Reinlichkeit und fleißige Haus-Arbeit ist bey Verheurathung am allermeisten zu suchen: Denn wer nach Reichthum heu- rathet, der wählet sich einen Dornstrauch, an welchem ihn mancher Vorwurff em- pfindlich in die Hand sticht. Zumal, wenn er, um des Gelds willen, ein Auge zuge- than, und entweder die Heßlichkeit des Angesichts, oder einen andern Haupt- Fehler, übersehen müssen. Solche Frauen begehren nicht Hand anzulegen, sondern lassen ihr Geld arbeiten, und sehen auch schlecht auf das Haus-Wesen, wenn sie gleich mercken, daß es damit nothwen- dig zu Grunde gehen müsse. Sie besor- gen keine Reinlichkeit, sondern lassen alles im Staube und Morast sincken und mo- dern, welches man besonders in ihren Häusern an den Fenstern siehet, welche so dicke mit Staub und Koth bewachsen, daß man kaum die Nacht-Wächter da- durch hören kan.
Nach Schönheit heurathen, ist zwar
die
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Gluͤck mißgoͤnnen, und ſie daran hindern wollen.
Reinlichkeit und fleißige Haus-Arbeit iſt bey Verheurathung am allermeiſten zu ſuchen: Denn wer nach Reichthum heu- rathet, der waͤhlet ſich einen Dornſtrauch, an welchem ihn mancher Vorwurff em- pfindlich in die Hand ſticht. Zumal, wenn er, um des Gelds willen, ein Auge zuge- than, und entweder die Heßlichkeit des Angeſichts, oder einen andern Haupt- Fehler, uͤberſehen muͤſſen. Solche Frauen begehren nicht Hand anzulegen, ſondern laſſen ihr Geld arbeiten, und ſehen auch ſchlecht auf das Haus-Weſen, wenn ſie gleich mercken, daß es damit nothwen- dig zu Grunde gehen muͤſſe. Sie beſor- gen keine Reinlichkeit, ſondern laſſen alles im Staube und Moraſt ſincken und mo- dern, welches man beſonders in ihren Haͤuſern an den Fenſtern ſiehet, welche ſo dicke mit Staub und Koth bewachſen, daß man kaum die Nacht-Waͤchter da- durch hoͤren kan.
Nach Schoͤnheit heurathen, iſt zwar
die
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Gluͤck mißgoͤnnen, und ſie daran hindern<lb/>
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Gluͤck mißgoͤnnen, und ſie daran hindern
wollen.
Reinlichkeit und fleißige Haus-Arbeit
iſt bey Verheurathung am allermeiſten zu
ſuchen: Denn wer nach Reichthum heu-
rathet, der waͤhlet ſich einen Dornſtrauch,
an welchem ihn mancher Vorwurff em-
pfindlich in die Hand ſticht. Zumal, wenn
er, um des Gelds willen, ein Auge zuge-
than, und entweder die Heßlichkeit des
Angeſichts, oder einen andern Haupt-
Fehler, uͤberſehen muͤſſen. Solche Frauen
begehren nicht Hand anzulegen, ſondern
laſſen ihr Geld arbeiten, und ſehen auch
ſchlecht auf das Haus-Weſen, wenn ſie
gleich mercken, daß es damit nothwen-
dig zu Grunde gehen muͤſſe. Sie beſor-
gen keine Reinlichkeit, ſondern laſſen alles
im Staube und Moraſt ſincken und mo-
dern, welches man beſonders in ihren
Haͤuſern an den Fenſtern ſiehet, welche ſo
dicke mit Staub und Koth bewachſen, daß
man kaum die Nacht-Waͤchter da-
durch hoͤren kan.
Nach Schoͤnheit heurathen, iſt zwar
die
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[N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_complimente_1736/65>, abgerufen am 22.07.2024.
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