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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855.

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Xenophanes u. Pythagoras wurden häufig bearbeitet und besprochen, in neuerer Zeit von Passow, A. W. v. Schlegel, Jakobs u. Orelli. Die römische Kaiserzeit machte Sentenzensammlungen; die "Disticha" des Dionys Cato u. die G.n des P. Syrus (beide herausgeg. von Karl Zell, Stuttg. 1829) waren der Schuljugend des Mittelalters sehr geläufig. Auch in der Edda u. deutschen Literatur überhaupt (Priameln) ist kein Mangel, weit eher Ueberfluß an G. n.


Gnomen, griech.-dtsch., weibl. Gnomiden, heißen die Erdgeister und Kobolde, welche im Innern der Erde und vornämlich der Berge ihr geheimnißvolles Wesen treiben u. bald gut bald bös, bald schön bald häßlich, bald als Zwerge, bald als Riesen die Menschen erfreuen und unterstützen oder ängstigen. Der Glaube an G. ist uralt und nichts weniger als auf die germanischen Völker beschränkt. Aber in Deutschland mag zu seiner Erhaltung der früh betriebene Bergbau viel beigetragen haben u. sind die G. der Gegenstand mancher dichterisch schönen und sinnvollen Volkssage geworden. Die neueste Zeit rief dieselben auch auf das Theater, um in Opern u. Singspielen die Hauptrolle zu übernehmen (Berggeist, Alpenkönig, der durch Musäus berühmt gewordene "Rübezahl" des Riesengebirges etc.).


Gnomon, eine schon seit den ältesten Zeiten gebräuchliche Vorrichtung zur Bestimmung der Sonnenhöhe, namentlich der Culmination der Sonne, also des wahren Mittags. Er besteht in einer auf horizontalem Boden senkrecht stehenden Stange od. Säule, deren Schatten auf der Horizontalebene zu obiger Bestimmung dient. Beobachtet man diesen Schatten vom Morgen an, so sieht man ihn allmälig an Länge abnehmen; in dem Augenblicke seiner kleinsten Länge ist es Mittag, und die Richtung des Schattens gibt die Mittagslinie an. Ist diese Mittagslinie auf der Horizontalebene bezeichnet, so gibt der Eintritt des Schattens in diese Linie die Zeit des Mittags an. Diese G.en gewähren indeß keine vollkommene Genauigkeit; sind sie niedrig, so rückt der Schatten zu langsam fort; sind sie sehr hoch, so schadet der Halbschatten. Schärfer läßt sich die Beobachtung ausführen, wenn man gegen die Spitze des Gnomon eine kleine runde Oeffnung anbringt, durch die ein Sonnenbild auf die mit der Mittagslinie bezeichnete Ebene fällt. Solche G.e wurden besonders in den hohen Kirchen Italiens errichtet (die berühmtesten zu Florenz und Bologna). - G, der Zeiger an der Sonnenuhr, auch diese selbst.


Gnomonik, Lehre von der Verfertigung der Sonnenuhren, überhaupt die Lehre von der Zeitbestimmung durch die von der Sonne geworfenen Schatten.


Gnosis, griech., die tiefere Erkenntniß der Religionswahrheiten, näher die wissenschaftliche Begründung und Vermittlung derselben, so daß der Glaube nicht nur als Wirkliches hingenommen, sondern als Nothwendigkeit erkannt wird. Von der wahren G. (alexandr. Katechetenschule, Irenäus, Tertullian u. a.) ist sehr die falsche zu unterscheiden, welche sich von der Kirche trennte, in den ersten Jahrhunderten neben dem Manichäismus die ganze christl. Welt in Bewegung setzte und wider Willen Außerordentliches zur Feststellung des christl. Lehrbegriffes beitrug. Dieselbe oder der Gnosticismus verschmolz den Platonismus mit der Lehre Zoroasters und dem Buddhaismus, kam auf durch Mangel an Demuth und gutem Willen, früh eingesogene Ideen aufzugeben, sowie durch den Ekel vieler Bessern vor der trostlosen Wirklichkeit. Schon zu Christi Zeit gab es Gnostiker, unter Hadrian bildete sich die falsche G. aus, die im Ganzen auf folgende Sätze hinausläuft: "dem vollkommenen Gott u. höheren Geistern, in welche das göttl. Wesen ausströmt, steht das böse Princip (Materie) u. ein Reich böser Geister gegenüber. Zwischen beiden stand der Weltschöpfer mit seinen Geistern, der beschränkte Gott des Judenthums, dessen Reich Christus beendigte, welcher nur einen Scheinleib hatte u. nur vorübergehend mit dem Menschen Jesus sich verband. Die wahre Lehre befreit von allem Körperlichen u. macht den Befreiten zu einem geistigen (Pneumatiker) u. wissenden (Gnostiker) Christen, während die andern es höchstens zu einem seelischen Leben bringen." Der

Xenophanes u. Pythagoras wurden häufig bearbeitet und besprochen, in neuerer Zeit von Passow, A. W. v. Schlegel, Jakobs u. Orelli. Die römische Kaiserzeit machte Sentenzensammlungen; die „Disticha“ des Dionys Cato u. die G.n des P. Syrus (beide herausgeg. von Karl Zell, Stuttg. 1829) waren der Schuljugend des Mittelalters sehr geläufig. Auch in der Edda u. deutschen Literatur überhaupt (Priameln) ist kein Mangel, weit eher Ueberfluß an G. n.


Gnomen, griech.-dtsch., weibl. Gnomiden, heißen die Erdgeister und Kobolde, welche im Innern der Erde und vornämlich der Berge ihr geheimnißvolles Wesen treiben u. bald gut bald bös, bald schön bald häßlich, bald als Zwerge, bald als Riesen die Menschen erfreuen und unterstützen oder ängstigen. Der Glaube an G. ist uralt und nichts weniger als auf die germanischen Völker beschränkt. Aber in Deutschland mag zu seiner Erhaltung der früh betriebene Bergbau viel beigetragen haben u. sind die G. der Gegenstand mancher dichterisch schönen und sinnvollen Volkssage geworden. Die neueste Zeit rief dieselben auch auf das Theater, um in Opern u. Singspielen die Hauptrolle zu übernehmen (Berggeist, Alpenkönig, der durch Musäus berühmt gewordene „Rübezahl“ des Riesengebirges etc.).


Gnomon, eine schon seit den ältesten Zeiten gebräuchliche Vorrichtung zur Bestimmung der Sonnenhöhe, namentlich der Culmination der Sonne, also des wahren Mittags. Er besteht in einer auf horizontalem Boden senkrecht stehenden Stange od. Säule, deren Schatten auf der Horizontalebene zu obiger Bestimmung dient. Beobachtet man diesen Schatten vom Morgen an, so sieht man ihn allmälig an Länge abnehmen; in dem Augenblicke seiner kleinsten Länge ist es Mittag, und die Richtung des Schattens gibt die Mittagslinie an. Ist diese Mittagslinie auf der Horizontalebene bezeichnet, so gibt der Eintritt des Schattens in diese Linie die Zeit des Mittags an. Diese G.en gewähren indeß keine vollkommene Genauigkeit; sind sie niedrig, so rückt der Schatten zu langsam fort; sind sie sehr hoch, so schadet der Halbschatten. Schärfer läßt sich die Beobachtung ausführen, wenn man gegen die Spitze des Gnomon eine kleine runde Oeffnung anbringt, durch die ein Sonnenbild auf die mit der Mittagslinie bezeichnete Ebene fällt. Solche G.e wurden besonders in den hohen Kirchen Italiens errichtet (die berühmtesten zu Florenz und Bologna). – G, der Zeiger an der Sonnenuhr, auch diese selbst.


Gnomonik, Lehre von der Verfertigung der Sonnenuhren, überhaupt die Lehre von der Zeitbestimmung durch die von der Sonne geworfenen Schatten.


Gnosis, griech., die tiefere Erkenntniß der Religionswahrheiten, näher die wissenschaftliche Begründung und Vermittlung derselben, so daß der Glaube nicht nur als Wirkliches hingenommen, sondern als Nothwendigkeit erkannt wird. Von der wahren G. (alexandr. Katechetenschule, Irenäus, Tertullian u. a.) ist sehr die falsche zu unterscheiden, welche sich von der Kirche trennte, in den ersten Jahrhunderten neben dem Manichäismus die ganze christl. Welt in Bewegung setzte und wider Willen Außerordentliches zur Feststellung des christl. Lehrbegriffes beitrug. Dieselbe oder der Gnosticismus verschmolz den Platonismus mit der Lehre Zoroasters und dem Buddhaismus, kam auf durch Mangel an Demuth und gutem Willen, früh eingesogene Ideen aufzugeben, sowie durch den Ekel vieler Bessern vor der trostlosen Wirklichkeit. Schon zu Christi Zeit gab es Gnostiker, unter Hadrian bildete sich die falsche G. aus, die im Ganzen auf folgende Sätze hinausläuft: „dem vollkommenen Gott u. höheren Geistern, in welche das göttl. Wesen ausströmt, steht das böse Princip (Materie) u. ein Reich böser Geister gegenüber. Zwischen beiden stand der Weltschöpfer mit seinen Geistern, der beschränkte Gott des Judenthums, dessen Reich Christus beendigte, welcher nur einen Scheinleib hatte u. nur vorübergehend mit dem Menschen Jesus sich verband. Die wahre Lehre befreit von allem Körperlichen u. macht den Befreiten zu einem geistigen (Pneumatiker) u. wissenden (Gnostiker) Christen, während die andern es höchstens zu einem seelischen Leben bringen.“ Der

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[99/0100] Xenophanes u. Pythagoras wurden häufig bearbeitet und besprochen, in neuerer Zeit von Passow, A. W. v. Schlegel, Jakobs u. Orelli. Die römische Kaiserzeit machte Sentenzensammlungen; die „Disticha“ des Dionys Cato u. die G.n des P. Syrus (beide herausgeg. von Karl Zell, Stuttg. 1829) waren der Schuljugend des Mittelalters sehr geläufig. Auch in der Edda u. deutschen Literatur überhaupt (Priameln) ist kein Mangel, weit eher Ueberfluß an G. n. Gnomen, griech.-dtsch., weibl. Gnomiden, heißen die Erdgeister und Kobolde, welche im Innern der Erde und vornämlich der Berge ihr geheimnißvolles Wesen treiben u. bald gut bald bös, bald schön bald häßlich, bald als Zwerge, bald als Riesen die Menschen erfreuen und unterstützen oder ängstigen. Der Glaube an G. ist uralt und nichts weniger als auf die germanischen Völker beschränkt. Aber in Deutschland mag zu seiner Erhaltung der früh betriebene Bergbau viel beigetragen haben u. sind die G. der Gegenstand mancher dichterisch schönen und sinnvollen Volkssage geworden. Die neueste Zeit rief dieselben auch auf das Theater, um in Opern u. Singspielen die Hauptrolle zu übernehmen (Berggeist, Alpenkönig, der durch Musäus berühmt gewordene „Rübezahl“ des Riesengebirges etc.). Gnomon, eine schon seit den ältesten Zeiten gebräuchliche Vorrichtung zur Bestimmung der Sonnenhöhe, namentlich der Culmination der Sonne, also des wahren Mittags. Er besteht in einer auf horizontalem Boden senkrecht stehenden Stange od. Säule, deren Schatten auf der Horizontalebene zu obiger Bestimmung dient. Beobachtet man diesen Schatten vom Morgen an, so sieht man ihn allmälig an Länge abnehmen; in dem Augenblicke seiner kleinsten Länge ist es Mittag, und die Richtung des Schattens gibt die Mittagslinie an. Ist diese Mittagslinie auf der Horizontalebene bezeichnet, so gibt der Eintritt des Schattens in diese Linie die Zeit des Mittags an. Diese G.en gewähren indeß keine vollkommene Genauigkeit; sind sie niedrig, so rückt der Schatten zu langsam fort; sind sie sehr hoch, so schadet der Halbschatten. Schärfer läßt sich die Beobachtung ausführen, wenn man gegen die Spitze des Gnomon eine kleine runde Oeffnung anbringt, durch die ein Sonnenbild auf die mit der Mittagslinie bezeichnete Ebene fällt. Solche G.e wurden besonders in den hohen Kirchen Italiens errichtet (die berühmtesten zu Florenz und Bologna). – G, der Zeiger an der Sonnenuhr, auch diese selbst. Gnomonik, Lehre von der Verfertigung der Sonnenuhren, überhaupt die Lehre von der Zeitbestimmung durch die von der Sonne geworfenen Schatten. Gnosis, griech., die tiefere Erkenntniß der Religionswahrheiten, näher die wissenschaftliche Begründung und Vermittlung derselben, so daß der Glaube nicht nur als Wirkliches hingenommen, sondern als Nothwendigkeit erkannt wird. Von der wahren G. (alexandr. Katechetenschule, Irenäus, Tertullian u. a.) ist sehr die falsche zu unterscheiden, welche sich von der Kirche trennte, in den ersten Jahrhunderten neben dem Manichäismus die ganze christl. Welt in Bewegung setzte und wider Willen Außerordentliches zur Feststellung des christl. Lehrbegriffes beitrug. Dieselbe oder der Gnosticismus verschmolz den Platonismus mit der Lehre Zoroasters und dem Buddhaismus, kam auf durch Mangel an Demuth und gutem Willen, früh eingesogene Ideen aufzugeben, sowie durch den Ekel vieler Bessern vor der trostlosen Wirklichkeit. Schon zu Christi Zeit gab es Gnostiker, unter Hadrian bildete sich die falsche G. aus, die im Ganzen auf folgende Sätze hinausläuft: „dem vollkommenen Gott u. höheren Geistern, in welche das göttl. Wesen ausströmt, steht das böse Princip (Materie) u. ein Reich böser Geister gegenüber. Zwischen beiden stand der Weltschöpfer mit seinen Geistern, der beschränkte Gott des Judenthums, dessen Reich Christus beendigte, welcher nur einen Scheinleib hatte u. nur vorübergehend mit dem Menschen Jesus sich verband. Die wahre Lehre befreit von allem Körperlichen u. macht den Befreiten zu einem geistigen (Pneumatiker) u. wissenden (Gnostiker) Christen, während die andern es höchstens zu einem seelischen Leben bringen.“ Der

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon03_1855/100>, abgerufen am 24.11.2024.