Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 1723, Czernowitz, 12.10.1909.[Spaltenumbruch]
Redaktion u. Administration: Telephon-Nummer 161. Abonnementsbedingungen: Für Czernowitz Für Deutschland: [F]ür Rumänien und den Balkan: Telegramme Allgemeine, Czernowitz. [Spaltenumbruch] Czernowitzer Allgemeine Zeitung [Spaltenumbruch] Ankündigung: Einzelexemplare Nr. 1723. Czernowitz, Dienstag den 12. Oktober 1909. [Spaltenumbruch] Uebersicht. Vom Tage. Der Reichsrat ist für den 20. d. einberufen. In poli- Czernowitzer Angelegenheiten. Der Landtag ist für den 15. d. zu einer zweitägigen Letzte Telegramme. Die Czechen kündigen für den Reichsrat schärfste Ob- Sparkassen und Staatsaufsicht. *) Es wird viel geklagt und viel räsonniert in Oester- Dieses Kleinod muß aber auch sorgfältig gewahrt Die internen Vorschriften, die den letzten Punkt Mit gutem Grunde gestehen daher die geltenden Käme nun solches vor, so wäre eine derartige Wohlgemerkt: Es liegt mir fern, zu behaupten, [Spaltenumbruch] Feuilleton. Aus dem Reiche des Taktstockes. (Nachdruck verboten.) Und wenn alle Staaten ihre Herrscher stürzten und Disziplin -- das Fundament eines Orchesters; denn Disziplin! Freilich, nur die Unwissenden wähnen, die Die diszipliniertesten Orchester hat Deutschland, das ist Die Franzosen haben einen anderen Kardinalfehler. Sie Der große französische Meister St. Saens erzählte mir Im Verkehr mit dem Orchester, in der Art und Weise Man probt unter Bülow; er klopft ab, und sagt dem *) Der geschätzte Schriftsteller stellt uns diesen Artikel, der vor einigen Tagen im "N. Wr. Tgbl." veröffentlicht wurde, freundlichst zur Veröffentlichung. *) E[rl]aß bes Ministeriums des Innern vom 19. Mai
1892, Z. 1139, § 25[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]5, Musterstatut für Gemeinde- und Bezirkssparkassen. [Spaltenumbruch]
Redaktion u. Adminiſtration: Telephon-Nummer 161. Abonnementsbedingungen: Für Czernowitz Für Deutſchland: [F]ür Rumänien und den Balkan: Telegramme Allgemeine, Czernowitz. [Spaltenumbruch] Czernowitzer Allgemeine Zeitung [Spaltenumbruch] Ankündigung: Einzelexemplare Nr. 1723. Czernowitz, Dienſtag den 12. Oktober 1909. [Spaltenumbruch] Ueberſicht. Vom Tage. Der Reichsrat iſt für den 20. d. einberufen. In poli- Czernowitzer Angelegenheiten. Der Landtag iſt für den 15. d. zu einer zweitägigen Letzte Telegramme. Die Czechen kündigen für den Reichsrat ſchärfſte Ob- Sparkaſſen und Staatsaufſicht. *) Es wird viel geklagt und viel räſonniert in Oeſter- Dieſes Kleinod muß aber auch ſorgfältig gewahrt Die internen Vorſchriften, die den letzten Punkt Mit gutem Grunde geſtehen daher die geltenden Käme nun ſolches vor, ſo wäre eine derartige Wohlgemerkt: Es liegt mir fern, zu behaupten, [Spaltenumbruch] Feuilleton. Aus dem Reiche des Taktſtockes. (Nachdruck verboten.) Und wenn alle Staaten ihre Herrſcher ſtürzten und Disziplin — das Fundament eines Orcheſters; denn Disziplin! Freilich, nur die Unwiſſenden wähnen, die Die disziplinierteſten Orcheſter hat Deutſchland, das iſt Die Franzoſen haben einen anderen Kardinalfehler. Sie Der große franzöſiſche Meiſter St. Saens erzählte mir Im Verkehr mit dem Orcheſter, in der Art und Weiſe Man probt unter Bülow; er klopft ab, und ſagt dem *) Der geſchätzte Schriftſteller ſtellt uns dieſen Artikel, der vor einigen Tagen im „N. Wr. Tgbl.“ veröffentlicht wurde, freundlichſt zur Veröffentlichung. *) E[rl]aß bes Miniſteriums des Innern vom 19. Mai
1892, Z. 1139, § 25[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]5, Muſterſtatut für Gemeinde- und Bezirksſparkaſſen. <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <cb/> <div type="jEditorialStaff"> <p> <hi rendition="#b">Redaktion u. Adminiſtration:<lb/> Ringplatz 4, 2. Stock.</hi> </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p> <hi rendition="#b">Telephon-Nummer 161.</hi> </p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jExpedition"> <head> <hi rendition="#b">Abonnementsbedingungen:</hi> </head><lb/> <p>Für Czernowitz<lb/> (mit Zuſtellung ins Haus):<lb/> monatl. K 1·80, vierteljähr. K 5·40.<lb/> halbj. K 10·80, ganzjähr. K 21·60,<lb/> (mit täglicher Poſtverſendung)<lb/> monatl. K 2, vierteljähr. K 6,<lb/> halbjährl. K 12. ganzjähr. 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Deshalb halte ich es für keine verlorene<lb/> Mühe, auf einige Punkte aufmerkſam zu machen, die<lb/> ich mit den gefährdeten Stellen eines Feſtungswalles<lb/> vergleichen möchte. Denn einem Feſtungswerke gleichen<lb/> die Grundſätze des Sparkaſſenregulativs von 1844<lb/> und der anderen an dieſes Regulativ ſich anſchließen-<lb/> den Vorſchriften, die alle das eine Ziel haben, eine<lb/> ſcharfe Grenze zwiſchen Banken und Sparkaſſen zu<lb/> ziehen. Bei der Bank ſteht die Rückſicht auf Gewinn<lb/> gleichberechtigt neben der Sorge vor Verluſten. Bei<lb/> der Sparkaſſe iſt die Sicherheit allererſte Frage, die<lb/><cb/> Sorge um Gewinn ſteht in letzter Linie. Die Bank<lb/> bedarf freier und elaſtiſcher Normen, um ſich zu<lb/> entfalten, die Sparkaſſe gedeiht beſſer bei einiger<lb/> Schwerfälligkeit und Pedanterie. Wer Banken Gelder<lb/> anvertraut, mag die Grundlagen dieſes Vertrauens<lb/> ſelbſt prüfen, die Sparkaſſe iſt auch für den phyſiſch<lb/> und geiſtig Unmündigen da. Die Entfaltung der<lb/> Banken beruht weſentlich darauf, was ihre Verwal-<lb/> tung mit den anvertrauten Geldern unternehmen<lb/> kann und darf. Die Güte der Sparkaſſe iſt weſentlich<lb/> darauf gegründet, was mit den Einlagegeldern nicht<lb/> geſchehen kann und darf.</p><lb/> <p>Die internen Vorſchriften, die den letzten Punkt<lb/> regeln, können nicht jede Gefahr ausſchließen. Wo<lb/> ſie dies nicht können, da eben ſoll die Staatsaufſicht<lb/> eingreifen und als den wichtigſten Gegenſtand, der<lb/> eine geſteigerte Staatsaufſicht notwendig erſcheinen<lb/> läßt, möchte ich die Reeskomptierung von Wechſeln<lb/> aus dem Portefeuille der Sparkaſſe hervorheben.<lb/> Daß die Sparkaſſe ihre Einlaggelder zum Wechſel-<lb/> eskompte verwenden darf und ſoll, iſt wohl begründet.<lb/> Gerade durch die Pflege dieſes Geſchäftszweiges wird<lb/> ſie mobil, weil ſie dadurch ſtets in Zeiten der Gefahr<lb/> eine genügende Menge von Geldern ohne Verluſte<lb/> flüſſig machen kann. Wenn die Sparkaſſa in ſolchen<lb/> Zeiten teuer angeſchaffte Renten verkaufen müßte,<lb/> wären große Verluſte unabwendbar, ſelbſt Rentenkurſe<lb/> und Staatskredit wären gefährdet. Wären aber die<lb/> Einlagegelder ganz und gar in langſichtigen Hypo-<lb/> thekarforderungen feſtgerannt, ſo wären die Spar-<lb/> kaſſen inmitten ihres nicht ſofort verwertbaren Reich-<lb/> tums vom Ruin bedroht.</p><lb/> <p>Mit gutem Grunde geſtehen daher die geltenden<lb/> Vorſchriften<note place="foot" n="*)">E<supplied>rl</supplied>aß bes Miniſteriums des Innern vom 19. Mai<lb/> 1892, Z. 1139, § 25<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/>5, Muſterſtatut für Gemeinde- und<lb/> Bezirksſparkaſſen.</note> den Sparkaſſen das Recht zu, Wechſel<lb/> zu eskomptieren und dieſe Wechſel den<lb/> Banken weiterzugeben, reeskomptieren zu laſſen,<lb/> wenn ſie flüſſiger Gelder bedürfen, falls dies in den<lb/> Statuten vorgeſehen iſt. Allein hier lauert auch ſchon<lb/> die Gefahr. Die Sparkaſſe ſoll im Sinne dieſer Vor-<lb/> ſchriften Gelder der Einleger für ſichere Wechſel ver-<lb/> wenden und dieſe Wechſel im Falle der Zurück-<lb/><cb/> ziehung von Einlagen raſch wieder zu Geld machen<lb/> können. Der Mißbrauch liegt nahe. Die Sparkaſſe<lb/> kann nunmehr, ohne in für jedermann erkennbarer<lb/> Weiſe ihre Vorſchriften zu verletzen, das Wechſel-<lb/> geſchäft auf Wechſel zweifelhafter Qualität ausdehnen,<lb/> denen erſt die Unterſchrift der Sparkaſſe Wert und<lb/> Eignung für den Reeskompte verleiht; ſie kann<lb/> ferner ohne Rückſicht auf ihren ureigentlichen Beruf,<lb/> Einlagegelder fruchtbringend anzulegen, Wechſel es-<lb/> komptieren, um ſie ſofort — noch feucht ſozuſagen<lb/> — von irgendeiner Bank eskomptieren zu laſſen. Sie<lb/> kann — nach Art der Geld-für-Alles-Männer — die von<lb/> der Bank empfangene Eskomptevaluta ſofort für<lb/> andere Wechſelgeber bereit halten und dieſer Bruch<lb/> ihrer Vorſchriften trete noch immer nicht nach außen<lb/> deutlich zutage. Denn dem Geld ſieht man es ja<lb/> nicht an, ob es aus der Bank oder aus Einlagen<lb/> ſtammt.</p><lb/> <p>Käme nun ſolches vor, ſo wäre eine derartige<lb/> Sparkaſſe von der erſten beſten Genoſſenſchaftsbank<lb/> nicht mehr deutlich unterſchieden. Ihr unbedingter<lb/> Kredit wäre ein verhängnisvoller Irrtum. Den<lb/> Nutzen hätten die Mitglieder der Leitung ſolcher<lb/> Sparkaſſen, die Orts- und Gemeindegewaltigen, die<lb/> den Gewinn aus ſolchen Geſchäften in Form von<lb/> Remunerationen und Gehaltserhöhungen in ihre<lb/> Taſchen fallen ließen, oder die Wahlkorteſche und<lb/> ſonſtigen Günſtlinge dieſer Politiker, die anderwärts<lb/> keinen ſo billigen Kredit fänden. Die Gefahr ſolcher<lb/> Geſchäfte würden im ſchlimmſten Falle die Einleger<lb/> tragen. Beſonders bedroht wären aber die Selbſt-<lb/> verwaltungskörper, die für die Verpflichtungen der<lb/> Sparkaſſe haften.</p><lb/> <p>Wohlgemerkt: Es liegt mir fern, zu behaupten,<lb/> daß die hier geſchilderten Gefahren einen beträchtlichen<lb/> Umfang angenommen haben, ich begnüge mich,<lb/> darauf hinzuweiſen, daß volle Sicherheit gegen dieſe<lb/> Gefahren weder in den beſtehenden Vorſchriften noch<lb/> in der Staatsaufſicht, wie ſie jetzt gehandhabt wird,<lb/> liegen kann. Will man aber beizeiten vor-<lb/> beugen, ſo muß die Staatsaufſicht in höherem Maße<lb/> zentraliſiert werden, als dies bis jetzt der Fall war.<lb/> Die politiſchen Landes- und Bezirksbehörden unter-<lb/> liegen, ohne daß ſie ein Vorwurf träfe, allzuſehr dem</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">Feuilleton.</hi> </hi> </head><lb/> <div xml:id="taktstockes1" next="#taktstockes2" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">Aus dem Reiche des Taktſtockes.</hi> </hi> </head><lb/> <byline>Von <hi rendition="#b">Alex. Z. Birnbaum.</hi> </byline><lb/> <p> <hi rendition="#et">(Nachdruck verboten.)</hi> </p><lb/> <p>Und wenn alle Staaten ihre Herrſcher ſtürzten und<lb/> eine allgemeine Republik auf der Erde blühte, ein Orcheſter-<lb/> ſtaat muß autokratiſch regiert werden. Der Orcheſterherrſcher<lb/> kann ſein Reich allerdings friedlich, durch die Konſtitution<lb/> — Kontrakt<supplied>e</supplied>! — regieren, aber ein Gebieter, ein unum-<lb/> ſchränkter muß er ſein. Nicht nur über die Zeit ſeiner<lb/> Untergebenen, auch über deren Kunſtanſchauung, über ihre<lb/> Nerven und Künſtlerſeelen. Er muß die Möglichkeit in ſich<lb/> fühlen, den durch langjährige, anſtrengende Arbeit abge-<lb/> ſtumpften und blaſierten Muſikern die Begeiſterung einzu-<lb/> hauchen, die ihn ſelber beſeelt, ſie glauben machen, das Heil<lb/> käme allein von ihm — aber nach ſiegreich gelieferten<lb/> Schlachten muß er ein dankbarer Feldherr ſein und den<lb/> Lorbeer nicht allein für ſich einheimſen, ſondern ſeinen<lb/> Soldaten zeigen, daß er wohl wiſſe, wieviel er ihnen zu<lb/> danken habe: mit einem Wort ein Napoleon, der das<lb/> Menſchenmöglichſte verlangt, aber auch einmal dem wache-<lb/> tuenden Grenadier ſein Gewehr abnimmt.</p><lb/> <p>Disziplin — das Fundament eines Orcheſters; denn<lb/> mehr noch wie in einem Theater, wo die Künſtlerehre des<lb/> einzelnen auf dem Spiele ſteht, muß bei dem ſtets zuſammen<lb/> arbeitenden Orcheſter darauf geachtet werden, daß eine<lb/> Stimme gilt, daß ein Wille unbedenklich ausgeführt wird:<lb/> die des Kapellmeiſters.</p><lb/> <p>Disziplin! Freilich, nur die Unwiſſenden wähnen, die<lb/> Disziplin. erreiche man durch Strenge und durch unbedingtes<lb/> Beſtehen auf ſeiner Diktatorenmeinung. Viel mehr wird<lb/><cb/> manchmal gewonnen durch ein Lächeln der Ermunterung,<lb/> einen Blick des Dankes, einen freundſchaftlichen Händedruck.<lb/> Bis man aber dieſes Einſehen erlangt, muß man lange an<lb/> ſich arbeiten, manche lernen’s überhaupt nie, ſondern ſind<lb/> unrettbar der furchtbaren Krankheit verfallen, die beſonders<lb/> unter den — jüngeren, aus dem Orcheſter hervorgegangenen<lb/> — Kapellmeiſtern wütet, dem Taktſtockkoller.</p><lb/> <p>Die disziplinierteſten Orcheſter hat Deutſchland, das iſt<lb/> fraglos, und das wiſſen auch die ausländiſchen Dirigenten.<lb/> Um die Palme des Gegenteils ſtreiten Amerika und Frank-<lb/> reich. Amerika iſt aber ſicher in dieſer Beziehung das weit-<lb/> aus unliebenswürdigere Land, weil dort alle Fehler gröber<lb/> und abſtoßender auftreten. Der amerikaniſche Orcheſter-<lb/> muſiker iſt — mit Ausnahme des wohlorganiſierten Boſtoner<lb/> Orcheſters — der geſchworene Feind des Kapellmeiſters, der<lb/> ſich von ihnen alles gefallen laſſen muß, da der Muſiker<lb/> bei der geringſten Veranlaſſung das Orcheſter verläßt und<lb/> der arme Dirigent nicht immer einen Erſatz finden kann.<lb/> Beſonders ſchlimm geht es in Newyork zu, wo die Orcheſter-<lb/> mitglieder einen einigermaßen nervöſen Dirigenten langſam,<lb/> aber ſicher ins Irrenhaus bringen. Böſe Erfahrungen hat<lb/> in dieſer Beziehung Richard Strauß ſpeziell in Newyork<lb/> gemacht. Ich war dabei, wie er vergebens den erſten<lb/> Trompeter erſuchte, bei einer wichtigen Stelle in der Sin-<lb/> ſonia Domeſtica ſein Inſt<supplied>r</supplied>ument mit dem Schalltrichter nach<lb/> oben zu halten, damit der Klang der Trompete über das<lb/> ganze entfeſſelte Orcheſter zu hören wäre. Der Mann<lb/> weigerte ſich entſchieden, denn „dann täten ihm die Zähne<lb/> weh!“, bis Strauß wütend den Taktſtock wegwarf und mit<lb/> den Worten die Probe unterbrach: „Es iſt ſchon ſchlimm,<lb/> daß ein Kapellmeiſter ſeinen Willen nicht durchſetzen kann,<lb/> daß aber auch der Komponiſt bei ſeinem Werke nichts zu<lb/> ſagen hat, iſt unerhört.“</p><lb/> <p>Die Franzoſen haben einen anderen Kardinalfehler. Sie<lb/> kommen nicht regelmäßig zu den Proben. Und das liegt nicht<lb/><cb/> am ſchlechten Willen oder an Nachläſſigkeit, das liegt nur<lb/> daran, daß ſie ſehr ſchlecht bezahlt werden. Sie haben kein<lb/> Jahresengagement, ſondern werden pro Konzert und Probe<lb/> honoriert und wenn ſie einmal etwas Lukrativ<supplied>e</supplied>s finden,<lb/> kommen ſie nicht ſelbſt, ſondern ſchicken einfach einen Stell-<lb/> vertreter. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß ein ſolcher Erſatzmann<lb/> nichts hilft, denn — auch der letzte zweite Geiger, der eine<lb/> Probe nicht mitgemacht hat, iſt im Stande, eine wunder-<lb/> ſchön ausgedachte und einſtudierte Nuance grauſam zu zer-<lb/> ſtören.</p><lb/> <p>Der große franzöſiſche Meiſter St. Saens erzählte mir<lb/> einmal eine reizende Geſchichte, die den eben erwähnten<lb/> Mangel franzöſiſcher Orcheſter aufs beſte illuſtriert. Er<lb/> dirigierte in Lille — oder in Lyon — ein Konzert, das<lb/> ſeinen Werken gewidmet war. Während der vier oder fünf<lb/> Proben merkte er, daß auch nicht ein Muſiker alle Proben<lb/> regelmäßig mitgemacht hatte. Der eine hatte einen Hausball,<lb/> wo er zum Tanze aufſpielte, ein anderer Theater, das mehr<lb/> einbrachte. Das Orcheſter war trotzdem ſtets vollzählig. Nur<lb/> der Pauker hatte bis zur letzten Probe ausgeharrt. Zu<lb/> dieſem ging nun St. Saens nach der Generalprobe und, ihm<lb/> die Hand ſchüttelnd, dankte er ihm für ſeine Pünktlichkeit<lb/> und Ausdauer. „O bitte Meiſter, hat nichts zu ſagen,“<lb/> lautete die Antwort, „ich habe es gern getan, aber das<lb/> Konzert macht ein anderer für mich — ich habe einen Ball!“</p><lb/> <p>Im Verkehr mit dem Orcheſter, in der Art und Weiſe<lb/> des Probens, war wohl Hans von Bülow vorbildlich. Un-<lb/> zählig ſind die Geſchichten, die über ihn kurſieren und die<lb/> alle ſeinen ſchlagenden Witz beweiſen. Es ſei mir geſtattet,<lb/> hier eine weniger bekannte wiederzugeben, weil ſie klaſſiſch iſt,<lb/> nicht nur aus humoriſtiſchen Gründen, ſondern, weil man aus<lb/> ihr manches lernen kann.</p><lb/> <p>Man probt unter Bülow; er klopft ab, und ſagt dem<lb/> Panker, er möge ſeine Stelle forte ſchlagen. Man beginnt<lb/> von neuem. Bei derſelben Stelle hält Bülow wieder an:</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
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10 Heller für Czernowitz.
Nr. 1723. Czernowitz, Dienſtag den 12. Oktober 1909.
Ueberſicht.
Vom Tage.
Der Reichsrat iſt für den 20. d. einberufen. In poli-
tiſchen Kreiſen wird Körber als der kommende Mann genannt.
In Belgrad kam es zu öſterreich-feindlichen Demonſtrationen.
Czernowitzer Angelegenheiten.
Der Landtag iſt für den 15. d. zu einer zweitägigen
Seſſion einberufen.
Letzte Telegramme.
Die Czechen kündigen für den Reichsrat ſchärfſte Ob-
ſtruktion an. — Der Zar wird in Italien dreitägigen Aufenthalt
nehmen.
Sparkaſſen und Staatsaufſicht. *)
Von Univerſitätsprofeſſor Dr. Karl Adler.
Es wird viel geklagt und viel räſonniert in Oeſter-
reich, und leider manchmal mit Recht. Gerade deshalb
ſoll es auch anerkannt werden, wenn unſere Ver-
waltung wirklich Gutes leiſtet. Zu den rühmlichſten
Erfolgen unſerer Verwaltung gehört der unbedingte
Kredit der Sparkaſſen. Vor Jahresfriſt hatten dieſe
Anſtalten, namentlich die kleineren Provinz- und
Gemeindeſparkaſſen eine Feuerprobe zu beſtehen, als
der Kriegslärm durch das Land ging. Es waren
ſorgenvolle Tage, aber nicht die kleinſte Sparkaſſe
hat gewankt, und als Gewinn blieb nach jenem Run
das erſtarkte Gefühl unbedingter Sicherheit.
Dieſes Kleinod muß aber auch ſorgfältig gewahrt
werden. Deshalb halte ich es für keine verlorene
Mühe, auf einige Punkte aufmerkſam zu machen, die
ich mit den gefährdeten Stellen eines Feſtungswalles
vergleichen möchte. Denn einem Feſtungswerke gleichen
die Grundſätze des Sparkaſſenregulativs von 1844
und der anderen an dieſes Regulativ ſich anſchließen-
den Vorſchriften, die alle das eine Ziel haben, eine
ſcharfe Grenze zwiſchen Banken und Sparkaſſen zu
ziehen. Bei der Bank ſteht die Rückſicht auf Gewinn
gleichberechtigt neben der Sorge vor Verluſten. Bei
der Sparkaſſe iſt die Sicherheit allererſte Frage, die
Sorge um Gewinn ſteht in letzter Linie. Die Bank
bedarf freier und elaſtiſcher Normen, um ſich zu
entfalten, die Sparkaſſe gedeiht beſſer bei einiger
Schwerfälligkeit und Pedanterie. Wer Banken Gelder
anvertraut, mag die Grundlagen dieſes Vertrauens
ſelbſt prüfen, die Sparkaſſe iſt auch für den phyſiſch
und geiſtig Unmündigen da. Die Entfaltung der
Banken beruht weſentlich darauf, was ihre Verwal-
tung mit den anvertrauten Geldern unternehmen
kann und darf. Die Güte der Sparkaſſe iſt weſentlich
darauf gegründet, was mit den Einlagegeldern nicht
geſchehen kann und darf.
Die internen Vorſchriften, die den letzten Punkt
regeln, können nicht jede Gefahr ausſchließen. Wo
ſie dies nicht können, da eben ſoll die Staatsaufſicht
eingreifen und als den wichtigſten Gegenſtand, der
eine geſteigerte Staatsaufſicht notwendig erſcheinen
läßt, möchte ich die Reeskomptierung von Wechſeln
aus dem Portefeuille der Sparkaſſe hervorheben.
Daß die Sparkaſſe ihre Einlaggelder zum Wechſel-
eskompte verwenden darf und ſoll, iſt wohl begründet.
Gerade durch die Pflege dieſes Geſchäftszweiges wird
ſie mobil, weil ſie dadurch ſtets in Zeiten der Gefahr
eine genügende Menge von Geldern ohne Verluſte
flüſſig machen kann. Wenn die Sparkaſſa in ſolchen
Zeiten teuer angeſchaffte Renten verkaufen müßte,
wären große Verluſte unabwendbar, ſelbſt Rentenkurſe
und Staatskredit wären gefährdet. Wären aber die
Einlagegelder ganz und gar in langſichtigen Hypo-
thekarforderungen feſtgerannt, ſo wären die Spar-
kaſſen inmitten ihres nicht ſofort verwertbaren Reich-
tums vom Ruin bedroht.
Mit gutem Grunde geſtehen daher die geltenden
Vorſchriften *) den Sparkaſſen das Recht zu, Wechſel
zu eskomptieren und dieſe Wechſel den
Banken weiterzugeben, reeskomptieren zu laſſen,
wenn ſie flüſſiger Gelder bedürfen, falls dies in den
Statuten vorgeſehen iſt. Allein hier lauert auch ſchon
die Gefahr. Die Sparkaſſe ſoll im Sinne dieſer Vor-
ſchriften Gelder der Einleger für ſichere Wechſel ver-
wenden und dieſe Wechſel im Falle der Zurück-
ziehung von Einlagen raſch wieder zu Geld machen
können. Der Mißbrauch liegt nahe. Die Sparkaſſe
kann nunmehr, ohne in für jedermann erkennbarer
Weiſe ihre Vorſchriften zu verletzen, das Wechſel-
geſchäft auf Wechſel zweifelhafter Qualität ausdehnen,
denen erſt die Unterſchrift der Sparkaſſe Wert und
Eignung für den Reeskompte verleiht; ſie kann
ferner ohne Rückſicht auf ihren ureigentlichen Beruf,
Einlagegelder fruchtbringend anzulegen, Wechſel es-
komptieren, um ſie ſofort — noch feucht ſozuſagen
— von irgendeiner Bank eskomptieren zu laſſen. Sie
kann — nach Art der Geld-für-Alles-Männer — die von
der Bank empfangene Eskomptevaluta ſofort für
andere Wechſelgeber bereit halten und dieſer Bruch
ihrer Vorſchriften trete noch immer nicht nach außen
deutlich zutage. Denn dem Geld ſieht man es ja
nicht an, ob es aus der Bank oder aus Einlagen
ſtammt.
Käme nun ſolches vor, ſo wäre eine derartige
Sparkaſſe von der erſten beſten Genoſſenſchaftsbank
nicht mehr deutlich unterſchieden. Ihr unbedingter
Kredit wäre ein verhängnisvoller Irrtum. Den
Nutzen hätten die Mitglieder der Leitung ſolcher
Sparkaſſen, die Orts- und Gemeindegewaltigen, die
den Gewinn aus ſolchen Geſchäften in Form von
Remunerationen und Gehaltserhöhungen in ihre
Taſchen fallen ließen, oder die Wahlkorteſche und
ſonſtigen Günſtlinge dieſer Politiker, die anderwärts
keinen ſo billigen Kredit fänden. Die Gefahr ſolcher
Geſchäfte würden im ſchlimmſten Falle die Einleger
tragen. Beſonders bedroht wären aber die Selbſt-
verwaltungskörper, die für die Verpflichtungen der
Sparkaſſe haften.
Wohlgemerkt: Es liegt mir fern, zu behaupten,
daß die hier geſchilderten Gefahren einen beträchtlichen
Umfang angenommen haben, ich begnüge mich,
darauf hinzuweiſen, daß volle Sicherheit gegen dieſe
Gefahren weder in den beſtehenden Vorſchriften noch
in der Staatsaufſicht, wie ſie jetzt gehandhabt wird,
liegen kann. Will man aber beizeiten vor-
beugen, ſo muß die Staatsaufſicht in höherem Maße
zentraliſiert werden, als dies bis jetzt der Fall war.
Die politiſchen Landes- und Bezirksbehörden unter-
liegen, ohne daß ſie ein Vorwurf träfe, allzuſehr dem
Feuilleton.
Aus dem Reiche des Taktſtockes.
Von Alex. Z. Birnbaum.
(Nachdruck verboten.)
Und wenn alle Staaten ihre Herrſcher ſtürzten und
eine allgemeine Republik auf der Erde blühte, ein Orcheſter-
ſtaat muß autokratiſch regiert werden. Der Orcheſterherrſcher
kann ſein Reich allerdings friedlich, durch die Konſtitution
— Kontrakte! — regieren, aber ein Gebieter, ein unum-
ſchränkter muß er ſein. Nicht nur über die Zeit ſeiner
Untergebenen, auch über deren Kunſtanſchauung, über ihre
Nerven und Künſtlerſeelen. Er muß die Möglichkeit in ſich
fühlen, den durch langjährige, anſtrengende Arbeit abge-
ſtumpften und blaſierten Muſikern die Begeiſterung einzu-
hauchen, die ihn ſelber beſeelt, ſie glauben machen, das Heil
käme allein von ihm — aber nach ſiegreich gelieferten
Schlachten muß er ein dankbarer Feldherr ſein und den
Lorbeer nicht allein für ſich einheimſen, ſondern ſeinen
Soldaten zeigen, daß er wohl wiſſe, wieviel er ihnen zu
danken habe: mit einem Wort ein Napoleon, der das
Menſchenmöglichſte verlangt, aber auch einmal dem wache-
tuenden Grenadier ſein Gewehr abnimmt.
Disziplin — das Fundament eines Orcheſters; denn
mehr noch wie in einem Theater, wo die Künſtlerehre des
einzelnen auf dem Spiele ſteht, muß bei dem ſtets zuſammen
arbeitenden Orcheſter darauf geachtet werden, daß eine
Stimme gilt, daß ein Wille unbedenklich ausgeführt wird:
die des Kapellmeiſters.
Disziplin! Freilich, nur die Unwiſſenden wähnen, die
Disziplin. erreiche man durch Strenge und durch unbedingtes
Beſtehen auf ſeiner Diktatorenmeinung. Viel mehr wird
manchmal gewonnen durch ein Lächeln der Ermunterung,
einen Blick des Dankes, einen freundſchaftlichen Händedruck.
Bis man aber dieſes Einſehen erlangt, muß man lange an
ſich arbeiten, manche lernen’s überhaupt nie, ſondern ſind
unrettbar der furchtbaren Krankheit verfallen, die beſonders
unter den — jüngeren, aus dem Orcheſter hervorgegangenen
— Kapellmeiſtern wütet, dem Taktſtockkoller.
Die disziplinierteſten Orcheſter hat Deutſchland, das iſt
fraglos, und das wiſſen auch die ausländiſchen Dirigenten.
Um die Palme des Gegenteils ſtreiten Amerika und Frank-
reich. Amerika iſt aber ſicher in dieſer Beziehung das weit-
aus unliebenswürdigere Land, weil dort alle Fehler gröber
und abſtoßender auftreten. Der amerikaniſche Orcheſter-
muſiker iſt — mit Ausnahme des wohlorganiſierten Boſtoner
Orcheſters — der geſchworene Feind des Kapellmeiſters, der
ſich von ihnen alles gefallen laſſen muß, da der Muſiker
bei der geringſten Veranlaſſung das Orcheſter verläßt und
der arme Dirigent nicht immer einen Erſatz finden kann.
Beſonders ſchlimm geht es in Newyork zu, wo die Orcheſter-
mitglieder einen einigermaßen nervöſen Dirigenten langſam,
aber ſicher ins Irrenhaus bringen. Böſe Erfahrungen hat
in dieſer Beziehung Richard Strauß ſpeziell in Newyork
gemacht. Ich war dabei, wie er vergebens den erſten
Trompeter erſuchte, bei einer wichtigen Stelle in der Sin-
ſonia Domeſtica ſein Inſtrument mit dem Schalltrichter nach
oben zu halten, damit der Klang der Trompete über das
ganze entfeſſelte Orcheſter zu hören wäre. Der Mann
weigerte ſich entſchieden, denn „dann täten ihm die Zähne
weh!“, bis Strauß wütend den Taktſtock wegwarf und mit
den Worten die Probe unterbrach: „Es iſt ſchon ſchlimm,
daß ein Kapellmeiſter ſeinen Willen nicht durchſetzen kann,
daß aber auch der Komponiſt bei ſeinem Werke nichts zu
ſagen hat, iſt unerhört.“
Die Franzoſen haben einen anderen Kardinalfehler. Sie
kommen nicht regelmäßig zu den Proben. Und das liegt nicht
am ſchlechten Willen oder an Nachläſſigkeit, das liegt nur
daran, daß ſie ſehr ſchlecht bezahlt werden. Sie haben kein
Jahresengagement, ſondern werden pro Konzert und Probe
honoriert und wenn ſie einmal etwas Lukratives finden,
kommen ſie nicht ſelbſt, ſondern ſchicken einfach einen Stell-
vertreter. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß ein ſolcher Erſatzmann
nichts hilft, denn — auch der letzte zweite Geiger, der eine
Probe nicht mitgemacht hat, iſt im Stande, eine wunder-
ſchön ausgedachte und einſtudierte Nuance grauſam zu zer-
ſtören.
Der große franzöſiſche Meiſter St. Saens erzählte mir
einmal eine reizende Geſchichte, die den eben erwähnten
Mangel franzöſiſcher Orcheſter aufs beſte illuſtriert. Er
dirigierte in Lille — oder in Lyon — ein Konzert, das
ſeinen Werken gewidmet war. Während der vier oder fünf
Proben merkte er, daß auch nicht ein Muſiker alle Proben
regelmäßig mitgemacht hatte. Der eine hatte einen Hausball,
wo er zum Tanze aufſpielte, ein anderer Theater, das mehr
einbrachte. Das Orcheſter war trotzdem ſtets vollzählig. Nur
der Pauker hatte bis zur letzten Probe ausgeharrt. Zu
dieſem ging nun St. Saens nach der Generalprobe und, ihm
die Hand ſchüttelnd, dankte er ihm für ſeine Pünktlichkeit
und Ausdauer. „O bitte Meiſter, hat nichts zu ſagen,“
lautete die Antwort, „ich habe es gern getan, aber das
Konzert macht ein anderer für mich — ich habe einen Ball!“
Im Verkehr mit dem Orcheſter, in der Art und Weiſe
des Probens, war wohl Hans von Bülow vorbildlich. Un-
zählig ſind die Geſchichten, die über ihn kurſieren und die
alle ſeinen ſchlagenden Witz beweiſen. Es ſei mir geſtattet,
hier eine weniger bekannte wiederzugeben, weil ſie klaſſiſch iſt,
nicht nur aus humoriſtiſchen Gründen, ſondern, weil man aus
ihr manches lernen kann.
Man probt unter Bülow; er klopft ab, und ſagt dem
Panker, er möge ſeine Stelle forte ſchlagen. Man beginnt
von neuem. Bei derſelben Stelle hält Bülow wieder an:
*) Der geſchätzte Schriftſteller ſtellt uns dieſen Artikel,
der vor einigen Tagen im „N. Wr. Tgbl.“ veröffentlicht
wurde, freundlichſt zur Veröffentlichung.
*) Erlaß bes Miniſteriums des Innern vom 19. Mai
1892, Z. 1139, § 25_5, Muſterſtatut für Gemeinde- und
Bezirksſparkaſſen.
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