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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856.

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Literatur und literarische und kritische Versuche heraus.


L'istesso tempo, ital., dasselbe Zeitmaß.


Liszt, Franz, der größte Claviervirtuos, geb. 1811 zu Raiding in Ungarn, erhielt den ersten Unterricht von seinem Vater, einem Beamten des Fürsten Esterhazy, dann zu Wien von Czerny u. Salieri. und wurde in Paris der Liebling der vornehmen Welt. Er machte hierauf Kunstreisen nach England, der Schweiz, und als sein Vater 1827 in Boulogne gest., durchzog er ganz Europa, ward 1848 Hofkapellmeister in Weimar. Auch als Componist und Schriftsteller hat er sich Ruhm erworben (Abhandlungen über Chopin, Leipz. 1852, mehre Aufsätze in Journalen über Literatur und Kunst).


Litanei, griech.-deutsch, inbrünstiges Bittgebet, Bittandacht, dann die bekannte Art des Wechselgebetes, wo dem Vorbetenden von den Theilnehmern mit kurzen Bittformeln z. B. Kyrie eleison, Christe eleison (Herr, Christus erbarme dich unser) u. s. f. geantwortet, u. zwar mehrmals nacheinander dieselbe Antwort gegeben und mit gemeinsamen Gebeten geschlossen wird. Die Anzahl der L.en wurde im Mittelalter außerordentlich groß, doch erlangten nur wenige kirchliches Ansehen, namentlich die Allerheiligen-L., dann die Lauretanische, eine Anrufung und Lobpreisung Mariä (schon in grauer Zeit besonders in der berühmten Wallfahrtskirche von St. Loretto zwischen Ancona und Rom in Uebung), endlich die L. vom Namen Jesu.


Lit de justice (frz. li dö schüßtihs), d. h. Bett der Gerechtigkeit, ursprünglich der erhöhte Sitz der französ. Könige, wenn sie zu Gerichte saßen; später Parlamentssitzung, wo der König mit seinen ersten Hofbeamten persönlich erschien u. den Kanzler den Vortrag machen ließ, welcher nun von dem Parlamente ohne Widerspruch als Gesetz einregistrirt werden mußte.


Liten (Liti), eigene Leute, Hörige, im Mittelalter eine Abstufung der Unfreien.


Litera, lat., Buchstabe; l. scripta manet, der geschriebene Buchstabe bleibt; l.e, Buchstaben; Brief; Wissenschaften. L.e non erubescunt, Briefe erröthen nicht. Literalismus, das starre Festhalten am Buchstaben; Literalmethode, Buchstabirmethode; literarisch, was sich auf Literatur bezieht.


Literalverträge (literarum obligatio), auf schriftlicher Aufzeichnung beruhend; als eine eigene Vertragsart schon zu Justinians Zeiten fast vergessen.


Literarisches Eigenthum, das Recht des Verfassers eines schriftstellerischen Werkes auf dasselbe u. in Folge davon das Recht des Verlegers.


Literat, lat. literatus, Gelehrter.


Literatur, die Gesammtheit aller schriftstellerisch en Werke; National-L., die schriftstellerischen Erzeugnisse einer Nation. L.geschichte, die zusammenhängende Darstellung aller literarischen Leistungen, ein Theil der Culturgeschichte, geht neben der allgemeinen Darstellung der Bildung, der Zeitrichtung etc. auf die Biographie der Schriftsteller sowie auf die Kritik der wichtigeren Werke ein. Der Begründer der L.geschichte ist Konrad v. Gesner (s. d.); die alte L.geschichte ist von gründlichen Gelehrten (Vossius, Fabricius etc.) frühe bearbeitet worden, die der neuen Nationen hat ihre Ausbildung seit Anfang dieses Jahrh. erlangt; die Zahl der einschlägigen Werke ist Legion; ein "Lehrbuch einer allgemeinen Literaturgeschichte aller bekannten Völker der Welt von der ältesten bis auf die neueste Zeit" gab Gräße in 3 Bdn., Leipzig 1837-55, heraus.


Lithauen, ehemaliges Großfürstenthum, später Bestandtheil des polnischen Reichs, bestand aus dem eigentlichen L., aus dem lithauischen Rußland und dem Herzogthum Samogitien, enthielt über 5000 #M. mit mehr als 2 Mill. E. Es ist durchgängig flaches, waldiges, oft sumpfiges Land, lohnt jedoch Ackerbau und Viehzucht reichlich. Seit der Theilung Polens gehört es mit Ausnahme des preußisch gewordenen Reg.-Bez. Gumbinnen zu Rußland. Die Lithauer sind ein den Slaven nahe verwandter Stamm, mit schöner, dem Sanscrit näher als das Slavische stehender Sprache; sie sind gutmüthig, tapfer, haben schöne Volkslieder mit meist ernsten und klagenden Melodien, sind in

Literatur und literarische und kritische Versuche heraus.


L'istesso tempo, ital., dasselbe Zeitmaß.


Liszt, Franz, der größte Claviervirtuos, geb. 1811 zu Raiding in Ungarn, erhielt den ersten Unterricht von seinem Vater, einem Beamten des Fürsten Esterhazy, dann zu Wien von Czerny u. Salieri. und wurde in Paris der Liebling der vornehmen Welt. Er machte hierauf Kunstreisen nach England, der Schweiz, und als sein Vater 1827 in Boulogne gest., durchzog er ganz Europa, ward 1848 Hofkapellmeister in Weimar. Auch als Componist und Schriftsteller hat er sich Ruhm erworben (Abhandlungen über Chopin, Leipz. 1852, mehre Aufsätze in Journalen über Literatur und Kunst).


Litanei, griech.-deutsch, inbrünstiges Bittgebet, Bittandacht, dann die bekannte Art des Wechselgebetes, wo dem Vorbetenden von den Theilnehmern mit kurzen Bittformeln z. B. Kyrie eleison, Christe eleison (Herr, Christus erbarme dich unser) u. s. f. geantwortet, u. zwar mehrmals nacheinander dieselbe Antwort gegeben und mit gemeinsamen Gebeten geschlossen wird. Die Anzahl der L.en wurde im Mittelalter außerordentlich groß, doch erlangten nur wenige kirchliches Ansehen, namentlich die Allerheiligen-L., dann die Lauretanische, eine Anrufung und Lobpreisung Mariä (schon in grauer Zeit besonders in der berühmten Wallfahrtskirche von St. Loretto zwischen Ancona und Rom in Uebung), endlich die L. vom Namen Jesu.


Lit de justice (frz. li dö schüßtihs), d. h. Bett der Gerechtigkeit, ursprünglich der erhöhte Sitz der französ. Könige, wenn sie zu Gerichte saßen; später Parlamentssitzung, wo der König mit seinen ersten Hofbeamten persönlich erschien u. den Kanzler den Vortrag machen ließ, welcher nun von dem Parlamente ohne Widerspruch als Gesetz einregistrirt werden mußte.


Liten (Liti), eigene Leute, Hörige, im Mittelalter eine Abstufung der Unfreien.


Litera, lat., Buchstabe; l. scripta manet, der geschriebene Buchstabe bleibt; l.e, Buchstaben; Brief; Wissenschaften. L.e non erubescunt, Briefe erröthen nicht. Literalismus, das starre Festhalten am Buchstaben; Literalmethode, Buchstabirmethode; literarisch, was sich auf Literatur bezieht.


Literalverträge (literarum obligatio), auf schriftlicher Aufzeichnung beruhend; als eine eigene Vertragsart schon zu Justinians Zeiten fast vergessen.


Literarisches Eigenthum, das Recht des Verfassers eines schriftstellerischen Werkes auf dasselbe u. in Folge davon das Recht des Verlegers.


Literat, lat. literatus, Gelehrter.


Literatur, die Gesammtheit aller schriftstellerisch en Werke; National-L., die schriftstellerischen Erzeugnisse einer Nation. L.geschichte, die zusammenhängende Darstellung aller literarischen Leistungen, ein Theil der Culturgeschichte, geht neben der allgemeinen Darstellung der Bildung, der Zeitrichtung etc. auf die Biographie der Schriftsteller sowie auf die Kritik der wichtigeren Werke ein. Der Begründer der L.geschichte ist Konrad v. Gesner (s. d.); die alte L.geschichte ist von gründlichen Gelehrten (Vossius, Fabricius etc.) frühe bearbeitet worden, die der neuen Nationen hat ihre Ausbildung seit Anfang dieses Jahrh. erlangt; die Zahl der einschlägigen Werke ist Legion; ein „Lehrbuch einer allgemeinen Literaturgeschichte aller bekannten Völker der Welt von der ältesten bis auf die neueste Zeit“ gab Gräße in 3 Bdn., Leipzig 1837–55, heraus.


Lithauen, ehemaliges Großfürstenthum, später Bestandtheil des polnischen Reichs, bestand aus dem eigentlichen L., aus dem lithauischen Rußland und dem Herzogthum Samogitien, enthielt über 5000 □M. mit mehr als 2 Mill. E. Es ist durchgängig flaches, waldiges, oft sumpfiges Land, lohnt jedoch Ackerbau und Viehzucht reichlich. Seit der Theilung Polens gehört es mit Ausnahme des preußisch gewordenen Reg.-Bez. Gumbinnen zu Rußland. Die Lithauer sind ein den Slaven nahe verwandter Stamm, mit schöner, dem Sanscrit näher als das Slavische stehender Sprache; sie sind gutmüthig, tapfer, haben schöne Volkslieder mit meist ernsten und klagenden Melodien, sind in

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[8/0009] Literatur und literarische und kritische Versuche heraus. L'istesso tempo, ital., dasselbe Zeitmaß. Liszt, Franz, der größte Claviervirtuos, geb. 1811 zu Raiding in Ungarn, erhielt den ersten Unterricht von seinem Vater, einem Beamten des Fürsten Esterhazy, dann zu Wien von Czerny u. Salieri. und wurde in Paris der Liebling der vornehmen Welt. Er machte hierauf Kunstreisen nach England, der Schweiz, und als sein Vater 1827 in Boulogne gest., durchzog er ganz Europa, ward 1848 Hofkapellmeister in Weimar. Auch als Componist und Schriftsteller hat er sich Ruhm erworben (Abhandlungen über Chopin, Leipz. 1852, mehre Aufsätze in Journalen über Literatur und Kunst). Litanei, griech.-deutsch, inbrünstiges Bittgebet, Bittandacht, dann die bekannte Art des Wechselgebetes, wo dem Vorbetenden von den Theilnehmern mit kurzen Bittformeln z. B. Kyrie eleison, Christe eleison (Herr, Christus erbarme dich unser) u. s. f. geantwortet, u. zwar mehrmals nacheinander dieselbe Antwort gegeben und mit gemeinsamen Gebeten geschlossen wird. Die Anzahl der L.en wurde im Mittelalter außerordentlich groß, doch erlangten nur wenige kirchliches Ansehen, namentlich die Allerheiligen-L., dann die Lauretanische, eine Anrufung und Lobpreisung Mariä (schon in grauer Zeit besonders in der berühmten Wallfahrtskirche von St. Loretto zwischen Ancona und Rom in Uebung), endlich die L. vom Namen Jesu. Lit de justice (frz. li dö schüßtihs), d. h. Bett der Gerechtigkeit, ursprünglich der erhöhte Sitz der französ. Könige, wenn sie zu Gerichte saßen; später Parlamentssitzung, wo der König mit seinen ersten Hofbeamten persönlich erschien u. den Kanzler den Vortrag machen ließ, welcher nun von dem Parlamente ohne Widerspruch als Gesetz einregistrirt werden mußte. Liten (Liti), eigene Leute, Hörige, im Mittelalter eine Abstufung der Unfreien. Litera, lat., Buchstabe; l. scripta manet, der geschriebene Buchstabe bleibt; l.e, Buchstaben; Brief; Wissenschaften. L.e non erubescunt, Briefe erröthen nicht. Literalismus, das starre Festhalten am Buchstaben; Literalmethode, Buchstabirmethode; literarisch, was sich auf Literatur bezieht. Literalverträge (literarum obligatio), auf schriftlicher Aufzeichnung beruhend; als eine eigene Vertragsart schon zu Justinians Zeiten fast vergessen. Literarisches Eigenthum, das Recht des Verfassers eines schriftstellerischen Werkes auf dasselbe u. in Folge davon das Recht des Verlegers. Literat, lat. literatus, Gelehrter. Literatur, die Gesammtheit aller schriftstellerisch en Werke; National-L., die schriftstellerischen Erzeugnisse einer Nation. L.geschichte, die zusammenhängende Darstellung aller literarischen Leistungen, ein Theil der Culturgeschichte, geht neben der allgemeinen Darstellung der Bildung, der Zeitrichtung etc. auf die Biographie der Schriftsteller sowie auf die Kritik der wichtigeren Werke ein. Der Begründer der L.geschichte ist Konrad v. Gesner (s. d.); die alte L.geschichte ist von gründlichen Gelehrten (Vossius, Fabricius etc.) frühe bearbeitet worden, die der neuen Nationen hat ihre Ausbildung seit Anfang dieses Jahrh. erlangt; die Zahl der einschlägigen Werke ist Legion; ein „Lehrbuch einer allgemeinen Literaturgeschichte aller bekannten Völker der Welt von der ältesten bis auf die neueste Zeit“ gab Gräße in 3 Bdn., Leipzig 1837–55, heraus. Lithauen, ehemaliges Großfürstenthum, später Bestandtheil des polnischen Reichs, bestand aus dem eigentlichen L., aus dem lithauischen Rußland und dem Herzogthum Samogitien, enthielt über 5000 □M. mit mehr als 2 Mill. E. Es ist durchgängig flaches, waldiges, oft sumpfiges Land, lohnt jedoch Ackerbau und Viehzucht reichlich. Seit der Theilung Polens gehört es mit Ausnahme des preußisch gewordenen Reg.-Bez. Gumbinnen zu Rußland. Die Lithauer sind ein den Slaven nahe verwandter Stamm, mit schöner, dem Sanscrit näher als das Slavische stehender Sprache; sie sind gutmüthig, tapfer, haben schöne Volkslieder mit meist ernsten und klagenden Melodien, sind in

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon04_1856/9>, abgerufen am 18.12.2024.