[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.der Wiedersacher Büchern / findet man noch viel vngeschickters vom verdienst der Heiligen. Heist das nu die Heiligen nicht zu Versünern gemacht? Denn da werden sie doch gar Christo gleich / wenn wir vertrawen sollen / daß wir durch jhren Verdienst selig werden. Wo ist aber die Ordnung von Gott eingesetzt / da Gabriel von redet / daß wir sollen zu den Heiligen fliehen? Er bringe doch ein Wort / ein einig Exempel aus der heiligen Schrifft. Sie machen vieleicht die Ordnung von dem Brauch / der in Weltlichen Fürsten Höfen ist / da die Rähte des Fürsten armer Leute Sachen fürtragen / vnd als Mittler fördern. Wie aber / wenn ein Fürst oder ein König ein einigen Mittler bestellet / vnd wolt durch kein andern die Sachen in gnaden hören / Oder / alle bitte durch den allein erhören? Darumb so Christus nu allein zu einem Hohenpriester vnd Mittler gesetzt ist / Warumb suchen wir denn andere? Was können nu hie die Wiedersacher dawieder sagen? Es ist ein gemein Form der Absolution bis anher gebraucht / die laut also: Das Leiden vnsers HERRN Jesu Christi / die Verdienst der Mutter Mariae vnd aller Heiligen / sollen seyn dir zu Vergebung der Sünde. Da wird öffentlich die Absolutio gesprochen / nicht allein durch den Verdienst Christi / Sondern auch durch Verdienst der andern Heiligen / daß wir durch denselbigen sollen Gnad vnd Vergebung der Sünde erlangen. Etliche aus vns haben gesehen ein Doctor der heiligen Schrifft / in agone oder an seinen letzten Zügen / dem war ein Mönch beygeben jhn zu trösten / Nu rieff vnd schrey er dem sterbenden Menschen nicht anders ein / denn allein dieses Gebet: Maria du Mutter der Güte vnd Gnade / behüte vns für dem Feinde / Vnd in der Todes Stunde nime vns auff / Maria Mater gratiae, &c. Ob nu gleich Maria die Mutter Gottes / für die Kirchen bittet / so ist doch das zu viel / daß sie solt den Tod vberwinden / daß sie für der grossen Gewalt des Satans vns behüten solt. Denn was were Christus noth / wenn Maria das vermöcht? Denn wiewol sie alles höchsten Lobes werth ist / so wil sie doch nicht Christo gleich gehalten seyn / Sondern wil viel mehr / daß wir die Exempel jhres Glaubens / vnd jhrer Demuth folgen sollen. Nu ist dis öffentlich am Tag / daß durch solche falsche Lehre / Maria an Christus stat ist kommen / dieselbigen haben sie angeruffen / auff der Güte haben sie vertrawet / durch die haben sie wolt Christum versünen / gleich als sey Er nicht ein Versüner / sondern allein ein schrecklicher / rachgiriger Richter. der Wiedersacher Büchern / findet man noch viel vngeschickters vom verdienst der Heiligen. Heist das nu die Heiligen nicht zu Versünern gemacht? Denn da werden sie doch gar Christo gleich / wenn wir vertrawen sollen / daß wir durch jhren Verdienst selig werden. Wo ist aber die Ordnung von Gott eingesetzt / da Gabriel von redet / daß wir sollen zu den Heiligen fliehen? Er bringe doch ein Wort / ein einig Exempel aus der heiligen Schrifft. Sie machen vieleicht die Ordnung von dem Brauch / der in Weltlichen Fürsten Höfen ist / da die Rähte des Fürsten armer Leute Sachen fürtragen / vnd als Mittler fördern. Wie aber / wenn ein Fürst oder ein König ein einigen Mittler bestellet / vnd wolt durch kein andern die Sachen in gnaden hören / Oder / alle bitte durch den allein erhören? Darumb so Christus nu allein zu einem Hohenpriester vnd Mittler gesetzt ist / Warumb suchen wir denn andere? Was können nu hie die Wiedersacher dawieder sagen? Es ist ein gemein Form der Absolution bis anher gebraucht / die laut also: Das Leiden vnsers HERRN Jesu Christi / die Verdienst der Mutter Mariae vnd aller Heiligen / sollen seyn dir zu Vergebung der Sünde. Da wird öffentlich die Absolutio gesprochen / nicht allein durch den Verdienst Christi / Sondern auch durch Verdienst der andern Heiligen / daß wir durch denselbigen sollen Gnad vnd Vergebung der Sünde erlangen. Etliche aus vns haben gesehen ein Doctor der heiligen Schrifft / in agone oder an seinen letzten Zügen / dem war ein Mönch beygeben jhn zu trösten / Nu rieff vnd schrey er dem sterbenden Menschen nicht anders ein / denn allein dieses Gebet: Maria du Mutter der Güte vnd Gnade / behüte vns für dem Feinde / Vnd in der Todes Stunde nime vns auff / Maria Mater gratiae, &c. Ob nu gleich Maria die Mutter Gottes / für die Kirchen bittet / so ist doch das zu viel / daß sie solt den Tod vberwinden / daß sie für der grossen Gewalt des Satans vns behüten solt. Deñ was were Christus noth / wenn Maria das vermöcht? Denn wiewol sie alles höchsten Lobes werth ist / so wil sie doch nicht Christo gleich gehalten seyn / Sondern wil viel mehr / daß wir die Exempel jhres Glaubens / vnd jhrer Demuth folgen sollen. Nu ist dis öffentlich am Tag / daß durch solche falsche Lehre / Maria an Christus stat ist kom̃en / dieselbigen haben sie angeruffen / auff der Güte haben sie vertrawet / durch die haben sie wolt Christum versünen / gleich als sey Er nicht ein Versüner / sondern allein ein schrecklicher / rachgiriger Richter. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0533" n="253"/> der Wiedersacher Büchern / findet man noch viel vngeschickters vom verdienst der Heiligen. Heist das nu die Heiligen nicht zu Versünern gemacht? Denn da werden sie doch gar Christo gleich / wenn wir vertrawen sollen / daß wir durch jhren Verdienst selig werden.</p> <p>Wo ist aber die Ordnung von Gott eingesetzt / da Gabriel von redet / daß wir sollen zu den Heiligen fliehen? Er bringe doch ein Wort / ein einig Exempel aus der heiligen Schrifft. Sie machen vieleicht die Ordnung von dem Brauch / der in Weltlichen Fürsten Höfen ist / da die Rähte des Fürsten armer Leute Sachen fürtragen / vnd als Mittler fördern. Wie aber / wenn ein Fürst oder ein König ein einigen Mittler bestellet / vnd wolt durch kein andern die Sachen in gnaden hören / Oder / alle bitte durch den allein erhören? Darumb so Christus nu allein zu einem Hohenpriester vnd Mittler gesetzt ist / Warumb suchen wir denn andere? Was können nu hie die Wiedersacher dawieder sagen?</p> <p>Es ist ein gemein Form der Absolution bis anher gebraucht / die laut also: Das Leiden vnsers HERRN Jesu Christi / die Verdienst der Mutter Mariae vnd aller Heiligen / sollen seyn dir zu Vergebung der Sünde. 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Denn wiewol sie alles höchsten Lobes werth ist / so wil sie doch nicht Christo gleich gehalten seyn / Sondern wil viel mehr / daß wir die Exempel jhres Glaubens / vnd jhrer Demuth folgen sollen. Nu ist dis öffentlich am Tag / daß durch solche falsche Lehre / Maria an Christus stat ist kom̃en / dieselbigen haben sie angeruffen / auff der Güte haben sie vertrawet / durch die haben sie wolt Christum versünen / gleich als sey Er nicht ein Versüner / sondern allein ein schrecklicher / rachgiriger Richter.</p> </div> </body> </text> </TEI> [253/0533]
der Wiedersacher Büchern / findet man noch viel vngeschickters vom verdienst der Heiligen. Heist das nu die Heiligen nicht zu Versünern gemacht? Denn da werden sie doch gar Christo gleich / wenn wir vertrawen sollen / daß wir durch jhren Verdienst selig werden.
Wo ist aber die Ordnung von Gott eingesetzt / da Gabriel von redet / daß wir sollen zu den Heiligen fliehen? Er bringe doch ein Wort / ein einig Exempel aus der heiligen Schrifft. Sie machen vieleicht die Ordnung von dem Brauch / der in Weltlichen Fürsten Höfen ist / da die Rähte des Fürsten armer Leute Sachen fürtragen / vnd als Mittler fördern. Wie aber / wenn ein Fürst oder ein König ein einigen Mittler bestellet / vnd wolt durch kein andern die Sachen in gnaden hören / Oder / alle bitte durch den allein erhören? Darumb so Christus nu allein zu einem Hohenpriester vnd Mittler gesetzt ist / Warumb suchen wir denn andere? Was können nu hie die Wiedersacher dawieder sagen?
Es ist ein gemein Form der Absolution bis anher gebraucht / die laut also: Das Leiden vnsers HERRN Jesu Christi / die Verdienst der Mutter Mariae vnd aller Heiligen / sollen seyn dir zu Vergebung der Sünde. Da wird öffentlich die Absolutio gesprochen / nicht allein durch den Verdienst Christi / Sondern auch durch Verdienst der andern Heiligen / daß wir durch denselbigen sollen Gnad vnd Vergebung der Sünde erlangen.
Etliche aus vns haben gesehen ein Doctor der heiligen Schrifft / in agone oder an seinen letzten Zügen / dem war ein Mönch beygeben jhn zu trösten / Nu rieff vnd schrey er dem sterbenden Menschen nicht anders ein / denn allein dieses Gebet: Maria du Mutter der Güte vnd Gnade / behüte vns für dem Feinde / Vnd in der Todes Stunde nime vns auff / Maria Mater gratiae, &c.
Ob nu gleich Maria die Mutter Gottes / für die Kirchen bittet / so ist doch das zu viel / daß sie solt den Tod vberwinden / daß sie für der grossen Gewalt des Satans vns behüten solt. Deñ was were Christus noth / wenn Maria das vermöcht? Denn wiewol sie alles höchsten Lobes werth ist / so wil sie doch nicht Christo gleich gehalten seyn / Sondern wil viel mehr / daß wir die Exempel jhres Glaubens / vnd jhrer Demuth folgen sollen. Nu ist dis öffentlich am Tag / daß durch solche falsche Lehre / Maria an Christus stat ist kom̃en / dieselbigen haben sie angeruffen / auff der Güte haben sie vertrawet / durch die haben sie wolt Christum versünen / gleich als sey Er nicht ein Versüner / sondern allein ein schrecklicher / rachgiriger Richter.
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Zitationshilfe: | [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/533>, abgerufen am 16.07.2024. |