Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855.sich besonders gegen die Familie der Hasmonäer, welche er vertilgte, und in dem Mißtrauen gegen sein eigenes Haus, dem er seine Gemahlin Mariamne, seine Söhne Aristobul, Alexander u. Antipater opferte. Er st. fast 70 I. alt, 2 I. n. Chr., an der Phtiriasis. Sein ältester Sohn H. Archelaus folgte ihm, aber nur als Ethnarch über Judäa, u. wurde bald von Augustus nach Gallien relegirt; der 2. Sohn, H. Antipas, Tetrarch von Galiläa, aus der Geschichte Johannes des Täufers bekannt, hatte 42 n. Chr. dasselbe Schicksal; der 3., H. Philippus, st. als Tetrarch v. Trachonitis. H. Agrippa I., Sohn des von Herodes I. hingerichteten Aristobul, erhielt nach und nach durch die Gunst der Kaiser Claudius und Caligula das ganze Reich seines Großvaters zurück und st. 44 nach Chr.; sein Sohn H. Agrippa II., der letzte König, mußte sich mit einem Fürstenthume begnügen und den Krieg gegen die jüd. Rebellen mitmachen; st. 100 n. Chr. Herodes Atticus, eigentlich Tiber. Claud. Atticus H., geb. 104 nach Chr., Consul 143, gest. um 180 in seinem Geburtsort Marathon, gilt als der letzte der class. Redner Athens, doch ist von seinen Schriften nichts erhalten, indem die ihm zugeschriebene, von Reiske und Bekker (Bd. 5 der Oratores Attici) herausgegebene Rede über den Staat sammt einigen Inschriften als unecht verworfen wurde. Jedenfalls ist sicherer, daß H. A. ein Crösus seiner Zeit war und unermeßliche Summen darauf verwendete, Athen (Odeon, Triopium) und Rom (Grabmal, Garten) durch Bauten zu verschönern. Er soll auch Krankenhäuser und Wasserleitungen gebaut u. den Plan gehegt haben, die Landenge von Korinth zu durchstechen. Herodian, der letzte beachtenswerthe Geschichtschreiber der Griechen vor der christlich-byzantin. Zeit, soll 170 nach Chr. geb., lange als Beamter in Rom gewesen und um 240 gest. sein. Spät schrieb er in 8 B. die Geschichte von Marc Aurels Tod bis auf Gordian III. Er vergißt zwar ob Kriegen und Herrscherwechseln die innern Zustände, hat aber gesundes Urtheil. Wahrheitsliebe und einen leichten Styl. Erste Ausgabe Venedig 1503, neueste von Osiander, Stuttg. 1830. - Von einem H. Aelius, der ein Sohn des um 160 n. Chr. lebenden scharfsinnigen Grammatikers Apollonius Dyskolus u. selber ein fruchtbarer Grammatiker u. Prosodiker gewesen sein soll, gaben Bekker, Villoison u. a., neuestens Lehrs (Königsberg 1848) Schriften heraus. Herodot, häufig der "Vater der Geschichte" genannt und nicht mit Unrecht, insofern er den Uebergang von der Logographie zur eigentl. Geschichtschreibung machte, war ein 484 v. Chr. zu Halikarnaß in Karien geb. dorischer Grieche, machte weite Reisen in Aegypten, Asien und Osteuropa, lebte dann längere Zeit in Athen, soll bei den olympischen Spielen Abschnitte seines Werkes vorgelesen, dasselbe aber erst zu Thurium in Unteritalien vollendet haben, wohin er um 444 auswanderte u. wo er 408 st. Er wollte den Kampf der Hellenen mit den Barbaren der Nachwelt erzählen; der Grundgedanke seines Werkes ist: die Perser waren Herren der Welt u. sind von den Griechen geschlagen worden. H. ist religiös, charakteristisch seine Angst vor dem Neide der Götter, in polit. Dingen ein Kind; er steht nicht an, Ansichten seiner Zeit einer weit frühern und griech. Reden Persern in den Mund zu legen u. wenn es sich seit Napoleons Expedition nach Aegypten immer mehr herausstellte, daß H. keineswegs so schlecht beobachtete u. so leichtgläubig war, wie noch das 18. Jahrh. ihm vorwarf, so ist anderseits leicht zu beweisen, daß er mitunter auf Leichtgläubigkeit von Seite des Lesers rechnete. Das Einfachschöne, Süße seiner Darstellungsweise u. jonischen Mundart bleibt unbestritten, wenn man auch mit Plutarch Heuchelei dahinter witterte. H.s Werk hat 9 B., spätere Grammatiker gaben jedem derselben den Namen einer Muse. Die ersten 4 Bücher sind ganz mit Vorgeschichte u. Reisebeobachtungen angefüllt, erst im 5. macht sich H. daran, von der Hauptsache, dem persisch-griech. Kampfe, zu reden und dieses wie die folgenden bleiben reich an Episoden verschiedener Art. Eine gewisse sich besonders gegen die Familie der Hasmonäer, welche er vertilgte, und in dem Mißtrauen gegen sein eigenes Haus, dem er seine Gemahlin Mariamne, seine Söhne Aristobul, Alexander u. Antipater opferte. Er st. fast 70 I. alt, 2 I. n. Chr., an der Phtiriasis. Sein ältester Sohn H. Archelaus folgte ihm, aber nur als Ethnarch über Judäa, u. wurde bald von Augustus nach Gallien relegirt; der 2. Sohn, H. Antipas, Tetrarch von Galiläa, aus der Geschichte Johannes des Täufers bekannt, hatte 42 n. Chr. dasselbe Schicksal; der 3., H. Philippus, st. als Tetrarch v. Trachonitis. H. Agrippa I., Sohn des von Herodes I. hingerichteten Aristobul, erhielt nach und nach durch die Gunst der Kaiser Claudius und Caligula das ganze Reich seines Großvaters zurück und st. 44 nach Chr.; sein Sohn H. Agrippa II., der letzte König, mußte sich mit einem Fürstenthume begnügen und den Krieg gegen die jüd. Rebellen mitmachen; st. 100 n. Chr. Herodes Atticus, eigentlich Tiber. Claud. Atticus H., geb. 104 nach Chr., Consul 143, gest. um 180 in seinem Geburtsort Marathon, gilt als der letzte der class. Redner Athens, doch ist von seinen Schriften nichts erhalten, indem die ihm zugeschriebene, von Reiske und Bekker (Bd. 5 der Oratores Attici) herausgegebene Rede über den Staat sammt einigen Inschriften als unecht verworfen wurde. Jedenfalls ist sicherer, daß H. A. ein Crösus seiner Zeit war und unermeßliche Summen darauf verwendete, Athen (Odeon, Triopium) und Rom (Grabmal, Garten) durch Bauten zu verschönern. Er soll auch Krankenhäuser und Wasserleitungen gebaut u. den Plan gehegt haben, die Landenge von Korinth zu durchstechen. Herodian, der letzte beachtenswerthe Geschichtschreiber der Griechen vor der christlich-byzantin. Zeit, soll 170 nach Chr. geb., lange als Beamter in Rom gewesen und um 240 gest. sein. Spät schrieb er in 8 B. die Geschichte von Marc Aurels Tod bis auf Gordian III. Er vergißt zwar ob Kriegen und Herrscherwechseln die innern Zustände, hat aber gesundes Urtheil. Wahrheitsliebe und einen leichten Styl. Erste Ausgabe Venedig 1503, neueste von Osiander, Stuttg. 1830. – Von einem H. Aelius, der ein Sohn des um 160 n. Chr. lebenden scharfsinnigen Grammatikers Apollonius Dyskolus u. selber ein fruchtbarer Grammatiker u. Prosodiker gewesen sein soll, gaben Bekker, Villoison u. a., neuestens Lehrs (Königsberg 1848) Schriften heraus. Herodot, häufig der „Vater der Geschichte“ genannt und nicht mit Unrecht, insofern er den Uebergang von der Logographie zur eigentl. Geschichtschreibung machte, war ein 484 v. Chr. zu Halikarnaß in Karien geb. dorischer Grieche, machte weite Reisen in Aegypten, Asien und Osteuropa, lebte dann längere Zeit in Athen, soll bei den olympischen Spielen Abschnitte seines Werkes vorgelesen, dasselbe aber erst zu Thurium in Unteritalien vollendet haben, wohin er um 444 auswanderte u. wo er 408 st. Er wollte den Kampf der Hellenen mit den Barbaren der Nachwelt erzählen; der Grundgedanke seines Werkes ist: die Perser waren Herren der Welt u. sind von den Griechen geschlagen worden. H. ist religiös, charakteristisch seine Angst vor dem Neide der Götter, in polit. Dingen ein Kind; er steht nicht an, Ansichten seiner Zeit einer weit frühern und griech. Reden Persern in den Mund zu legen u. wenn es sich seit Napoleons Expedition nach Aegypten immer mehr herausstellte, daß H. keineswegs so schlecht beobachtete u. so leichtgläubig war, wie noch das 18. Jahrh. ihm vorwarf, so ist anderseits leicht zu beweisen, daß er mitunter auf Leichtgläubigkeit von Seite des Lesers rechnete. Das Einfachschöne, Süße seiner Darstellungsweise u. jonischen Mundart bleibt unbestritten, wenn man auch mit Plutarch Heuchelei dahinter witterte. H.s Werk hat 9 B., spätere Grammatiker gaben jedem derselben den Namen einer Muse. Die ersten 4 Bücher sind ganz mit Vorgeschichte u. Reisebeobachtungen angefüllt, erst im 5. macht sich H. daran, von der Hauptsache, dem persisch-griech. Kampfe, zu reden und dieses wie die folgenden bleiben reich an Episoden verschiedener Art. Eine gewisse <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0289" n="288"/> sich besonders gegen die Familie der Hasmonäer, welche er vertilgte, und in dem Mißtrauen gegen sein eigenes Haus, dem er seine Gemahlin Mariamne, seine Söhne Aristobul, Alexander u. Antipater opferte. Er st. fast 70 I. alt, 2 I. n. Chr., an der Phtiriasis. 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Jahrh. ihm vorwarf, so ist anderseits leicht zu beweisen, daß er mitunter auf Leichtgläubigkeit von Seite des Lesers rechnete. Das Einfachschöne, Süße seiner Darstellungsweise u. jonischen Mundart bleibt unbestritten, wenn man auch mit Plutarch Heuchelei dahinter witterte. H.s Werk hat 9 B., spätere Grammatiker gaben jedem derselben den Namen einer Muse. Die ersten 4 Bücher sind ganz mit Vorgeschichte u. Reisebeobachtungen angefüllt, erst im 5. macht sich H. daran, von der Hauptsache, dem persisch-griech. Kampfe, zu reden und dieses wie die folgenden bleiben reich an Episoden verschiedener Art. Eine gewisse </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [288/0289]
sich besonders gegen die Familie der Hasmonäer, welche er vertilgte, und in dem Mißtrauen gegen sein eigenes Haus, dem er seine Gemahlin Mariamne, seine Söhne Aristobul, Alexander u. Antipater opferte. Er st. fast 70 I. alt, 2 I. n. Chr., an der Phtiriasis. Sein ältester Sohn H. Archelaus folgte ihm, aber nur als Ethnarch über Judäa, u. wurde bald von Augustus nach Gallien relegirt; der 2. Sohn, H. Antipas, Tetrarch von Galiläa, aus der Geschichte Johannes des Täufers bekannt, hatte 42 n. Chr. dasselbe Schicksal; der 3., H. Philippus, st. als Tetrarch v. Trachonitis. H. Agrippa I., Sohn des von Herodes I. hingerichteten Aristobul, erhielt nach und nach durch die Gunst der Kaiser Claudius und Caligula das ganze Reich seines Großvaters zurück und st. 44 nach Chr.; sein Sohn H. Agrippa II., der letzte König, mußte sich mit einem Fürstenthume begnügen und den Krieg gegen die jüd. Rebellen mitmachen; st. 100 n. Chr.
Herodes Atticus, eigentlich Tiber. Claud. Atticus H., geb. 104 nach Chr., Consul 143, gest. um 180 in seinem Geburtsort Marathon, gilt als der letzte der class. Redner Athens, doch ist von seinen Schriften nichts erhalten, indem die ihm zugeschriebene, von Reiske und Bekker (Bd. 5 der Oratores Attici) herausgegebene Rede über den Staat sammt einigen Inschriften als unecht verworfen wurde. Jedenfalls ist sicherer, daß H. A. ein Crösus seiner Zeit war und unermeßliche Summen darauf verwendete, Athen (Odeon, Triopium) und Rom (Grabmal, Garten) durch Bauten zu verschönern. Er soll auch Krankenhäuser und Wasserleitungen gebaut u. den Plan gehegt haben, die Landenge von Korinth zu durchstechen.
Herodian, der letzte beachtenswerthe Geschichtschreiber der Griechen vor der christlich-byzantin. Zeit, soll 170 nach Chr. geb., lange als Beamter in Rom gewesen und um 240 gest. sein. Spät schrieb er in 8 B. die Geschichte von Marc Aurels Tod bis auf Gordian III. Er vergißt zwar ob Kriegen und Herrscherwechseln die innern Zustände, hat aber gesundes Urtheil. Wahrheitsliebe und einen leichten Styl. Erste Ausgabe Venedig 1503, neueste von Osiander, Stuttg. 1830. – Von einem H. Aelius, der ein Sohn des um 160 n. Chr. lebenden scharfsinnigen Grammatikers Apollonius Dyskolus u. selber ein fruchtbarer Grammatiker u. Prosodiker gewesen sein soll, gaben Bekker, Villoison u. a., neuestens Lehrs (Königsberg 1848) Schriften heraus.
Herodot, häufig der „Vater der Geschichte“ genannt und nicht mit Unrecht, insofern er den Uebergang von der Logographie zur eigentl. Geschichtschreibung machte, war ein 484 v. Chr. zu Halikarnaß in Karien geb. dorischer Grieche, machte weite Reisen in Aegypten, Asien und Osteuropa, lebte dann längere Zeit in Athen, soll bei den olympischen Spielen Abschnitte seines Werkes vorgelesen, dasselbe aber erst zu Thurium in Unteritalien vollendet haben, wohin er um 444 auswanderte u. wo er 408 st. Er wollte den Kampf der Hellenen mit den Barbaren der Nachwelt erzählen; der Grundgedanke seines Werkes ist: die Perser waren Herren der Welt u. sind von den Griechen geschlagen worden. H. ist religiös, charakteristisch seine Angst vor dem Neide der Götter, in polit. Dingen ein Kind; er steht nicht an, Ansichten seiner Zeit einer weit frühern und griech. Reden Persern in den Mund zu legen u. wenn es sich seit Napoleons Expedition nach Aegypten immer mehr herausstellte, daß H. keineswegs so schlecht beobachtete u. so leichtgläubig war, wie noch das 18. Jahrh. ihm vorwarf, so ist anderseits leicht zu beweisen, daß er mitunter auf Leichtgläubigkeit von Seite des Lesers rechnete. Das Einfachschöne, Süße seiner Darstellungsweise u. jonischen Mundart bleibt unbestritten, wenn man auch mit Plutarch Heuchelei dahinter witterte. H.s Werk hat 9 B., spätere Grammatiker gaben jedem derselben den Namen einer Muse. Die ersten 4 Bücher sind ganz mit Vorgeschichte u. Reisebeobachtungen angefüllt, erst im 5. macht sich H. daran, von der Hauptsache, dem persisch-griech. Kampfe, zu reden und dieses wie die folgenden bleiben reich an Episoden verschiedener Art. Eine gewisse
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