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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856.

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misch, wissenschaftlich bestreitend, vertheidigend oder angreifend, dann auch feindselig; polemisch-dogmatische Theologie, auch Controverse, die Behandlung der christlichen Dogmatik mit besonderer Rücksicht auf entgegengesetzte Grundsätze und Systeme.


Polemo, Philosoph, wurde als ausschweifender Jüngling von Xenokrates bekehrt u. dessen Nachfolger als Lehrer, st. 272 v. Chr. - P. Periegetes, Schüler des Stoikers Panätius, schrieb eine griech. Geschichte ("Polemonis Periegetae fragmenta", herausgegeben von Preller, Leipz. 1838). - Antonius P., Rhetor aus Laodicea im 2. Jahrh. n. Chr.; seine 2 Lobreden auf Cynägirus und Kallimachus gab J. K. Orelli, Leipzig 1819, heraus.


Polen, lat. Polonia, Sarmatia, im vorigen Jahrh. noch Königreich u. Republik, umfaßte vor 1772 als Haupttheile: 1) Groß-P. mit den Woiwodschaften Posen, Kalisch, Sieracz, Lencicz, Brzest, Inowrazlaw, Plock, Masowien, Rawa, Gnesen u. die Freiländer Wielun und Dobrczyn; 2) Klein-P. mit den Woiwodschaften Krakau, Sandomir, Lublin, Podlachien, Podolien, Brazlaw, Roth-Reußen, Belcz, dem Lande Halicz und dem Freilande Chelm; 3) Lithauen mit den Woiwodschaften Wilna, Troki, Poloczk, Minsk, Nowogrodek, Brzesk, Witepsk, Micislaw, poln. Livland, Kurland und Samogitien; 4) Polnisch-Preußen, mit eigener Verfassung; bestand aus Pomerellen, Kulmerland, Marienburger Gebiet u. Ermeland, den freien Städten Danzig u. Thorn. Das ganze P. umfaßte gegen 14000 #M. mit etwa 16 Mill. E. Nur im Süden finden sich Ausläufer der Karpathen, sonst ist das Land eine große Ebene, von der Weichsel, der Düna, dem Dniepr, Dniestr u. deren zahlreichen Nebenflüssen bewässert, mit vielen Seen und Morästen, ungeheuren an Raub- und anderem Wild reichen Waldungen, einer Bevölkerung, die größtentheils von Ackerbau u. Viehzucht lebt. Die Polanen, einer der slav. Stämme, die man unter dem Namen Lachen (Lechen) begreift, gewannen im 9. Jahrh. die Oberhand; als 1. König wird Piast (s. d.) genannt, die Geschichte und Civilisation des Volks beginnt aber erst mit der Bekehrung Mieczyslaws I. zum Christenthume (966). Sein Sohn Boleslaw I., der Große (992-1025), eroberte Schlesien, die Lausitz, Mähren, Preußen, Kiew, aber schon Boleslaw III. (1137) theilte das Reich unter seine 4 Söhne, u. Schlesien blieb forthin getrennt. Wie in Deutschland, so versuchten auch die Großen in P. sich unabhängig zu machen u. Herzog Konrad von Masovien rief 1230 den deutschen Ritterorden zu Hilfe (zunächst gegen die Preußen), welcher festen Fuß an der Ostsee faßte und trotz der langdauernden Kämpfe der poln. Könige das Küstenland von der Oder bis zum finn. Meerbusen behauptete. Unter Kasimir III. (1334-70) gewann der Adel das Uebergewicht, indem derselbe Antheil an der Gesetzgebung erhielt. Nach Kasimir III., dem letzten Piasten, herrschte König Ludwig d. Gr. von Ungarn bis 1382 über P., seine Tochter Hedwig aber gab 1386 ihre Hand dem Großfürsten Jagello von Lithauen, das 1413 mit P. dauernd vereinigt wurde. Unter den Jagellonen (1386-1572) vermehrte der Adel seine Rechte, indem er den Königen öfters die Thronfolge streitig machte und sich die Anerkennung derselben mit neuen Vorrechten bezahlen ließ; 1404 erlangte er das Recht Provinzialversammlungen zu halten, 1430 eine Art Habeas corpus-Acte, aber nur für sich, nicht auch für Bürger und Bauern; 1468 bildete sich der Reichstag in der Weise aus, daß jeder District 2 Landboten wählte, diese aber durch Instructionen vollständig band, so daß der Reichstag zu einem selbständigen Handeln unfähig war. Der Adel erwarb ferner den ausschließlichen Besitz aller bürgerlichen, militärischen und kirchlichen Würden; nur aus ihm durfte der König die Reichsbeamten, die den Senat des Reichstags bildeten, wählen. Die Tapferkeit und Zahl des berittenen poln. Adels (man rechnete 120000 adelige Familien) hob unter den Jagellonen dem Ausland gegenüber P. noch einmal; Wladislaw II. (1386 bis 1434) gewann Samogitien wieder,

misch, wissenschaftlich bestreitend, vertheidigend oder angreifend, dann auch feindselig; polemisch-dogmatische Theologie, auch Controverse, die Behandlung der christlichen Dogmatik mit besonderer Rücksicht auf entgegengesetzte Grundsätze und Systeme.


Polemo, Philosoph, wurde als ausschweifender Jüngling von Xenokrates bekehrt u. dessen Nachfolger als Lehrer, st. 272 v. Chr. – P. Periëgetes, Schüler des Stoikers Panätius, schrieb eine griech. Geschichte („Polemonis Periegetae fragmenta“, herausgegeben von Preller, Leipz. 1838). – Antonius P., Rhetor aus Laodicea im 2. Jahrh. n. Chr.; seine 2 Lobreden auf Cynägirus und Kallimachus gab J. K. Orelli, Leipzig 1819, heraus.


Polen, lat. Polonia, Sarmatia, im vorigen Jahrh. noch Königreich u. Republik, umfaßte vor 1772 als Haupttheile: 1) Groß-P. mit den Woiwodschaften Posen, Kalisch, Sieracz, Lencicz, Brzest, Inowrazlaw, Plock, Masowien, Rawa, Gnesen u. die Freiländer Wielun und Dobrczyn; 2) Klein-P. mit den Woiwodschaften Krakau, Sandomir, Lublin, Podlachien, Podolien, Brazlaw, Roth-Reußen, Belcz, dem Lande Halicz und dem Freilande Chelm; 3) Lithauen mit den Woiwodschaften Wilna, Troki, Poloczk, Minsk, Nowogrodek, Brzesk, Witepsk, Micislaw, poln. Livland, Kurland und Samogitien; 4) Polnisch-Preußen, mit eigener Verfassung; bestand aus Pomerellen, Kulmerland, Marienburger Gebiet u. Ermeland, den freien Städten Danzig u. Thorn. Das ganze P. umfaßte gegen 14000 □M. mit etwa 16 Mill. E. Nur im Süden finden sich Ausläufer der Karpathen, sonst ist das Land eine große Ebene, von der Weichsel, der Düna, dem Dniepr, Dniestr u. deren zahlreichen Nebenflüssen bewässert, mit vielen Seen und Morästen, ungeheuren an Raub- und anderem Wild reichen Waldungen, einer Bevölkerung, die größtentheils von Ackerbau u. Viehzucht lebt. Die Polanen, einer der slav. Stämme, die man unter dem Namen Lachen (Lechen) begreift, gewannen im 9. Jahrh. die Oberhand; als 1. König wird Piast (s. d.) genannt, die Geschichte und Civilisation des Volks beginnt aber erst mit der Bekehrung Mieczyslaws I. zum Christenthume (966). Sein Sohn Boleslaw I., der Große (992–1025), eroberte Schlesien, die Lausitz, Mähren, Preußen, Kiew, aber schon Boleslaw III. (1137) theilte das Reich unter seine 4 Söhne, u. Schlesien blieb forthin getrennt. Wie in Deutschland, so versuchten auch die Großen in P. sich unabhängig zu machen u. Herzog Konrad von Masovien rief 1230 den deutschen Ritterorden zu Hilfe (zunächst gegen die Preußen), welcher festen Fuß an der Ostsee faßte und trotz der langdauernden Kämpfe der poln. Könige das Küstenland von der Oder bis zum finn. Meerbusen behauptete. Unter Kasimir III. (1334–70) gewann der Adel das Uebergewicht, indem derselbe Antheil an der Gesetzgebung erhielt. Nach Kasimir III., dem letzten Piasten, herrschte König Ludwig d. Gr. von Ungarn bis 1382 über P., seine Tochter Hedwig aber gab 1386 ihre Hand dem Großfürsten Jagello von Lithauen, das 1413 mit P. dauernd vereinigt wurde. Unter den Jagellonen (1386–1572) vermehrte der Adel seine Rechte, indem er den Königen öfters die Thronfolge streitig machte und sich die Anerkennung derselben mit neuen Vorrechten bezahlen ließ; 1404 erlangte er das Recht Provinzialversammlungen zu halten, 1430 eine Art Habeas corpus-Acte, aber nur für sich, nicht auch für Bürger und Bauern; 1468 bildete sich der Reichstag in der Weise aus, daß jeder District 2 Landboten wählte, diese aber durch Instructionen vollständig band, so daß der Reichstag zu einem selbständigen Handeln unfähig war. Der Adel erwarb ferner den ausschließlichen Besitz aller bürgerlichen, militärischen und kirchlichen Würden; nur aus ihm durfte der König die Reichsbeamten, die den Senat des Reichstags bildeten, wählen. Die Tapferkeit und Zahl des berittenen poln. Adels (man rechnete 120000 adelige Familien) hob unter den Jagellonen dem Ausland gegenüber P. noch einmal; Wladislaw II. (1386 bis 1434) gewann Samogitien wieder,

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[571/0572] misch, wissenschaftlich bestreitend, vertheidigend oder angreifend, dann auch feindselig; polemisch-dogmatische Theologie, auch Controverse, die Behandlung der christlichen Dogmatik mit besonderer Rücksicht auf entgegengesetzte Grundsätze und Systeme. Polemo, Philosoph, wurde als ausschweifender Jüngling von Xenokrates bekehrt u. dessen Nachfolger als Lehrer, st. 272 v. Chr. – P. Periëgetes, Schüler des Stoikers Panätius, schrieb eine griech. Geschichte („Polemonis Periegetae fragmenta“, herausgegeben von Preller, Leipz. 1838). – Antonius P., Rhetor aus Laodicea im 2. Jahrh. n. Chr.; seine 2 Lobreden auf Cynägirus und Kallimachus gab J. K. Orelli, Leipzig 1819, heraus. Polen, lat. Polonia, Sarmatia, im vorigen Jahrh. noch Königreich u. Republik, umfaßte vor 1772 als Haupttheile: 1) Groß-P. mit den Woiwodschaften Posen, Kalisch, Sieracz, Lencicz, Brzest, Inowrazlaw, Plock, Masowien, Rawa, Gnesen u. die Freiländer Wielun und Dobrczyn; 2) Klein-P. mit den Woiwodschaften Krakau, Sandomir, Lublin, Podlachien, Podolien, Brazlaw, Roth-Reußen, Belcz, dem Lande Halicz und dem Freilande Chelm; 3) Lithauen mit den Woiwodschaften Wilna, Troki, Poloczk, Minsk, Nowogrodek, Brzesk, Witepsk, Micislaw, poln. Livland, Kurland und Samogitien; 4) Polnisch-Preußen, mit eigener Verfassung; bestand aus Pomerellen, Kulmerland, Marienburger Gebiet u. Ermeland, den freien Städten Danzig u. Thorn. Das ganze P. umfaßte gegen 14000 □M. mit etwa 16 Mill. E. Nur im Süden finden sich Ausläufer der Karpathen, sonst ist das Land eine große Ebene, von der Weichsel, der Düna, dem Dniepr, Dniestr u. deren zahlreichen Nebenflüssen bewässert, mit vielen Seen und Morästen, ungeheuren an Raub- und anderem Wild reichen Waldungen, einer Bevölkerung, die größtentheils von Ackerbau u. Viehzucht lebt. Die Polanen, einer der slav. Stämme, die man unter dem Namen Lachen (Lechen) begreift, gewannen im 9. Jahrh. die Oberhand; als 1. König wird Piast (s. d.) genannt, die Geschichte und Civilisation des Volks beginnt aber erst mit der Bekehrung Mieczyslaws I. zum Christenthume (966). Sein Sohn Boleslaw I., der Große (992–1025), eroberte Schlesien, die Lausitz, Mähren, Preußen, Kiew, aber schon Boleslaw III. (1137) theilte das Reich unter seine 4 Söhne, u. Schlesien blieb forthin getrennt. Wie in Deutschland, so versuchten auch die Großen in P. sich unabhängig zu machen u. Herzog Konrad von Masovien rief 1230 den deutschen Ritterorden zu Hilfe (zunächst gegen die Preußen), welcher festen Fuß an der Ostsee faßte und trotz der langdauernden Kämpfe der poln. Könige das Küstenland von der Oder bis zum finn. Meerbusen behauptete. Unter Kasimir III. (1334–70) gewann der Adel das Uebergewicht, indem derselbe Antheil an der Gesetzgebung erhielt. Nach Kasimir III., dem letzten Piasten, herrschte König Ludwig d. Gr. von Ungarn bis 1382 über P., seine Tochter Hedwig aber gab 1386 ihre Hand dem Großfürsten Jagello von Lithauen, das 1413 mit P. dauernd vereinigt wurde. Unter den Jagellonen (1386–1572) vermehrte der Adel seine Rechte, indem er den Königen öfters die Thronfolge streitig machte und sich die Anerkennung derselben mit neuen Vorrechten bezahlen ließ; 1404 erlangte er das Recht Provinzialversammlungen zu halten, 1430 eine Art Habeas corpus-Acte, aber nur für sich, nicht auch für Bürger und Bauern; 1468 bildete sich der Reichstag in der Weise aus, daß jeder District 2 Landboten wählte, diese aber durch Instructionen vollständig band, so daß der Reichstag zu einem selbständigen Handeln unfähig war. Der Adel erwarb ferner den ausschließlichen Besitz aller bürgerlichen, militärischen und kirchlichen Würden; nur aus ihm durfte der König die Reichsbeamten, die den Senat des Reichstags bildeten, wählen. Die Tapferkeit und Zahl des berittenen poln. Adels (man rechnete 120000 adelige Familien) hob unter den Jagellonen dem Ausland gegenüber P. noch einmal; Wladislaw II. (1386 bis 1434) gewann Samogitien wieder,

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856, S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon04_1856/572>, abgerufen am 22.11.2024.