tode König Eduards.

(Korr.-B)

Der Miniſter des
Innern veröffentlicht eine Botſchaft des Königs an das
britiſche Volk, worin der König für die Teilnahme dankt
und erklärt, der Gedank[e] an das Volk gebe ihm Mut,
hoffnungsvoll in die Zukunft zu bl[i]cken.




Feindliche Stimmung in Bulgarien gegen
König Ferdinand.

(Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Der O[e]ff[e]ntlichkeit hat ſich eine gereizte Stimmung gegen
König Ferdinand bemächtigt. Das hieſige Blatt „Balkanſea
Tribuna“ bezeichnet den König als einen Fremdling, der nach
Bulgarien gekommen und dem Volke bis jetzt noch immer
fremd geblieben ſei. Er ſei heute hier, morgen dort, ſelten
im Lande. Das gehe nicht bis ins Endloſe. Eines Tages
werde das Land ihm die Gaſtfreundſchaft
kündigen.




Die Kretafrage.

(Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Wie in hieſigen diplomatiſchen K[r]eiſen erklärt wird, w[e]rden
die we[i]teren Schritte der Großmächte in der K[r]etafrage im
Einvernehmen mit der türkiſchen Regierung erfolgen und den
Wünſchen der Türk[e]i Rechnung tragen. Die Großmächte
werden zunächſt von den Kretenſern die Widerrufung des
Ausſchluſſes der Mohammedaner aus der Nationalverſammlung
verlangen. Falls die K[r]etenſer die Aufhebung dieſes Be-
ſchluſſ[e]s ablehnen ſollten, werden die Schutzmächte energiſche
Maßnahmen gegen die Kretenſer ergreifen.




Wolkenbruch.

(K.-B.)

In einem Dorfe bei Tho-
nonleshains wurden durch einen Wolkenbruch drei Häuſer
fortgerißen. Fünf Perſonen ſind ertrunken.




Italien und Montenegro.

(Korr.-B.)

Ein italieniſches Ge-
ſchwader traf Sonntag früh hier ein. Der Kommandant
Vizeadmiral Conte Creslis wurde vom Fürſten Nikolaus in
feierlicher Audienz empfangen. Zu Ehren der Gäſte gab der
Fürſt am Abend ein Galadiner.




Der Aufſtand in Nicaragua.

(Korr.-B.)

Das Kanonenboot
„Venus“ bohrte ein Kanonenboot der Rebellen in den
Grund. Hundert Perſonen ertranken.




Irland.

(Korr.-B.)

In York, dem Haupt-
bollwerke der unter der Führung O’ Briens ſtehenden
D[i]ſſidenten der iriſchen Partei, ſprachen in einer Verſammlung
ſowohl Redmond wie O’ Brien. Es kam zu einem heftigen
Zuſammenſtoße zwiſchen beiden Parteien. Zwölf Perſonen
wurden ſchwer v[e]rletzt in das Spital gebracht.




Telegraphiſche Kurſe vom 23. Mai 1910.

(Wechſelſtube der Bukowinaer Landesbank)

4%ige Bukow. Landesbank-Fonds-Schuldverſchreibung 95·00,
95 00; 4%ige Bukow. Bodenkredit-Pfandbriefe 101·25, 102·25;
5%ige Bukow. Bodenkredit-Pfandbriefe 101·25, 102·25; Oeſterr.
Kredit 663·25, Anglobank 311·—. Bankverein 541·00, Boden-
kredit 1192·, Eskompte-Geſ. 688 00, Länderbank 500 75,
Unionbank 600.75, Staatsbahn 755·60, Lemberg-Czernowitzer
563.00, Dampfſchiff 1160 00, Alpine 719·25, Brüxer Kohlen
740 00. Prager Eiſen 2620 00, Rima-Muranyer 673·00,
Weſtböhmiſche Kohlen 518·25, Draſche 799·00, Hirtenberger
1124.00. Türkenloſe 260.30, Rubel 253·75, 254.75, Mark-
noten 117 53, 117 75; Privat 331.00, Ruſſ 103 75. Lom
barden 119·00, Mai-Nente 94·25, Ungar.-Kronenrente 92 15,
Karpathen 871·00 Schodnica 522 00, Skoda 387·75,
Ober-Hütten 493 25, Tabak 403·75.




Amtlicher Kurs- und Marktbericht.
der Czernowitzer Frucht- und Produktenbörſe.


Preiſe per 50 kg, in Kronen ab (Parität) Czernowitz.

Weizen 10·75—11·—, Roggen 7·40—7·60, Gerſte (Brauer-
ware) 7·00—7·10, Hafer (Herrſchaftsware) 6·40—6·50, Mais
7·15—7·35, Kleie (Weizen) 4·40—4·50, Roggen 4·50—4·60,
Spiritus, per 10.000 Literperzent, roher, prompt, exkl. Steuer
ab Czernowitz 53·00—53·25.




Telegr. Handelsbericht vom 23. Mai 1910.

Die Budapeſter Produktenbörſe notiert:


Weizen .......... K 9·79— 9·80 per 50 kg
Mais ..........„ 5·55— 5·56 „ „ „
Oelſaaten .........„ 12·40—12·50 „ „ „


[Spaltenumbruch]
Effekten- und Wechſelkurſe der Wiener Börſe


Einheitliche 4%ige konv. Rente Mai-November 94·25,
Jänner-Juli 94·25; Einheitliche Rente 4·2% in Noten, Februar
Auguſt 98 10, in Silber, April-Oktober 98·15, Oeſterr. Gold-
rente 117 00, Oeſterr. Kronenrente 4% 94 25, Oeſterr. In-
veſti[ti]onsrente. 3½ % 84 55, Ungar. Goldrente 4% 113 70,
Ungar. Kronenrente 4% 92.15, Ungar. Inveſtitionsrente 3½ %
82 35; Oeſterr.-ung. Bank-Aktien 17 93, Kreditaktien 662·75,
London vista 241 07½, Deutſche Reichsbanknoten für 100 Mark
der R.-W. 117·47½, 20 Mark-Stücke 23·50, 20 Frank-Stücke
19·11, Italieniſche Banknoten 94 62½, Rubel 254·00.




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[5/0005] 24 Mai 1910. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. die Frauen vom Profeſſor Dr. Gottlieb unterſtützt. Dieſer führte unter Anderem folgendes an: Wenn von den Gegnern der Frauenrechtsbewegung geltend gemacht werde, daß die Frau ins Haus gehöre, ſo müſſe darauf hingewieſen werden, daß die Frau nicht mehr im Hauſe ſei. In Oeſter- reich ſtehen ſechs Millionen Frauen, d. i. 44 % aller er- wachſenen Frauen im Erwerbsleben. Aber auch die Frau, die nicht zum Erwerb gezwungen iſt, müſſe für Politik intereſſiert werden; einesteils gebe es auch für ſie wirtſchaftliche Fragen _____, bei denen ſie ein Wort mitzuſprechen habe, andernteils müſſe man von ihr als Erzieherin verlangen, daß ſie auf der Höhe der Zeit ſtehe und dazu reiche die herkömmliche literariſche und künſtleriſche Bildung nicht mehr aus, es ſei auch das Intereſſe und Verſtändnis an den Problemen des öffentlichen Lebens notwendig. Dieſer Redner betonte in ſeinen Ausführungen, daß in Ländern, in denen die Frauen das Wahlrecht beſitzen, ihr Einfluß die Politik nicht nur nicht beeinträchtigt, ſondern ihr wertvolle ſoziale und humanitäre Impulſe gegeben habe. In Auſtralien haben eben bei den letzten Budesparlamentswahlen die radikalſten Parteien geſiegt, und wer ihnen anerkanntermaßen mit zum Siege verholfen hat, waren die Frauen — Wählerinnen. So, meine Herren Kollegen, das geht in der ziviliſierten Welt vor. Bei uns aber will man, möchte man aus purem ungerechtfertigtem Eigennutz die Frau vom Kinde, die Lehrerinnen von den Schülerinnen trennen. In den Augen derjenigen, welche auf der Höhe der Zeit ſtehen, deren Strömungen kennen und ihnen mit Verſtändnis entgegenkommen, wird eine derartige Aktion nur als Lächer- lichkeit gelten können. Daher will es mir auch ſcheinen, daß daß Ausfälle wie diejenige unſerer Kollegen der Oeffentlichkeit nur eine Beläſtigung bilden können. Unſeren tüchtigen Schul- aufſichtsbehörden ſind ſie — Gottlob! — keine. Die laſſen einer derartigen Reſolution die einzigmögliche Behandlung zuteil werden, indem ſie ſie — mit einem Beileidsſeufzer in den — Papierkorb ſinken laſſen. L. J. Rechtspflege. Czernowitz, 23. Mai. Der Prozeß Tarnawska. Mailand, 22. Mai. Gräfin Tarnowska und Naumow haben Berufung eingelegt. Letzte Telegramme. Der czechiſch-deutſche Ausgleich. Prag, 23. Mai. (Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Heute vormittags begannen die Beratungen der czechiſch- agrariſchen Partei über die Teilnahme an den Sprachen- konferenzen. Die Stimmung iſt eine geteilte. Während die czechiſch-agrariſchen Reichsratsabgeordneten für den Sprachenantrag Bukvaj und die Beſchickung der Ver- ſtändigungskonferenzen ſind, verlangen die Landtagsabge- ordneten, ſowie ein großer Teil der Mitglieder des Exekutiv- ausſchuſſes vom Miniſterpräſidenten gewiſſe Garantien betreffend die Flottmachung des böhmiſchen Land- tages, ſowie eine Aenderung des Regierungs- ſyſtems. Es iſt zu erwarten, daß die Sitzung erſt in ſpäter Abendſtunde zu Ende gehen wird. Parteikonferenz der polniſchen National- demokraten. Lemberg, 23. Mai. (Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg“.) Heute begann die von 400 Delegierten beſchickte Konferenz der Partei der polniſchen Nationaldemokraten. In der Debatte beſprach Abg. Zamorski die Tätigkeit des Finanz- miniſters v. Bilinski. Er gab ſeiner Ueberzeugung Ausdruck, daß nicht eine einzige der vom Finanzminiſter eingebrachten Finanzvorlagen im Parlament werde ange- nommen werden, und erklärte, daß die Stellung des Finanz- miniſters als erſchüttert anzuſehen ſei. Zur Lemberger Univerſitätsfrage. Lemberg, 23. Mai. (P.-Tel. d. „Cz. Allg. Ztg.“) Die Beilzgung des Lemberger Univerſitätsſtreites iſt für die nächſte Zeit zu gewärtigen. Die Ruthenen verlangen die Abſonderung der 10 rutheniſchen Lehrkanzeln und deren Vereinigung zu einer eigenen Anſtalt, aus der ſich die rutheniſche Univerſität entwickeln ſoll. Die Rede des ungariſchen Finanzminiſters. Kremnitz, 23. Mai. (Korr.-B.) Miniſter Lukacs trat in ſeiner Programmrede beſonders für die Wahlreform aus Gründen der ſozialen Gerechtigkeit ein. Das ſicherſte Mittel zur Abwehr der Uebergriffe der Nationalitäten gegen die Suprematie der ungariſchen Raſſe ſei die Verſtaat- lichung der autonomen Verwaltung. Bezüglich der ſelbſtändigen Bank betonte Redner: Die öſterreichiſch- ungariſche Bank gehöre zu den allererſten Bankinſtituten Europas und befriedige die ungariſchen Intereſſen in ſolchem Maße, daß hiezu jede andere Form einer Bank unfähig wäre. Eine Rede Graf Tiszas. Kiskunhalasz, 23. Mai. (Korr.-B.) Graf Stefan Tisza ſprach hier zu Gunſten des Kandidaten der Arbeits- partei und polemiſierte heftigſt gegen die Juſthpartei. Deſſen Wagen wurde mit Steinen beworfen. Die Gendarmerie vertrieb die Ruheſtörer. Zum Tode König Eduards. London, 23. Mai. (Korr.-B) Der Miniſter des Innern veröffentlicht eine Botſchaft des Königs an das britiſche Volk, worin der König für die Teilnahme dankt und erklärt, der Gedanke an das Volk gebe ihm Mut, hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken. Feindliche Stimmung in Bulgarien gegen König Ferdinand. Sophia, 23. Mai. (Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Der Oeffentlichkeit hat ſich eine gereizte Stimmung gegen König Ferdinand bemächtigt. Das hieſige Blatt „Balkanſea Tribuna“ bezeichnet den König als einen Fremdling, der nach Bulgarien gekommen und dem Volke bis jetzt noch immer fremd geblieben ſei. Er ſei heute hier, morgen dort, ſelten im Lande. Das gehe nicht bis ins Endloſe. Eines Tages werde das Land ihm die Gaſtfreundſchaft kündigen. Die Kretafrage. Wien, 23. Mai. (Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Wie in hieſigen diplomatiſchen Kreiſen erklärt wird, werden die weiteren Schritte der Großmächte in der Kretafrage im Einvernehmen mit der türkiſchen Regierung erfolgen und den Wünſchen der Türkei Rechnung tragen. Die Großmächte werden zunächſt von den Kretenſern die Widerrufung des Ausſchluſſes der Mohammedaner aus der Nationalverſammlung verlangen. Falls die Kretenſer die Aufhebung dieſes Be- ſchluſſes ablehnen ſollten, werden die Schutzmächte energiſche Maßnahmen gegen die Kretenſer ergreifen. Wolkenbruch. Paris, 23. Mai. (K.-B.) In einem Dorfe bei Tho- nonleshains wurden durch einen Wolkenbruch drei Häuſer fortgerißen. Fünf Perſonen ſind ertrunken. Italien und Montenegro. Topolia, 23. Mai. (Korr.-B.) Ein italieniſches Ge- ſchwader traf Sonntag früh hier ein. Der Kommandant Vizeadmiral Conte Creslis wurde vom Fürſten Nikolaus in feierlicher Audienz empfangen. Zu Ehren der Gäſte gab der Fürſt am Abend ein Galadiner. Der Aufſtand in Nicaragua. Nikaragua, 23. Mai. (Korr.-B.) Das Kanonenboot „Venus“ bohrte ein Kanonenboot der Rebellen in den Grund. Hundert Perſonen ertranken. Irland. London, 23. Mai (Korr.-B.) In York, dem Haupt- bollwerke der unter der Führung O’ Briens ſtehenden Diſſidenten der iriſchen Partei, ſprachen in einer Verſammlung ſowohl Redmond wie O’ Brien. Es kam zu einem heftigen Zuſammenſtoße zwiſchen beiden Parteien. Zwölf Perſonen wurden ſchwer verletzt in das Spital gebracht. Telegraphiſche Kurſe vom 23. Mai 1910. (Wechſelſtube der Bukowinaer Landesbank) 4%ige Bukow. Landesbank-Fonds-Schuldverſchreibung 95·00, 95 00; 4%ige Bukow. Bodenkredit-Pfandbriefe 101·25, 102·25; 5%ige Bukow. Bodenkredit-Pfandbriefe 101·25, 102·25; Oeſterr. Kredit 663·25, Anglobank 311·—. Bankverein 541·00, Boden- kredit 1192·, Eskompte-Geſ. 688 00, Länderbank 500 75, Unionbank 600.75, Staatsbahn 755·60, Lemberg-Czernowitzer 563.00, Dampfſchiff 1160 00, Alpine 719·25, Brüxer Kohlen 740 00. Prager Eiſen 2620 00, Rima-Muranyer 673·00, Weſtböhmiſche Kohlen 518·25, Draſche 799·00, Hirtenberger 1124.00. Türkenloſe 260.30, Rubel 253·75, 254.75, Mark- noten 117 53, 117 75; Privat 331.00, Ruſſ 103 75. Lom barden 119·00, Mai-Nente 94·25, Ungar.-Kronenrente 92 15, Karpathen 871·00 Schodnica 522 00, Skoda 387·75, Ober-Hütten 493 25, Tabak 403·75. Amtlicher Kurs- und Marktbericht. der Czernowitzer Frucht- und Produktenbörſe. Czernowitz, 23. Mai 1910. Preiſe per 50 kg, in Kronen ab (Parität) Czernowitz. Weizen 10·75—11·—, Roggen 7·40—7·60, Gerſte (Brauer- ware) 7·00—7·10, Hafer (Herrſchaftsware) 6·40—6·50, Mais 7·15—7·35, Kleie (Weizen) 4·40—4·50, Roggen 4·50—4·60, Spiritus, per 10.000 Literperzent, roher, prompt, exkl. Steuer ab Czernowitz 53·00—53·25. Telegr. Handelsbericht vom 23. Mai 1910. Die Budapeſter Produktenbörſe notiert: Weizen .......... K 9·79— 9·80 per 50 kg Mais .......... „ 5·55— 5·56 „ „ „ Oelſaaten ......... „ 12·40—12·50 „ „ „ Effekten- und Wechſelkurſe der Wiener Börſe Wien, 23. Mai 1910. Einheitliche 4%ige konv. Rente Mai-November 94·25, Jänner-Juli 94·25; Einheitliche Rente 4·2% in Noten, Februar Auguſt 98 10, in Silber, April-Oktober 98·15, Oeſterr. Gold- rente 117 00, Oeſterr. Kronenrente 4% 94 25, Oeſterr. In- veſtitionsrente. 3½ % 84 55, Ungar. Goldrente 4% 113 70, Ungar. Kronenrente 4% 92.15, Ungar. Inveſtitionsrente 3½ % 82 35; Oeſterr.-ung. Bank-Aktien 17 93, Kreditaktien 662·75, London vista 241 07½, Deutſche Reichsbanknoten für 100 Mark der R.-W. 117·47½, 20 Mark-Stücke 23·50, 20 Frank-Stücke 19·11, Italieniſche Banknoten 94 62½, Rubel 254·00. _

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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 1905, Czernowitz, 24.05.1910, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer1905_1910/5>, abgerufen am 23.11.2024.