Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.

Bild:
<< vorherige Seite

sem Gebot nicht eingezogen / Gott vnd die Oberkeit / noch die MachtOberkeit gehöret nicht in diß Gebot. genommen / so sie haben zu tödten. Denn Gott sein Recht / Vbeltheter zu straffen / der Oberkeit an der Eltern stat befolen hat / welche vor zeiten / (als man in Mose lieset) jhre Kinder selbs mussten für Gericht stellen / vnd zum Tod vrtheilen / Derhalben / was hie verboten ist / ist einem gegen dem andern verboten / vnd nicht der Oberkeit.

Diß Gebot ist nu leicht gnug / vnd offt gehandelt / weil mans jerlichZorn jederman verboten / ohn der Oberkeit. im Euangelio höret / Matth. 5. Da es Christus selbs auslegt / vnd in eine Summa fasset / Nemlich / Daß man nicht tödten sol / weder mit Hand / Hertzen / Mund / Zeichen / Geberden / noch hülffe vnd raht. Darumb ist darin jederman verboten zu zürnen / außgenommen (wie gesagt) die an Gottes stat sitzen / das ist / Eltern vnd Oberkeit / Denn Gott vnd was im Göttlichem Stand ist / gebüret zuzürnen / schelten vnd straffen / eben vmb dere willen / so diß vnd andere Gebot vbertretten.

Vrsach aber vnd not dieses Gebots ist / daß Gott wol weiß / wieVrsach diß Gebot zu stellen. die Welt böse ist / vnd diß Leben viel vnglücks hat / darumb hat er diß vnd andere Gebot / zwischen gut vnd böse gestellet. Wie nun mancherley Anfechtung ist wieder alle Gebot / Also gehets hie auch / daß wir vnter viel Leuten leben müssen / die vns leid thun / daß wir vrsach kriegen / jhnen feind zu seyn. Als / wenn dein Nachbar sihet / daß du besser Hauß vnd Hoff / mehr Guts vnd Glücks von Gott hast / denn er / so verdreusts jhnen / neidet dich / vnd redet nichts guts von dir.

Also kriegestu viel Feinde / durch deß Teuffels anreitzung / die dirWehre vnd schutz wider Gewalt vnd freuel. kein guts / weder Leiblich noch Geistlich günnen / wenn man denn solche sihet / so wil vnser Hertz widerumb wüten vnd bluten / vnd sich rechen. Da hebt sich denn wieder Fluchen vnd schlahen / daraus endlich Jamer vnd Mord folget. Da kompt nu Gott zuuor / wie ein freundlicher Vater / legt sich ins Mittel / vnd wil den Hader geschieden haben / daß kein Vnglück darauß entstehe / noch einer den andern verderbe. Vnd Summa / wil er hiemit ein jeglichen beschirmet / befreyet / vnd befriedet haben / für jedermans freuel vnd gewalt / vnd diß Gebot zur Ringmauren / Festen vnd Freiheit gestellet haben / vmb den Nehesten / daß man jhm kein leid noch schaden am Leibe thue.

GO stehet nu diß Gebot drauff / daß man niemand kein leid thue / vmb jrgend eines böses Stücks willen / ob ersAlle vrsach des to dschlages verboten. gleich höchlich verdienet / Denn wo Todschlag verboten ist / da ist auch alle vrsach verboten / daher Todschlag entspringen mag / Denn mancher / ob er nicht tödtet / so fluchet er doch vnd wüntschet /

sem Gebot nicht eingezogen / Gott vnd die Oberkeit / noch die MachtOberkeit gehöret nicht in diß Gebot. genom̃en / so sie haben zu tödten. Denn Gott sein Recht / Vbeltheter zu straffen / der Oberkeit an der Eltern stat befolen hat / welche vor zeiten / (als man in Mose lieset) jhre Kinder selbs mussten für Gericht stellen / vnd zum Tod vrtheilen / Derhalben / was hie verboten ist / ist einem gegen dem andern verboten / vnd nicht der Oberkeit.

Diß Gebot ist nu leicht gnug / vnd offt gehandelt / weil mans jerlichZorn jederman verboten / ohn der Oberkeit. im Euangelio höret / Matth. 5. Da es Christus selbs auslegt / vnd in eine Summa fasset / Nemlich / Daß man nicht tödten sol / weder mit Hand / Hertzen / Mund / Zeichen / Geberden / noch hülffe vnd raht. Darumb ist darin jederman verboten zu zürnen / außgenommen (wie gesagt) die an Gottes stat sitzen / das ist / Eltern vnd Oberkeit / Denn Gott vnd was im Göttlichem Stand ist / gebüret zuzürnen / schelten vnd straffen / eben vmb dere willen / so diß vnd andere Gebot vbertretten.

Vrsach aber vnd not dieses Gebots ist / daß Gott wol weiß / wieVrsach diß Gebot zu stellen. die Welt böse ist / vnd diß Leben viel vnglücks hat / darumb hat er diß vnd andere Gebot / zwischen gut vnd böse gestellet. Wie nun mancherley Anfechtung ist wieder alle Gebot / Also gehets hie auch / daß wir vnter viel Leuten leben müssen / die vns leid thun / daß wir vrsach kriegen / jhnen feind zu seyn. Als / wenn dein Nachbar sihet / daß du besser Hauß vnd Hoff / mehr Guts vnd Glücks von Gott hast / denn er / so verdreusts jhnen / neidet dich / vnd redet nichts guts von dir.

Also kriegestu viel Feinde / durch deß Teuffels anreitzung / die dirWehre vnd schutz wider Gewalt vnd freuel. kein guts / weder Leiblich noch Geistlich günnen / wenn man deñ solche sihet / so wil vnser Hertz widerumb wüten vnd bluten / vnd sich rechen. Da hebt sich denn wieder Fluchen vnd schlahen / daraus endlich Jamer vnd Mord folget. Da kompt nu Gott zuuor / wie ein freundlicher Vater / legt sich ins Mittel / vnd wil den Hader geschieden haben / daß kein Vnglück darauß entstehe / noch einer den andern verderbe. Vnd Summa / wil er hiemit ein jeglichen beschirmet / befreyet / vnd befriedet haben / für jedermans freuel vnd gewalt / vnd diß Gebot zur Ringmauren / Festen vnd Freiheit gestellet haben / vmb den Nehesten / daß man jhm kein leid noch schaden am Leibe thue.

GO stehet nu diß Gebot drauff / daß man niemand kein leid thue / vmb jrgend eines böses Stücks willen / ob ersAlle vrsach des to dschlages verboten. gleich höchlich verdienet / Denn wo Todschlag verboten ist / da ist auch alle vrsach verboten / daher Todschlag entspringen mag / Denn mancher / ob er nicht tödtet / so fluchet er doch vnd wüntschet /

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0217" n="96"/>
sem Gebot nicht eingezogen / Gott vnd                      die Oberkeit / noch die Macht<note place="right">Oberkeit gehöret nicht                          in diß Gebot.</note> genom&#x0303;en / so sie haben zu tödten. Denn                      Gott sein Recht / Vbeltheter zu straffen / der Oberkeit an der Eltern stat                      befolen hat / welche vor zeiten / (als man in Mose lieset) jhre Kinder selbs                      mussten für Gericht stellen / vnd zum Tod vrtheilen / Derhalben / was hie                      verboten ist / ist einem gegen dem andern verboten / vnd nicht der Oberkeit.</p>
        <p>Diß Gebot ist nu leicht gnug / vnd offt gehandelt / weil mans jerlich<note place="right">Zorn jederman verboten / ohn der Oberkeit.</note> im                      Euangelio höret / Matth. 5. Da es Christus selbs auslegt / vnd in eine Summa                      fasset / Nemlich / Daß man nicht tödten sol / weder mit Hand / Hertzen / Mund /                      Zeichen / Geberden / noch hülffe vnd raht. Darumb ist darin jederman verboten zu                      zürnen / außgenommen (wie gesagt) die an Gottes stat sitzen / das ist / Eltern                      vnd Oberkeit / Denn Gott vnd was im Göttlichem Stand ist / gebüret zuzürnen /                      schelten vnd straffen / eben vmb dere willen / so diß vnd andere Gebot                      vbertretten.</p>
        <p>Vrsach aber vnd not dieses Gebots ist / daß Gott wol weiß / wie<note place="right">Vrsach diß Gebot zu stellen.</note> die Welt böse ist /                      vnd diß Leben viel vnglücks hat / darumb hat er diß vnd andere Gebot / zwischen                      gut vnd böse gestellet. Wie nun mancherley Anfechtung ist wieder alle Gebot /                      Also gehets hie auch / daß wir vnter viel Leuten leben müssen / die vns leid                      thun / daß wir vrsach kriegen / jhnen feind zu seyn. Als / wenn dein Nachbar                      sihet / daß du besser Hauß vnd Hoff / mehr Guts vnd Glücks von Gott hast / denn                      er / so verdreusts jhnen / neidet dich / vnd redet nichts guts von dir.</p>
        <p>Also kriegestu viel Feinde / durch deß Teuffels anreitzung / die dir<note place="right">Wehre vnd schutz wider Gewalt vnd freuel.</note> kein                      guts / weder Leiblich noch Geistlich günnen / wenn man den&#x0303; solche                      sihet / so wil vnser Hertz widerumb wüten vnd bluten / vnd sich rechen. Da hebt                      sich denn wieder Fluchen vnd schlahen / daraus endlich Jamer vnd Mord folget. Da                      kompt nu Gott zuuor / wie ein freundlicher Vater / legt sich ins Mittel / vnd                      wil den Hader geschieden haben / daß kein Vnglück darauß entstehe / noch einer                      den andern verderbe. Vnd Summa / wil er hiemit ein jeglichen beschirmet /                      befreyet / vnd befriedet haben / für jedermans freuel vnd gewalt / vnd diß Gebot                      zur Ringmauren / Festen vnd Freiheit gestellet haben / vmb den Nehesten / daß                      man jhm kein leid noch schaden am Leibe thue.</p>
        <p>GO stehet nu diß Gebot drauff / daß man niemand kein leid thue / vmb jrgend eines                      böses Stücks willen / ob ers<note place="right">Alle vrsach des to                          dschlages verboten.</note> gleich höchlich verdienet / Denn wo Todschlag                      verboten ist / da ist auch alle vrsach verboten / daher Todschlag entspringen                      mag / Denn mancher / ob er nicht tödtet / so fluchet er doch vnd wüntschet /
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[96/0217] sem Gebot nicht eingezogen / Gott vnd die Oberkeit / noch die Macht genom̃en / so sie haben zu tödten. Denn Gott sein Recht / Vbeltheter zu straffen / der Oberkeit an der Eltern stat befolen hat / welche vor zeiten / (als man in Mose lieset) jhre Kinder selbs mussten für Gericht stellen / vnd zum Tod vrtheilen / Derhalben / was hie verboten ist / ist einem gegen dem andern verboten / vnd nicht der Oberkeit. Oberkeit gehöret nicht in diß Gebot. Diß Gebot ist nu leicht gnug / vnd offt gehandelt / weil mans jerlich im Euangelio höret / Matth. 5. Da es Christus selbs auslegt / vnd in eine Summa fasset / Nemlich / Daß man nicht tödten sol / weder mit Hand / Hertzen / Mund / Zeichen / Geberden / noch hülffe vnd raht. Darumb ist darin jederman verboten zu zürnen / außgenommen (wie gesagt) die an Gottes stat sitzen / das ist / Eltern vnd Oberkeit / Denn Gott vnd was im Göttlichem Stand ist / gebüret zuzürnen / schelten vnd straffen / eben vmb dere willen / so diß vnd andere Gebot vbertretten. Zorn jederman verboten / ohn der Oberkeit. Vrsach aber vnd not dieses Gebots ist / daß Gott wol weiß / wie die Welt böse ist / vnd diß Leben viel vnglücks hat / darumb hat er diß vnd andere Gebot / zwischen gut vnd böse gestellet. Wie nun mancherley Anfechtung ist wieder alle Gebot / Also gehets hie auch / daß wir vnter viel Leuten leben müssen / die vns leid thun / daß wir vrsach kriegen / jhnen feind zu seyn. Als / wenn dein Nachbar sihet / daß du besser Hauß vnd Hoff / mehr Guts vnd Glücks von Gott hast / denn er / so verdreusts jhnen / neidet dich / vnd redet nichts guts von dir. Vrsach diß Gebot zu stellen. Also kriegestu viel Feinde / durch deß Teuffels anreitzung / die dir kein guts / weder Leiblich noch Geistlich günnen / wenn man deñ solche sihet / so wil vnser Hertz widerumb wüten vnd bluten / vnd sich rechen. Da hebt sich denn wieder Fluchen vnd schlahen / daraus endlich Jamer vnd Mord folget. Da kompt nu Gott zuuor / wie ein freundlicher Vater / legt sich ins Mittel / vnd wil den Hader geschieden haben / daß kein Vnglück darauß entstehe / noch einer den andern verderbe. Vnd Summa / wil er hiemit ein jeglichen beschirmet / befreyet / vnd befriedet haben / für jedermans freuel vnd gewalt / vnd diß Gebot zur Ringmauren / Festen vnd Freiheit gestellet haben / vmb den Nehesten / daß man jhm kein leid noch schaden am Leibe thue. Wehre vnd schutz wider Gewalt vnd freuel. GO stehet nu diß Gebot drauff / daß man niemand kein leid thue / vmb jrgend eines böses Stücks willen / ob ers gleich höchlich verdienet / Denn wo Todschlag verboten ist / da ist auch alle vrsach verboten / daher Todschlag entspringen mag / Denn mancher / ob er nicht tödtet / so fluchet er doch vnd wüntschet / Alle vrsach des to dschlages verboten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/217
Zitationshilfe: [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/217>, abgerufen am 18.12.2024.