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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 29. Burg/Berlin, 1837.

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449 Conversations=Blatt. 450
[Beginn Spaltensatz]

Dies ist die Jnschrift, wie ich sie übersetzend in
meine Schreibtafel aufzeichnete:

"Hast du nicht den Nil gesehen? Dies Wasser
fließt reichlich wie die Fluthen des Nils; es wird im-
mer fließen."

"Diese Wildbäche tosen; es ist das Getöse des
Meeres, das seine Wellen an den Ufern bricht."

"Wehe dem Schiffer, der die Unklugheit besitzt,
ihrem Zorn zu trotzen; er würde Schiffbruch leiden."

"Dies Krystall fließt nicht für Alle, es gehört den
Löwen; es fließt hell und frisch, ihren Durst zu
stillen."

"Jn den Tagen der Schlacht ist unser Herr ein
Löwe; er ist unser König in der Schlacht; und der
Nil ist sein Ruhm und die Berge verkünden sein Lob
der Welt."

"Löwen bewachen diesen Garten, welcher der ge-
liebte Aufenthalt unseres Herrn ist; seine Feinde betre-
ten ihn nie."

"Gott gestattet nicht, daß unreine Thiere diesem
heiligen Bezirke nahen."

"Eine Blume blüht auf diesen Beeten, welcher
keine andere gleichkommt; sie verbreitet ihren Duft und
spendet Leben unserm Herrn."

"Die Fürstin ist die Blume dieses Gartens und
die Königin unseres Herrn; sie ist schön wie die Perle,
die ihr Busen noch schöner macht; schön wie die Rosen
mit welchen ihre Wangen in der Farbe buhlen; schön
wie diese Flammenstrahlen, welche in ihren Augen
leuchten."

"Der Westwind liebt die Sultanin; horcht! der
Westwind seufzt. Der Springbrunnen liebt die Fürstin:
seht! Der Springbrunnen weint. Dieß sind die Seuf-
zer und Thränen unseres Herrn, der vor Liebe stirbt!"

Nahe bei diesem Hofe, wenn man in der Colo-
nade zur Rechten fortgeht, findet man ein zirkelförmi-
ges Zimmer. Hier versammelte sich die Jugend der ed-
len Geschlechter, welche blind den Befehlen ihrer Für-
sten gehorchte, und doch wieder so schnell sich gegen sie
empörte, aber immer im Namen der Ehre und der
Treue. Auch die Greise erschienen hier, Kaffee und
Sorbet zu schlürfen; diese hörten dann zu und sprachen
nur wenig, wenn sie aber wieder allein waren, so san-
gen sie und tanzten. Die Mandoline ging von Hand
zu Hand und der Sahbaa, eine Art Wein, den die
Mauren in Spanien tranken, erhöhte die Exaltation in
ihren vulkanischen Köpfen.

Der Lichtstrahl, der von oben in dieses Gemach
fällt, macht einen unbeschreiblichen Effekt. Hier wur-
den die Abencerragen schändlich ermordet, hier, wo sie
so oft dem Ringelspiele der Jugend beigewohnt hatten,
und die herrliche Kuppel von ihren Gesängen und Freu-
dengeschrei wiederhallte.

Noch zwei andere Gemächer stoßen an den Löwen-
hof, die man für Gerichtssäle hält. Wenn diese An-
nahme wahr sein sollte, so können die Gemälde, die
man hier erblickt, nicht das Werk der Mauren sein,
sondern sind später hierher gebracht, um die Wohnung
der christlichen Könige zu verschönern.

[Spaltenumbruch]

Dem Saale gegenüber, der nach dem Morde der
Abencerragen genannt wird, erblickt man die Pforte zu
dem Thurme der "beiden Schwestern," den man wegen
zweier ganz ähnlichen Marmorplatten so benannt.

    (Fortsetzung folgt.)



Eine Bauernmahlzeit in Jrland.

(Beschluß.)

Die Schalen wurden zusammengehäuft, um einem
Schweine, welches ein wenig seitwärts dasselbe Mit-
tagsmahl, wie die Familie, verzehrte, als Nachtisch zu
dienen. Jch begrüßte sie auf die bei den Landleuten
übliche Weise mit: "Gott behüte euch alle hier!" und
erhielt ein freundliches: "Gott behüte Sie gnädig!"
zur Antwort. Auf meine Bitte um etwas Feuer, meine
Zigarre anzuzünden, erwiederte der Mann: "Sie sind
willkommen," und einer der Burschen stand sogleich auf,
mein Verlangen zu erfüllen. Während er beschäftigt war,
mir einen Kienspahn in Brand zu blasen, drangen die bei-
den Alten gutmüthig in mich, erst ein Paar heiße Kartoffeln
zu essen, die mir bei dem kalten Wetter wohl thun wür-
den. Wie arm der Jrländer auch sein mag, die natio-
nale Gastlichkeit verleugnet sich bei ihm selten, und je
dürftiger er ist, desto mehr freut er sich, wenn sein auf-
richtiges Anerbieten angenommen wird. Jch ließ mich
deßhalb von den guten Leuten nicht lange nöthigen, son-
dern nahm mir ein Paar "Praters" (Kartoffeln) und
machte es, wie die Uebrigen. Auf meine Fragen erzähl-
ten sie mir, daß ein ganz gleiches Mahl Jahr aus Jahr
ein Morgens, Mittags und Abends ihre Nahrung sei.
Nur des Sonntags machten sie gern eine Ausnahme.
Wenn nämlich das Geld nicht gar zu knapp sei, so werde
dann Rührum (stir-about) , Hafermehl in Wasser dick
gekocht, und zu Mittag hätten sie auch etwas Fleisch
oder doch einen eingesalzenen Häring, der besonders
hier nach der Küste zu sehr wohlfeil ist. Wenn die
Kartoffelernte, wovon sie besonders abhängig sind, nicht
gar zu schlecht ausfalle, so hielten sie ein Mutterschwein,
um Ferkel zum Verkauf zu ziehen. Eine Kuh möchten
sie gern haben, sagten sie, aber theils fehle ihnen das
Geld, ein so theures Stück Vieh zu kaufen, theils hät-
ten sie auch keine Grasung dafür, eine Ziege dagegen
suche sich überall ihr Futter, und gebe ihnen auch Milch
genug für die kleineren Kinder. Wenn die Pacht nur
nicht so hoch oder mehr Arbeit zu haben wäre, so könn-
ten sie mit ihren vier Morgen Land recht gut bestehen,
aber in schlechten wie in guten Jahren verlange der
Gutsherr seine 35 Schillinge für den Morgen, so daß
sie das wenige Korn, welches sie neben den Kartoffeln
bauten, noch im Spätherbst auf den Markt zu bringen
genöthigt seien. Gäbe der Landstraßenbau nicht mitun-
ter noch ein Paar Tage Arbeit, meinte der Mann, so
würde es noch viel schlechter stehen. Nächsten Sommer
beabsichtige er indessen mit seinen beiden Söhnen gegen
die Erntezeit nach England hinüber zu gehen, und wenn
er dort seinen Tagelohn zusammenhalte, so könne er
schon so viel profitiren, daß er fünf oder sechs Pfund
Sterling mit nach Hause brächte. - Uebrigens scheinen
[Ende Spaltensatz]

449 Conversations=Blatt. 450
[Beginn Spaltensatz]

Dies ist die Jnschrift, wie ich sie übersetzend in
meine Schreibtafel aufzeichnete:

„Hast du nicht den Nil gesehen? Dies Wasser
fließt reichlich wie die Fluthen des Nils; es wird im-
mer fließen.“

„Diese Wildbäche tosen; es ist das Getöse des
Meeres, das seine Wellen an den Ufern bricht.“

„Wehe dem Schiffer, der die Unklugheit besitzt,
ihrem Zorn zu trotzen; er würde Schiffbruch leiden.“

„Dies Krystall fließt nicht für Alle, es gehört den
Löwen; es fließt hell und frisch, ihren Durst zu
stillen.“

„Jn den Tagen der Schlacht ist unser Herr ein
Löwe; er ist unser König in der Schlacht; und der
Nil ist sein Ruhm und die Berge verkünden sein Lob
der Welt.“

„Löwen bewachen diesen Garten, welcher der ge-
liebte Aufenthalt unseres Herrn ist; seine Feinde betre-
ten ihn nie.“

„Gott gestattet nicht, daß unreine Thiere diesem
heiligen Bezirke nahen.“

„Eine Blume blüht auf diesen Beeten, welcher
keine andere gleichkommt; sie verbreitet ihren Duft und
spendet Leben unserm Herrn.“

„Die Fürstin ist die Blume dieses Gartens und
die Königin unseres Herrn; sie ist schön wie die Perle,
die ihr Busen noch schöner macht; schön wie die Rosen
mit welchen ihre Wangen in der Farbe buhlen; schön
wie diese Flammenstrahlen, welche in ihren Augen
leuchten.“

„Der Westwind liebt die Sultanin; horcht! der
Westwind seufzt. Der Springbrunnen liebt die Fürstin:
seht! Der Springbrunnen weint. Dieß sind die Seuf-
zer und Thränen unseres Herrn, der vor Liebe stirbt!“

Nahe bei diesem Hofe, wenn man in der Colo-
nade zur Rechten fortgeht, findet man ein zirkelförmi-
ges Zimmer. Hier versammelte sich die Jugend der ed-
len Geschlechter, welche blind den Befehlen ihrer Für-
sten gehorchte, und doch wieder so schnell sich gegen sie
empörte, aber immer im Namen der Ehre und der
Treue. Auch die Greise erschienen hier, Kaffee und
Sorbet zu schlürfen; diese hörten dann zu und sprachen
nur wenig, wenn sie aber wieder allein waren, so san-
gen sie und tanzten. Die Mandoline ging von Hand
zu Hand und der Sahbaa, eine Art Wein, den die
Mauren in Spanien tranken, erhöhte die Exaltation in
ihren vulkanischen Köpfen.

Der Lichtstrahl, der von oben in dieses Gemach
fällt, macht einen unbeschreiblichen Effekt. Hier wur-
den die Abencerragen schändlich ermordet, hier, wo sie
so oft dem Ringelspiele der Jugend beigewohnt hatten,
und die herrliche Kuppel von ihren Gesängen und Freu-
dengeschrei wiederhallte.

Noch zwei andere Gemächer stoßen an den Löwen-
hof, die man für Gerichtssäle hält. Wenn diese An-
nahme wahr sein sollte, so können die Gemälde, die
man hier erblickt, nicht das Werk der Mauren sein,
sondern sind später hierher gebracht, um die Wohnung
der christlichen Könige zu verschönern.

[Spaltenumbruch]

Dem Saale gegenüber, der nach dem Morde der
Abencerragen genannt wird, erblickt man die Pforte zu
dem Thurme der „beiden Schwestern,“ den man wegen
zweier ganz ähnlichen Marmorplatten so benannt.

    (Fortsetzung folgt.)



Eine Bauernmahlzeit in Jrland.

(Beschluß.)

Die Schalen wurden zusammengehäuft, um einem
Schweine, welches ein wenig seitwärts dasselbe Mit-
tagsmahl, wie die Familie, verzehrte, als Nachtisch zu
dienen. Jch begrüßte sie auf die bei den Landleuten
übliche Weise mit: „Gott behüte euch alle hier!“ und
erhielt ein freundliches: „Gott behüte Sie gnädig!“
zur Antwort. Auf meine Bitte um etwas Feuer, meine
Zigarre anzuzünden, erwiederte der Mann: „Sie sind
willkommen,“ und einer der Burschen stand sogleich auf,
mein Verlangen zu erfüllen. Während er beschäftigt war,
mir einen Kienspahn in Brand zu blasen, drangen die bei-
den Alten gutmüthig in mich, erst ein Paar heiße Kartoffeln
zu essen, die mir bei dem kalten Wetter wohl thun wür-
den. Wie arm der Jrländer auch sein mag, die natio-
nale Gastlichkeit verleugnet sich bei ihm selten, und je
dürftiger er ist, desto mehr freut er sich, wenn sein auf-
richtiges Anerbieten angenommen wird. Jch ließ mich
deßhalb von den guten Leuten nicht lange nöthigen, son-
dern nahm mir ein Paar „Praters“ (Kartoffeln) und
machte es, wie die Uebrigen. Auf meine Fragen erzähl-
ten sie mir, daß ein ganz gleiches Mahl Jahr aus Jahr
ein Morgens, Mittags und Abends ihre Nahrung sei.
Nur des Sonntags machten sie gern eine Ausnahme.
Wenn nämlich das Geld nicht gar zu knapp sei, so werde
dann Rührum (stir–about) , Hafermehl in Wasser dick
gekocht, und zu Mittag hätten sie auch etwas Fleisch
oder doch einen eingesalzenen Häring, der besonders
hier nach der Küste zu sehr wohlfeil ist. Wenn die
Kartoffelernte, wovon sie besonders abhängig sind, nicht
gar zu schlecht ausfalle, so hielten sie ein Mutterschwein,
um Ferkel zum Verkauf zu ziehen. Eine Kuh möchten
sie gern haben, sagten sie, aber theils fehle ihnen das
Geld, ein so theures Stück Vieh zu kaufen, theils hät-
ten sie auch keine Grasung dafür, eine Ziege dagegen
suche sich überall ihr Futter, und gebe ihnen auch Milch
genug für die kleineren Kinder. Wenn die Pacht nur
nicht so hoch oder mehr Arbeit zu haben wäre, so könn-
ten sie mit ihren vier Morgen Land recht gut bestehen,
aber in schlechten wie in guten Jahren verlange der
Gutsherr seine 35 Schillinge für den Morgen, so daß
sie das wenige Korn, welches sie neben den Kartoffeln
bauten, noch im Spätherbst auf den Markt zu bringen
genöthigt seien. Gäbe der Landstraßenbau nicht mitun-
ter noch ein Paar Tage Arbeit, meinte der Mann, so
würde es noch viel schlechter stehen. Nächsten Sommer
beabsichtige er indessen mit seinen beiden Söhnen gegen
die Erntezeit nach England hinüber zu gehen, und wenn
er dort seinen Tagelohn zusammenhalte, so könne er
schon so viel profitiren, daß er fünf oder sechs Pfund
Sterling mit nach Hause brächte. – Uebrigens scheinen
[Ende Spaltensatz]

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Der Springbrunnen liebt die Fürstin: seht! Der Springbrunnen weint. Dieß sind die Seuf- zer und Thränen unseres Herrn, der vor Liebe stirbt!“ Nahe bei diesem Hofe, wenn man in der Colo- nade zur Rechten fortgeht, findet man ein zirkelförmi- ges Zimmer. Hier versammelte sich die Jugend der ed- len Geschlechter, welche blind den Befehlen ihrer Für- sten gehorchte, und doch wieder so schnell sich gegen sie empörte, aber immer im Namen der Ehre und der Treue. Auch die Greise erschienen hier, Kaffee und Sorbet zu schlürfen; diese hörten dann zu und sprachen nur wenig, wenn sie aber wieder allein waren, so san- gen sie und tanzten. Die Mandoline ging von Hand zu Hand und der Sahbaa, eine Art Wein, den die Mauren in Spanien tranken, erhöhte die Exaltation in ihren vulkanischen Köpfen. Der Lichtstrahl, der von oben in dieses Gemach fällt, macht einen unbeschreiblichen Effekt. 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Jch begrüßte sie auf die bei den Landleuten übliche Weise mit: „Gott behüte euch alle hier!“ und erhielt ein freundliches: „Gott behüte Sie gnädig!“ zur Antwort. Auf meine Bitte um etwas Feuer, meine Zigarre anzuzünden, erwiederte der Mann: „Sie sind willkommen,“ und einer der Burschen stand sogleich auf, mein Verlangen zu erfüllen. Während er beschäftigt war, mir einen Kienspahn in Brand zu blasen, drangen die bei- den Alten gutmüthig in mich, erst ein Paar heiße Kartoffeln zu essen, die mir bei dem kalten Wetter wohl thun wür- den. Wie arm der Jrländer auch sein mag, die natio- nale Gastlichkeit verleugnet sich bei ihm selten, und je dürftiger er ist, desto mehr freut er sich, wenn sein auf- richtiges Anerbieten angenommen wird. Jch ließ mich deßhalb von den guten Leuten nicht lange nöthigen, son- dern nahm mir ein Paar „Praters“ (Kartoffeln) und machte es, wie die Uebrigen. Auf meine Fragen erzähl- ten sie mir, daß ein ganz gleiches Mahl Jahr aus Jahr ein Morgens, Mittags und Abends ihre Nahrung sei. Nur des Sonntags machten sie gern eine Ausnahme. Wenn nämlich das Geld nicht gar zu knapp sei, so werde dann Rührum (stir–about) , Hafermehl in Wasser dick gekocht, und zu Mittag hätten sie auch etwas Fleisch oder doch einen eingesalzenen Häring, der besonders hier nach der Küste zu sehr wohlfeil ist. Wenn die Kartoffelernte, wovon sie besonders abhängig sind, nicht gar zu schlecht ausfalle, so hielten sie ein Mutterschwein, um Ferkel zum Verkauf zu ziehen. Eine Kuh möchten sie gern haben, sagten sie, aber theils fehle ihnen das Geld, ein so theures Stück Vieh zu kaufen, theils hät- ten sie auch keine Grasung dafür, eine Ziege dagegen suche sich überall ihr Futter, und gebe ihnen auch Milch genug für die kleineren Kinder. 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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 29. Burg/Berlin, 1837, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt29_1837/3>, abgerufen am 06.06.2024.