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[N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736.

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beraubt sehen müsten. Jn solchen Fäl-
len bezeugen die Freunde und nahe An-
verwandten einander ihr Christliches
Beyleid, und legen an den Tag, wie
schmertzlich ihnen der Schmertze ihrer
getreuen Freunde falle, und tief zu Her-
tzen dringe.



Die Besuchung der Krancken, ist ei-
ne Christliche Tugend, und wird unter
die vornehmsten Stücke des vernünffti-
gen GOttes Dienstes gesezet: Jedoch
muß man dabey verschiedenes beobach-
ten, und nicht wider die Erbarkeit, noch
weniger aber wider die Vernunfft han-
deln. Z. E. Wann ein lediger Mensch,
wolte ein kranckes Frauen-Zimmer be-
suchen, würde er sich eine schlechte Re-
putation
dadurch erwerben, weilen sich
krancke Personen offtmals, aus innigli-
cher Angst entblössen, und so würde die
natürliche Schamhafftigkeit, seinen be-
gangenen Fehler selbst bestraffen müssen.
Man kan sich solcher krancken Personen,
ihres Zustandes oder Besserung, schon
durch andere Personen und Dienst-Bo-
ten erkundigen.

Wer

beraubt ſehen muͤſten. Jn ſolchen Faͤl-
len bezeugen die Freunde und nahe An-
verwandten einander ihr Chriſtliches
Beyleid, und legen an den Tag, wie
ſchmertzlich ihnen der Schmertze ihrer
getreuen Freunde falle, und tief zu Her-
tzen dringe.



Die Beſuchung der Krancken, iſt ei-
ne Chriſtliche Tugend, und wird unter
die vornehmſten Stuͤcke des vernuͤnffti-
gen GOttes Dienſtes geſezet: Jedoch
muß man dabey verſchiedenes beobach-
ten, und nicht wider die Erbarkeit, noch
weniger aber wider die Vernunfft han-
deln. Z. E. Wann ein lediger Menſch,
wolte ein kranckes Frauen-Zimmer be-
ſuchen, wuͤrde er ſich eine ſchlechte Re-
putation
dadurch erwerben, weilen ſich
krancke Perſonen offtmals, aus innigli-
cher Angſt entbloͤſſen, und ſo wuͤrde die
natuͤrliche Schamhafftigkeit, ſeinen be-
gangenen Fehler ſelbſt beſtraffen muͤſſen.
Man kan ſich ſolcher krancken Perſonen,
ihres Zuſtandes oder Beſſerung, ſchon
durch andere Perſonen und Dienſt-Bo-
ten erkundigen.

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[170/0176] beraubt ſehen muͤſten. Jn ſolchen Faͤl- len bezeugen die Freunde und nahe An- verwandten einander ihr Chriſtliches Beyleid, und legen an den Tag, wie ſchmertzlich ihnen der Schmertze ihrer getreuen Freunde falle, und tief zu Her- tzen dringe. Die Beſuchung der Krancken, iſt ei- ne Chriſtliche Tugend, und wird unter die vornehmſten Stuͤcke des vernuͤnffti- gen GOttes Dienſtes geſezet: Jedoch muß man dabey verſchiedenes beobach- ten, und nicht wider die Erbarkeit, noch weniger aber wider die Vernunfft han- deln. Z. E. Wann ein lediger Menſch, wolte ein kranckes Frauen-Zimmer be- ſuchen, wuͤrde er ſich eine ſchlechte Re- putation dadurch erwerben, weilen ſich krancke Perſonen offtmals, aus innigli- cher Angſt entbloͤſſen, und ſo wuͤrde die natuͤrliche Schamhafftigkeit, ſeinen be- gangenen Fehler ſelbſt beſtraffen muͤſſen. Man kan ſich ſolcher krancken Perſonen, ihres Zuſtandes oder Beſſerung, ſchon durch andere Perſonen und Dienſt-Bo- ten erkundigen. Wer

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Zitationshilfe: [N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_complimente_1736/176>, abgerufen am 25.11.2024.