Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856.herrschte bald unbedingt, die Früchte davon waren: vollkommene Knechtung der r. K., Auflösung in Sectirerei und der Mangel sittlichen Einflusses der unwissenden und häufig sehr ungeschlachten Popen auf das Volk. Russisches Bad, s. Dampfbad. Russische Sprache, Russische Literatur. Die russ. Sprache ist ein Hauptzweig des slavischen Sprachstamms, reich an Wurzeln und Bildungsformen u. wird in 2 Hauptdialecten, dem Klein- und Großrussischen gesprochen; aus letzterm hat sich die Schriftsprache entwickelt, die aber erst seit Peter I. das Altslavische verdrängte, das bis dahin Kirchensprache gewesen war. Die Buchstabenschrift ist die cyrillische, mit 36 Zeichen, dem griech. Alphabet als Grundlage, jedoch mit verschiedenen, durch die eigenthümlichen slav. Laute nothwendig gewordenen besondern Zeichen. Von einer eigentlichen russ. Literatur kann kaum die Rede sein; denn der Staat in seiner jetzigen Gestalt und die Bildung ist neu, letztere mehr ausländisch als national; außerdem ist ein autokratisch u. militärisch regierter Staat kein Boden, auf dem eine kräftige Literatur gedeiht. Die ältesten Denkmale der russ. Literatur sind Nestors Chronik, ein Rechts buch (Prawda ruskaja) und epische Gedichte aus der Heldensage der Russen. Die alte aufkeimende Bildung wurde von den Mongolen unterdrückt und außer einigen Chroniken, Lebensbeschreibungen von Heiligen etc., die von Mönchen ausgingen, weist die russ. Literatur auch nach der Vertreibung der Mongolen nichts weiteres auf. Peter I. machte die russ. Sprache zur Schrift- und Geschäftssprache, errichtete Druckereien, Schulanstalten u. ließ ausländische Werke in das Russische übersetzen, allein von selbständigen Schöpfungen war nicht die Rede u. was in den Wissenschaften Bedeutendes geleistet wurde, geschah durch Ausländer. Unter Alexander I. erwachte ein regeres Leben; hatte früher der Dichter Dershawin fast allein bei der Nation Eingang gefunden, so machten sich jetzt einzelne Namen in allen Gattungen der Poesie geltend (Schukowski, Krylow, Bulgarin, Koslow, Schachowski, Glinka etc.); der Historiker Karamsin fand auch im Auslande Anerkennung, und tüchtige Kritiker bekämpften die Auswüchse in Literatur und Sprache. In neuester Zeit ragen die Dichternamen Lermontow u. Puschkin (s. d.) über alle andern empor, auch haben sich mehre Russen auf dem Gebiete der Geschichte, Geographie, Statistik etc. hervorgethan; eine europ. Bedeutung hat aber die russ. Literatur noch nicht errungen. (Jordan, "Geschichte der russ. Literatur"Lpz. 1846.) Rußland, dem Flächeninhalte nach das größte Reich der Erde, zu 357065 #M. berechnet, von denen auf Europa 100429, auf Amerika 27247, die übrigen auf Asien kommen, gränzt an Preußen, Oesterreich, die europ. Türkei, das baltische Meer, Norwegen, Schweden, das nördl. Eismeer, an die Behringsstraße, Britisch-Nordamerika, den stillen Ocean, China, die Tatarei, das kaspische Meer, Persien, die asiatische Türkei und das schwarze Meer. Den Kern des Reichs bildet das europ. Rußland; dasselbe ist dem größten Theile nach Flachland, gebirgig nur im südl. Polen (Karpathen), in Finnland, der Krim u. an der asiatischen Gränze, wo sich Kaukasus und Ural erheben. Transkaukasien ist durch den Kaukasus und das armenische Gebirge ein Gebirgsland, Sibirien wird durch das asiat. Centralgebirge in seinem südl. Theile erfüllt und fällt gegen das Eismeer in eine ungeheure eisige Tiefebene ab. R. hat große Sümpfe am mittlern Dniepr und dessen westl. Zuflüssen, in Polen, an der Eismeerküste, zahllose u. zum Theil sehr große Seen (die finnischen, Ilmen-, Peipus-, Ladoga-, Onega-, Baikal- etc. See); Steppen im südl. europ. R., im Gebiete der Kirgisen, zwischen dem Aralsee und kaspischen Meere, in denselben viele Salzseen; der Norden ist eine Wüstenei, deßgleichen das russ. Amerika u. hat nur wegen des Pelzhandels einigen Werth. Das Flußsystem des europ. R.s ist für den Verkehr äußerst günstig gestaltet; in die Ostsee ergießen sich: Weichsel, Niemen, Düna, Narwa, Newa, Tornea; in das weiße Meer: die Dwina, in das Eismeer: Mesen und Petschora, in das kaspische: die Wolga, die Hauptader des europ. R.s, und der Terek, in das asow'sche: herrschte bald unbedingt, die Früchte davon waren: vollkommene Knechtung der r. K., Auflösung in Sectirerei und der Mangel sittlichen Einflusses der unwissenden und häufig sehr ungeschlachten Popen auf das Volk. Russisches Bad, s. Dampfbad. Russische Sprache, Russische Literatur. Die russ. Sprache ist ein Hauptzweig des slavischen Sprachstamms, reich an Wurzeln und Bildungsformen u. wird in 2 Hauptdialecten, dem Klein- und Großrussischen gesprochen; aus letzterm hat sich die Schriftsprache entwickelt, die aber erst seit Peter I. das Altslavische verdrängte, das bis dahin Kirchensprache gewesen war. Die Buchstabenschrift ist die cyrillische, mit 36 Zeichen, dem griech. Alphabet als Grundlage, jedoch mit verschiedenen, durch die eigenthümlichen slav. Laute nothwendig gewordenen besondern Zeichen. Von einer eigentlichen russ. Literatur kann kaum die Rede sein; denn der Staat in seiner jetzigen Gestalt und die Bildung ist neu, letztere mehr ausländisch als national; außerdem ist ein autokratisch u. militärisch regierter Staat kein Boden, auf dem eine kräftige Literatur gedeiht. Die ältesten Denkmale der russ. Literatur sind Nestors Chronik, ein Rechts buch (Prawda ruskaja) und epische Gedichte aus der Heldensage der Russen. Die alte aufkeimende Bildung wurde von den Mongolen unterdrückt und außer einigen Chroniken, Lebensbeschreibungen von Heiligen etc., die von Mönchen ausgingen, weist die russ. Literatur auch nach der Vertreibung der Mongolen nichts weiteres auf. Peter I. machte die russ. Sprache zur Schrift- und Geschäftssprache, errichtete Druckereien, Schulanstalten u. ließ ausländische Werke in das Russische übersetzen, allein von selbständigen Schöpfungen war nicht die Rede u. was in den Wissenschaften Bedeutendes geleistet wurde, geschah durch Ausländer. Unter Alexander I. erwachte ein regeres Leben; hatte früher der Dichter Dershawin fast allein bei der Nation Eingang gefunden, so machten sich jetzt einzelne Namen in allen Gattungen der Poesie geltend (Schukowski, Krylow, Bulgarin, Koslow, Schachowski, Glinka etc.); der Historiker Karamsin fand auch im Auslande Anerkennung, und tüchtige Kritiker bekämpften die Auswüchse in Literatur und Sprache. In neuester Zeit ragen die Dichternamen Lermontow u. Puschkin (s. d.) über alle andern empor, auch haben sich mehre Russen auf dem Gebiete der Geschichte, Geographie, Statistik etc. hervorgethan; eine europ. Bedeutung hat aber die russ. Literatur noch nicht errungen. (Jordan, „Geschichte der russ. Literatur“Lpz. 1846.) Rußland, dem Flächeninhalte nach das größte Reich der Erde, zu 357065 □M. berechnet, von denen auf Europa 100429, auf Amerika 27247, die übrigen auf Asien kommen, gränzt an Preußen, Oesterreich, die europ. Türkei, das baltische Meer, Norwegen, Schweden, das nördl. Eismeer, an die Behringsstraße, Britisch-Nordamerika, den stillen Ocean, China, die Tatarei, das kaspische Meer, Persien, die asiatische Türkei und das schwarze Meer. Den Kern des Reichs bildet das europ. Rußland; dasselbe ist dem größten Theile nach Flachland, gebirgig nur im südl. Polen (Karpathen), in Finnland, der Krim u. an der asiatischen Gränze, wo sich Kaukasus und Ural erheben. Transkaukasien ist durch den Kaukasus und das armenische Gebirge ein Gebirgsland, Sibirien wird durch das asiat. Centralgebirge in seinem südl. Theile erfüllt und fällt gegen das Eismeer in eine ungeheure eisige Tiefebene ab. R. hat große Sümpfe am mittlern Dniepr und dessen westl. 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Literatur kann kaum die Rede sein; denn der Staat in seiner jetzigen Gestalt und die Bildung ist neu, letztere mehr ausländisch als national; außerdem ist ein autokratisch u. militärisch regierter Staat kein Boden, auf dem eine kräftige Literatur gedeiht. Die ältesten Denkmale der russ. Literatur sind Nestors Chronik, ein Rechts buch <hi rendition="#i">(Prawda ruskaja)</hi> und epische Gedichte aus der Heldensage der Russen. Die alte aufkeimende Bildung wurde von den Mongolen unterdrückt und außer einigen Chroniken, Lebensbeschreibungen von Heiligen etc., die von Mönchen ausgingen, weist die russ. Literatur auch nach der Vertreibung der Mongolen nichts weiteres auf. Peter I. machte die russ. Sprache zur Schrift- und Geschäftssprache, errichtete Druckereien, Schulanstalten u. ließ ausländische Werke in das Russische übersetzen, allein von selbständigen Schöpfungen war nicht die Rede u. was in den Wissenschaften Bedeutendes geleistet wurde, geschah durch Ausländer. Unter Alexander I. erwachte ein regeres Leben; hatte früher der Dichter Dershawin fast allein bei der Nation Eingang gefunden, so machten sich jetzt einzelne Namen in allen Gattungen der Poesie geltend (Schukowski, Krylow, Bulgarin, Koslow, Schachowski, Glinka etc.); der Historiker Karamsin fand auch im Auslande Anerkennung, und tüchtige Kritiker bekämpften die Auswüchse in Literatur und Sprache. In neuester Zeit ragen die Dichternamen Lermontow u. Puschkin (s. d.) über alle andern empor, auch haben sich mehre Russen auf dem Gebiete der Geschichte, Geographie, Statistik etc. hervorgethan; eine europ. Bedeutung hat aber die russ. Literatur noch nicht errungen. (Jordan, „Geschichte der russ. 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R. hat große Sümpfe am mittlern Dniepr und dessen westl. Zuflüssen, in Polen, an der Eismeerküste, zahllose u. zum Theil sehr große Seen (die finnischen, Ilmen-, Peipus-, Ladoga-, Onega-, Baikal- etc. See); Steppen im südl. europ. R., im Gebiete der Kirgisen, zwischen dem Aralsee und kaspischen Meere, in denselben viele Salzseen; der Norden ist eine Wüstenei, deßgleichen das russ. Amerika u. hat nur wegen des Pelzhandels einigen Werth. Das Flußsystem des europ. R.s ist für den Verkehr äußerst günstig gestaltet; in die Ostsee ergießen sich: Weichsel, Niemen, Düna, Narwa, Newa, Tornea; in das weiße Meer: die Dwina, in das Eismeer: Mesen und Petschora, in das kaspische: die Wolga, die Hauptader des europ. R.s, und der Terek, in das asowʼsche: </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [794/0795]
herrschte bald unbedingt, die Früchte davon waren: vollkommene Knechtung der r. K., Auflösung in Sectirerei und der Mangel sittlichen Einflusses der unwissenden und häufig sehr ungeschlachten Popen auf das Volk.
Russisches Bad, s. Dampfbad.
Russische Sprache, Russische Literatur. Die russ. Sprache ist ein Hauptzweig des slavischen Sprachstamms, reich an Wurzeln und Bildungsformen u. wird in 2 Hauptdialecten, dem Klein- und Großrussischen gesprochen; aus letzterm hat sich die Schriftsprache entwickelt, die aber erst seit Peter I. das Altslavische verdrängte, das bis dahin Kirchensprache gewesen war. Die Buchstabenschrift ist die cyrillische, mit 36 Zeichen, dem griech. Alphabet als Grundlage, jedoch mit verschiedenen, durch die eigenthümlichen slav. Laute nothwendig gewordenen besondern Zeichen. Von einer eigentlichen russ. Literatur kann kaum die Rede sein; denn der Staat in seiner jetzigen Gestalt und die Bildung ist neu, letztere mehr ausländisch als national; außerdem ist ein autokratisch u. militärisch regierter Staat kein Boden, auf dem eine kräftige Literatur gedeiht. Die ältesten Denkmale der russ. Literatur sind Nestors Chronik, ein Rechts buch (Prawda ruskaja) und epische Gedichte aus der Heldensage der Russen. Die alte aufkeimende Bildung wurde von den Mongolen unterdrückt und außer einigen Chroniken, Lebensbeschreibungen von Heiligen etc., die von Mönchen ausgingen, weist die russ. Literatur auch nach der Vertreibung der Mongolen nichts weiteres auf. Peter I. machte die russ. Sprache zur Schrift- und Geschäftssprache, errichtete Druckereien, Schulanstalten u. ließ ausländische Werke in das Russische übersetzen, allein von selbständigen Schöpfungen war nicht die Rede u. was in den Wissenschaften Bedeutendes geleistet wurde, geschah durch Ausländer. Unter Alexander I. erwachte ein regeres Leben; hatte früher der Dichter Dershawin fast allein bei der Nation Eingang gefunden, so machten sich jetzt einzelne Namen in allen Gattungen der Poesie geltend (Schukowski, Krylow, Bulgarin, Koslow, Schachowski, Glinka etc.); der Historiker Karamsin fand auch im Auslande Anerkennung, und tüchtige Kritiker bekämpften die Auswüchse in Literatur und Sprache. In neuester Zeit ragen die Dichternamen Lermontow u. Puschkin (s. d.) über alle andern empor, auch haben sich mehre Russen auf dem Gebiete der Geschichte, Geographie, Statistik etc. hervorgethan; eine europ. Bedeutung hat aber die russ. Literatur noch nicht errungen. (Jordan, „Geschichte der russ. Literatur“Lpz. 1846.)
Rußland, dem Flächeninhalte nach das größte Reich der Erde, zu 357065 □M. berechnet, von denen auf Europa 100429, auf Amerika 27247, die übrigen auf Asien kommen, gränzt an Preußen, Oesterreich, die europ. Türkei, das baltische Meer, Norwegen, Schweden, das nördl. Eismeer, an die Behringsstraße, Britisch-Nordamerika, den stillen Ocean, China, die Tatarei, das kaspische Meer, Persien, die asiatische Türkei und das schwarze Meer. Den Kern des Reichs bildet das europ. Rußland; dasselbe ist dem größten Theile nach Flachland, gebirgig nur im südl. Polen (Karpathen), in Finnland, der Krim u. an der asiatischen Gränze, wo sich Kaukasus und Ural erheben. Transkaukasien ist durch den Kaukasus und das armenische Gebirge ein Gebirgsland, Sibirien wird durch das asiat. Centralgebirge in seinem südl. Theile erfüllt und fällt gegen das Eismeer in eine ungeheure eisige Tiefebene ab. R. hat große Sümpfe am mittlern Dniepr und dessen westl. Zuflüssen, in Polen, an der Eismeerküste, zahllose u. zum Theil sehr große Seen (die finnischen, Ilmen-, Peipus-, Ladoga-, Onega-, Baikal- etc. See); Steppen im südl. europ. R., im Gebiete der Kirgisen, zwischen dem Aralsee und kaspischen Meere, in denselben viele Salzseen; der Norden ist eine Wüstenei, deßgleichen das russ. Amerika u. hat nur wegen des Pelzhandels einigen Werth. Das Flußsystem des europ. R.s ist für den Verkehr äußerst günstig gestaltet; in die Ostsee ergießen sich: Weichsel, Niemen, Düna, Narwa, Newa, Tornea; in das weiße Meer: die Dwina, in das Eismeer: Mesen und Petschora, in das kaspische: die Wolga, die Hauptader des europ. R.s, und der Terek, in das asowʼsche:
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