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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855.

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gegen Ludwig XI V. zu Stande zu bringen. Seine Nachfolgerin u. Schwägerin Anna (1702-14) führte durch Marlborough den Krieg, so lange es den Interessen G.s nützlich schien und gewann von Spanien das wichtige Gibraltar und Minorca, einige amerikan. Colonien u. den Assientotractat (s. d.). Unter Anna wurde 1707 Schottland mit England vereinigt u. die Erbfolge 1708 dem Hause Hannover (das durch Jakobs I. Tochter, Elisabeth von der Pfalz, mit dem Hause Stuart verwandt war) zugesichert. Georg I. (1714-27) hatte zwar einen Aufstand der Anhänger der Stuarts in Schottland zu bekämpfen, der aber nur zur Befestigung seiner Macht diente; unter ihm setzte der whigistische Minister Horace Walpole die 7jährige Parlamentsdauer durch und führte das Bestechungssystem ein, das noch bei den engl. Wahlen herrscht. Auch Georg II. (1727-60) regierte mit Whigs, welche zuletzt einem übertriebenen Friedenssysteme huldigten u. dadurch sowie durch ihren Nepotismus der Nation verächtlich wurden und fielen. In dem österr. Erbfolgekriege schritt G. zu Gunsten Oesterreichs ein, im 7jähr. zu Preußens, als Frankreich und Oesterreich sich verbündet hatten. Während dieses Krieges führte Chatham (der ältere Pitt) das Staatsruder und zeichnete den polit. Operationsplan vor, den England bis 1815 befolgte: Begründung der engl. Uebermacht zur See durch jedes Mittel, besonders durch die Eroberung der span., franz. und holländ. Colonien; geringe Theilnahme an europ. Continentalkriegen, Benützung derselben zur Schwächung eines Rivalen, indem dessen Feinde durch Subsidien und wohl auch durch Hilfscorps unterstützt werden, ohne daß sich jedoch England zu weit einläßt. So gewann es Canada u. durch Clive (s. d.) die Uebermacht in Ostindien u. vernichtete den franz. Handel fast gänzlich. Georg III. (1760-1820) verließ das bisherige System und regierte mit den Torys; Spanien gewährte er einen wohlfeilen Frieden, bestand aber, als wegen einseitiger Besteurung die nordamerikan. Colonien schwierig wurden, darauf, daß dieselben nöthigenfalls mit Waffengewalt zum Gehorsam angehalten würden. Der dadurch entstandene Krieg, an dem zuletzt Frankreich, Spanien und Holland gegen England Theil nahmen, kostete im Frieden von 1782 die nordamerikan. Colonien, belud das Land mit mehr als 100 Mill. Schulden und forderte ungeheure Anstrengungen, um G.s bedrohte Seeherrschaft zu retten. Gleichzeitig entstand ein furchtbarer Parteikampf zwischen Whigs und Torys, während sich zugleich die neue Partei der Radicalen ausbildete. Die franz. Revolution und der Krieg gegen das rasch aufstrebende Frankreich verdrängte jedoch alle Reformbestrebungen und diente durch die Unirung Irlands (1800) zur Befestigung der bisherigen Zustände; er endete 1815 mit dem vollständigen Triumphe Englands, der kaum durch den Krieg mit Nordamerika (1812-14) getrübt wurde. England behielt die eroberten Antillen und einen Theil von Guyana, das Cap, Ceylon, Isle de France, in Europa Helgoland, Gibraltar, Malta und die jonischen Inseln, hatte sein anmaßliches Seerecht durchgesetzt und arbeitet durch die Befreiung der Neger in den Colonien u. durch das Verbot des Sklavenhandels an dem Ruin der span. und portug. Colonien, auf deren Kosten es seine ostind. zu heben beabsichtigt. Der Gang der inneren u. äußeren Politik blieb sich auch unter Georg IV. (1820-30) gleich; in Ostindien wurden Birmanen u. Mahratten gedemüthigt u. das ungeheure Reich der ostind. Compagnie erweitert, auch vom Caplande aus gegen die Kaffern Land gewonnen, in Australien Colonien angelegt, die abgefallenen Colonien der Spanier und Portugiesen zuerst heimlich und dann öffentlich unterstützt. Dies geschah besonders durch Cannings Einfluß, der von 1822-27 die Leitung der äußeren Politik an sich brachte und den Continentalmächten, welche Englands unverhältnißmäßigen Einfluß zu dämmen suchten, durch Unterstützung der revolutionären Bewegungen Trotz bot. Nach seinem Tode trat in dieser Beziehung eine Pause ein, dagegen wurde Griechenland unterstützt und 1829 durch Wellington und Peel die Emancipation

gegen Ludwig XI V. zu Stande zu bringen. Seine Nachfolgerin u. Schwägerin Anna (1702–14) führte durch Marlborough den Krieg, so lange es den Interessen G.s nützlich schien und gewann von Spanien das wichtige Gibraltar und Minorca, einige amerikan. Colonien u. den Assientotractat (s. d.). Unter Anna wurde 1707 Schottland mit England vereinigt u. die Erbfolge 1708 dem Hause Hannover (das durch Jakobs I. Tochter, Elisabeth von der Pfalz, mit dem Hause Stuart verwandt war) zugesichert. Georg I. (1714–27) hatte zwar einen Aufstand der Anhänger der Stuarts in Schottland zu bekämpfen, der aber nur zur Befestigung seiner Macht diente; unter ihm setzte der whigistische Minister Horace Walpole die 7jährige Parlamentsdauer durch und führte das Bestechungssystem ein, das noch bei den engl. Wahlen herrscht. Auch Georg II. (1727–60) regierte mit Whigs, welche zuletzt einem übertriebenen Friedenssysteme huldigten u. dadurch sowie durch ihren Nepotismus der Nation verächtlich wurden und fielen. In dem österr. Erbfolgekriege schritt G. zu Gunsten Oesterreichs ein, im 7jähr. zu Preußens, als Frankreich und Oesterreich sich verbündet hatten. Während dieses Krieges führte Chatham (der ältere Pitt) das Staatsruder und zeichnete den polit. Operationsplan vor, den England bis 1815 befolgte: Begründung der engl. Uebermacht zur See durch jedes Mittel, besonders durch die Eroberung der span., franz. und holländ. Colonien; geringe Theilnahme an europ. Continentalkriegen, Benützung derselben zur Schwächung eines Rivalen, indem dessen Feinde durch Subsidien und wohl auch durch Hilfscorps unterstützt werden, ohne daß sich jedoch England zu weit einläßt. So gewann es Canada u. durch Clive (s. d.) die Uebermacht in Ostindien u. vernichtete den franz. Handel fast gänzlich. Georg III. (1760–1820) verließ das bisherige System und regierte mit den Torys; Spanien gewährte er einen wohlfeilen Frieden, bestand aber, als wegen einseitiger Besteurung die nordamerikan. Colonien schwierig wurden, darauf, daß dieselben nöthigenfalls mit Waffengewalt zum Gehorsam angehalten würden. Der dadurch entstandene Krieg, an dem zuletzt Frankreich, Spanien und Holland gegen England Theil nahmen, kostete im Frieden von 1782 die nordamerikan. Colonien, belud das Land mit mehr als 100 Mill. Schulden und forderte ungeheure Anstrengungen, um G.s bedrohte Seeherrschaft zu retten. Gleichzeitig entstand ein furchtbarer Parteikampf zwischen Whigs und Torys, während sich zugleich die neue Partei der Radicalen ausbildete. Die franz. Revolution und der Krieg gegen das rasch aufstrebende Frankreich verdrängte jedoch alle Reformbestrebungen und diente durch die Unirung Irlands (1800) zur Befestigung der bisherigen Zustände; er endete 1815 mit dem vollständigen Triumphe Englands, der kaum durch den Krieg mit Nordamerika (1812–14) getrübt wurde. England behielt die eroberten Antillen und einen Theil von Guyana, das Cap, Ceylon, Isle de France, in Europa Helgoland, Gibraltar, Malta und die jonischen Inseln, hatte sein anmaßliches Seerecht durchgesetzt und arbeitet durch die Befreiung der Neger in den Colonien u. durch das Verbot des Sklavenhandels an dem Ruin der span. und portug. Colonien, auf deren Kosten es seine ostind. zu heben beabsichtigt. Der Gang der inneren u. äußeren Politik blieb sich auch unter Georg IV. (1820–30) gleich; in Ostindien wurden Birmanen u. Mahratten gedemüthigt u. das ungeheure Reich der ostind. Compagnie erweitert, auch vom Caplande aus gegen die Kaffern Land gewonnen, in Australien Colonien angelegt, die abgefallenen Colonien der Spanier und Portugiesen zuerst heimlich und dann öffentlich unterstützt. Dies geschah besonders durch Cannings Einfluß, der von 1822–27 die Leitung der äußeren Politik an sich brachte und den Continentalmächten, welche Englands unverhältnißmäßigen Einfluß zu dämmen suchten, durch Unterstützung der revolutionären Bewegungen Trotz bot. Nach seinem Tode trat in dieser Beziehung eine Pause ein, dagegen wurde Griechenland unterstützt und 1829 durch Wellington und Peel die Emancipation

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[167/0168] gegen Ludwig XI V. zu Stande zu bringen. Seine Nachfolgerin u. Schwägerin Anna (1702–14) führte durch Marlborough den Krieg, so lange es den Interessen G.s nützlich schien und gewann von Spanien das wichtige Gibraltar und Minorca, einige amerikan. Colonien u. den Assientotractat (s. d.). Unter Anna wurde 1707 Schottland mit England vereinigt u. die Erbfolge 1708 dem Hause Hannover (das durch Jakobs I. Tochter, Elisabeth von der Pfalz, mit dem Hause Stuart verwandt war) zugesichert. Georg I. (1714–27) hatte zwar einen Aufstand der Anhänger der Stuarts in Schottland zu bekämpfen, der aber nur zur Befestigung seiner Macht diente; unter ihm setzte der whigistische Minister Horace Walpole die 7jährige Parlamentsdauer durch und führte das Bestechungssystem ein, das noch bei den engl. Wahlen herrscht. Auch Georg II. (1727–60) regierte mit Whigs, welche zuletzt einem übertriebenen Friedenssysteme huldigten u. dadurch sowie durch ihren Nepotismus der Nation verächtlich wurden und fielen. In dem österr. Erbfolgekriege schritt G. zu Gunsten Oesterreichs ein, im 7jähr. zu Preußens, als Frankreich und Oesterreich sich verbündet hatten. Während dieses Krieges führte Chatham (der ältere Pitt) das Staatsruder und zeichnete den polit. Operationsplan vor, den England bis 1815 befolgte: Begründung der engl. Uebermacht zur See durch jedes Mittel, besonders durch die Eroberung der span., franz. und holländ. Colonien; geringe Theilnahme an europ. Continentalkriegen, Benützung derselben zur Schwächung eines Rivalen, indem dessen Feinde durch Subsidien und wohl auch durch Hilfscorps unterstützt werden, ohne daß sich jedoch England zu weit einläßt. So gewann es Canada u. durch Clive (s. d.) die Uebermacht in Ostindien u. vernichtete den franz. Handel fast gänzlich. Georg III. (1760–1820) verließ das bisherige System und regierte mit den Torys; Spanien gewährte er einen wohlfeilen Frieden, bestand aber, als wegen einseitiger Besteurung die nordamerikan. Colonien schwierig wurden, darauf, daß dieselben nöthigenfalls mit Waffengewalt zum Gehorsam angehalten würden. Der dadurch entstandene Krieg, an dem zuletzt Frankreich, Spanien und Holland gegen England Theil nahmen, kostete im Frieden von 1782 die nordamerikan. Colonien, belud das Land mit mehr als 100 Mill. Schulden und forderte ungeheure Anstrengungen, um G.s bedrohte Seeherrschaft zu retten. Gleichzeitig entstand ein furchtbarer Parteikampf zwischen Whigs und Torys, während sich zugleich die neue Partei der Radicalen ausbildete. Die franz. Revolution und der Krieg gegen das rasch aufstrebende Frankreich verdrängte jedoch alle Reformbestrebungen und diente durch die Unirung Irlands (1800) zur Befestigung der bisherigen Zustände; er endete 1815 mit dem vollständigen Triumphe Englands, der kaum durch den Krieg mit Nordamerika (1812–14) getrübt wurde. England behielt die eroberten Antillen und einen Theil von Guyana, das Cap, Ceylon, Isle de France, in Europa Helgoland, Gibraltar, Malta und die jonischen Inseln, hatte sein anmaßliches Seerecht durchgesetzt und arbeitet durch die Befreiung der Neger in den Colonien u. durch das Verbot des Sklavenhandels an dem Ruin der span. und portug. Colonien, auf deren Kosten es seine ostind. zu heben beabsichtigt. Der Gang der inneren u. äußeren Politik blieb sich auch unter Georg IV. (1820–30) gleich; in Ostindien wurden Birmanen u. Mahratten gedemüthigt u. das ungeheure Reich der ostind. Compagnie erweitert, auch vom Caplande aus gegen die Kaffern Land gewonnen, in Australien Colonien angelegt, die abgefallenen Colonien der Spanier und Portugiesen zuerst heimlich und dann öffentlich unterstützt. Dies geschah besonders durch Cannings Einfluß, der von 1822–27 die Leitung der äußeren Politik an sich brachte und den Continentalmächten, welche Englands unverhältnißmäßigen Einfluß zu dämmen suchten, durch Unterstützung der revolutionären Bewegungen Trotz bot. Nach seinem Tode trat in dieser Beziehung eine Pause ein, dagegen wurde Griechenland unterstützt und 1829 durch Wellington und Peel die Emancipation

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon03_1855/168>, abgerufen am 23.11.2024.